Tierarztrechnungen – und was steck dahinter
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Tierarztrechnungen – und was steck dahinter
Dr. M. Trah Tierarztrechnungen – und was dahinter steckt Seit es den tierärztlichen Berufsstand gibt, gibt es Diskussionen um tierärztliche Honorare. In der letzten Zeit vermehrt, da in fast allen einschlägigen Fachzeitschriften (Hunde-, Katzen- und Pferdezeitschriften) die tierärztlichen Gebühren diskutiert werden. Im Sinne der Transparenz tierärztlichen Handelns und dem Recht des Kunden auf Information wird dies auch von der Bundestierärztekammer unterstützt. Kundenbroschüren zur tierärztlichen Gebührenordnung („Tierärztliche Gebühren transparent gemacht“) sind beim Bundesverband Praktischer Tierärzte erhältlich. Die Gebührenordnung für Tierärzte (GOT) Die Gebührenordnung für Tierärzte ist - wie die der Ärzte und Zahnärzte – eine vom Bund herausgegebene Rechtsverordnung, die für alle Tierärzte bindend ist. Derzeit gilt die GOT vom 28.Juli 1999. Sie umfasst rund 800 Positionen für tierärztliche Leistungen, aufgegliedert in einzelne Leistungen und aufgegliedert für die wichtigsten Haus- und Nutztiere. Dass ein solcher Leistungskatalog nicht alle Leistungen einschließen kann und dass er ebenfalls nicht alle möglichen zur Behandlung vorgestellten Patienten auflisten kann, ist offensichtlich. In diesen Fällen kommt der § 7 zum Tragen. § 7 Außerordentliche Leistungen Bei Leistungen, die in der Gebührenordnung nicht aufgeführt sind, richten sich die Gebühren nach den Gebührensätzen, die für gleichwertige Leistungen gewährt werden, wobei insbesondere Schwierigkeit und erforderlicher zeitlicher und technischer Aufwand zu berücksichtigen sind. Die GOT beschränkt sich in der Auflistung der einzelnen Tierarten auf die Tierarten, die üblicherweise in der tierärztlichen Praxis vorgestellt werden. Exoten und andere außergewöhnliche Patienten werden in einzelnen allgemeinen Positionen unter Sammelbegriffen wie z.B. Wildtiere/Zootiere oder Heimtiere zusammengefasst. In der Regel muss für diese Tiere bei speziellen Leistungen der §7 zur Anwendung gebracht werden, da Einzelleistungen nur schwer zu definieren sind und daher in der Regel auch nicht aufgelistet sind. Als Beispiel sei hier die Nummer G5 der Gebührenordnung erwähnt: Kastration und Sterilisation. Es ist nachvollziehbar, dass gerade bei dieser Leistung jede Tierart einzeln aufgeführt werden müsste, auf Grund der unterschiedlichsten anatomischen Verhältnisse und des dadurch bedingten unterschiedlichsten Aufwandes. Dies würde den Rahmen einer Gebührenordnung sprengen. Was darf ein Tierarzt berechnen ? Nach der Gebührenordnung darf ein Tierarzt liquidieren: - Gebühren nach der Gebührenordnung, wobei je nach Umständen der einfache bis maximal 3-fache Satz erhoben werden darf. Jede Unter- oder Überschreitung bedarf einer gesonderten schriftlichen Vereinbarung, die - vor der Erbringung der Leistung zu treffen ist. Je nach Lage des Falles kann auch zusätzlich eine Zeitgebühr berechnet werden (z.B. zeitintensive Behandlung auf der Weide, fehlende Hilfestellung etc.) Entschädigungen: Reise und Wegekosten Entgelte für Verbrauchsmaterialien und Arzneimittel nach der Arzneimittelpreisverordnung Barauslagen Dabei ist zu beachten, dass die GOT lediglich Einzelpositionen benennt und keine Gesamtpreise. So beschreibt die Position der Kastration lediglich den operativen Eingriff, nicht aber die dazu nötigen Voruntersuchungen, die Narkose und sonstige Tätigkeiten. Die in der GOT genannten Gebühren sind Nettogebühren zuzüglich der geltenden Mehrwertsteuer. Zudem richtet sich die Gebühr (Faktor) nach: - Schwierigkeit der Leistung wie Komplikationen, Besonderheiten einer seltenen Tierart etc. - dem über das normale Maß hinausgehenden Zeitaufwand - dem Wert des Tieres, soweit es einen zusätzlichen, das normale Maß überschreitenden Aufwand für besondere Sorgfaltspflicht bedarf und es einer besonders hohen Haftpflichtversicherung bedarf. - den örtlichen Verhältnissen, sowie - dem Zeitpunkt der Erbringung der Leistung (Nacht, Wochenende etc) Die GOT und Neuweltkameliden Bei der Beratung zur Gebührenordnung spielten Lamas und Alpakas noch keine Rolle in der tierärztlichen Betreuung. Die Rechnungsstellung für die wenigen behandelten Tiere erfolgte nach der Gebührenordnung für Wild- und Zootiere und bei speziellen Leistungen nach §7 GOT und nach Einschätzung des behandelten Tierarztes. Hierbei war und ist es unerheblich, dass die Tiere finanzrechtlich als landwirtschaftliche Nutztiere anerkannt sind. Aber gerade für Neuweltkameliden beginnt hier das Dilemma und es finden sich die bisweilen unterschiedlichen Auffassungen der Tierärzte bei der Anwendung des §7 wieder. Je nach Fachgebiet des behandelten Tierarztes wurden und werden immer noch vergleichbare Leistungen der unterschiedlichsten Tiere herangezogen, was zu teilweise stark differierenden Liquidationen führt. Beispiel: 20 Allgemeine Untersuchung mit Beratung a) Pferd b) Rind f) Hund k) Wildtiere, Zootiere 15,34 EUR 10,23 EUR 10,74 EUR 18,41 EUR G5 Kastration (einfacher Satz) G 5.1 b) Pferd/Hengst, zweijährig und älter 5.2 a) Rind/Bulle 5.3 a) Hund männlich 51,13 EUR 17,90 EUR 40,90 EUR 5.6 a) Schaf/Bock über 2 Jahre 9,71 EUR Stellungnahme der Bayerischen Tierärztekammer Um diesem Dilemma ein Ende zu bereiten, hat der Verein der Züchter, Halter und Freunde von Neuweltkameliden e.V. die bayerische Tierärztekammer um eine offizielle Stellungnahme zur GOT bei Neuweltkameliden gebeten. Unter Berücksichtigung aller Faktoren, wobei insbesondere die Schwierigkeit der zu erbringenden Leistung sowie der erforderliche zeitliche und technische Aufwand berücksichtigt wurden, kommt die bayerische Tierärztekammer - auch nach Rücksprache mit praktizierenden Tierärzten, die in der Behandlung von Lamas und Alpakas Erfahrung besitzen – zu der Ansicht, dass die Leistungen am ehesten mit der Leistungserbringung am Pferd vergleichbar sind. „Aus diesem Grund empfiehlt die Bayerische Landestierärztekammer unter Bezugnahme auf §7 GOT eine analoge Anwendung der für das Pferd in der GOT niedergelegten Gebührenpositionen auf die Bewertung tierärztlicher Leistungen an Lamas und Alpakas.“ Mit dieser eindeutigen Stellungnahme einer Landestierärztekammer sollte die Unsicherheit vieler Tierärzte in der Rechnungsstellung ein Ende haben und damit auch die Diskussion bei den Tierbesitzern über gravierende Unterschiede bezüglich der Gebühren für ein und dieselbe Leistung. Beispiel einer tierärztlichen Liquidation Was muss aus einer Rechnung ersichtlich sein: - Datum der Erbringung der Leistung - Tierart (Name), für die die Leistung erbracht worden ist - Diagnose (Auftrag) - berechnete Leistung (auf Wunsch detailliert nach GOT) - Rechnungsbetrag - Umsatzsteuer Bei der Rechnungsstellung kann, besonders bei der Erbringung definierter Leistungen wie z.B. einer Kastration, durchaus auf die Auflistung der einzelnen Gebühren verzichtet werden. Diese sind aber auf Wunsch aufzulisten. Im einzelnen ergibt sich bei einfachem Gebührensatz (Stand 1999 !) als Beispiel: Für die Kastration eines Lamahengstes (..Name..) am --.--.---- erlaube ich mir zu berechnen: 130.-- € zzgl 16% MwSt 20,80 € -----------------150,80 € zzgl anteilige Wegegebühr ….. km à 2,05 € zzgl 16% MwSt ----------------Endbetrag ....................... oder aber es erfolgt eine detaillierte Kostenaufstellung: Für die Kastration eines Lamahengstes (..Name..) am --.--.---- erlaube ich mir zu berechnen: GOT Leistung Betrag (€) 20a Z 4.3 a G 5.1 b 504 Allgemeine Untersuchung mit Beratung Injektionsnarkose Kastration 2 Injektionen à 4,60 (Antibiotikum und Narkoseantagonist) angewandte Medikamente ca. Verbrauchsmaterialien ca. (Wegegeld anteilig à 2,05 €/Doppelkilometer 15,34 30,68 51,13 9,20 16% MwSt Endbetrag 20,00 5,00 .........) -------131,35 21,02 -------152,37 €