Pyroschrift und Sprudelsäulen - Schulen
Transcription
Pyroschrift und Sprudelsäulen - Schulen
FACHARTIKEL Chemie und Edutainment III „Pyroschrift und Sprudelsäulen“ Viktor Obendrauf Seit dem Erscheinen von zwei Beiträgen mit dem Arbeitstitel „Chemie und Edutainment“ in dieser Zeitschrift [1,2] bekunden eine Reihe von Publikationen allein im deutschsprachigen Raum, dass man sich an etlichen Hochschulen und Universitäten stärker als bisher mit der Verknüpfung von Education und Entertainment (= „Edutainment“) beschäftigt [3,4,5]. Wobei die Diskussion, ob eine derartige Synthese von kognitiven und affektiven Zielsetzungen überhaupt möglich ist, selbst in seriösen Fachdidaktikerkreisen immer weniger kontrovers geführt wird. Das ist nicht weiter verwunderlich, denn mittlerweile ist sogar chemisch bloß unterstütztes Entertainment mit einer leichten Prise Education salonfähig geworden. Auch an Pflichtschulen und Gymnasien nutzt man im Fachbereich Chemie immer wieder die Gunst der Stunde (Tag der offenen Tür etc.), um mit publikumswirksamen Experimenten zu punkten (siehe z.B. [6-10]). Besonders erfreulich ist dabei die Tatsache, dass viele methodische Anregungen aus den bislang in dieser Zeitschrift erschienenen „EdutainmentBeiträgen“ direkt übernommen und offensichtlich erfolgreich umgesetzt wurden. Es ist z.B. beruhigend zu lesen, dass jugendliche Feuerspucker neuerdings angehalten werden, auf gängige, einfacher zu handhabende, aber toxikologisch nicht unbedenkliche Feuerspuckflüssigkeiten zu verzichten. Gekonnt wird stattdessen mit der „Obendrauf‘schen Mischung“ aus hochprozentigem Rum und lebensmittelechtem Paraffinöl mit etwas Eierlikör als Emulgator agiert (siehe [10]). Beim unbeabsichtigten Verschlucken können mit diesem Rezept sicher nicht jene gravierenden Probleme auftreten, wie sie in [11] beschrieben sind. 1. Sympathie und Transparenz Die Intentionen diverser „HalloweenShows“, „Nikolaus-Vorlesungen“ und „Christmas-Lectures“ sind meist eindeutig: Die Chemie als faszinierende Wissenschaft und unverzichtbarer Innovationsmotor soll in der breiteren Öffentlichkeit sympathischer (und mitunter auch transparenter) gemacht werden. 8 Wenigstens in Deutschland haben diese Absichten auch System: Die zentralen Wissenschaftsorganisationen Deutschlands haben sich im Mai 1999 auf Initiative des Stifterverbandes für die Deutschen Wissenschaften im Memorandum „Dialog Wissenschaft und Gesellschaft“ generell verpflichtet, das Gespräch mit der Gesellschaft zu intensivieren. Dazu wurde ein Anreizsystem entwickelt, das Belohnungen für diejenigen Wissenschaftler/innen in Aussicht stellt, die sich aktiv im Dialog mit der Öffentlichkeit engagieren. Forscherinnen und Forscher werden aufgefordert, ihre Arbeit öffentlich auch in einer für den NichtSpezialisten verständlichen Form darzustellen [12]. Public Understanding of Sciences and Humanities wird also neuerdings auf akademischer Basis gezielt „gePUSH-t“. So erhielt z. B. Prof. Dr. Wolfgang Heckl (LMU München) in Würdigung seiner hervorragenden Leistungen in der Vermittlung seiner wissenschaftlichen Ergebnisse in der Öffentlichkeit den von der Deutschen Forschungsgemeinschaft ausgelobten, mit 50.000 DM dotierten Communicator-Preis 2002. Nicht ohne Stolz sei an dieser Stelle angemerkt, dass der diesjährige Preisträger auch als Plenarvortragender für den 7. Europäischen Chemielehrer-Kongress 2003 in Linz gewonnen werden konnte. 2. Entertainment vor Education Zurück nach Deutschland: Zum „Jahr der Chemie 2003“ hat der Stifterverband für die Deutschen Wissenschaften sein Programm erstmals unter dem fachlichen Schwerpunkt „Chemie“ ausgerichtet, wobei allein für das Aktionsprogramm PUSH 250.000 € zur Verfügung stehen. Pro Vorhaben können bis zu 10.000 €, in besonders begründeten Fällen bis zu 25.000 € bewilligt werden [12,13]. Bewusst werden Programme gefördert, wo die Chemie nach aktuellen Erkenntnissen der Medienpädagogik z. B. im Rahmen von pfiffig gestalteten Ausstellungen, professionellen Wissenschaftsshows oder mit den spezifischen Stilmitteln des Theaters und Films schmackhaft gemacht wird. Wenn dabei die (bühnen-)pyrotechni- schen Effekte so aufwendig werden, dass der Veranstalter bereits einen Tag vor der Show eine mindestens 10 x 7 m große Bühne bereitstellen muss, damit die Lichtund Effekt-Technik in 5 m Höhe montiert werden kann, steht natürlich deutlich mehr Entertainment und weniger auf Education auf dem Programm [14]. Selbst für ein Publikum, das durch Film und Fernsehen mit „special effects“ heutzutage doch ziemlich reizüberflutet wird, scheint im konkreten Fall zumindest der Unterhaltungswert in einem hohem Maß gesichert. Die engagierte Chemielehrkraft, auf der Suche nach Anregungen für das anstehende Schulfest, erfreut sich zwar privat ebenfalls an solchen perfekt inszenierten „Wissenschaftsshows“, sieht aber für den eigenen Wirkungsbereich meist wenig Chancen, die gezeigten chemischen Reaktionen ähnlich attraktiv zu verbrämen. An das großzügige Nachstellen von vorgefertigten pyrotechnischen Effekten ist bei schulischen Events meist ohnehin nicht zu denken. Nicht nur die finanziellen sondern auch die rechtlichen Hürden stünden in keiner Relation mehr zum schulischen Umfeld und Auftrag. 3. Bezaubern, nicht mystifizieren Bei einer „Chemie-Show“, welche z. B. im Rahmen von Fachkongressen ausschließlich für fachkundige Lehrende inszeniert wird, bedarf es natürlich keiner umständlichen Erklärung der am öftesten „strapazierten“ optischen und akustischen Effekte. Dem Großteil des Auditoriums ist der chemische Background prinzipiell bekannt. Zumindest wissen die Zuschauer, wo man sich vertiefen könnte. Bei solchen Anlässen kann es durchaus legitim sein, chemische Reaktionen und physikalische Vorgänge einfach ohne jede Erklärung ins rechte (Overhead-)Licht zu rücken, so dass das Fachpublikum mit musikalischer Unterstützung auch einmal auf die ästhetischen Aspekte von diversen Farbreaktionen und Kristallisationen aufmerksam wird (siehe [15]). Chemisches Entertainment macht aber scheinbar nicht nur bei Insidern Sinn: Es soll in einzelnen Fällen durchaus „passiert“ sein, dass junge Nicht-Chemiker Chem. Sch. (Salzbg.) 17 (2002), Nr. 3 FACHARTIKEL ausgerechnet im Rahmen einer „Zaubervorlesung“ einen besonderen Zugang zur Chemie als Wissenschaft gefunden haben. Weil plötzlich die Frage nach den naturwissenschaftlichen Erklärungen der affektiv angelegten „Schauversuche“ unwiderstehlich interessant erschien. Wenn also nach einer Phase der Emotionalisierung auch das Bedürfnis nach der rationalen Begründung der Phänomene geweckt werden kann, scheinen sogar „Zauberversuche“ im Sinne von zauberhaften Experimenten ohne unmittelbare wissenschaftliche Erläuterung eine gewisse Berechtigung zu haben. Somit dürfte die These, dass sogenannte „Wunderversuche“ ohne jede rationale Deutung der Vorgänge aus fachdidaktischer Sicht generell abzulehnen sind (siehe z.B.[16, 17]), unter bestimmten Voraussetzungen nicht anwendbar sein. In der Tat ist in [18] nachzulesen, dass „Showexperimente“ ohne jede Auswertung zwar nicht der sachbezogenen Motivation dienen, für „Weihnachtsvorlesungen aber im Sinne einer Art extrinsischen Motivation“ sehr geeignet seien. Im normalen Unterrichtsgeschehen haben „Wunderversuche“ entsprechend einer streng fachdidaktischen Diktion tatsächlich nichts verloren. Außer der „Wunderversuch“ mutiert zu einem sogenannten „Problemexperiment“ und in der gezielten Wiederholung sogar zum „Bestätigungsexperiment“. Somit können scheinbar kontraproduktive Ansätze einer vorerst mystifizierenden Geheimniskrämerei selbst im Regelunterricht sinnstiftend sein, wenn damit Fragen provoziert, Antworten jedoch nicht grundsätzlich verweigert, sondern aus „dramaturgischen Gründen“ etwas zeitversetzt nachgereicht werden. 4. Schöner verpackt Der Verfasser dieses Beitrages musste selbst die Erfahrung machen, dass es nach vier thematisch unterschiedlich gestalteten „Christmas Lectures“ zusehens schwieriger wird, völlig „neue“ Beispiele aus der Experimentalchemie zu finden, die im größten Hörsaal der Universität Graz stimmig demonstriert werden können (siehe z.B. [19,20]). Schließlich werden für eine derartige Veranstaltung doch 25 bis 30 optisch-ästhetisch gut adaptierbare bzw. möglichst spektakuläre Versuche benötigt. Beim Sichten jener Experimentierbücher, die sich ganz oder zumindest teilweise effektvollen „Schauversuchen“ bzw. Demonstrationsexperimenten widmen (siehe z. B. [21-33]), wird bald klar, dass Chem. Sch. (Salzbg.) 17 (2002), Nr. 3 man sukzessive auf altbewährte Reaktionen zurückgreifen muss, wenn der vertretbare finanzielle und zeitliche Rahmen (in der Vor- und Nachbereitung) nicht gesprengt werden soll. Zu den immer wieder aufgewärmten „Highlights“ diverser „Chemie-Shows“ zählen vor allem • Experimente mit verflüssigten Gasen (Sauerstoff, Stickstoff) • Vorführungen mit Trockeneis (Bildung von Kohlensäure und Nebel) • Reaktionen mit pyrotechnischen Gemischen (Thermit etc.) • Explosive Gasmischungen (in Luftballons, Seifenschaum bzw. Seifenblasen), • Flammen(färbungen) • diverse Oszillationen • Chemolumineszenz und • (zeitabhängige) Farbumschläge in (wässrigen) Lösungen. Auch anderenorts hat man offensichtlich festgestellt, dass die Variationsmöglichkeiten bei den attraktiven Experimenten nach einer Serie von Veranstaltungen erschöpft sind. Deshalb verlegt man die von Jahr zu Jahr angestrebten Verbesserungen in den Bereich der Dramaturgie bzw. in die mediale Infrastruktur. Auch wenn damit beachtliche personelle und zeitliche Ressourcen für die Planung und das Probieren der Show erforderlich werden. Besonders zielführend scheint dabei — neuerdings auch auf universitärem Boden — der „rote Faden“ zu sein: Die bei Halloween-Shows, Weihnachts- und Faschingsvorlesungen gezeigten Experimente werden dramaturgisch durchgehend in eine „Geschichte“ verpackt. Der minutiös geplante Ablauf muss in „Drehbüchern“ festgehalten werden [3,5]. Nur so können die beteiligten Akteure den (teils) eingelernten Text, die einzuspielenden Musikstücke, die Lichttechnik und die Bild- und Datenprojektion zeitlich exakt auf den gerade vorgeführten chemischen Effekt abstimmen. 5. Mit neuen Medien Die Techniken für MultimediaPräsentationen konnten in den letzten Jahren signifikant verfeinert und auch erschwinglicher gemacht werden. Der Verfasser dieses Beitrags sieht in den neuen technischen Möglichkeiten im Hinblick auf Experimental-Vorlesungen und Chemie-Shows vor allem zwei Vorteile: • Reaktionen, bei denen aus KostenSicherheits- oder Umweltschutzgründen nur geringe Stoffmengen eingesetzt werden können, bleiben nicht mehr ausgeklammert. Selbst „CloseUp-Experimente“ können heutzutage in einem Hörsaal bestens visualisiert werden — vorausgesetzt die Lichtführung des Saales lässt sich so gestalten, dass die aufnehmende Kamera ausreichende Helligkeit vorfindet, während das Streulicht auf der Projektionswand in Grenzen gehalten werden kann. Obwohl es mittlerweile sehr lichtstarke Datenprojektoren gibt, die diesbezügliche Fehlkonstruktionen bereits teilweise egalisieren. • Eine vom projizierten Videobild unabhängige und parallel realisierte Projektion von Computerdaten ermöglicht die zwanglose Zuspielung von Hintergrundinformationen in Form von Formeln, Graphiken und Fotos. Diese zum jeweiligen Experiment gehörigen Fakten können und sollen aus verschiedenen Gründen gar nicht immer bis ins letzte Detail verbal erläutert werden. Trotzdem ergeben sich z. B. mit ansprechend strukturieren und bebilderten Powerpointfolien gerade bei einem sehr heterogenen Publikum gute Möglichkeiten, um bei allem „Entertainment“ nicht auf „Education“ verzichten zu müssen. Entsprechend ihrem fachlichen Wissensstand lässt man die Zuseher selbst entscheiden, in welchem Ausmaß und auf welchem Abstraktionsniveau sie die projizierten Zusatzinformationen zum laufenden Experiment visuell annehmen können oder möchten. 6. Mit allen Sinnen Bei großen Veranstaltungen sind nicht alle Zuschauer zum passenden Zeitpunkt gleichermaßen mit allen Sinnen ansprechbar. Selbst wenn z. B. Proben von wohlriechenden Reaktionsprodukten herumgereicht werden, sind die Nasen in den ersten Hörsaalreihen privilegiert. Das Erfühlen von Reaktionswärmen oder das Verkosten von „Trockeneis-Bowle“ (Abb. 1, Rezept siehe [34]) bleibt in einem großen Hörsaal mit mehr als 500 Personen aus organisatorischen Gründen meist auf eine sehr begrenzte Anzahl an „freiwilligen Vorkostern“ beschränkt. Wenn allerdings potente Sponsoren aus der Getränke- bzw. Genussmittelindustrie dafür gewonnen werden können, während der „Show“ für alle Zuseher zum Thema Eis bzw. Getränke Eislutscher und ColaFläschchen zur Verfügung zu stellen, dann sind auch diese Sinne abgedeckt (siehe z. B. [35]). Abgesehen von positiv oder negativ 9 FACHARTIKEL besetzten Geruchs- bzw. Geschmacksempfindungen kann man bei chemischen Demonstrationsversuchen im Grunde nur mit optischen und/oder akustischen Reizen operieren. Während die akustischen Einlagen (Explosionen, Verpuffungen, Heuler, „Flammenorgeln“) doch so ausgelegt werden können, dass sie im gesamten Hörsaalbereich einigermaßen unmittelbar erlebt werden, sind die optischen Effekte für die hinteren Hörsaalreihen häufig nur mit technischer Hilfestellung transportierbar. Wie bereits festgehalten, kann die Größe der verwendeten Reaktionsgefäße aus verschiedenen Gründen sehr oft nicht nach Belieben den Hörsaalproportionen angepasst werden. Die Realisierung von adäquaten „Mega-Scale“-Experimenten, die auch in großen Auditorien ohne Videoprojektion einigermaßen wirken würden, bleibt auf wenige Beispiele beschränkt (siehe z.B. [36] bzw. experimenteller Teil). Somit werden z. B. diverse (oszillierende) Farbreaktionen, realisiert in weniger großen Behältnissen, (gefärbte) Flammen, wohldosierter Rauch und Nebel in ansprechender „Verpackung“ für die Zuseher in den ersten Hörsaalreihen doch immer attraktiver erscheinen, als für jene, die aufgrund der Distanz das Geschehen großteils auf der Videoleinwand mitverfolgen müssen. Wobei es bei Videoprojektionen sehr wohl noch eine qualitative Abstufung gibt zwischen dem Zuspielen eines bereits gefilmten Experimentes und der Visualisierung eines vor Ort laufenden Versuchs. Bei vorgefertigten Filmsequenzen mit diversen „Versuchs-Konserven“ ist zu erwarten, dass das Resultat den Erwartungen des Experimentators entspricht. Projizierte „Live-Experimente“ könnten doch anders verlaufen, als geplant. In „Echtzeit“ vorgeführte Experimente werden somit sowohl vom Auditorium als auch vom Experimentator naturgegeben als spannender empfunden, selbst wenn die Präsentation nur mittelbar über eine Videoprojektion erfolgen kann. 7. Mit freiwilligen Helfern Nicht viele Institute können für ihre traditionelle „Zaubervorlesung“ gleich so viele wissenschaftliche Mitarbeiter einbinden, wie dies am Institut für Anorganische Chemie der Universität NürnbergErlangen der Fall ist. Selbstverständlich muss es beeindruckend sein, wenn gleich 10 Mitarbeiter mit je einem Becherglas in der Hand im Sekundentakt demonstrieren können, dass der Farbumschlag bei der 10 Landoltschen Reaktion („Chemische Uhr“) konzentrationsabhängig ist (siehe Abb.5 in [5] S. 252). Es gibt jedoch noch eine andere Möglichkeit, z. B. im Rahmen einer Weihnachtsvorlesung „personell aufzustocken“: Der Vortragende holt sich aus dem Publikum „Volontäre“. Wenn der dosierte Einsatz von „freiwilligen“ Helfern im Regelunterricht die Aufmerksamkeit der Lernenden per se zu steigern vermag, so ist das bei „lockeren“ öffentlichen Vorführungen erst recht der Fall. Improvisatorische Elemente fließen in das Geschehen ein, was mitunter nicht nur vom Auditorium, sondern auch vom Vortragenden als zusätzliches Spannungsmoment empfunden wird. Der Verfasser dieses Beitrags konnte mit Vergnügen selbst feststellen, dass sich solche „Volunteers“ nicht nur bei „ChemieShows“ sondern auch bei honorig angelegten Plenar-Vorträgen im Rahmen von hochkarätigen Weltkongressen bewährt haben. Wie diverse Rückmeldungen und Einladungen belegen, wird die partielle Einbindung des Publikums bei der Durchführung von chemischen Experimenten im Rahmen eines derartigen Vortrages offensichtlich äußerst positiv aufgenommen (siehe z. B. [37, 38, 39]). 8. Experimenteller Teil Während in den zwei bisher in dieser Zeitschrift veröffentlichten Beiträgen zum Thema „Chemie und Edutaiment“ [1,2] eine Reihe von einfacheren, spektakulären Experimenten mit Flammen, Deflagrationen, und Detonationen explizit erläutert wurden, sollen im folgenden vier Beispiele skizziert werden, die zwar in der Vor- und Nachbereitung oder in der Beschaffung der Utensilien verhältnismäßig aufwendig sind, von den Zusehern jedoch immer wieder als besonders eindrucksvoll empfunden werden. 8.1. Red Bottle in der Sprudelsäule Seit einigen Jahren werden in Baumärkten und im Möbelhandel Wo h n d e ko r- Wa s s e rsäulen aus Plexiglas um weniger als €65.- angeboten, die unter bestimmten konstruktiven Voraussetzun-gen als riesige „Standzylinder“ fungieren können. In diesen teilweise mehr als 1,5 m hohen Sprudelsäulen, die mit Wasser zu füllen sind, kann mittels eingebauter Fritte bzw. Luftpumpe vom Boden ausgehend ein permanent aufsteigender Strom von kleinen Luftbläschen erzeugt werden. Je nach Fabrikat arbeiten diese Sprudelsäulen so geräuschvoll, dass sie bestenfalls als riesige Standzylinder für Hörsaal-Experimente oder am Tag der offenen Tür als Blickfang für den naturwissenschaftlichen Bereich überleben dürften. Die angeschlossene Luftpumpe eröffnet dabei recht attraktive Möglichkeiten, Reaktionen mit Luftsauerstoff zu zeigen. Durch den periodischen Betrieb der Pumpe sind in diesen Säulen nämlich gerade jene umkehrbaren Farbumschläge demonstrierbar, bei denen ein Redox-Indikator mit Sauerstoff reversibel oxidiert wird („Blue-Bottle“ bzw. „Red-Bottle“-Reaktion mit Methylenblau bzw. Resazurin in alkalischen GlucoseLösungen). Der Chemismus dieser Reaktionen ist in der chemiedidaktischen Literatur (z. B. [28] S. 245) ausreichend beschrieben, sodass in Abb. 2 nur kurz die Vorgänge bei der weniger bekannten „Red-Bottle“ skizziert werden sollen. Resazurin reagiert nach dem Lösen irrevesibel zu Resorufin, das in alkalischer Glucoselösung zum farblosen Dihydroresorufin reduziert wird. Durch Luftsauerstoff kann die Leucoverbindung — ähnlich der bekannten Blue-BottleReaktion — wieder zum entsprechenden Farbstoff oxidiert werden. Die Reaktion ist viel empfindlicher als die analoge Reaktion mit Methylenblau (Blue-BottleReaktion). Auch im Dunkeln ist die Reaktion recht attraktiv: Der gebildete rote Farbstoff fluoresziert im Schwarzlicht. Kostengünstigere Sprudelsäulen mit Standfüßen in denen die Luftpumpe bzw. ein elektrischer, nicht abschaltbarer Farbwechsler bereits verblendet integriert sind, erwiesen sich für die Visualisierung von chemischen Farbreaktionen als kontraproduktiv. Um authentisch demonstrieAbb. 2 Chem. Sch. (Salzbg.) 17 (2002), Nr. 3 FACHARTIKEL ren zu können, dass der Farbumschlag durch die Inbetriebnahme und das Abschalten der Luftpumpe bzw. durch die periodisch aufsteigenden Luftbläschen ausgelöst wird, muss die Fritte im Standfuß der Säule und die (unveränderliche) Beleuchtung frei zugänglich und sichtbar sein, was auch die Reinigung der Säule nach deren Verwendung erleichtert (siehe Abb. 3). Die beschriebenen Sprudelsäulen wurden vom Verfasser dieses Beitrages erstmals bei der Christmaslecture 2000 für chemische Zwecke verwendet. Offensichtlich sind die eingebauten Metallfritten gegenüber verdünnten alkalischen Lösungen bei entsprechender Pflege (Spülen nach Verwendung) ausreichend resistent: Die Plexiglassäulen haben sich seit zwei Jahren bei diversen „Events“ ohne Pannen bewährt. 8.1.1.Material für die „Mega-RedBottle“-Reaktion Sprudelsäule aus PMMA oder einem gleichwertigen Material (Länge mind. 1,5 m) mit zugehöriger Luftpumpe und Beleuchtung (Farbwechsler abschaltbar bzw. nicht in den Standfuß integriert), Messbecher (Kunststoff 2-5 l), 50ml Becherglas, etwa 7-9 l dest. Wasser, 50g NaOH, 150 g Glucose, 10–20 mg Resazurin (7-Hydroxy-3H-phenoxazin-3on-10-oxid) 8.1.2. Durchführung: Die Sprudelsäule wird entsprechend den werksseitigen Angaben zusammengebaut und zu drei Viertel mit dest. Wasser beschickt. Je nach Größe der Säule werden dafür etwa 7–8 Liter dest. Wasser benötigt. Nach dem Einschalten der Luftpumpe (zwecks besserer Durchmischung) fügt man rund 150 g Glucose (Supermarktware Dextropur®; gelöst in etwa 0,5 Liter dest. Wasser) hinzu. Die verdünnte GlucoseLösung ist bei laufender Luftpumpe mit ca. 500 ml 10%iger Natronlauge alkalisch zu machen, bevor man mit einigen Milliliter einer wässrigen ResazurinLösung einen hellroten Farbton einstellt. Nach dem Verteilen der Reagenzien durch die aufsteigenden Luftbläschen wird die Pumpe abgestellt. Die erstmalige Entfärbung des Resorufin zum Dihydroresorufin kann in der sehr verdünnten Lösung (auch durch den im Wasser stark angereicherten Sauerstoff) etwas zeitverzögert sein und ca. 10 bis 15 Minuten dauern. Nach dem Anspringen der Reaktion vollzieht sich der Farbwechsel jedoch innerhalb einer Minute: Das Abschalten der Pumpe führt 12 zur Entfärbung; beim Durchleiten der Luftblasen bildet sich die rote Farbe zurück. Angewärmtes Wasser beschleunigt den Farbumschlag. Mit Methylenblau lässt sich die Sprudelsäule in analoger Weise, jedoch mit deutlich geringerer Empfindlichkeit betreiben. Die Säule ist in dieser Form quasi als chemisches Dauerpräparat (z. B. am Tag der offenen Tür mit Intervallschalter) mehrere Stunden lang einsatzfähig. Trotz des großen Flüssigkeitsvolumens sind die eingesetzten Chemikalienmengen so gering und verdünnt, dass im konkreten Fall keine Entsorgungsprobleme entstehen. Die Wassersäule, insbesondere die integrierte Fritte, ist sofort nach Gebrauch sorgfältig mit Leitungswasser zu spülen. 8.2. Die Pyroschrift mit „Traumsternen“ Pyrotechnische Artikel üben bereits auf Kinder der Sekundarstufe I eine magische Anziehungskraft aus. Ganzjährig angebotenes pyrotechnisches Spielzeug (pyrotechnische Produkte der Klasse 1) zählen somit zu den besonders interessant erscheinenden Bereichen der jugendlichen Erlebniswelt. Von der Knallerbse mit maximal 2,5 mg Silberfulminat bis zur ?abyrakete mit ca. 0,35 g Schwarzpulver als Treibsatz eröffnen sich attraktive Möglichkeiten, dieses Interesse für chemische Betrachtungen im Chemieunterricht zu nutzen (siehe z. B. [40]). Besonders eindrucksvoll und vielschichtig können derartige Überlegungen an diversen Nitrocellulose-Produkten angestellt und auch experimentell belegt werden. Ausgehend von „Pyro-Watte“, „Pyro-Papier“ und „Pyro-Schnur“ lässt sich das Prinzip der Veresterung an einem komplexeren Beispiel diskutieren und in relativ einfacher Weise experimentell nachstellen, wobei die gängige Bezeichnung „Nitrocellulose“ aus ähnlichen Gründen falsifiziert werden kann, wie die Bezeichnung „Nitroglycerin“. Die Herstellung von Cellulosetrinitrat gelingt mit schulischen Mitteln problemlos, wenn Cellulose mit Salpetersäure nach folgender Summengleichung verestert wird: [C6H10O5]n + 3n HNO3 → [C6H7O2(O-NO2)3]n + 3n H2O Grundsätzlich sind verschiedene Veresterungsgrade möglich. Cellulosenitrat mit einem N-Gehalt von 12,3 bis 13,7 % wird als Pulver- oder Schießbaumwolle bezeichnet. Das gelblich gefärbte, fasrige Produkt ist im trockenen Zustand schlag- und reibungsempfindlich und kommt mit einem Wassergehalt von 15–25 % in den Handel [41]. In getrockneter Form wird die veresterte Cellulose je nach Ausgangsmaterial als „Pyro-Papier“, „Pyro-Schnur“ und „Pyrowatte“ bei verschiedensten Tricks in der Bühnenmagie eingesetzt. Der Verfasser dieses Artikels verwendet z. B. seit Jahren Pyro-Schnur zur Präparation von mehr als 1 m hohen Indoor-Feuerwerken in Form von attraktiven Pyro-Schriften. Zu diesem Zweck werden handelsübliche „Traumsterne“ im Abstand von ca. 10 cm zum gewünschten Schriftzug anordnet, mit (selbstgefertiger) Pyro-Schnur verleitet und gezündet (siehe Abbildung 4). Die verwendeten „Traumsterne“ besitzen ein Papprohr-“Kaliber“ von 10 mm und sind mit maximal 0,5 g partiell veresterter Nitrocellulose (nicht mehr als 12,6% Stickstoff) gefüllt [42]. Das dem veresterten Cellulosepulver beigemischte Titanpulver sorgt für den bekannten Sternfontäneneffekt. Bei der nahezu rauchlosen Zersetzung von Cellulosenitrat bilden sich ohne Bedarf an zusätzlichem Oxidationsmittel die Verbrennungsgase CO, CO2, N2 und H2O. Das bis zu einer Effekthöhe von ca. 40 cm ausgeschleuderte Titanpulver oxidiert dabei mit heller Leuchterscheinung zu TiO2. Bedingt durch die Verwendung von Titanpulver sind die „Traumsterne“ leider nicht billig. Als Richtpreis muß mit 1 €pro Traumstern (Brenndauer ziemlich genau 30 Sekunden) gerechnet werden. Die Funken von verbrennendem Titanpulver besitzen eine verhältnismäßig lange Lebensdauer, wie dies sonst von keinem anderen Metallpulver zu beobachten ist ([43] S. 127). Außerdem ist das Oxidationsprodukt nicht toxisch, wodurch der Sternfontäneneffekt in Kombination mit Cellulosenitrat indoor-tauglich bleibt. Für den in der Abbildung 4 gezeigten Schriftzug „2002“ mit ca. 1 m Höhe wurden mehr als 90 Traumsterne verleitet. 8.2.1. Material zur Herstellung der Pyroschnur: 500 ml Becherglas, 2 Glasstäbe, Eiswürfel, Kunststoffschüssel als Kühlbad, reines, möglichst nicht mercerisiertes Baumwollgarn (dickes Häkelgarn), Trockenschrank, Waage, Gummihandschuhe, Schutzbrille, NaHCO3 8.2.2. Veresterung des Baumwollgarns [2]: 70 ml Salpetersäure conc. werden im trockenen 500 ml-Becherglas mittels Eisbad gut vorgekühlt. Nun gibt man unter ständigem Rühren langsam insgesamt 140 Chem. Sch. (Salzbg.) 17 (2002), Nr. 3 FACHARTIKEL ml Schwefelsäure conc. zu und lässt das Nitriergemisch im Eisbad gut abkühlen. Inzwischen werden 10 g dickes Baumwollgarn ca. 1 Stunde lang im Trockenschrank (oder Backrohr) bei 120 °C getrocknet. Der normale Wassergehalt von etwa 5 bis 7% (!) würde sonst die Geschwindigkeit der Veresterung deutlich verlangsamen bzw. den Veresterungsgrad verschlechtern. Das getrocknete Garn trägt man nun in Portionen ins ständig gekühlte Nitriergemisch ein und sorgt unter Drücken und Rühren mit Glasstäben für einen guten Kontakt. Da die plötzliche Bildung von nitrosen Gasen je nach Herkunft des Garns nicht ausgeschlossen werden kann, hat das Einbringen der Cellulose ins Nitriergemisch im Abzug oder im Freien zu geschehen. Nach der Zugabe von insgesamt 10 g Cellulosemasse wird noch 15 Minuten lang gerührt und gedrückt, um das Reaktionswasser im Nitriergemisch besser zu verteilen. Da die einzelnen Cellulosefasern bei der Verersterung eines Garns für die Säuren weniger leicht zugänglich sind als bei der Umsetzung von Cellulosewatte, belässt man das Garn etwas länger (insgesamt 1 Stunde) im Säuregemisch. Noch längere Reaktionszeiten würden bewirken, dass die Pyro-Schnur zu wenig reißfest wird. Deshalb holt man das veresterte Garn nach einer Stunde mit Hilfe von zwei Glasstäben und Gummihandschuhen aus dem Säuregemisch heraus. Man befördert das triefende Material sofort in eine ausreichend groß dimensionierte Schüssel, die vorsorglich ins Waschbecken gestellt wurde und mittels Wasserschlauch ständig mit fließendem Frischwasser versorgt wird. Die „nitrierte“ Cellulose wird nun mindestens 10 Minuten lang im ständig überlaufenden Wasserbad gerührt und ausgewaschen. Anschließend gibt man das so vorgereinigte Material mindestens 5 Minuten lang in ein Becherglas mit ca. 200 ml gesättigter NaHCO3-Lösung und rührt und drückt wieder, bis auch zwischen den Fasern keine Gasbläschen mehr beobachtbar und die letzten anhaftenden Säurereste neutralisiert sind. Die „nitrierte“ Cellulose wird nun wieder mindestens 10 Minuten lang unter ständigem Rühren in der Schüssel mit dem überlaufenden Fließwasser salzfrei gewaschen. Das Baumwollgarn, das sich beim Verestern und Waschen stark verheddert hat und auch keine allzu große Reißfestigkeit mehr besitzt, muss nun vorsichtig entwirrt und entknotet werden, weil möglichst lange Luntenstücke das Verleiten der Traumsterne doch erleichtern. Die auf eine Papierrolle aufgewickelChem. Sch. (Salzbg.) 17 (2002), Nr. 3 te „Pyro-Schnur“ ist an der Sonne bzw. am Heizkörper langsam mehrere Stunden lang gut (!) zu trocknen. Sicherheitshinweise: Das Trocknen des „nitrierten“ Baumwollgarns im heißen Trockenschrank ist nicht zulässig. Das beim Verestern verbrauchte Säuregemisch wird mit Natronlauge vorsichtig neutralisiert und mit sehr viel Wasser verdünnt weggespült. Sicher gelagert werden kann die Pyro-Schnur nur im feuchten Zustand; vor Gebrauch ist sie wieder zu trocknen. 8.2.3. Material zur Herstellung einer Pyroschrift Pyro-Schnur (ca. 1,5 fache Länge des Schriftzuges, Herstellung siehe 8.2.2.), pro Meter Schriftzug etwa 10 Stück Traumsterne (Brenndauer 30 Sekunden; siehe z. B. [44]), Baustahlstangen (Querschnitt 10 mm), Bolzenschneider, Elektroschweißgerät oder MiniSchweißset (siehe [45]), Schweißdraht, Nägel (L: 35mm), stumpfe Pinzette, Universalklemmen zur senkrechten Befestigung der Buchstaben (z. B. an der Hörsaaltafel) 8.2.4. Positionieren, Verleiten und Zünden der Traumsterne Am komfortabelsten können die Traumsterne zu einem Schriftzug angeordnet werden, wenn die Buchstaben bzw. Ziffern zuvor aus 10 mm-Baustahlstangen modelliert wurden. An diese vorgeformten Eisenstangen sind im Abstand von 10 cm Drahtstifte zum Aufstecken der Traumstern-Pappröhrchen anzuschweißen. Wenn die Schrift senkrecht angebracht werden soll, müssen diese Drahtstifte wie Haken etwas schräg nach oben gerichtet sein, damit die aufgesteckten Traumsterne sicher gehalten werden können (siehe Abb. 5). Umgekehrt darf der Ausstoß der feurigen Sternfontänen jedoch nur mäßig nach oben gerichtet erfolgen, damit die einzelnen Fontänen (bei einer mittleren Ausstoßweite von ca. 30 cm) in der Draufsicht noch als getrennte Lichtquellen wahrgenommen werden. Um den Zündkopf der Traumsterne freizulegen, zieht man die Kunststoffhülse vom Pappröhrchen ab, wodurch die nur mit Seidenpapier verklebte Mündung freigegeben wird. Nach dem Befestigen des eisernen Gerüstes (z. B. mit entsprechenden Klemmen an der Hörsaaltafel) werden die Traumstern-Röhrchen auf die Drahtstifte aufgesteckt. Weil sich der Boden des Indoor-Feuerwerksartikels etwa 3,5 cm innerhalb der Papp-Röhrchen befindet, können diese durch einfaches Aufschieben auf die Drahtstifte in Position gebracht werden. Nach dem Bestücken aller angeschweißten Nägel müssen die Mündungen der Sterne mit Pyro-Schnur verleitet werden. Damit die Pyro-Schnur als blitzartig deflagrierende Lunte fungieren kann, stopft man die Schnur mit einer großen, stumpfen Pinzette durch das Seidenpapier hindurch in die pyrotechnische Mischung hinein. Beim Herausziehen der Pinzette aus dem möglichst klein gehaltenen Loch im Seidenpapier ist darauf zu achten, dass die eingebrachte Schnurschlaufe im Traumstern verbleibt. Achtung! Wenn die Pyro-Schnur nicht tief genug in die pyrotechnische Mischung hineinragt, besteht die Gefahr, dass der Traumstern nicht zusammen mit den anderen gezündet wird. Vorsicht! Wenn das Seidenpapier einmal durchstochen ist, darf die Mündung des Pappröhrchen nicht mehr nach unten gehalten werden, sonst rieselt ein Teil der lose eingefüllten pyrotechnischen Mischung heraus und dieser Stern hat eine kürzere Brenndauer als die übrigen. Ohne am bereits positionierten Ende der Pyro-Schnur zu ziehen, werden in gleicher Weise sukzessive alle Röhrchen verbunden bis sämtliche Sterne zündfähig verleitet sind. (siehe Abb. 5). Die locker von Traumstern zu Traumstern bzw. von Schriftzeichen zu Schriftzeichen geführte Lunte kann bei Bedarf durch Verknoten gestückelt werden. Verbindet man die Pyro-Schnur nun mit Kreppband mit einem 1,5 V PyrotechnikElektrozünder, den man zur Sicherheit noch zusätzlich mit etwas Pyro-Watte als Anfeuerung umwickeln sollte, so lässt sich die Pyro-Schrift als Indoor-Feuerwerk elegant mittels professioneller Zündmaschine auf Knopfdruck oder mit einer einfachen Taschenlampenbatterie zünden. Ohne Elektrozünder tut es im Grunde ein gewöhnliches Feuerzeug auch. Eine gut präparierte und sorgfältig verleitete Pyroschnur ist die Gewähr dafür, dass alle Traumsterne innerhalb von Sekunden fast zeitgleich starten und damit auch ziemlich gleichzeitig verlöschen. Vorsicht! Über dem gezündeten IndoorFeuerwerk dürfen keine brennbaren Materialien (Leinwand etc.) sein! Obwohl die mit BAM P T1 eingestuften Effektsätze nur etwas schräg nach oben abbrennen, ist die Wärmeentwicklung im Verlauf von 30 Sekunden ganz beträchtlich. Den Gepflogenheiten entsprechend gehört die Pyro-Schrift als Bühnenfeuerwerk zur Probe einmal ohne Publikum gezündet, wie überhaupt alle einschlägigen gesetzli13 FACHARTIKEL Abb. 1: Der Autor beim Verkosten der „Trockeneis-Bowle“ Abb. 3: Die Sprudelsäule chen Bestimmungen, die für den Abbrand von Bühnenfeuerwerken gelten ((Berechtigung, Anzeigepflicht, Anwesenheitspflicht technischer Fachkräfte etc.) eingehalten werden müssen (siehe z.B.[46]). 8.3. Methane Mamba [47] Bob Becker ist wohl einer der bekanntesten Chemielehrer und „Lecturer“ in Amerika. Er war nun tatsächlich der Erste, der die mittlerweile nicht nur in den USA berühmt gewordene „Methane Mamba“ zum Leben erweckt hat: „The idea for this demonstration came to me while viewing a tape of the Flinn Scientific „Evening of Chemistry“ (from the Boston NSTA Convention, 1992). In the performance, DeWayne Lieneman demonstrated the infamous „Elephant Toothpaste“ in which a snake-like stream of suds leaps up out of a large test tube and covers the table below (50 mL 30% H2O2 , some dish detergent and some KI 14 solution to catalyze the peroxide decomposition). A few demos later, Penney Sconzo and Larry Flinn showed the tricky art of blowing hydrogen bubbles and lighting them as they ascended. The merging of these two ideas came to me the following day during study hall duty!” [48]. Bei vielen „schönen“ schulischen Experimenten lässt sich die methodische Urheberschaft nicht mehr exakt eruieren, weil man es bei chemiedidaktischen Publikationen mit dem Zitieren nicht immer so genau nimmt. Mitunter taucht sogar nach ein bis zwei etwa Dekaden der sonderbare Wunsch auf, alte Hüte wieder auf „neu“ zu trimmen oder gar ganz neu zu „konzipieren“. Im konkreten Fall kann man jedoch den experimentellen „Wurf“ nachvollziehen, der nicht nur optisch einiges zu bieten hat, sondern mit dem auch noch eine ganze Reihe von physikalischchemischen Eigenschaften von Methan und Seifenblasen angesprochen werden können. 8.3.1. Material für die Methan Mamba: 1,5-Liter- oder besser 2-Liter-PETFlasche, Sägemesser, Bohrmaschine, Heißklebepistole (oder Silicondichtmasse für Aquarien), 10 ml-Messpipette aus Kunststoff (oder 8 mm-Glasrohr, Länge ca. 10 cm), Gummischlauch (passend zum Pipette bzw. zum Glasrohr und zum Schlauchanschluss der Methanquelle), Gummiring, Klemme, Muffe, Stativ (für Bühnen als Bodenstativ möglichst hoch, z.B. Teil einer Gardena Gartenbrause), Seifenblasenlösung (10 ml Babyshampoo, 125 ml Glycerin auf 500 ml dest. Wasser aufgefüllt [50]), Stahlflasche mit Methan oder Druckdose (siehe [51]) bzw. Erdgasanschluss, dickwandiger, großer Gymnastik-Softball (mittels Schlauch zu füllen bzw. mittels Schlauchklemme zu verschließen), Luftballon, Heizplatte oder Tauchsieder und 500 ml-Becherglas, Mikrobrenner (Einhandbedienung) bzw. Feuerzeug, Arbeitshandschuh aus Leder, Musikanlage für den „Tanz“ der Mamba 8.3.2. Herstellung der Apparatur Der für die „Mamba“ verwendete Seifenblasengenerator, der auch mit explosiven Gasmischungen betrieben werden kann (siehe [49]), lässt sich entsprechend der Abbildung 5 mit einfachen Mitteln herstellen: Die PET-Flasche wird ca. 5 cm unterhalb des Überganges vom konischen zum zylindrischen Flaschenkörper quer durchgeschnitten. In die fest aufgeschraubte Verschlusskappe ist mit einem passenden Bohrer ein Loch zu bohren, in das ein ca. 10 cm langes Stück einer Abb. 4: „Traumsterne“-Schrift Abb. 5: Das Verleiten der Traumsterne Abb. 5a: Nach der Zündung Kunststoff-Pipette (bzw. ein 8 mmGlasrohr) exakt eingepasst und am besten mittels Heißklebepistole oder Silicon flüssigkeitsdicht eingeklebt wird (siehe Abb. 6). Chem. Sch. (Salzbg.) 17 (2002), Nr. 3 FACHARTIKEL Der so präparierte Flaschenteil wird mittels Klemme und Muffe mit dem Verschluss nach unten an einem langem Stativ (z. B. Teil einer Gardena-Gartenbrause) fixiert. Das aus der Verschlusskappe herausragende Rohrende ist mit einem passenden Gummischlauch zu verbinden, der dann siphonartig nach oben geführt und am Stativ befestigt werden muss, damit die Seifenlösung nicht ausfließen kann. Erst dann kann der Behälter mit Seifenlösung gefüllt werden, bis die Öffnung des eingepassten Rohres ca. 1 bis 2 cm hoch mit Seifenlösung bedeckt ist. 8.3.4. Wasser-Dipole innerhalb der Seifenschaumhäute Ein Luftballon wird kurze Zeit in den Haaren gerieben und in die Nähe der senkrecht stehenden Seifenschaumschlange gebracht. Sofort „fühlt“ sich diese zum Ballon hingezogen. Wird der aufgeladene Luftballon zu passender Musik rhythmisch entlang des Seifenschaumschlauches auf- und abbewegt, beginnt die „Mamba“ zu „tanzen“. Die polaren Wassermoleküle in den doppelschichtigen Seifenschaumhäuten (siehe Abb. 7) sind im elektrischen Feld starken Wechselwirkungen ausgesetzt (Abb. 8). Abb. 6: Der Seifenblasengenerator 8.3.3. Produktion der Mamba Methan aus der Erdgasleitung Der Seifenblasengeneratur wird entsprechend den Anweisungen in 8.3.2. zusammengebaut und mit heißer Seifenlösung beschickt. Der Siphon, der sich dabei mit Seifenlösung füllt, wird vorsichtig ausgeblasen. Um zu vermeiden, dass sich der Schlauchbogen wieder mit Seifenlösung füllt und einen zu schwachen Gasstrom sperren könnte, wird das Schlauchende durch Abknicken verschlossen. Nun wird die Erdgasquelle aufgedreht und mit dem (noch geknickten) Schlauch verbunden. Erst wenn sich der Druck aufgebaut hat, wird die abgeknickte Stelle gefühlvoll freigegeben. Der Gasstrom muss so dosiert werden können, dass die Mamba relativ langsam wachsen kann. Wenn das Verhältnis von Auftrieb zur Größe der Bläschen im hochsteigenden Schaumgebilde stimmt, sind 1,5 m lange, ziemlich senkrecht emporstrebende Seifenschaumschlangen machbar. Bei einem zu großen Gasdurchsatz besitzen die Seifenbläschen einen zu großen Auftrieb. Die Schlange reißt vorzeitig ab und steigt nach oben. Methan aus der Stahlflasche oder Druckdose Methangas aus Stahlflaschen bzw. Druckdosen kühlt bei der Entnahme über das Reduzierventil erfahrungsgemäß so stark ab, dass der Auftrieb des Gases für eine schöne „Mamba“ nicht mehr ausreichen würde. Abhilfe schaffen kann wieder der Einsatz von heißer Seifenlösung. Noch besser ist es, das Gas z.B. in einem großen Gymnasik-Softball zwischenzulagern und es so zumindest auf Raumtemperatur zu bringen. Besonders sicher funktioniert die Mamba (auch ohne erwärmte Seifenlösung), wenn der gasgefüllte Softball eine Zeitlang neben einem Halogenstrahler (500 Watt) erwärmt wird. Der Anschluss des Vorratsbehälters an den Seifenblasengenerator erfolgt wie unter a) beschrieben. Chem. Sch. (Salzbg.) 17 (2002), Nr. 3 8.3.5. Methan ist brennbar Während der „Geburt“ der „Mamba“ sind offene Flammen in der Nähe der Gasquelle auf alle Fälle zu vermeiden. Um auf spektakuläre Weise zu zeigen, dass das Gas im Seifenschaum brennbar, ohne Sauerstoff im Gemisch jedoch nicht explosiv ist, verwendet man am besten einen einhändig bedienbaren Mikrobrenner. Eine Hand wird triefend nass gemacht. Mit dieser nassen Hand hebt man einen Teil der Schlange vom Seifenblasengenerator ab und entfernt sich etwas von diesem. Für eine Sekunde gelingt es meistens, Teile des Seifenschaumschlauches in der feuchten Hand zu halten. Noch bevor sich die Schlange von der Hand löst und abhebt, muss der Schaum mittels Mikrobrenner, der inzwischen in der anderen Hand in Betrieb genommen wurde, gezündet werden. Mit etwas Übung gelingt das Entflammen der Schlange auch mit einem Feuerzeug, ohne dass dabei die „thermische Belastung“ für die Hand zum Problem werden kann. Es entsteht eine rasch verlöschende Stichflamme nach oben, der man mit einer Handbewegung seitlich nach unten ausweicht. Die nasse Hand verhindert Verbrennungen, obwohl die Deflagration die letzten Schaumbläschen auf der Haut erreicht. Die beschriebene Aktion sollte mit einem nassen Arbeitshandschuh (Leder) einige Male geprobt werden, bevor man den brennbaren Seifenschaum an die nackte Haut heran lässt. Vorsicht mit leicht brennbaren Bekleidungsstücken, Haaren und Einrichtungsgegenständen! Auf keinen Fall darf die Mamba direkt am Seifenschaumgenerator entzündet werden! Die Stichflamme würde sofort in die PETFlasche hinein brennen und den Flaschenkörper zum Schmelzen oder gar zum Brennen bringen. 8.3.6. Tipps, Tricks und Troubleshooting Normale Luftballons haben sich als Abb. 7: Schematische Darstellung der Seifenblasen-Doppelschichten Abb. 8: Der Autor beim „Beschwören“ der Mamba Abb. 9: Die „Flame Tube“ in Aktion. Durch die Schallwellen des Lautsprechers schwingt die Gassäule im Inneren des Rohres. Die unterschiedlichen Höhen der Flämmchen machen die Druckverteilung sichtbar. 15 FACHARTIKEL Methan-Speicher nicht besonders bewährt, weil der relativ starke Gasdruck des aufgeblähten Ballons das langsame Wachsen der Mamba erschwert. Der Gasstrom durch die Seifenblasenlösung ist mit einem gasgefüllten Gymnastik-Softball besser regelbar. Beim Füllen des Zwischenspeichers (Gymnastikball) mit Methan ist darauf zu achten, dass dieser keine Luft enthält. Mit der Seifenblasenlösung darf kein zu kompakter Seifenschaum produziert werden. Die Gesamtmasse der Seifenschlange muss vom Auftrieb des eingeschlossenen Gases kompensierbar sein. Die Konsistenz des Schaumes wird stark von der Wachstumsgeschwindigkeit der „Mamba“ und von der Art der Seifenlösung beeinflusst. Auf europäischem Boden hat sich als Seifenblasenrezept ein eher wenig viskoses Gemisch aus 10 ml Babyshampoo, 125 ml Glycerin und 375 ml dest. Wasser recht gut bewährt. [50]. Damit die Mamba in der Startphase nicht „kopflastig“ ist, sollte der erste, teilweise noch lufthältige Schaum (mit der Hand) abgeschöpft werden. Seifenschlangen, die das „Köpfchen“ zu Beginn des Experimentes hängen lassen, weil die Temperatur des Gases noch nicht ausreichend an die Raumtemperatur angeglichen ist, können mit elektrostatisch aufgeladenen Ballons häufig so getrimmt werden, dass die Schlange nach kurzer Zeit nachhaltig nach oben strebt. Wenn kein Erdgas zur Verfügung steht, ist das Experiment nicht billig. Sowohl die Anschaffung bzw. Miete von Stahlflaschen als auch Druckdosen mit Methan sind teuer: Für eine wiederbefüllbare 2Liter-Lecture-Bottle (Eigenflasche ohne Füllung, nur mit Flaschenventil, ohne Reduzierventil) muss man mit über 230 € rechnen. Handelsübliche Druckdosen mit nur 12 Liter entspanntem Methan kosten mehr als 38 € ohne Mehrwertsteuer (siehe [51]). Mit dem Inhalt einer derartigen AluDruckdose kann die „Methan Mamba“ gerade ein Mal gut gezeigt werden. Vorausgesetzt man schließt die Dosenarmatur direkt den Seifenblasengeneratur mit stark angewärmter Seifenlösung an und vermeidet so Verluste beim Umfüllen in den sonst praktischen Zwischenspeicher (Gymnastik-Softball). 8.4. Flame-Tube Die „Flame Tube“ hat mit Flammen und somit mit Chemie zu tun. Demonstriert werden damit jedoch seit vielen Jahrzehnten physikalische Gesetzmäßigkeiten [52-60]. In die Kategorie 16 Edutainment fällt das Experiment dann, wenn die stehenden Wellen (analog der Kundtschen Röhre) nicht mit einem nüchternen Tonfrequenzgenerator, sondern mit einer Musikanlage mit Lautsprecher, noch besser mit einem Synthesizer-Keyboard mit passenden Boxen als Schallquelle demonstriert werden. 8.4.1. Physikalisches Normale Schallwellen stellen periodische Folgen von Druckänderungen dar. Es handelt sich also um Verdichtungen und Verdünnungen der Luft. Die einzelnen Moleküle des Mediums bewegen sich dabei parallel zur Ausbreitungsrichtung der Wellen (longitudinale Wellen). Jedes Molekül gibt beim Stoß etwas Energie an das Nachbarmolekül weiter. Die Moleküle verändern dabei ihren Ort durch den Einfluss der Schallquelle letztlich nicht. Unabhängig davon folgen die Teilchen natürlich sämtlichen Freiheitsgraden der thermischen Bewegung. Man spricht heute auch dann von Schall, wenn sich die Druckschwankungen im flüssigen oder festen Medium ausbreiten. Schall mit Frequenzen höher als 20 000 Hertz nennt man Ultraschall (siehe Ultraschall für diagnostische Zwecke, Ultraschallbäder zum Reinigen von Schmuck, Brillen etc.). Die Frequenz einer Schallwelle gibt an, wie oft pro Sekunde ein Wellenberg (Ort der maximalen Luft-Verdichtung) einen gegebenen Punkt passiert. Den Abstand zwischen zwei aufeinanderfolgenden Wellenbergen bezeichnet man als Wellenlänge. Das Produkt aus Wellenlänge (λ) und Frequenz (f) einer Welle ist stets gleich der Ausbreitungsgeschwindigkeit v: v=f×λ Diese Schallgeschwindigkeit ist für alle Frequenzen gleich groß, solange sich der Schall im gleichen Medium mit derselben Dichte ausbreitet. Die Wellenlänge des Kammertones a1 (mit f = 440 Hertz) beträgt rund 0,76 m, der um eine Oktave höhere Ton a2 hat eine Wellenlänge von etwa 0,38 Meter. Diese Zahlen ergeben sich, wenn in die umgeformte Gleichung: λ = v × f -1 334 m pro Sekunde als Schallgeschwindigkeit in normaler Luft eingesetzt wird: λ = 334 ms–1 × (440 Hz)–1 λ = 0,76 m ½ λ = 38 cm ¼ λ = 19 cm In trockener Luft und bei einer Temperatur von 0 °C beträgt die Schallgeschwindigkeit nur mehr 331,6 Meter pro Sekunde. Mit sinkender Temperatur sinkt auch die Schallgeschwindigkeit. Solange die Gasdichte konstant ist, haben Änderungen des Druckes praktisch keine Auswirkung auf die Schallgeschwindigkeit. In Gasen mit höherer Dichte breitet sich der Schall langsamer aus, denn bei schwereren Molekülen haben die Schallwellen bei gleicher Temperatur eine geringere mittlere Geschwindigkeit. Die Moleküle eines dichteren Mediums reagieren einfach langsamer auf Druckschwankungen. Aus diesem Grund ist die Schallgeschwindigkeit in feuchter Luft größer als in trockener Luft. Feuchte Luft enthält prozentual mehr Wassermoleküle, die leichter als die Stickstoff- bzw. die Sauerstoffmoleküle sind. Die Flame-Tube wird in physikalischen Praktika nun häufig dazu verwendet, um die gut sichtbaren Wellenlängen bei vorgegebener Sinus-Frequenz abzumessen und daraus die Schallgeschwindigkeit (in Propangas) mit obiger Gleichung zu ermitteln. Die periodischen Verdichtungen des Propangases in der Flame-Tube sind deshalb gut erkennbar, weil die GasFlämmchen an den in einer Reihe gebohrten Gasaustrittsöffnungen durch den unterschiedlichen Gasdruck unterschiedlich groß ausfallen. Wenn keine quantitativen Betrachtungen angestellt werden und (fast) nur der Effekt zählt, hat sich ein Synthesizer-Keyboard als Schallquelle bewährt. Ausgehend von einem zur FlameTube-Länge passenden Grundton können mit Hilfe der zugehörigen Oktaven nach oben und nach unten recht gut die Halbierung bzw. Verdoppelung der Wellenlänge gezeigt werden. Dabei ist es unerheblich, ob die Tube nur einseitig oder von beiden Seiten mit Lautsprechern beschallt wird. Bei passenden Musikstücken sind je nach Passage ebenfalls stehende Wellen beobachtbar. Für diese Zwecke reicht eine Kompaktstereoanlage mit 2 abnehmbaren Lautsprechern. Flame-Tubes kann man in unterschiedlichen Längen fertigen. Der Verfasser dieses Beitrags hat eine Dimension gewählt, die noch einen problemlosen Transport in einem PKW erlauben. 8.4.2. Material Metallrohr L: 120 cm, D: 10 cm (z. B. Ofenrohr, verzinktes Lüftungsrohr, Baumarktware), Stahlnagel, Hammer, Metallbohrer (1 mm u. 8 mm), Maßband, Stahlnagel, Hammer, Gasschlauchtülle (Messing), Werkzeug zum Hartlöten, Feile, Latexhandschuhe (als GummimemChem. Sch. (Salzbg.) 17 (2002), Nr. 3 FACHARTIKEL branen), Schere, Schlauchschellen (passend zu 10 cm Rohr), Gewebeklebeband, Propangasflasche (5kg mit Regler), Gasschlauch, lange Streichhölzer oder Gasanzünder, Stereoanlage bzw. Syn-thesizer-Keyboard mit 2 kleinen Boxen. tem Gasstrom wird nun das austretende Gas an den Bohrungen direkt entzündet (lange Streichhölzer, Gasanzünder). Die Lautstärke der Schallquelle ist so einzustellen, dass die Druckschwankungen in der Röhre gut sichtbar werden (Abb. 9). 8.4.3. Herstellung der Flame-Tube Die scharfkantigen Ränder des zugeschnittenen Metallrohres werden mittels Feile und Schleifpapier sorgfältig entgratet und abgerundet, damit die dort anzubringenden Gummi-Membranen nicht durchscheuern. Beginnend etwa 10 cm von beiden Enden des Rohres sind in Abständen von genau 2,5 cm eine Reihe Löchern mit 1mm Durchmesser zu bohren. Vorsicht! 1mm-Bohrer brechen leicht ab! Mit größeren Bohrlöchern funktioniert die FlameTube nicht. Um das Abrutschen des anfälligen Bohrers zu verhindern, sollten die zuvor gekennzeichneten Bohrstellen mit einem Stahlnagel angekörnt werden. Zum Einlöten der Gasschlauchtülle wird in der Mitte des Rohres ein entsprechendes Loch gebohrt. Die Gasschlauchtülle sollte dabei am Rohr seitlich so zu liegen kommen, dass die Reihe von 1 mm-Löchern genau nach oben weist. Nach dem gasdichten Einlöten der Tülle müssen die Rohröffnungen mit Gummimembranen verschlossen werden. Als Gummihäute haben sich die Hand- bzw. Rückenfläche von dickhäutigen Latexhandschuhe bewährt, die man zu einem runden „Trommelfell“ von etwa 15 cm Durchmesser zuschneidet. Diese runden Latexflecken werden nun locker über die Rohröffnungen gespannt und mittels Schlauchschellen faltenfrei bzw. gasdicht fixiert. (Abb. 9). Vorstehende Zipfel der Gummimembrane sind zu kappen bzw. mit schwer brennbarem Gewebeband abzukleben, damit die Membrane nicht durch das nahegelegene Flämmchen anschmoren und undicht werden kann. 8.4.5. Tipps, Tricks und Troubleshooting Vorsicht! Die Flame Tube muss seitlich bei den aufgespannten Membranen völlig gasdicht sein, weil sonst nach kurzem Betrieb das Entflammen des gesamten Rohrinhaltes sehr wahrscheinlich ist. Die äußersten Flämmchen der Flammenreihe müssen von den abgeklebten Schlauchschellen einen Mindestabstand von 10 cm haben. Bevor die (teuren) Lautsprecher in Position gebracht werden, überzeugt man sich auf einer feuerfesten Unterlage im Zuge eines Probebetriebs, dass die Gummimembranen nicht zu heiß werden können. Unter diesen kontrollierten Bedingungen würde das Entflammen des gesamten Rohrinhaltes kein Problem darstellen, vorausgesetzt die Gaszufuhr zum Rohr wird sofort unterbrochen. Vor jeder Inbetriebnahme der Flame Tube sind die Gummimembranen auf Schadhaftigkeit zu überprüfen. Insbesondere die Stellen, wo die Membranen über den abgerundeten Rand der Metallröhre gespannt sind, können bei einem sorglosen Transport leicht perforiert werden. Vor dem Anzünden des an den Bohrungen austretenden Gases muss sichergestellt sein, dass die Luft aus dem Rohr verdrängt ist (Geruchsprobe direkt an den Öffnungen). Die Flüssiggasflasche sollte sich direkt bei der Flame Tube befinden, damit der Gasdruck beim Entzünden des Gases mit der zweiten Hand bei Bedarf sofort reduziert oder verstärkt werden kann. Die Gasflämmchen an den Bohrungen müssen etwa 2 bis 3 cm hoch sein. Bei kleineren Flämmchen besteht die Gefahr, dass diese beim Einschalten der Schallquelle verlöschen. Bei zu langen Flämmchen, die schon von der Röhre etwas abheben, kann der gewünschte Effekt nicht mehr gut beobachtet werden. Die Flämmchengröße lässt sich über das Regulierventil der Flüssiggasflasche steuern. Die Flame Tube ist während des Betriebs ständig zu beaufsichtigen. 8.4.4. Erzeugung von Flämmchenwellen Die Flame Tube wird auf einem Experimentiertisch oder einem Brett so positioniert, dass die Boxen, deren Lautsprecher ungefähr dem Rohrdurchmesser entsprechen sollen, direkt an die Membranen gestellt werden können. Von einer 5 kg-Propangasflasche mit Druckregler wird nun mittels Schlauch über die Gasschlauchtülle langsam Gas in die Metallröhre geleitet, bis die Luft über die kleinen Bohrungen aus dem Rohr verdrängt wurde. Dies ist bereits nach 10 bis 15 Sekunden der Fall, wobei sich direkt über der Flame Tube deutlicher Gasgeruch bemerkbar macht. Bei passend eingestellChem. Sch. (Salzbg.) 17 (2002), Nr. 3 9. Finanzielle Perspektiven Bei allen vier im Abschnitt 8 beschriebenen Beispielen fallen beträchtliche Kosten für die (einmalige) Beschaffung der Materialien und Geräte an. Mit einer Ausnahme: Wenn methanhältiges Erdgas verfügbar ist, kann man die Methanschlange auch mit sehr geringem Aufwand wachsen lassen. Etwas handwerkliches Geschick und Kenntnisse im Umgang mit dem Lötwerkzeug sind bei der Anfertigung der Flame Tube erforderlich. Das Material für die Röhre selbst ist nicht teuer. Die Anschaffung einer Flüssiggasflasche mit Regler ist jedoch für dieses Experiment unerlässlich. Der Betrieb der Flame Tube selbst kostet hingegen wenig. Am teuersten gestaltet sich das Abbrennen der Pyro-Schrift. Trotzdem gibt auch im schulischen Bereich immer wieder „gehobene“ Anlässe, wo seitens der Verantwortlichen ein Extra-Budget für die Chemie locker gemacht werden kann, wenn dafür etwas Schönes geboten wird. Literatur: [1] V. OBENDRAUF: Chemie und Edutainment I Feuer und Flamme. Chem.Sch. (Salzbg.) 12 (1997) Nr. 1, S. 1-11 [2] V. OBENDRAUF: Chemie und Edutainment II – Von Deflagrationen und Detonationen. Chem.Sch.(Salzbg.) 14 (1999) Nr. 1, S. 13-17 [3] A. KERK, C. DÜCKER-BENFER, T. SCHNEPPENSIEPER, B.MÜLLER, M. GALLE, R. VAN ELDIK: Nebel, Spot, Fanfare – Wie Schüler noch Chemie lernen können. Nachr.Chem. 48 (2000), Nr. 12, S. 1481-1486 “Experimentalvorlesungen wie die Faschingsvorlesung der TU München und die Shows des “Magic Andy” Andreas Korn-Müller aus Dresden haben eine große Tradition. 20 Mitarbeiter unterstützen, einige für Technik (Sound, Musik video, Kamera, Beamer): Musik und Schauspieleinlagen verknüpfen chemische Experimente und Zaubertricks zu einer fortlaufenden Handlung. Dreistündige Veranstaltung, Hörsaal für 500 Sitzplätzen mit 800 Besuchern überfüllt [4] B. ALBERT, J. JANEK: Eine weihnachtliche Experimentalvorlesung – Chemie und Licht. ChiuZ 35 (2001), Nr. 6, S. 390-401 [5] B. MÜLLER, M.GALLE, T. SCHNEPPENSIEPER, C. DÜCKER-BENFER, R. VAN ELDIK: “Chemie am laufenden Band” – Die Zaubervorlesung. ChiuZ 36 (2002), Nr. 4, S. 246255 [6] SCHWAB, M.: Chemie einmal anders – Wir gestalten eine Chemieshow. NiU 13 (2002) Nr. 70/71, S. 22-28 [7] http://www.ikgnet.de/HomePage/projekte/chemie/feuer.htm [8] h t t p : / / w w w . a b t e i g y m - s e c k a u . a c . a t / chemie/News/Chemieshow2001/kanllgaskanone.htm http://www.abteigym-seckau.ac.at/chemie/ News/Chemieshow2001/wuffi.htm Chemieshow zum Semesterabschluss (17. 02. 2001) [9] http://www.peraugym.at/chemie/aktiv/tdot.html [10] h t t p : / / w w w. m u l t i a u g u s t i n u m . c o m / ~ t i l l / index.html [11] H. MICHALAK: “Feuerspucken, Feuerschlucken” – großes gesundheitliches Risiko für ungeübte Jugendliche. In: Umweltmedizinischer Informationsdienst 3/2002, S. 11 (http://www.umweltdaten.de/ down-d/umid0302.pdf) [12] Siehe: http://www.stifterverband.org/ [13] H. RADLANSKI: Aktionsprogramm des Stifterverbandes: Ein Push für die Chemie. In: Nachr.Chem. 50 (2002), Heft 4, S. 527 17 FACHARTIKEL [14] http://www.sciencecomedy.de/menu.html [15] R. FULL, W. RUF: Die vier Jahreszeiten – chemisch inszeniert, musikalisch kommentiert. In: CHEMKON 5 (1998), Nr. 1, S. 57 [16] P. SCHWARZMANN: Showversuche? – Ja aber sinnvoll eingesetzt! In: Chem.Sch.(Salzbg.) 11 (1996) Nr. 4, S. 16 [17] H. J. BADER: “Der Wunderversuch”. In: P.PFEIFER, K.HÄUSLER, B.LUTZ. Konkrete Fachdidaktik. Oldenbourg Verlag GmbH München, 1992, S. 299 [18] H.-D. BARKE, G. HARSCH: Chemiedidaktik Heute. Springer-Verlag Berlin Heidelberg, 2001. S. 42 [19] http://www.kfunigraz.ac.at/ainst/aktuelles/ news/chemie.html [20] h t t p : / / b o c h 3 5 . k f u n i g r a z . a c . a t / i f c history/2001chris-lec.html [21] K. HÄUSLER, H. RAMPF, R. REICHELT: Experimente für den Chemieunterricht, Oldenburg Verlag GmbH, München 1991, S. 333-348 [22] O. KRÄTZ: Historische chemische Versuche, eingebettet in den Hintergrund von 3 Jahrhunderten, Aulis-Verlag Deubner &Co KG, Köln, 1987 [23] H. W. RÖESKY, K. MÖCKEL: Chemische Kabinettstücke 1. korrigierter Nachdruck der 1. Auflage 1994, VCH Weinheim, 1996 [24] B. Z. SHAKHASHIRI: Chemical Demonstrations, Vol 1-4, The University of Wisconsin Press, 1985 [25] G. WAGNER: Chemie in faszinierenden Experimenten, 9. Aufl. Aulis-Verlag Deubner &Co KG, Köln 1997 [26] S. NICK, I. PARCHMANN, R. DEMUTH (Hrsg.): Chemisches Feuerwerk – 50 effektvolle Schauversuche. Aulis-Verlag Deubner & Co KG, Köln 2001 [27] H. BRANDL: Trickkiste Chemie. Bayerischer Schulbuch Verlag, 1998 [28] F.R. KREISZL, O. KRÄTZ: Feuer und Flamme, Schall und Rauch. Schauexperimente und Chemiehistorisches. Wiley-VCH Weinheim – New York 1999 [29] F. BUKATSCH, O.P. KRÄTZ, G. PROBECK. R.J. SCHWANKNER: So interessant ist Chemie. Aulis-Verlag Deubner & Co KG, Köln 1997 [30] B. GEUE, F. WIEN: Chemagie – Handbuch chemischer Spezialeffekt für alle Bereiche der Unterhaltung. Atrioc-Verlag Bad Mergentheim 2001 [31] L.R. SUMMERLIN, L EALY, Jr.: Chemical Demonstrations – A Sourcebook for teachers, Vol. 1, 2nd Ed., American Chemical Society, Washington, DC 1988 [32] L.R. SUMMERLIN, C. L. BORGFORD, J. B. EALY: Chemical Demonstrations – A Sourcebook for teachers, Vol. 2, 2nd Ed., American Chemical Society, Washington, DC 1988 [33] I. TALESNICK: Idea Bank Collation, A Handbook for Science Teachers, Vol 1, S17 Science Supplies and Services Co. Ltd., Kingston, Ontario, 1991 [34] V. OBENDRAUF: Das Gas, das aus der Kälte kam – Freihandversuche mit Trockeneis. In: Chem.Sch.(Salzbg.) 7 (1992) Nr. 4, S. 12-14 [35] h t t p : / / w w w. c h e m i e . u n i - e r l a n g e n . d e / Zaubervorlesung/home.html Chemie am laufenden Band, siehe Zitat 5, Videos von Vorlesungen 2000 und 2001 abrufbar 3stündige Veranstaltung.Speiseeis und Cola gratis [36] V. OBENDRAUF: Megatrend für Makroversuche? In: Chem.Sch.(Salzbg.) 8 (1993) Nr. 4, S. 5-7 [37] P. CHILDS: 16th ICCE 2000 Budapest – Report. Siehe: http://www.ul.ie/~childsp/CinA/Issue61/ TOC34_ConferenceReport.html 18 [38] M.RIEDEL: 16th International Conference on Chemical Education (16th ICCE) Budapest, 2000. 5-10 August, Journal of Science Education (Revista de Educación en Ciencias) , Vol 2, n 2, pp 115- 122, 2001. Siehe: http://www.colciencias.gov.co/rec/virt/ cotros.htm [39] 17th ICCE Beijing, Second Circular Siehe: http://www.iupac.org/symposia/conferences/17ic ce/index.html [40] V. OBENDRAUF: Von Knallteufeln und Knatterfontänen – Experimente mit pyrotechnischem Spielzeug. In: Chem.Sch.(Salzbg.) 14 (1999) Nr. 4, S. 22-28 [41] J. FALBE, M. REGITZ (Hrsg.): CD Römpp Chemie Lexikon – Version 1.0, Georg Thieme Verlag, Stuttgart/New York 1995 [42] Pyrotechnikgesetz 1974; Bundesgesetzblatt Nr. 282 vom 3. Mai 1974, § 3 Abs. 1 bis 3 [43] T. SHIMIZU: Fireworks, The Art, Science and Technique. Pyrotechnikca Publications, Austin, Texas 1996 [44] Siehe z. B.: http://www.derwaffenshop.de/de/ dept_8.html [45] V. OBENDRAUF: Glühen, Brennen, Schmelzen – Zeitsparende Microscale-Experimente mit dem Heimwerker-Schweißgerät. In: Chem.Sch.(Salzbg.) 17 (2002) Nr. 2, S. 16-25 [46] Berufsgenossenschaftliche Vorschriften für Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit (BGV), siehe: h t t p : / / w w w . b c v e r l a g . d e / U V Ve n / makeframe.asp?url=/UVVen/70/INHALT.HTM (VBG 70: Veranstaltungs- und Produktions-stätten für szenische Darstellung v. 1. 4. 1998) [47] B. BECKER: Twenty Demonstrations Guaranteed to Knock Your Socks Off! Flinn Scientific, Inc. P.O. Box 219, Batavia, IL (1994), p. 46-49 [48] Siehe: http://chemmovies.unl.edu/chemistry/ beckerdemos/BD015.html [49] V. OBENDRAUF: Von Hochzeitskanonen und Blitzen unter Wasser. In. Chem.Sch.(Salzbg.) 14 (1999) Nr. 3, S. 12-16 [50] A. KÖHLER-KRÜTZFELDT, Didaktik der Chemie, FU Berlin: persönliche Mitteilung [51] http://www.spezialgase.de/spezialgasekatalog/ laborgase/gase_druckdosen.html [52] h t t p : / / w w w. u n m . e d u / ~ p h y s i c s / d e m o / html_demo_pages/3B22.20.html [53] http://www.geocities.com/CapeCanaveral/ Cockpit/8107/flame_tube.html [54] R. J. STEPHENSON, G. K. SCHOEPFLE, A Study of Manometric Flames, In: American Journal of Physics 14, 294-299, (1946) [55] J. L. UNDERFER, Misconceptions About Resonance in Vibrating Air Columns, In: The Physics Teacher 4, 81-83, (1966) [56] R. COLEMAN, The Flaming Air Track, In: The Physics Teacher 13, 556-557, (1975) [57] M. IONA, Pressure in Standing Waves, In: The Physics Teacher 14, 325, (1976) [58] R. P. BAUMAN, D. MOOR, More on Dancing Flames, In: The Physics Teacher 14, 389, 448, (1977) [59] G.W. FICKEN, F.C. STEPHONSON, Rubens Flame Tube Demonstration, In: The Physics Teacher 17, 306-310, (1979) [60] G. SPAGNA, Erratum: "Rubens flame tube demonstration: A closer look at the flames," [AJP 51, 848-850 (1983)], In: American Journal of Physics 52, 84 (1984) Chem. Sch. (Salzbg.) 17 (2002), Nr. 3