Sommer, Liebe, Abenteuer!
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Sommer, Liebe, Abenteuer!
Leseprobe aus: Sommer, Liebe, Abenteuer! Mehr Informationen zum Buch finden Sie auf rowohlt.de. Copyright © 2010 by Rowohlt Verlag GmbH, Reinbek bei Hamburg Du-dung – Hilfe, was passiert hier ? Du-dung – bin wie von Sinnen. Du-dung – es wandert direkt über die Schienen in meinen Körper und setzt mein Hirn schachmatt. Dieses eintönige, beständige Fahrgeräusch des Zuges. Normalerweise wirkt es leicht einschläfernd. Auf mich hat es hypnotische Auswirkungen, weil ich dabei wildfremden Menschen Dinge über mich erzähle, die ich selbst noch nicht von mir wusste. Ich, Liv Johansen, vierzehn Jahre alt, sitze auf dem Fußboden im Gang des Nachtzugs nach Paris, auf dem Weg zum Sommer-Sprachkurs, und quatsche mit ihm über Gott und die Welt. Mon dieu ! Dabei kenne ich Fred erst, seit wir vorhin in Hamburg eingestiegen sind. Auf den allerletzten Drücker habe ich mich für den Platz in La Rochelle an der französischen Atlantikküste angemeldet. Sonst hätte mir der Campingplatz in Bozen gedroht, gemeinsam mit Mama und Papa … Daran habe ich aber so lange rumgenölt, dass die beiden gar nicht anders konnten, als mich alleine wegzulassen. Besser zwei Wochen Sorgen machen als einen Dauer-Teenie-Flunsch ertragen. 9 Eine Freundin habe ich auf die Schnelle nicht mehr gefunden, die Lust gehabt hätte, mitzukommen. Und so stand ich vorhin ganz allein in einer Gruppe kichernder, aufgeregter Jungs und Mädchen, die sich alle auf Strand und Land freuten, und fühlte mich wie ein unsichtbares Alien. Da hörte ich eine Stimme hinter mir : « Hi ! Kennt ihr euch etwa alle schon ? Ich komme mir vor wie ein Sitzenbleiber, der in seine neue Klasse muss.» Ich drehte mich um und sah in freundliche Augen. Die anderen hatten ihn gar nicht wahrgenommen. « Und ich komme mir vor », sagte ich, « wie bei meiner Einschulung.» « Na, da bin ich ja beruhigt. Dann können wir ja die Außenseiter-Gruppe übernehmen.» Ich nickte nur und dachte, ja. Und jetzt sitzen wir beiden Outsider also nebeneinander auf dem Fußboden. Eigentlich heißt Fred Frederick, mag es aber lieber kurz und knapp. Dieser süße Kerl neben und die Gleise unter mir rauben mir den klaren Verstand. « Mein Freund hat immer gesagt, ich wirke zu brav », weihe ich Fred gerade in mein persönliches emotionales Desaster ein und nehme noch ein großes Stück Mangoschokolade aus der Tüte, die er mir hinhält. « Er findet, ich solle meinen Pony wuscheliger tragen und die Haare an den Seiten nicht so platt herunterhängen lassen.» Fred mustert mich interessiert. «Was hat der Typ denn für Haare ? » « Stinknormale ! » 10 Fred, selber dunkelhaarig, blickt immer noch auf meine Frisur. Plötzlich wuschelt er mir durch die Haare. Alle stehen kreuz und quer zu Berge. « Ungefähr so stellt er sich das vor ? ! » Ich schaue mein Spiegelbild im Fenster an, und wir lachen laut, weil ich mich in einen Vamp verwandelt habe. « Komm, ich leg sie dir ganz glatt, damit du wieder lieb und brav ausschaust.» Das durchzuckt mich wie ein Stromschlag. Er grinst schelmisch : « Siehst du nur brav aus, oder bist du auch brav ? » Der traut sich vielleicht was für einen Fünfzehnjährigen. Aber die Zugmagie scheint auch Fred zu beflügeln. « Na, wir haben ja genügend Zeit, das herauszufinden. Zum Beispiel in Paris.» Täusche ich mich, oder spielt Fred auf ein amouröses Abenteuer in der Stadt der Liebe an ? Verpennt und verknittert steigen wir am frühen Morgen am Gare du Nord in Paris aus. Hier bleiben wir zwei Tage, bevor es weiter nach La Rochelle geht. Die Französisch-Referendare Andreas und Merle sind unsere Aufpasser. Beide passen allerdings mehr auf sich selber auf. In der Metro sitzen Fred und ich uns gegenüber und dösen bis zur Station St. Michel. Unsere Auberge liegt im Herzen des Quartier Latin, einen Steinwurf entfernt von der Kirche Notre-Dame. Fünfzehn Leute hat unsere Gruppe, alle rumpeln mit ihren Koffern und Taschen übers ausge- 11 waschene Kopfsteinpflaster. Ich teile mir ein Zimmer mit drei anderen Mädchen, die sich aber schon vorher kannten. Sie sind zwar nett, als sie jedoch über ihre Freunde sprechen, halte ich die Klappe und denke ans Pony-Wuscheln. Wieso habe ich ihm eigentlich gleich mein Herz ausgeschüttet ? Typisch : Wenn ich jemanden mag, verhalte ich mich leider gerne wie blankpoliertes Glas – absolut durchsichtig. Was er wohl über mich denkt ? Die ganze Gruppe macht sich zur Sightseeing-Tour auf. Wir schlendern durch das Marais-Viertel, vorbei an superhippen Boutiquen, als Fred mich in eine Bäckerei hineinzieht. Er hat Brioches, dieses weiche Brot, entdeckt – und bricht in wahre Begeisterungsstürme aus : « Die Dinger könnte ich mir pfundweise reinschaufeln. So was gibt’s in Hamburg ja nicht.» Fred bestellt mit Händen und Füßen zwei große Brioches und einen Café to go. « Mein Französisch ist ausbaufähig », gibt er zu. «Vielleicht kannst du mir ja Nachhilfe geben ? », fragt er. « Bei dir hört sich das nämlich ganz gut an. Bist bestimmt so ’ne brave Französisch-Streberin, stimmt’s ? » Ich schmunzele. Wenn er noch drei « Brav »-Witze macht, werde ich schneller über meinen Ex hinweg sein, als er sich eine Neue suchen kann. « Brav »-o ! « Ich nehme ein Schokocroissant », sage ich der Dame hinterm Tresen. «Aha, so ein 8000-Kalorien-Teil », merkt Fred an. Diesen Kommentar ignoriere ich einfach. Schoko- 12 Schock ist mir immer noch lieber als Koffein-Killer. Gerade will ich mein Portemonnaie zücken, da reicht Fred schon für uns beide das Geld über den Tresen. « Ich hätte aber auch zahlen können », protestiere ich. « Nö, lass mal. Du kannst ja das nächste Mal zahlen.» Fred wurschtelt lange mit dem Wechselgeld herum, während ich allmählich nervös werde. « Beeil dich mal lieber, die anderen sind schon weitergegangen », drängele ich. Als wir aus der Boulangerie kommen, ist von unserer Gruppe tatsächlich nichts mehr zu sehen. « Och, das ist aber zu schade ! », sagt Fred, es klingt aber nicht wirklich verzweifelt. Ich grinse und drehe mich pflichtbewusst einmal nach allen Seiten, um pro forma die Straßen nach unseren Leuten abzusuchen. « Die sind weg. So ein Pech ! Dann müssen wir uns wohl alleine durchschlagen. Kommst du mit, Liv ? ! » Braver Junge. Alleine durch Paris flanieren mit Fred, der mein Herz innerhalb eines Tages von Normal-Frequenz auf Starkstrom hochgetrieben hat ? Nichts lieber als das. « On y va », gebe ich mein Einverständnis. « Lass uns los ! » Fred will an einem Kiosk einen Stadtplan kaufen, aber ich winke ab. « Ich war schon ein paarmal in Paris, lass uns doch einfach draufloslaufen, treiben lassen », schlage ich vor. 13 « Okay, ich folge und vertraue dir blind », stimmt Fred zu und beißt in seine Brioche. Ich ziehe ihn hinter mir her und wische ihm dabei ein paar Krümel vom Mundwinkel. Mir bleibt fast das Herz stehen – ich hab ihn tatsächlich berührt, zum ersten Mal ! Ist das jetzt ein Coup de foudre, Liebe auf den ersten Blick ? Irgendetwas hat mein Herz berührt, das spüre ich genau. Und in Wirklichkeit berührt Fred mich auch gerade. Allerdings eher unromantisch am Arm, reißt mich von der Bordsteinkante einer vielbefahrenen Straße zurück. «Wäre doch schade, wenn’s vorbei ist, bevor es überhaupt richtig angefangen hat – mit dir », tadelt er mich zweideutig. Einige Zeit später erreichen wir die vielen Treppenstufen, an deren Ende sich majestätisch Sacré-Cœur erhebt. Ich zeige Fred einen Seitenaufgang, an dem sich die Touris nicht drängeln wie die Sardinen im Schwarm. Am Fuße der schier unendlich langen Treppe starten wir einen kleinen Wettlauf, wobei ich nach etwa zehn Stufen nicht mehr kann, weil meine Schuhe nicht mitspielen. Bin ja auch zu blöd. Wollte unbedingt französisch aussehen und habe mir neue Ballerinas angezogen. Sieht gut aus und tut höllisch weh. Meine Turnschuhe, die ich achtlos unten in den Koffer gestopft habe, lachen sich wahrscheinlich gerade tot. Vor Sacré-Cœur setzen wir uns hin. Eine Band spielt 14 alte Songs nach, alle singen mit und klatschen. Mir ist ganz leicht ums Herz, und ich schaue mir von der Seite Freds Mund genauer an. Schöne Lippen. « Guck mal, die da knutschen wie die Teenager. Bisschen peinlich, oder ? » Ich werde rot und fühle mich ertappt. Fred meint ein Paar, das etwa so alt ist wie meine Eltern. « Na und ? Lass die doch. Die sehen doch total verliebt aus.» In dem Moment küsst er die Frau aufs nackte Knie ; für mich ein Zeichen innigster Verbundenheit und tiefer Zuneigung. « Na, ohne zu küssen geht’s hier wohl gar nicht », merkt Fred jetzt lächelnd an. Eine Gruppe junger Pariser begrüßt sich mit « la bise », also mehreren Küssen auf die Wange. « Das macht man in Frankreich immer so », kläre ich meinen Begleiter auf. « Meistens gibt’s ein Küsschen links und eins rechts auf die Wange. Manchmal drei, und einige Pariser machen das sogar viermal.» Fred schaut entgeistert. «Viermal ? », ruft er. « Das dauert ja endlos lange. Da kann man sich nach der Begrüßung ja schon direkt wieder verabschieden. Apropos – wie spät ist es eigentlich ? » Es ist längst dunkel, wir haben die Zeit total vergessen. Ob die übrige Herde ihre beiden Schäfchen schon vermisst ? Freds Handy-Akku ist leer, und auf meinem Display erscheint eine Mini-SMS : « Haben euch verloren, treffen 15 uns später in der Auberge.» Na, groß scheinen die Sorgen ja nicht gewesen zu sein. Fred zieht mich hoch, meine Hand in seiner, ein paar Sekunden länger als nötig. Das war schon die fünfte Berührung, notiere ich glücklich im Geiste. Wir laufen die Treppenstufen hinunter zum Place des Abbesses, die Metro fährt uns aber vor der Nase weg. Deshalb gehen wir zu Fuß weiter. Planlos irren wir umher, verlaufen uns immer mehr in den kleinen Rues und Avenues. Wir erzählen uns gegenseitig kleine Anekdoten aus unserem Leben, wobei Fred häufig Dinge sagt, die direkt aus meinem Kopf kommen könnten. Wer hat den Weltrekord im Schnell-im-Kopf-Sein ? ! Fred ganz sicher. Damit ist er bei mir richtig – verbale Ballwechsel spiele ich am liebsten. Und mit ihm klappt es ohne Absprache. Wenn ich « Ping » sage, sagt er « Pong », also im übertragenen Sinne. « Hast du dir schon mal überlegt, an wie vielen Leuten im Leben man haarscharf vorbeigerannt ist, weil man sich um fünf Minuten verpasst hat ? », fragt er mich gerade. « Ja, jetzt gerade läuft dieser Wahnsinnstyp zwei Straßen weiter rum und ist im Grunde nur auf der Suche nach mir », gebe ich selbstbewusst zurück. Fred grinst : « Ja, von mir beauftragt.» Ich schüttele den Kopf. « Ts, ts. Schaffst du das nicht alleine, mon petit cœur ? » 16 Er lächelt und nickt. «Werden wir ja sehen. Aber, sag mal, was hast du da eben gesagt ? Mon petit was ? » « Äh ja. Petit cœur », erkläre ich mit knallrotem Kopf. Im Französischunterricht haben wir neulich Kosenamen durchgenommen, und den fand ich besonders schön. Wollte ihn mir immer für den richtigen Moment aufheben, hätte ihn aber vielleicht nicht jetzt schon rauslassen sollen. « Petit cœur heißt kleines Herz, also im Grunde Herzchen.» Warum muss ich meine gesamte Gefühlswelt eigentlich immer ausstellen wie in einem Schaufenster ? ! Kann ich nicht einmal die Geheimnisvolle spielen, nur einmal wenigstens ? ! « Manchmal denke ich nicht nach, bevor ich etwas sage.» Fred grinst schon wieder. « Ich denke eher », doziert er, « dass sich kaum jemand so viel bei allem denkt wie du.» Ein Uhr nachts ist es inzwischen. Tant pis ! Macht nichts. So aufgekratzt war ich selten. Kein Wunder : Zu zweit in der Pariser Nacht unterwegs, eingehüllt vom Hauch des Verbotenen, das ist das Größte für mich. Kann uns keiner mehr nehmen. Inzwischen sind wir wenigstens aus den kleinen, verwinkelten Gassen herausgekommen und spazieren über einen großen Platz. « Ich weiß natürlich, Liv, dass du dich tooootaaaal gut hier auskennst, wie wir seit Stunden merken », frotzelt Fred und spielt damit auf meine großspurig angekündig- 17 ten Paris-Kenntnisse an. Blöd, wenn jemand schon nach einem Tag sämtliche Schwächen und Wichtigtuereien durchschaut, die man vor anderen ein halbes Leben lang verborgen halten kann. «Aber wenn wir nicht allmählich zurückfinden, müssen wir uns wohl ein Hotelzimmer nehmen.» Fred schaut sich um und deutet auf ein Gebäude neben uns. «Wie wär’s mit dem da ? Hôtel de Ville ? » Ich unterdrücke ein Grinsen. « Da macht dir jetzt niemand mehr auf », erkläre ich. « Oder willst du Politiker werden ? Hôtel de Ville ist das Rathaus und kein Hotel. Den Fehler haben schon viele gemacht.» « Oha. Ich glaub, du bringst mir mehr bei, als ich in vier Jahren Französischunterricht gelernt hab. Ist angenehm, so eine Privatlehrerin.» « Denk dran », ermahne ich ihn. « Man soll die Lehrerin nicht vor dem Zeugnis loben.» Leider, ach nein, natürlich Gott sei Dank, erkennen wir auf einmal Notre-Dame wieder und wissen damit, wo wir hinmüssen. Irgendwie schade. Diese Nacht hätte von mir aus in Endlosschleife weiterlaufen können. So vollkommen ! Vor unserer Unterkunft wartet niemand, lediglich eine verschlossene Tür. Wir haben vorhin eine Einweisung bekommen, wie man sie öffnet, doch daran können wir uns nicht mehr erinnern. Wie war das nochmal ? Je ne sais pas, ich weiß es nicht mehr, und es ist mir egal. Ich würde mit Fred auch die Nacht unter einer Brücke 18 verbringen. Uns einfach nur umschlungen haltend, bis der Tag erwacht. Den würde ich mir schon ganz gerne schnappen. Klingt etwas voreilig nach nur einem Tag ? Mag sein. Aber besser, man ist sich einer Sache sicher und weiß, was man will. Gibt doch Paare, die selbst bei ihrer silbernen Hochzeit noch nicht wissen, ob sie mit dem richtigen Partner zusammen sind. « Komm, Liv, wir müssen hier durchs Fenster.» Fred hat eine kleine Öffnung gefunden, in die wir uns über eine Kiste und mit Hilfe der Feuerleiter hineinhieven. Kichernd tapern wir durch die Küche, stolpern über ein paar leere Weinflaschen und finden tastend den Weg zu unseren Zimmern. Fred streicht mir, bevor ich in meinem Raum verschwinde, leicht über den Arm (Nummer sechs ! !) und sagt etwas, was für mich die Welt bedeutet : « Du bist echt anders als andere Mädchen. Schlaf schön ! » «Ach, da seid ihr ja wieder.» Das ist Merles einziger Kommentar am nächsten Morgen. Wenn das unsere Eltern wüssten. Die Zugfahrt nach La Rochelle verbringen Fred und ich schlafend, weil wir einiges nachzuholen haben. Am Bahnhof warten unsere Gastfamilien auf uns. Fred kommt gemeinsam mit einem gewissen Karsten in eine Familie, und ich werde von den Duponts abgeholt. Dort darf ich am Abendbrottisch jede Menge Baguette mit Käse essen und über mein Leben erzählen. Norma- 19 lerweise quassel ich gerne drauflos, denke jetzt jedoch nur an eins : an Fred, den ich am nächsten Tag im Sprachkurs wiedersehe. Dort müssen wir einen Test absolvieren, um danach in eine der beiden Gruppen eingeteilt zu werden : Anfänger oder Fortgeschrittene. In meiner Klasse in Hamburg bin ich gut in Französisch, dürfte also eigentlich keine Probleme haben, in die höhere Gruppe zu kommen. Schließlich haben meine Eltern viel Geld für diese Sprachreise ausgegeben, um in meine Zukunft zu investieren. Auch ich denke beim Ausfüllen des Tests an meine Zukunft, allerdings eher an meine persönliche. Und so baue ich absichtlich Fehler ein. Ein lustiger Spaß, der mich direkt auf den Platz neben Fred katapultiert. Der schaut irritiert : « Na, Mademoiselle, was machst du denn hier ? » « Bin wohl doch nicht so die Franz-Streberin », gebe ich zurück. Er runzelt erstaunt die Stirn. Ach, wenn Jungs wüssten, was man alles so auf sich nimmt, nur um ihnen eine Sekunde länger nahe zu sein, sie liefen vermutlich schreiend um ihr Leben. Ohne Ende öde ist der Unterricht, ich muss aufpassen, nicht ständig genervt aufzustöhnen. Aber Freds Duft neben mir ist mehr als akzeptable Entschädigung. Ganz ordentlich hat er sein Heft, das Buch und seine Stifte wie mit dem Lineal ausgemessen auf dem Tisch drapiert. Aus 20 lauter Langeweile schiebe ich seine Sachen ein bisschen schräg umher. Sofort schiebt er sie wieder in die penible Ausgangsposition. Ach du Schreck – bügelt der etwa auch seine Unterhosen und faltet sie auf Knick ? ! Rührt mich ja fast ein wenig. Trotzdem würfele ich seine Stifte nochmal durcheinander. Da wird es Fred zu bunt. « Schluss jetzt. Ich will später mal ein Reihenhaus mit gestutzter Hecke. Und so ’ne Chaotin wie du darf dann nicht mal zu Besuch kommen ! » Oha. Klare Ansage. Da muss ein radikaler Strategiewechsel her. Unschuldig pfeife ich vor mich hin, rücke seine Sachen wieder ganz gerade und hänge zu guter Letzt auch seine Sweatshirt-Jacke ordentlich über den Stuhl, nachdem ich imaginäre Fusseln entfernt habe. Danach glätte ich meine Haare und setze mich kerzengerade auf den Stuhl. Fred schüttelt nur verzweifelt den Kopf und versucht, mal nicht zu grinsen, was mein Adlerauge sofort mit Genugtuung registriert. « So, Freundchen », locke ich ihn nach dem ersten Unterrichtstag weg. « Ich habe dich ja sehr abgelenkt. Als Wiedergutmachung bekommst du eine weitere Privatstunde am Strand.» In meinem neuen lilafarbenen Bikini liege ich kurz darauf neben Fred und finde, ich passe nicht nur farblich hervorragend zu seiner braun-blauen Badehose. 21