Die Russin und der Doping-Enthüller [Video aus

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Die Russin und der Doping-Enthüller [Video aus
Die
UEFA-Woche:
FußballKrimis auf russische Art
[Von Susanne Brammerloh] – In der ausgehenden Woche
hat die Gruppenphase der Champions League und der
Europa-Liga begonnen. Die vier russischen Klubs
konnten sich von Tag zu Tag steigern – erst wurde
Rostow von Bayern mit 5:0 windelweich geklopft, dann
erkämpfte sich ZSKA in Leverkusen ein bravuröses
2:2; Zenit lieferte dann mit 4:3 gegen Maccabi den
ultimativen Krimi – und Krasnodar rundete die Sache
mit 1:0 gegen Salzburg ab.
Rostow kann´s besser als Werder – nur 0:5 gegen die
Bayern
„ Das war ein gewöhnlicher Mord“, schrieb „Sport-
Express“ nach dem CL-Debütspiel von Rostow
Dienstag in der Allianz-Arena. Und: „Bayern
Rostow vernichtet!“ Am Tag vor dem Match hatte
entsprechende Headline gelautet: „Sie gehen dem
entgegen…“
am
hat
die
Tod
Abseits der blutrünstigen Journalistensprache ist
allerdings zu konstatieren: Warum sollte Rostow, das
kaum locker-flockig Einzug in die europäische
Königsklasse halten konnte (die Nerven, die Nerven,
die Knie schlottern eben doch ein bisschen – siehe
einst Zenit gegen Real oder eben diese Bayern), eine
bessere Figur machen als unlängst mal wieder Werder
Bremen auf demselben Platz – die Hanseaten von der
Weser kassierten allerdings sechs Buden. Also
Rostow: Kopf hoch – something´s still to come…
Eine Meisterleistung war die Begegnung auf beiden
Seiten nicht. Die Gäste stellten sich über weite
Strecken dämlich an, die Bayern spazierten mehr oder
weniger übers Feld und sammelten das ein, was der
Gegner liegenließ. Rostows Mittelfeldmann Timofej
Kalatschow kommentierte nach dem Spiel gegenüber der
UEFA-Webseite: „War haben heute nicht unseren
Fußball gespielt. Bis wir das Tor bekommen haben,
war Bayern nervös und konnte nichts machen, deshalb
war es leichter für uns. Dann liefen wir los nach
vorn, und darauf hatten die Deutschen nur gewartet.“
ZSKA bei der Werkself: Eine halbe Stunde Albtraum
Genau 24 Stunden nach der Klatsche in München war
der aktuelle russische Meister ZSKA Moskau zu Gast
bei Bayer Leverkusen. Trotz der vorgerückten
Abendstunde herrschten 28 Grad Hitze auf dem Platz,
auf dem es denn auch äußerst heiß zur Sache ging.
Schon nach 15 Minuten lagen die „Armeekicker“ 0:2
hinten, und dem wohlmeinenden Zuschauer schwante
nichts Gutes. „ZSKA sieht albtraumhaft aus“,
kommentierte ein russischer Sportjournalist das
Geschehen. Hätte Keeper Igor Akinfejew nicht so
großartig agiert – wer weiß, ob die Sache nicht ein
Double des Münchner Vortags geworden wäre. Akinfejew
wurde nach dem Spiel übrigens zum „Man oft he Match“
gekürt.
Dabei hatte man gedacht, ZSKA wird den von Rostow in
Schieflage gebrachten Haussegen schon wieder
zurechtbiegen. Dafür sprachen drei Fakten: Die
Moskauer hatten gerade ihr nagelneues Stadion mit
einem überzeugenden Sieg in der heimischen
Premierliga eingeweiht; der Gegner war nicht
annähernd so „kosmisch“ wie die Bayern; und die
reife Erfahrung der Mannschaft auf europäischer
Bühne gab Anlass zu Optimismus.
Vielleicht war gerade Faktor drei der Grund dafür,
dass ZSKA am Ende des dramatischen Matches erhobenen
Hauptes und mit einem verdienten Unentschieden das
Feld verließ. Beide Tore für die Russen fielen noch
in der ersten Halbzeit, und das innerhalb von zwei
Minuten (36. und 38.) – nach einem Supersave von
Akinfejew gelang Alan Dsagojew im unmittelbaren
Gegenzug der Anschlusstreffer; Roman Jeremenko
schlenzte die Kugel anschließend durch die
Hosenträger von Bayer-Keeper Bernd Leno.
Während die offizielle UEFA-Seite moniert, Bayer
hätte „das Spiel aus der Hand gegeben“ und „wichtige
Punkte liegengelassen“, sagte ZSKA-Cheftrainer
Leonid Sluzki auf der Pressekonferenz nach der
Begegnung: „Wir haben unsere Konkurrenzfähigkeit
bewiesen.“
Zenit dreht in 15 Minuten ein 0:3 zum Sieg
Wer dachte, ZSKA hätte die Heldentat der Woche
vollbracht, wurde Donnerstagabend eines Besseren
belehrt – Zenit St. Petersburg ließ sich am ersten
Spieltag der Europa League beim eher „machbaren“
Gegner Maccabi Tel-Aviv an der Nase herumführen und
lag 15 Minuten vor Schluss so gut wie hoffnungslos
mit 0:3 hinten.
Und am Ende stand es 4:3 für den russischen
Traditionsverein – wie sie das wohl geschafft haben?
An allen vier Treffern war übrigens Neuling Giuliano
beteiligt – nach Hulks Abgang nach China hat
Petersburg also wieder ein brasilianisches
Wunderkind. Aber die Art und Weise, wie dieser Sieg
„errungen“ oder besser: sich abgerungen wurde, zeugt
natürlich nicht von fußballerischer Reife, sondern
sieht eher wie eine riesengroße Lachnummer aus.
Dass
Krasnodar
im
Anschluss
bei
Salzburg
ein
bescheidenes 1:0 mitnehmen konnte, gehört dann schon
in die Kategorie „Alltagsgeschäft“.
[Susanne Brammerloh/russland.NEWS]
Eiskunstlauf: Maria Sozkowa –
alles neu! [Video]
Zum Beginn der Eiskunstlaufsaison beschäftigen wir uns mit dem
aktuell wichtigsten Neuzugang der russischen Damen.
Maria Sozkowa (auch Sotskova) war im letzten Jahr noch
ausschließlich bei den Juniorinnen unterwegs – und dort glatt
Vizeweltmeisterin. Dennoch hat sie für ihre erste Damensaison
einen kompletten Neuanfang gewagt und auch die Trainerin
gewechselt. Bei den Programmen soll ebenfalls Schluss sein mit
dem mädchenhaften und Maria will nicht nur beim Alter im
Damenbereich ankommen. Ein neues Video von unserem
Eiskunstlauf-Spezialistenduo Michail Scharow und Ariana
Bathon., der eine mitten drin in der Moskauer Eislaufszene und
die andere selbst aktive Eiskunstläuferin.
https://www.youtube.com/watch?v=oyRSx43pHlg
Paralympics Rio 2016: Belarus
zeigte doch Flagge
Nachdem die oberste Anti-Dopingbehörde WADA in Übereinkunft
mit dem IOC die russischen Paralympioniken für den Wettbewerb
in Rio endgültig gesperrt hatte, war die Empörung darüber
groß. Sportler sowie Funktionäre zeigten sich nachhaltig
erbost, ausgerechnet den Behindertensport als politisches
Instrument zu missbrauchen.
Das Thema der Komplettsperre Russlands wurde, wie schon auch
bei den Olympischen Spielen der nichtbehinderten Athleten,
bereits zur Genüge durchgekaut. Allein die unverhohlene
Schadenfreude der deutschen Mainstreampresse, allen voran
natürlich wieder die „Bild“-Zeitung, wäre hierbei noch
erwähnenswert. Unter dem Titel „Gericht schmeißt Russen
endgültig aus Rio raus“ zelebrierte das Blatt den Ausschluss
Russlands als „Zeichen des Mutes“.
Eine ganze Spur mutiger war hingegen die Kampfansage von Oleg
Scheschel, dem Vorsitzenden des Paralympischen Komitees
Weißrusslands, der ankündigte, die Solidarität mit Russlands
Behindertensportler durch das Zeigen der russischen Trikolore
bei der Eröffnungsfeier unterstreichen zu wollen.
Internationale Paralympische Komitee (IPC) drohte
Das
den
Weißrussen daraufhin mit Strafmaßnahmen.
Gelungener Husarenstreich
Beim Pressedienst des IPC hieß es dazu in einer offiziellen
Erklärung, „dass bei der Eröffnung der Paralympics-2016
niemand die russische Flagge tragen werde, da Russland das
Recht entzogen worden sei, bei den Spielen an den Start zu
gehen“. Weiter hieß es: „Sollten die weißrussischen Athleten
während der Eröffnungszeremonie russische Flaggen tragen, so
wird das als ein politischer Protest betrachtet. Gegenüber den
betreffenden Sportlern bzw. dem nationalen Paralympischen
Komitee werden entsprechende Maßnahmen ergriffen.“
Nun hat das Paralympics-Team aus Belarus sein Husarenstück
tatsächlich wahr gemacht. Einträchtig trug Sportfunktionär
Andrej Fomotschkin die russische Fahne am Ende der
einlaufenden und -rollenden Delegation und präsentierte sie
stolz dem leicht verwirrten Publikum. Den Organisatoren
hingegen dürfte bei dieser Aktion das Messer in der
Hosentasche aufgegangen sein. Zunächst habe Oleg Scheschel
nach der Warnung des IPC freilich eingelenkt und gesagt, dass
er eine russische Fahne nur mit auf die Tribüne nehmen werde.
Laut Scheschel sei der Olympia-Ausschluss der russischen
Behindertensportler der falscheste Schritt in der ganzen
Geschichte der paralympischen Bewegung, wetterte er in
Richtung IPC. Zudem rechtfertigte er seinen Alleingang damit,
„Dass die Behinderten in den Mittelpunkt der Politik rücken.“.
Überhaupt sei das für ihn „Blasphemie“. Die streitbare Fahne
wurde daraufhin vom Internationalen Paralympischen Komitee
(IPC) eingezogen und die Ermittlungen in dem bisher einmaligen
Fall aufgenommen.
„Das war fraglos eine Großtat, was die weißrussischen
Paralympiker gemacht haben“, frohlockte der Kreml-Sprecher
Dmitri Peskow aus Moskau. Seinen Dank sprach auch Russlands
Präsident des russischen Paralympischen Komitees, Wladimir
Lukin, aus und dankte artig den Nachbarn. Laut Sportminister
Witali Mutko seien russische Behindertensportler ohnehin von
vielen Verbänden zu deren Wettkämpfen eingeladen worden.
Insgeheim muss man sogar selbst als neutraler Beobachter
dieser Brudertreue der Weißrussen tiefsten Respekt zollen. Wir
werden sehen, wie die Geschichte nun weitergeht.
[mb/russland.RU]
Russlands Disneyland [Video]
Unsere Moskauerin Julia Dudnik war im größten Freizeitpark
Russlands, der anlässlich der Olympischen Spiele in Sotschi in
nur vier Jahren dort aus dem Boden gestampft wurde und
gleichzeitig sehr modern und sehr märchenhaft-russisch ist.
Unsere Videoredaktion war im August während der Pause unserer
regelmäßigen Formate nicht etwa untätig daheim herum gesessen
– nein, gleich drei Teams waren im August in den „russischen
Weiten“ unterwegs und haben Euch von dort eine Menge
interessanter Videos mitgebracht. Den Anfang macht unsere
Moskauerin Julia Dudnik, die in Sotschi war. Dort befindet
sich Russlands bekanntester und brandneuer Freizeitpark, der
offiziell etwas klanglos „Sotschi-Park“ heißt, bei den Russen
aber weit und breit nur unter dem Namen „Russisches
Disneyland“ bekannt ist – obwohl natürlich der US-Konzern
weder der offizielle Betreiber ist noch seine Figuren den Park
bevölkern. Dort tummeln sich zwischen hochmodernen
Fahrgeschäften für jung und alt stattdessen russischen
Märchen- und Comicfiguren. Doch auch aus Deutschland hat der
Park bei seiner Eröffnung Schützenhilfe erhalten.
Julia Dudnik mit Moskau.life ab sofort wieder Freitags bei
russland.TV – ihre eigene Homepage findet sich unter
http://www.moskau.life
https://www.youtube.com/watch?v=K_Fg_x85hhk
(K)ein
ganz
Fußballspiel
normales
Antalya – Das Freundschaftsspiel der Türkei gegen Russland war
eine jener merkwürdigen Begegnungen, bei der der sportliche
Aspekt unter ferner liefen rangierte. Zu sehr wurden binnen
kürzester Zeit die Beziehungen der beiden Nationen durch
politische Aspekte getrübt, als dass man einfach nur sportive
Kurzweil an der türkischen Riviera erwartet hätte.
Ja ja, die sonnige Südkiste der Türkei – sie hat wahrlich
schon bessere Zeiten gesehen, als an jenem Mittwoch Abend, an
dem sich gerade mal eine gefühlte handvoll Russen in der
Antalya-Arena einfand. Noch bis zum Sommer des Vorjahres haben
sie sich hier mit weit über fünf Millionen Urlaubern breit
gemacht. Die Badestrände und die Hotelressorts in Beschlag
genommen, dass sich die deutschen Touristen pikiert verdrängt
sahen, aus ihrem „all-inclusiv“-Ferienidyll. Sogar die
hartgesottenen Briten bekamen weiche Knie, als sie sich beim
enthemmten Alkoholkonsum den Russen beugen mussten.
Die Türken rieben sich vor Freude die Hände, als die Russen
bei ihnen einfielen und mit Geld um sich warfen, als gäbe es
kein Morgen mehr. Denn, genauso ist es gekommen. Seit November
letzten Jahres gab es tatsächlich kein Morgen mehr, nachdem
die Regierung in Ankara einen russischen Kampfjet über
syrischem Gebiet abschoss. Im Kreml war man zu Recht erbost
und für die Türkei war es plötzlich aus mit all der russischen
Herrlichkeit. Die Russen waren sauer und reagierten
dementsprechend.
Von heute auf Morgen blieben die Russen weg
Moskau sanktionierte türkische Exportprodukte, die Touristen
blieben aus, Die Türkei erwachte plötzlich aus diesem Traum
von tausendundeiner Nacht und verspürte mit einem Mal wie es
sich anfühlt, wenn man komplett isoliert ist, gemieden wird.
Der türkische Regierungschef Recep Tayyip Erdoğan war mehr als
im Zugzwang und entschuldigte sich, wenn auch mit gut einem
halben Jahr Verspätung, beim russischen Präsidenten,
wohlweislich in der Hoffnung, dass der allerletzte Zug nicht
auch noch abgefahren sei.
Schließlich muss sich die Türkei nun an irgendjemanden
anschmiegen, nachdem sie bei der EU auf ein Neues abgeblitzt
ist und ihre undurchsichtige Rolle im Polit-Poker um Syrien
nicht endgültig geklärt. Jetzt sollte es also ein
„Freundschaftsspiel“ richten, um eine neue Grundlage für das
bilaterale Verhältnis der beiden Länder zu schaffen. Der
türkische Kniefall vor Wladimir Putin dürfte dabei schwerer
wiegen, als die russische Zusage zu dem Spiel. Putin kann es
sich leisten, das Spiel aus der Ferne zu betrachten.
Vielleicht war es ihm auch nur zu viel der plötzlichen
„Freundschaft“.
Aus der Nähe ansehen musste sich die Partie das allerdings der
neu ins Spiel gekommene Trainer Stanislaw Tschertschessow.
Nicht nur dass es die erste Zerreißprobe mit der Sbornaja für
ihn war, es war auch eines der wenigen Testspiele vor der
Generalprobe für die heimische WM 2018, dem ConFed-Cup. Als
allererste Amtshandlung hatte Tschertschessow erst einmal den
pomadigen Kader der Europameisterschaft ausgemistet. Da war
jetzt nicht so viel mit Freundschaft, denn durch die
Umstrukturierung verblieb lediglich ein knappes Dutzend der
EM-Veteranen im Kader, an denen sein Vorgänger Leonid Sluzki
eisern festhielt. Nun sollen es, wie schon längst gefordert,
Jüngere richten.
Dubioses „Freundschaftsspiel“ wie vom Teppichhändler
Für die Zeitung „Rossijskaja Gaseta“ erinnert das an die
umfassenden politischen Reformen der 80-er Jahre in der
Sowjetunion und schrieb von einer Periode der „totalen
Perestroika“. In etwa kommt das ja auch hin. Zum Neuanfang
nach dem desolaten Vorrunden-Aus bei der EM-Endrunde in
Frankreich wurden gerade noch fünf Spieler für die Partie
bestellt. Darunter auch der Ex-Schalker Roman Neustädter, der
ab der 67. Minute zum Einsatz kam. Auf dem 28-jährigen, dem
man eine Führungsrolle anvertrauen möchte, lasten die großen
Hoffnungen, das für Russland immens wichtige Turnier im
eigenen Land nicht auch noch zu verpatzen.
Am Ende steht ein symbolisches 0:0 Unentschieden in einem sehr
symbolischen Spiel vor symbolischen 30.000 Zuschauern in den
Annalen verewigt, dessen sportlicher Wert genauso symbolisch
war, wie die politische Tragweite. Das schmetternde „Kalinka“
das aus den Stadionlautsprechern dröhnte und das euphorische
„Es lebe die türkisch-russische Freundschaft“ des
Stadionsprechers unterstrich diese gewisse Peinlichkeit der
türkischen Politik, die eher wenig „freundschaftlich“
hinterlassenen Scherben wieder zu kitten. „Liebesgrüße aus
Antalya“, der spöttische Unterton der Moskauer Presse war kaum
zu überhören.
Herzlich wenig Wert auf Symbolik legte indes Stanislaw
Tschertschessow. Der 52-jährige, der in seiner aktiven Zeit
dereinst für Dynamo Dresden das Tor hütete, hat noch eine
schwere Aufgabe vor sich. Weitgehend zufrieden sei er nach dem
mäßigen Remis mit seiner Mannschaft gewesen, sagte er artig zu
den Medienvertretern, auch wenn sie den geforderten
Killerinstinkt vermissen ließ. „Wir haben genug Spieler, die
treffen können“, resümierte er nach dem Spiel, auch wenn da
ein Funken Verzweiflung der Vater des Gedanken gewesen sein
mag.
Der Stich ins Herz bei der „EURO 2016“ hat mächtige Spuren am
Stolz der Sportnation Russland hinterlassen. Nicht nur die
Sportstätten für die Heim-WM 2018 sind größtenteils noch
Baustellen mit ungewissem Ausgang, sondern auch die „Sbornaja“
steht unter dem Druck der Erwartungen. Schon fast
psychologisch wirkt da der Kommentar des „Sport-Express“:
„Gebt dem Land einen Grund, euch zu lieben. Gebt ihm einen
Grund, stolz zu sein“. Auch spart die Zeitung nicht mit dem
Hinweis auf die terminelle Brisanz: „Ihr habt zwei Jahre
dafür. Die Zeit läuft!“
Nach dem Spiel standen sie dann – ganz im Sinne von
Sportminister Witali Mutko, der betonte „Unsere Beziehungen
normalisieren sich, die Einschränkungen werden aufgehoben“ –
einträchtig nebeneinander, die türkischen und die russischen
Fans. Fast mag man da so etwas wie „Freundschaft“
herausgelesen haben. Mehr als ein „Freundschaftsspiel“ wird
dagegen sicherlich Tschertschessows Heimpremiere sein. Die
Begegnung gegen Ghana, immerhin eine der erfolgreichsten
Fußballnationalmannschaften Afrikas, am kommenden Dienstag in
Moskau wird zu einem „echten“ Test für die „Sbornaja“. Diesmal
hoffentlich mit gutem sportlichen Ausgang.
[mb/russland.RU]
Spannend: ZSKA, Rostow und
Krasnodar
mit
deutschen
Gegnern
Das erste Mal überhaupt dabei in der Champions League – und
dann gleich die Bayern aus München! In Rostow-am-Don stehen
die Fußballfans Kopf, denn bald bekommen sie zuhause eines der
besten Teams der Welt auf dem Präsentierteller serviert. Auch
der russische Meister ZSKA trifft mit Bayer Leverkusen auf
einen deutschen Gegner. Und in der Europa-Liga begegnen sich
Krasnodar und Schalke.
Rostow verblüfft immer wieder und immer weiter. Noch vor einem
Jahr knapp den Klassenerhalt geschafft, ständig gebeutelt von
finanziellen Problemen – und dann werden sie russischer
Vizemeister und schicken in der CL-Qualifikation erst
Anderlecht mit einem 2:0-Auswärtssieg und dann Ajax mit 4:1
vor eigener Kulisse in die Wüste. Und jetzt die Bayern! Das
Wunder vom Don geht also weiter, und wir dürfen uns auf eine
spannende Champions League-Gruppenphase freuen.
Ohne Pro-Trainerlizenz in die Champions League
Dmitri Kiritschenko, der Rostow als Interims-Coach leitet,
weiß nicht mehr, wo ihm der Kopf steht. Nach dem seltsamen
Abgang von Kurban Berdyjew, der trotzdem ständig bei der
Mannschaft und im Grunde weiter der Chef ist, kommt ihm
(zumindest offiziell) die Aufgabe zu, das Team durch die
nächsten Wochen zu begleiten. Wie überraschend das alles für
ihn kommt, zeigte seine Reaktion, als Rostow den Eintritt in
die Gruppenphase dingfest gemacht hatte: „Ich habe noch nicht
mal die Pro-Lizenz und bin schon in der Champions League!“
Weitere Gruppengegner sind PSV Eindhoven und Atletico Madrid –
eine schwere Aufgabe für den Debütanten. Kiritschenko
kommentierte die Auslosung gegenüber uefa.com folgendermaßen:
„Die Heimspiele werden für alle ein großer Nervenkitzel. Die
Vorfreude steigt jetzt schon ins Unermessliche. Ich bin mir
sicher, dass uns die Fans helfen werden, gute Ergebnisse
einzufahren. Wir haben eine tolle Atmosphäre bei uns im
Stadion und die Fans haben solche Spiele verdient.“
Manuel Neuer: „Rostow? Nie gehört!“
Mittelfeldmann Alexander Jerochin sagte: „Wir haben nur
schwierige Gegner bekommen. Atlético war letzte Saison wieder
im Finale, und dann gibt es da ja auch noch den FC Bayern… Es
wird ganz hart für uns, aber wir werden es auf dem Platz
genießen und eine gute Visitenkarte abgeben. Wir glauben
nicht, dass Rostov Gruppenletzter wird.“
Bayerns Torhüter Manuel Neuer war seinerseits ganz ehrlich,
als er zugab, von Rostow habe in München wohl noch keiner
etwas gehört. Dann ist es an der Zeit!
Rudi Völler: „ZSKA ist stark als russischer Meister“
Auf ZSKA Moskau warten mit Bayer Leverkusen, dem AS Monaco und
den Tottenham Hotspurs schwierige, aber durchaus „machbare“
Gegner, zumal die „Armeekicker“ reichlich Champions-LeagueErfahrung haben, unter anderem gegen die „kosmischen“ Bayern,
wie Cheftrainer Leonid Sluzki es einst formulierte. Mit dem AS
Monaco pflegt ZSKA intensive geschäftliche Beziehungen: So
haben die Moskauer von den Monegassen Lasina Traore
ausgeliehen, und unter Vermittlung von ZSKA konnte Monaco den
Brasilianer Wagner Love gewinnen, der mehrere Jahre in Moskau
aktiv war.
Krasnodar fährt zu Schalke ins Revier
Während Leonid Sluzki sich nach der Auslosung beschwerte, er
bekäme „fast nie eine leichte Gruppe“, hält Bayers Trainer
Roger Schmidt die Gruppe für „ausgeglichen“. Laut
Sportdirektor Rudi Völler ist „alles möglich“. „Mit Monaco
haben wir aus dem vierten Topf wohl einen der schwierigsten
Gegner gezogen. Tottenham ist sehr stark, auch Moskau als
russischer Meister“, wird er von uefa.com zitiert.
Mit Krasnodar geht ein weiterer südrussischer Verein in die
europäische Fußballsaison. In der Europa League treffen die
„Kuban-Kosaken“ auf Schalke 04, Salzburg und Nizza. Allein
Zenit St. Petersburg bekommt diesmal keine deutschen Gegner
und muss mit dem niederländischen AZ Alkmaar, Maccabi Tel-Aviv
und dem FC Dundalk aus Irland Vorlieb nehmen.
[sb/russland.NEWS]
Keine Bruderhilfe – Belarus
darf nicht Flagge zeigen
Aus Solidarität mit den ausgeschlossenen russischen
Paralympioniken wollte Weißrussland am 7. September bei der
Eröffnungsfeier in Rio russische Fahnen mit ins Stadion
nehmen. Das wird ihm nun von höchster Stelle verboten. Das
Internationale Paralympische Komitee (IPC) sieht in dem
Vorhaben einen „politischen Protest“ und droht den Sportlern
aus Russlands „Bruderstaat“ mit harten Strafen.
Aus der Pressestelle des IPC verlautete: „Russland hat kein
Recht, bei den Paralympischen Spielen 2016 in Rio anzutreten,
deshalb wird keiner die russische Fahne bei der
Eröffnungszeremonie tragen. Sollten weißrussische Sportler (…)
russische Fahnen tragen, wird das als politischer Protest
eingeschätzt, und gegen die entsprechenden Sportler und/oder
das Nationale Paralympische Komitee werden bestimmte Maßnahmen
ergriffen.“
Durch die Straßburger Hintertür?
Anlass für die Warnung war die Reaktion des Vorsitzenden des
Weißrussischen Paralympischen Komitees, Oleg Schepel, auf das
Teilnahmeverbot
für
die
gesamte
russische
Behindertenmannschaft. Er erklärte am Dienstag, er habe nicht
vor zu schweigen: „Ich habe sogar angeordnet, zur Eröffnung
der Spiele in Rio weißrussische und unbedingt russische Fahnen
mitzunehmen. Ich bin mir sicher, dass man sich in einem halben
Jahr beim Paralympischen Komitee Russlands entschuldigen
wird.“
Derweil hat Wladimir Lukin, der Chef des Russischen
Paralympischen Komitees, den Athleten seine Unterstützung
zugesichert, die den Ausschluss von Rio beim Europäischen
Gerichtshof für Menschenrechte in Straßburg anfechten wollen.
„Wir werden sie im Rahmen unser Möglichkeiten beraten“, sagte
er am Dienstag gegenüber TASS.
Obwohl das Auftauchen einzelner russischer Athleten in Rio
wohl aber mehr Theorie als reelle Möglichkeit ist – vielleicht
brauchen die Weißrussen ja doch nicht ihre eigene Teilnahme
aufs Spiel zu setzen, und die russische Trikolore kommt am 7.
September auf ganz legalem Wege ins Olympiastadion?
[sb/russland.NEWS]
Putin auf deutsch: Kritik am
Paralympics-Ausschluss
[Video]
Sehr heftig kritisierte der russische Präsident Putin heute
bei einem Kreml-Empfang der russischen Olympiamannschaft den
Ausschluss der russischen Mannschaft von den kommenden
Paralympischen Spielen. Die schon viel zitierte Ankündigung
eigener Wettbewerbe parallel zu den Paralympics ist ebenfalls
enthalten.
Die betreffende Passage seiner Rede wie immer bei uns in
deutscher Übersetzung des Originalmanuskripts des Kreml in
Zusammenarbeit mit dem Sprachinstitut Liden & Denz
http://www.lidenz.ru – wo auch Ihr in Moskau und St.
Petersburg vor Ort Russisch lernen könnt.
https://www.youtube.com/watch?v=j6VU3OnRdsA
Plötzlich ist mir der Sport
nicht mehr egal
[Von Eugen von Arb] – Um ehrlich zu sein, Sport ist mir so was
von egal. Und ich gebe zu, dass ich es von Herzen geniesse,
diesen Gedanken, einmal so direkt und öffentlich äussern zu
können. Man möge es mir nachsehen! Es hängt grösstenteils
damit zusammen, dass ich Sport in meiner Kindheit als eine
besonders raffinierte Art von Folter erfahren habe.
Dazu kommt, dass ich als langsamer Mensch den Kontrast zu den
Superschnellen der Welt, die sich dazu noch ständig
beschleunigen als besonders schmerzhaft empfinde. Ich nehme
den Sport als kommerzialisierte Massenpsychose, kombiniert mit
einer krankhaften Geltungssucht wahr – und Doping als deren
logischer Auswuchs. Das habe ich auch in Diskussionen um den
Ausschluss russischer SportlerInnen von den olympischen
Spielen in Rio zum Ausdruck gebracht, die mich aber meist
langweilten.
Sport ist nicht – wie uns das stets eingeredet wird – frei von
Nationalismus und Politik. Im Gegenteil scheinen diese
Faktoren immer wichtiger zu werden. So wie die Winterolympiade
in Sotschi Russland zu Ruhm und Stolz verhalfen, sind die
Sommerspiele in Rio mit Gefühlen der Demütigung verbunden.
Aber eigentlich ist das alles nicht mehr als ein Streit im
weltpolitischen Kindergarten, wo man sich gegenseitig die
Sandburgen kaputt haut. Schwamm drüber.
Ein ganz anderer Fall ist für mich die Paraolympiade, deren
Sportlerinnen und Sportler mir allein deshalb näher stehen,
weil ich mir selbst oft als „handicapiert“ vorkomme. Aber vor
allem spürt man in diesem Bereich viel mehr echten Sportgeist
und Solidarität und viel weniger Eitelkeit. Solche Ideale
lassen sich Gott sei Dank schlecht verkaufen, dementsprechend
klein ist das Interesse Sponsoren und Medien.
Wenn sich behinderte Menschen mit Sport beschäftigen, so tun
sie es in erster Linie nicht, um damit Weltruhm zu erlangen.
Sie wollen es sich selbst beweisen und geben vielen anderen
Menschen den Willen als Aussenseiter das Beste aus ihrem Leben
zu machen. Geld und Macht spielen hier keine Rolle.
Um so katastrophaler ist darum der Entscheid, die russische
Delegation von der Paraolympiade in Rio auszuschliessen. Die
traurigen Kommentare behinderter Kinder und Erwachsener aus
Russland, die nicht mehr leben wollen, weil man ihre Vorbilder
wegen des Dopings der anderen ausschliesst, machen mich
betroffen. Plötzlich ist mir Sport nicht mehr egal. Die
Schwächsten, die auch so auf der ständigen Schattenseite
leben, haben im Gezänke der Starken völlig unverschuldet einen
Hieb verpasst bekommen, den sie schwer verkraften.
Mit seinem Entscheid hat das olympische Komitee vollends
bewiesen, dass sämtliche Ideale, die es sich irgendwann auf
seine Ringe geschrieben hat – Gleichheit, Fairness und
Unbestechlichkeit – zur Farce verkommen sind.
Eugen von Arbs Kommentar wurde zuerst im St. Petersburger
Herold veröffentlicht.
Aus
für
russische
Paralympioniken – CAS weist
Russlands Klage zurück
Die Paralympischen Spiele in Rio gehen ohne die russische
Mannschaft über die Bühne. Die am Dienstag getroffene
Entscheidung des Internationalen Sportgerichtshofs CAS ist
endgültig. Ein russischer Sportfunktionär spricht von
„Frechheit und Prinzipienlosigkeit“.
Nach dem Beschluss des Internationalen Paralympischen Komitees
(IPC), die Russen komplett von den Spielen in Rio
auszuschließen, hatte das Nationale Paralympische Komitee
Russlands beim CAS in Lausanne Einspruch erhoben. Vor der
Entscheidung am Dienstagvormittag waren sich viele in Russland
so gut wie sicher, dass der Sportgerichtshof erneut – wie
bereits nach dem IOC-Beschluss vor den „großen“ Spielen – die
russische Position einnehmen würde. Aber dazu kam es nicht.
IPC ist zufrieden
Naturgemäß begrüßt das IPC die Entscheidung. Sein Chef Philip
Craven kommentierte: „Wir sind zufrieden damit, dass das
Gericht den Beschluss des IPC über den Ausschluss des
russischen paralympischen Komitees bekräftigt hat. Die heutige
Entscheidung unterstreicht unseren festen Glauben daran, dass
Doping im paralympischen Sport absolut keinen Platz hat; dank
dieser Entscheidung werden wir auch in Zukunft die ehrliche
Konkurrenz bei Wettbewerben und gleiche Bedingungen für alle
Paralympioniken gewährleisten können.“
Laut Craven dient das CAS-Verdikt „den Interessen der
paralympischen Bewegung und dient als Katalysator für
Veränderungen in Russland“. Zugleich sprach er den „sauberen“
russischen Athleten, denen die Chance genommen wird, in Rio
ihre Leistung zu zeigen, sein Mitgefühl aus.
„Eine beispiellose Frechheit und Prinzipienlosigkeit“!
Dmitri Swischtschew, der Vorsitzende des Duma-Ausschusses für
Körperkultur und Sport, nimmt bei seiner Bewertung kein Blatt
vor den Mund. Nach der Entscheidung des CAS erklärte er
gegenüber TASS: „Eine beispiellose Frechheit und
Prinzipienlosigkeit; mir geht nicht in Kopf, wie man Menschen
von den Spielen ausschließen kann, die mit ihrem Mut das Recht
auf ein vollwertiges Leben bewiesen haben.
Wie immer dieses Gericht auch heißt – es ist ein
unmenschliches Gericht. Man kann Funktionäre bestrafen und
Trainer, aber auf keinen Fall die Sportler; wenn du dir
anguckst, was sie tun, ungeachtet aller Entbehrungen und
Härten, möchtest du den Hut ziehen – solche Menschen kann man
nur wertschätzen.“
[sb/russland.NEWS]