Pflicht oder Kür? Nachhaltigkeitsberichterstattung in Deutschland
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Pflicht oder Kür? Nachhaltigkeitsberichterstattung in Deutschland
Pflicht oder Kür? Nachhaltigkeitsberichterstattung in Deutschland: Standortbestimmung Über die Studie und die Autoren Die Ergebnisse der vorliegenden Studie basieren auf einer EY-A ‐ uswertung der Nachhaltigkeitsberichterstattung in DAX-S ‐ egmenten zum 31. Juli 2014 sowie auf einer telefonischen Befragung von 200 deutschen Unternehmen im Zeitraum von Juli bis August 2014. Befragt wurden Unternehmen aus dem MDAX, SDAX und TecDAX sowie weitere Unternehmen mit mindestens 500 Mitarbeitern und 500 Millionen Euro Umsatz aus den Branchen Energie, Transportwesen, Finanzwesen und anderen Industriezweigen. Die Interviews wurden von dem unabhängigen Meinungsforschungsinstitut Valid Research, Bielefeld durchgeführt. Die Inhalte der Studie wurden durch das EY-T ‐ eam (Nina Müller, Alexander Paeck, Michaela Proißl und Nicole Richter) erarbeitet. 2 Pflicht oder Kür? Nachhaltigkeitsberichterstattung in Deutschland: Standortbestimmung Inhaltsverzeichnis 1 Noch eine Studie? 4 2 Zusammenfassung: 8 Trends 5 Nachhaltigkeit als Teil der Unternehmensleistung und -kommunikation 6 Nachhaltigkeit in DAX-Segmenten: Die „Großen“ machen es vor 8 3 4 5 Motivation zur Nachhaltigkeitsberichterstattung 10 Berichtsstandards: Was hätten Sie gerne? 12 Integrierte Berichterstattung als neuer Denkansatz 13 Entwicklung auf europäischer Ebene 14 Geschäftsbericht: Potenziale und Grenzen 16 10 Der Weg zu einem Bericht 18 11 Die Zukunft in der Glaskugel 20 12 Fazit 21 6 7 8 9 Pflicht oder Kür? Nachhaltigkeitsberichterstattung in Deutschland: Standortbestimmung 3 1 Noch eine Studie? Nicole Richter Executive Director Climate Change & Sustainability Services (CCaSS), verantwortlich bei EY für Sustainability Assurance und Reporting. Ja, noch eine Studie – und sie war aus unserer Sicht notwendig. Der Standort Deutschland ist weltweit bekannt für seine vielfältige Unternehmenslandschaft – von mittelständischen Unternehmen bis hin zu globalen Konzernen. Jedoch wurde der Status quo der Nachhaltigkeitsberichterstattung in Deutschland abseits von den DAX-3 ‐ 0-U ‐ nternehmen bisher kaum im Detail untersucht. Nachhaltige Unternehmensführung ist heute weitestgehend selbstverständlich. Bei der Beantwortung der Frage, ob und wie man dieses Selbstverständnis managt, dokumentiert und kommuniziert, haben wir allerdings in vielen Kundengesprächen einige Unterschiede festgestellt. Der Wettbewerbsdruck auf die Unternehmen nimmt aber auch hier zu, die Nachfrage nach verlässlichen Informationen zur Nachhaltigkeit durch Investoren steigt, große industrielle Kunden verlangen Auskunft und die regulatorischen Anforderungen werden strenger. In der nachfolgenden Studie gehen wir den Fragen der Motivation und den Herausforderungen der Nachhaltigkeitskommunikation nach. Ebenso gehen wir auf die Einschätzungen der neuen EU-Regelung im Rahmen der Richtlinie zur Offenlegung nichtfinanzieller und die Diversität betreffender Informationen und auf den Mehrwert integrierter Berichterstattung ein. Die Studie ist eine Standortbestimmung. 200 Unternehmen haben uns umfangreich Auskunft über den aktuellen Stand ihrer Nachhaltigkeitskommunikation und über ihre weiteren Pläne gegeben. Die daraus gewonnenen Ergebnisse und abgeleiteten Trends teilen wir nun gerne mit Ihnen. Wir wollen mit dieser Studie zur Versachlichung der Diskussion beitragen und eine bessere Orientierung geben. Gerne können Sie die Ergebnisse und deren Bedeutung für Ihr Unternehmen auch direkt mit uns diskutieren. Am Ende der Studie finden Sie unsere Kontaktdaten. Mit herzlichen Grüßen 4 Pflicht oder Kür? Nachhaltigkeitsberichterstattung in Deutschland: Standortbestimmung 2 Zusammenfassung: 8 Trends Diese Studie gibt einen Überblick, wie große deutsche Unternehmen derzeit über ihre ökologischen und sozialen Unternehmensleistungen berichten und wie sie mit den damit verbundenen Herausforderungen umgehen. Aus den Ergebnissen der EY-‐ Analyse der Nachhaltigkeitsberichterstattung in vier DAX-S ‐ egmenten zum 31. Juli 2014 und der anschließenden Unternehmensbefragung von 200 Unternehmen im Sommer 2014 ergeben sich vielfältige Tendenzen. Aus ihnen lässt sich ableiten, dass die Nachhaltigkeit für viele große deutsche Unternehmen und ihre Stakeholder bereits zum festen Bestandteil der Unternehmensleistung und -k‐ ommunikation und damit zu einem „freiwilligen Pflichtprogramm“ geworden ist. Gleichwohl erwartet uns in den nächsten Jahren eine interessante Entwicklung der Berichtslandschaft. Die acht Trends im Überblick € Marktkapitalisierung und Börsenumsatz sind ein Indiz für den Umfang und die Tiefe der Nachhaltigkeitskommunikation. ? Informationsbedürfnisse der Stakeholder und die Nachhaltigkeitsberichterstattung der Wettbewerber sind wesentliche Treiber für die Nachhaltigkeitskommunikation. GRI Die Anwendung etablierter Rahmenwerke für die Nachhaltigkeitskommunikation wird zunehmen. ‹IR› Das vorhandene Interesse der Unternehmen für die integrierte Berichterstattung spiegelt sich noch nicht in der derzeitigen Berichtslandschaft wider. EU Trotz der vorhandenen Erfahrungen in der Nachhaltigkeitskommunikation bestehen in der Praxis Unsicherheiten bezüglich der Anwendung der neuen EU-R ‐ egelung. Eine eingeschränkte Verfügbarkeit nichtfinanzieller Kennzahlen zum Zeitpunkt der Geschäftsberichterstellung stellt ein Hindernis für eine kombinierte Darstellung der Unternehmensleistung im Geschäftsbericht dar. KPI? In Anbetracht der Vielzahl möglicher Rahmenwerke für Nachhaltigkeitsmanagement und -k‐ ommunikation stellt die Auswahl geeigneter Kennzahlen eine Herausforderung für Unternehmen dar. Die Berichterstattung über Nachhaltigkeit bleibt in Deutschland auch in den nächsten zwei Jahren vielfältig. Pflicht oder Kür? Nachhaltigkeitsberichterstattung in Deutschland: Standortbestimmung 5 3 Nachhaltigkeit als Teil der Unternehmensleistung und -kommunikation Anfangs immer wieder als Modetrend belächelt, entwickelte sich die Nachhaltigkeit zum festen Bestandteil der Unternehmensleistung und -kommunikation. Nicht nur die Sorge um negative Auswirkungen auf die Unternehmensleistung und -reputation oder Nachteile bei der Kapitalbeschaffung und Investorensuche bei fehlender Nachhaltigkeitskommunikation veranlassen Unternehmen dazu, über Nachhaltigkeit zu berichten. Auch die Aussicht auf ein verbessertes Risikomanagement oder die Steigerung von Kundenloyalität und Mitarbeiterzufriedenheit sind wichtige Faktoren.1 Vielfalt der Rahmenwerke Es gibt gegenwärtig diverse Initiativen, deren Anliegen es ist, die Nachhaltigkeitsberichterstattung durch die Ausgestaltung von Rahmenwerken und Leitlinien zu lenken. Die international am weitesten verbreiteten Leitlinien wurden von der Global Reporting Initiative (GRI)2 entwickelt, deren Grundsätze und Indikatoren Unternehmen helfen sollen, ihre ökonomische, ökologische und soziale Leistung transparent zu machen. Daneben dienen die Prinzipien und Kriterien des United Nations Global Compact (UNGC)3 und des Deutschen Nachhaltigkeitskodex4 als Orientierungspfeiler und Ansatzpunkte für die freiwillige Offenlegung von Nachhaltigkeitsinformationen. Verstärkte Regulierung – der Druck auf Unternehmen steigt In Europa ist die Forderung vonseiten nationaler Regulierungsbehörden und Börsen nach mehr Transparenz bezüglich ökologischer und sozialer Fragestellungen immer stärker zu spüren. Bereits heute müssen Unternehmen eine Reihe von gesetzlichen Anforderungen bezüglich der Darstellung ihrer nichtfinanziellen Leistungsindikatoren erfüllen. Neben dem Handelsgesetzbuch (HGB) regelt in Deutschland der im Jahr 2012 vom Deutschen Rechnungslegungs Standards Committee (DRSC)5 veröffentlichte Standard DRS 20 die Konzernlageberichterstattung und stellt einen Bezug zur Nachhaltigkeitsberichterstattung her. Weitere Regularien sollen im Zuge der Umsetzung der EU-Richtlinie zur Offenlegung nichtfinanzieller und die Diversität betreffender Informationen hinzukommen. Diese Richtlinie sieht vor, dass für Unternehmen, die im öffentlichen Interesse stehen – das sind im Regelfall börsennotierte Unternehmen und Unternehmen aus 6 Pflicht oder Kür? Nachhaltigkeitsberichterstattung in Deutschland: Standortbestimmung dem Finanz- und Versicherungssektor – und mehr als 500 Mitarbeiter haben, erweiterte Berichtspflichten bezüglich ökologischer und sozialer Aspekte gelten sollen. Eine interessante Entwicklung ist auch in den USA zu beobachten. Dort entwickelt das Sustainability Accounting Standards Board (SASB)6 branchenspezifische Rechnungslegungsstandards. Diese richten sich vor allem an Investoren und können in Berichtsformaten, die von der US-Börsenaufsicht vorgeschrieben werden (z. B. 10-K-Formulare), angewendet werden. Es ist nicht auszuschließen, dass daraus eine künftige Offenlegungspflicht für SEC7 -notierte Unternehmen entsteht. Neue Zukunftsperspektiven durch integrierte Berichterstattung Eine isolierte Betrachtung der Finanz- oder Nachhaltigkeitsleistung eines Unternehmens ergibt jedoch in der Regel kein ganzheitliches Bild der Unternehmenswertschaffung. Eine integrierte Berichterstattung, wie vom International Integrated Reporting Council (IIRC)8 vorgeschlagen, soll den Unternehmen helfen, dies zu ändern.9 Ein integrierter Bericht soll die ökonomischen, ökologischen und sozialen Leistungen eines Unternehmens im Hinblick auf die Unternehmenswertschaffung zukunftsorientiert darstellen und das Ergebnis einer ganzheitlichen Denkweise im Unternehmen sein. Einige deutsche Unternehmen nehmen bereits an dem IIRC-Pilotprogram teil und testen diesen Weg in der Praxis.10 Derzeitige Berichtslandschaft als vernetzte Berichterstattung Das Schaubild stellt derzeitige wesentliche Entwicklungen, Initiativen und Treiber der Berichterstattung über ökologische und soziale Unternehmensleistungen dar. In der Praxis kann man bereits heute feststellen, dass die einzelnen Berichtsformen stark miteinander vernetzt sind. Es ist zu erwarten, dass sich dieser Trend fortsetzt und die Verflechtungen zwischen interner, Finanz- und Nachhaltigkeitsberichterstattung weiter zunehmen werden. Dementsprechend kann schon jetzt – unabhängig davon, wie schnell sich das Konzept der integrierten Berichterstattung im Sinne des IIRC künftig in Deutschland verbreiten wird – von vernetzter Berichterstattung bei der Darstellung der Unternehmensleistung gesprochen werden. Kapitel 3 • Derzeitige Berichtslandschaft als vernetzte Berichterstattung Der vom DRSC erarbeitete Standard DRS 20 regelt die Konzernlageberichterstattung. Dem Standard folgend müssen seit 2013 die wesentlichen steuerungsrelevanten nichtfinanziellen Leistungsindikatoren in die Analyse des Geschäftsverlaufs einbezogen und offengelegt werden. DRS 20 Fi na er nz st be at ri tu ch ng t- EURichtlinie Vernetzte Berichterstattung SASBRahmenwerk Das SASB entwickelt branchenspezifische Rechnungslegungsstandards für Nachhaltigkeitsaspekte. Diese richten sich vorrangig an Investoren und sind mit den gängigen US- Berichtsvorschriften kompatibel. UNGC ts ei ng gk tu lti at ha rst ch te Na rich be Die Richtlinie zur Offenlegung nichtfinanzieller und die Diversität betreffender Informationen sieht vor, dass Unternehmen, die im öffentlichen Interesse stehen und mehr als 500 Mitarbeiter haben, künftig über ihre ökologischen und sozialen Aktivitäten berichten müssen. Dabei können unterschiedliche Rahmenwerke zugrunde gelegt werden. Mitglieder des UN Global Compact ver- pflichten sich, ihre Geschäftstätigkeit und Strategien an den zehn universell anerkannten Prinzipien hinsichtlich Menschenrechten, Arbeitsnormen, Umweltschutz und Korruptionsbekämpfung auszurichten und jährlich über Fortschritte zu berichten. Internes Management-Reporting IIRCRahmenwerk Deutscher Nachhaltigkeitskodex Der Deutsche Nachhaltigkeitskodex ist für Unternehmen jeglicher Rechtsform und Größe ein Rahmen zur Berichterstattung über das Nachhaltigkeitsmanagement. Die Anwendung des Kodex mit seinen 20 Kriterien zur ökologischen, sozialen und ökonomischen Dimension ist freiwillig. GRILeitlinien Die von der GRI entwickelten Leitlinien sind die international am weitesten verbreiteten Richtlinien für Nachhaltigkeitsberichtserstattung. Sie enthalten Grundsätze und Indikatoren, um ökonomische, ökologische und soziale Leistungen einer Organisation transparent darzustellen. Fokus des unter der Führung des IIRC erarbeiteten Rahmenwerks für die integrierte Berichterstattung ist die Abbildung der Wertschaffung eines Unternehmens. Charakteristisch für das prinzipienbasierte Rahmenwerk sind eine zukunftsorientierte ganzheitliche Betrachtung ökonomischer, ökologischer und sozialer Einflussfaktoren sowie ein erweiterter Kapitalbegriff. Pflicht oder Kür? Nachhaltigkeitsberichterstattung in Deutschland: Standortbestimmung 7 4 Nachhaltigkeit in DAX-Segmenten: Die „Großen” machen es vor Das EY-T ‐ eam hat für vier DAX-S ‐ egmente zum Stichtag 31. Juli 2014 veröffentlichte Nachhaltigkeitsberichte sowie die Informationen über die Nachhaltigkeitsleistungen in den Geschäftsberichten ausgewertet. Es wurden jeweils die neuesten Veröffentlichungen betrachtet, begrenzt auf die letzten drei Jahre. Damit möchten wir einerseits eine Verzerrung der Darstellung durch die Berücksichtigung nicht mehr fortgeführter „Pilotversuche der NachhaltigKapitel 4 keitsberichterstattung“ vermeiden und andererseits die Unternehmen berücksichtigen, die nur alle zwei Jahre einen Nachhaltigkeitsbericht veröffentlichen. Die Onlineberichte und die integrierten Berichte haben wir ebenfalls als Nachhaltigkeitsberichte berücksichtigt. Die Kategorisierung der Angaben zu den Nachhaltigkeitsleistungen in den Geschäftsberichten erfolgte abhängig von Umfang und Tiefe der Darstellung einschließlich der Abbildung wesentlicher nichtfinanzieller Kennzahlen. Eine deutliche Mehrheit der Unternehmen aus den DAX-Segmenten veröffentlicht ihre Berichte in Übereinstimmung mit den Leitlinien der Global Reporting Initiative (GRI). Insgesamt wurden in Deutschland im Jahr 2013 nach Angaben der GRI 155 Nachhaltigkeitsberichte veröffentlicht, die sich an diesen Leitlinien orientieren – weltweit waren es über 2.800.11 Die Orientierung an einem global etablierten Rahmenwerk ermöglicht den Unternehmen eine transparente Berichterstattung über relevante Nachhaltigkeitsthemen und gestattet eine höhere Vergleichbarkeit von sozialen, ökonomischen und ökologischen Leistungen über Branchen und Landesgrenzen hinweg. Veröffentlichung von Nachhaltigkeitsberichten •inVeröffentlichung von Nachhaltigkeitsberichten in DAX-Segmenten DAX-Segmenten MDAX SDAX TecDAX Entwicklung der Nachhaltigkeitsberichterstattung in DAX-Segmenten Die Berichterstattung über Nachhaltigkeitsaktivitäten gehört unter den Unternehmen des DAX 30 mittlerweile zum Alltag. Bis auf zwei Ausnahmen veröffentlichen alle einen eigenständigen Nachhaltigkeitsbericht. Dies gilt jedoch nicht in gleichem Umfang für den MDAX, den SDAX und den TecDAX. Die Analyse der DAX-Segmente zeigt, dass die Anzahl veröffentlichter Nachhaltigkeitsberichte mit geringerer Marktkapitalisierung und geringerem Börsenumsatz abnimmt. Diese Tatsache mag ihren Grund in der Historie haben. Die global agierenden deutschen Unternehmen waren im Hinblick auf die Auswirkungen ihrer Geschäftstätigkeit auf Umwelt und Gesellschaft bereits vor Jahren regelmäßig Gegenstand öffentlicher Kritik. Daraufhin wurden bereits Ende der 1980er-Jahre erste Umweltberichte veröffentlicht. Durch die Ergänzung dieser Berichte um soziale Belange entstanden die ersten deutschen Nachhaltigkeitsberichte. 8 Pflicht oder Kür? Nachhaltigkeitsberichterstattung in Deutschland: Standortbestimmung 86 % DAX 30 40 % 20 % 7% 7% 6% 54 % 8% 72 % 10 % 90 % Nachhaltigkeitsbericht nach Leitlinien der GRI Nachhaltigkeitsbericht ohne Bezug zu GRI Kein Nachhaltigkeitsbericht • Anteil von Nachhaltigkeitsberichten mit Prüfungsbescheinigung 80 % 70 % 60 % 50 % 40 % 30 % 20 % 10 % 0% 71 % 42 % 14 % 0% DAX 30 MDAX SDAX TecDAX 40 % 20 % SDAX TecDAX 6% MDAX 54 % 8% SDAX 72 % 10 % TecDAX 90 % Nachhaltigkeitsbericht nach Leitlinien der GRI Nachhaltigkeitsbericht ohne Bezug zu GRI Kein Nachhaltigkeitsbericht Anteil von Nachhaltigkeitsberichten mit Prüfungsbescheinigung • Anteil von Nachhaltigkeitsberichten mit Prüfungsbescheinigung 80 % 70 % 60 % 50 % 40 % 30 % 20 % 10 % 0% 71 % 42 % 14 % 0% DAX 30 MDAX SDAX TecDAX Einhergehend mit einem gesteigerten Interesse der Öffentlichkeit und der Kapitalgeber an der Nachhaltigkeitsleistung von Unternehmen steigt auch das Bedürfnis nach der Verifizierung der veröffentlichten Informationen. Von einer Prüfung der Berichte durch einen unabhängigen Dritten erhoffen sich die Unternehmen eine erhöhte Glaubwürdigkeit der Nachhaltigkeitsberichterstattung in der Außenwir• Veröffentlichung von Nachhaltigkeitsberichten DAX-Segmenten kung sowie eineininterne Optimierung der Qualität der Datenerhebungsprozesse und Kennzahlen. 86 % DAX 30 MDAX SDAX TecDAX 40 % 20 % 10 % 8% 7% 7% Unterschiedlicher Umfang und Tiefe der Nachhaltigkeitsinformationen in den Geschäftsberichten 6% 54 % Ein Großteil der betrachteten Unternehmen nutzt zu72 % sätzlich (oder in einigen Fällen ausschließlich) den Geschäftsbericht, um ihre Stakeholder über nachhal90 % tigkeitsrelevante Themen zu informieren. Allerdings gibt es deutliche Unterschiede in der Darstellung. Nachhaltigkeitsbericht nach Leitlinien der GRI Nachhaltigkeitsbericht ohne Bezuglässt zu GRIsich daran festmachen, ob die Ein Unterschied Kein Nachhaltigkeitsbericht Nachhaltigkeitsinformationen in den Lagebericht integriert und somit in die sogenannte Einklangsprüfung des Lageberichts einbezogen werden oder ob sie in einem separaten Abschnitt des Geschäftsberichts dargestellt werden. • Anteil von Nachhaltigkeitsberichten mit Prüfungsbescheinigung 32 % 16 % 64 % 32 % 20 % 52 % 40 % 4 Umfassende Informationen zur Nachhaltigkeit im mit Umwelt- und Sozialkennzahlen Ausgewählte Informationen zur Nachhaltigkeit im Keine Informationen zur Nachhaltigkeit im Gesch Der zweite Unterschied liegt im Umfang und der inhaltlichen Tiefe der Darstellung einschließlich der Veröffentlichung entsprechender Leistungsindikatoren in den Bereichen Ökologie und Soziales. Diese Unterscheidung war für unsere Auswertung maßgeblich. Einige Unternehmen berichten umfassend sowohl zu Umwelt - als auch zu Sozialthemen und belegen ihre Leistungen durch entsprechende Kennzahlen. Die anderen Unternehmen begrenzen ihre Angaben auf einen der Bereiche und/oder veröffentlichen nur wenige bis keine Kennzahlen. Diese Art der Berichterstattung haben wir der Kategorie „Ausgewählte Informationen“ zugeordnet. In der Kategorie „Keine Informationen“ findet man aber auch die Geschäftsberichte, in denen das Wort „Nachhaltigkeit“ mit dem Unternehmen in Verbindung gebracht wird, jedoch ohne dass die konkrete Bedeutung weiter präzisiert und die Unternehmensleistung dargestellt wird. Als Ergebnis der Analyse zeichnet sich ein ähnliches Bild ab wie bei der Analyse der veröffentlichten Nachhaltigkeitsberichte. Dabei fällt eine mögliche Korrelation zwischen der Berichterstattung in einem eigenständigen Nachhaltigkeitsbericht und einer umfassenden Berichterstattung über die Nachhaltigkeitsinformationen in einem Geschäftsbericht auf. Veröffentlichung von Nachhaltigkeitsinformatio- •nen Veröffentlichung von Nachhaltigkeitsinformationen in den Geschäftsberichten in in den Geschäftsberichten in DAX-Segmenten 87 % DAX 30 MDAX SDAX TecDAX 32 % 16 % 20 % 13 % 4% MDAX 64 % 32 % 40 % 52 % 40 % Umfassende Informationen zur Nachhaltigkeit im Geschäftsbericht mit Umwelt- und Sozialkennzahlen Ausgewählte Informationen zur Nachhaltigkeit im Geschäftsbericht Keine Informationen zur Nachhaltigkeit im Geschäftsbericht 80 % 70 % 60 % € Marktkapitalisierung und Börsenumsatz sind ein Indiz für den Umfang und die Tiefe der Nachhaltigkeitskommunikation. 50 % 40 % 30 % Pflicht oder Kür? Nachhaltigkeitsberichterstattung in Deutschland: Standortbestimmung 9 5 Motivation zur Nachhaltigkeitsberichterstattung Markteinblick durch Interviews mit 200 Unternehmen Die Mehrheit hat „Nachhaltigkeit“ bereits für sich entdeckt Die Ergebnisse der Analyse der derzeitigen Nachhaltigkeitsberichterstattung in verschiedenen DAX-Segmenten führten uns zu weiteren Fragen: Als erstes Ergebnis der Umfrage können wir festhalten, dass 81 Prozent der befragten Unternehmen sich bereits mit dem Thema beschäftigt und auf die eine oder andere Weise über Nachhaltigkeitsaktivitäten kommuniziert haben. Zweitens ist bemerkenswert, dass 26 Prozent der befragten Unternehmen einen eigenständigen Nachhaltigkeitsbericht veröffentlichen. • Sind die Ergebnisse repräsentativ für die kapitalmarktorientierten deutschen Unternehmen oder sogar für alle großen deutschen Unternehmen? • Warum berichten die Unternehmen? • Gibt es bevorzugte Berichtsstandards? • Ist eine integrierte Berichterstattung im Sinne des IIRC für deutsche Unternehmen interessant? Um Antworten auf diese und einige weitere Fragen zu bekommen, haben wir ein Marktforschungsinstitut mit einer Unternehmensumfrage beauftragt. 200 Unternehmen aus folgenden Segmenten wurden interviewt: MDAX 15 26 % der befragten Unternehmen veröffentlichen einen eigenständigen Nachhaltigkeitsbericht SDAX 28 Nicht kapitalmarktorientierte Unternehmen 93 TecDAX 14 Weitere kapitalmarktorientierte Unternehmen (ohne DAX 30) 50 Alle befragten Unternehmen beschäftigen mindestens 500 Mitarbeiter und erzielen einen Jahresumsatz von mindestens 500 Millionen Euro. Außerhalb der DAX-Segmente wurden Unternehmen aus den Branchen Transport (8), Energie (17), Finanzwesen (39) und verschiedenen anderen Industriezweigen (79) befragt. 10 Pflicht oder Kür? Nachhaltigkeitsberichterstattung in Deutschland: Standortbestimmung Aus zeitlicher Perspektive betrachtet ist Nachhaltigkeitsberichterstattung kein neues Phänomen. Über 75 Prozent der Unternehmen, die angaben, über Nachhaltigkeit zu kommunizieren, berichten bereits seit mehr als drei Jahren und 39 Prozent seit mehr als fünf Jahren. Falls Unternehmen sich entscheiden, über ihre Nachhaltigkeitsaktivitäten nicht zu berichten, gibt es dafür unterschiedliche Gründe. Während einige Unternehmen angeben, das Thema habe keine Priorität, sehen andere die Zuständigkeit bei der entsprechenden Muttergesellschaft. Zum Teil besteht auch Unsicherheit über den Nutzen kommunikativer Maßnahmen zu den Nachhaltigkeitsaktivitäten. Informationsbedürfnis der Stakeholder im Mittelpunkt Kapitel 5 Unternehmen werden zunehmend als gesellschaftliche Akteure verstanden. Insofern überrascht es nicht, dass das Informationsbedürfnis der Stakeholder von allen befragten Unternehmen als Hauptmotivationsgrund für die öffentliche Berichterstattung über Nachhaltigkeitsaktivitäten angegeben wird. Neben dem Kunden- und Medieninteresse an ökologischen und sozialen Aspekten entlang der Wertschöpfungskette ist Nachhaltigkeit auch für Anleger ein zunehmend wichtiges Kriterium bei der Risikobewertung von Investitionsentscheidungen.12 Was motiviert Unternehmen, über Nachhaltigkeits• Was motiviert Unternehmen, Nachhaltigkeitsaktivitäten öffentlich zuüber berichten? aktivitäten öffentlich zu berichten? (mehrere Anworten möglich) Informationsbedürfnisse von Stakeholdern 70 % Nachhaltigkeitsberichterstattung von Wettbewerbern 36 % Regulatorische Anforderungen 35 % Anfragen im Rahmen der Recruitingmaßnahmen 18 % Sonstiges 18 % Berichterstattung der Wettbewerber und regulatorische Anforderungen als Treiber Bemerkenswert ist die Tatsache, dass die befragten Unternehmen die Kommunikation der Wettbewerber noch vor den regulatorischen Anforderungen als ? 26 % Beweggrund für eigene Kommunikationsmaßnahmen angeben. Diese Tendenz ist je nach Geschäftsfeld unterschiedlich stark ausgeprägt. Von den Befragten aus der Energiebranche stuft etwa die Hälfte die Kommunikation der Wettbewerber als einen wichtigen Treiber für die Nachhaltigkeitsberichterstattung ein. Dies mag in Zeiten der Energiewende daran liegen, dass eine Marktpositionierung als nachhaltiges Unternehmen in dieser Branche einen erhöhten Stellenwert hat. Wenig überraschend ist, dass mehr als ein Drittel der befragten Unternehmen sich durch regulatorische Anforderungen veranlasst sehen, über Nachhaltigkeit zu berichten. Insbesondere die aktuelle Entwicklung auf EU-Ebene soll dazu beigetragen haben. Ich gehe zur Recruitingmesse: Wo ist unser Nachhaltigkeitsbericht? Im Rahmen der aktuellen EY Studentenstudie 201413 gaben 12 Prozent der 4.300 befragten Studenten an, dass das gesellschaftliche Engagement ein wichtiger Faktor bei der Wahl ihres künftigen Arbeitgebers sei. Das Interesse der potenziellen Mitarbeiter an den Nachhaltigkeitsaktivitäten ist auch den Unternehmen bewusst. So geben 18 Prozent der befragten Unternehmen die Anfragen im Rahmen von Recruitingmaßnahmen als Motivationsgrund für die Berichterstattung an. Als weitere Motivationsgründe, in der Grafik unter der Kategorie „Sonstiges“ zusammengefasst, wurden angegeben: die Unternehmensphilosophie, gesellschaftliche Verantwortung, Imagewerbung und Marketingstrategien sowie das Informationsbedürfnis der Belegschaft. MDAX 15 Informationsbedürfnisse der Stakeholder und die Nachhaltigkeitsberichterstattung Nicht kapitalmarktorientierte der Unternehmen derbefragten Wettbewerber sind wesentliche Treiber für die Nachhaltigkeitskommunikation. veröffentlichen einen eigenständigen Nachhaltigkeitsbericht Unternehmen 93 Pflicht oder Kür? Nachhaltigkeitsberichterstattung in Deutschland: Standortbestimmung Weitere kap marktorient Unternehm (ohne DAX 50 11 6 Berichtsstandards: Was hätten Sie gerne? Kapitel 6 An welchen Leitlinien orientieren sich UnternehAm Anfang eines Berichts steht die Frage, woran • An welchenmen Leitlinien orientieren sich Unternehme bei ihrer Nachhaltigkeitsberichterstattung? man sich bei der Nachhaltigkeitsberichterstattung orientieren soll. Unternehmen haben heute freie Wahl, ob sie ihre Berichterstattung an etablierte Wird bereits angewendet Konzepte wie die Leitlinien der GRI oder des UNGC Anwendung in Planung anlehnen, ob sie ihrer Berichterstattung durch Rahmenwerke des IIRC und SASB neue Impulse geben wollen oder ob sie verschiedene Leitlinien und Rahmenwerke nach individuellen Anforderungen kombinieren. GRI 12 me nw er k k 3% 7% SA SB -R ah me nw er t 8 % 10 % IIR CRa h Co mp ac ob al Gl igk eit sk od ex ac hh alt GR Da die Umfrageteilnehmer bei den Auskünften zu den jeweiligen Rahmenwerken nur eine Antwortmöglichkeit hatten, ergibt sich in der Summe der Trend einer stärkeren künftigen Standardisierung. Diese Ergebnisse entsprechen unseren praktischen Erfahrungen und verstärken das Bild einer dynamischen deutschen Berichtlandschaft, die sich auf dem Sprung zu einer neuen Ebene der Nachhaltigkeitskommunikation befindet. 16 % 7 % Dt .N Wir sind der Frage nachgegangen, an welchen Standards und Leitlinien sich deutsche Unternehmen orientieren. Die Ergebnisse wirken auf den ersten Blick überraschend, da kein Rahmenwerk von mehr als 20 Prozent der befragten Unternehmen angewendet wird. Selbst die international und in DAXSegmenten am weitesten verbreiteten GRI-Leitlinien stellen hierbei keine Ausnahme dar. 18 % 19 % UN 18 % 19 % I Verstärkte Standardisierung „auf den zweiten Blick“ Steigendes Interesse an SASB-Rahmenwerk Bei einer genauen Betrachtung der Ergebnisse fällt die geplante Zunahme der Anwendung des SASB– Rahmenwerks auf, obwohl dessen Relevanz für deutsche Unternehmen eher als nachrangig einzuschätzen ist. Vermutlich sind es globale Wettbewerbsverhältnisse und die branchenspezifische Spiegelung wesentlicher Nachhaltigkeitsaspekte, die das Rahmenwerk auch für deutsche Unternehmen als Orientierungshilfe interessant machen. Dagegen zeigen die Ergebnisse, dass in Relation zum derzeitigen Anwendungsstatus vergleichsweise wenig Unternehmen die Berichterstattung nach UNGC planen. Dies mag aber auch in der Kompatibilität zwischen den G4-Leitlinien der GRI und den Anforderungen des UNGC begründet liegen.14 Die Anwendung etablierter Rahmenwerke für die Nachhaltigkeitskommunikation wird zunehmen. Pflicht oder Kür? Nachhaltigkeitsberichterstattung in Deutschland: Standortbestimmung 7 Integrierte Berichterstattung als neuer Denkansatz IIRC-Rahmenwerk fördert ganzheitliches Bild der Unternehmenswertschaffung Unternehmen versprechen sich neue Perspektiven und „integriertes Denken“ Die Weltwirtschaft ändert sich fortlaufend und damit auch die Anforderung zur Messung und Berichterstattung der Wertschaffung von Unternehmen. Waren es früher vor allem materielle Vermögenswerte, die den Ausschlag für den Wert eines Unternehmens gaben, wird heute den immateriellen Vermögenswerten eine größere Bedeutung beigemessen. Dies gilt vermehrt vor dem Hintergrund, dass Nachhaltigkeit und damit nichtfinanzielle Leistungsindikatoren deutlich an Bedeutung für den langfristigen Erfolg von Unternehmen gewonnen haben. Die Ergebnisse der Unternehmensumfrage zeigen, dass sich der Gedanke der integrierten Berichterstattung auch in Deutschland verbreitet. 18 Prozent der befragten Unternehmen orientieren sich bereits am IIRC-Rahmenwerk oder haben es vor. Es ist vor allem die neue Perspektive, die durch den erweiterten Kapitalbegriff oder die Analyse der Wechselwirkungen zwischen den finanziellen und nichtfinanziellen Einflussfaktoren gewonnen werden kann, die diese Unternehmen dazu bewegte, sich mit dem Framework zu beschäftigen. Weitere Motive sind der Gedanke eines „integrierten Denkens“ und die Fokussierung auf das Geschäftsmodell. Mit dem neuen Konzept der integrierten Berichtserstattung des IIRC soll dieser Entwicklung Rechnung getragen werden. Ein integrierter Bericht im Sinne des IIRC-Rahmenwerks soll sich an bestimmten Prinzipien orientieren und konkrete Bestandteile beinhalten:15 Vor allem kapitalmarktorientierte Unternehmen scheinen an der Anwendung des IIRC-Rahmenwerks interessiert zu sein. Dies deckt sich mit der Einschätzung des IIRC, das als Hauptadressaten integrierter Berichterstattung die Investoren sieht, die an einer langfristigen Unternehmenswertsteigerung interessiert sind. Allerdings spiegelt sich das von 18 ProKapitel 7 zent der Befragten offenbarte Interesse noch nicht Grundlegende Prinzipien in der Zahl der tatsächlichen Veröffentlichungen • Strategischer Fokus und Zukunftsorientierung • Informationsverknüpfung • Welchewider. Möglichkeiten bietet eine integrierte • Stakeholderbeziehung • Wesentlichkeit Welche Möglichkeiten bietet eine integrierte • Prägnanz Berichterstattung nach IIRC? • Verlässlichkeit und Vollständigkeit (mehrere Antworten möglich) • Stetigkeit und Vergleichbarkeit Eine neue Betrachtungsperspektive zu gewinnen Wesentliche Bestandteile • Organisationsüberblick und Geschäftsumfeld • Unternehmensführung und –überwachung • Geschäftsmodell • Risiken und Chancen • Strategie und Ressourcenallokation • Unternehmensleistung • Ausblick • Grundlage der Erstellung und Darstellung ‹IR› 78 % Innerhalb des Unternehmens vernetzt und nicht mehr in Silos zu denken 62 % Die Berichterstattung stärker auf das Geschäftsmodell und das Wesentliche zu konzentrieren Sonstiges 62 % 15 % Das vorhandene Interesse der Unternehmen für die integrierte Berichterstattung spiegelt sich noch nicht in der derzeitigen Berichtslandschaft wider. Pflicht oder Kür? Nachhaltigkeitsberichterstattung in Deutschland: Standortbestimmung 13 B 8 Entwicklung auf europäischer Ebene Die Entscheidung ist gefallen Freiwillig unter Zwang? Der Rat der Europäischen Union hat den Änderungsvorschlag der EU-Richtlinie zur Offenlegung nichtfinanzieller und die Diversität betreffender Informationen bereits Ende September dieses Jahres verabschiedet. Die Richtlinie muss noch in nationales Recht umgesetzt werden und ist voraussichtlich in Geschäftsjahren, die nach dem 31. Dezember 2016 beginnen, erstmals verpflichtend anzuwenden. Diese Entwicklung kommt nicht überraschend. Auf nationaler Ebene haben einige Länder wie beispielsweise Dänemark oder Frankreich bereits gesetzliche Vorgaben bezüglich der Nachhaltigkeitsberichterstattung etabliert.17 Deutsche Unternehmen berichten bereits in ihren Lageberichten über wesentliche nichtfinanzielle Leistungsindikatoren. Mit der Anwendung des DRS 20 erfolgte eine weitere Präzisierung der Berichterstattung in dieser Hinsicht. Ungeachtet der bestehenden Praxis wurde der EU-Richtlinienvorschlag in Deutschland von einigen Unternehmensverbänden sehr kritisch aufgenommen.18 Im Vergleich zum ursprünglichen EU-Richtlinienvorschlag vom April 2013 wurden die Vorgaben deutlich entschärft: Die Richtlinie gilt nicht mehr für alle großen Kapitalgesellschaften, zudem wurden der Umfang und der Detaillierungsgrad der Berichterstattung sowie der Umfang einer externen Prüfung reduziert. Die wesentlichen Eckpunkte der Richtlinie sind in der nachfolgenden Abbildung zusammengefasst.16 EU-Richtlinie zur Offenlegung nichtfinanzieller und die Diversität betreffender Informationen: wesentliche Eckpunkte 14 Inhalt • Angaben zu Geschäftsverlauf, -ergebnis, Lage des Unternehmens und Auswirkungen der Tätigkeit in Bezug auf Umwelt • Sozial- und Arbeitnehmerbelange • Menschenrechte • Korruption/Bestechung einschließlich z. B. Strategie, Ergebnisse und Risiken in Bezug auf nichtfinanzielle Belange sowie wichtige nichtfinanzielle Leistungsindikatoren, die für die Geschäftstätigkeit von Bedeutung sind •► Angaben zur Diversitätsstrategie hinsichtlich Verwaltungs-, Leitungs- und Aufsichtsorganen Zeitrahmen • Die EU-Länder haben zwei Jahre Zeit, um die neue Regelung in nationales Recht zu überführen Format • „Comply or explain“-Ansatz • Flexibles Format – Hilfestellung bieten international verbreitete und akzeptierte Rahmenwerke (z. B. GRI) •► W ahlrecht der Mitgliedstaaten zur Befreiung von einer nichtfinanziellen Erklärung, sofern ein gesonderter Bericht unter bestimmten Bedingungen veröffentlicht wird Geltungsbereich • Große Unternehmen von öffentlichem Interesse (PIEs) • Kriterium am Bilanzstichtag: im Durchschnitt des Geschäftsjahres mehr als 500 Mitarbeiter • Begriffsbestimmung „Unternehmen von öffentlichem Interesse“ gemäß RL 2013/34 EU: • Unternehmen mit zum Handel an einem geregelten Markt zugelassenen Wertpapieren • Kreditinstitute • Versicherungsunternehmen • Unternehmen von erheblicher öffentlicher Bedeutung laut einzelnen Mitgliedstaaten • Sogenannte „Konzernklausel“ Rolle des Prüfers • Überprüfung, ob eine Erklärung vorliegt • Wahlrecht der Mitgliedstaaten zur Erweiterung der Prüfungspflicht Pflicht oder Kür? Nachhaltigkeitsberichterstattung in Deutschland: Standortbestimmung Zum Teil signalisieren die kapitalmarktorientierten Unternehmen Sorge, dass sie die Anforderungen der EU eventuell noch nicht erfüllen, obwohl sie bereits einen Nachhaltigkeitsbericht veröffentlichen. Die Unternehmen, die vermutlich nicht von der EU-Richtlinie betroffen sein werden, machen sich dennoch Gedanken über eine Anpassung ihrer Berichterstattung. Einige wenige, die bisher noch nicht berichten, befinden sich derzeit in einem internen Abstimmungsprozess bezüglich der Möglichkeiten künftiger Berichterstattung im Kontext der EU-Anforderungen. Die nachfolgende Grafik bildet die Antworten der Unternehmen auf die Frage nach dem Umgang mit den Anforderungen der EU-Richtlinie ab. Hierbei haben wir die Antworten von denjenigen 136 Unternehmen berücksichtigt, die sich als kapitalmarktorientierte Unternehmen sehen und/oder der Finanzbranche zuzuordnen sind und somit unter die Regelung fallen dürften. Kapitel 8 • Wie planen die Wenig überraschend erwarten etwa zwei Fünftel der befragten Unternehmen lediglich eine Anpassung ihrer bisherigen Nachhaltigkeitsberichterstattung. Ein Fünftel wartetmit die Umsetzung in nationales Unternehmen den neuen Anforderungen aus der EU-Richtlinie umzugehen? Auch wenn nicht eindeutig ist, wie die Unternehmen Recht ab, ein weiteres Fünftel hat sich noch nicht im mit der neuen EU-Richtlinie tatsächlich kurzfristig Detail mit möglichen Folgen beschäftigt oder ist zu umgehen werden, wollen nur 6 Prozent die Reaktion der Erkenntnis gelangt, nicht betroffen zu sein (z. B. der anderen Unternehmen abwarten und sich an den durch die Anwendung der Konzernklausel). Markttendenzen orientieren. Diese vorausschauende Haltung ist im Hinblick auf die Bedeutung der Betrachtet man die Antworten im Detail, kommt Nachhaltigkeitskommunikation im Wettbewerbskonteilweise die Verunsicherung der Unternehmen hintext wenig überraschend. sichtlich der tatsächlichen Entwicklung zum Vorschein: Wie planen die Unternehmen mit den neuen Anforderungen aus der EU-Richlinie umzugehen? Da wir bereits berichten, werden wir lediglich einen eventuellen Anpassungsbedarf in der Berichterstattung überprüfen 43 % Wir warten die Umsetzung der EU-Anforderungen in das nationale Recht ab und entscheiden danach über weiteres Vorgehen 22 % 13 % Wir haben uns noch nicht damit beschäftigt Wir berichten derzeit noch nicht, befinden uns aber aktuell in interner Abstimmung zu Möglichkeiten künftiger Berichterstattung Wir sind voraussichtlich nicht betroffen Wir warten die Reaktion anderer Unternehmen ab und orientieren uns an den Markttendenzen EU 9% 7% 6% Trotz der vorhandenen Erfahrungen in der Nachhaltigkeitskommunikation bestehen in der Praxis Unsicherheiten bezüglich der Anwendung der neuen EU-R ‐ egelung. Pflicht oder Kür? Nachhaltigkeitsberichterstattung in Deutschland: Standortbestimmung 15 9 Geschäftsbericht: Potenziale und Grenzen Für die Darstellung ihrer Nachhaltigkeitsaktivitäten haben die Unternehmen in der Praxis diverse Möglichkeiten. In der Regel setzen sie dafür mehrere Kommunikationskanäle ein, um unterschiedliche Erwartungen diverser Anspruchsgruppen zu erfüllen. gischen und sozialen Bereich beeinflusst. Daher haben Kreditgeber und Finanzanalysten ein verstärktes Interesse daran, im Geschäftsbericht Informationen zu nichtfinanziellen Leistungsindikatoren vorzufinden. Immer mehr Unternehmen gehen dazu über, verschiedene Informationsquellen miteinander zu verbinden. Eine wichtige Rolle spielt dabei das Internet. Verweise im Geschäftsbericht oder im Nachhaltigkeitsbericht auf ergänzende Informationen auf der Homepage können hilfreich sein, um den gedruckten Bericht schlank und übersichtlich zu halten. Die Unternehmen sehen darin verstärkt die Möglichkeit, für den Leser maßgeschneiderte Informationen bereitzustellen. Diese Entwicklung spiegeln auch die Ergebnisse der Umfrage wider. Abgebildet sind dabei die Antworten der Unternehmen, die die Nachhaltigkeitsinformationen bereits offenlegen. Die Mehrheit der kapitalmarktorientierten Unternehmen stellt ihre Nachhaltigkeitsaktivitäten im Geschäftsbericht dar. Nicht kapitalmarktorientierte Unternehmen präferieren dagegen die Veröffentlichung ihrer Nachhaltigkeitsinformationen im Internet. Geschäftsbericht + Internet = perfekte Kommunikation? Kapitalmarktorientierte Unternehmen stehen der Darstellung der Nachhaltigkeitsleistungen im Geschäftsbericht positiv gegenüber Für Investoren hat sich im Verlauf der Zeit der Geschäftsbericht als wichtigste Informationsquelle zur Finanz-, Vermögens- und Ertragslage eines Unternehmens etabliert. Deren Entwicklung wird zunehmend von den Unternehmensaktivitäten im ökolo- Bei den Angaben zu den Nachhaltigkeitsaktivitäten im Geschäftsbericht steht für die Unternehmen die Erfüllung der Informationsbedürfnisse ihrer Stakeholder im Mittelpunkt. Gleichzeitig wiesen die Unternehmen auf die bestehenden Herausforderungen er ihre Nachhaltigkeitsaktivitäten? Wo berichten die Unternehmen über ihre Nachhaltigkeitsaktivitäten? chhaltigkeitsaktivitäten unmittelbar im Geschäftsbericht aus Sicht der Unternehmen (mehrere Antworten möglich) 79 % Im Geschäftsbericht 54 % 65 % Auf der Homepage bzw. im Internet 72 % 39 % In einem Nachhaltigkeitsbericht Sonstiges 22 % 7% 22 % Unternehmen kapitalmarktorientiert Unternehmen nicht kapitalmarktorientiert 54 % Hilfreich, um den Stakeholdern alle erforderlichen Informationen gleichzeitig und zeitnah zur Verfügung zu stellen HIlfreich, da nur noch ein Bericht angefertigt werden muss und so Ressourcen und Aufwand gespart werden können 16 36 % 49 % 25 % Pflicht oder Kür? Nachhaltigkeitsberichterstattung in Deutschland: Standortbestimmung Herausfordernd, da nichtfinanzielle Informationen und Kennzahlen 38 % mensinterner Experten – zum Beispiel aus dem dieser Vorgehensweise hin: Fast zwei Fünftel nennen Controlling – im Rahmen der Datenerhebung und die eingeschränkte Verfügbarkeit nichtfinanzieller -konsolidierung der nichtfinanziellen Informationen Kennzahlen zum Zeitpunkt der Geschäftsberichtswertvoll sein. erstellung als Herausforderung. In der Praxis sieht man bei den Unternehmen mit einer etablierten n die Unternehmen über ihre Nachhaltigkeitsaktivitäten? Kombinierter Bericht – nicht alle Unternehmen Nachhaltigkeitsberichterstattung in den letzten sich dafür Jahren eine Annäherung des Zeitpunkts der Vererstattung über die Nachhaltigkeitsaktivitäten unmittelbarinteressieren im Geschäftsbericht aus Sicht der öffentlichung der Nachhaltigkeitsberichte an den Die dargestellte Meinung bezüglich kombinierter Geschäftsbericht. Berichterstattung teilen jedoch nicht alle befragten 79 % Im Geschäftsbericht Unternehmen. Die nicht kapitalmarktorientierten Synergieeffekte durch kombinierte Bericht54 % Unternehmen sind in ihrer Einschätzung zurückhalerstattung tender und nennen weniger häufig die Potenziale 65 % der kombinierten Berichterstattung. Zudem erwarDie befragten Unternehmen sehen ein weiteres Auf der Homepage bzw. im Internet ten sie, dass auf diesem Weg nicht alle StakeholderPotenzial in der sogenannten kombinierten Bericht72 % gruppen angesprochen werden und die Berichte zu erstattung: Sie erwarten dadurch eine Einsparung umfangreich geraten könnten. Vielleicht bevorzugen von Ressourcen. Durch die Erstellung eines kombi39 % nierten Berichts erhoffen sich vor allem kapital-In einem sie gerade deshalb die Kommunikation über NachNachhaltigkeitsbericht 22 %im Internet, um eine große Bandbreite an haltigkeit marktorientierte Unternehmen die Nutzung von Stakeholdern zu erreichen und ihre Informationen Synergieeffekten. Diese könnten z. B. durch die bedarfsgerecht zu präsentieren. Anwendung des vorhandenen Wissens unterneh7% Sonstiges 22 % Unternehmen kapitalmarktorientiert Die Berichterstattung über die Nachhaltigkeitsaktivitäten unmittelbar Unternehmen nicht kapitalmarktorientiert im Geschäftsbericht aus Sicht der Unternehmen (mehrere Antworten möglich) 54 % Hilfreich, um den Stakeholdern alle erforderlichen Informationen gleichzeitig und zeitnah zur Verfügung zu stellen 36 % 49 % HIlfreich, da nur noch ein Bericht angefertigt werden muss und so Ressourcen und Aufwand gespart werden können 25 % 38 % Herausfordernd, da nichtfinanzielle Informationen und Kennzahlen zum Zeitpunkt der Geschäftsberichterstellung vorliegen müssen 30 % 21 % Weniger hilfreich, da mit dem Geschäftsbericht nicht alle Stakeholdergruppen angesprochen werden können Sonstiges 35 % 5% 3% Unternehmen kapitalmarktorientiert Unternehmen nicht kapitalmarktorientiert Eine eingeschränkte Verfügbarkeit nichtfinanzieller Kennzahlen zum Zeitpunkt der Geschäftsberichtserstellung stellt ein Hindernis für eine kombinierte Darstellung der Unternehmensleistung im Geschäftsbericht dar. Pflicht oder Kür? Nachhaltigkeitsberichterstattung in Deutschland: Standortbestimmung 17 Unte 10 Der Weg zu einem Bericht Herausforderungen sind abhängig vom Status quo GRI-Leitlinien als Hilfestellung Die Ergebnisse unserer Befragung verdeutlichen, dass die Unternehmen bei der Gestaltung der Nachhaltigkeitsberichterstattung einer Vielzahl von Herausforderungen gegenüberstehen. Bei der Analyse der Details fällt auf, dass diese Herausforderungen in Relation zum Status quo der bestehenden Nachhaltigkeitskommunikation stehen. Diejenigen Unternehmen, die angeben, noch keine Nachhaltigkeitsinformationen zu veröffentlichen, sehen die größten Hürden in der Identifizierung von Handlungsfeldern und im Aufbau des internen Nachhaltigkeitsmanagements. Betrachtet man die Unternehmen, die bereits auf die eine oder andere Weise ihre Nachhaltigkeitsaktivitäten kommunizieren, stellt die Auswahl von geeigneten nichtfinanziellen Kennzahlen die größte Herausforderung dar, gefolgt vom Aufbau der Berichtsprozesse und -systeme zur Erhebung und Konsolidierung der Kennzahlen. Die GRI-Leitlinien geben Unternehmen Hinweise auf mögliche Vorgehensweisen zur Identifizierung von Handlungsfeldern und zur Auswahl geeigneter Kennzahlen. So enthalten die GRI-Leitlinien neben den Grundsätzen zur Bestimmung der Berichtsinhalte und der Berichtsqualität auch eine Vielzahl von Leistungsindikatoren für einzelne Themenkategorien aus den Bereichen Wirtschaft, Ökologie und Gesellschaft (sog. GRI-Aspekte). Allerdings war in der Vergangenheit die Einstufung der Berichterstattung in die Anwendungsebenen A, B und C an die Anzahl der berichteten Leistungsindikatoren geknüpft. Für einige Unternehmen wurde damit die Auswahl möglichst vieler Indikatoren zu einem kritischen Erfolgsfaktor und erhöhte somit die Komplexität der Berichterstattung. Mit den neuen G4-Leitlinien der GRI, die im Mai 2013 veröffentlicht wurden, wird der Grundsatz der Wesentlichkeit stark hervorheben. Die Unternehmen sollen ermutigt werden, mit ihren Stakeholdern in Dialog zu treten und sich, darauf aufbauend, auf die für ihr Geschäftsmodell wesentlichen Themenfelder und Kennzahlen zu konzentrieren. Die Lösungsansätze für die genannten Herausforderungen sind ebenso vielfältig wie die Unternehmensüber nicht-finanzielle landschaft in Deutschland. Berichtserstattung ten Herausforderung gesehen? Wo werden bei der Berichtserstattung über nichtfinanzielle Kennzahlen die größten Herausforderung gesehen? (mehrere Antworten möglich) 65 % Auswahl geeigneter Kennzahlen Identifizierung von Handlungsfeldern und Aufbau eines internen Nachhaltigkeitsmanagements 52 % Aufbau der Berichtsprozesse und -systeme zur Erhebung/Konsolidierung nichtfinanzieller Kennzahlen 51 % Bereitstellung und Aufbau von benötigten Ressourcen 46 % Auswahl eines geeigneten Berichtsstandards und/ oder Formats Sonstiges 18 Pflicht oder Kür? Nachhaltigkeitsberichterstattung in Deutschland: Standortbestimmung 34 % 2% Aus der Praxis: Entstehung eines Nachhaltigkeitsprogramms Beim Aufbau des Nachhaltigkeitsmanagements und der Nachhaltigkeitsberichterstattung starten die Unternehmen typischerweise mit einer Durchsicht und Status-quo-Einschätzung der im Unternehmen vorhandenen Nachhaltigkeitsaktivitäten, -prozesse und -verantwortlichkeiten. Danach erfolgt eine Stakeholder- und Wesentlichkeitsanalyse, die im Regelfall in einer übersichtlichen Wesentlichkeitsmatrix mündet. Aufbauend auf diesen Ergebnissen wird anschließend ein Nachhaltigkeitsprogramm entwickelt. Die Nachhaltigkeitsaspekte werden in die Unternehmensstrategie integriert; zur Umsetzung werden Ziele, entsprechende Aktivitäten und Messgrößen definiert. Von einem Nachhaltigkeitsprogramm zum fertigen Bericht Die Basis für einen Nachhaltigkeitsbericht bildet ein Berichtskonzept. Im Fokus steht dabei, ausgehend vom Nachhaltigkeitsprogramm, das Kennzahlenset einschließlich der Berichtsgrenzen. Bei der Auswahl und der Definition der Kennzahlen sollen nicht zuletzt branchen- und unternehmensspezifische Besonderheiten berücksichtigt werden. Unsere Erfahrungen aus der Praxis zeigen, dass vor allem bei den Kennzahlen aus den Bereichen Human Resources sowie Arbeitsschutz und Arbeitssicherheit eine unternehmensspezifische Präzisierung unerlässlich ist, um Klarheit für die Datenerhebung zu schaffen. Oftmals basieren die Kennzahlenberechnungen auf bestimmten Annahmen; in diesen Fällen wie auch bei den Hochrechnungen und Schätzungen sollen alle an der Datenerhebung beteiligten Mitarbeiter die Parameter kennen und einheitlich anwenden. KPI? Bereits seit 1992 bietet EY weltweit Beratungs-‐ und Prüfungsleistungen im Bereich Nachhaltigkeit an. EY begleitet Unternehmen unterschiedlicher Branchen und Größenordnung bei der Erstellung von Nachhaltigkeitsberichten und bei der Kommunikation von nichtfinanziellen Kennzahlen. Auch als Prüfer der Nachhaltigkeitsberichte sind wir gefragt. Weltweit verfügt EY über ein Netzwerk von mehr als 700 Fachmitarbeitern im Bereich Climate Change and Sustainability Services (CCaSS). Ein Berichtskonzept beinhaltet neben der Definition der Kennzahlen auch die Definition effizienter und belastbarer Datenerhebungs- und -konsolidierungsprozesse. Dazu zählen auch die Klarstellung bezüglich der Rollen und Verantwortlichkeiten und die Erarbeitung der Aufgabenpakete für alle beteiligten Fachbereiche. Im Kontext der Berichterstellung können auch eine Weiterentwicklung der unternehmensinternen Nachhaltigkeitsorganisation sowie die Einführung bzw. Weiterentwicklung einer IT-Lösung für das Nachhaltigkeitsmanagement und -reporting sinnvoll erscheinen oder erforderlich werden. Dem Berichtskonzept folgt die Erstellungsphase, die insbesondere die Erhebung, Konsolidierung und Validierung quantitativer und qualitativer Daten sowie die Zusammenstellung der Inhalte umfasst. In der Praxis werden die Berichte durch den höchsten Entscheidungsträger der Organisation wie Geschäftsführung oder Vorstand kritisch gelesen und nach der Einarbeitung der Anmerkungen zur Veröffentlichung freigegeben. In Anbetracht der Vielzahl möglicher Rahmenwerke für Nachhaltigkeitsmanagement und -k‐ ommunikation stellt die Auswahl geeigneter Kennzahlen eine Herausforderung für Unternehmen dar. Pflicht oder Kür? Nachhaltigkeitsberichterstattung in Deutschland: Standortbestimmung 19 11 Die Zukunft in der Glaskugel Die Angaben der Unternehmen bezüglich ihrer Zukunftspläne im Kontext der Nachhaltigkeitsberichterstattung ergeben ein sehr differenziertes Bild. Die wesentlichen Entwicklungen spiegeln sich in den nachfolgenden Trends wider: Geschäftsbericht und Internet als häufigstes Berichtsmedium Mehr als die Hälfte der befragten Unternehmen planen in den nächsten zwei Jahren, ihre Nachhaltigkeitsaktivitäten im Geschäftsbericht zu kommunizieren. Vor allem bei kapitalmarktorientierten Unternehmen ist dieses Berichtsmedium sehr beliebt. Die Zahl der Unternehmen, die im Internet Informationen offenlegen wollen, ist jedoch nur geringfügig kleiner. Neulinge wagen den ersten Schritt Auch innerhalb der von uns befragten Unternehmen befinden sich Unternehmen, die eine erstmalige Nachhaltigkeitsberichterstattung anstreben. Die „Neulinge“ präferieren hierbei vor allem den Geschäftsbericht als Kommunikationsmittel für Nachhaltigkeitsaktivitäten, gefolgt von einer Darstellung der Informationen im Internet. Vom Nachhaltigkeitsbericht zum integrierten Bericht: kapitalmarktorientierte Unternehmen auf dem Sprung Der Gedanke der integrierten Berichterstattung ist mittlerweile in der öffentlichen Diskussion angekommen. Mehr als 30 Prozent der kapitalmarktorientierten Unternehmen, die bereits einen Nachhaltigkeitsbericht veröffentlichen, wollen sich künftig an der integrierten Berichterstattung nach dem IIRC-Rahmenwerk orientieren. Wo planen Unternehmen, die bisher nicht über Nachhaltigkeit berichten, innerhalb der nächsten zwei Jahre ihre Berichtsaktivitäten? (mehrere Antworten möglich) 17 % Darstellung der Nachhaltigkeitsaktivitäten im Geschäftsbericht Darstellung des Nachhaltigkeitsberichts im Internet Eigenständiger Nachhaltigkeitsbericht 11 % 6% Die Berichterstattung über Nachhaltigkeit bleibt in Deutschland auch in den nächsten zwei Jahren vielfältig. 20 Pflicht oder Kür? Nachhaltigkeitsberichterstattung in Deutschland: Standortbestimmung 12 Fazit Nachhaltigkeitsmanagement und -k‐ ommunikation werden in Deutschland zunehmend als Wettbewerbsfaktor gesehen und haben für eine große Anzahl Unternehmen beachtliche Relevanz. Auch die Diskussion über neue regulatorische Vorschriften wie die EU-R ‐ ichtlinie zur Offenlegung nichtfinanzieller und die Diversität betreffender Informationen erhöht die Bedeutung der Nachhaltigkeitsberichterstattung. Unternehmen, die heute noch nicht berichten und in abwartender Haltung sind, geraten aus verschiedenen Gründen immer mehr unter Druck und stehen dann bei der Umsetzung insbesondere aufgrund von Zeitdruck vor erschwerten Herausforderungen. Dies kann zu Wettbewerbsnachteilen beim Ringen um Kunden, Mitarbeiter und Kapital führen. Die größten Herausforderungen bei der praktischen Umsetzung des Nachhaltigkeitsmanagements und der Nachhaltigkeitsberichterstattung sind die Identifikation von Handlungsfeldern sowie die Definition von Kennzahlen. Die Leitlinien der GRI und der Deutsche Nachhaltigkeitskodex stellen nicht nur in dieser Hinsicht beliebte Orientierungspunkte dar. Auch der Gedanke einer integrierten Berichterstattung nimmt an Bedeutung zu. Hinsichtlich des Kommunikationsmediums bietet sich den Unternehmen ebenfalls eine Vielzahl von Möglichkeiten an: vom Nachhaltigkeitsbericht über das Internet bis hin zum Geschäftsbericht. Für Prognosen, ob sich in Zukunft eine dominierende Berichtsform durchsetzen wird, ist es allerdings noch zu früh. Pflicht oder Kür? Nachhaltigkeitsberichterstattung | 21 in Deutschland: Standortbestimmung | Kontaktdaten Nicole Richter Executive Director Tel. +49 89 14331 19332 Mob. +49 160 939 19332 Fax +49 181 3943 19332 [email protected] Nina Müller Senior Manager Tel. +49 89 14331 19105 Mob. +49 160 939 19105 Fax +49 181 3943 19105 [email protected] 22 Pflicht oder Kür? Nachhaltigkeitsberichterstattung in Deutschland: Standortbestimmung Quellenverzeichnis 1 EY and Boston College Center for Corporate Citizenship (2014): Value of sustainability reporting 2 Global Reporting Initiative (GRI); für weitere Informationen siehe https://www.globalreporting.org, abgerufen am 11. September 2014 3 United Nations Global Compact (UNGC); für weitere Informationen siehe https://www.unglobalcompact.org, abgerufen am 11. September 2014 4 Deutscher Nachhaltigkeitskodex; für weitere Informationen siehe http://www.deutscher-nachhaltigkeitskodex.de, abgerufen am 11. September 2014 5 Deutsches Rechnungslegungs Standards Committee (DRSC); für weitere Informationen siehe http://www.drsc.de, abgerufen am 11. September 2014 6 Sustainability Accounting Standards Board (SASB); für weitere Informationen siehe http://www.sasb.org, abgerufen am 11. September 2014 7 U.S. Securities and Exchange Commission (SEC); für weitere Informationen siehe http://www.sec.gov, abgerufen am 11. September 2014 8 International Integrated Reporting Council (IIRC); für weitere Informationen siehe http://www.theiirc.org, abgerufen am 11. September 2014 9 EY (2014): Integrierte Berichterstattung – Wertsteigerungsmöglichkeiten für Unternehmen 10 IIRC: http://www.theiirc.org, abgerufen am 15. September 2014 11 GRI-Datenbank: http://database.globalreporting.org, abgerufen am 04. September 2014 12 EY/GRI (2014): Sustainability reporting – the time is now 13 EY (2014): EY Studentenstudie 2014: In welche Branchen zieht es deutsche Studenten? 14 GRI: G4 (2013): Leitlinien zur Nachhaltigkeitsberichterstattung: Berichterstattungsgrundsätze und Standardangaben, https://www.globalreporting.org/Pages/resource-library.aspx?resSearchMode=resSearchModeText&resSearchText=G4&resCatText= Reporting+Framework&resLangText=German, abgerufen am 15. September 2014, für Informationen zu den Gemeinsamkeiten mit den „zehn Prinzipien“ (2000) des Global Compact der Vereinten Nationen siehe S. 88 15 EY (2014): Integrierte Berichterstattung – Wertsteigerungsmöglichkeiten für Unternehmen 16 E uropäischer Rat (2014): Offenlegung nichtfinanzieller und die Diversität betreffender Informationen durch bestimmte große Gesellschaften und Konzerne, http://www.consilium.europa.eu/uedocs/cms_data/docs/pressdata/en/intm/144945.pdf, abgerufen am 1. Oktober 2014 17 GRI et al. (2013): Carrots and Sticks: Sustainability reporting policies worldwide – today’s best practice, tomorrow’s trends, https:// www.globalreporting.org/resourcelibrary/carrots-and-sticks.pdf, S. 28 ff., abgerufen am 11. September 2014 18 BDA/BDI/DIHK/ZDH (2013): CSR und Diversity: Berichterstattungszwang ist der falsche Weg, http://www.dihk.de/presse/meldungen/ 2013-04-17-verbaende-csr, abgerufen am 15. September 2014 Pflicht oder Kür? Nachhaltigkeitsberichterstattung in Deutschland: Standortbestimmung 23 EY | Assurance | Tax | Transactions | Advisory Die globale EY-Organisation im Überblick Die globale EY-Organisation ist einer der Marktführer in der Wirtschafts prüfung, Steuerberatung, Transaktionsberatung und Managementberatung. Mit unserer Erfahrung, unserem Wissen und unseren Leistungen stärken wir weltweit das Vertrauen in die Wirtschaft und die Finanzmärkte. Dafür sind wir bestens gerüstet: mit hervorragend ausgebildeten Mitarbeitern, starken Teams, exzellenten Leistungen und einem sprichwörtlichen Kundenservice. Unser Ziel ist es, Dinge voranzubringen und entscheidend besser zu machen – für unsere Mitarbeiter, unsere Mandanten und die Gesellschaft, in der wir leben. Dafür steht unser weltweiter Anspruch „Building a better working world“. Die globale EY-Organisation besteht aus den Mitgliedsunternehmen von Ernst & Young Global Limited (EYG). Jedes EYG-Mitgliedsunternehmen ist rechtlich selbstständig und unabhängig und haftet nicht für das Handeln und Unterlassen der jeweils anderen Mitgliedsunternehmen. Ernst & Young Global Limited ist eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung nach englischem Recht und erbringt keine Leistungen für Mandanten. Weitere Informationen finden Sie unter www.ey.com. In Deutschland ist EY an 22 Standorten präsent. „EY“ und „wir“ beziehen sich in dieser Publikation auf alle deutschen Mitgliedsunternehmen von Ernst & Young Global Limited. © 2014 Ernst & Young GmbH Wirtschaftsprüfungsgesellschaft All Rights Reserved. SPF 1410-002 ED None Diese Publikation ist lediglich als allgemeine, unverbindliche Information gedacht und kann daher nicht als Ersatz für eine detaillierte Recherche oder eine fachkundige Beratung oder Auskunft dienen. Obwohl sie mit größtmöglicher Sorgfalt erstellt wurde, besteht kein Anspruch auf sachliche Richtigkeit, Vollständigkeit und/oder Aktualität; insbesondere kann diese Publikation nicht den besonderen U mständen des Einzelfalls Rechnung tragen. Eine Verwendung liegt damit in der eigenen Verantwortung des Lesers. Jegliche Haftung seitens der Ernst & Young GmbH Wirtschaftsprüfungsgesellschaft und/oder anderer Mitgliedsunternehmen der globalen EY-Organisation wird ausgeschlossen. 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