Sankt Petersburg (I)

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Sankt Petersburg (I)
Petersburger Betrachtungen (I): russische Frauen
„Wahre Königin ist nur des Weibes weibliche Schönheit; wo sie sich zeige, sie herrscht, herrschet bloß, weil sie
sich zeigt.“ (Friedrich Schiller, Macht des Weibes)
„Wenn Männer aufhören zu sagen, was bezaubernd ist, hören sie auf zu bedenken, was bezaubernd ist.“ (Oscar
Wilde)
Man fährt als russophiler Mensch, der die russische Sprache und Kultur, insbesondere die
„heilige russische Literatur“ (Thomas Mann) und die russische Musik, liebt, nach Sankt
Petersburg, um dort vier Wochen lang im Intensivunterricht seine Russischkenntnisse zu
erweitern; man erfreut sich während der Zeit der Weißen Nächte der Schönheit und der
Kunstschätze der Zarenstadt, betrachtet Werke seiner russischen Lieblingsmaler (Repin und
Schischkin), lernt russische Speisen und Getränke kennen, schaut sich interessiert die Spuren
seiner Hochverehrten an (Dostojewski, Gogol, Puschkin), hört in der Christi-AuferstehungsKathedrale ein Konzert geistlicher Musik aus der russisch-orthodoxen Liturgie mit einigen
wunderbaren Gesangsstücken seines russischen Lieblingskomponisten Rachmaninow … und
genießt nicht zuletzt die Schönheit der russischen Sprache, die natürlich alles andere als hart
klingt, wie landläufig geurteilt wird, sondern die vielmehr besonders weich und klangvoll ist
und sich deshalb in idealer Weise für Poesie und Musik eignet. Zu all diesen Schönheiten und
Genüssen bietet Sankt Petersburg – im Unterschied zu anderen Kunststädten – nun noch einen
weiteren optischen Leckerbissen der besonderen Art: sehr viele feminine Frauen, die sich auch
noch feminin kleiden – also eine bei uns bedauerlicherweise vom Aussterben bedrohte
Spezies! Für Femininisten (Michael Klonovsky) und Fans des „dekorativen Geschlechts“
(Oscar Wilde) ist diese Stadt somit der Himmel auf Erden. Daher aber auch die Warnung:
Wer an Caligynephobie (Angst vor schönen Frauen) leidet, der sollte besser ein anderes
Reiseziel wählen, wobei Moskau in dieser Hinsicht wohl ähnlich problematisch sein dürfte,
wenn man sich auf die diesbezügliche Expertise der Beatles verlassen darf, die in Back in the
U.S.S.R. singen: „Moscow girls make me sing and shout“. Dem vorstellbaren und wohl auch
einigermaßen wahrscheinlichen Lesereinwand, dass es doch in vielen Städten rund um den
Globus eine große Anzahl attraktiver Mädels gäbe und dass es daher wenig Sinn mache, Sankt
Petersburg in einem solchen Kontext derartig hervorzuheben, muss sogleich mit einem ganz
entschiedenen Nein entgegengetreten werden. Denn die Sache ist ganz einfach: Die russischen
beziehungsweise Petersburger Frauen sind anders – sie sind anziehender als alle anderen! Und
daher ist dem deutschen Philosophen Walter Schubart (geb. 1897, 1941 in Sibirien
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verschollen), der mit einer russischen Adligen verheiratet war, unbedingt zuzustimmen, wenn
er die russische Frau als einen der „wenigen Glücksfälle unseres Planeten“ bezeichnet.
Aber warum ist die Russin bloß so schön? Beginnen wir oben: Viele russische Frauen haben
diese einzigartigen sinnlich-melancholischen und geheimnisvollen Augen, wie sie eben nur in
Russland sowie in einigen anderen Teilen des slawischen Raums anzutreffen sind. Wer gerade
keine hübsche Russin zur Hand hat und nicht erst weit gen Osten reisen möchte, um zu
verstehen, was hier genau gemeint ist, der kann sich damit behelfen, einige der Porträts junger
Russinnen des zeitgenössischen russischen Malers Konstantin Razumov zu betrachten. Eine
kleine Auswahl von vier Bildern dieses Künstlers findet sich am Ende dieses Beitrags, wobei
zu betonen ist, dass Razumovs Malstil Realismus und Impressionismus miteinander
verbindet, was konkret so aussieht, dass die Hände und Gesichter der Damen in der Regel
realistisch gemalt sind, es standen ihm also Russinnen aus Fleisch und Blut Modell (sei es nun
live oder vor dem geistigen Auge), während sich alles Übrige impressionistischer Eingebung
verdankt (die meisten Damen tragen Kleider und Accessoires, wie sie die vornehme,
modebewusste Pariserin im 19. und in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts trug). Aber es
sind natürlich nicht nur diese betörenden russischen Augen. In Russland – ich sollte besser
sagen in Sankt Petersburg, denn ich kenne nur diesen Teil Russlands – gibt es sehr viele
Frauen, die von Mutter Natur sowohl mit äußerst attraktiven Gesichtszügen gesegnet wurden
als auch mit einer reizenden Figur, wozu nicht zuletzt auch ein praller Busen zählt (die
russischen und skandinavischen Frauen sollen weltweit die größten Brüste haben). Doch die
russische Maid – als ob das alles noch nicht genügen würde – potenziert diese ihre
gottgegebene Attraktivität noch dadurch, dass sie sich sehr gekonnt schminkt und zudem auch
noch ein Faible für figurbetonende Kleider und High Heels hat. Wohlgemerkt: Dies gilt für
die Durchschnittsrussin, keineswegs nur für die im Russischen als soderzhanki (содержанки,
„Mätressen“) bezeichneten Damen, für die ein möglichst verführerisches Aussehen eine
conditio sine qua non ist, da sie sich wohlbetuchten Männern für viel Bares und Luxus als
Gespielinnen anbieten und dabei hoffen, auf diesem Wege einmal einen höchstliquiden
Ehepartner zu finden. Für den des Russischen kundigen Besucher von Sankt Petersburg
manifestiert sich das Bestreben der Russin, möglichst attraktiv auszusehen, auch darin, dass
man beinahe in jeder zweiten Straße dieser Fünf-Millionen-Metropole die Aufschrift салон
красоты („Schönheitssalon“) lesen kann. Frau braucht hier eben schon deutlich mehr solcher
Beauty-Adressen als etwa in Berlin, Amsterdam oder Madrid, da die Russin keineswegs nur
am Wochenende oder zu besonderen, feierlichen Anlässen, sondern auch im profanen Alltag
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ihre Schönheit möglichst optimal zur Geltung bringen will. Und während man in deutschen
und vielen anderen west- und nordeuropäischen Städten lange bis sehr lange warten muss, bis
man einmal von einer High-Heels-Lady den Tag versüßt bekommt, sind sie in Sankt
Petersburg, insbesondere freilich auf dessen berühmter Flaniermeile, dem Newski-Prospekt, in
großer Zahl omnipräsent. Anders als hierzulande laufen in Russland eben keine grün-linksgestrickten, verbohrten Feministinnen herum, die dem schönen Geschlecht, mit dem sie selbst
im Allgemeinen nur das Substantiv, nicht aber das Adjektiv verbindet, predigen, dass
Stöckelschuhe für die sexuelle Unterdrückung und Opferrolle der Frau stünden
beziehungsweise die Frau zum Sexualobjekt degradieren würden. Sexualobjekt? Aber
natürlich, denn die Frau ist nun einmal auch „ein Mittel zum Genuss! Ihr Körper ist ein Mittel,
um sich Genuss zu verschaffen“ (Lew Tolstoi, Die Kreutzersonate); und schon zu Tolstois
Zeiten war den russischen Frauen ganz klar, „dass alle Reden von hohen Gefühlen nichts
anderes als Redensarten sind, dass es den Männern einzig auf ihren Körper ankommt und
daher alles getan werden muss, diesen in der verführerischsten Form herauszustellen, wie es
denn auch geschieht“ (Lew Tolstoi, Kreutzersonate), wenn man nicht als alte Jungfer enden
möchte. In der Meister-Novelle des großen Russen heißt es jedoch an einer anderen Stelle
auch: „ʻAch, ihr wollt, dass wir nur Objekt eurer Sinnenlust sein sollen? Gut, als Objekt eurer
Sinnenlust werden wir euch zu unseren Sklaven machen!ʼ sagen die Frauen“. Einer Schönheit
in High Heels und kurvenakzentuierendem Kleid gelingt dies freilich besonders leicht – die
Denke unserer teutonisch-militanten Feministinnen greift wieder einmal viel zu kurz. Aber
auf diese nicht nur in eroticis umnachteten Gestalten soll hier nicht weiter eingegangen
werden, wir wollen uns stattdessen lieber mit der interessanten Frage befassen, warum High
Heels so erotisch wirken, warum sie Frauen so besonders sexy machen. Als Erklärung für die
erotisierende Wirkung von hochhackigen Schuhen wird gemeinhin angeführt, dass die hohen
Absätze die Beine der Frau länger erscheinen lassen, was natürlich sogleich einleuchtet, da der
Spann ja ziemlich senkrecht in diesen aphroditischen Fußzierden steckt – aber dies ist
keineswegs der einzige Grund. Der bekannte Pariser Schuhdesigner Christian Louboutin hat
den Sachverhalt in einem Interview einmal wie folgt auf den Punkt gebracht: „Der High Heel
formt den Körper, er verschiebt den Schwerpunkt nach vorne, was dazu führt, dass man den
Po herausreckt, das Kreuz durchdrückt, was wiederum die Oberweite betont. Er macht aus der
geraden Körperlinie eine S-Kurve“. Unbedingt zu ergänzen ist hier jedoch, dass High Heels
auch den Gang der Holden aufgrund des stärkeren Hüftewiegens verändern und ihnen eine
selbstbewusstere Aura verleihen, denn die Frauen wissen natürlich ganz genau, wie sie in
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diesen Schuhen auf Männer wirken, und genießen das auch … Im Unterschied zu Russland
sowie anderen ost- und südeuropäischen Ländern hat es der High Heel in Deutschland
erwartungsgemäß deutlich schwerer, was vor allem an der oben bereits erwähnten
Gehirnwäsche der hierzulande leider so zahlreich vorhandenen Erotik-Analphabetinnen liegt.
Doch es kommt noch ein weiterer Faktor hinzu: Aufgrund der sexuellen Verklemmtheit der
Deutschen, die bei so manchem Ausländer, der sich längere Zeit bei uns aufhält, für eine
ordentliche Portion Verblüffung sorgt, wird diesem entzückenden Schuh nicht die
Bewunderung entgegengebracht, die er verdient. In Deutschland ist beispielsweise kaum
damit zu rechnen, dass ein Mann (der keine Sonnenbrille trägt!) auf der Straße eine sehr
attraktive Frau in einem sexy Kleid und in High Heels von oben bis unten bewundert oder ihr
gar hinterherblickt, denn schließlich will man ja von den anderen Passanten nicht als geiler
oder gar notgeiler Knilch wahrgenommen werden. Männer aus anderen Kulturkreisen, wie
etwa Südeuropa, dem karibischen Raum und Südamerika, können sich über diese germanische
Zurückhaltung beziehungsweise Hypokrisie natürlich nur wundern. So schreibt der
brasilianische Schriftsteller João Ubaldo Ribeiro, der 1990/91 ein Jahr in Berlin verbrachte, in
seinem Buch Ein Brasilianer in Berlin: „Ich steige aus [aus einem Berliner Stadtbus; S. B.],
eine hochgewachsene, stattliche Frau in einem enganliegenden Kleid, das ihren
wohlgeformten Körper noch betont, geht vorbei. Ich beschließe, soziologische Studien zu
treiben. In Brasilien hätten nicht nur viele der anwesenden Männer sich nach ihr umgedreht,
um ihr Beifall zu zollen, sondern einige hätten sich auch untereinander vielsagende Blicke
zugeworfen oder zustimmende Kommentare von sich gegeben. Ich hielt an, folgte der Frau
mit den Augen und beobachtete die Menschen um mich herum. Niemand drehte sich nach ihr
um. Niemand sah ihr nach, nur ich.“ In der deutschen Provinz können die Verhältnisse freilich
noch bizarrer sein: In einem Friseursalon in einer südwestdeutschen Gerade-mal-so-ebenGroßstadt arbeitet eine Russin, die während ihrer Tätigkeit stets feminine Kleidung und
elegante High Heels trägt. Von einer Kollegin dieser adretten Nymphe wurde mir berichtet,
dass der Inhaber des Salons diese einmal aufgefordert habe, sich doch möglichst nicht so
erotisch-weiblich zu kleiden, da gleich mehrere geschätzte Damen seiner Stammkundschaft
das Erscheinungsbild dieser Mitarbeiterin als „zu sexy“ verurteilt hätten. Als ich diese
Begebenheit in Sankt Petersburg meiner russischen Gastmutter und ihrem Cousin erzählte,
lachte erstere auf und letzterer starrte mich gänzlich verdutzt an; ich weiß bis heute nicht, ob
sie meinen Bericht aus deutschen Landen überhaupt geglaubt haben, denn für russische Köpfe
ist dieser philiströs-verklemmte Unfug geradezu extraterrestrisch. Die gute Nachricht: Besagte
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russische High-Heel-Hairstylistin arbeitet auch weiterhin auf hohen Absätzen und in dazu
bestens passenden Stöfflein im Salon dieses überbesorgten und allzu willfährigen
Haarkräuslers.
Kommen wir nun zu einem „verbalerotischen“ Aspekt, der, obschon er ebenfalls sein
Scherflein zur Attraktivität der Russin beiträgt, üblicherweise unerwähnt bleibt: Russische
Frauen sind nicht nur schön, sie tragen auch schöne Namen. Mir ist keine einzige Sprache
bekannt, die über so reizende, klangvolle weibliche Vornamen verfügt wie das Russische, das
zudem – wie einige andere Sprachen auch – zu (weiblichen und männlichen) Vornamen eine
ganze Reihe von Kurzformen sowie zärtlicher Kosenamen kennt: Anastasia (Nastjenka,
Nastjona, Nastjuscha), Antonina (Tonja, Tonjetschka, Tosjenka, Ninotschka), Darja (Dascha,
Daschjenka), Jekaterina (Katja, Katjuscha), Jelena (Lena, Lenotschka), Jewgenija (Schenja,
Schenetschka), Marina (Marischa), Nadeschda (Nadja, Nadjenka, Nadjuscha), Natalja
(Natascha, Nataschenka), Oxana (Xenja, Xenjetschka), Tatjana (Tanja, Tanjuscha,
Tanjetschka) …
Soweit unsere kursorische Betrachtung der außergewöhnlichen äußeren Schönheit der Russin.
Auf die innere Schönheit dieser lieblichen Geschöpfe kann hier leider mangels Erfahrungen
des Autors nicht eingegangen werden, doch wie wunderbar wäre es, wenn angesichts der im
europäisch-amerikanischen Westen herrschenden „Entmütterlichung“ der Frau mitsamt dem
ganzen dumm-dämlichen Gendergedöns die folgende Eloge des bereits zitierten, äußerst
russland- und russinnenerfahrenen Walter Schubart, der vor rund einhundert Jahren in
Russland lebte, auch heute noch ihre Berechtigung hätte beziehungsweise der Wahrheit
ziemlich nahe käme: „Keine Frau kann wie die Russin zugleich Geliebte, Mutter und
Gefährtin sein. Keine verbindet denselben echten Bildungsdrang mit der Sorge um praktische
Dinge, und keine ist wie sie zugleich der Schönheit der Kunst und der Wahrheit der Religion
geöffnet“. Sicher ist jedenfalls, dass im heutigen Russland, das sich wieder verstärkt seinen
traditionellen Werten zu- und von westlichen Werten abwendet, das Muttersein in weit
höherem Ansehen steht als im ach so fortschrittlichen Westen, der durch einen – in den letzten
Jahren zunehmend beschleunigten – Verlust der Mütterlichkeit gekennzeichnet ist. Es kommt
hinzu, dass in Russland das Muttersein nicht nur ideologisch, sondern auch finanziell
tatkräftig gefördert wird: Nachdem im postsowjetischen Russland, vor allem während der
Jelzin-Ära, ein drastischer Bevölkerungsrückgang zu verzeichnen war, lag im Jahre 2013 die
Geburtenrate erstmals seit 1991 wieder höher als die Sterberate, was nicht zuletzt ein
Verdienst von Wladimir Putin ist, der immer wieder die Bedeutung der Familie und der
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Mutterschaft betont, und der mit der als Mutterschaftskapital bezeichneten Geburtenprämie
von umgerechnet etwa 10.000 Euro, die jede russische Familie ab dem zweiten Kind erhält,
für einen üppigen ökonomischen Anreiz zur Kinderzeugung gesorgt hat. Na ja, und angesichts
der Physis und der höchstfemininen „Verpackung“ der russischen Frauen sollten die
russischen Männer mit der Zeugung nun wirklich keine Probleme haben.
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