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18 K U L T U R B E U T E L
VER.DI PUBLIK 05 MAI 2007
SEHEN
Elbe | Es beginnt ein bisschen wie
Käutners Unter den Brücken: Zwei
Männer auf einem Schiff. Nur dass
Kowsky und Gero nicht über die Berliner Havel schippern, sondern
über die Elbe
und um ihre Existenz ringen: Die
Hamburger Reederei gibt ihnen
keine Arbeit
mehr, die Polizei beschlagnahmt den
Frachtkahn, weil die letzten Raten
nicht bezahlt wurden. Auf einem gestohlenen Boot setzen die Männer ihre Reise fort. Jeder hat seine Geheimnisse und seinen eigenen Kopf: Kowsky hat Frau und Sohn, die von ihm
nichts mehr wissen wollen, und sucht
den großen Geldsegen als Spieler. Der
genügsamere Gero malocht dagegen
im Gemüsemarkt, verliebt sich in die
Verkäuferin und hilft seinem Kumpel,
HÖREN
wenn er Mist gebaut hat. Elbe ist eine
wunderbar poetische, leise, wenngleich sich auch zum Ende dramatisch
zuspitzende Tragikomödie um
(Über)lebenskunst, Freundschaft und
Verantwortung. Ein Film wie ein Fluss:
mal ruhig dahinströmend, mal unter
stürmischen Wellen aufbrausend. KL
Pornostar oder auch Tierpflegerin“,
raunt Klara unsicher. Während Mina
(„Sag mir nicht, dass ich naiv bin“) unter dem bevorstehenden Wegzug ihres
Freundes leidet.
Und Tanutscha
derweil beinhart
(„Ich komm aus
Kreuzberg, du
Muschi“) so manchen Verehrer
wortgewaltig zur
Schnecke macht. Die drei träumen von
Freiheit und Party, finden Öko voll
scheiße und geben sich in Liebesdingen vollkommen abgeklärt. Und da
sich Bettina Blümners unaufdringliche
Kamera dabei wie eine vierte Freundin
verhält, ist Prinzessinnenbad ein modernes und wunderbar weibliches Bild
des Multikulti-Mikrokosmos Keuzberg.
D 2006. R: MARCO MITTELSTAEDT, D:
TOM JAHN, HENNING PEKER, STEFFI
KÜHNERT U.A., 92 MIN.; START 24. MAI
Prinzessinnenbad | Die Kreuzberger Freizeitinstitution „Prinzenbad“
wird für rund 90 Minuten zum
Hoheitsgebiet dreier eigenwilliger,
typischer Berliner Kiez-Kameradinnen:
Prinzessinnenbad portraitiert drei 15jährige Schülerinnen der etwas härteren Gangart, die noch zögerlich, aber
immer mit Schnauze an den Scheidewegen des Erwachsenwerdens zu bestehen versuchen: „Vielleicht werd’ ich
ROBL
D 2007; R: BETTINA BLÜMNER; 92 MIN.;
START 31. MAI
KLICKEN
www.habbo.de | Vielleicht sagen
sie ja etwas aus über unsere Gesellschaft, diese digitalen Zweitwelten.
Wo sich Millionen via Internet anonym treffen, miteinander reden, gegeneinander spielen oder durcheinander handeln. Vielleicht sind Plattformen wie das US-amerikanische Second Life auch nur Zerstreuungsangebote. Habbo zumindest muss
man nicht überbewerten. Zugeschnitten auf
Teenager bietet
das Mini-Bauklötzchen-Hotel
viele bunte Räume, also Abwechslung
und Bewegung. Hier mal gucken, da
mal kurz winken, dort ein Spielchen
mitmachen und sein virtuelles ZweitIch regelmäßig umgestalten. Ein
durchaus amüsanter Zeitvertreib für
Kinder, auch, um sich darin zu verlie-
PREISRÄTSEL
ren. Auf die Spieldauer sollten Eltern
ein Auge haben. Mit einer Art „Sorgenraum“ der kooperierenden „Bundeskonferenz für Erziehungsberatung
e.V.“ ist jedoch eine Möglichkeit zu
anonymer Hilfe integriert. Die ist, wie
andere Kinderschutzbemühungen der
Habbo-Macher, zu begrüßen. Die
Euro-Abzocke für das Kaufen von „Talern“, der Habbo-Währung für Möbel,
aber geht in die falsche Richtung. HEST
www.37sechsblog.de/: Das
Blog für Betriebsrat und JAV |
Sehr pfiffig, Herr Skowronek. Der Name Ihres Internet-Tagebuchs „37.6“,
der bezieht sich ja auf den so nummerierten Artikel-Absatz des Betriebsverfassungsgesetzes, der das Betriebsräterecht auf Freistellung für Weiterbildung regelt. So liefern Sie, als Urheber
dieses Web-Tagebuchs, schon im Titel
die Lizenz zum Lesen und Kommentie-
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G Die Zigarren, sein Markenzeichen
als Politiker, hätten eigentlich
scheußlich geschmeckt
Y Er habe nie geglaubt, dass die
soziale Marktwirtschaft sich
langfristig gegen den Turbokapitalismus durchsetzen könne
N Er war nie Parteimitglied der CDU
Unter allen richtigen
Einsendungen verlosen
wir diesmal
5 x mal das
Sachbuch
Wenn die
Flüsse
Man lernt nie aus – auch weil
versiegen
es ständig neue Begriffe in unserer
von Fred
Arbeitswelt gibt. Was etwa ist ein
Pearce
Gigaliner?
1
Einer der ungewöhnlichsten
Teilnehmer bei der Kunstmesse
documenta 12 in Kassel, die am 16.
Juni eröffnet wird, ist der spanische
Künstler Ferran Adriá. Sein wichtigstes
Werk trägt den Namen „El Bulli“.
Dabei handelt es sich um
C das bekannte Standbild eines
männlichen Rindes vor der Frankfurter Börse
O sein Restaurant in Barcelona, das
als das innovativste und beste
Europas gilt
Z einen schrill bemalten VW-Bus, der
kürzlich bei Christie’s für 18 Millionen Euro versteigert wurde
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1arbeiter
Die Telekom will 50 000 Mitin eine neu zu gründende
Firma auslagern. Dort sollen diese
E länger arbeiten, aber weniger
verdienen
F kürzer arbeiten und dafür geringfügige Abstriche beim Lohn hinnehmen
T endlich all ihre Vorstellungen umsetzen, wie Service und Kundenzufriedenheit verbessert werden können
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1
Der frühere Bundeskanzler
Ludwig Erhard schockte Deutschlands
Christdemokraten drei Jahrzehnte
nach seinem Tod mit einer
erstaunlichen Enthüllung
ren Ihrer aufschlussreichen Ausführungen während der Arbeitszeit mit.
Denn mitdiskutieren ist bei Ihrem –
wie bei jedem guten – Blog ausdrücklich erwünscht. Wie überhaupt Ihr
Blog alles hat, was ein attraktives
Blog-Format ausmacht: Erstens, ein
klares Thema, nämlich die Betriebsrats- sowie die Jugend- und Auszubildendenvertretungs-Arbeit,
samt verständlicher Leseransprache; zweitens, dienliche
Informationen
und der Mut zur
eigenen Meinung; drittens, eine aufmerksame Leserschaft und viele nützliche Links. Lediglich bei den unzähligen Kästen mit Eigenwerbung und
Google-Anzeigen übertreiben Sie,
denn die Menge macht es schwer,
Ihre eigentlichen Texte zu orten. HEST
L Ein Lkw mit 25 Meter Länge und
bis zu 60 Tonnen Gewicht, wie sie
derzeit in Deutschland in drei Modellversuchen eingesetzt werden
H Ein Passagierflugzeug der übernächsten Generation mit mehr als
tausend Passagieren
S Ein besonders schwer Kokainabhängiger
1
Das war ja nicht so schwer zu raten.
Aber worum handelt es sich bei
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Power 8?
D Ein Konzertprojekt von Bob Geldof
und Bono zum G8-Gipfel der
wichtigsten Industriestaaten in
Heiligendamm
X Eine koffeinhaltige Limonade
A Das Programm zur Kostensenkung
bei Airbus
Vor dem G8-Gipfel bereiten die
so genannten „Sherpas“, also die
jeweiligen Regierungsbeauftragten,
die Konferenz vor. Eigentlich ist ein
Sherpa ja
V ein extrem leistungsfähiger Lastenträger im Himalaya
I eine Kaschmirdecke
R ein PR-Mann, der für die Medien
die Fehler und Versäumnisse der
Regierungen schönredet
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In diesem Heft geht es um
Beschäftigte, die Behörden oder der
Öffentlichkeit Informationen über
Missstände oder Verfehlungen in ihren Betrieben liefern.
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Sie nennt man
M Headhunter
K Whistleblower
Q Controller
Viel zu lesen war Ende März über
„Gliese 581c“. Das ist
P das Virus, das für den rätselhaften
Tod vieler Bienenvölker verantwortlich ist
Ü die deutsche Band beim „European
Song Contest”
B der erste erdähnliche Planet, den
Wissenschaftler im Sternbild Waage entdeckt haben
Die Kennbuchstaben der richtigen Lösungen ergeben,
neu sortiert, einen Begriff, bei dem Schüler oft wortlos
bleiben. Viel Spaß!
11111111
Bitte schicken Sie eine Postkarte mit dem Lösungswort bis zum 15. 6. 06
(Datum des Poststempels) an: ver.di PUBLIK Preisrätsel, 10112 Berlin.
Lösungswort des letzten Preisrätsels: VERBOTEN
Gewonnen haben: R.Dröse (Berlin), S. Schuchmann (Groß-Gerau), J. Bauer
(Bad Vilbel), H.-J. Priesemuth (Stuttgart), E. Schäfer (Brandenburg)
Paso Doble
Les Rita Mitsouko: Variéty | Nein, seit Plastic Bertrand war so gut wie
nichts aufgetaucht, was außerhalb der Landesgrenzen auf gnädige Ohren getroffen wäre. Noch in den 80ern schien Frankreich auf ewig verdonnert, die
Landkarte der Popmusik mit Chansons zu bevölkern. Auch Les Rita Mitsouko
kultivierten mit Macht die Ironie und fuhren gut damit. Ihr erster Hit hieß Marcia
Baila und war eine flotte Elektro-Tanznummer mit Punk-Attitüde, die 1985 gerade auch in Deutschland einschlug. Sie verwirrten, weil sie ungefragt Kunst und
Kommerz verbanden – damals eine regelrechte Schweinerei! Da sang eine junge
Frau mit futuristischen Frisuren und schneidender Stimme eingängige
Melodien, begleitet von einem bleistiftdünnen Mann mit Lippenbärtchen, der
seine langen Gliedmaßen um die Rockgitarre wickelte. Die Songs waren tanzbar
und von Conny Plank produziert, dem legendären Tonmeister von Kraftwerk und
Konsorten. Und auch sonst war Cathérine Ringer und Fred Chichin das Interesse
der Kunstszene sicher. Gaultier schneiderte für sie drauflos, Godard zückte die
Kamera, die Sparks drückten ihnen einen Song aufs Auge, es gab viel weitere
Zusammenarbeiten mit internationalen Künstlern. An einem solchen Erfolg samt
Glaubwürdigkeit müssen andere Bands lange stricken. Die Zuschreibung „Avantgarde“ schmückt das Duo, das längst in der Mainstream-Kultur des Landes verankert ist, bis heute, obwohl das erste Album The No Comprendo unerreicht
blieb. Auch Variéty, ihr siebtes Studioalbum, beschreitet keine neuen Wege, so
reduziert auf die klassische Dreifaltigkeit aus Gitarre, Bass und Schlagzeug
kommt es daher. Zwölf unaufwendige, aber nach wie vor charmante Popsongs
haben sie aufgenommen; Fred Chichin jetzt öfter an der akustischen Gitarre,
Cathérine Ringers Gesang unverändert, auf Elektronik – das können andere mittlerweile besser – wurde ganz verzichtet. Es sind musikalische Momentaufnahmen persönlichen Erlebens, die sich das Paar gönnt, das in den letzten 20 Jahren
auch drei Kinder aufgezogen hat. Beweisen müssen die beiden nichts mehr. Es
reicht, wenn sie ab und zu auftauchen und ihre Fans dazu bringen, neben der
neuen Platte auch mal wieder C'est comme ça aufzulegen.
JENNY MANSCH
CD, WARNER
Miss Platnum: Chefa | Der Balkan
boomt. Zumindest musikalisch. Hochzeitskapellen aus Rumänien begeistern
das Publikum im Westen, und in den
Metropolen tanzt
das junge Clubvolk auf BalkanBeats. Miss Platnum kam als
kleines Mädchen
aus Rumänien,
war ihren geflohenen Eltern nach Deutschland nachgereist. Mit der Folklore ihrer Heimat
hatte sie weniger am Hut, nahm stattdessen Gesangsunterricht bei der
Jazz- und Soul-Sängerin Jocelyn B.
Smith und landete bei den Produzenten der erfolgreichen Reggae-BigBand Seeed. Die schneiderten der extravaganten Künstlerin nicht nur ein
zeitgemäßes musikalisches Kostüm
aus dicken Beats und fetten Bläsern,
sondern gaben ihr auch das Selbstbewusstsein einer „Gypsy-Queen“ zurück. Und so präsentiert sich Miss
Platnum als Missy Elliot des wilden
Ostens, überdreht das Klischee der zickigen aber souveränen, halbseidenen
Zigeunerbraut, die es faustdick hinter
den Ohren hat und sich von ihrem zukünftigen Prinzen höchstens mit Essen
oder einem Auto locken lässt. Die
charmante Selbstironie entfaltet sich
aber nicht nur auf dem Debüt-Album,
sondern live auf der Bühne – in der
umwerfenden Show dieser neuen Balkan-Soul-Diva. Nicht verpassen! VICK
Move against G 8 | Die Vorbereitungen für die Proteste gegen den G8Gipfel Anfang Juni in Heiligendamm
gehen in die letzte Runde. Sogar an
die richtigen Töne wurde dabei
gedacht. Die Initiative „Move
against G8“, zu
der sich Künstler
und globalisierungskritische
Gruppen zusammenschlossen, hat 19
angesagte Bands dazu bewegen können, bisher unveröffentlichte Songs für
einen Solidaritäts-Sampler zur Verfügung zu stellen. Unter dem Label der
Globalisierungskritik haben sich Bands
zusammengefunden, die sonst musikalisch wenig Berührungspunkte haben.
Die Spannweite reicht von den Toten
Hosen, Wir sind Helden über Jan Delay
bis zu Tomte, Blumfeld und Tocotronic.
Damit hat die Initiative den Beweis erbracht, dass sich politisch engagierte
Musiker längst nicht mehr nur in der
Liedermachersparte finden lassen.
„Wenn unsere Musik den Leuten einen
Anreiz dafür bietet, nach Heiligendamm zu fahren, dann hat der Sampler seinen Zweck erfüllt“, erklärt Mal
Élevé von der Mannheimer Band Irie
Revoltes. Ein Großteil der Künstler wird
auch während der Aktionstage rund
um Heiligendamm live auftreten, sie alle haben auf mögliche Gagen verzichtet.
NOWA
CD-SAMPLER, 12 € IM PLATTENLADEN
CD, FOUR MUSIC / SONY BMG
ODER UNTER WWW.MOVE-AGAINST-G8.DE
VER.DI PUBLIK 05 MAI 2007
LESEN
SPIELEN
Vom Wasser lernen
Fred Pearce: Wenn die Flüsse versiegen | Wasser und Globalisierung sind ein interessantes Paar. Leider gebären
sie nicht unbedingt eine globale Vernunft, sondern lokale Feindseligkeiten und Naturkatastrophen: Wenn sich zwischen Israelis und Palästinensern unerklärte Wasserkriege um die Aquifere (natürliches Wasserreservoir) unter dem Westjordanland
abspielen, wenn indische Bauern in großem Stil das Wasser aus ihren Reservoiren abzapfen und an Fabriken verkaufen,
wenn man den Gelben Fluss nochmals stauen will und dafür Millionen Menschen umsiedelt, wenn die
kalifornische Agrarindustrie den Colorado, die afghanischen Opiumbauern den Hilmand oder die Israelis aus Tel Aviv das Wasser des Jordan plündern – dann vor allem versiegen die Flüsse.
Der britische Wissenschaftsjournalist Fred Pearce bereist und erforscht die großen Flüsse der Welt –
Amazonas, Colorado, Rio Grande, Gelber Fluss, Nil, Ganges. Dort erkundet er die „hydraulischen Gesellschaften“, die mit Flussstauungen eher mittelfristig die Ökonomie, langfristig aber die Ökologie beeinflussen. Beispielhaft war die Neugestaltung des Industales (heute Pakistan) durch das britische Empire. Mit zahllosen Staustufen wurde im 19. Jahrhundert die traditionelle Landwirtschaft verdrängt und
durch ein komplett neues Wirtschafts- und Sozialsystem ersetzt. Ein Musterfall für den globalisierten
Zugriff auf die Flüsse, schließlich ging es – wie heute beim Aralsee in Usbekistan – um den Anbau von
exportfähigen Produkten. Wasser kann auch abstrakt sein – im Kilo Kaffee etwa stecken 20 000 Liter
Wasser, Pearce nennt es virtuelles Wasser. Damit sind wir also direkt an der globalen Wasserverschwendung landwirtschaftlicher Monokulturen beteiligt. Schön, faszinierend
und lehrreich ist das Wasser auch, besonders wenn es rückwärts fließt wie im
Fluss Tonle Sap beim Mekong. Er bringt die laichenden Fische in die Wälder und
zu den Hunderttausenden von Waldbewohnern auf schwimmenden Dörfern, ein
ökologischer Jahreskreislauf, seit Jahrtausenden in das natürliche Wechselspiel
der Fluten integriert.
Das globale Spektrum lokaler Alternativen ist groß: Tauteiche in England, uralte
Kanaten für langsame Ableitungen aus den Bergen in Palästina oder Syrien,
Monsunsammelteiche in Indien, Nebelfänger am Atlantik oder die dynamische
Tropfenbewässerung. Pearce sieht da Impulse einer Blauen Revolution, die das
„momentan gültige Paradigma des Privatbesitzes an Ressourcen“ ablösen könnte – eine Wassermusik der Zukunft
MARTIN ZÄHRINGER
SACHBUCH, AUS DEM ENGLISCHEN VON GABRIELE GOCKEL UND BARBARA STECKHAN, KOLLEKTIV DRUCKREIF. VERLAG ANTJE KUNSTMANN 2007, 398 SEITEN, 24,90 €
Michael Degen: Mein heiliges
Land | Der Schauspieler Michael
Degen bewährt sich mit diesem
Buch zum zweiten Mal als Erzähler.
Nach dem ersten
Teil seiner Autobiographie Nicht
alle waren Mörder (über seine
Jahre im Untergrund während
der Nazizeit) berichtet er nun von seiner Suche nach
dem älteren Bruder, der schon früher nach Palästina auswanderte. Der
Vater wurde ermordet, und die Mutter schickt Michael nach Israel. Der
Bruder hat sich inzwischen verständlicherweise von Adolf zu Arié
umbenannt und hilft dem Jüngeren,
sich in dem neuen Staat mit seinen
neuen Regeln zurechtzufinden und
die fremde Sprache zu lernen. Denn
Degen will unbedingt Schauspieler
werden, und auch das schwierige
Hebräisch kann ihn nicht aufhalten.
Dumm ist nur, dass der deutsche
Akzent beim Publikum nicht gut ankommt. Eine besonders wichtige
und rührende Figur ist der hundertjährige, fromme und lebensweise
Großonkel, der ein paar Jahre unterschlägt, weil er fürchtet, beim Erreichen des biblischen Alters sonst von
Gott abberufen zu werden. Ein
abenteuerliches und zu Herzen gehendes Buch.
KLIX
ROWOHLT BERLIN, 2007, 315 SEITEN,
Heidi Rehn: Blutige Hände |
Lohndumping, Belegschaftserpressung, Verarmung durch Arbeitslosigkeit, Streiks, prekäre Beschäftigung:
Diese höchst aktuellen Probleme
sind zwar lebendigstes 19. Jahrhundert, bislang
aber kaum ein
Thema für Krimis.
Nun wählt die
Münchner Historikerin Rehn in ihrem
vierten Roman den vierwöchigen
Streik von mehreren hundert Münchner Schneidergehilfen im April 1870
als Hintergrund für ihre Geschichte
über den Mord an einem Nähmaschinenhändler, der standesgemäß mit einer Schneiderschere verübt wird. Der
Fall ist zwar erfunden, das Milieu, der
Streik, die Versammlungen und auch
einige der auftretenden Arbeiterführer
aber sind historisch belegt. Rehn schildert die miesen Lebens- und Arbeitsbedingungen der Streikenden und ihrer Frauen und Kinder bis ins kleinste
Detail authentisch. Während man die
Ermittlungen des Polizeioffizianten Severin Thiel verfolgt und den Tuberkulosetod eines armen Schneidergesellen bedauert, lernt man eine Menge
über die frühe Frauenbewegung, die
Anfänge der Gewerkschaftsbewegung
oder die bayerische Sozialdemokratie
vor 135 Jahren. Bei manchen Reden
der Arbeiterführer fühlt man sich ganz
vertraut im Hier und Jetzt.
U.L.
19,90 €
EMONS, 330 SEITEN, 11 €
K U L T U R B E U T E L 19
FOTOS: PROMO, VERLEIH, RITTERBACH / VARIO-IMAGES
Gift Trap | Warum nur bekomme
immer ich so einen Mist geschenkt,
wo ich doch so passende Geschenke
mache und so leicht zu beschenken
bin. Schauen wir
uns das mal an
bei einer Runde
Gift Trap. Wir beschenken uns gegenseitig, indem
wir aus verschiedenen Geschenken auf Karten jedem von uns verdeckt eines zuteilen. Außerdem legen
wir geheim fest, was wir am liebsten
und was wir überhaupt nicht haben
möchten. Dann wird gewertet, und
Punkte gibt’s, wenn unsere Geschenke erwünscht sind und wenn wir das
bekommen, was wir am liebsten hätten. Die Geschenke sind in vier Preisklassen eingeteilt. Nehme ich nun
lieber ein Bankkonto in der Schweiz
oder eine Fettabsaugung? Und wem
schenke ich was? Nachdenken müssen
wir ein bisschen, uns einfühlen, aber
lustig ist’s, wir lachen und meckern
und wundern uns manchmal. Wer die
meisten Punkte hat, gewinnt.
TIRI
STEIN-THOMPSON GAMES, DREI BIS ACHT
PERSONEN AB 13 JAHREN, ETWA 26 €
Guatemala Café | Öffnet man den
Spielkarton, entweicht schon der
Duft von Kaffeebohnen. Die Spieler
werden nach Guatemala getragen,
wo in mühsamer Handarbeit die roten Früchte geerntet, deren kostbare
Kerne auf Schiffe geladen und in alle
Welt verschifft werden. Geröstet
wird dann in den deutschen Hafenstädten, aber vereinzelt auch schon
im Herstellerland. Dies schafft Arbeit
und einen höheren Verdienst. Bevor
man ihn jedoch genießen kann, müssen Plantagen angelegt, Arbeiterinnen eingestellt und Straßen zum HaANZEIGE
fen an der Küste gebaut werden.
Dort warten die Schiffe auf die verschiedenen Kaffeesorten, welche in
Ihrem Wert schwanken und man daher nicht weiß,
wie groß der Gewinn sein wird.
Die anderen Plantagenbesitzer
können dabei
hilfreiche Nachbarn oder auch
TARA
harte Konkurrenten sein.
INKA & MARKUS BRAND, EGGERT SPIELE
2-4 PERS. AB ZEHN J., DAUER CA. 60
MIN., CA. 32 €
Kunstmarkt | Auf stabilen Bildkarten sind Gemälde von 48 verschiedenen Künstlern abgebildet. Das erste
trägt den Namen Verkündung und
wurde 1450 von Dierick Bouts gemalt. Das letzte Werk Rote Gestalt,
stehend wurde von Oskar Koller im
Jahr 2003 fertiggestellt und ist im
Privatbesitz. Zu jedem Gemälde gibt
es zusätzliche Informationen zur Art,
dem Bekanntheitsgrad und Größe in
Quadratmetern. Als Kunsthändler
kaufen wir Gemälde an und stellen
diese zum Verkauf in unserer Galerie
aus. Die Kunden sind recht wählerisch, und in der Galerie wird auch
nicht um Preise gefeilscht. Wenn der
Kunde ein tolles Bild gefunden hat,
dann kauft er
dies unabhängig
vom Preis. Ein sowohl taktisches
Handelsspiel, wie
auch ein Rundgang durch 550
Jahre Kunstgeschichte.
TARA
VON FRANZ-BENNO DELONGE, PRESTEL
V., 3-5 PERS. AB ZEHN J., CA. 45 MIN.,
25 €

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