Schimmelpilze in Wohnräumen – Instandsetzungsmöglichkeiten

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Schimmelpilze in Wohnräumen – Instandsetzungsmöglichkeiten
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Schimmelpilze in Wohnräumen,
Instandsetzungsmöglichkeiten
Einleitung:
Über das Thema „Schimmelpilze in Wohnräumen“ sind in letzter Zeit viele Veröffentlichungen in Fachzeitschriften erschienen. Gründe dafür sind sicher zum
Einen das vermehrte Auftreten von Schadensfällen, so gibt es Aussagen des
Umweltbundesamtes und diverser Verbraucherzentralen, dass zumindest in
jeder dritten Wohnung eine akute Schimmelpilzproblematik vorliegt und dies
mit zunehmender Tendenz. Zum Anderen verdoppelt sich die Anzahl der Allergieerkrankungen in Deutschland ca. alle 10 bis 15 Jahre, wobei derzeit
schon knapp 10. Mio. Deutsche mit Schimmelpilzallergien zu kämpfen haben.
In diesem Beitrag soll nun Grundsätzliches über Schimmelbefall ausgesagt und
speziell Instandsetzungsmöglichkeiten vorgestellt und miteinander verglichen
werden.
Grundsätzliches zu Ursachen schimmelbefallener Wohnräume:
Um einen Schimmelbefall in Wohnräumen dauerhaft zu beseitigen bzw. zu
verhindern, gilt es zunächst dessen Ursachen zu erkennen, um diese dann gezielt bekämpfen zu können. Man unterscheidet hierbei zwischen den Primärursachen (bauliche und/oder konstruktive Mängel) und den Sekundärursachen
(Lüftungs- und/oder Heizverhalten der Bewohner). Zu den Primärursachen
zählen z.B. eine nicht vorhandene oder funktionsfähige Horizontal- und/oder
Vertikalabdichtung, das Auftreten eines Leitungswasserschadens, das Vorhandensein so genannter Wärmebrücken in Bauteilbereichen, in denen material- oder konstruktionsbedingt ein höherer Wärmefluss stattfindet, als in den
angrenzenden Bereichen oder aber auch unzureichend abgetrocknete
Neubaufeuchte bzw. Feuchte, die im Zuge von Sanierungsmaßnahmen in das
Gebäude eingebracht worden ist. Zu den Sekundärursachen zählen mangelndes oder fehlerhaftes Lüftungs- und/oder Heizverhalten der Bewohner.
Ganz allgemein übernimmt die Wohnungslüftung die Aufgaben, verbrauchte
Luft gegen sauerstoffreiche Luft zu ersetzen und die im Raum erhöhte Feuchtigkeit nach Außen abzuführen. Für den Abtransport dieser erhöhten Feuchtigkeit lassen sich folgende Regeln aufstellen:
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Grundsätzlich sollte pro Tag öfters gelüftet werden und zwar mindestens
drei- bis viermal. Wichtig ist das Abführen von Feuchtigkeit, die durch
Personen aber auch Pflanzen in der Nachtzeit angefallenen ist.
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Größere Feuchtigkeitsmengen, wie sie z.B. beim Kochen anfallen, sollten sofort abgeführt werden (Lüften während des Kochens bzw. Einschalten des Dunstabzugs).
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In Bädern sollte nach dem Duschen oder Baden die angefallene
Feuchtigkeit durch mehrmaliges Stoßlüften oder längere Spaltlüftung
abgeführt werden. Zusätzlich ist es ratsam, sichtbaren Tauwasserniederschlag an Wandfliesen abzuwischen, denn die so entfernte Feuchtigkeit
muss nicht mehr durch Verdunstung oder Lüftung abgeführt werden.
Dipl.-Ing. (FH) Ralf Weber
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Die Türen zu weniger beheizten Räumen (z.B. Schlafzimmern) sollten bei
Feuchteaufkommen geschlossen bleiben, damit sich keine feuchte Luft
an kalten Wänden niederschlagen kann.
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Die häufig bevorzugte Lüftungsart, die Fenster zu kippen, führt dazu,
dass die Luftumwälzung im Raum wesentlich langsamer vonstatten
geht, als beispielsweise bei der Quer- oder Stoßlüftung. Dies wiederum
hat zur Folge, dass einerseits die Energieverluste größer sind als bei anderen Lüftungsarten und andererseits die Oberflächen durch die längeren Lüftungszeiten wesentlich mehr auskühlen und damit die Gefahr der
Tauwasserbildung erhöht wird. Mittels Querlüftung, bei der gegenüberliegende Fenster und Türen ganz geöffnet werden, um einen entsprechenden Durchzug zu ermöglichen, kann die Raumluft energiesparend
und in kurzer Zeit ausgetauscht werden.
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Die Dauer der Belüftung hängt von der Außentemperatur ab, je kälter
es draußen ist, desto kürzer sollte gelüftet werden. Der Belüftungsvorgang sollte mindestens 10 bis 15 Minuten dauern.
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Bei längerer Abwesenheit der Bewohner sollten zumindest die Innentüren offen gehalten werden, damit noch vorhandene Feuchte aus z.B.
Küche und Bad gleichmäßig über alle Räume verteilt wird.
Auch für das Einhalten bauphysikalisch günstiger Raumluft- und Wandoberflächentemperaturen lassen sich einige Grundregeln aufstellen:
Grundsätzlich sollten die Unterschiede der Raumlufttemperaturen innerhalb
einer Wohnung nicht größer als etwa 4°C sein. Häufig bevorzugen Bewohner
eine geringe Lufttemperatur in Schlafzimmern. Die Folge ist, dass auch die
Wandoberflächentemperaturen gering sind und durch die nächtlichen Ausdunstungen der Bewohner die relative Luftfeuchtigkeit stark ansteigt, die sich
dann als Kondensat an den ausgekühlten Wandoberflächen niederschlägt
und das Schimmelwachstum zur Folge haben kann. Weitere Richtwerte sagen aus, dass die Wandoberflächentemperaturen nicht mehr als ca. 4 °C unter den Raumlufttemperaturen liegen sollten und die relative Luftfeuchtigkeit
in Wohnungen dauerhaft 65% nicht überschreiten sollte. Diese Werte können
mit relativ preisgünstigen Messgeräten (Hygrometer, Thermometer) überprüft
werden. Jeder Raum sollte seiner Nutzung entsprechend beheizt werden, als
Richtwerte gelten für Wohnräume ca. 20°C – 22°C und für Schlafräume etwa
18°C.
Instandsetzungsmöglichkeiten schimmelbefallener Wohnräume:
Das nachträgliche Anbringen einer Wärmedämmung an der Fassade so wie
das Einbringen einer Horizontal- bzw. Vertikalabdichtung sind natürlich gängige und häufig unabdingbare Methoden, wärme- und/oder feuchtebedingte
Probleme an Gebäuden in den Griff zu bekommen.
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Da wir in der Praxis jedoch auch
häufig erleben, dass Schimmelbefall in
Wohnungen nur in sehr begrenzten und kleinflächigen Bereichen wie geometrischen oder konstruktiven Wärmebrücken auftritt, sollen hier Möglichkeiten aufgezeigt werden, wie oftmals durch relativ einfache und kostengünstige flankierende Maßnahmen eine Lösung des Problems herbeigeführt werden kann. Im Folgenden sollen einige dieser Maßnahmen vorgestellt und erläutert werden.
Erhöhung der Wandoberflächentemperatur durch den Einbau einer Sockelleistenheizung:
Hierbei werden die gefährdeten Wandbereiche über eine partiell zu installierende Sockelleistenheizung, die z.B. als Warmwasser- oder Elektroheizung ausgelegt wird und mit dem vorhandenen Heizsystem kombiniert werden kann,
beheizt. Durch diese Niedrigtemperaturheizung erfolgt eine Erhöhung der
Wandtemperatur, weil die im Sockelbereich erwärmte Luft durch Konvektion
nach Oben strömt und die Wandflächen beheizt. Die dann wenige °C wärmeren Oberflächen reichen in vielen Fällen aus, um das Schimmelpilzwachstum einzustellen. Die Heizungsröhrchen stören optisch nicht, denn sie sind in
den Sockelleisten verlegt, die an der Oberseite geschlitzt sind, um den ungestörten Wärmefluss nach Oben zu gewährleisten.
Einbau einer Wandflächenheizung bzw. Heizmatte:
Hierbei werden die gefährdeten Wandbereiche über so genannte Wandflächenheizungen oder Heizmatten beheizt. Es kommt es zu einer gleichmäßigen
Erhöhung der Oberflächentemperaturen in der gesamten Wandfläche. Heizmatten können unter dem Putz verlegt werden und lassen sich auch kleineren
Teilbereichen (z.B. Außenwandeckbereichen) installieren. Für den Betrieb
kann durch eine zusätzliche Regeltechnik eine Mindestwandtemperatur von
z.B. 15°C vorgegeben werden. Als Stromanschluss werden 230 V benötigt. Das
System kann also an das vorhandene Netz angeschlossen werden.
Vergleich Calciumsilikatplatten mit Schimmel- Sanierputz- Systemen:
Bereits seit mehreren Jahren werden bei der Instandsetzung feuchte- und
schimmelbelasteter Wohnräume Calciumsilikatplatten eingesetzt. Eine Neuentwicklung stellen jetzt die sogenannten Schimmelsanierputz- Systeme dar.
Im Folgenden sollen diese beiden Varianten verglichen und die jeweiligen
Vor- und Nachteile aufgezeigt werden.
Bei den Calciumsilikatplatten handelt es sich um einen Werkstoff, der aus den
Rohstoffen Kalk, Feinsand, Zellstoff und Wasser besteht. Das eigentliche Calciumsilikat wird unter hohem Wasserdampfdruck über mehrere Stunden hinweg
erzeugt, also durch hydrothermale Härtung erzeugt (ähnlich wie Kalksandsteine oder Porenbeton). Die Platten erhalten ihre feinporige, offene Struktur, die
zu einer hohen kapillaren Saugfähigkeit und einem großen Wasseraufnahmevermögen sowie wärmedämmenden Eigenschaften führt. Im Handel sind diese Platten häufig unter der Bezeichnung „Klimaplatten“ zu finden.
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Sie werden von verschiedenen
Herstellern angeboten und sind in
unterschiedlichen Abmessungen erhältlich. Doch hier ist bereits ein großer
Nachteil der Calciumsilikatplatten zu sehen. Grundsätzlich ist es natürlich bei
einer Teilsanierung von großem Vorteil, wenn man mit flexiblen Schichtdicken
arbeiten kann, so z.B. wenn nur in Teilbereichen, wie etwa in häufig schimmelbelasteten Außenwandecken (geometrische Wärmebrücken), der Altputz
entfernt wird und erneuert bzw. ersetzt werden soll. Bei solchen Teilsanierungen richtet sich die Dicke der neu aufzubringenden Schicht nach der Dicke
des vorhandenen Wandaufbaus und ist deshalb mit den starren Abmessungen der Calciumsilikatplatten meist problematisch umzusetzen. Gerade auch
im Bereich von Fenster- und Türlaibungen sowie Heizungsnischen, die ebenfalls bauphysikalische Schwachstellen darstellen und häufig einer Sanierung
bedürfen, ist eine flexible Schichtdicke von großem Vorteil, da man sich bei
den geplanten Maßnahmen am Bestand zu orientieren hat. Manche Hersteller sind sich dieses Problems bewusst und bieten z.B. für den Anschluss an Decken und innenliegenden Trennwänden keilförmige Platten an, die an der
Breitseite der Platten von einigen Zentimetern auf wenige Millimeter auslaufen. Die Wärmeleitfähigkeit λ, die angibt wie viel Wärme in Watt bei 1 K Temperaturdifferenz durch 1m² eines 1m dicken Stoffes transportiert wird, geben
die führenden Hersteller von Calciumsilikatplatten mit durchschnittlich 0,06 –
0,07 W/mK an. Dieser Wert der Wärmeleitfähigkeit ist in etwa halb so hoch als
bei den Schimmelsanierputzen. Die aus feuchtetechnischer Sicht wichtige
Wasserdampfdiffusionswiderstandszahl μ liegt bei den Calciumsilikatplatten im
Bereich von 6 bis 9 und bei den Schimmelsanierputzen bei 5 bis 8. Die Rohdichte beträgt bei den gängigen Klimaplatten durchschnittlich etwa 300
kg/m³ und liegt bei den Schimmelsanierputzen bei ca. 450 kg/m³. Die über
die Menge an gasförmiger Wasserdampfaufnahme und -abgabe entscheidende Porosität beträgt bei den Platten 80 bis 90 Vol.-% und wird von den
Schimmelsanierputzherstellern mit ca. 80 Vol.-% angegeben. Ein in diesem Zusammenhang weiterer wichtiger Kennwert ist der pH- Wert eines Baustoffes.
Besitzt ein Baustoff nämlich einen hohen pH- Wert (ist er also hochalkalisch), so
schützt er sich durch sein Alkalidepot selbst vor einem Schimmelbefall. Der pHWert liegt bei den Calciumsilikatplatten in einem Bereich von etwa 7 bis 10
und bei den auf dem Markt befindlichen Schimmelsanierputzen bei 12 bis 13.
Die Sorptionseigenschaften, also die Fähigkeit eines Baustoffs, Wasserdampf
aus der Umgebung aufzunehmen (Absorption) und in trockeneren Perioden
wieder an die Raumluft abzugeben (Desorption) sind bei beiden Varianten als
sehr gut einzustufen. In der folgenden Tabelle werden einige wichtige Kenndaten der beiden Instandsetzungsmöglichkeiten miteinander verglichen.
Tabelle 1:
Produkt
Ca-SiPlatten
Schimmelsanierputze
Vergleich (bau)physikalischer Kenndaten von Calcium- Silikatplatten und Schimmelsanierputzen
Wasserdampfdiffusi- Porosität
onswiderstandszahl μ [Vol.-%]
Wärmeleitfähigkeit λ [W/mK]
pHWert
Rohdichte δ
[kg/m³]
7-10
~ 300
6-9
80-90
0,06-0,07
12-13
450
5-8
80
~ 0,12
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Verarbeitung der Calciumsilikatplatten:
Die Platten werden mit dem Untergrund verklebt. Dabei ist darauf zu achten,
dass der Untergrund zum Einen sauber und tragfähig ist und dass zum Anderen etwaige Wandunebenheiten mit einem entsprechenden Innenputz vorgeglättet werden. Es ist unbedingt eine vollflächige Verklebung mit dem Untergrund vorzunehmen und nicht die von manchen Herstellern in Betracht gezogene Punkt- Wulst- Methode anzuwenden. Bleibt nämlich nach dem Aufbringen der Platten zwischen Untergrund und Platten eine Luftschicht bestehen, wäre dies aus bauphysikalischer Sicht fatal, denn dann könnte diese
Schicht durch warme, feuchte Innenraumluft hinterströmt werden und sich
somit Wasserdampf an der kalten Wandinnenfläche niederschlagen, womit
wiederum eine Voraussetzung für Schimmelwachstum gegeben wäre. Aus
diesem Grund ist auch unbedingt dafür zu sorgen, dass die Plattenfugen
(Stoßkanten) sorgfältig verklebt werden. Die Oberflächengestaltung kann mit
zum System gehörigen Innenputzen oder nach Aufbringen einer Glättspachtelschicht mit einer Silikatfarbe erfolgen.
Verarbeitung des Schimmelsanierputz- Systems:
Das Schimmelsanierputz- System besteht aus mehreren Komponenten. Zunächst wird durch das Aufbringen einer Spezialgrundierung dafür gesorgt,
dass Schimmelpilze zum Einen durch die hohe Alkalität der Grundierung abgetötet und Schimmelpilzsporen durch Verfestigung der Oberfläche gebunden werden. Dies führt beim Entfernen (Abschlagen) des kontaminierten Altputzes dazu, dass es zu einer deutlichen Reduktion der Schimmelpilzsporenkonzentration in der Raumluft kommt und somit ein sichereres Arbeiten gewährleistet werden kann. Bei dem eigentlichen Schimmelsanierputz handelt
es sich um einen sulfatbeständigen Leichtputz, der eine hohe kapillare Leitfähigkeit und ein hohes Wasserspeichervermögen besitzt. Er kann einlagig in
Schichten von 20 mm bis 50 mm aufgetragen werden. Bei Schichtdicken über
50 mm ist zweilagig zu arbeiten und die erste Lage aufgrund einer besseren
Verkrallung der Oberflächen aufzurauen. Zur Erstellung feiner, geschlossener
und anstrichfähiger Putzflächen dient ein hydraulisch erhärtender Feinspachtel, der zum Abglätten auf den Schimmelsanierputz aufgebracht wird. Als
Endbeschichtung wird eine Schimmelsanierfarbe eingesetzt, die eine hohe
Alkalität und Wasserdampfdurchlässigkeit besitzt.
Zusammenfassung:
Die relativ neu auf dem Markt befindlichen Schimmelsanierputz- Systeme stellen bei der Schimmelpilzbekämpfung eine echte Alternative zu den bereits
etablierten Calciumsilikatplatten dar. Nachteilig wirkt sich bei den Putzsystemen deren lange Verarbeitungszyklen und schlechtere Wärmeleitfähigkeit
aus. Diesen Nachteilen stehen aber mit der variablen Schichtdicke, der höheren Alkalität (also größeren Resistenz gegen Schimmelwachstum) und dem
Vermeiden von Stoßfugen nicht zu verachtende Vorteile gegenüber. Außerdem entfallen beim Einsatz der Putzsysteme natürlich Schneide- und SägearDipl.-Ing. (FH) Ralf Weber
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beiten und es müssen somit keine
Maßnahmen gegen die bei der
Plattenbearbeitung freiwerdenden Stäube getroffen werden. Vergleicht man
das Preisniveau der beiden angesprochenen Varianten, liegt der Einsatz der
Schimmelsanierputze in einem mittleren Preissegment zwischen einfachen Anstrichen und der Verwendung von Calciumsilikatplatten.
Dipl.-Ing. (FH) Ralf Weber
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