lizenz zum fischen

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lizenz zum fischen
LIZENZ ZUM FISCHEN
Fischereien im Wandel – 10 Jahre MSC-Zertifizierung
Inhalt
Mitteilung des Geschäftsführers
Meere im Wandel: Zehn Jahre Marine Stewardship Council
MSC-zertifizierte Fischereien rund um den Globus
03
04
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· Languste Westaustralien
· Hering Themse, Großbritannien
· Wildlachs Alaska
· Hoki Neuseeland
· Herzmuscheln Burry Inlet, Großbritannien
· Makrele Cornwall, Großbritannien
· Kaisergranat Loch Torridon, Großbritannien
· Schwarzer Seehecht Südgeorgien
· Seehecht Südafrika
· Languste Baja California, Mexiko
· Alaska Seelachs Beringsee, Aleuten und Golf von Alaska, USA
· Seezunge, Hering und Makrele Hastings, Großbritannien
· Kabeljau Beringsee und Aleuten, USA
· Bändereisfisch Australien
· Heilbutt Nordpazifik, USA
· Hering Nordsee, Deutschland, Frankreich, Großbritannien,
Holland, Irland, Litauen
· Kohlenfisch Nordpazifik, USA
· Zander See Hjälmaren, Schweden
· Kammmuscheln Patagonien
· Weißer Thunfisch Nord- und Südpazifik, USA
· Wolfsbarsch Großbritannien
· Tiefseegarnele Oregon, USA
· Hering Nordsee, Schweden
· Barsch, Meeräsche, Adlerfisch, Herzmuscheln
verschiedene Seen und Coorong, Australien
· Seelachs Nordsee und Nordostarktis, Norwegen
· Hering Nordsee, Großbritannien
· Tiefseegarnele Atlantik, nördlicher Golf von St. Lawrence,
Esquiman Kanal, Kanada
· Kurzschwanzkrebs und Flunder Japan
· Tiefseegarnele Golf von St. Lawrence, Kanada
· Seelachs Nordsee, Deutschland
· Makrele Nordostatlantik und Nordsee, Großbritannien
· Kabeljau und Schellfisch Nordostarktis, Norwegen
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Titelfoto: Makrele (Cornwall, Großbritannien) © John Spaul;
Seehecht (Südafrika) © John White / MSC;
Weißer Thunfisch (Nord- und Südpazifik, USA) © Fishes Holding BV;
Heilbutt (Nordpazifik, USA) © Peter Thompson;
Kabeljau und Schellfisch (Nordostarktis, Norwegen) © Alice Blålid;
Wildlachs (Alaska, USA) © Chris Arend Photography; Languste (Baja California, Mexiko).
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Mitteilung des Geschäftsführers
ermächtigt Verbraucher, mit Hilfe des
MSC-Siegels eine umweltbewusste
Wahl zu treffen. Im Jahr 1999 wurde
der MSC zu einer unabhängig agierenden, internationalen und gemeinnützigen Einrichtung.
Im Jahr 2009 feierte der MSC unter
dem Motto „Partnerschaft und
Fortschritt“ sein zehnjähriges Bestehen.
Ein ganzes Jahrzehnt ist vergangen
seit sich die ersten Fischereien dem
MSC-Programm anschlossen. Zu diesem Anlass präsentieren wir Ihnen die
vorliegende Broschüre. Sie würdigt
und feiert die Erfolge MSC-zertifizierter
Fischereien und erzählt deren
Geschichten in ihren eigenen Worten.
Der MSC kann auf eine beeindruckende
Entwicklung zurückblicken. Sie nahm
ihren Anfang, als WWF und Unilever
nach dem Zusammenbruch der
Kabeljau-Fischerei der Neufundlandbank zusammen kamen, um mit vereinten Kräften ein im Markt verankertes
Programm zur Förderung nachhaltiger
Fischerei zu gründen. Beide Organisationen sorgten sich um die
Gesundheit und Ertragsfähigkeit unserer Meere und um die Nachhaltigkeit
der künftigen Versorgung mit Fisch
und Meeresfrüchten. Der MSC wurde
als marktgestütztes Zertifizierungsund Kennzeichnungs-Programm ins
Leben gerufen, das Anerkennung für
umweltverträglich und nachhaltig
geführte Fischereien schafft. Es
Zehn Jahre später zeigt sich, dass die
steigende Nachfrage nach Fisch und
Meeresfrüchten aus glaubwürdiger
zertifizierter Herkunft positive Impulse
für einen Wandel in der Art und Weise
liefert, wie unsere Ozeane befischt
werden. Heute sind rund um den
Globus mehr als 150 Fischereien Teil
des MSC-Programms. Gemeinsam
landen sie über sechs Millionen Tonnen
Fisch und Meeresfrüchte an – rund 7
Prozent des weltweiten Fangs für den
menschlichen Verzehr.
Der MSC ist den 42 in dieser Broschüre
vorgestellten Fischereien zu tiefem
Dank verpflichtet. Sie hatten den Mut,
das Engagement und den Weitblick,
sich dem damals noch jungen und im
Aufbau befindlichen Programm anzuschließen und haben das Angebot
geschaffen, von dem eine rasant wachsende Nachfrage nach zertifizierter
nachhaltiger Ware abhängt. Unser
besonderer Dank gilt auch den zahlreichen Unternehmen rund um den
Globus, die Nachhaltigkeitsaspekte in
ihre Beschaffungsrichtlinien für Fisch
und Meeresfrüchte integriert haben.
Der Wert des Marktes für MSCzertifizierten Fisch wird derzeit auf über
1,5 Milliarden US-Dollar geschätzt und
mehr als 2.500 Artikel in 52 Ländern
tragen das MSC-Siegel.
Ich danke allen Individuen und
Organisationen, die geholfen haben,
den MSC zu etablieren. Auch die wich-
tige Rolle unserer Förderer, die den
MSC seit mehr als einem Jahrzehnt
finanziell unterstützen, möchte ich an
dieser Stelle betonen. Die von ihnen
bereitgestellten Mittel haben den
Aufbau von Partnerschaften und
Arbeitsgruppen ermöglicht – ein wichtiger Grundbaustein für den Erfolg und
den heutigen Einfluss unseres
Programms. Unser Dank gilt auch den
NGOs, die sich für den Schutz der
Weltmeere einsetzen, sowie Vertretern
aus der Wissenschaft. Sie haben einen
großen Beitrag zur Glaubwürdigkeit
des MSC-Standards für umweltverträgliche und nachhaltige Fischerei
geleistet.
Die folgenden Seiten zeigen, dass es
allen Grund zum Feiern gibt. Doch es
bleibt viel zu tun, wenn unsere Ozeane
intakt und produktiv bleiben sollen. Wir
freuen uns darauf, gemeinsam mit
unseren Partnern auf den Erfolgen dieses ersten Jahrzehnts aufzubauen,
damit unsere Vision Wirklichkeit wird:
Ozeane, in denen marines Leben
wächst und gedeiht und deren
Ertragsfähigkeit für die heutige wie für
künftige Generationen gesichert ist.
Rupert Howes
Geschäftsführer, im September 2009
3
Meere im Wandel: Zehn Jahre Marine Stewardship Council
von Andrew Purvis
SEIT sich 1999 die ersten Fischereien dem
damals noch in den Kinderschuhen steckenden Programm anschlossen, hat der
Marine Stewardship Council (MSC) dazu
beigetragen, die öffentliche Aufmerksamkeit
auf eine bemerkenswerte und nachhaltige
Ressource zu lenken. Zehn Jahre nach seiner Gründung sind mehr als 2.000 Produkte
und fast 2,5 Millionen Tonnen Fisch aus
nachhaltiger Herkunft mit dem Öko-Siegel
des MSC gekennzeichnet. Doch hinter dem
blauen Symbol verbergen sich weltweit
Männer und Frauen in MSC-zertifizierten
Fischereien, die diese Entwicklung durch
tägliches vorbildhaftes Verhalten erst
ermöglicht haben. Sie wissen so ziemlich
alles, was es über ein nachhaltiges
Management von Fischereien zu wissen gibt.
Mit dieser Broschüre anlässlich des zehnten Jubiläums des MSC wird dieser
Ressource gewürdigt. Um zu erfahren, auf
welche Weise das MSC-Programm
Fangbetrieben zehn Jahre nach seiner
Gründung hilft, habe ich Fischer und
Fischereiorganisationen gebeten, ihre MSCGeschichte in ihren eigenen Worten zu
erzählen. Hat die Zertifizierung ihr
Versprechen gehalten? Brachte sie klare
wirtschaftliche
Vorteile?
Konnten
Fangbetriebe mit dem blauen Öko-Label
höhere Erzeugerpreise erzielen? Hat die
MSC-Zertifizierung Fischern geholfen, neue
Märkte zu erschließen oder alte Märkte zu
behaupten? Ich wollte ebenfalls herausfinden, ob es messbare Gewinne für die
Umwelt gab, wie etwa die Erholung von
Beständen,
neue
wissenschaftliche
Forschungsergebnisse, weniger Beifang
oder verstärkte Beobachteraktivitäten auf
Fangschiffen? Und wie steht es mit sozialen
Vorteilen? Hat das MSC-Programm dazu
beigetragen, Arbeitsplätze und Gemeinden
zu erhalten, das Interesse an der Fischerei
als Existenzgrundlage zu schüren oder den
Zugang zu sozialen Regenerations programmen oder staatlichen Beihilfen zu
verbessern?
Über verschiedene Zeitzonen, Klimagürtel
und sprachliche Barrieren hinweg diskutierte ich mit Vertretern aller 42 Fischereien, die
im April 2009 zertifiziert waren und stellte
ihnen diese Fragen. Jede Fischerei erzählt
4
ihren Beifang systematischer aufzeichnen
als es unter den bestehenden Vorschriften
notwendig war. Dies, so glaubt die Fischerei,
könnte auch das Management anderer
Fischereien verändern. Die Fischerei hat
auch gemeinsam mit staatlichen Wissenschaftlern Gebiete kartiert, die für Trawler
geschlossen sind, da sich dort Tiefseekorallen befinden. Man wollte herausfinden,
ob die Riffe durch statisches Fanggerät
beschädigt wurden.
eine faszinierende Geschichte – und die
Antworten liefern überzeugende Beweise
für die zahlreichen Wege, über die das
MSC-Programm zu gesunden Weltmeeren
beiträgt.
Ökologischer Nutzen
Macht die Zertifizierung eine Fischerei
nachhaltiger oder belohnt sie einfach bereits
bestehende vorbildliche Praktiken? Viele
Fischereien arbeiteten schon nachhaltig,
als es den MSC noch gar nicht gab. Doch
wie die vorliegende Broschüre zeigt,
er folgten im Rahmen einer MSC-Zertifizierung oft messbare Verbesserungen. Ein
bemerkenswertes Beispiel hierfür ist die
Hoki-Fischerei in Neuseeland (Seite 14).
Dort haben sich dieses Jahr die historisch
niedrigen Bestände dank einer Fülle an
Managementmaßnahmen erholt. Zu diesen
Maßnahmen gehörte ein vom Zertifizierer
im Rahmen der Bewertung vorgeschlagener Bestandsaufbauplan.
Auch in Südafrika ist die marine Umwelt in
Folge der Beteiligung am MSC-Programm
gesünder als zuvor. Die wirtschaftlich
bedeutende südafrikanische SeehechtFischerei (Seite 24) musste die Sterblichkeitsrate bei Meeresvögeln, die sich in den
Schleppseilen verfingen, ermitteln und
Maßnahmen zur Reduktion ergreifen falls
die Studienergebnisse dies für nötig befanden. Infolge dessen hat sich die Zahl der
verendeten Vögel drastisch von zuvor nicht
registrierten 18.000 auf lediglich 200 pro
Jahr verringert.
Als Zertifizierungsauflage musste die
norwegische Seelachs-Fischerei in der
Nordsee und der Nordostarktis (Seite 56)
In einem anderen Fall hat die Zertifizierung
der Lieferkette, welche die lückenlose
Rückverfolgbarkeit von Fisch und Meeresfrüchten sicherstellt, deutlichen Nutzen
gebracht. Die Fischerei auf Schwarzen
Seehecht in Südgeorgien (Seite 22) muss
ihren gesamten Fang unter staatlicher
Aufsicht Kiste für Kiste wiegen, um die
Zertifizierung aufrechtzuerhalten. Diese
Maßnahme garantiert Käufern und Verbrauchern, dass zertifizierte Ware nicht von
Fangschiffen stammt, die illegal in anderen
Fischereien auf Schwarzen Seehecht
operieren.
© Jiri Rezac/WWF-UK
Wirtschaftliche Anreize
Die meisten Fischereien bestätigen, dass
ihnen das MSC-Logo dabei geholfen hat,
sich auf existierenden Märkten zu
behaupten und neue Märkte zu erschließen
– geographisch oder aufgrund von Chancen
im Bereich Produktentwicklung. Die
Kabeljau-Fischerei der Beringsee und
Aleuten (Seite 28) schaffte sogar beides.
Vor der Zertifizierung erzielte sie lediglich
aus dem Verkauf von getrocknetem
Kabeljau und gesalzenen Filets Umsätze.
Seit der Zertifizierung konnte sie auf dem
Markt für doppelt gefrostete und panierte
Erzeugnisse Fuß fassen und ihre Aktivitäten
auf europäische Länder ausweiten. Die
deutsche Seelachs-Fischerei in der
Nordsee (Seite 66) konzentrierte sich
ursprünglich auf den Verkauf von Frischfisch. Heute erhält sie Verträge über gefrorene Filets, weil deutsche Einzelhandelsunternehmen, insbesondere die großen
Discounter Aldi und Lidl, MSC-zertifizierte
tiefgefrorene Ware fordern. In der Bristol
Bay vor Alaska führte die Nachfrage seitens
der großen Lebensmittelketten dazu, dass
die Erzeuger von Alaska Wildlachs (Seite
12) vom weniger rentablen Konservenmarkt
auf lukrativere Bereiche wie Filettieren,
Kühlen und Gefrieren umstellen konnten.
Einige Fischer berichteten auch über höhere
Erzeugerpreise. Die Begünstigten waren
insbesondere kleinere Fangbetriebe und
Kleinfischer: Sie konnten dank besserer
Preise ihre Lebensgrundlage sichern und
verbessern. In Australien verlangt die
Fischerei im Coorong und in verschiedenen Seen (Seite 54) von Restaurants in
Sydney und Melbourne regelmäßig 30 bis
50 Prozent mehr als für nicht zertifizierte
Ware. In einer Gemeinde, in der die Fischerei
und davon abhängige Dienstleistungen 60
Prozent der Haushaltseinkommen stellen,
ist dieser Mehrwert von großer Bedeutung.
In Großbritannien erzielt die WolfsbarschFischerei (Seite 48) beim Verkauf an
Londoner Spitzenrestaurants nun Preise,
die 25 Prozent höher liegen als das, was sie
von lokalen Abnehmern vor der Zertifizierung
bekam. Auch der Fangbetrieb auf Seezunge, Hering und Makrele in Hastings,
England, (Seite 30) profitierte. Zehn Prozent
mehr erhielt er für Ware, die in die
Niederlande ging und 15 Prozent von der
französischen Supermarktkette Casino. In
den Vereinigten Staaten stieg der
Erzeugerpreis für Weißen Thunfisch von
der MSC-zertifizierten Fischerei (Seite 46)
unmittelbar nach der Zertifizierung im
August 2007 von 1.700 auf 2.250 US-Dollar
pro Tonne. Dank eines garantierten
Abnehmermarktes in Europa konnte die
Fischerei zum ersten Mal seit ihrem
Bestehen einen stabilen Preis für die
Zukunft festsetzen und ist nun nicht mehr
den heftigen Handelsschwankungen an
den Docks ausgeliefert.
Die Langusten-Fischerei in Westaustralien (Seite 8) ist ein gutes Beispiel
dafür, wie Fischereien abseits von höheren
Erzeugerpreisen wirtschaftlich von einem
MSC-Zertifikat profitieren können. Als die
australische Regierung vorschrieb, dass
alle Fisch exportierenden Unternehmen
auditiert und zertifiziert sein müssen,
akzeptierte man die Zertifizierung nach
MSC-Standard als alternativen Mechanismus, der dieser Anforderung gerecht wird
und den Fischereien die Kosten der
Exportzertifizierung erspart.
© Carey Schumacher
Sozialer Nutzen
Die Zertifizierung kann auch soziale Vorteile
bringen. Wenn fischereiliche Ressourcen
nachhaltig bewirtschaftet werden, sollte
dies auch die Existenzgrundlage der von ihr
abhängigen Gemeinden sichern. Dies gilt
insbesondere für kleine Fangbetriebe wie
die schottische Fischerei auf Kaisergranat in Loch Torridon (Seite 20) und die
Fischerei auf Weißen Thunfisch (Seite 46)
in den Vereinigten Staaten.
Der Fangbetrieb auf Langusten in Mexiko,
Baja California, (Seite 26) zeigt eindrucksvoll, wie die Zertifizierung nach MSCStandard Gemeinden fördern und zu einem
gesellschaftlichen Nutzen beitragen kann.
Die Teilnahme am MSC-Programm
bescherte den zehn Dörfern, die von der
kleinen Fischerei abhängig sind, staatliche
Aufmerksamkeit und eine verbesserte
Bereitstellung unentbehrlicher Dienst-
leistungen. Hierzu zählte eine Beihilfe im
Wert von 20 Millionen US-Dollar für die
Erweiterung des Stromnetzes sowie den
Ausbau von Infrastruktur, Zugangsstraßen
und Trinkwasserversorgung.
Politischer Einfluss
Auch hier finden die Erfahrungen der
Seehecht-Fischerei in Südafrika (Seite
24) erneut Erwähnung. Als Antwort auf eine
an die Zertifizierung geknüpfte Bedingung
montierte die Fischerei auf ihren Fangschiffen freiwillig so genannte „Tori-Leinen“.
Die mit flatternden Bändern versehenen
Leinen schrecken Meeresvögel ab und halten sie von Haken und Ködern fern.
Mittlerweile sind Tori-Leinen in Südafrika
Pflicht auf allen Trawlern – ein hervorragendes Beispiel dafür, wie am MSCProgramm beteiligte Fischereien politische
Entscheidungen beeinflussen können.
Fischereimanager im südlichen Afrika
erkennen außerdem an, dass die Bewertung
nach MSC-Standard Möglichkeiten der
langfristigen Zusammenarbeit mit Industrie
und Aufsichtsbehörden mit sich gebracht
hat. In Europa sind die meisten der großen
Herings-Fischereien (Seiten 30, 38, 52
und 58) bereits MSC-zertifiziert oder lassen
sich gerade bewerten. Sie haben eine kritische Masse erreicht und die Stimmung in
den EU-Verhandlungen zur Fischerei verändert. Fangquoten und andere Themen werden nun mit Blick auf das mögliche Urteil
der Zertifizierer mit größerer Umsicht diskutiert.
Für die Langusten-Fischerei in Westaustralien (Seite 8) erwies sich die MSCZertifizierung als potentes Verhandlungsinstrument: Sie half ihnen, Zölle für in die EU
exportierte Ware um die Hälfte zu senken –
Ersparnisse, die einen Teil der Zertifizierungskosten wieder wettmachten.
All diese Beispiele zeigen, dass das MSCProgramm beteiligten Fischereien in den
letzten zehn Jahren nicht nur ermöglicht
hat, höhere Preise zu erzielen, sondern
auch auf zahlreiche andere Weise zu
profitieren. In der vorliegenden Broschüre
erzählen echte MSC-Pioniere die komplexe
und faszinierende Geschichte von der
Transformation einer Industrie – die
Geschichte vom Meer im Wandel.
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Geografische Karte MSC-zertifizierter Fischereien
Fischerei
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Alaska Seelachs (Beringsee, Aleuten, USA)
Alaska Seelachs (Golf von Alaska, USA)
Barsch, Meeräsche, Adlerfisch, Herzmuscheln
(verschiedene Seen und Coorong, Australien)
Heilbutt (Nordpazifik, USA)
Hering (Nordsee, Deutschland, Frankreich,
Großbritannien, Holland, Irland, Litauen)
Hering (Nordsee, Großbritannien)
Hering (Nordsee, Schweden)
Hering (Themse, Großbritannien)
Herzmuscheln (Burry Inlet, Großbritannien)
Hoki (Neuseeland)
Bändereisfisch (Australien)
Kabeljau (Beringsee und Aleuten, USA)
Kabeljau und Schellfisch (Nordostarktis,
Norwegen) (2 Fischereien)
Kaisergranat (Loch Torridon, Großbritannien)
Kammmuscheln (Patagonien)
Kohlenfisch (Nordpazifik, USA)
Kurzschwanzkrebs und Flunder (Japan)
(2 Fischereien)
Languste (Baja California, Mexiko)
Languste (Westaustralien)
Makrele (Cornwall, Großbritannien)
Makrele (Nordostatlantik und Nordsee,
Großbritannien)
Schwarzer Seehecht (Südgeorgien)
Seehecht (Südafrika) (2 Fischereien)
Seelachs (Nordsee und Nordostarktis, Norwegen)
(2 Fischereien)
Seelachs (Nordsee, Deutschland)
Seezunge, Hering und Makrele (Hastings,
Großbritannien) (3 Fischereien)
Tiefseegarnele (Atlantik, nördlicher Golf von
St. Lawrence, Esquiman Kanal, Kanada)
Tiefseegarnele (Golf von St. Lawrence, Kanada)
Tiefseegarnele (Kanada)
Tiefseegarnele (Oregon, USA)
Weißer Thunfisch (Nord- und Südpazifik, USA)
(2 Fischereien)
Wildlachs (Alaska)
Wolfsbarsch (Großbritannien)
Zander (See Hjälmaren, Schweden)
(2 Fischereien)
Länderwaar
mit MSC
Landen
gecertificeerde
MSC-gekennproducten
zeichneten
beschikbaar
Produkten zijn
7
das Gesetz zum Schutz der Umwelt und
Erhalt der Artenvielfalt (EPBC Act 1999). Es
schreibt vor, dass Unternehmen, die Fisch
und Meeresfrüchte exportieren, auditiert
und EPBC-zertifiziert sein müssen. „Das
Gesetz orientierte sich am MSC-Standard,“
fügt Davies hinzu, „und weil wir schon
MSC-zertifiziert waren, hatten wir die ganze
Arbeit bereits getan. Ein beträchtlicher
Betrag der für die Bewertung nach MSCStandard entstandenen Kosten wäre ohnehin für den Erwerb der Exportzertifizierung
angefallen.“
Languste
Westaustralien
ZERTIFIZIERT AM
3. März 2000;
erneut zertifiziert im
Dezember 2006
SPEZIES
Languste
(Panulirus cygnus)
FANGMETHODE
Reusen, mit Ködern
ausgelegt
LAND
Australien
GEBIET
Küstengewässer vor
Westaustralien, von Kap
Leeuwin (Margaret River
südlich von Perth) 1.000
km nach Norden bis
Shark
FANGVOLUMEN
“
10.750 Tonnen
Vor der Zertifizierung war die
Fischerei deshalb nachhaltig,
weil wir es von ihr behauptet
haben. Heute prüfen Experten
rund um den Globus all diese
wundervollen wissenschaftlichen
Daten. Wir erhalten automatisch
eine Expertenmeinung über die
Art wie wir unsere Fischerei
managen.
”
Dexter Davies, Vorsitzender,
Western Rock Lobster Council
8
ALS ERSTE nach MSC-Standard zertifizierte Fischerei der Welt hatte dieser
Fangbetrieb jede Menge Zeit, die Vorteile zu
assimilieren. „Der wichtigste war der Zugang
zu Märkten,“ kommentiert Dexter Davies,
Vorsitzender des Western Rock Lobster
Council. „In Australien verlangen große
Supermarktketten nun MSC-zertifizierte
Ware, das stärkt unsere Position.“ Im März
2009 verkündete Aldi, ab Juli in allen seinen
Niederlassungen elf MSC-zertifizierte
Erzeugnisse in sein Dosen- und Tiefkühlsortiment aufzunehmen. Der deutsche
Discounter betreibt in den australischen
Bundesstaaten New South Wales,
Queensland und Victoria mehr als 200
Filialen.
Zugang zu neuen Märkten, niedrigere
Zölle, politischer Einfluss
Dieses Interesse ist in Australien neu, doch
verhalf die MSC-Zertifizierung der Fischerei
gleich zu Beginn zur Erschließung europäischer Märkte. „Die EU erhebt Gebühren
auf australischen Fisch, der nach Europa
exportiert wird,“ erklärt Davies. „Die
Zertifizierung erwies sich als effektives
Mittel, diese um die Hälfte zu senken“ – von
zwölf auf sechs Prozent. Bei 1.500 Tonnen
gefrorener Langusten, die innerhalb von
drei Jahren nach Europa verkauft wurden,
haben die Ersparnisse einen Teil der
Zertifizierungskosten wettgemacht.
„Vertreter der Langustenindustrie setzten
sich in Verhandlungen mit der EU für den
Marktzugang ihrer Produkte ein,“ erläutert
Davies weiter. „Die Tatsache, dass wir nach
MSC-Standard zertifiziert waren, fiel bei
den Verhandlungen entscheidend ins
Gewicht. Wir konnten argumentieren:
‚Schaut her, die Ware stammt aus einer von
unabhängiger Seite bewerteten nachhaltigen Fischerei.‘ Das hat enorm geholfen.“
Der Löwenanteil der rötlich-lilafarbenen
Krustentiere mit den langen Fühlern wird
allerdings nach China, Taiwan, in die
Vereinigten Staaten und nach Japan exportiert. Dies generiert pro Jahr Umsätze in
Höhe von 400 Millionen AUD (250 Millionen
Euro) – und entspricht 20 Prozent der
gesamten Einnahmen der australischen
Fischereien. Beim Absatz auf diesen
Märkten sparte die Verbindung zum MSC
auch Zeit und Aufwand, was wiederum die
Kosten senkte und bewies: Nicht nur eine
Preisprämie bringt Gewinne. Vier Monate
nach der Zertifizierung des Fangbetriebes
verabschiedete die australische Regierung
Mindern der negativen Folgen des
globalen Abschwungs
In diesem Jahr sind die Langustenexporte
generell gesunken. „In einer globalen
Rezession essen die Leute nicht unbedingt
Langusten,“ erklärt Davies. Aber auch hier
kann die MSC-Zertifizierung helfen. „Heutzutage ist es enorm wichtig, möglichst
unterschiedliche Absatzmärkte zu erschließen – Europa, den Nahen Osten und verschiedene Produktbereiche in den USA. In
spezialisierten Märkten achten Unternehmen auf Faktoren, die hochpreisige
Produkte differenzieren. Das MSC-Siegel
half uns dabei, derlei Marktchancen zu
erhöhen.“
Langfristiges Management
Ökologisch gesehen war die Langustenfischerei schon immer abhängig von der
„großartigen vorausschauenden Wissenschaft,“ die wir seit 40 Jahren betreiben,“
erläutert Davies und bezieht sich damit auf
eine in den 60er Jahren von dem Biologen
Bruce Phillips entwickelte Methode, mit der
sich das Fangvolumen für die nächsten vier
Jahre präzise vorhersagen lässt. Indem er
an Küstenriffen so genannte ‚Kollektoren‘ –
künstliche Lebensräume – platzierte, war
Phillips in der Lage, die Langustenlarven zu
zählen, die mit der Meeresströmung aus
ihren Laichplätzen in den Tiefen des
Indischen Ozeans in die Fangvorrichtungen
geschwemmt wurden. „Diese Technik hat
es
uns
ermöglicht,
Managemententscheidungen bereits vier Jahre im Voraus
zu fällen – ein höchst effektives Instrument,“
so Davies weiter.
Mithilfe dieser Methode erkannten die
Fischereimanager‚ dass die Anzahl an
Pueruli aufgrund von veränderten
Umweltbeding ungen außergewöhnlich
niedrig war. Sie reduzierten die Fangquote
um 50 Prozent, damit sich die Bestände
erholen können. „Das ist eine Vorsichtsmaßnahme bei gleichbleibend vorbildlichem
Management,“ erklärt Davies. „Wir nehmen
das Problem lediglich frühzeitig in Angriff.“
frühzeitigen Ausschöpfens der Quote.“
Trawler außerhalb der Treibnetz-Zone
konnten also einen Monat lang weiter
fischen und die erlaubte Fangquote
möglicherweise überschreiten.
Hering
Themse
Großbritannien
© John Spaul
ZERTIFIZIERT AM
3. März 2000;
erneut zertifiziert im
Dezember 2005¹
SPEZIES
Hering
(Clupea harengus)
FANGMETHODE
Treibnetz²
LAND
Großbritannien
FANGGEBIET
Themsemündung, bis
zum sechs-Meilen-Limit
FANGVOLUMEN
2 Tonnen
(Anlandungen 2006/07)
¹ Die Fischerei hat aufgrund des eingeschränkten
Zugangs zur Ressource auf ein Weiterführen der
Zertifizierung verzichtet.
² Kleinflächigere Treibnetze zählen nicht zu den
geächteten Fanggeräten.
“
Die MSC-Zertifizierung bewirkt,
dass die Fischer engagiert
mitdenken und unsere
Maßnahmen zur nachhaltigeren
Bewirtschaftung der Bestände
voll unterstützen – gerade dann,
wenn sie einen wertmäßigen
Nutzen erkennen können.
”
Joss Wiggins, Fischereimanager,
Kent & Essex Sea Fisheries Committee
10
NIRGENDWO SONST passt der Satz ‚Small
is beautiful‘ besser als in dieser winzigen
Fischerei, die nördlich der Themsemündung
bis zu den Blackwater und Colne Ästuaren
bei Colchester operiert, einer nur 90
Kilometer von London entfernten Stadt in
der östlichen Grafschaft Essex. In dem
bescheidenen Fanggebiet – Teil der
größeren Themse Herings-Fischerei – sind
ausschließlich Treibnetze erlaubt. Ausgelegt
werden sie von weniger als einem halben
Dutzend Booten, von denen jedes weniger
als zehn Meter lang ist und die pro Tag nur
ein bis zwei Stunden fischen.
Auch die gefangene Art ist – um dem obigen Thema treu zu bleiben – ungewöhnlich
klein. Der hier laichende Hering, der so
genannte
Blackwater-Bestand
bzw.
Themse-Ästuar-Hering, ist eine ganz
besondere Art: Die Fische haben einen
Wirbel weniger als Nordsee-Heringe. „Sie
sind kleiner,“ erklärt Joss Wiggins,
Fischereimanager beim Kent & Essex Sea
Fisheries Committee (KESFC), das
Fischereien aus der Region managt,
reguliert und fördert. „Wir benötigten also
ein Marketinginstrument, um Verbraucher
von unserer Ware zu überzeugen.“
Unterstützung der Fischer gewinnen
In den späten 90er Jahren, als
‘Nachhaltigkeit‘ noch kein gängiger Begriff
war, sahen die Fischer in einer MSCZertifizierung die Lösung. Der Verkauf von
lokal gefangenem Fisch auf lokalen Märkten
in nachhaltiger Art und Weise schien für sie
ein sinnvoller Ansatz, kommentiert Wiggins.
Aber auch ihm als Fischereimanager
brachte die Zertifizierung Vorteile. „Es war
hilfreich, unsere Fischereiaktivitäten von
Außenstehenden prüfen und bewerten zu
lassen. Für Aufsichtsbehörden ist es von
Nutzen, wenn andere die eigenen
Anstrengungen
zur
nachhaltigen
Bewirtschaftung der Bestände untermauern. Dann stehen auch die Fischer
stärker hinter unseren Maßnahmen.“
Regelwerke ändern
Eine solche Maßnahme war die jährliche
Schließung der Laichgebiete unter einer
bestehenden Gemeindeverordnung: Im
Februar für das Treibnetzgebiet und im
März für die gesamte Themse HeringFischerei. „Die Schließung erfolgte zu einem
festen Datum,“ erklärt Wiggins, „aber es
gab keinen Mechanismus für die Schließung
des gesamten Ästuars für den Fall eines
Eine der Bedingungen für die MSCZertifizierung war das Beheben dieses
Problems. „Wir haben die Verordnung
geändert,“ so Wiggins weiter. „Nun können
wir das gesamte Ästuar schließen, wenn
uns das britische Ernährungs- und Landwirtschaftsministerium (Defra) mitteilt, dass
die Quote im MSC-zertifizierten Fanggebiet
erreicht ist. Dies wiederum bewirkt die
Schließung der gesamten Fischerei und
hilft, die künftigen Bestände zu schützen.“
Wirtschaftliche Vorteile
Die wirtschaftlichen Vorteile waren sofort
erkennbar und spektakulär. „Noch vor
Ausstellung des Zertifikats wollte ein
Interessent aus Grimsby den gesamten
Fang kaufen – und der Preis stieg sofort
von zwei auf drei Pfund pro ‘Stone‘ (knapp
6,5 kg),“ erzählte damals der Fischer
Andrew French. Im Jahr 2000, als die
Fischerei zertifiziert wurde, erzielten die
Preise laut Defra die Höchstmarke von 388
Pfund pro Tonne. In britischen Supermärkten
wurde
probeweise
Themse-Hering
angeboten, und Duchy Originals, eine von
Prince Charles ins Leben gerufene britische
Marke, vertrieb zeitweise sogar Pastete aus
MSC-zertifiziertem Themse-Hering. Die
wichtigsten Vertreiber waren jedoch
Bauernmärkte und lokale Geschäfte, und
das ist bis heute so geblieben.
Dann kam es jedoch zu einer ironischen
Wende und die Blackwater-Bestände
begannen, an einem anderen Ort zu laichen.
„Sie scheinen sich nun weiter oben im
Themse-Ästuar aufzuhalten,“ erläutert
Wiggins. Infolge dessen erzielen Fischer auf
Trawlern außerhalb des MSC-zertifizierten
Fanggebietes nun „bessere Fänge zwischen 80 und 90 Tonnen pro Jahr, während
wir quasi keinen Hering mehr fangen.“
Dies ist zwar ärgerlich, doch es hat auch
etwas Positives bewirkt. Nachdem die
ansässigen Fischer das rege öffentliche
Interesse an der MSC-Zertifizierung ihrer
Kollegen beobachteten, beabsichtigen sie
nun auch, sich für „einige der wichtigsten
Arten, die die Fischereigemeinde hier fängt,
bewerten zu lassen.“ Hierzu gehören
Seezunge, Barsch und Nagelrochen. „Der
Hering diente als Katalysator,“ erklärt
Wiggins. „Wenn das gleiche Prinzip auch
auf einige dieser anderen Bestände
angewendet wird, dann könnte es in den
Augen der hiesigen Fischer funktionieren.“
© John Spaul
Nicht nur Lachs aus der Dose
Wildlachs
Alaska
USA
© Rupert Howes / MSC
ZERTFIZIERT AM
3. September 2000;
erneut zertifiziert im
November 2007
SPEZIES
Rotlachs (Oncorhynchus
nerka), Hundslachs
(Oncorhynchus keta),
Königslachs (Oncorhynchus
tshawytscha), Silberlachs
(Oncorhynchus kisutch)
und Buckellachs (Oncorhynchus gorbuscha)
FANGMETHODE
LAND
Netze (treibendes¹ und verankertes Kiemennetz,
Ringwade), Trolling
(Schleppleine mit Kunstoder Naturködern) und
Fischrad (wasserkraftbetriebene mühlradartige
Vorrichtung mit Körben, in
denen der Fisch gefangen
und anschließend in Tanks
verladen wird)
„ES IST WIE EIN moderner Goldrausch,“ sagt
Warren ‚Buck‘ Gibbons und beschreibt damit den
Lachsfang im westlichen Alaska, wo er nicht nur als
Fischer arbeitet , sondern auch bei der Bristol Bay
Regional Seafood Development Association im
Verwaltungsrat dient. „Wirft man am 01. Juni ein
Netz aus, wird man höchstwahrscheinlich nichts
fangen. So um den 20. Juni herum tummeln sich
hier dann 40 Millionen Lachse! Am 20. Juli ist das
ganze Spektakel wieder vorbei. Es ist ein faszinierendes Schauspiel, das zeigt, was Mutter Natur zu
bieten hat.“
Am Bogen der Alaska-Halbinsel entlang des 400 km
langen Küstenstreifens der Bristol Bay jagen Lachse
durch Flüsse mit so klangvollen Namen wie Cinder,
Kvichak, Nushagak, Togiak und Ugashik. Auf ihre
Rückkehr in die Flussmündungen warten 1.800
kleine Fangschiffe der Bristol Bay Kiemennetzflotte.
Obwohl jedes Boot nur 10 Meter lang ist, stellen sie
mit einem gemeinsamen Umsatzvolumen von 190
Millionen US-Dollar die größte Rotlachsfischerei der
Welt dar. Dabei ist Bristol Bay lediglich ein Teil der
Alaska-weiten Lachsfischerei. Sie umfasst fünf
Lachsarten und Hunderte Millionen von Fischen, die
zum Laichen jährlich über Tausende von Kilometern
zurücklegen, um aus dem nördlichen Pazifik in die
Flüsse und Seen zurückzukehren, in denen sie
geboren wurden.
Lachsfang und Umweltschutz
US-amerikanische
Gewässer, an Alaska
grenzend
FANGVOLUMEN
287.000 Tonnen
¹ Kleinflächigere Treibnetze zählen nicht zu den
geächteten Fanggeräten.
“
Diese Nachricht über Walmart –
und seine Verbindung zum MSC –
hallt zurück bis zum Fischerboot
in Bristol Bay. Das fördert die
Anerkennung und schürt das
Bewusstsein für Nachhaltigkeit
bis hin zum Erzeuger.
”
‘Buck’ Gibbons, Bristol Bay Regional
Seafood Development Association
12
Im September 2008 führte Findus in Frankreich ein
neues Premium-Produkt ein – Fischstäbchen aus
Alaska Wildlachs. Alle großen französischen
Einzelhandelsketten nahmen das Erzeugnis sofort in
ihr Sortiment auf, da es MSC-zertifiziert ist. Der
Marktanteil von Findus kletterte dabei von 38 auf 45
Prozent.
Sichern von Existenzen
Die größte Rotlachs-Fischerei der Welt
USA
FANGGEBIET
Die üppigen Fischbestände von Bristol Bay machten
die Region für Lachs aus der Dose bekannt. „Es gab
Protein in einem solchen Überfluss, dass man den
Fisch einfach eindosen musste, weil man ansonsten
schon am nächsten Tag von einer neuen Welle überwältigt wurde,” erläutert Gibbons. „Da der Wert des
Fisches mittlerweile auf dem internationalen Markt
gestiegen ist, fließen in Bristol Bay massive
Investitionen in das Filetieren, Portionieren und in die
Wertschöpfung,“ so Gibbons weiter. „Dieser perspektivische Wandel ist zum Teil auf das MSCEngagement großer Einzelhandelsunternehmen in
den USA und Europa zurückzuführen.“
Quer durch den riesigen Bundesstaat Alaska, in
abgelegenen Gebieten, die sich über die zerklüftete
Landschaft verteilen, wird die Fischerei sorgfältig
von der Jagd- und Fischereibehörde Alaskas
(ADF&G) gemanagt, um ihre Nachhaltigkeit zu
gewährleisten. Die ADF&G stellt zunächst allgemeine Umweltschutzziele auf und kontrolliert dann den
Fang, um diese Ziele zu sichern. „Die Fangzahlen
orientieren sich an jenem Anteil der Ressource, der
den Schutzbedarf übersteigt,“ so David Bedford,
Stellvertretender Sachverwalter der ADF&G.
Staatliche Manager überwachen die von der
Fischerei gefangene Menge und führen gewissenhaft Buch über die einzelnen Arten, damit genügend
Lachse der Fischerei entkommen und zum Laichen
flussaufwärts schwimmen können.
„Die ADF&G setzt bei seichteren und klareren
Flusssystemen Spähflugzeuge ein, damit sie die
Fische aus der Luft sehen können,“ erläutert Jon
Sarrheim, der gemeinsam mit Gibbons das SeafoodUnternehmen Wildcatch betreibt. „Man sieht die
Lachse auch springen und kann sie von Zähltürmen
aus beobachten.“ Dank dieser Maßnahmen, strengen Kontrollen und laufenden Forschungsarbeiten,
ist Alaska „weltweit führend beim Fischereimanagement und ein funktionierendes Modell dafür,
was geschieht, wenn man es richtig macht,“ so
Gibbons weiter.
„Für all das Filetieren, Kühlen und die Steigerung der
Wertschöpfung erzielen alle Beteiligten entlang der
Lieferkette etwas höhere Einnahmen,“ erklärt
Gibbons. „In unseren Gemeinden sind Arbeitsplätze
und Zukunftsaussichten beschränkt – da ist Lachs
oft das Einzige, was Geld einbringt, um die Einwohner
übers Jahr zu ernähren. Je mehr Wert man dem
Fisch beimisst, umso mehr Mittel fließen in die
Gemeinden Alaskas zurück.“
Langjährige Verbindung zum MSC
Schon seit der Gründung des US-amerikanischen
Bundesstaates im Jahr 1959 ist die Lachsfischerei
Alaskas
ein
Modell
für
nachhaltige
Managementpraktiken. Sie war eine der ersten
Fischereien, die sich am MSC-Programm beteiligten, um auf globalen Märkten ihre Nachhaltigkeit
mithilfe einer unabhängigen Bestätigung zu demonstrieren. Im Jahr 2007 wurde sie aufgrund der kontinuierlichen Führungsrolle und Bemühungen der
ADF&G zum zweiten Mal für fünf Jahre zertifiziert.
Als wegbereitende Fischerei im MSC-Programm
war ADF&G nicht nur ein wichtiger Partner, sondern
spielte auch eine große Rolle wenn es um die
Weiterentwicklung und Verbesserung der
Einheitlichkeit und Qualität der Kriterien sowie der
Leitlinien ging, mit deren Hilfe die Nachhaltigkeit
einer Fischerei nach MSC-Standard beurteilt wird.
Hierzu Bedford: „Die MSC-Empfehlungen, Laichplätze und Verhalten von Wildlachs im Prince William
Sound und im südöstlichen Alaska stärker zu erforschen, haben die Behörde veranlasst, diese Maßnahmen auf ihrer Prioritätenliste oben anzustellen.“
Allerdings war es nicht immer einfach. Wie Bedford
betont, „musste die ADF&G einige der wachsenden
Probleme des [MSC] Programms schultern.“ Eine
Erfahrung, die laut Bedford für Fischereikunden wohl
„aufgrund unserer relativ langen Teilnahme am
Programm recht einmalig ist,“ und auch mit der
Komplexität und Größe des Fangbetriebes
zusammen hängt. Die Zusammenarbeit zwischen
ADF&G und MSC hat sich jedoch für die
Fischereiwirtschaft Alaskas ausgezahlt. Erzeugnisse
aus Wildlachs genießen weltweite Beliebtheit und in
mehr als 30 Ländern werden fast 900 Produkte mit
MSC-Logo vertrieben.
“
Mithilfe des MSC-Siegels erzielten unsere neuen Fischstäbchen aus
Alaska Lachs ihre wichtigste Listung überhaupt: In Frankreich wurden sie von allen wichtigen Einzelhandelsunternehmen sofort in ihr
Sortiment aufgenommen. Denn mit einem immer breiteren Angebot
an MSC-Produkten können Einzelhändler ihr Engagement für nachhaltige Fischerei effektiv unter Beweis stellen.
”
Sophie Allemand, Group Brand Manager für Fisch, Findus Frankreich
© Rupert Howes / MSC
lisiert wird, wenn sich die Bestände nicht wie
prognostiziert entwickeln. Außerdem wurde die
Fischerei dazu verpflichtet, über die im bestehenden Erholungsplan der neuseeländischen
Regierung vorgegebenen Managementziele
genauer Buch zu führen.
Hoki
Neuseeland
© Sealord Group Ltd
©Terry Hann
ZERTIFIZIERT IM
März 2001;
erneut zertifiziert im
Oktober 2007
SPEZIES
Hoki (Macruronus
novaezelandiae)
FANGMETHODE
Pelagisches Schleppnetz,
Grundschleppnetz
LAND
Neuseeland
FANGGEBIET
Als zwei Bestände
gemanagt: Westlich und
südlich von South Island
(westlicher Bestand);
Cook Strait und Chatham
Rise, östlich von South
Island (östlicher Bestand)
FANGVOLUMEN
“
90.000 Tonnen
(zulässige Gesamtfangmenge 2008/09)
Wir in Neuseeland sind stolz auf
die nachhaltige Bewirtschaftung
unserer Fischereien. Deshalb
begrüßen wir die Re-Zertifizierung
unserer Hoki-Fischerei und damit
die unabhängige Prüfung der
Fischereipraktiken. Dies sind
gute Nachrichten.
”
George Clement, Geschäftsführer,
DeepWater Group Ltd, Neuseeland
14
„WENN SIE EINE gute Story suchen, dann ist
diese hier richtig gut,“ erzählt George Clement,
Geschäftsführer der DeepWater Group Ltd in
Neuseeland, und liefert sogleich großzügig eine
passende Schlagzeile. „Wie wär’s hiermit:
Fischerei unter Obhut des MSC wiederaufgebaut – Bestände nun wieder weit über Niveau,
das maximal nachhaltigen Ertrag erzeugen
kann.“ Als wir telefonieren, hat MFish, das
neuseeländische Ministerium für Fischereien,
gerade seine jährliche Beurteilung der östlichen
und westlichen Hoki-Bestände abgeschlossen.
In den vergangenen Jahren erreichte der westliche Hoki-Bestand nicht das anvisierte
Management ziel. Grund: Eine niedrigere
Rekrutierung, also die Anzahl der in die Fischerei
eintretenden Jungfische. Im Falle des Hoki,
einem kräftigen Weißfisch und einer der wertvollsten Arten des Landes, weiß jedoch niemand
warum dies geschah. In manchen Jahren überleben weniger Larven und Jungfische als in
anderen, was mit Überfischung nichts zu tun hat.
„Es ist wie eine Achterbahnfahrt,“ erklärt
Clement. „Bei Hoki können die Zuwachsraten
von Jahr zu Jahr um das 50-Fache schwanken.
Zwischen 1991 und 1994 lag der Zuwachs an
Jungfischen beim westlichen Bestand über dem
Durchschnitt, so dass sich von 1997 bis 2002
ein jährliches Fangvolumen von 100.000 bis
140.000 Tonnen ergab. Doch aufgrund der
geringen Rekrutierung ist die Bestandsgröße
zwischen 1995 und 2001 gesunken. Deshalb
haben wir die Fangquote für diesen Bestand auf
29.000 Tonnen reduziert. Dank der niedrigeren
Befischungsraten und dem stärkeren Zuwachs
an Jungfischen konnte sich der Bestand erholen.“
Wiederaufbau der Bestände
Diese Strategie scheint sich auszuzahlen.
Aufgrund stärkerer Nachwuchsjahrgänge und
geringeren Befischungsraten erreichte der
Bestand wieder eine Größe, die den maximalen
nachhaltigen Ertrag produzieren kann, also die
größtmögliche Fangmenge, die entnommen
werden kann, ohne Fortbestand und Reproduktionskapazität zu beeinträchtigen.
Besondere Sorge gab es bzgl. des westlichen
Bestandes, der 2007 beträchtlich unter MSY lag.
Die Bestandsbeurteilung von 2009 geht davon
aus, dass beide Bestände nun jene Größe
überschritten haben, die den maximalen
nachhaltigen Ertrag produzieren können.
Mitentscheidend für diesen Erfolg war die
Teilnahme am MSC-Programm. An die erneute
Zertifizierung im Jahr 2007 war u.a. die
Bedingung genüpft, dass die Fischereiindustrie
einen Erholungsplan einführt, der jährlich aktua-
Man sagt, die MSC-Zertifizierung habe zu einer
verbesserten Dokumentation von Verfahrensweisen beigetragen. Clement stimmt zu, dass
dies der wichtigste Pluspunkt gewesen sei,
doch sagt, es gab auch andere Vorteile: „Die
Zertifizierung nach MSC-Standard verlangte von
uns auch, gemeinsam mit Interessengruppen
eine Umweltrisikoprüfung durchzuführen. Wir
betrachten dies als nützlichen Schritt.
Weniger tote Meeresvögel
Eine weitere Voraussetzung für die erneute
Zertifizierung war, dass die Fischerei durch ein
entsprechendes Management von über Bord
geworfenen Fischabfällen, das Todes- und
Verletzungsrisiko für Meeresvögel reduzierte.
„Für jeden Hoki-Trawler gibt es nun einen individuell erarbeiteten Managementplan,“ erklärt
Clement, „der bestimmte Abfallmanagementverfahren vorschreibt. Das Ziel dieses Plans
besteht einzig darin, die Verletzungs- bzw.
Todesgefahr für nahrungssuchende Meeresvögel zu mindern.“ Seit 2001 ist die Zahl solcher
Vorfälle dank gesetzlicher und freiwilliger
Maßnahmen von 8,73 Meeresvögeln auf 1,32
pro 100 Hols gesunken.
Meeresboden stärker geschont
Clement ist der Ansicht, dass das MSCProgramm bereits bestehende Absichten stärkt
und systematisiert. Ein weiteres ausgezeichnetes Beispiel hierfür ist das Schaffen benthischer
Schutzgebiete. Das Zertifizierungs- und Überwachungsprogramm des MSC identifizierte die
Auswirkungen der Schleppnetzfischerei auf
Lebensräume am Meeresboden als einen
Bereich, den das Management stärker ins Visier
nehmen musste. Im Jahr 2007 führte die neuseeländische Regierung benthische Schutzgebiete ein, was zur Folge hatte, dass in 30
Prozent der Ausschließlichen Wirtschaftszone
Neuseelands „Trawling“ und „Dredging“ verboten sind (beide Methoden werden zum Fang von
am Meeresboden lebenden Fischen und
Krustentieren eingesetzt und können negative
Auswirkungen auf sensitive Lebensräume am
Meeresboden haben). Mit dieser Maßnahme
schützt die Regierung nun per Gesetz zahlreiche repräsentative und unberührte benthische
Habitate – eine von der Seafood-Industrie vorgeschlagene Initiative. Es ist die weltweit größte
Ansammlung geschützter mariner Lebensräume,
und ihr Ziel ist der Erhalt der ursprünglichen
Artenvielfalt in tiefen Gewässern.
„Ich kann zwar nicht sagen, dass diese erfreuliche Tatsache ausschließlich auf die MSCZertifizierung der Hoki-Fischerei zurückzuführen
ist,“ so Clement, „aber sie zeigt, dass es parallele
Denkansätze gibt. Der MSC und wir tun das
Gleiche: Wir arbeiten Hand in Hand an langfristigen nachhaltigen Lösungen. Wir produzieren
Nahrungsmittel, schützen aber gleichzeitig auch
die Fischereiressource und marine Lebensräume.“
“
Die Hoki-Fischerei ist der größte Fangbetrieb in Neuseeland. Wir beliefern Kunden in
ganz Europa, Nord- und Südamerika sowie in Asien mit MSC-zertifiziertem nachhaltigem
Hoki. Die MSC-Zertifizierung der neuseeländischen Hoki-Fischerei hat die Notwendigkeit
und den Nutzen unserer langfristigen Verpflichtung für eine nachhaltige Versorgung mit
Fisch und Meeresfrüchten bestätigt.
”
Eric Barratt, Geschäftsführer, Sanford Ltd Sustainable Seafood
© Sealord Group Ltd
See! Wir können den Leuten vorschreiben,
nicht am Sonntag zu fischen, nur in dieser
und nicht in einer anderen Gegend, oder sie
dazu ermuntern, große oder kleine
Herzmuscheln zu sammeln. Wir haben
auch ein zusätzliches Strafsystem. Bei uns
heißt es: Dreimal gegen unsere Regeln
verstoßen und du bist raus.“
Herzmuscheln
Burry Inlet
Großbritannien
Foto: South Wales Sea Fisheries Committee
ZERTIFIZIERT AM
20. April 2001;
erneut zertifiziert im
Februar 2007
SPEZIES
Herzmuscheln
(Cerastoderma edule)
FANGMETHODE
Handrechen und Sieb
LAND
Großbritannien
SCHON VOR DER MSC-Zertifizierung hatten Herzmuscheln aus Burry Inlet Zeit und
Tradition auf ihrer Seite. Seit den Anfängen
der Fischerei, die schon zur Zeit der Römer
existierte, ist die einzig gestattete Fangmethode das Handrechen und Sieben: Die
Schalentiere werden bei Ebbe aus dem
Schlamm ausgegraben und anschließend
durch ein Netz gesiebt, damit zu kleine
Jungtiere entkommen, sich wieder einbuddeln und vermehren können. Die Sammler,
traditionell Frauen, ernteten 100 bis 150 kg
pro Tag. In den 20er Jahren wurde dann mit
dem Einsatz von Pferdekutschen eine
höhere Transportlast möglich, wodurch die
Bestände erstmals unter Druck gerieten.
Progressive Kontrollmaßnahmen
FANGGEBIET
Burry Inlet Ästuar bei
Llanelli und Swansea in
Südwales, im westlichen
Teil Großbritanniens
FANGVOLUMEN
“
960 Tonnen (2008)
Sie [die walisische Regierung]
sagt, wir brauchen mehr MSCzertifizierte Fischereien, um zu
zeigen, dass wir gute Arbeit
leisten. Es ist ein unabhängiger
Maßstab für Erfolg, eine
Prüfmarke. Der MSC betrachtet
das Gesamtbild.
”
Phil Coates, Direktor,
South Wales Sea Fisheries Committee
16
Im Jahr 1965 wurde die Burry Inlet
Herzmuschel-Verordnung erlassen, um die
Menge der gesammelten Schalentiere
kontrollieren zu können. Lizenzen wurden
– und werden bis heute – an nur rund 50
Sammler verteilt, damit nicht mehr als die
vereinbarte jährliche Menge an Biomasse
entnommen wird. Diese Höchstmenge wird
im Rahmen von Untersuchungen errechnet, die in den Monaten Mai und November
von Fischereivertretern und dem Zentrum
für Umwelt, Fischerei und Aquakulturwissenschaft, CEFAS, durchgeführt werden. Zu den Untersuchungen gehören die
stichprobenartige Zählung und Größenklassifikation von Herzmuscheln entlang
der Mündung des Loughor. Der Restbestand sichert den Nachwuchs und dient
als Nahrungslieferant für Austernfischer und
andere Vögel, die sich in dieser geschützten Region aufhalten. Das Gebiet des
Loughor ist ein „Gebiet von besonderem
wissenschaftlichen Interesse“ und ein
Europäisches Vogelschutzgebiet.
Die Verordnung erwies sich als ein Gesetz,
das seiner Zeit voraus war. „Die Gemeinsame Fischereipolitik der EU beruht auf
Input-Kontrollen wie Flottengröße und
Fischerei aufwand sowie auf OutputKontrollen, also dem Anteil des Bestandes,
der durch Quoten entnommen wird,“ erklärt
Phil Coates, Direktor des South Wales Sea
Fisheries Committee (SWSFC), einer von
zwölf Behörden in Großbritannien, die
regionale Fischereien regulieren und managen. „Wir haben in Burry Inlet genau die
gleichen Kontrollen und alle möglichen
anderen Mechanismen darüber hinaus.
Allerdings ist die Regulierung im
Gezeitengebiet der Küste etwas einfacher
als die Kontrolle von Fangschiffen auf hoher
Mit MSC in der Vorhut bleiben
Trotz dieser Maßnahmen war Coates entschlossen, den MSC-Weg zu gehen. „Wir
hatten eine vorbildlich geführte Fischerei,“
sagt er, „und wenn wir schon eine haben,
warum es nicht auch publik machen?
Unserer Ansicht nach konnte man auch
andere Fischereien mit einem ähnlichen
Niveau an Kontrollen und Zusammenarbeit
zwischen Behörden und Industrie managen. Wir wollten jedoch Vorreiter sein. Es
klingt altruistisch, aber das ist unsere
Aufgabe – Schalentiere managen – nicht
nur für Verbraucher, sondern auch für die
Fischer, die sie sammeln und die Vögel, die
davon leben.”
Staatliche Unterstützung
Acht Jahre später sind weltweit 39
Fischereien nach MSC-Standard zertifiziert,
damit war der Fangbetrieb Burry Inlet –
lediglich die fünfte Fischerei, die eine solche
Auszeichnung erhielt und die erste, die für
zweischalige Mollusken zertifiziert wurde –
tatsächlich in der Vorhut einer neuen
Bewegung. Dieser Erfolg wurde von der
walisischen Regierung mit starkem
Zuspruch gewürdigt, sowohl in ihrer
Umweltstrategie für Wales als auch in ihrer
in Entwicklung befindlichen Walisischen
Fischereistrategie.
„Sie meint, wir bräuchten mehr MSCzertifizierte Fischereien als Messlatte für
nachhaltiges Fischereimanagement,“ erklärt
Coates. „Die MSC-Zertifizierung ist ein
unabhängiger Maßstab für Erfolg, eine
Prüfmarke.“ Die Anerkennung war so groß,
dass sich der Countryside Council für Wales
(CCW) und der WWF bereits zweimal die
Kosten für die MSC-Zertifizierung von Burry
Inlet geteilt haben.
Auch lokale Händler sind sich der Vorteile
bewusst. „Jeder nutzt die Zertifizierung als
Modell für künftige regulierende Erlasse,“
so Colin MacDonald, Geschaftsführer bei
Leslie A Parsons & Sons und Vorsitzender
der Penclawdd Shellfish Processing Ltd.
„Ich würde mir wünschen, dass auch River
Dee den MSC-Status anstrebt.“ Er will,
dass Burry Inlet zertifiziert bleibt – trotz der
vorübergehenden Schließung der Fischerei
infolge einer Zunahme der Herzmuschelmortalität, die jedoch nichts mit dem
Management der Fischerei zu tun hat.
„Supermärkte wollen zunehmend MSCzertifizierte Ware,“ fügt er hinzu, „und wir
wollen unsere Beziehung zur Lieferkette
nicht verlieren. Wenn die Herzmuscheln
zurückkommen, sind wir bereit.“
“
Die MSC-Zertifizierung belohnt vorbildlich geführte
Fischereien. Ich habe selbst gesehen, wie zahlreiche
Investitionen in den Sand gesetzt wurden, weil es an
den richtigen Kontrollen oder am richtigen Management
fehlte. Wir brauchen ein beständiges Angebot und wir
brauchen Nachhaltigkeit.
”
Colin MacDonald, Vorsitzender, Penclawdd Shellfish Processing Ltd.
Foto: South Wales Sea Fisheries Committee
Makrele
Cornwall
Großbritannien
© John Spaul
ZERTIFIZIERT AM
29. August 2001;
erneut zertifiziert im
Februar 2007
SPEZIES
Makrele
(Scomber scombrus)
FANGMETHODE
Handleine
LAND
Großbritannien
„MAN BRAUCHT KEINEN Köder,“ sagt
Nathan de Rozarieux zu mir, während er
seine Leine von einem Brett abwickelt, das
wie eine Malerpalette aussieht, und sie ins
Meer gleiten lässt. An der Leine hängt ein
Bleigewicht und 35 jeweils 5 cm lange
Haken, die mit roten Federn und Kunststoff
verziert sind. „So fühlt es sich an, wenn die
Makrele anbeißt,“ mit diesen Worten reicht
er mir die Leine und stößt sein Boot
bedächtig nach vorne. Das einzige, was ich
bemerke, ist ein leichtes Zittern aus dem
dunklen Gewässer unter mir. „Sie ernähren
sich von Plankton oder jagen nach
Sandaalen,“ so de Rozarieux weiter. Als er
die Leine einholt, hängen daran nicht nur
einer, sondern gleich acht Fische, die nun in
der Sonne baumeln.
FANGGEBIET
Traditionelle, verträgliche Fischerei
Küstengewässer vor
Cornwall und Devon,
zwischen Start Point
und Hartland Point in
Südengland
FANGVOLUMEN
“
1.750 Tonnen
Diese Fangmethode ist präzise und hat klinische Präzision. Sie zielt nur auf eine Art
ab – andere Arten werden lebend wieder
über Bord geworfen, genau wie Jungfische.
„So wie wir fischen, kann man Bestände
keinesfalls schädigen oder überfischen,“
erklärt David Muirhead, Leiter der South
West Handline Fishermen’s Association
(SWHFA). Zudem wird der Flotte von 150
Kuttern nur eine jährliche Quote von 1.750
Tonnen zugeteilt – was weniger als einem
Prozent der gesamten britischen Quote
entspricht. „Die Trawler, die großen schottischen Schiffe, fangen die Hälfte dieser
Quote in einer einzigen Nacht,“ sagt
Muirhead.
Das Image verbessern
MSC gilt als Goldstandard.
Und wer mit den großen
Einzelhandelsketten ins
Geschäft kommen will, muss
MSC-zertifiziert sein.
”
Nathan de Rozarieux, Fischer und
Projektleiter, Seafood Cornwall
Die Fischerei mit den minimalen Folgen für
die Umwelt hat erhebliche Marketingkraft.
„Übers Jahr verteilt führen alle großen
britischen Einzelhandelsketten irgendwann
per Handleine gefangene MSC-Makrele
aus Cornwall,“ so de Rozarieux. Seit der
Zertifizierung in 2001 ist kaum ein Monat
vergangen, in dem der Fisch nicht in der
Presse erwähnt wurde.
„MSC-zertifiziert zu sein hat zweifellos das
Image der Fischerei gestärkt,“ erklärt er
weiter. „Viele Journalisten schreiben darüber
und überall wo der MSC erwähnt wird, ist
auch die per Handleine gefangene Makrele
als britisches Beispiel für MSC-zertifizierte
Ware nicht weit. In Zeitschriftenbeilagen ist
sie besonders im Rezeptteil beliebt. Für die
Medien ist die Tatsache, dass wir MSCzertifiziert sind, sozusagen der Köder!“
18
Höhere Erzeugerpreise
Mit dem steigenden Verbraucherbewusstsein sind auch die Preise gestiegen. „Für
große Makrelen bekommt man viel mehr als
für alle anderen Handelsklassen,“ erläutert
Muirhead. „Wir haben bis zu 4 britische
Pfund pro Kilo erhalten, das ist einfach
unglaublich. Das ist 30-mal so viel wie in
den 70er Jahren. Wenn jemand noch vor
kurzem 1,5 Pfund pro Kilo einer großen
Makrele erzielte, war das schon eine tolle
Leistung. Das liegt zum Teil sicher an unserem MSC-Status, aber man kann den
Unterschied nur schwerlich quantifizieren.“
Laut de Rozarieux liegt ein weiterer Grund
vielleicht im Trend zu gesünderem Essen
und in den oft zitierten Vorteilen der in
öligem Fisch enthaltenen Omega-3-Fettsäuren – aber für ihn geht es nicht darum,
den Preis des Fisches zu diskutieren.
Bestehende Märkte erhalten
„Für uns liegt die Bedeutung des MSC vor
allem im Erhalt unserer jetzigen Märkte,“
sagt er. „Die meisten großen Supermarktketten haben die MSC-Zertifizierung in ihren
Entscheidungsbaum zur Beschaffung integriert. Wer seine Ware in die Regale bringen
will, muss also zertifiziert sein. MSC gilt
beim Öko-Labelling als Goldstandard. Die
Nachricht lautet: Wer mit den großen Ketten
in Zukunft Geschäfte machen möchte,
muss MSC-zertifiziert sein.“ Alle großen
Einzelhändler in Großbritannien haben die
MSC-Zertifizierung zum zentralen Element
ihrer Beschaffungsstrategien für Fisch aus
nachhaltiger Herkunft gemacht.
Cornwall arbeitet mit Händlern, die nach
dem Rückverfolgbarkeits-Standard des
MSC zertifiziert sind: „Alle unsere Makrelen,
die in Supermärkten verkauft werden,
tragen das blaue Logo. Hier bei uns gibt es
eine Handvoll von Leuten, die für Tesco,
Marks & Spencer, Sainsbury’s und
Morrisons einkaufen,“ so Rozarieux weiter.
In Newlyn, wo der Fisch auf Auktionen
versteigert wird, schaut auch ein Einkäufer
für die Schweizer Einzelhandelskette
Migros vorbei. „Sie zahlen gute Preise für
gute Qualität,“ erklärt de Rozarieux, „und
auch sie verlangen MSC-zertifizierte Ware.“
“
Ein Mann in einem offenen Kleinboot, der eine einfache Leine mit Haken verwendet,
fischt auf die reinste Art und Weise. Das MSC-Logo sagt uns, dass der Fisch sehr
umweltschonend gefangen wurde – und obwohl es Makrelen an zahlreichen Orten gibt,
ist der Fisch aus Cornwall etwas ganz Besonderes.
Andrew Mallison, Meerestechnologe, Marks & Spencer
”
© John Spaul
Wissenschaftliches Interesse und
Bestätigung
Kaisergranat
Loch Torridon
Großbritannien
© Caroline Woffenden
ZERTIFIZIERT AM
16. Januar 2003;
erneut zertifiziert
im Juli 2008
SPEZIES
Kaisergranat oder
Norwegischer Hummer
(Nephrops norvegicus)
FANGMETHODE
Mit Ködern bestückte
Käfige und an Leinen
befestigte Körbe
LAND
Großbritannien
FANGGEBIET
Loch Torridon und Inner
Sound of Raasay,
Nordwestschottland
FANGVOLUMEN
“
120 Tonnen
Wir können zur schottischen
Regierung und zu anderen
Interessengruppen sagen:
‚Schaut, wir betreiben eine
nachhaltige Fischerei.‘
Das ist der Vorteil der
MSC-Zertifizierung.
”
Karen Starr, Leiterin, Torridon Nephrops
Management Group
20
„NEIN, GANZ SO romantisch wie in einem
Ruderboot rausfahren und Fangkörbe einholen ist es nicht!“ lacht Karen Starr von der
Torridon Nephrops Management Group, als
ich ihr erzähle, wie ich mir die Kaisergranatfischerei vorstelle. „Wir haben zehn
Fangschiffe, darunter vier moderne Katamarane und zwei einwandige Boote, alle weniger als zehn Meter lang. Die Fangkörbe
[sind mit Hummerkäfigen vergleichbare
Behälter, mit Ködern bestückt und für
Krustentiere leicht zugänglich. Es ist jedoch
schwer, aus ihnen wieder herauszukommen] werden an Seilen, jeweils 115 Stück
aneinander, ins Wasser gelassen und am
oberen Schnurende mit einer Boje markiert.“
Bis 1983 gab es eine sogenannte DreiMeilen-Grenze, die den Einsatz von mobilen Fanggeräten – also Schleppnetzen – in
den Küstengewässern, wo Weichkorallen,
Seetang und Seefelder gedeihen, einschränkte und regelte. Im Jahr 1984 wurde
diese Beschränkung aufgehoben und die
Hummerfischer mussten mit ansehen, wie
ihre Fangkörbe von den Schleppnetzen
erfasst und mitgezogen wurden, wodurch
ihnen „beträchtliche wirtschaftliche Verluste“ entstanden. Sie glaubten, dass ihre
umweltfreundlichen Fangpraktiken von
industrielleren Erntemethoden untergraben
würden.
2001 richtete die schottische Regierung
einen „geschlossenen Bereich“ ein, eine
Schutzzone, die nur den Einsatz von statischem Fanggerät wie Körben erlaubte. Die
Fischer sahen darin die Chance zu demonstrieren, dass sie ihren Fangbetrieb nachhaltig bewirtschaften konnten. Sie entschieden
sich für die Zertifizierung nach MSCStandard als objektive, wissenschaftliche
Methode, um dieses Können auch Anderen
demonstrieren zu können.
Freiwillige Einschränkung der Fischerei
Eine der Zertifizierungsauflagen war das
Gründen einer Managementgruppe zur
Kontrolle freiwilliger Einschränkungen: Zum
Beispiel dem Begrenzen der Tage, an
denen jährlich gefischt werden darf, dem
Begrenzen der Zahl an Fangkörben, die
ausgelegt werden dürfen, dem Freilassen
von laichtragenden Hummerweibchen und
dem Einrichten von Fluchtluken in den
Fangkörben, um Jungtieren das Entkommen
zu ermöglichen.
Nach der Zertifizierung wurde die Fischerei
zu einer Art lebendem Labor für Studien
unterschiedlicher Stellen, wie Scottish
Natural Heritage oder der Universität von
Glasgow. „Die Ergebnisse zeigten, dass wir
nur sehr geringe Auswirkungen auf die
Umwelt haben,“ erklärt Starr, „mit extrem
niedrigem Beifang und kaum spürbaren
Folgen durch so genannte Geisterfischerei,
bei der das Fanggerät im Meer verloren
geht, aber am Meeresboden weiter fischt.“
Politischer Einfluss
Die einzige Sorge der Fischer bestand
darin, dass auch andere Fangschiffe auf
Kaisergranat in ihrem Gebiet aktiv waren,
aber nicht zu ihrer Gruppe gehörten und
auch nicht ihren Verhaltenskodex befolgten.
Angelockt hatte sie, so absurd dies auch
klingt, die öffentliche Aufmerksamkeit, die
dem Gebiet nach seiner Schließung für
Schleppnetze zuteil wurde und die es zu
einem attraktiven Fischereigebiet machte.
Bei der erneuten MSC-Bewertung der
Fischerei im Jahr 2008 äußerte der
Zertifizierer Moody Marine ähnliche
Bedenken und verpflichtete sie dazu, für die
Effektivität der auferlegten Einschränkungen
Sorge zu tragen. Die Fischerei wendete
sich an die schottische Regierung, um
Wege für die Lösung des Problems zu finden.
„Das ist der aktuelle Stand der Dinge,“
kommentiert Starr und unterstreicht, dass
jegliche Form staatlicher Intervention direktes Ergebnis der Beteiligung am MSCProgramm wäre. Ursprünglich jedoch war
der MSC als Hilfsmittel zum Erhalt des
Status quo gedacht. „Die Zertifizierung sollte die Aufrechterhaltung der geschlossenen
Zone gewährleisten – sie sorgt dafür, dass
alles so bleibt wie es ist. Wir schlossen uns
dem Programm an, um unsere nachhaltigen Praktiken nachzuweisen und beizubehalten, um weiterhin wirtschaftlich rentabel
zu arbeiten und um den Lebensunterhalt
unserer Gemeinde zu sichern.“
Sozioökonomische Vorteile
Wirtschaftlich betrachtet bekommt man für
lebenden Kaisergranat aus Loch Torridon
einen drei- bis viermal höheren Preis als für
Hummer, der von Schleppnetzen gefangen
wurde, erläutert Starr. Da 95 Prozent des
Fangs nach Spanien exportiert werden, wo
sich das Interesse an MSC-zertifizierter
Ware gerade erst entwickelt, trägt der
Kaisergranat nicht das MSC-Siegel.
Auf kommunaler Ebene waren die Vorteile
immens. Seit der Zertifizierung ist die Zahl
der zur Gruppe gehörenden Fischer gleich
geblieben bzw. leicht gestiegen. „Das ist
es, was wir wollten,“ so Starr weiter. „Wir
wollten sicherstellen, dass die Fischerei an
die Söhne der Jungs weitergegeben wird,
die heute fischen. Wir denken langfristig.“
“
Die Fischer der Torridon Kaisergranatfischerei gehören zu den verantwortungsbewusstesten und zukunftsorientiertesten Fischern, mit denen wir bislang arbeiten
durften. Sie verdienen ein großes Lob dafür, dass sie als erster schottischer
Fangbetrieb MSC-zertifiziert wurden – eine robuste und unabhängige Bestätigung
dafür, dass sie ihren Fangbetrieb zuverlässig und einträglich bewirtschaften.
Dr. David Donnan, Leiter für politische Maßnahmen und Beratung, Scottish Natural Heritage
”
© Caroline Woffenden
wenn die Vögel seltener fliegen. „Der Köder
muss aufgetaut sein, damit er schnell im
Wasser versinkt,“ erläutert Hall. „Aus demselben Grund sind an den Leinen auch Gewichte
befestigt.“
Schwarzer
Seehecht
Südgeorgien
© David Agnew, MRAG Ltd
ZERTIFIZIERT AM
23. März 2004;
erneut zertifiziert am
11. September 2009
SPEZIES
Südgeorgischer
Schwarzer Seehecht
(Dissostichus
eleginoides)
FANGMETHODE
Bodenlangleinen
LAND
Südgeorgien und
Sandwich-Inseln
FANGGEBIET
Vor der Insel Südgeorgien – im südlichen
Atlantik, rund 1.300 km
südöstlich der FalklandInseln – und westlich
von Shag Rocks
FANGVOLUMEN
“
3.500 Tonnen
Die Aufwertung der Reputation
von Südgeorgien war ein Bonus
unserer Teilnahme am MSCProgramm. Die zertifizierte
Fischerei liefert 80 bis 90
Prozent der staatlichen Einnahmen – und der größte Teil
davon fließt in die Forschung
und den Schutz von Fischereien. Ohne sie würde jetzt Gott
weiß was passieren.
”
Harriet Hall, Direktorin für Fischereien,
Regierung von Südgeorgien
22
„IN SÜDGEORGIEN gibt es keine richtige
Bevölkerung, sondern nur ein kleines Team
von Wissenschaftlern, die auf der Insel leben,“
erklärt Harriet Hall, Fischereidirektorin der
Regierung Südgeorgiens und der Südlichen
Sandwich-Inseln. Aus diesem Grund gibt es in
dem entlegenen britischen Überseegebiet
auch keine Industrie und keine Einkommensteuer, die Einnahmen für staatliche Projekte
wie etwa den Schutz des Meeres liefern. „Die
Seehecht-Fischerei ist unsere wichtigste
Einkommensquelle,“ fügt sie hinzu. „Die mit ihr
erzielten Umsätze tragen am meisten zum
Umweltschutz bei.“
Die Lizenzgebühren, die von den zehn Fangschiffen auf den Schwarzen Seehecht erhoben werden, fließen zurück in die Forschung
und den Schutz von Fischereien und helfen,
eine wichtige Ressource zu erhalten. Im vergangenen Jahr beliefen sich die Gesamteinnahmen des Territoriums auf 4,9 Millionen
GBP (5,4 Millionen Euro), 670.000 GBP mehr
als im Jahr 1994, und 80 bis 90 Prozent davon
stammten aus der Fischerei. „Ungefähr derselbe Betrag wird in die Forschung und in
Kontrollen gesteckt,“ schätzt Hall.
„Tatsache ist, ohne die Fischerei, die nach
MSC zertifiziert ist, könnten wir uns Forschung,
Überwachung und Kontrolle nicht leisten,“
warnt Hall – „und ohne diese Maßnahmen
gäbe es eine ökologische Katastrophe.“
Mit diesen Worten spricht sie ein bekanntes
Problem an: Das der unregulierten und illegalen Fischerei auf Schwarzen Seehecht, das in
manchen Teilen des südlichen Ozeans relativ
weit verbreitet ist. Diese illegalen Aktivitäten
haben nicht nur den Bestand der Spezies
dezimiert, sondern auch zu beträchtlich höheren Beifangmengen an Meeresvögeln geführt.
Aber wie unterscheidet sich die einzige nach
MSC-Standard zertifizierte Fischerei auf
Patagonischen Seehecht von den anderen
Fischereien auf dieselbe Fischart?
„CCAMLR, die Konvention zum Schutz von
marinen Lebewesen und Ressourcen in der
Antarktis, legt die Fangquoten fest. Jede
Menge Wissenschaft fließt hier also rein,“
erklärt Hall. „Wir haben ein VollzeitPatrouillenschiff, gut ausgebildete Fischereibeauftragte und höchst effektive Gesetze:
Wenn irgendjemand fischt, wenn er dazu kein
Recht hat, können wir entsprechende Maßnahmen ergreifen.“ Um die Anzahl beigefangener Meeresvögel zu reduzieren, wird nur im
Winter gefischt (wenn die Tiere nicht brüten
und keine Nahrung für ihre Jungen finden
müssen). Außerdem fischen sie nur bei Nacht,
Durch diese Maßnahmen ist der Beifang an
Meeresvögeln in der Fischerei auf ein unbedeutendes Niveau gesunken, wie aus dem
MSC-Zertifizierungsbericht hervorgeht. In der
Fangsaison 2001/2002 beispielsweise sind
laut Bericht nur sechs Vögel im Fanggerät
verendet.
Schaffen geschlossener Gebiete
All dies geschah bereits vor der Zertifizierung
– aber hat die Zertifizierung auch Verbesserungen bewirkt? Hall verweist auf Bedingung
10 des MSC-Zertifizierungsberichtes, welche
die Fischerei dazu verpflichtete, die Lage von
„komplexen benthischen Habitaten wie etwa
Tiefseekorallenriffen“ zu erforschen. Obwohl
Langleinen die Lebensräume am Meeresboden vergleichsweise wenig beeinträchtigen,
können sie dennoch Schäden verursachen.
„Werden solche Gebiete identifiziert, sollten
Überlegungen für ihren Schutz angestellt und
die Ergebnisse dokumentiert werden,“ so die
Empfehlung im MSC-Bericht.
„Wir gingen noch einen Schritt weiter und
haben Schutzmaßnahmen nicht nur in
Erwägung gezogen und dokumentiert,“ betont
Hall. „Es gab speziell drei Bereiche, die
geschützt werden mussten. Deshalb haben
wir sie für fischereiliche Aktivitäten komplett
geschlossen. Hier haben wir die Bedingung
also sogar übererfüllt.“
Rückverfolgbarkeit liefert größten
ökologischen Vorteil
Der größte Umweltnutzen ergab sich jedoch
aus der Rückverfolgbarkeit innerhalb der
Lieferkette – also der Anforderung, dass jedes
Erzeugnis mit MSC-Logo lückenlos bis zu
seiner Herkunft rückverfolgbar ist. „Wir
bestehen nun darauf, dass der gesamte Fang
unter unserer Aufsicht auf den Falkland-Inseln
Kiste um Kiste gewogen wird,“ erklärt Hall.
„Alle Fangschiffe im MSC-Programm kennzeichnen jede an Bord befüllte Kiste Fisch mit
einem Barcode. Dies wird von uns genau
überwacht. Wir wissen bis auf wenige Kilo
genau, was in einem Jahr gefangen wurde –
das hat uns geholfen, den Bestand besser
beurteilen zu können. Wir wissen, dass die
Fangschiffe ihre Quote exakt einhalten.“
Mehr Mittel für den Umweltschutz
Während die Fangbetriebe infolge der Zertifizierung neue Kunden gewannen, wie etwa
Whole Foods Market in den USA, erhöhten
sich auch wichtige Einnahmen für den Erhalt
und Schutz der Fischereien. „Aus unserer
Sicht,“ so Hall, „bekommt die Regierung den
Lizenzwert – und wir konnten den Wert dieser
Lizenzen erhalten. Dazu hat uns meiner
Meinung nach die MSC-Zertifizierung verholfen.“
“
Diese Fischerei arbeitet inmitten riesiger Kolonien brütender
Albatrosse und Sturmvögel, die sehr häufig als Beifang
verenden. Deshalb war das Senken der Sterberate der
Meeresvögel eine wichtige Errungenschaft. Sie ist den
Betreibern und Managern der Fischerei zu verdanken –
und der Anreiz der MSC-Zertifizierung ist entscheidend
dafür, dass sich dieser Erfolg wiederholt.
”
Dr. Ben Sullivan, Koordinator, BirdLife Globales Meeresvögelprogramm
© David Agnew, MRAG Ltd
Seehecht
Südafrika
© John White / MSC
ZERTIFIZIERT AM
16. April 2004
SPEZIES
Seehecht (Merluccius
capensis und Merluccius
paradoxus)
FANGMETHODE
Grundschleppnetz
LAND
Südafrika
FANGGEBIET
Errichten mariner Schutzgebiete
Schelf des südöstlichen
Atlantiks, zwischen 200 und
1.000 Meter Tiefe, von der
namibischen Landesgrenze
südwärts (Tiefseefischerei);
Südküste Südafrikas in
seichten Gewässern – v.a.
auf der Agulhas Bank
(Binnenfischerei)
FANGVOLUMEN
“
120.000 Tonnen
Als privatwirtschaftliches Unternehmen werden wir wegen MSC
Maßnahmen ergreifen – gegen
Meeresvogelsterben und gegen
Beifang. Die Regierung wird
diese dann in ihre rechtlichen
Vorschriften aufnehmen. Und
jeder, der Bescheid weiß wird
wissen, dass dies aufgrund des
MSC geschehen ist.
”
Roy Bross, Geschäftsführer, South
Africa Deepsea Trawling Industry
Association
24
„EIN VORTEIL DER MSC-Zertifizierung ist,
dass sie die Menschen „verbewusstet“
erörtert Roy Bross, Geschäftsführer der
South Africa Deepsea Trawling Industry
Association (SADSTIA). Zuerst glaube ich,
er habe dieses Wort erfunden. Tatsächlich
aber handelt es sich um eine Wortschöpfung
des brasilianischen Pädagogen und
Aufklärers Paulo Freire, der es mit der
‚Bewusstseinsbildung auf mehreren konkreten Stufen‘ umschrieb. „Sie bringt einen
zum Nachdenken über Themen wie den
ökosystembasierten Ansatz zu Fischereien
und zur Realisierung dieser Ansätze,“ erklärt
er weiter. „Wir haben in dieser Hinsicht
Einiges getan.“
Eine an die Zertifizierung gebundene Auflage forderte, Lebensräume zu identifizieren, die anfällig für Schäden durch die
Schleppnetz fischerei sind. Daraufhin
initiierte der Fischereibetrieb eine unabhängige Bewertung der Potenziale für marine
Schutzgebiete (MPAs). Momentan laufen
vier Projekte, um zu entscheiden, wo diese
Schutzgebiete sein sollen. Bis dahin ist die
Schleppnetzfischerei nur in historischen
Fanggründen erlaubt, in denen der Meeresboden flach und schlammig ist, es sei denn
neue Gebiete sind mittels einer Umweltverträglichkeitsprüfung sorgfältig beurteilt
worden. „Diese Untersuchung war einer der
deutlichen Gewinne durch die MSCZertifizierung,“ stimmt Bross zu. „Der MSC
hat unsere Aufmerksamkeit auf die große
Bedeutung von Schutzgebieten gelenkt.
Die Folge war, dass wir viel Geld in
Forschung investiert haben.“
Drastische Senkung des
Meeresvogelbeifangs
Analog dazu gab die Fischerei im Oktober
2004 eine Studie in Auftrag, um zu ermitteln, wie viele Meeresvögel sich in den
Schlepptauen verfangen – ein Problem,
das man erstmals auf den Falkland-Inseln
identifizierte. Als Auflage der Zertifizierung
musste die Fischerei „die jährliche
Sterblichkeitsrate dieser Tiere ermitteln,“
erörtert Dr. Samantha Petersen vom WWF,
einer von drei an dem Forschungsprojekt
beteiligten Organisationen. „Sollte das
Ergebnis signifikant sein, sollte die Fischerei
die Mortalität im nächsten Jahr reduzieren.“
Laut der Ergebnisse von Dr. Petersen fanden jährlich rund 18.000 Meeresvögel im
Fanggerät den Tod. Deshalb „handelte die
Industrie sehr rasch“ und ergriff verschiedene Maßnahmen: Sie brachte sogenannte
Tori-Leinen an (mit flatternden Bändern
versehene Seile, um die Vögel vom Köder
abzuschrecken) sowie Beschränkungen bei
der Verarbeitung von Fisch, während die
Netze ausgebracht werden. Denn über
Bord geworfene Abfälle sind leichte Beute
und locken die Tiere an, so Dr. Petersen
weiter. Heute verenden pro Jahr nur noch
200 Meeresvögel in den Netzen.
Obwohl Tori-Leinen zunächst eine freiwillige
Entscheidung waren, wurden sie später
gesetzlich vorgeschrieben. „Genau das
passiert,“ sagt Bross. „Wir haben diese
Maßnahmen wegen MSC ergriffen. Die
Regierung integriert sie dann kurzerhand in
ihre Gesetzgebung, damit sich auch jeder
daran hält. Somit sind wir wieder bei dieser
Verbewusstseinsmachung.“
Erholungsplan für Kingklip
Im Jahr 2004 bereiteten auch die KingklipBestände Sorge. Kingklip ist ein Fisch, der
mit Langleinen gefangen wird, aber auch in
den Netzen der Trawler landet. Eindeutigere
Leitlinien waren gefordert. Als Zertifizierungsauflage musste die Fischerei einen
Plan zum Verringern des Beifangs und
einen Erholungsplan für den Kingklip einführen. Jetzt existieren für Kingklip vorsorgende Fangquoten, die Laichgründe werden zu bestimmten Zeiten für die Fischerei
geschlossen und „auch für andere Arten
haben wir Fanggrenzen,“ erörtert Bross.
„Früher hatten wir keine Beifangrichtlinie.
Heute haben wir eine sehr eindeutige und
sie wird alljährlich weiterentwickelt.“ Sie ist
„präventiv“, betont er, denn „es wurden
quasi keine ikonischen Arten beigefangen
und es landete auch kein unerwünschter
Fisch in den Netzen.“
Ein Umdenkprozess
Die Frage, die man sich stellen sollte, betrifft
weniger die Änderungen, die eine MSCZertifizierung im Fischereimanagement zur
Folge hat, sondern vielmehr, welches
Umdenken sie in den Köpfen der Menschen
bewirkt. „Ein solcher Sinneswandel bringt
viele weitere Vorteile mit sich,“ glaubt er. „Es
klingt vielleicht nicht unbedingt nach einer
direkten Folge, aber meiner Meinung nach
ist dies der fundamentalere Nutzen der
Zertifizierung. Sie verändert die Denkweise
der Menschen, die in die Fischerei involviert
sind. Das darf man nicht unterschätzen.“
“
Die MSC-Zertifizierung bot uns eine Plattform und einen Anreiz zur Kooperation.
Zuvor war die Industrie uns gegenüber wesentlich argwöhnischer. Als schließlich
Aussicht auf MSC-Status bestand, hatten wir ein gemeinsames Ziel – das
ermöglichte einen Dialog, der vorher nicht da war.
”
Dr. Samantha Petersen, Sustainable Fisheries Programme Manager, WWF
© WWF
Languste
Baja California
Mexiko
ZERTIFIZIERT AM
27. April 2004;
erneute Bewertung
ab Mai 2009
SPEZIES
Languste
(Panulirus interruptus)
FANGMETHODE
Mit Ködern bestückte
Fallen
LAND
Mexiko
FANGGEBIET
Pazifikküste bei Baja
California Sur, zwischen
der Insel Cedros und
Punta Abreojos
FANGVOLUMEN
IN DEN zehn von der kleinen Gemeindefischerei abhängenden Dörfern hat die
Zertifizierung nach MSC-Standard die
Menschen gleich doppelt belohnt. „Zuvor
erhielten die Kommunen keine Elektrizität
von den staatlichen Unternehmen,“ erklärt
Mario Ramade, Leitender Biologe bei
FEDECOOP, der regionalen Vereinigung der
Kollektiven der Fischereiindustrie. „Jeder
produzierte seinen eigenen Strom. Nach der
Zertifizierung schenkte uns die Bundesregierung mehr Gehör und schloss uns ans
öffentliche Netz an. Für mich ist das zweifellos ein Ergebnis der Zertifizierung.“
Mehr Einfluss für Kommunen
Neben einer Beihilfe in Höhe von 20 Millionen
US-Dollar für das Stromnetz flossen von
staatlicher Seite auch Mittel in den infrastrukturellen Ausbau von Fischereien,
Zugangsstraßen und die Trinkwasser versorgung. Angeregt wurde dieser Geldstrom,
so glaubt Ramade, durch die internationale
Anerkennung und das Prestige, das der
Fischerei durch die MSC-Zertifizierung zuteil
wurde. In seinen Augen überwiegen die
sozialen und politischen Gewinne bei Weitem
den kommerziellen Nutzen. „Das mexikanische Fischereiministerium CONAPESCA
finanziert soziale Programme, und dank
unserer Zertifizierung sitzen wir in seinem
Bundesausschuss,“ sagt er. „Das ist ein
nicht quantifizierbarer Vorteil.“
1.300 Tonnen
Umweltverträgliche Fischerei
“
Ursprünglich wollten wir mit
der MSC-Zertifizierung einen
höheren Preis erzielen. Aber
der wirkliche Gewinn lässt sich
gar nicht beziffern, nämlich
die Macht, Behörden politisch
beeinflussen und für einen
besseren und faireren Dienst
an unserer Gemeinschaft
plädieren zu können.
”
Mario Ramade, Leitender Biologe
bei FEDECOOP
26
Die Zertifizierung wurde vom World Wildlife
Fund (WWF) USA und Comunidad y
Biodiversidad (COBI), einer mexikanischen
Nichtregierungsorganisation, unterstützend
begleitet und ist modellhaft für die erfolgreiche
Zusammenarbeit
zwischen
Regierung, Fischern und Umweltschutzorganisationen. Jede der neun zu
FEDECOOP gehörenden Kollektiven
befischt unter einer langfristigen staatlichen
Konzession bzw. Lizenz ein exklusives
Gebiet. Recht ungewöhnlich ist, dass jede
Kollektive ihren eigenen Biologen bzw.
Techniker beschäftigt, der bei der Datenerhebung hilft und wissenschaftlichen Rat
erteilt. Bestehen Bedenken hinsichtlich der
Bestände, dürfen Gebiete geschlossen
werden. Es gibt eine gesetzlich festgelegte
Mindestgröße für Langusten, eiertragende
Weibchen dürfen nicht gefangen werden
und nur bestimmtes Fanggerät ist gestattet.
Alle Fallen müssen mit Ausstiegsluken
versehen sein, damit zu kleine Langusten
wieder entkommen können.
Diese Maßnahmen als auch die Größe und
Ausstattung der Boote (acht Meter lange
Skiffs mit Außenmotor) und der Flotte (rund
20 Boote pro Kollektive) sprachen dafür,
dass diese Fischerei umweltverträglich
arbeitet, allerdings gab es kaum Studien, die
dies belegten. Als Zertifizierungsauflage
musste der Fangbetrieb deshalb binnen
zwei Jahren „mindestens ein Forschungsprojekt zur Untersuchung der fischereiwirtschaftlichen Auswirkungen auf die Ökosysteme“ initiieren. Innerhalb von zwölf
Monaten ging das Stanford CIBNOR
Gemeinschaftprojekt an den Start, das Teil
des laufenden Baja Biokomplexitäts-Projekts
unter der Leitung von Dr. Fiorenza Micheli
von der Stanford Universität in Kalifornien ist.
Zu dem Gemeinschaftsprojekt gehörte die
Dissertation von Geoff Shester, damals
Doktorand in Stanford. Gemeinsam mit
Kollegen studierte er den Beifang. Sie simulierten verloren gegangenes Fanggerät und
ließen mehrere Fallen zehn Tage lang im
Wasser liegen, um zu ermitteln, ob die Fallen
weiterhin Langusten fingen (so genannte
‚Geisterfischerei‘). Sie testeten biologisch
abbaubare Fallengitter, die bereits nach der
Hälfte der Zeit verrotten und somit den
Zeitraum, in dem es zur Geisterfischerei
kommen kann, verkürzen (die abbaubaren
Gitter sind seit 2007 gesetzlich vorgeschrieben). Außerdem platzierten sie Fallen auf
Schwämmen und Korallen und dokumentierten mit einer Videokamera alle an diesem
sensiblen Habitat entstehenden Schäden.
Die Ergebnisse bestätigten die Vermutungen
der Fischer: Die Fallen hatten minimale
Auswirkungen auf das Ökosystem und die
Geisterfischerei geschah in einem Ausmaß,
das die Sterblichkeitsrate der Langusten
nicht signifikant erhöhte. „Die Studienergebnisse bekräftigten, dass die Fischerei
auf Languste in Baja California die betroffenen Lebensräume unwesentlich beeinträchtigt,“ folgerte Shester in seiner 2008 vorgelegten Doktorarbeit, „und ist ein glänzendes
Beispiel für einen nachhaltig geführten
Fangbetrieb, der die MSC-Zertifizierung
auch weiterhin verdient.“
Sichern von Märkten
In diesem Jahr lässt sich die Fischerei erneut
bewerten, denn zertifizierte Betriebe müssen sich alle fünf Jahre vollständig auditieren
lassen, um MSC-zertifiziert zu bleiben –
dann macht die Hypothese von Shester die
Probe aufs Exempel. Aber warum hat sich
die Fischerei für eine erneute Zertifizierung
entschieden? „Momentan verkaufen wir 95
Prozent unserer Langusten ohne MSCSiegel nach Asien,“ erklärt Ramade. „Unserer
Meinung nach wird der Markt jedoch zunehmend MSC-zertifizierte Ware fordern. Eines
Tages wird das blaue Umweltsiegel Pflicht
sein, genauso wie der HACCP-Nachweis für
die Lebensmittelsicherheit. Und ohne
Zertifikat gehören wir zu den Verlierern.
Diese Gemeinde hat keine anderen
Ressourcen, die sie nutzen könnte. Die
Fischerei, insbesondere der Fang von
Langusten, ist unser ein und alles. Deshalb
müssen wir im Programm bleiben.“
“
Die Langustenfischerei von Baja California hat gezeigt, dass
die MSC-Zertifizierung nicht nur Verbesserungen in kleinen
Fischereien erzielt, die bereits vorbildlich geführt werden,
sondern auch den Menschen hilft, deren Lebensgrundlage
von der Fischerei abhängt.
”
Meredith Lopuch, Deputy Director, Sustainable Seafood Initiative, WWF-USA
(Der WWF ist eine von zwei NGOs, die der Fischerei Unterstützung bei der
Bewertung nach MSC-Standard geleistet haben)
Trotzdem unterlag die MSC-Zertifizierung
von Alaska Seelachs, wie auch bei anderen
Fischereien, bestimmten Auflagen, um
sicherzustellen, dass der Fangbetrieb die
wissenschaftlichen Forschungsarbeiten fortführt und vertieft, um auch in Zukunft die
Bestände und das sensible marine
Ökosystem zu schützen.
Alaska Seelachs
Beringsee, Aleuten
Golf von Alaska, USA
© At-sea Processors Association
Marktzugang und -erhalt
ZERTIFIZIERT AM
14. Februar 2005; April
2005; erneut zertifiziert
am 29. Januar 2009
SPEZIES
Seelachs
(Theragra chalcogramma)
FANGMETHODE
Pelagisches
Schleppnetz
LAND
USA
FANGGEBIET
Pazifik, östliche
Beringsee nördlich
der Aleuten; Golf von
Alaska, südlich und
östlich der Aleuten
FANGVOLUMEN
“
815.000 Tonnen;
19.000 Tonnen,
50.000 Tonnen (2009)
Ich weiß, dass unsere Mitglieder
aufgrund der MSC-Zertifizierung
Kunden gebunden und ihren
Kundenstamm in Europa und
Großbritannien erweitert haben.
Es besteht kein Zweifel daran,
dass die Zertifizierung Vorteile
bringt.
”
Jim Gilmore, PR-Leiter,
At-Sea Processors Association
28
„EINE ZEIT LANG waren Bemühungen,
Alaska Seelachs auf dem britischen Markt
einzuführen sinnlos, weil es kein Kabeljau
war,“ erläutert Jim Gilmore, PR-Leiter bei
At-Sea Processors Association (APA), deren
Mitglieder die eisigen Gewässer der riesigen,
symbolträchtigen und lukrativen Fischereien
durchkämmen. „Plötzlich vertreibt Young’s
MSC-zertifizierte Ware aus Alaska Seelachs
– und sie verkauft sich!“
Neue Märkte für ‚neuen‘ Fisch
Heute sind Co-op-Fischfrikadellen aus
Alaska Seelachs und Young’s Chip Shop
Jumbo Specials („zwei extragroße Filets aus
wild gefangenem Alaska Seelachs in knusprig-leichtem Teigmantel“) für britische
Verbraucher etwas Selbstverständliches.
Damit gesellen sie sich verstärkt zu den
Konsumenten in den USA, wo Alaska Seelachs in unterschiedlichsten Zubereitungsformen seit vielen Jahren auf Produkten
ausgewiesen, und in Geschäften quer durch
Nordamerika angeboten wird. In Großbritannien wurde Alaska Seelachs vor 2005
einfach als ‚Weißfisch‘ deklariert, um konservative Einkäufer, die Kabeljau und Seehecht
eisern die Treue hielten, nicht zu alarmieren.
Nachhaltiges Fischereimanagement
Tatsächlich wird Alaska Seelachs seit Jahrzehnten nachhaltig gefangen. Die Fischereimanager praktizieren einen vorsorgenden
Ansatz und setzen die jährliche Fangquote
unterhalb der biologisch akzeptablen
Niveaus fest, die von einem Forum staatlicher, bundesstaatlicher und akademischer
Wissenschaftler empfohlen wird. Wo
Unsicherheit herrscht, wählen sie konservative Limits. Auf den meisten Fangschiffen
reist mindestens ein staatlicher Beobachter
mit, der den Fang nicht nur überwacht und
dokumentiert, sondern auch wissenschaftliche Forschung betreibt. Auch in allen inländischen Betrieben, die Alaska Seelachs
verarbeiten, sind Beobachter im Einsatz.
Beifang und Abfall sind gering: 99 Prozent
dessen, was in den Netzen landet, ist Alaska
Seelachs. Alle anderen Teile des Fisches
werden zu verschiedenen Produkten verarbeitet. In den Fanggebieten hat die Fischerei
ausgedehnte Zonen zum Schutz der Brutund Nahrungsplätze von Steller Seelöwen
geschlossen. Außerdem wird abgelegenen
Gemeinden in Alaska über ein spezielles
System ein Anteil der Quote zugewiesen.
„Wir nahmen an dem Programm teil, weil wir
überzeugt waren, dass wir den MSCStandard erfüllten,“ betont Gilmore. „Doch
über die Bestätigung durch Dritte bringt der
MSC eine zusätzliche Leistung – und die
Würdigung in der Seafood-Branche, dass wir
eine vorbildlich geführte Fischerei sind. Dies
macht uns stärker sichtbar.“
Besonders „sichtbar“ jedoch wurde der Fisch
selbst. Japan war schon immer ein bedeutender Absatzmarkt für Alaska Seelachs –
gehackt, als Surimi und für Erzeugnisse aus
Rogen. Die Wachstumsmärkte jedoch sind
Europa und die USA. In den Vereinigten
Staaten zum Beispiel verwendet McDonald‘s
für seine Fischburger fast ausschließlich
Alaska Seelachs. „McDonald‘s schätzt es,
dass Alaska Seelachs MSC-zertifiziert ist,
auch wenn das Unternehmen nicht groß
damit wirbt,“ erklärt Gilmore. „In Europa und
Großbritannien profitieren wir zweifellos vom
MSC-Programm. Es hilft uns, Märkte zu
erschließen und zu halten.“
Harte Fakten und Zahlen hingegen sind
schwerer zu finden. Doch hat sich laut einer
Studie des Marktforschungsinstituts TNS der
Umsatz mit Seelachs – einschließlich Alaska
Seelachs – in Großbritannien in den letzten
zwei Jahren von 11 auf 23 Prozent verdoppelt. Von diesem Trend können MSCzertifizierte Fischereien auf Seelachs nur profitieren.
„Ich glaube der MSC ist nicht allein dafür
verantwortlich, dass Alaska Seelachs nun
einen festen Platz auf vielen Sortimentslisten
hat,“ sagt Pat Shanahan, Programmleiter bei
Genuine Alaska Pollock Producers (GAPP),
„aber geholfen hat es auf jeden Fall. Wir
hatten bereits gemeinsam daran gearbeitet,
den Begriff ‚Weißfisch‘ in Seelachs zu
verwandeln. Unternehmen wie Young’s, die
schon früh MSC-zertifizierte Ware führten,
waren aufgrund des MSC-Labels eher bereit,
diesen Kurs einzuschlagen. Der MSC spielte
definitiv eine Rolle dabei.“
Im Januar 2009 verkündeten die Fischereien
auf Alaska Seelachs in der Beringsee, um die
Aleuten und im Golf von Alaska ihre Absicht,
sich erneut bewerten zu lassen. Fangbetriebe
müssen alle fünf Jahre die komplette
Bewertung neu durchlaufen, um zertifiziert
zu bleiben. „Unsere Mitglieder sagten: OK,
wir wagen den Sprung, weil er uns nützt –
besonders in Europa,“ so Gilmore weiter. „Es
war ihre Entscheidung. Ich bin mir sicher,
dass wir aufgrund der Zertifizierung neue
Märkte geschaffen und bestehende Märkte
beibehalten haben und so Sichereit bieten
konnten.“
“
Das MSC-Logo gab uns das Selbstvertrauen, mit Kunden
über Alaska Seelachs zu sprechen. Wir konnten nicht nur
sagen ‚So heißt dieser Fisch‘, sondern auch ‚Aus diesem
Grund hat er für Sie als Verbraucher Bedeutung – er
kommt aus einer nachhaltigen Fischerei.
”
Mark Ventress, Category Director bei Young’s Seafood
© At-sea Processors Association
Seezunge, Hering
und Makrele
Hastings
Großbritannien
© MSC
„WENN DER WIND aus Südwest kommt,
schieben wir die Boote mit einem Bulldozer
über die Kieselsteine ins Wasser,“ so schildert Paul Joy von der Hastings Fishermen’s
Protection Society (HFPS) den Modus
operandi der einzigen britischen Flotte, die
vom Strand aus startet. „Es ist wie Bondi
Beach bei rauem Wetter, nur wesentlich
kälter. Die Boote surfen eigentlich. Wenn sie
zurückkommen, ziehen wir sie mit einer
Winde aus dem Meer, bevor sie die nächste
Welle zertrümmert.“
ZERTIFIZIERT AM
16. September 2005
SPEZIES
Seezunge (Solea solea),
Hering (Clupea harengus)
und Makrele (Scomber
scombrus)
FANGMETHODE
Grundschleppnetz,
Kiemennetz, mehrwandiges Netz und Treibnetz¹
LAND
Großbritannien
FANGGEBIET
Östlicher Ärmelkanal
zwischen Beachy Head
und Dungeness sowie
bis zur 6-Meilen-Grenze
FANGVOLUMEN
72 Tonnen Seezunge,
10 Tonnen Hering und
Makrele
¹ Kleinflächigere Treibnetze zählen nicht zu den
geächteten Fanggeräten.
“
Ich will mich nicht auf Kosten
meines Sohnes bereichern, indem
ich das Meer leerfische und er
dann überhaupt nichts mehr
fängt. Fischbestände, Schäden
am Meeresboden, Beifang…
der MSC betrachtet das
Gesamtbild.
”
Paul Joy, Vorsitzender, HFPS
30
Mustergültige Umweltpraktiken
Die 24 Boote – alle weniger als zehn Meter
lang – verwenden je nach Zielart unterschiedliches Fanggerät. Für Seezunge
werden mehrwandige, an beiden Enden
fixierte Netze, über Nacht ausgebracht,
„weil Seezunge im Dunkeln schwimmt,“
begründet Joy. Am nächsten Tag holen sie
die Fische dann aus den Netzen. Mit
100 mm sind die Maschen zehn mm größer
als gesetzlich vorgeschrieben, wodurch
weniger Jungfische ins Netz gehen – ein
Beispiel für freiwillige vorbildliche Praktiken.
Am Netzboden ist „eine sehr leichte
Bleileine“ befestigt, so Joy weiter, „die an
der Flora und Fauna des Gewässerbodens
keine oder nur unerhebliche Schäden
verursacht.“ Vor Hastings gibt es Weichkorallen, Seesterne, Seeigel, Krebse und
kleine Fische wie Leierfische und Klieschen,
die andernfalls gestört würden.
Auch die Treibnetze für Makrele und Hering
sind mit einer beschwerten Grundlinie
versehen, die den Meeresboden nur gelegentlich berührt bzw. minimal stört. „Unsere
Familien fischen schon seit Generationen
auf diese Weise,“ erzählt Joy, der seine
Ahnen bis vor die normannische Eroberung
zurückverfolgen kann. „Wir arbeiteten
schon immer nachhaltig, aber wir wollten
uns als umweltfreundliche Fischerei
darstellen. Die MSC-Zertifizierung bot uns
eine Chance, dies zu tun.“
Wie erwartet waren nur wenige Änderungen
nötig, um die Bewertung zu bestehen.
Deshalb lassen sich die ökologischen
Gewinne aus der Teilnahme am MSCProgramm auch nur schwer quantifizieren.
Anfangs erzielte der Fangbetrieb auch keine
wirtschaftlichen Vorteile. „Zwei Jahre lang
verdienten wir mit dem Zertifikat keinen
Cent extra,“ betont Joy. „Wir erhielten den
gleichen Preis wie alle anderen.“
Dann, im Jahr 2007, gründeten die Fischer
die gemeinnützige Community Interest
Company (CIC), um ihren Fang als MSCzertifiziert zu verkaufen und sich einen
Preisvorteil zu sichern. Alle Mehreinnahmen
gingen direkt an die Fischer und nicht an
Händler oder verarbeitende Betriebe.
Marktvorteile
„Diese Strategie hat sich ausgezahlt,“ fährt
Joy fort, „da wir nun höhere Preise erhalten.
Unsere Seezunge geht nach Holland, wo
MSC-zertifizierte Ware im großen Stil nachgefragt wird. Dort erhalten wir für unsere
Ware zehn Prozent mehr, darauf haben wir
auch bestanden.“ In Frankreich bot ihm die
riesige Einzelhandelskette Casino für MSCzertifizierten Fisch, der in bestimmten
Filialen verkauft wird, bis zu 15 Prozent
mehr. „Der MSC ermöglichte es uns, in das
Exportgeschäft einzusteigen,“ glaubt Joy.
„Ohne ihn hätten wir das nicht geschafft.“
Politische Stärke
Es gab jedoch auch subtilere Vorteile.
„Politisch gesehen hat uns die Zertifizierung
gestärkt,“ bekräftigt Joy. „Wir nutzen den
MSC als eine Art Abzeichen, als LobbyInstrument sozusagen. Wenn erwiesen ist,
dass unsere Fischerei nachhaltig arbeitet,
haben wir beispielsweise ein stärkeres und
besseres Argument für einen fairen Anteil
an der Quote.“
Mehr als alles andere ist die Hastings
Fischerei „stolz auf ihren MSC-Status“, um
ihre Zukunft sichern zu können. „Wir haben
heute sehr gesunde Bestände,“ freut sich
Joy, „und so soll es auch bleiben. Ich will
dafür sorgen, dass wir auch in 100 Jahren
noch eine Flotte haben. Jedes Boot muss
eine Crew ernähren, und das wiederum
nährt den Fischmarkt, der Arbeitsplätze
bereitstellt. Da hängt eine ganze Infrastruktur
dran.“
“
Durch die Zusammenarbeit mit der Seezungenfischerei von Hastings wurde mir noch
mehr bewusst, dass es der einzige Weg nach vorn ist. Deshalb arbeitet „Fishes“ auch
nur mit MSC-zertifizierten nachhaltigen Fangbetrieben zusammen. Über die Kooperation
mit ihnen und durch die Aufklärung von Verbrauchern nehmen wir unsere Verantwortung
beim Schutz der Weltmeere ernst.
”
Bart van Olphen, Geschäftsführer, Fishes Wholesale BV
© MSC
Kabeljau
Beringsee und
Aleuten
USA
Foto: Bering Select Seafoods Company
ZERTIFIZIERT AM
10. Februar 2006
SPEZIES
Kabeljau
(Gadus macrocephalus)
FANGMETHODE
Grundhaken und
Langleine
LAND
USA
FANGGEBIET
Pazifischer Ozean,
Beringsee und Aleuten
FANGVOLUMEN
“
103.000 Tonnen (2009)
Zur Nachhaltigkeit von Kabeljau
gibt es viele widersprüchliche
Aussagen. Aber was sind die
Fakten? Für Verbraucher zählt
es, sich keine Gedanken
machen zu müssen. Unser
MSC-zertifiziertes Erzeugnis
können sie guten Gewissens
kaufen.
”
Paul Gilliland, Geschäftsführer,
Bering Select Seafoods Company
„2005 MACHTE man sich um Kabeljau in
der Nordsee, Kabeljau in der Ostsee und
selbst Kabeljau in der Barentssee Sorgen,“
beginnt Paul Gilliland, Geschäftsführer bei
Bering Select Seafoods. „Die Leute sagten:
‚Ich weiß nicht mehr, welcher Kabeljau die
verantwortungsbewusste Wahl ist. Ich
kaufe keinen Kabeljau.‘ Damals wusste die
Öffentlichkeit wenig über nachhaltig
gefangenen Pazifischen Kabeljau. Wir
haben mit dieser Fischerei den MSC-Kurs
beschritten, um zu zeigen, dass Verbraucher
dieses Produkt dank des auf wissenschaftlichen Daten beruhenden Programms
bedenkenlos kaufen können.“
Bei dem Erzeugnis handelte es sich um
MSC-zertifizierten Pazifischen Kabeljau,
der per Langleinen von 35 bis 60 Meter
langen Schiffen gefangen und noch auf
hoher See eingefroren wird. Der historisch
bedeutsame Fisch wird entweder gesalzen
oder als Filet im Teigmantel, Frikadellen
oder Fischstäbchen vertrieben. Wie andere
Fischereien Alaskas wird auch dieser
Fangbetrieb vom North Pacific Fisheries
Management Council und dem National
Marine Fisheries Service vorbildlich verwaltet. Die Kabeljau-Fischerei „erzielte ausgezeichnete Ergebnisse,“ lobten die MSCZertifizierer 2006, und der Bestand wird auf
einem Niveau gehalten, der die Populationsdichte von Kabeljau und den Schutz
der betroffenen Ökosysteme gewährleistet.
Minimieren ökologischer Folgen
Beim Longlining wird eine Grundleine straff
und gerade auf dem Meeresboden ausgelegt, nachdem sie über eine Trommel automatisch mit Ködern bestückt wurde. Durch
die gestraffte Leine werden Bewegungen
des Fanggerätes und Schäden am Meeresboden minimiert. Wenige Stunden später
wird das Netz vom Schiff nach oben gehievt
– nicht seitlich gezogen. „Jeder im Geschäft wird Ihnen sagen, dass das beim
Longlining verwendete Gerät den Meeresboden nicht schädigt,“ erklärt Gilliland.
Tatsächlich gaben nur drei Punkte dem
Zertifizierer Anlass, explizite Bedingungen
aufzustellen – zwei davon bezogen sich auf
Umweltfaktoren, eine auf Managementpraktiken. Die Fischerei muss diese
Auflagen erfüllen, um MSC-zertifiziert zu
bleiben. Die erste Bedingung betraf den
Beifang von Eissturmvögeln. Die Vögel
können zu den mit Ködern bestückten
Haken hinab tauchen und sich im Gerät
verfangen. Bei der anderen Bedingung ging
32
es um Schäden, die durch Fanggerät verursacht werden, das auf hoher See verloren
geht. Weil in beiden Fällen das genaue
Ausmaß etwaiger Folgen aufgrund
mangelnder wissenschaftlicher Daten nicht
bekannt war, verpflichtete sich die Fischerei
dazu, diese Folgen über entsprechende
Forschungsarbeiten zu identifizieren und zu
beobachten. Gemeinsam mit anderen
Fangbetrieben, die ebenfalls mit Langleinen
fischen, appellierte Bering Select an die
Bundesregierung, für die Erforschung der
Auswirkungen von verloren gegangenem
Fanggerät Mittel in Höhe von 500.000
US-Dollar bereitzustellen.
Öffnen neuer Märkte
Vor der Zertifizierung waren die Absatzmärkte von Bering Select in erster Linie auf
gepökelten Kabeljau spezialisiert. Der
gesalzene Fisch wird entweder frisch oder
getrocknet verkauft und traditionell in Italien,
Frankreich, Portugal, Spanien und Brasilien
gegessen. „In den letzten 15 Jahren ging
nur ein sehr kleiner Anteil unseres Kabeljaus
auf den lukrativeren Markt für Erzeugnisse
im Backteig und panierte Produkte,“ berichtet Gilliland. „Für uns ist das ein neues,
wichtiges Segment – und ein Ergebnis der
MSC-Zertifizierung. Wir sehen neue
Kunden: Zunächst waren es nur Endverbraucher in Großbritannien, doch das
Volumen beginnt auch anderswo in Europa
zu steigen.“ Asda, Sainsbury’s und Young’s
Seafood gehören zu den großen
Unternehmen, die MSC-zertifizierten
Kabeljau aus Alaska anbieten.
Als die Nachfrage am höchsten war, erhielt
man für MSC-zertifizierten Pazifischen
Kabeljau zwei bis drei Prozent mehr, schätzt
Gilliland. Aber „der wichtigste Vorteil war
der Zugang zu neuen Märkten,“ fährt er
fort, „und die expandieren weiter. Japan
wird ein Wachstumsmarkt sein, auch wenn
das dortige Interesse eher der Rückverfolgbarkeit als der nachhaltigen Bewirtschaftung gilt. Aber zum Glück ist auch die
Rückverfolgbarkeit ein wichtiger Teil des
MSC-Programms.“
“
Haken und Leine gehört für uns zu den bevorzugten umweltverträglichen Fangmethoden.
Wir freuen uns, leinengefangenen Pazifischen Kabeljau anbieten zu können, der als nachhaltig nach MSC zertifiziert ist. Als weltweit führend in der Zertifizierung von Fischereien
des Wildfangs bildet der MSC eine grundlegende Komponente unserer Beschaffungsstrategien für Fisch.
”
Ally Dingwall, Manager Aquakultur und Fischereien, Sainsbury’s PLC
Foto: Bering Select Seafoods Company
Bändereisfisch
Australien
© Dylan Skinns
ZERTIFIZIERT AM
31. März 2006
SPEZIES
Australischer
Bändereisfisch
(Champsocephalus
gunnari)
FANGMETHODE
Grundschleppnetz und
pelagisches Schleppnetz
LAND
Australien
FANGGBIET
Vor der Heard-Insel und
den McDonald-Inseln
(HIMI), eine vulkanische
Inselgruppe im südlichen Ozean, 4.000 km
südwestlich von Perth
nahe der Antarktis
FANGVOLUMEN
“
Rund 1.000 Tonnen
Vor der Zertifizierung trafen wir bei
unseren Bestandsbewertungen
und Modellierungen zu Bändereisfisch gewisse Annahmen. Als wir
sie dem MSC-Team präsentierten
wurde uns bewusst, dass es auch
andere fähige Leute gibt – Leute,
die sich im Fischereimanagement
ebenfalls bestens auskennen.
Unsere Annahmen wurden
getestet und dieser Test hat die
Fischerei besser gemacht.
”
David Carter, Geschäftsführer, Austral
Fisheries, Perth, Westaustralien
34
„DER MSC HAT den Bändereisfisch
bekannter gemacht,“ erläutert David Carter,
Geschäftsführer bei Austral Fisheries, dem
australischen Unternehmen, das hauptsächlich Schwarzen Seehecht fängt. Den
schmackhaften blassen Fisch aus der
Antarktis, komplett mit eingebautem natürlichem Frostschutz, betrachtet die Firma
„als sekundäre Spezies im Kerngeschäft.“
Strengere Wissenschaft
Auf einer Landkarte versuche ich das australischen Überseegebiet zu orten, in dem
Austral Fisheries ihr einziges Fangschiff auf
Australischen Bändereisfisch betreibt. An
der sich ständig verschiebenden Grenze
der Antarktis bilden die HIMI – so nennt
man diese Inseln – im Herzen des Südlichen
Ozeans ein „geschlossenes Ökosystem“
inmitten einer biologischen Barriere, die
entsteht, wenn kalte antarktische Ströme
auf wärmere Strömungen aus dem Norden
trifft. HIMI sind das weltweit einzige Beispiel
für ein unberührtes subantarktisches Ökosystem, das zahlreichen marinen Säugern
und Meeresvögeln als Brut- und Nahrungsstätte dient. Die Inseln und das umliegende
Meer wurden von der UNESCO zum
Weltnaturerbe erklärt.
„Der wahre Gewinn aus der MSC-Zertifizier ung lag für uns in der strengeren
Wissenschaft, der Begutachtung durch
Experten und den externen Überlegungen
zur wissenschaftlichen Bestandsbeurteilung,“ so Carter weiter. Dies brachte
alternative Ansätze zum Vorschein – andere
Hypothesen, um die Art und Weise des
Bestandsmanagements zu überprüfen. Es
war ein nützlicher Prozess, der die Qualität
unserer Bestandsbeurteilung beim Bändereisfisch erhöht hat.“
‚Strenge‘ Beobachtung und striktes
Einhalten von Vorschriften
Das 1992 zum Naturschutzgebiet ausgerufene Überseeterritorium ist gleichzeitig auch
Weltnaturerbe. So verwundert es nicht, dass
die benachbarte Bändereisfisch-Fischerei
einer rigorosen Aufsicht und Kontrolle durch
das Australische Fischereiamt AFMA und
CCAMLR unterliegt, der Kommission für den
Schutz mariner Ressourcen in der Antarktis.
CCAMLR ist ein aus 25 Nationen bestehendes internationales Gremium, das sich die
Verwaltung antarktischer Fischereien unter
der Prämisse des Erhalts der biologischen
Artenvielfalt und der Stabilität des Ökosystems zur Aufgabe gemacht hat.
Zur Bekämpfung der illegalen Fischerei auf
Schwarzen Seehecht stellte die australische
Regierung Mittel in Höhe von mehreren hundert Millionen Dollar zur Verfügung. Die kontinuierliche Überwachung erfolgt durch ein
Patrouillenschiff. Die Kontrolle erfüllt „äußerst
hohe Standards,“ wie die MSC-Zertifizierer
im Jahr 2006 bemerkten, die Maßnahmen
werden „hervorragend“ eingehalten und der
Fang von Zielarten sowie der Beifang unerwünschter Arten werden Schiff für Schiff
genau dokumentiert. Quantitative Bestandsbeurteilungen sind von „Weltklasse“, lobten
die Zertifizierer.
Trotzdem herrschte über die verwendete
Methodik Unsicherheit und so verlangten
die Zertifizierer von der Fischerei das
„Erbringen von Beweisen, dass die aktuellen Methoden der Bestandserhaltung dienen und vorsorglicher sind“ als andere
Verfahren.
In ähnlicher Weise führte eine weitere
Bedingung, die von der Fischerei eine
Einschätzung der ökologischen Risiken der
Grundschleppnetzfischerei und der Folgen
für benthische Habitate verlangte, „zu
umfangreicher Forschung“, fährt Carter
fort. „Wir waren mit Kameras unten, die auf
den Netzen montiert waren, um zu ermitteln, wie sich die Netze auf den Meeresboden auswirken. Die ganzen Nachforschungen, die im Rahmen von MSCBedingungen angestellt wurden, führten zu
einem Projekt, das teilweise vom
Australischen Amt für die Erforschung und
Entwicklung von Fischereien finanziert
wird.“
Diese Fischerei, bemerkten die Zertifizierer,
hat ein umfassendes Wissen über das verwendete Fanggerät (Grundschleppnetze
und pelagische Schleppnetze). Bestimmtes
Gerät wird nur an bestimmten Orten zu
bestimmten Zeiten verwendet, um das
Risiko für bedrohte, geschützte oder besonders beliebte Arten möglichst gering zu
halten. „Wir erfüllten beim MSC alle
Kriterien,“ freut sich Carter, „eine echte
Errungenschaft in einem ökologisch so
sensiblen Gebiet. Wer den Goldstandard
erfüllt, vermittelt der Öffentlichkeit: Wir glauben, dass wir verdammt gut sind. Die
Fischerei befindet sich in guten Händen.
Unsere täglichen Aktivitäten werden von
jeder Menge hochwertiger Wissenschaft
und Transparenz begleitet. Es war etwas,
was wir tun mussten.“
“
Australischer Bändereisfisch wird nach CCAMLR-Standard oder strenger gemanagt, was
präventive Ziele und Fanggrenzen sowie eine umfassende jährliche Prüfung bedeutet.
Doch die MSC-Zertifizierung bringt eine öffentliche Anerkennung der hohen Standards,
die beim Management dieser Ressource zum Einsatz kommen und ist für den Verbraucher
ein wesentlich greifbareres Symbol.
”
Dr. Malcolm Haddon, Vorstand, Commonwealth Sub-Antarctic Resource Assessment Group
© Dylan Skinns
Heilbutt
Pazifik
USA
© Peter Thompson
ZERTIFIZIERT IM
April 2006
SPEZIES
Heilbutt
(Hippoglossus stenolepis)
FANGMETHODE
Grundhaken und
Langleine
LAND
USA
Auswirkungen auf die Umwelt
FANGGEBIET
Beringsee, Alaska,
Washington
FANGVOLUMEN
“
„DIE BEVORZUGTE GRÖSSE sind 30-Pfünder,“ erklärt Bob Alverson, Geschäftsführer
der Fishing Vessel Owners Association in
Seattle. Mit diesen Worten zeigt er mir ein
paar Fotos von einem riesigen Heilbutt, der
von zwei strammen Jungs aus dem Wasser
gehievt wird. Sie legen sich ins Zeug als
würden sie Tauziehen. Der gigantische
Plattfisch muss so schwer sein wie die zwei
Kerle zusammen. Heilbutt kann bis zu 225
kg schwer werden – so viel wie drei erwachsene Männer – und dieser hier ist so lang
wie eines der weiblichen Mitglieder an Bord
groß ist.
24.000 Tonnen
Die Zertifizierung hat unsere
Preise sehr positiv beeinflusst.
Ich kann Ihnen zwar nicht sagen,
ob sie um 15 Cents pro Dollar
gestiegen sind, aber wir profitierten von jeder Menge kostenloser
Werbung. Das Monterey Bay
Aquarium unterstützt den MSC
und Chefköche erwähnen ihn im
Fernsehen. Das hat eine neue
Nachfrage geschaffen.
”
Bob Alverson, Geschäftsführer,
Fishing Vessel Owners Association
Interessanterweise ist es die enorme Größe
des Heilbutts, die ihn zu einer vergleichsweise leicht zu fangenden Beute macht,
ohne dass Jungfische oder unerwünschte
Arten mit ins Netz gehen. Mit entsprechend
langen Haken, die in Abständen von 5,5
Metern an einer 550 Meter langen geradlinig ausgelegten Grundleine befestigt sind
und wenig Schäden verursacht, vermeiden
die Fischer Rückwurf und Beifang. „Sie
fangen ein wenig Rotbarsch mit, der lässt
sich verkaufen,“ erklärt Alverson, „und
etwas Lengdorsch, den sie behalten dürfen.“ Auch Kabeljau darf laut Gesetz bis zu
20 Prozent des Fangs ausmachen, der
Großteil davon wird jedoch als Köder verwendet, was Geld spart. „Natürlich müssen
sie entsprechende Aufzeichnungen darüber führen,“ hebt Alverson hervor.
Das Einhalten dieser und anderer Vorschriften wird streng kontrolliert vom
National Marine Fisheries Service und der
International Pacific Halibut Commission.
„Man darf keinen Heilbutt behalten, der
weniger als 80 Zentimeter lang ist,“ so
Alverson weiter. „Ab dieser Größe ist der
Fisch geschlechtsreif. Wir nennen das einen
10/20er, weil er dann zwischen 10 und 20
amerikanischen Pfund wiegt (ein amerikanisches Pfund entspricht 454 Gramm). Sie
[die Meereswissenschaftler] wollen, dass
der Fisch diese Größe erreicht hat, bevor
wir ihn fangen. Für uns ist das gut, weil wir
für größere Fische mehr Geld bekommen.“
Auch in anderen Punkten scheinen sich
Fischer und Umweltschützer einig. „Vor ein
paar Jahren hatten wir ein Problem mit
beigefangenen Meeresvögeln,“ erläutert
Alverson. „Daraufhin arbeiteten wir mit der
Universität Washington zusammen, erhielten eine Zuwendung und stellten zwei Jahre
lang sechs unserer Fangschiffe als
36
Forschungsplattform zur Verfügung. Die
Fischer experimentierten auch mit ‚ToriLeinen‘ – mit flatternden Bändern versehene Taue, die am Heck der Schiffe herabhängen und Vögel verscheuchen – und
erkannten, dass die Vögel wesentlich weniger mit dem Köder in Kontakt kamen, wenn
die Crews diese Leinen richtig aufhängten.“
Seit drei Jahren nun sind Tori-Leinen Pflicht
auf allen Schiffen im Nordpazifik, die mit
Langleinen fischen. Der Beifang an Meeresvögeln hat sich dadurch um 80 Prozent
reduziert.
Politischer Einfluss
Nur in einer Hinsicht bestand deutlicher
Verbesserungsbedarf. „Obwohl wir an Land
eine sehr gründliche Kontrolle und ein vorbildliches Logbuchsystem haben, betreibt
die Heilbutt-Fischerei kein Beobachterprogramm für Beifang,“ illustriert Alverson.
Anders gesagt: Beifang mit kommerziellem
Wert wird im Hafen gewogen und dokumentiert, und die Fischer machen ihre eigenen Aufzeichnungen, aber es gibt keine
unabhängigen Wissenschaftler, die den
Beifang an Bord der Fangschiffe überwachen. Als Zertifizierungsauflage sollte die
Fischerei deshalb staatliche Einrichtungen
bemühen, um ein solches Programm zu
implementieren. „In den nächsten drei
Jahren,“ mutmaßt Alverson, „wird sich das
Beobachterprogramm des Nordpazifischen
Rates beträchtlich ändern, um die Bedenken
des MSC zu entkräften.“ Das wäre vielleicht
auch so geschehen, fügt er hinzu, aber der
zusätzliche Druck habe definitiv geholfen.
Zuspruch und Zugang zu
neuen Märkten
Ein wesentlich fassbarer Nutzen der
Zertifizierung war der Reiz, den sie auf
Köche mit ethischen Ansprüchen ausübte.
Sie erwähnten die Fischerei in ihren tagsüber laufenden TV-Kochshows. „Sie sagen:
‚Das hier ist MSC-zertifiziert, das ist ein
wunderbares Produkt, das sollten Sie
essen‘,” zitiert Alverson. „An der Westküste
gibt es kein verdientes Fischrestaurant, das
keinen Heilbutt auf seiner Speisekarte stehen hat. Ich würde sagen, dass wir indirekt
aus dem Eifer der TV-Köche profitiert
haben.“
Bislang erzielte die Fischerei 80 Prozent
ihrer Umsätze aus Nordamerika, aufgeteilt
zwischen Kanada und den Vereinigten
Staaten – aber das beginnt sich langsam zu
ändern. „Das MSC-Siegel spielte in Bezug
auf das Volumen, das wir heute nach
Europa verkaufen, eine wichtige Rolle,“ so
Alverson weiter. „Ich denke, dort kommt es
in Mode. Das hat eine neue Nachfrage
geschaffen, die uns meiner Meinung nach
enorm geholfen hat.“
© Peter Thompson
“
Wir glauben, dass unsere Nordpazifische Heilbutt-Fischerei, die von einem
amerikanisch-kanadischen Gremium gemanagt wird, ein Modell für künftige
Generationen ist. Das MSC-Siegel ist eine weitere Bestätigung dafür, dass sich
alle Interessengruppen zur Nachhaltigkeit verpflichten und dies auch tun sollten.
Auch unsere Enkel werden diese wunderbare Ressource noch fischen,
verarbeiten, verkaufen und konsumieren können.
Dana Besecker, Präsidentin, Dana F Besecker Co, Inc.
”
Foto: Bering Select Seafoods Company
Hering
Nordsee
verschiedene
Nationen
ZERTIFIZIERT AM
9. Mai 2006
SPEZIES
Hering
(Clupea harengus)
FANGMETHODE
Pelagisches Schleppnetz
LAND
Die Fangschiffe operieren in den Niederlanden, Deutschland,
Großbritannien, Frankreich, Irland und Litauen
FANGGEBIET
Nordsee und östlicher
Ärmelkanal
FANGVOLUMEN
“
Rund 65.000 Tonnen
In Brüssel hat die MSC-Zertifizierung beim Beeinflussen von
Entscheidungen zum Fischereimanagement – was wir natürlich
alle tun – eine Wirkung.
Wir selbst können nur ausgewogene Meinungen erteilen, weil wir
alle bereits zertifiziert oder gerade
in Bewertung sind.
”
Gerard van Balsfoort, Präsident,
Pelagic Freezer-Trawler Association
38
© PFA
„WIR WAREN SO etwas wie Pioniere,“
erzählt Gerard van Balsfoort, Präsident der
Pelagic Freezer-Trawler Association, deren
bis zu 140 Meter lange 26 Fangschiffe den
Nordsee Hering nicht nur fischen, sondern
ihn an Bord auch gleich klassifizieren, einfrieren und verpacken. „Vor uns ließen sich
zwar ein paar kleine Fangbetriebe bewerten,
aber wir waren die erste große Fischerei in
Europa, die zertifiziert wurde. Für den MSC
war das so etwas wie ein Durchbruch.“
Stimmungswechsel bei
Fischereiverhandlungen in der EU
Drei Jahre später scheint eine MSCZertifizierung die Norm zu sein. Die schwedischen, dänischen und schottischen pelagischen Flotten folgten unserem Beispiel. „Im
Laufe des Jahres,“ so Balsfoort, „dürfte die
Mehrheit der Nordsee Herings-Fischereien
MSC-zertifiziert sein.“ Diese kritische Masse,
argumentiert er weiter, habe die europäischen Verhandlungen für die Bewirtschaftung
dieser Bestände verändert.
Eine Säule der 2002 in Kraft getretenen
Reform der Gemeinsamen Fischereipolitik
bildete die Einrichtung regionaler Beratungsgremien (Regional Advisory Councils oder
RACs), die Empfehlungen zum Fischereimanagement aussprechen und diese
anschließend an die Kommission oder die
relevanten nationalen Behörden übermitteln.
An den Treffen beteiligen sich Wissenschaftler
als Experten und Vertreter der Mitgliedsstaaten dürfen als Beobachter beiwohnen.
Doch sind es die Interessensgruppen der
Fischereien, sowohl aus der Industrie als
auch von Nichtregierungsorganisationen,
die das Meiste zur Diskussion beitragen.
„Unser RAC befasst sich mit pelagischen
Beständen,“ erläutert van Balsfoort, und
meint damit Fische, die in Schwärmen in der
Wassersäule und nicht am Grund schwimmen. „Alle großen Akteure in der europäischen Herings-Industrie sind heute MSCzertifiziert oder in Bewertung – das hat im
Beratungsprozess zu einem bestimmten
Verhalten geführt. Aus Bestandssicht kann
man nicht einfach eine höhere Quote fordern, wenn sie nicht wissenschaftlich fundiert ist. Jeder weiß, dass die Zertifizierer
nicht nur darauf achten, wie wir auf hoher
See agieren, sondern auch, wie wir uns bei
der Quotenempfehlung verhalten. Wer zertifiziert ist, muss vorausschauend handeln.
Das ist eine Nebenwirkung des MSC.“
Erholungsplan für die Bestände
Beim Hering ist dies besonders wichtig. „Wir
wurden 2006 zertifiziert als die Bestände am
stärksten waren,“ erzählt van Balsfoort.
Seitdem ist die Zahl der Nordsee Heringe
aus komplexen biologischen Gründen, die
nichts mit der Fischerei zu tun haben, gesunken. „Die Rekrutierung ist zu niedrig, sprich
es gibt nicht genügend Neuzuwächse – deshalb hat der Bestand abgenommen.“
Die Zertifizierer haben das mögliche Eintreten
dieser Entwicklung mit berücksichtigt. „Um
die Bewertung zu bestehen, mussten wir
uns mit Wissenschaftlern zusammensetzen
und einen Aufbauplan für den Bestand
erstellen, und genau das haben wir getan.
Ohne Zertifizierung wäre das nur in Verbindung mit dem RAC geschehen.“
Auch wenn die Bestände nachhaltig befischt
werden, so erklärt er weiter, „schwanken sie
nach oben und unten, gehen sie rauf und
runter. Wer die Talsohle gut managt, kann
immer noch zertifiziert werden. Man muss
sich eben anpassen. Eine solche Anpassung
bestand darin, diesen Aufbauplan zu erstellen und gravierende Einschnitte bei der
Gesamtfangmenge zu akzeptieren.“
Nachhaltigkeit demonstrieren
Es half auch, dass die Herings-Fischerei
selektiv ist und nur eine Art fängt, buchstäblich ohne Beifang. „Das liegt vor allem am
Charakter der Spezies,“ fährt van Balsfoort
fort. Denn Heringe schwimmen gewöhnlich
in separaten Schwärmen, wodurch andere
Arten selten mit ins Netz gehen. Der
Rückwurf sei äußerst gering, er liege bei
zwei bis fünf Prozent, fügt er hinzu. Und weil
das Netz durch die Wassersäule gezogen
wird, seien negative Folgen für den
Meeresboden auch kein Thema.
„Aus diesem Grund haben wir uns für die
MSC-Zertifizierung entschieden,“ argumentiert van Balsfoort. „Wir wussten, dass wir
verantwortungsvoll und nachhaltig vorgehen, aber wir wollten es auch beweisen. Das
stiftet Vertrauen bei den Käufern von Hering
– einem beliebten Fisch, der allen Nordseeanrainern viel bedeutet.“
“
Als einziges weitläufig bekanntes und unabhängiges Siegel
macht MSC es den Verbrauchern leicht, sich für nachhaltigen Fisch zu entscheiden. Nach unseren eigenen Kriterien
für das Bestandsmanagement, die Konsequenzen für die
Umwelt, den Beifang und die Zerstörung von Lebensräumen erhält MSC-zertifizierter Nordsee Hering von uns
grünes Licht.
”
Christien Absil, Fisheries Policy Officer, North Sea Foundation
© PFA
Kohlenfisch
Pazifik
USA
© Dean Adams
ZERTIFIZIERT AM
19. Mai 2006
SPEZIES
Kohlenfisch
(Anoplopoma fimbria)
FANGMETHODE
Grundhaken und
Langleine
LAND
USA
FANGGEBIET
„DER IM HANDEL als Schwarzer Kabeljau
bekannte Kohlenfisch gehört eigentlich gar
nicht zur Familie der Kabeljaue. Sein Fleisch
ist weiß und flockig wie das von Kabeljau,
aber öliger – das verleiht ihm seinen gehaltvollen, nussartigen Geschmack, der von
Köchen und Gourmets bevorzugt wird.
Laut Young’s Lexicon of Fish, einem umfassenden Leitfaden zu Aromen, hat er „sowohl
eine artischockenartige Note als auch ölige
Nuancen, die dem Geschmack von Makrele
durchaus ähneln,“ deshalb „passt er auch
gut zu kräftigen Kräutern und Gewürzen.“
Schwarzer Kabeljau mariniert in Miso ist
das Signatur-Gericht des japanischen
Restaurantbetreibers und Küchenchefs
Nobu Matsuhisa, und 90 Prozent des Fangs
aus dieser Fischerei gehen nach Asien – vor
allem nach Japan.“
Neue Märkte
Beringsee und Golf von
Alaska, Nordpazifik
FANGVOLUMEN
“
18.100 Tonnen
Neunzig Prozent unseres Kohlenfisches gehen nach Asien, zum
Großteil nach Japan, wo das
Interesse an der MSC-Zertifizierung gerade erst Fuß fasst. Vor
kurzem erhielten wir das erste
Mal eine Anfrage von einer Unternehmensgruppe, die sagte:
‚Wir möchten MSC-zertifizierten
Kohlenfisch.‘ In Europa wollen sie
nur noch MSC – das hat uns sehr
geholfen.
”
Bob Alverson, Geschäftsführer,
Fishing Vessel Owners Association
40
Dort kaufen Verbraucher Kohlenfisch nicht,
wie auf den meisten Märkten, weil er nachhaltig gefischt wird, sondern weil er eine
Delikatesse ist. Somit lassen sich Neuumsätze auch schwerer direkt dem MSCProgramm zuordnen. „Vor kurzem rief uns
das erste Mal ein Konzern an und sagte:
‚Wir wollen MSC-zertifizierten Kohlenfisch‘,“
sagt Bob Alverson, Geschäftsführer der
Fishing Vessel Owners Association in
Seattle. „Als wir fragten, für welches Land
dieser Fisch bestimmt sei, antworteten sie:
‚Er geht nach Spanien.‘ Schwarzer Kabeljau
kommt in Europa in Mode – und das verdanken wir einzig und allein dem MSC.“
Die Früchte ihrer Mühen haben lange auf
sich warten lassen – aber ein Grund dafür,
warum Alverson 2004 beschloss, sowohl
diesen Fangbetrieb als auch die HeilbuttFischerei im Nordpazifik bewerten zu lassen, war die Erschließung neuer Märkte in
Europa. „Damals sprangen europäische
Länder stärker auf MSC-Erzeugnisse an als
die USA, wo die ganze Geschichte noch
sehr in den Kinderschuhen steckte,“ erklärt
er weiter. „Sowohl aus kommerzieller als
auch politischer Sicht fanden wir es eine
sehr gute Sache, die Zertifizierung in unserem Land zu haben.“
Management nachhaltiger
Fischereien
Während die USA den europäischen Ländern
umsatztechnisch hinterherhinkten, hatten
sie in vielen Bereichen des Fischereimanagements die Nase vorn, vor allem in
Alaska. Bereits seit 1977, als das MagnusonGesetz zum Schutz und zum Management
von Fischereien in Kraft trat, werden die
Bestände nachhaltig bewirtschaftet. Der
National Marine Fisheries Service (NMFS),
der den Fangbetrieb überwacht und kontrolliert, berichtet „hohe Bestandszahlen für
Kohlenfisch“, die je nach Gebiet zwischen
96 und 105 Prozent der Populationsgröße
betragen, die erforderlich ist, um den maximal nachhaltigen Ertrag zu generieren.
„Wir haben ein Beobachterprogramm und
ein Logbuchsystem für den Beifang,“ erklärt
Alverson. Das Fanggerät sei sehr selektiv
aufgrund der Größe der eingesetzten Haken
und der Tatsache, dass „Half-Skates“ – der
Branchenbegriff für die verwendeten 275
Meter langen Langleinen – auf dem Meeresboden nur in bekannten Kohlenfischhabitaten
ausgelegt werden. Den Fangschiffen werden individuelle Quoten zugeteilt und alle
Anlandungen werden mithilfe elektronischer
Karten dokumentiert. „Beim Anlanden zieht
man seine Karte durch ein Gerät, das jeder
Käufer haben muss und das die Daten an
die Bundesregierung übermittelt,“ veranschaulicht Alverson. Die Fischer müssen die
‚Transaktionsstation‘ sechs Stunden vor
ihrer Ankunft informieren, damit NMFS den
Vorgang beobachten kann.
Politische Einflussnahme
„Durch all dies wussten wir bereits vor der
Zertifizierung, dass die Fischerei nachhaltig
arbeitet,“ sagt Alverson, „aber was zählt sind
Beweise.“ Für ihn ist die Teilnahme am MSCProgramm „zu 15 Prozent Politk,“ erklärt er
weiter. „Jetzt wo die Obama-Regierung auf
einen umweltfreundlichen Kurs setzt, hat es
für uns große Bedeutung, nach Washington
DC reisen und dort sagen zu können: ‚Ach
übrigens, wird sind MSC-zertifiziert. Wir
haben uns von unabhängigen Dritten bewerten lassen, die bestätigten, dass wir alles
richtig machen‘.“ Diese Munition gibt den
Fischern das Gefühl, dass man ihnen zu den
politischen Themen, die sie persönlich angehen, Gehör schenken wird. „Politisch gesehen, hat die MSC-Zertifizierung für uns
enormen Wert,“ schließt Alverson.
“
Als Unternehmen, das nur wild gefangenen Fisch kauft, verarbeitet und vertreibt, hat
Harbour Marine Products ein begründetes Interesse an einer gesunden und nachhaltigen
Fischereiindustrie. Die MSC-Zertifizierung hat uns neue Chancen eröffnet, auch in neuen
und profitableren Segmenten. Unsere MSC-zertifizierten Produkte helfen uns dabei, uns
von der Konkurrenz abzuheben und bieten uns darüber hinaus ein beträchtliches neues
Absatzpotenzial. MSC ist gut für die Kunden, die Lieferkette und die Fischereien.
Ron F Habijanac, Präsident und Geschäftsführer, Harbour Marine Products Inc.
”
© Peter Thompson
Zander
Hjälmaren-See
Schweden
© Mikael Johansson / Swedish Board of Fisheries
ZERTIFIZIERT AM
7. August 2006
SPEZIES
Zander
(Sander lucioperca)
FANGMETHODE
Fischfalle, Kiemennetz
LAND
Schweden
Kiemennetze kommen hauptsächlich im
Winter zum Einsatz. Dann fahren die Fischer
in Schneemobilen auf den zugefrorenen
See hinaus, schlagen Löcher ins Eis und
ziehen mithilfe eines sogenannten „Is häst“
(Eispferd) eine Leine unter der Oberfläche
entlang. Anschließend wird das Netz unter
dem Eis ausgebracht und manuell hochgezogen. Wegen der Eisdecke verfangen sich
keine Kormorane oder andere Tauchvögel
im Netz, was im Sommer gelegentlich der
Fall ist.
HEUTE WIMMELT DER Hjälmaren-See
sowohl unter als auch über Wasser nur so
vor Lebewesen. Heerscharen von Fischadlern, Seeadlern und Kormoranen kreisen
hier – doch das war nicht immer so. Im
frühen 20. Jahrhundert fiel die traditionelle
Flusskrebs-Fischerei einer Plage zum Opfer.
Und so richteten die Fischer ihr Augenmerk
auf den Zander, einem in Süßwasser lebenden Raubfisch mit magerem, saftigem,
weißem Fleisch, der in Schweden bis zu
zwölf Kilogramm schwer werden kann. Im
späten 20. Jahrhundert ging dann aber
auch diese Spezies stark zurück und es
wurden verzweifelte Managementmaßnahmen ergriffen, um sie zu retten.
„Die Fischer wussten, dass sie bereits eine
nachhaltige Fischerei hatten,“ kommentiert
Näslund, „aber sie wollten herausfinden, ob
man ihren Fisch auch kennzeichnen könnte. Im Jahr 2004 kam ich mit meinem
WWF-Kollegen Lennart Nyman hierher, um
einen Vortrag über die Zertifizierung zu halten und zu veranschaulichen, was das
MSC-Siegel auf dem Markt erreichen kann.
Wir dachten zuerst, wir müssten den Raum
verlassen, während sich die Fischer darüber beraten. Aber der Vorsitzende stand
einfach auf und sagte: ‚Was haltet ihr
davon, Jungs? Sollen wir uns für MSC entscheiden?‘ Alle stimmten zu. Wir waren
total perplex.“
Ökologische Maßnahmen
Höhere Preise und mehr
Umweltbewusstsein
FANGGEBIET
Im südlichen Teil des
Hjälmaren-Sees, etwa
160 km westlich von
Stockholm
FANGVOLUMEN
“
166 Tonnen
Im Jahr 2004 gab es in Schweden
nur ein einziges MSC-gekennzeichnetes Produkt, in Deutschland waren es wesentlich mehr.
Für die Fischer war klar: Der
MSC entwickelt sich, sie
wussten, dass er im Kommen ist
– also entschlossen sie sich zur
Zertifizierung. Heute exportieren
sie 80 Prozent ihres gesiegelten
Fangs nach Deutschland.
”
Inger Näslund, Marine Fisheries
Conservation Officer, WWF Schweden
42
Unter dem schwedischen Fischereigesetz
von 1994 mussten alle Fischer eine Lizenz
besitzen, doch die Details zur Fischereiregulierung konnten regional festgelegt
werden. Im Hjälmaren-See erhöhte man die
gesetzlich vorgeschriebene Mindestgröße
für Zander freiwillig auf 45 cm – verglichen
zu 40 cm in anderen Fanggebieten – und
die Maschengröße der Kiemennetze auf
60 cm. So konnten auch größere Fische
entkommen und weiter heranreifen.
„Je größer ein Weibchen, umso mehr Eier
produziert es,“ erläutert Inger Näslund vom
WWF Schweden, die bei der MSCZertifizierung der Fischerei eine maßgebliche Rolle spielte. „Die Fischer wollten einen
gesunden Bestand, weil er der Schlüssel zu
einem intakten See ist. Sie begrenzen die
Lizenzen auf rund 6 Meter lange Boote, und
maximal 25 Boote erhalten eine Lizenz.“
Dementsprechend verzeichnete der
Bestand ein rapides Wachstum und ist
äußerst stabil. Im Sommer verwenden die
Fischer hoch selektive Fischfallen, die ins
Wasser gelassen, anschließend in die Boote
gehievt und dort blitzschnell von unerwünschten Arten sowie zu kleinen Fischen
befreit werden. Da die Tiere aus lediglich
fünf Metern Tiefe hochgezogen werden,
erweitert sich ihre Schwimmblase nur
geringfügig. (Eine starke Erweiterung kann
dazu führen, dass die Fische an die
Oberfläche treiben, wodurch zurückgeworfene Fische zur Beute für Seemöwen werden.) Die Überlebensraten sind ausgezeichnet: Eine Studie ermittelte, dass 28 von
2.299 speziell markierten Zandern mindestens zehn Mal gefangen und wieder freigelassen wurden.
Heute verkauft die Fischerei 80 Prozent
ihres Zanderfangs an einen in Göteborg
ansässigen Abnehmer namens Hjälmarfisk.
Dieser ist nach dem RückverfolgbarkeitsStandard des MSC zertifiziert und verkauft
den Zander weiter, hauptsächlich nach
Deutschland. „Die Fischer bekommen einen
etwas höheren Preis pro Kilo, wenn sie
zertifiziert sind,“ bestätigt Näslund, aber die
MSC-Zertifizierung bringt auch subtilere,
längerfristige Vorteile mit sich.
„Nun möchten sie die Maschen weiter vergrößern, um die Fortpflanzung des
Bestandes zu sichern,“ sagt Näslund.
Beeinflusst habe sie dabei die Bewertung
nach MSC-Standard. Sie hatte es zur
Auflage gemacht, dass die Fischer einen
Aktionsplan erstellen, aus dem hervorgeht, wie sie künftig mit niedrigeren
Bestandszahlen umgehen wollen. Darüber
hinaus sollten sie Daten zur Geschlechterverteilung, zur Größe und zum Alter der
Zander erheben, um mögliche Populationsverschiebungen zu ermitteln, welche die
Reproduktionskapazität beeinträchtigen
könnten.
„Die Fischer dachten bereits nachhaltig,“ so
Näslund, „aber der MSC hat sie weiter
wachgerüttelt. Vor kurzem kam uns zu
Ohren, dass auch auf anderen Seen die
Mindest fanggröße für Zander erhöht
wurde.“ Damit zeigt sich, dass sich die
Botschaft der Nachhaltigkeit auch jenseits
der Ufer des Hjälmaren-Sees ausbreitet.
“
Als einer der größten Lieferanten von Süßwasserfisch aus
den skandinavischen Seen sind wir stolz, Kunden im In- und
Ausland MSC-zertifizierten Zander aus dem Hjälmaren-See
anbieten zu können. Wir verzeichnen ein wachsendes
Interesse des Marktes an MSC-Produkten, die aus einer
garantiert nachhaltigen Fischerei stammen, und sind froh,
diese Nachfrage decken zu können.
”
Sören Jensen, Geschäftsführer, Hjälmarfisk AB, Götenborg
© Mikael Johansson / Swedish Board of Fisheries
nach dem ersten Ablaichen gefangen,“
erklärt Gonzalez Lemmi. „Haben sie eine
Größe von 44 bis 48 mm erreicht, legen sie
erneut Eier. Wenn sie zum Fangzeitpunkt 55
mm hoch sind, haben sie bereits dreimal
gelaicht. Das ist eine überwältigende
Nachhaltigkeitsgarantie.“
Kammmuscheln
Patagonien
MSC-Zertifizierung erweitert
Fachwissen
ZERTIFIZIERT AM
8. Dezember 2006
SPEZIES
Patagonische
Kammmuscheln
(Zygochlamys patagonica)
FANGMETHODE
Grundschleppnetz
LAND
Argentinien
FANGGEBIET
Südatlantik, argentinisches Kontinentalschelf ab der Grenze zu
Uruguay (im Norden) bis
zu einer gedachten
Grenze zwischen den
Malvinas-Inseln und
Tierra del Fuego (im
Süden)
FANGVOLUMEN
“
45.000 Tonnen
Die Bewertung unserer Fischerei
nach MSC-Standard berücksichtigte auch Erfahrungen aus
anderen Ländern – nicht nur aus
Argentinien. Der internationale
Input hat uns gezwungen, unsere
Forschung zu vertiefen und hat
nützliche Diskussionen eröffnet.
Das begrüßen wir.
”
Eduardo Gonzalez Lemmi, Präsident,
Glaciera Pesquera SA, Argentinien
44
DIE MEISTEN Fischereien blicken auf eine
Historie mehr oder weniger intensiver
Ausbeutung zurück. Diese jedoch begann
ihre Aktivitäten im Jahr 1996 als eine Art
lebendes Experiment zur Nachhaltigkeit,
das aus der Taufe gehoben wurde, um wissenschaftliche Forschung zu betreiben. Im
Vorjahr hatte das Fangschiff Erin Bruce im
Auftrag der argentinischen Regierung 15
Studien zur Evaluierung der Bestände und
der kommerziellen Rentabilität einer Kammmuschel-Fischerei durchgeführt. Im Januar
1996 genehmigte die Regierung einen
Antrag zweier Fangbetriebe zur Ernte
Patagonischer Kammmuscheln in argentinischen Gewässern. Dies geschah im
Rahmen einer gesetzlichen Regelung, die
vorschreibt, dass die Fischerei bei ihrem
Aufbau den solidesten wissenschaftlichen
Empfehlungen folgen musste.
„Es war eine fantastische Gelegenheit, die
Fischerei von Anfang an zu erforschen,“
schildert Eduardo Gonzalez Lemmi,
Präsident von Glaciar Pesquera SA. Das
Unternehmen besitzt eine der beiden
Lizenzen zur Ernte und Verarbeitung der
Schalentiere und unterhält zwei FrosterTrawler. Vom ersten Moment an studierte
man den Beifang, die Sterblichkeitsrate und
die Auswirkungen des Fanggeräts auf die
Ökosysteme am Meeresboden. Bei ausnahmslos allen Fangaktivitäten ist ein
Beobachter dabei. „Jedes Mal, wenn die
Flotte startet, ist ein Wissenschaftler mit an
Bord,“ bestätigt Gonzalez Lemmi.
Modifizierte nachhaltige Praktiken
Auch in anderen Bereichen zeigt sich die
Fischerei fortschrittlich. Das sogenannte
Trawling findet nur in Gebieten statt, in
denen der Grund bekanntermaßen flach
und ohne Erhebungen ist. „99 Prozent sind
Sand und Schlamm,“ erklärt Gonzalez
Lemmi. Schäden durch das Fanggerät sind
auf diesem Boden unwahrscheinlicher. Das
Netz wird nur zehn Minuten lang geschleppt
und so ist der Zeitraum, in dem der Fang
verenden kann, kurz. Zu kleine Kammmuscheln werden innerhalb von nur zwei
bis drei Minuten lebend ins Wasser zurückgeworfen, was ihre Überlebenschance
beträchtlich erhöht. Auch Beifang ist „nach
dem Fang- und Sortierprozess oft noch am
Leben und vital,“ wie die MSC-Zertifizierer
feststellten. Ferner dürfen die Fischer die
Muscheln nur behalten, wenn die Schalenhöhe mindestens 55 mm beträgt (ab 40 mm
sind sie geschlechtsreif), was den Bestand
schützt. „Die meisten Muscheln werden
Der Argentinische Fischereirat habe sich
von Anfang an „enorm um starke Forschung
bemüht“ und die Biomasse der Spezies
untersucht, um vorbildliche Managementpraktiken entwickeln zu können. Was hat
die MSC-Zertifizierung angesichts all dieser
Fakten zusätzlich gebracht? „Sie verpflichtete uns, noch tiefer zu gehen,“ entgegnet
Gonzalez Lemmi. „Die Experten, die der
MSC-Zertifizierer mitgebracht hat, waren
beeindruckend. Das sind erstklassige, respektierte Wissenschaftler aus aller Welt, die
wissen, wovon sie reden. Dies schaffte ein
positives Umfeld für fachliche Diskussionen
und vermied egogeschwängerte Debatten.“
Neue Märkte
Der wichtigste Gewinn jedoch war kommerzieller Natur. „Heute erhalten wir Anfragen
von europäischen Kunden, insbesondere
aus Frankreich, die wir niemals erwartet
hätten,“ schildert Gonzalez Lemmi. „Das
liegt am MSC-Siegel: Es ist eine unabhängige Bestätigung unserer nachhaltigen
Verfahren und unseres vorbildlichen
Verhaltens. Für uns ist das ein riesiger
Vorteil.“
Dieser Vorteil könnte durchaus noch wachsen, wenn die EU das für Kammmuscheln
aus China geltende Einfuhrverbot aufhebt
und damit wieder einen bedeutenden Akteur
auf dem Markt zulässt. Dann nämlich müssen andere Länder beim Verkauf ihrer
Erzeugnisse noch spitzfindiger werden.
Nach einer Reihe von Lebensmittelskandalen
wurde 1998 ein Importbann auf Kammmuscheln aus China erteilt. Zuvor wurden
diese zu einem Preis angeboten, „der nicht
einmal unsere Kosten deckte,“ so Gonzalez
Lemmi weiter. „Wir wussten, dass China
Qualitätsprobleme hatte und dass es die
Chinesen schwer haben würden, ihre
Nachhaltigkeit zu beweisen,“ erklärt er weiter. „Als wir auf den MSC aufmerksam wurden, wurde uns klar, dass die Zertifizierung
uns in Sachen Nachhaltigkeit vom Wettbewerb abheben würde – also haben wir
uns dafür entschieden.“
Ironischerweise zeigte dann die von der EU
erhobene Importsperre ihre Wirkung, aber
für Gonzalez Lemmi war es offensichtlich,
dass sie nicht von Dauer sein würde. „Wenn
China heute erneut auf den Markt kommt,
kennen die Kunden unser Produkt, mögen
unser Produkt und vertrauen darauf, weil es
MSC-zertifiziert ist. Damit haben wir ein
schlagkräftiges Instrument gegen die
Konkurrenz, die unserem Geschäft so
geschadet hat.“
“
Der MSC ist für Young's genauso wichtig wie für unsere Muttergesellschaft Foodvest, und
sein Siegel gibt den Kunden eine zusätzliche Garantie über die Nachhaltigkeit des gekauften Seafoods. Wir sind stolz, MSC-zertifizierte argentinische Kammmuscheln anbieten zu
können, die bei britischen Verbrauchern äußerst beliebt sind.
Mark Ventress, Category Director, Young’s Seafood
”
© Clearwater Seafoods
Neue Märkte in Europa
Weißer Thunfisch
Nord- und
Südpazifik
USA
ZERTIFIZIERT AM
23. August 2007
SPEZIES
Weißer Thunfisch
(Thunnus alalunga)
FANGMETHODE
Angel & Leine, Handleine
LAND
USA
FANGGEBIET
© Carey Schumacher
„IN DEN SPÄTEN 90er Jahren beendete
mein Mann hier normalerweise die Saison im
November und arbeitete ein bisschen am
Boot, bevor er zum Südpazifik aufbrach,“
sagt Natalie Webster, Director of Operations
bei der American Albacore Fishing
Association (AAFA). „Er fischte dort, kam im
April hierher zurück, um dann im Juni wieder
in See zu stechen – er war also zehn Monate
pro Jahr unterwegs.“ Heute, aufgrund der
hohen Kraftstoffpreise, machen nur vier oder
fünf Schiffe die lange Reise von ihrem
Heimathafen in Kalifornien in die Fanggründe
bei Fiji, Tahiti, Pago Pago und Samoa. Die
meisten fischen näher bei der Heimat im
Nordpazifik. Im Jahr 2008 erfüllten mehr als
50 Schiffe die Anforderungen der AAFA. Die
AAFA-Fischer fangen über die Hälfte des
an der Westküste angelandeten Weißen
Thunfischs.
Traditionelle Fangmethoden
Nordpazifische Fischerei:
US-Gewässer
(Kalifornien, Oregon und
Washington) sowie
Britisch Kolumbien in
Kanada.
Südpazifische Fischerei:
Gewässer des
Südpazifik
FANGVOLUMEN
“
Etwa 10.000 Tonnen
(beide Fischereien)
Beim MSC können Verbraucher
sicher sein, dass Nachhaltigkeit
nicht nur ein Wort auf einem Label
ist. Unser Weißer Thunfisch kann
auf das Boot zurück verfolgt werden, von dem er gefangen wurde –
das hat uns geholfen, der Welt
unsere Geschichte zu erzählen.
Je größer unser Markt wird, desto
mehr Stabilität kreieren wir für
unsere Fischerei.
”
Natalie Webster,
Director of Operations, AAFA
46
„Pole & Troll“, die Fangmethoden der Fischer,
sind fast so romantisch wie die Namen der
Inseln in ihren Fanggründen. Bei „Pole &
Troll“ verwenden bis zu sechs Fischer auf
einem Boot stabile Ruten mit kurzen Leinen
und Haken, um die zappelnden Thunfische
(von acht bis neun Kilo Gewicht) an Bord
ihres 20 Meter langen Bootes zu hieven.
Sofort hängen sie die Leine wieder ins
Wasser, um nur Sekunden später den
nächsten Fisch herauszuholen.
Bei „Troll & Jig“ wird bei einer Geschwindigkeit
von sechs Knoten ein künstlicher Köder an
einer Leine hinter dem Boot hergezogen.
Beißt der Fisch an, wird er automatisch über
eine Hebevorrichtung nach oben gezogen.
Beides sind „saubere“ Methoden, bei denen
ein Fisch nach dem anderen gefangen wird.
Beifang und Rückwürfe sind unbedeutend.
Die Schwärme des Weißen Thunfischs separieren sich größenabhängig und die Fischer
vermeiden Schwärme mit kleineren Tieren.
Nicht nur aus Gründen des Bestandsschutzes, sondern weil kleine Fische
weniger Geld einbringen.
„So hat alles angefangen,“ kommentiert
Webster. „Die Thunfisch-Fischerei begann
mit Angel und Leine.“ Im Laufe der Zeit
wurde sie von anderen Techniken überholt,
die – abhängig von ihrem Einsatz – höhere
Auswirkungen auf die Umwelt und auf die
Bestände haben können. „Vielleicht müssen
wir einen Schritt zurückgehen, statt immer
nach vorne zu drängen,“ überlegt Webster.
„Unsere Fischerei war immer nachhaltig.“
Doch „Pole & Troll“ Thunfisch wurde nicht
als Nischenprodukt vermarktet, sondern
“zusammen mit dem Rest als Massenware
verkauft,“ erklärt Webster. „Wegen der niedrigen Preise waren die Zukunftsaussichten
nicht rosig. Und wegen der Instabilität wollte
die nächste Generation nicht in die Fußstapfen
ihrer Eltern und Großeltern treten. Wir glaubten, die Fischerei würde untergehen, weil die
Fischer alle in ihren späten Fünfzigern
waren.“
Dann, vor fünf Jahren, erfuhr die AAFA vom
MSC. „Wir dachten, dies könnte einer der
Bausteine für das Erzählen unserer
Geschichte werden, der Geschichte unserer
Familien, erzählt in einem eher internationalen Forum,“ sagt Webster. „Wir absolvierten
die vollständige Bewertung und bauten in
der Zwischenzeit gute Beziehungen nach
Europa auf. Die Leute warteten auf unsere
Zertifizierung. Sobald sie durch war, schickten sie ihre Bestellungen los.“
Auch Verbraucher hörten dann von der
Fischerei auf Weißen Thunfisch mit ihren
traditionellen Methoden und Fischerfamilien.
„Sie wollten unsere Fischerei unterstützen als
eine Quelle qualitativ hochwertigen, nachhaltigen Thunfischs,“ fügt Webster hinzu.
Stabile Preise und
sozio-ökonomische Effekte
Die Sicherheit, die mit den neuen Märkten
in Europa kam, ermöglichte es den Fischern,
stabile Preise für die ganze Saison zu setzen, statt den Launen der Verhandlungen
am Hafen ausgeliefert zu sein. Im April verständigte sich das Direktorium der AAFA
auf einen Preis von 2.260 US-Dollar für eine
Tonne Thunfisch, gegenüber dem typischen Marktpreis von 1.700 US-Dollar. Die
Fischer konnten nun in Schiffsreparaturen
investieren, denn sie wussten, dass es für
sie eine Zukunft gab. „Es war einfach überwältigend,“ sagt Webster.
„Ohne MSC wäre dies niemals geschehen,“
fügt sie hinzu. „Wir hätten diesen neuen
Markt nicht ohne das Ökosiegel schaffen
können.“ Heute prangt das blaue Logo auf
Weißem Thunfisch der AAFA in Gläsern,
Dosen und auf geräucherter Ware. „Wir
sind in der Schweiz, in Deutschland und in
Frankreich gut vertreten,“ bestätigt Webster.
„Unser Produkt gab es vorher nie in
Großbritannien, doch nun findet man es bei
Sainsbury’s, Tesco und all den großen
Ketten. Thailand möchte den Thunfisch
gerne verarbeiten und die kanadische Kette
Loblaws will ihn über einen Verarbeiter in
Britisch Kolumbien beziehen. Es ist ein
Vorzeigemodell für Fischereien rund um die
Welt.“
“
Der MSC hat es uns ermöglicht, neue Märkte zu erschließen und mehr Bewusstsein für
nachhaltige Fischerei zu schaffen – so wie jene der AAFA, die seit Generationen nachhaltige
Methoden anwendet. Deshalb arbeiten wir zusammen. Die MSC-Zertifizierung war eine
weitere Anerkennung ihrer Bemühungen um eine nachhaltige Thunfisch-Fischerei.
Andrew Bassford, Operations Manager, Fishes WholesaleBV
”
© Fishes Holding BV
Nur vereinzelt landeten Meeresvögel –
hauptsächlich Trottellummen – in den
Netzen und deshalb musste die Fischerei
auch nur wenig verändern, um den MSCStandard zu erfüllen. Sie arbeitete bereits
sehr nachhaltig.
Wolfsbarsch
Großbritannien
© David McCandless /
North East Sea fisheries committee
DER UNBERÜHRTE Landstrich an der
Küste Yorkshires ist das marine Gegenstück
zum betriebsamen Londoner Piccadilly
Circus. In Scharen wandern jährlich Wolfsbarsche, Meeresforellen und Lachse an der
Landspitze Flamborough Head vorbei. Von
diesen Arten war der Wolfsbarsch am
wenigsten durch Verordnungen geschützt
– bis sich die örtlichen Fischer für die MSCZertifizierung entschieden.
ZERTIFIZIERT AM
3. Dezember 2007
SPEZIES
Wolfsbarsch
(Dicentrarchus labrax)
FANGMETHODE
Stellnetze im
Gezeitenbereich
LAND
Großbritannien
FANGGEBIET
Der Fang von Salmoniden, also von Lachs
und Meerforelle, unterlag in den Sommermonaten schon immer einer sorgfältigen
Kontrolle, der winterliche Fang von Wolfsbarsch hingegen war eine vollkommen
andere Geschichte. „Für den größten Teil
des Fanggebietes gab es zwischen November und März keine Regelung,“ erinnert sich
David McCandless, Chief Fisheries Officer
beim North Eastern Sea Fisheries
Committee (NESFC). „Es war also quasi
Jagdzeit.“
Fischerei mit geringen Auswirkungen
Zwischen den Ebbeund Flut-Markierungen
an der nordostenglischen Küste von Holderness, vom Leuchtturm
bei Flamborough Head
bis nach Spurn Point
FANGVOLUMEN
“
7 Tonnen
Die MSC-Bewertung hat
Verbesserungen an unserem
Management vorangetrieben
und beschleunigt. Sie schaffte
die nötigen Impulse für das
zügige Ausrollen unseres
Planes – ohne den MSC
hätten wir das nicht erreicht.
David McCandless,
Chief Fishery Officer, NESFC
48
”
Die verwendete Fangmethode hatte nur
minimale Auswirkungen auf den Meeresboden und die Umwelt. Hier fischt man mit
Strandnetzen: Die bis zu 180 Meter langen,
mit Schwimmkorken und einer beschwerten Grundleine versehenen Netze werden
am Strand verankert und bei Ebbe in einer
geraden Linie Richtung Meer ausgelegt.
Erst die Flut gibt ihnen die richtige Form für
das Fangen von Fisch und zweimal täglich
werden sie nach dem Rückzug des Wassers
geleert.
Das hoch selektive Fanggerät ermöglicht
den gezielten Fang der gewünschten Art in
der gewünschten Größe. Nur gelegentlich
landen Seezunge, Kabeljau und Wittling als
Beifang in den Netzen. Abgesehen von zu
kleinen Fischen werden alle einbehalten
und vermarktet. Meistens handelt es sich
dabei um kleine Wittlinge, deren Zahl im
Herbst eine „Höchstmarke“ von fünf bis
zehn Fischen erreicht, danach fällt sie rapide ab. In vier Jahren wurden keine Robben,
Schweinswale oder andere Walarten gefangen. Große Meeressäuger sieht man in
diesen seichten Gewässern nur selten,
außer sie stranden aus ungeklärten Gründen
oder es handelt sich um kranke Tiere.
Trotzdem montierten die HoldernessFischer freiwillig an ihren Netzen akustische
„Pinger“ – kleine elektronische Vorrichtungen, die zur Abschreckung von Walen
regelmäßig ein Signal senden.
Fassbarer ökologischer Nutzen
Trotzdem sind es die Zertifizierungsauflagen,
die den sichtbarsten Umweltvorteil brachten. Der bedeutendste war das Inkraftsetzen
einer neuen Verordnung, welche die
Lizenzen für Stellnetze von Mitte Oktober
bis April auf nur fünf begrenzt (für das
Fanggebiet vom Fluss Tyne im Norden bis
zum Fluss Humber im Süden, einem
Abschnitt von rund 160 Kilometern). Jeder
Fischer muss seither einen monatlichen
Fangbericht einreichen, der Art und Gewicht
aller an der Küste von Holderness gefangenen Fische – einschließlich Beifang – aufführt. Ziel ist das Über wachen aller Folgen
für die marine Umwelt und nicht nur für die
gewünschte Zielart.
„Ohne den MSC hätten wir für dies nicht als
Regulierung unserer Fischereien in Betracht
gezogen,“ gibt McCandless freimütig zu.
„Alle Verbesserungen helfen, die Fischerei
und ihr künftiges Management zu stärken.“
Marktvorteile
Durch das Kennzeichnen der Ware mit dem
MSC-Siegel hatte sich McCandless für die
Fischer auch eine bessere Marktposition
erhofft. Und es wurde wahr: So erzielten sie
beim Verkauf an Londoner Spitzenrestaurants Preise, die 25 Prozent über
dem lagen, was sie beim lokalen Verkauf
vor der Zertifizierung erzielten.
Eine Zukunft für Fischereien
Frank Powell, 55, fischt seit seinem 15.
Lebensjahr – mit Trawlern, die in der englischen Küstenstadt Hull beheimatet sind
und das Meer vor Island und Grönland
sowie die Strände von East Riding durchkreuzen. Auch er freut sich darüber, dass
die Wolfsbarsch-Fischerei zertifiziert ist. In
einer Zeit, in der die britischen Binnenfischereien von der Schließung bedroht
sind, glaubt er: „Sie kann unser Leben verlängern. Wir können sagen: ‚Wir sind nachhaltig. Das ist erwiesen, weshalb also wollt
ihr uns schließen?‘ Sie gibt uns Munition
zum Kämpfen.“
Weniger theoretisch ist sein Blick auf die
Welt der Medien und Starköche. „Wir hatten die BBC hier,“ grinst er. „Und Sie kennen doch den berühmten Fernsehkoch
Tom Aikens von da unten, wo Sie her sind?
Der hat bei uns übernachtet!“
“
Der MSC bringt all diese gleichgesinnten Menschen zusammen.
Er weist ihnen den Weg, gibt ihnen ein Gefühl der Zugehörigkeit.
Nirgendwo sonst konnte ich das stärker beobachten als bei den
Wolfsbarsch-Fischern von Bridlington.
”
Caroline Bennett, Eigentümerin der Sushi-Restaurantkette Moshi Moshi
© David McCandless /
North East Sea fisheries committee
viel Probieren haben wir nun ein rundes
Gitter entwickelt, das dieses Problem löst.“
Tiefseegarnele
Oregon
USA
© Pacific Media Productions of Newport, Oregon
ZERTIFIZIERT AM
6. Dezember 2007
SPEZIES
Tiefseegarnele
(Pandalus jordani)
FANGMETHODE
Grundschleppnetz
LAND
USA
FANGGEBIET
Pazifischer Ozean in den
Gewässern vor den
Bundesstaaten Oregon,
Washington und
Kalifornien, an der
US-amerikanischen
Westküste
FANGVOLUMEN
“
11.570 Tonnen
(angelandet 2008)
Ich mag den MSC, weil er einen
Standard setzt. Damit gibt er uns
– der Industrie – etwas, an das
wir uns halten müssen. Manche
NGOs ändern immer wieder die
Messlatte, man kann sie nie
zufriedenstellen. Beim MSC liegt
die Messlatte hoch. Aber wenn
man erst mal zertifiziert ist, weiß
man, dass man etwas richtig
macht.
”
Brad Pettinger, Geschäftsführer,
Oregon Trawl Commission
50
„ICH BIN ES LEID, von Gruppen angegriffen zu werden, die nicht einmal dann wüssten, was Nachhaltigkeit ist, wenn sie von ihr
gebissen würden,“ klagt Brad Pettinger,
Geschäftsführer der Oregon Trawl
Commission. Die staatliche Agentur unter
der Leitung des Landwirtschaftsministeriums des Bundesstaates Oregon repräsentiert Fischer, verarbeitende Betriebe und
Vertriebsunternehmen.
Nachhaltiges Management
demonstrieren
Wie die meisten Garnelen-Fischereien
musste auch dieser Fangbetrieb in der
Vergangenheit herbe Kritik einstecken –
zum Beifang von Fisch und zu Schäden am
Meeresboden durch Grundschleppnetze.
Pettinger wusste, dass die Wirklichkeit in
Oregon ganz anders aussah. Denn die
Garnelenfischerei wird von der ODF&W,
einer fortschrittlichen Fischerei-, Jagd- und
Naturbehörde, nach hohen Umweltstandards verwaltet.
„Deshalb haben wir uns für die MSCZertifizierung entschieden,“ erklärt Pettinger
weiter, „um uns von anderen zu differenzieren. Wenn heute eine Regierung behauptet,
eine Fischerei werde vorbildlich bewirtschaftet, hat das nicht mehr so viel
Bedeutung wie früher. Wenn jedoch unabhängige Dritte wie der MSC hinzukommen
und es bestätigen, hat das einen enormen
Wert. Die Zertifizierung liefert eine Garantie
– für NGOs, die Öffentlich keit und
Einzelhändler sowie für Staatsbeamte und
Politiker, die unsere Lebensgrundlage aus
der Ferne regieren – dass eine Fischerei
nach den höchsten Standards gemanagt
wird, die es auf der Welt gibt.“
Mehrere Jahre lang feilte die ODF&W
gemeinsam mit der Flotte an einem System
zur Reduktion des Beifangs. Dabei handelt
es sich um ein am Netzeingang befestigtes
Gitter, das den Beifang größerer Fische
vermeidet. Es eignet sich auch für GarnelenTrawler, die nicht nur ein, sondern zwei
Netze schleppen, so genanntes „Double
Rigging“, bei dem die Netze von den
Seitenrelingen herabhängen. „Auf einem
Double-Rigger befindet sich das Fanggerät
manchmal eine Zeitlang über der Wasseroberfläche,“ erklärt Pettinger. „Dadurch
gerät das Nordmøre-Gitter – das an einem
Garnelen-Netz befestigte herkömmliche,
quadratische Gitter, das Fische nach oben
und aus dem Netz herauslotst – ins
Schleudern und beschädigt das Netz. Über
Die seit 2002 gesetzlich vorgeschriebene
Maßnahme hat den Beifang von Hecht,
Seezunge und Stachelköpfen beträchtlich
verringert. Studien zeigten, dass Gitter mit
einem Stäbchenabstand von 32 mm den
Beifang auf unter sechs Prozent bringt,
während ein Abstand von 19 mm ihn noch
weiter reduziert – auf lediglich zwei Prozent.
Der Einsatz dieser Vorrichtung, so folgerten
die MSC-Zertifizierer, macht „die Tiefseegarnelen-Fischerei [...] im Hinblick auf
Beifang zu einer der saubersten GarnelenFischereien der Welt.“
Wissen für besseres Management
Damit die Fischerei nach MSC-Standard
zertifiziert werden konnte, waren einige
Veränderungen nötig. „Wir haben unsere
Logbücher um ein paar Punkte erweitert,“
erläutert Pettinger, „um mehr Daten zum
Rückwurf kleinerer Garnelen zu erfassen,
was wir vorher nicht getan haben.“ Zum
Glück überschnitt sich diese Bedingung mit
dem Vorhaben der ODF&W, neue Logbücher für das Folgejahr zu bestellen, so
dass die neuen Datenspalten einfach hinzugefügt werden konnten.
Bei der zweiten Auflage kam ihnen ein ähnlicher Zufall zu Hilfe. Die Fischerei musste
innerhalb von zwei Jahren über eine Studie
die Folgen der Schleppnetze für die
Ökosysteme am Meeresboden erfassen.
Diese wurden zwar als niedrig eingeschätzt,
trotzdem sollte ein Szenario dafür erstellt
werden, wie sich diese Lebensräume im
Falle beträchtlicher Auswirkungen erholen
würden. Zu jenem Zeitpunkt plante die
ODF&W eine Studie mit unbemannten
Tauchbooten, um die Folgen für benthische
Habitate innerhalb und außerhalb einer für
die Grundschleppfischerei gesperrten Zone
zu erforschen.
„Das Projekt ging voran,“ sagt Pettinger,
„aber meiner Meinung nach hat die
Zertifizierung nachgeholfen. Die Behörde
konnte nun leichter sagen: ‚Das würden wir
gerne tun‘. Ich glaube der MSC gibt
Individuen den nötigen Antrieb, um Pläne
durchzuführen. Er verleiht Projekten, die
staatliche Agenturen und andere vielleicht
schon in Betracht ziehen, neue Dynamik.
Wenn sie diese Dinge nicht schon erwägen,
stupst man sie an und mischt sich ein wo
man kann, damit etwas erreicht wird.“
Vor allen Dingen hat die Zertifizierung einen
gewissen Zukunftsoptimismus verbreitet.
„Sie ist eine Gewähr dafür, dass wir auch im
nächsten Jahr noch im Geschäft sind,“ so
Pettinger weiter, „denn die Zertifizierung
durch Dritte gehört heute zum Alltag.
Verbraucher wollen nicht nur Gemüse, sie
wollen Gemüse aus zertifizierter biologischer Herkunft. Jeder möchte etwas ganz
Besonderes, und genau das ist es, was der
MSC bietet. Und wir sind dabei.“
“
Die Zertifizierung der Oregon Tiefseegarnelen-Fischerei ist
eine enorme Errungenschaft. Der MSC ist eine international
anerkannte Organisation mit sehr hohen wissenschaftlichen
Standards zur Zertifizierung von Fischereien des Wildfangs.
Das Zertifikat wird unseren Fischern mit Sicherheit helfen,
sich auf existierenden Märkten zu behaupten und neue
Märkte zu erschließen.
”
Katy Coba, Leiterin des Landwirtschaftsmisteriums im Bundesstaat Oregon
© Pacific Media Productions of Newport, Oregon,
© Oregon Trawl Commission
Hering
Nordsee
Schweden
© Saskia van Osnabrugge
ZERTIFIZIERT AM
9. Juni 2008
SPEZIES
Hering
(Clupea harengus)
NATÜRLICH FERMENTIERT, geräuchert und
roh verzehrt – Matjes-Hering, der von dieser
Fischerei angelandete Fisch, gilt in den Niederlanden, Belgien und Deutschland als Delikatesse.
„Es ist fetter Hering ohne Milch und Rogen,“
erklärt Werner Larsson, Manager bei Astrid
Fiskexport, dem schwedischen Fangbetrieb, der
den Hering dann fängt, wenn die Eier der
Weibchen gerade heranreifen. „Die Fische laichen im Frühling, deshalb fangen wir nur während einer kurzen Saison, von Mitte Mai bis
Juli.“
FANGMETHODE
Pelagisches
Ringwadennetz
Fischerei mit niedriger Belastung
LAND
Schweden
Ringwadennetze werden um einen
Schwarm ‚ausgelegt‘ und anschließend wie
ein Schnürbeutel zusammengezogen. Da
nur in der mittleren Wassersäule gefischt
wird, gibt es keinen bzw. nur sehr geringen
Kontakt mit dem Meeresboden. So werden
Schäden vermieden und der Fisch kann im
Netz weiterschwimmen, während sich der
‚Beutel‘ schließt. Das Fanggerät war einer
der Gründe, warum die Zertifizierer davon
überzeugt waren, dass die Fischerei
umweltverträglich arbeitet.
FANGGEBIET
Nördliche und zentrale
Nordsee, von der Südwestküste Norwegens
über die Shetland-Inseln
bis zur Nordostküste
Schottlands
FANGVOLUMEN
“
5.000 Tonnen
Wir sagten zu unseren Skippern:
‚Wenn ihr nicht mitmacht, wenn
ihr nicht verantwortungsvoll handelt und euch MSC-zertifizieren
lasst, werdet ihr in Zukunft keinen Fisch mehr verkaufen.‘ Alle
Supermärkte sagen, dass sie
nur noch MSC-Fisch wollen.
Du musst über deinen eigenen
Tellerrand hinausschauen, musst
Jahrzehnte vorausblicken.
Werner Larsson, Manager,
Astrid Fiskexport, Schweden
52
”
Zur Nachhaltigkeit verhelfen ihr bemerkenswerterweise auch die Eigenheiten der
Spezies. Matjes-Heringe schwimmen in der
Regel in ‚sauberen‘ Schwärmen, das heißt,
die Schwärme bestehen nur aus Heringen,
die noch nicht gelaicht haben und exakt die
gewünschte Art enthalten. Nur selten landen in den Netzen auch Makrelen. Der
Beifang beträgt weniger als zwei Prozent
und es gibt keine Rückwürfe. Dank langjähriger Erfahrung sowie dem Einsatz von
Echolot und elektronischen Aufspürsystemen befischen die Skipper der Astrid
Fiske Flotte (drei moderne Fangschiffe, je
36 bis 45 Meter lang) nur Schwärme der
richtigen Art, Dichte und Größe.
Der Fisch muss nicht nur fett sein, sondern
sich auch von kleinen Garnelen ernährt
haben – ein Beleg dafür ist der ‚rote Speisebrei‘, den ein Matjes-Hering absondert,
wenn man auf seinen Bauch drückt. „Selbst
während der Bewertung nach MSCStandard registrierten wir alle ‚Ausrutscher‘,“
betont Larsson und meint damit das
Freilassen von Fisch, nachdem Stichproben
ergaben, dass sie zu klein waren oder nicht
der Matjes-Spezifikation entsprachen. „Wir
machen heute Audits und hatten seit der
Zertifizierung keinen einzigen Ausrutscher.“
Da diese Praxis in Nordsee HeringsFischereien jedoch weit verbreitet ist, muss
Astrid Fiske mit allen künftigen Forschungs-
projekten zu den Überlebensraten von Ausrutschern kooperieren und sich mit dem
Schwedischen Fischereiministerium aktiv
über wissenschaftliche Beobachter an Bord
beraten. „Ich weiß, dass die Skipper unabhängige Beobachter jederzeit begrüßen,“
unterstreicht Larsson.
„Es waren nur wenige Maßnahmen erforderlich,“ fügt er hinzu. „Aber nun können wir
beweisen, dass wir nachhaltig und verantwortungsvoll handeln – im Interesse unserer Kinder und unserer Enkel.“
Neue Märkte
Als erste Matjes-Hering-Fischerei mit MSCZertifikat kann Astrid Fiske auf ein erfolgreiches Jahr zurückblicken. „Für uns hat die
Zertifizierung neue Märkte geöffnet,“ bestätigt Larsson. „Wir liefern an zwei neue Großhändler, deren Kunden MSC-zertifizierte
Ware verlangen. Aus diesem Grund konnten wir letztes Jahr auch mehr Fisch verkaufen.“
Der Druck, so Larsson weiter, komme von
den Supermärkten, insbesondere aus den
Niederlanden. Viele dort haben sich dazu
verpflichtet, ab 2011 nur noch MSC-zertifizierten Fisch einzukaufen. „Für uns heißt
das: Entweder wir verkaufen an sie oder wir
verkaufen nicht an sie,“ bemerkt Larsson.
„Wir haben keine andere Wahl. Nun folgen
uns alle anderen Fischereien. In ein paar
Jahren wird keiner mehr über die MSCZertifizierung diskutieren. Sie wird etwas
vollkommen Natürliches sein, das alle
Fangbetriebe einfach haben müssen.“
“
Wir freuen uns, unseren Kunden MSC-zertifizierten Matjes anbieten zu können – das
Ergebnis eines klassischen Beispiels für die Zusammenarbeit zwischen NGOs, dem
MSC und allen Unternehmen der Lieferkette. Es ist ein bedeutender Schritt bei unseren
Bemühungen, unser Fisch-Sortiment noch nachhaltiger zu gestalten.
Caspar Woolthuis, Nachhaltigkeitsmanager, Super de Boer Supermärkte, Niederlande
”
© Saskia van Osnabrugge
Wirtschaftliche Vorteile
Barsch, Meeräsche,
Adlerfisch, Herzmuscheln
Seen und Coorong
Südaustralien
© Leonard Fäustle
ZERTIFIZIERT AM
13. Juni 2008
SPEZIES
Barsch (Macquaria
ambigua), Meeräsche
(Aldrichetta forsteri),
Adlerfisch (Argyrosomus
hololepidotus) und
Herzmuscheln (Donax
deltoides)
FANGMETHODE
Netz (Maschen-, Schaukel-,
Hub- und Trommelnetz),
Rechen, Wurfleinen und
Langleinen
LAND
Australien
FANGGEBIET
Coorong-Lagune, Alexandrina-See und Albert-See
bei Adelaide in Südaustralien,
sowie benachbarte Küstengewässer im Südlichen
Ozean über 150 Kilometer
Richtung Süden, von Goolwa
Beach bis Kingston Jetty
FANGVOLUMEN
“
Nicht verfügbar
In Wirklichkeit werden die meisten
westlichen Fischereien nicht nach
biologischen oder nachhaltigen
Kriterien bewirtschaftet, vielmehr
erhält ein Sektor ein größeres Stück
vom Kuchen als die anderen. Wir
haben die Zertifizierung nach MSCStandard hauptsächlich deshalb
angestrebt, um die Politisierung des
Fischereimanagements zu entschärfen und ein reineres Modell
zu etablieren.
”
Garry Hera-Singh, Vorsitzender,
Southern Fisherman’s Association
54
IM HERZLAND der Ngarrindgeri sind die
Namen der Orte – Narrung, Mundoo Island,
Tauwitchere Island, Pelican Point, Snake Pit
– so faszinierend wie die Landschaft. Die
Ngarrindgeri gehören zu den Ureinwohnern
Australiens und verdanken ihre Abstammung
den Yaraldi, deren archäologisches Erbe in
der Seen- und Coorong-Region allgegenwärtig ist.
Management im Einklang mit
der Umwelt
Die zwei Seen Alexandrina und Albert und
die durch ein 140 Kilometer langes Dünenband vom Ozean geteilte, drei Kilometer
breite Coorong-Lagune gehören zu den
wichtigsten Feuchtgebieten Australiens.
Gespeist wird die empfindliche Ökologie
des 1966 zum Nationalpark ausgerufenen
und 1985 zum RAMSAR-Feuchtgebiet von
internationaler Bedeutung erklärten Areals
durch eine Mischung aus Süßwasser aus
dem Fluss Murray und Salzwasser aus dem
Meer. Die Fischerei selbst lebt von drei
unterschiedlichen Ökosystemen.
„Wenn eine Spezies eine ruhige Saison hat,
zum Beispiel die Süßwasserkomponente,
also der Goldbarsch, können die Jungs in
der Flussmündung weitermachen, wo es
Adlerfisch und Meeräsche gibt,“ beginnt
Garry Hera-Singh, Vorsitzender der
Southern Fisherman’s Association, unser
Gespräch. „Manche Fischer fahren aufs
Meer hinaus und ernten Herzmuscheln, die
an der Brandung der Strände des Südlichen
Ozeans mit Handrechen gesammelt werden,“ fügt er hinzu. Pro Jahr werden rund
600 Tonnen Herzmuscheln geerntet, die
anderen Arten machen je 100 Tonnen aus.
Diese Wechselernte ist der Hauptgrund für
die Nachhaltigkeit der Fischerei. „Erstens
fangen die Fischer keine Art so lange, bis
nichts mehr davon da ist,“ erklärt HeraSingh. Und zweitens seien die Lizenzen auf
lediglich 32 Fischer begrenzt, die traditionelle umweltschonende Methoden verwenden. Für sie wie für den Fisch garantiert die
Ernte nach dem Rotationsprinzip eine
sichere Zukunft. „Wenn bei einer Art ein
Überangebot herrscht und der Preis fällt,
können sie sich auf eine andere Art konzentrieren,“ erklärt Hera-Singh weiter. „So
erzielen sie bei einem anderen Erzeugnis,
das wahrscheinlich in nicht so großer Fülle
vorhanden ist, aber einen höheren Wert
hat, einen angemessenen Umsatz.“
Seit der Zertifizierung waren angemessene
Rendite kein Thema. „Ich würde sagen, wir
verlangen für Ware mit MSC-Siegel Prämien
von 30 bis 50 Prozent,“ sagt Hera-Singh.
„Das liegt weit über dem Durchschnitt, weil
es in Australien so wenige MSC-zertifizierte
Erzeugnisse gibt.“ In den letzten zwölf
Monaten sei die Nachfrage „beträchtlich
gestiegen,” in erster Linie durch Restaurants
und Hotels, deren Gäste plötzlich Fisch und
Meeresfrüchte aus nachhaltiger Herkunft
verlangen.
„Ich erhalte Anrufe aus ganz Australien,“ so
Hera-Singh weiter, „und werde gefragt:
‚Was verkaufen Sie und wie viel wird es
kosten?‘ Weil wir so kleine Mengen fangen,
kann ich darauf antworten, dass die
Fischerei sich mehr auf Nischenmärkte
spezialisiert, die bereit sind, mehr zu zahlen.“
In einer Gemeinde, in der die Fischerei und
davon abhängige Branchen (Verarbeitung,
Transport, Einzelhandel und Gastronomie)
100 Menschen in Brot halten und 60 Prozent
des Haushaltseinkommens ausmachen,
brachte die MSC-Zertifizierung klare wirtschaftliche Vorteile – aber gab es auch
ökologische Gewinne? „Wir haben unsere
Fischerei schon vorher vorbildlich bewirtschaftet,“ sagt Hera-Singh. „Wir haben
unsere Methoden im Laufe der Jahrzehnte
mit Blick auf deren Nachhaltigkeit kontinuierlich geändert und verbessert. Denn wir
wussten: Wer Beifang hat und Jungfische
fängt, hat keine Zukunft. Was fehlte, waren
quantitative Daten zu den Ergebnissen dieser Verfahren. Wir benötigten ein paar
Männer auf unseren Booten, die den
Rückwurf und den Beifang zählten.“
Forschung und Finanzierung
Also beantragte die Fischerei Mittel zur
Durchführung einer Beifangstudie, und die
Gesellschaft für die Erforschung und
Entwicklung von Fischereien (FRDC)
gewähr te eine zweijährige Zuwendung. „Sie
wollten unsere Untersuchung vor allem
deshalb fördern, will sie uns helfen sollte,
die MSC-Zertifizierung zu erhalten. Das
bundesstaatliche Forschungsorgan lobte:
‚Das ist eine ausgezeichnete Initiative für
kleine Gemeindefischereien in Australien,‘“
so Hera-Singh.
Als sie das Zertifikat erhielten, war die
Studie bereits am Laufen. Trotzdem werden
die Ergebnisse der Fischerei helfen, eine
Auflage zu erfüllen: Sie muss „Nachweise
für die Zusammensetzung und den Umfang
des Beifangs erbringen“ und „für alle wichtigen beigefangenen Arten, die im Rahmen
des FRDC-Projekts ermittelt werden,
Beobachtungsprogramme
einrichten.“
Diese zwei Bedingungen sind symbiotisch
miteinander verbunden – jede profitiert von
der anderen.
“
Die beste Flossenfisch-Fischerei Australiens ist im Coorong – eine großartige Sache,
auf die man wirklich stolz sein kann und die ein glänzendes Vorbild für andere
Fischereien ist. Dank der Anerkennung durch MSC werden wir Verbrauchern eines
Tages die Unsicherheit nehmen können, die beim Kauf australischer Fischerzeugnisse
aus umweltverträglicher Herkunft vorherrscht.
”
Neil Perry, Koch und Geschäftsführer, Restaurant-Gruppe Rockpool, Australien
© Randy Larcombe
Seelachs
Nordsee und
Nordostarktis
Norwegen
© Fiskebatredernes Forbund
ZERTIFIZIERT AM
14. Juni 2008
SPEZIES
Seelachs
(Pollachius virens)
FANGMETHODE
Schleppnetz, Kiemennetz, Ringwadennetz,
Dänisches Wadennetz,
Handleine
LAND
Norwegen
GEMEINSAM FANGEN die beiden
Fischereien gut eine viertel Million Tonnen
Seelachs, den der Norwegische Fischexportrat als „Fisch der Fischfans” und „gut
gehütetes Geheimnis unter Fischkennern“
bezeichnet. Als Anfang des Jahres infolge
der globalen Wirtschaftskrise in Norwegen
die Preise für Weißfisch drastisch sanken,
widersetzte sich Seelachs dem Trend. „Sie
sind sogar gestiegen,“ bemerkt Webjorn
Barstad, Leiter der Division für Weißfisch
des Verbandes norwegischer Fangschiffbetreiber, „und die Rückmeldungen von
Exporteuren sind sehr positiv geblieben.
Damals wie heute könnten sie mehr MSCzertifizierten Seelachs verkaufen als sie
haben.“
Ob das mehr am MSC-Logo liegt oder an
der Sparsamkeit, darüber lässt sich streiten. „Seelachs ist eben auch billig,“ erklärt
Barstad. „In diesen rauen Zeiten überleben
günstigere Fische wie Seelachs und
Hering.“
FANGGEBIET
allerdings gibt es kein solides statistisches
Verfahren für das Registrieren dieser kommerziell uninteressanten Arten.“
Als Zertifizierungsauflage musste die
Fischerei innerhalb von zwölf Monaten
Stichprobenprogramme einleiten, um den
Beifang auf einer wissenschaftlichen Basis
einschätzen zu können, besonders in Bezug
auf geschützte, gefährdete und bedrohte
Arten. „Diesen Aspekt nehmen wir momentan in Angriff,“ erörtert Barstad. „Er wird die
norwegischen Managementsysteme definitiv verbessern – ein direktes Ergebnis aus
der Bewertung nach MSC-Standard.“
Eine weitere Bedingung bezog sich auf die
Folgen der Seelachs-Fischerei für Kaltwasser-Korallenriffe. Der Fangbetrieb muss
binnen drei Jahren die an Korallenformationen verursachten Schäden in
‚geschlossenen Zonen‘, in denen Trawler
verboten sind, beurteilen. So soll ermittelt
werden, ob sich Kiemennetze, Ringwadennetze und Handleinen negativ auswirken.
Ökologische Gewinne
Nordsee und
Norwegisches Meer,
Ausschließliche
Wirtschaftszone (AWZ)
Norwegens
FANGVOLUMEN
“
296.000 Tonnen (beide
Fischereien zusammen)
Die Bedingungen für die Zertifizierung nach MSC-Standard zu
erfüllen, hatte einen sehr positiven Effekt. Es wird definitiv Verbesserungen geben, auch an
norwegischen Managementsystemen – und die gehören
zu den besten der Welt.
”
Webjorn Barstad, Verband
norwegischer Fangschiffbetreiber
56
Da sind die Umweltvorteile aus der
Zertifizierung schon greifbarer, meint er.
Obwohl die Bestände nachhaltig mithilfe
von Strategien bewirtschaftet werden, die
vom ICES – dem Internationalen Rat für
Meeresforschung – anerkannt sind, können
manche Managementaspekte auf nationaler Ebene noch verbessert werden. „Die
Aufzeichnung und Analyse des Beifangs in
der Seelachs-Fischerei, insbesondere an
geschützten, gefährdeten und bedrohten
Arten, erfolgt in Norwegen nicht systematisch,“ so Barstad weiter. Für den Beifang
an Haien, Rochen, Klieschen und
Meeresvögeln werden jedoch „geringe
Zahlen berichtet,“ bemerkte der Zertifizierer
im Jahr 2008 in seinem Bericht. Untermauert
wird dies durch den Einsatz von Sortiergittern und großmaschigen Netzen, die
nicht erwünschten Arten das Entkommen
ermöglichen. Allerdings mangelte es
aufgrund der Art der Datenerhebung an
konkreten Informationen über den Beifang.
„Wir haben in Norwegen ein Rückwurfverbot,“ fügt Barstad hinzu. „Deshalb würde
man die Zusammensetzung des Fangs aus
den Anlandeaufzeichnungen wahrscheinlich ohnehin erkennen. Außerdem nimmt
eine ‚Referenzflotte‘, bestehend aus 20
Hochsee- und 20 Küstenschiffen, im
Auftrag des Instituts für Meeresforschung
laufend Stichproben. Die Mitarbeiter dieser
Flotte kennen die Fangzusammensetzung,
Korallenriffe kartieren
„Das vom Institut für Meeresforschung
koordinierte Mareano-Programm kartiert
bereits umfassende Areale des Meeresbodens,“ sagt Barstad. „Wir möchten das
Institut dazu bewegen, seine Forschungsschiffe auch in die geschlossenen Korallengebiete zu schicken und zu untersuchen,
ob statisches Fanggerät wie Netze oder
Leinen seit dem Trawler-Verbot die Riffe
abgebaut, reduziert oder beeinträchtigt
haben,“ fügt er hinzu.
„In unserem MSC-Aktionsplan steht auch,
dass unsere Fischer dem Institut Daten
über bekannte Korallenriffe zur Verfügung
stellen werden,“ erklärt Barstad weiter. „Ich
habe mich mit mehreren Kapitänen zusammengesetzt und wir haben gemeinsam
eine Karte gezeichnet. Alle norwegischen
Schiffe verwenden heute elektronische
Diagramme, die ständig aktualisiert werden. Durch das Erfassen der Korallengebiete
gehen wir sicher, dass wir sie nicht versehentlich anfahren. Wenn wir Schiffswracks,
Öl- und Gasleitungen aus dem Weg gehen
können, können wir auch Korallenriffe vermeiden. All das sind direkte Ergebnisse aus
den MSC-Auflagen.“
“
Nach der Zertifizierung von norwegischem Seelachs im Jahr
2008 haben wir eine erheblich gestiegene Nachfrage erfahren
– bis heute ist sie höher als die verfügbare frische Rohware.
Morten Hyldborg Jensen, Verkaufs- und Marketingleiter, Aker Seafoods
”
Hering
Nordsee
Schottland
© James Simpson / MSC
ZERTIFIZIERT AM
9. Juli 2008
SPEZIES
Hering
(Clupea harengus)
FANGMETHODE
Pelagisches Schleppnetz
LAND
Großbritannien
FANGGEBIET
Hauptsächlich der
Buchan-Unterbestand
in der nördlichen und
zentralen Nordsee, in
der Ausschließlichen
Wirtschaftszone (AWZ)
der EU und Norwegens
FANGVOLUMEN
“
15.000 Tonnen (2009)
Auch wer fortschrittlich ist, mit
effizienter Technik, hoch produktiv
und profitabel, kann nachhaltig
sein – diese Dinge schließen sich
nicht gegenseitig aus. Die Anerkennung dieser Tatsache ist die
Leistung, die der MSC diesem
Sektor gebracht hat.
”
John Goodlad, Vorsitzender, Scottish
Pelagic Sustainability Group (SPSG)
58
DIES IST DAS ernste Gesicht der britischen
Fischerei: 25 moderne Trawler, je 60 bis 70
Meter lang, ausgestattet mit Tanks mit
gekühltem Meerwasser, in die der Fisch
ohne manuellen Eingriff direkt aus dem
Netz gepumpt wird. Per Echolot lokalisieren
die Fischer in den großen Weiten der
Nordsee Heringsschwärme, die sie nach
ihrer Rückkehr in den Hafen in einer von
sechs weiterverarbeitenden Fabriken abladen. Anschließend wird der Fisch nach
Russland, Deutschland, in die Ukraine und
nach Westafrika exportiert. Aufgrund dieser
Größenordnungen musste die Flotte schon
viel Kritik einstecken.
„Uns bot die MSC-Zertifizierung eine
Chance, der Öffentlichkeit zu zeigen, dass
die Kritik nicht gerechtfertigt war,“ sagt
John Goodlad, Vorsitzender der Scottish
Pelagic Sustainability Group (SPSG). Derek
Duthie, Geschäftsführer der SPSG, formuliert es anders: „Wir können so lange
behaupten, dass wir nachhaltig sind, bis wir
schwarz werden. Ob die Leute es uns
abnehmen oder nicht, ist ihnen selbst überlassen. Wenn es jedoch ein unabhängiger
Zertifizierer bestätigt, macht es unsere
Behauptung glaubwürdig.“
Moderne Technik für eine
zielgerichtete Fischerei
Was also macht diese Fischerei nachhaltig?
Zunächst einmal gestattet die moderne
elektronische Ausstattung – Echolot, Netzund Fangmonitore – mehr Präzision. „Wir
zielen nur auf eine Art ab,“ so Duthie weiter.
„Für Makrele und Blauen Wittling gibt es
eine andere Fangsaison als für Hering.
Wenn man den Hafen verlässt, weiß man,
welche Spezies man haben möchte.“
Da die Echolote Heringsschwärme von
Makrelenschwärmen unterscheiden können (Makrelen haben keine Schwimmblase),
ist der Beifang gering: etwa zwei Prozent,
wie aus dem Bericht der MSC-Zertifizierer
hervorgeht. Dabei handelt es sich größtenteils um Makrele, die an die im Januar 2009
zertifizierte SPSG Makrelenfischerei geht.
Investitionen in die Technik wie ‚Größendiskriminatoren‘, die zur Bestimmung der
Größe und Art der in einem Schwarm vorhandenen Fische Echosignale aussenden,
haben die Selektivität verbessert. Kommt
ein Mischschwarm an Bord, informieren die
Skipper über Funk die anderen Fangschiffe,
damit sie sich fernhalten.
Beobachtern zufolge, die laut EU-Vorschriften auf einigen Fangschiffen mitreisen müssen, gab es auch keinen Beifang an Cetacea
– Meeressäugern wie Wale und Schweinswale. Da die Schleppnetze durch die
Wassersäule gezogen werden und den
Meeresboden nicht berühren, wird er auch
nicht beschädigt und in den Netzen landen
keine bodennahen Arten wie Kabeljau,
Hecht und Wittling.
Aktionsplan zur Bestandsstärkung
Trotzdem mussten bestimmte Auflagen
erfüllt werden, bevor die Fischerei zertifiziert werden konnte. Zum Beispiel musste
sie gemeinsam mit der Pelagic FreezerTrawler Association (PFA) – einer anderen
MSC-zertifizierten Herings-Fischerei – einen
Aktionsplan erstellen, der den Wiederaufbau
des von ihr befischten Heringsbestandes in
der Nordsee ermöglicht.
Marktanteile behaupten
„Wir tun dies in erster Linie, weil es das
Richtige ist,“ betont Goodlad. „Heute liegt
der Schwerpunkt auf Nachhaltigkeit, und
wenn wir als Industrie diesen Kurs nicht
einschlagen, können wir mit dem Markt
nicht mehr Schritt halten.“ Den gesamten
Fang mit MSC-Logo auszuzeichnen, sei
auch ein Marketinginstrument, so Goodlad
weiter. „Wenn wir es nicht tun, andere hingegen schon, verlieren wir womöglich
unsere Kunden.“
Bis jetzt, nach lediglich einer sommerlichen
Fangsaison, gibt es noch keine Anzeichen
für höhere Preise. In Russland, in der
Ukraine und in Westafrika „hat der MSC
momentan keine große Bedeutung,“ erklärt
Goodlad weiter. In anderen „kleinen, aber
wichtigen“ Absatzmärkten dagegen würden Einzelhändler den Wert des MSCSiegels schätzen.
„Selbst während der Bewertung,“ erläutert
Goodlad, „fragten uns deutsche Abnehmer:
‚Leute, wir möchten wirklich den MSC-Weg
gehen. Gibt es realistische Aussichten,
dass ihr zertifiziert werdet?‘ Als wir ihnen
sagten, dass es sie gäbe, meinten sie:
‚Super. Wann ist es so weit?‘ Die beiden
fügten sich wunderbar zusammen. Unser
existierender Markt wollte, dass wir uns
zertifizieren lassen, als wir gerade die
Bewertung abschlossen.“
“
Dem schottischen Fischereisektor muss man zur MSCZertifizierung für Schottischen Nordsee Hering gratulieren.
Fischereien sind auf vorbildlich gemanagte, nachhaltige
Bestände angewiesen – und die Zertifizierung ist für den
künftigen Erfolg der schottischen Fangbetriebe und ihrer
lokalen Gemeinden unerlässlich.
”
Alex Salmond, Ministerpräsident Schottlands
© David Linki
fischerei ist zyklisch,“ sagt Butler. „Wie
würden wir bei einem Rückgang der
Biomasse die Zahl der Fangschiffe
reduzieren?“ Obwohl die DFO bereits ein
generelles Ziel hierfür vorgab, „musste es
klar und explizit formuliert werden“ – eine
Klarstellung, die Butler begrüßt.
Tiefseegarnele
Nordkanada
Golf von St. Lawrence
Esquiman Channel
© Otis Bath
ZERTIFIZIERT AM
5. August 2008;
30. März 2009
SPEZIES
Tiefseegarnele
(Pandalus borealis)
FANGMETHODE
Grundschleppnetz
LAND
Kanada
FANGGEBIET
Atlantischer Ozean,
kanadische Gewässer
im Atlantik, nördlicher
Golf von St. Lawrence
und Mündung des
Flusses St. Lawrence
FANGVOLUMEN
68.000 Tonnen;
8.867 Tonnen
Die Schleppnetzfischerei auf Tiefseegarnele im Golf von St. Lawrence,
Esquiman Channel, ist das Ergebnis
eines Harmonisierungsprozesses zur
Koordinierung von Aktivitäten in einem
Bereich, in dem sich die Audits zur
Zertifizierung überlappten.
“
Die größte Errungenschaft unserer
Fischerei in den letzten Jahren ist
eindeutig die Tatsache, dass wir
MSC-zertifiziert wurden. Es wird
ein stolzes Erbe für diejenigen
sein, die diese Initiative unterstützt haben, wenn sie auf den
Erfolg zurückblicken, den dies
verkörpert.
”
Derek Butler, Association of Seafood
Producers, St. John’s, Neufundland
60
IM JAHR 1992, als die Kabeljau-Trawler von
den Grand Banks nur noch mit Eis in ihren
Netzen zurückkehrten, schien der letzte
Hoffnungsschimmer schon fast erloschen.
Der Kabeljau war bis zur kommerziellen
Erschöpfung befischt worden. Doch seine
drastische Abnahme führte zu einer starken
Zunahme der Tiefseegarnele, von der sich
der Fisch ernährte – und machte Pandalus
borealis zu einer der wertvollsten Spezies
Neufundlands.
Vorsorgendes Management
„Angesichts der Bestandgröße ist unsere
Befischungsrate konservativ,“ sagt Derek
Butler, Geschäftsführer der Association of
Seafood Producers in der neufundländischen Hafenstadt St. John’s. „Die Biomasse
hat sich erhöht, aber die Fangquoten sind
nicht im selben Maße gestiegen – und das
ist auch gut so. „Das war mit ein Punkt, der
zur erfolgreichen MSC-Bewertung unserer
Fischerei beigetragen hat: den Bestand
nicht aggressiver befischen.“
Da der Fischereiaufwand gestiegen ist,
agiert Fisheries and Oceans Canada (DFO)
– die staatliche Behörde, von der sie verwaltet wird – „vorsichtig“ und beschränkt
die Lizenzen, so Butler weiter. „Bis zum
heutigen Tag gibt es nur 300 Schiffe, die
Tiefseegarnelen fangen, verglichen mit
3.000 in der Krebsfischerei,“ fügt er hinzu.
Alle Schiffe sind mit Grundschleppnetzen
mit Nordmøre-Gitter ausgestattet und einer
Maschengröße von mindestens 40 Millimeter. Während Garnelen durch das Gitter
passieren, werden Fische nach oben zu
einer Ausstiegsluke geleitet – eine gesetzlich vorgeschriebene Anforderung. Dies
reduziert den Beifang an Fischen, das
größte Problem in den meisten Garnelenfischereien. Am Grundseil sind darüber
hinaus Spulen bzw. Gummischeiben befestigt, so dass die vordere Netzkante über
dem Meeresboden ‚schwebt‘. So können
alle aufgeschreckten Plattfische unter dem
Netzeingang durchschwimmen. Sollte der
Beifang im Netz fünf Prozent übersteigen,
müssen die Fangschiffe mindestens fünf
Meilen weiter fahren, bevor sie die Netze
erneut auslegen.
Maßnahmen wie diese zeigten, dass die
Fischerei vorbildlich gemanagt wird. Trotzdem mussten für die Zertifizierung mehrere
Bedingungen erfüllt werden. „Zum Beispiel
sollte unser Managementplan vorgeben,
was bei einer Abnahme der Biomasse
geschehen würde, denn die Schalentier-
„Für den Kabeljau hatten wir das nicht,“
lamentiert er. „Stellen Sie sich vor, es hätte
den MSC schon zu Kabeljauzeiten gegeben. Plötzlich hätte man in manchen
Gebieten geringere Fangzahlen verzeichnet
und man hätte gefragt: ‚Wie geht ihr damit
managementtechnisch um?‘ Das wäre
dann in ihrem Aktionsplan gestanden. Wäre
alles so gewesen wie heute und hätte der
MSC damals schon existiert, hätten wir die
Kabeljaufischerei vielleicht nicht verloren.“
Erhalt bestehender und
Öffnen neuer Märkte
Der Grund für die Zertifizierung war kommerzieller und nicht nur ökologischer Natur.
Schon immer geht mehr als die Hälfte des
Fangs nach Großbritannien, heute liegt
diese Marke eher bei 80 Prozent. Dort
erkannten die Garnelenproduzenten im
Jahr 2004 einen Trend. „In Großbritannien
sagten die großen Einzelhandelsketten: ‚Wir
möchten nur noch MSC-zertifizierte Ware
anbieten‘ und uns blieb nicht viel Zeit.
Daraufhin meinten unsere Garnelenproduzenten: ‚Wir holen uns besser mal das
Logo, bevor irgendjemand unsere Ware
nicht mehr führen möchte‘.“
Mithilfe der MSC-Zertifizierung konnten
seine Mitglieder nicht nur bestehende
Märkte sichern, sondern auch expandieren.
„Seitdem wir das Label haben, verzeichnen
wir ein steigendes Interesse von Märkten,
die unser Produkt zuvor nicht vertrieben,“
bestätigt Butler.
Etwas poetischer ausgedrückt steht das
Siegel für einen Neuanfang und für die
Verpflichtung, keine Wiederholung eines
abgeschlossenen Kapitels zuzulassen. „Der
MSC wurde vom WWF und von Unilever
infolge des Zusammenbruchs der Grundfischbestände der Grand Banks gegründet,“ erklärt Butler. „In Neufundland und
Labrador haben wir einen Fangbetrieb
bewerten lassen, um sagen zu können: ‚Wir
haben zwar eine schlechte Bilanz, aber
jetzt machen wir es besser. Unsere Fischerei
wird jetzt vorbildlich bewirtschaftet, und
hier ist der Stempel, der es Verbrauchern
bestätigt.‘ Mit der Zertifizierung hat sich der
Kreis geschlossen.“
“
Clearwater ist stolz auf sein Engagement für den Schutz
unserer Umwelt. Die MSC-Zertifizierung unserer Erzeugnisse
aus gekochten und geschälten Kaltwasser-Garnelen aus der
kanadischen Fischerei fügt sich ganz natürlich in das Nachhaltigkeitsversprechen von Clearwater ein. Der kommerzielle
Wert des Zertifikats zeigt sich in neuen Märkten, der
Anerkennung durch Kunden und Verbraucher sowie in der
Nachfrage.
”
Dennis Coates, Leiter Unternehmensentwicklung, Clearwater
© The Navigator, 2009
Kurzschwanzkrebs
und
Flachkopfflunder
Japan
© Tom Seaman / Fishing News International
Die selektiven Wadennetze sind seit 2006
gesetzlich vorgeschrieben. Zu anderen
staatlichen Kontrollmaßnahmen gehören
Genehmigungen für Fangschiffe, Schonzeiten und Schutzgebiete in der Nähe von
‚Kinderstuben‘ und Laichgründen, wo Kurzschwanzkrebs aufgrund der dort verankerten Betonblöcke nicht gefischt werden
kann.
Über gesetzliche Vorschriften hinaus
Es mag sentimental klingen, aber der 315
Kilometer lange Küstenabschnitt, in dem
die Flotte beheimatet ist, erweckt eine tiefe,
fast schon mystische Zuneigung. Den
Mittelpunkt des im Norden Kyotos gelegenen Fanggebietes bildet das zerklüftete
Kap Kyogamisaki. Im Westen umspült die
warme Strömung des Tushima-Beckens
Dünen, kleinen Inseln und Riffe, gen Osten
liegt die Wakasa Bay, die quasi ein Nationalpark ist.
Als die Zahl der Kurzschwanzkrebse im
Jahr 1999 rückläufig war, votierten die
Mitglieder der KDSFF freiwillig für weitere
Kontrollen. Hierzu gehörten eine Panzerbreite von mindestens 100 Millimetern für
junge Männchen, die noch nicht gelaicht
hatten. Diese und andere selbst auferlegte
Einschränkungen gehen wesentlich weiter
als die gesetzlichen Anforderungen der
anderen zwei Präfekturen, die in derselben
Gegend fischen dürfen. Seit MSCZertifizierung hat die Fischerei, angeregt
durch die Empfehlungen der Zertifizierer,
von sich aus weitere Vorkehrungen getroffen. „Um die Bestandssanierung weiter zu
fördern, haben wir unter der Leitung des
Instituts (KIOFS) das Fangen aller
Weichkrusten-Männchen versuchsweise
verboten,“ erläutert Hamanaka. „Das ist ein
Riesenschritt zum Erhalt des künftigen
Bestandes.“
Fischerei geringer Auswirkung
Erholungsplan für den Bestand
Die 15 Fangschiffe der KDSFF-Flotte operieren in einem Gebiet, das rund 50
Kilometer vor der Küste der Präfektur Kyoto
beginnt. Jedes Schiff ist mit einem einzelnen Dänischen Wadennetz ausgestattet.
Dies ist ein Fanggerät ohne schwere Ketten,
die am Meeresboden Schäden hinterlassen
könnten.
Obwohl Erholungspläne für Flachkopfflunder und Kurzschwanzkrebs bereits
2003 von der japanischen Regierung etabliert wurden, haben diese durch den MSC
neue Impulse erhalten. Eine Zertifizierungsauflage forderte von der Fischerei, bis
September 2009 einen Termin für die komplette Sanierung des Kurzschwanzkrebses
festgelegt zu haben. „Wir haben hierzu
Diskussionen geführt,“ erklärt Hamanaka.
„Angesichts des Lebenszyklus der Spezies
sind unserer Einschätzung nach etwa zehn
Jahre angemessen.“ Bis dahin werden die
Bestände nach einem auf vorbeugenden
Maßnahmen beruhenden Erholungsplan
geerntet.
„WIR WOLLEN reich bestückte Meere an
künftige Generationen weitergeben,“ kommentiert Tetsuya Kawaguchi, Vorsitzender
der Kyoto Danish Seine Fishery Federation
(KDSFF), die im letzten Jahr erzielte MSCZertifizierung. „Wir werden unsere Fischerei
mit unserer Liebe zum Meer auch weiterhin
verbessern.“
ZERTIFIZIERT AM
19. September 2008
SPEZIES
Kurzschwanzkrebs
(Chionoecetes opilio)
und Flachkopfflunder
(Hippoglossoides dubius)
FANGMETHODE
Dänisches Wadennetz
LAND
Japan
FANGGEBIET
Japanisches Meer, in
der Ausschließlichen
Wirtschaftszone (AWG)
Japans
FANGVOLUMEN
“
91 Tonnen Kurzschwanzkrebs (2009);
220 Tonnen
Flachkopfflunder
Selbst wenn sich eine Fischerei
mit umweltfreundlichen Fangmethoden um den Schutz und
den Aufbau der Fischbestände
bemüht, kann sie das den
Verbrauchern nur schwer vermitteln. Deshalb haben wir uns für
die MSC-Zertifizierung
entschieden.
”
Takashi Hamanaka, Generalsekretär,
Kyoto Danish Seine Fishery Federation
62
Das an sehr langen Tauen befestigte Netz
wird so lange hinter dem Schiff hergezogen, bis die Seile parallel sind – ein Hinweis
darauf, dass es voll ist. Dies ist normalerweise nach 60 bis 90 Minuten der Fall und
danach lässt sich das Netz nicht wie bei der
Schleppnetzfischerei weiter ziehen. Generell
gilt, je kürzer die Schleppzeit, desto geringer die Anzahl zu Schaden kommender
Fische und umso höher die Rendite. Diese
Tatsachen liefern den wirtschaftlichen
Anreiz für das Einhalten der Vorschriften in
Bezug auf Schleppzeit und Netzbeschaffenheit.
Netzgröße, Maschenbreite und das sogenannte „Codend“, also das Endstück des
Netzes, variieren je nachdem, ob die
Fischerei Kurzschwanzkrebs oder Flachkopf flunder fischt. Um den Beifang zu minimieren, hat das Kyotoer Institute of Oceanic
and Fishery Science (KIOFS) eine Abwandlung eingeführt: das selektive Wadennetz.
Während sich Flachkopfflunder und größere Fische in den abgewinkelten Maschen
verfangen, werden Kurzschwanzkrebs,
Seesterne, Seeanemonen und Garnelen
auf den Meeresboden zurückbefördert.
Für die Kyotoer Fischerei bedeutet ein
Jahrzehnt so gut wie nichts, schließlich wird
Flachkopfflunder hier seit den 1340er
Jahren und Kurzschwanzkrebs seit 1800
gefangen. „Wir hoffen, dass die Fischer
durch die MSC-Zertifizierung dazu bewegt
werden, sich noch mehr für die Verbesserung und Stärkung unseres umweltverträglichen Betriebs einzusetzen,“ sagt
Hamanaka – und kommerziell zahlt sie sich
bereits aus. Unmittelbar nach der
Zertifizierung erteilte die wichtigste japanische Einzelhandelskette Aeon seine erste
Bestellung über Flachkopfflunder, und örtliche Verbraucherkollektiven sind dabei, ihm
zu folgen.
“
Effektives und nachhaltiges Fischereimanagement erfordert nicht nur die Teilnahme der
Fangbetriebe, sondern auch der Verbraucher. Die KDSFF kann auf eine lange Tradition des
nachhaltigen Fischereimanagements zurückblicken. Die MSC-Zertifizierung hilft ihr, die
Öffentlichkeit über ihre nachhaltigen Praktiken zu informieren. Sie gibt Verbrauchern die
Chance, sich beim Kauf von Fisch für die umweltfreundlichste Wahl zu entscheiden und
mit dieser Wahl nachhaltiges Fischereimanagement zu belohnen.
”
Dr. Atsushi Yamasaki, Fischereibiologe im Kyotoer Institute of Oceanic and Fishery Science
© Duncan Leadbietter / MSC
Tiefseegarnele
Golf von St. Lawrence
Esquiman Channel
Kanada
ZERTIFIZIERT AM
23. September 2008;
30. März 2009
SPEZIES
Tiefseegarnele
(Pandalus borealis)
FANGMETHODE
Grundschleppnetz
LAND
Kanada
FANGGEBIET
Golf von St. Lawrence,
vor Ostkanada
FANGVOLUMEN
28.800 Tonnen;
8.867 Tonnen
Die Schleppnetzfischerei auf Tiefseegarnele im Golf von St. Lawrence,
Esquiman Channel, ist das Ergebnis
eines Harmonisierungsprozesses zur
Koordinierung von Aktivitäten in einem
Bereich, in dem sich die Audits zur
Zertifizierung überlappten.
“
Für unsere britischen Kunden ist
die MSC-Zertifizierung ein Muss.
Wenn ein Produkt nicht MSCzertifiziert ist, kaufen sie es nicht.
Nun fordern Kunden aus
Dänemark, Norwegen und den
Vereinigten Staaten das Gleiche.
Es ist langsam, aber sicher im
Kommen.
”
Jules Pepin, Vice President Marketing,
Les Pêcheries Marinard Ltd
64
© Daniel Suddaby / MSC
IM APRIL, nur sechs Monate nachdem die
Fischerei zertifiziert wurde, sammelten
Meereswissenschaftler im Golf von St.
Lawrence Schlammproben für eine Studie,
um die Folgen der Garnelenfischerei auf den
Meeresboden zu erforschen. Das Projekt
wird von der Kommunalverwaltung und den
sieben Unternehmen gesponsert, die das
MSC-Siegel auf ihren Erzeugnissen abbilden
dürfen. Es soll zunächst die Fülle und
Artenvielfalt der im Grundsediment lebenden Organismen und anschließend die
durch die Schleppnetzfischerei verursachten möglichen Schäden ermitteln.
Erforschen möglicher
ökologischer Folgen
„Wenn wir nicht MSC-zertifiziert wären,
würden wir jetzt nicht eine Firma damit
beauftragen, über eine Studie herauszufinden, ob wir die Fanggründe beeinträchtigen
oder nicht,“ erklärt Jules Pepin, Vice
President Marketing von Les Pêcheries
Marinard Ltd. Die Initiative ist das direkte
Ergebnis einer Auflage, die an die Fischerei
gestellt wurde, damit sie den MSC-Standard
erfüllt- und das, obwohl die Fischerei in der
Bewertung hohe Punktzahlen erzielte. Sie
wurde von der Aufsichtsbehörde Fisheries
and Oceans Canada (DFO) bereits vorbildlich gemanagt. Lizenzen schränken die
Fangaktivitäten ein und werden an rund
100 kleine Schiffe erteilt. Die Fangquote
wird jährlich unter Berücksichtigung der
Bestandszahlen für jedes Gebiet neu festgelegt. Um zu kleinen Garnelen das
Entkommen zu ermöglichen, ist eine
Maschengröße von mindestens 40
Millimeter vorgeschrieben. Außerdem ist
der Einsatz eines Trennsystems, des so
genannten Nordmøre-Gitters für Schleppnetze Pflicht, damit Beifang nicht gewünschter Arten vermieden wird. Der existierende
Managementplan schreibt außerdem vor,
dass bedrohte Arten wie Blauer und
Gefleckter Seewolf ins Meer zurückgesetzt
werden.
„Unsere Fangmethoden sind richtig,“ erklärt
Pepin weiter, „aber diese Studie wird die Fanggründe noch weiter schützen.“ Zunächst
arbeiten Forscher von ISMER, dem Institut
für Meereswissenschaften an der
Universität Quebec in Rimouski, mit DFOExperten zusammen, und bis 2011 wird die
DFO in einem Workshop über die
Untersuchungs ergebnisse
berichten.
„Momentan können wir nicht beweisen,
dass wir die Fanggründe nicht schädigen,“
so Pepin. „Sollten es anders sein, werden
wir die nötigen Korrekturmaßnahmen
ergreifen. Möglicher weise sind ein paar
Änderungen nötig, um die weicheren
Sedimentbereiche des Meeresbodens zu
vermeiden.“
Serge Haché, Beschaffungsleiter bei
L’Association Cooperative des Pêcheurs de
L’Ile Ltd, einem weiteren zertifizierten
Unternehmen, geht davon aus, dass sich
nur wenig ändern muss. „Mithilfe von
Scanmar-Sensoren und Kameras, die auf
den Netzen montiert waren, haben wir
bereits wissenschaftlich nachgewiesen,
dass die Schäden am Meeresboden minimal sind,“ sagt er. „Was wir in den nächsten
zwei Jahren bereitstellen müssen, sind konkretere Daten.“
Zugang zu neuen Märkten
Das Erfüllen dieser Bedingung wird sich
kommerziell auszahlen, denn die Fischerei
kann es sich nicht leisten, ihr Zertifikat zu
verlieren. „Wir bekommen Anrufe von
Kunden, die das kleine blaue Zeichen auf
den Lieferungen haben möchten‚“ so Haché
weiter. „Die Zertifizierung hat uns definitiv zu
neuen Einnahmen verholfen. Zwei Monate
nach Erhalt des Zertifikats meinte ein
Kunde, er würde nur noch MSC-Garnele
kaufen, mit dem Label auf der Kiste und so
weiter. Hätten wir dem nicht nachkommen
können, wäre er woanders hingegangen.“
Fünfundachtzig Prozent der von der
Fischerei gefangenen Garnelen gehen nach
Europa, wo zahlreiche Supermärkte nur
noch MSC-zertifizierte Ware kaufen. „Im
Jahr 2006 gab Walmart – die größte
Einzelhandelskette der Welt – mit seinem
starken Bekenntnis zum MSC den Kurs
vor,“ sagt Haché. „Es ist wie ein Schneeball,
der ins Rollen gerät. Wir wollen jetzt schon
dazu gehören und nicht erst dann, wenn es
von uns verlangt wird.“
Auf einem Markt, auf dem preisgünstige
gezüchtete Garnelen aus Asien Druck auf
die wild gefangene Variante ausüben, zahlt
sich das MSC-Siegel ebenfalls aus. „Ich
glaube es war eine sehr wichtige
Entscheidung, für die natürliche KaltwasserGarnele zu werben, indem wir diesen Weg
eingeschlagen haben,“ erläutert Haché.
„Das Label gibt einen weiteren positiven
Hinweis, nämlich den, dass die Garnele aus
einer Fischerei stammt, die nachweislich
nachhaltig und vorbildlich gemanagt wird.“
“
Nordic Seafood hat sich über die MSC-Zertifizierung der Fischerei
auf Tiefseegarnele aus dem Golf von St. Lawrence sehr gefreut.
In den letzten Jahren haben Kunden verstärkt Fischerzeugnisse
aus nachhaltiger Herkunft gefordert. Unserer Meinung nach war
die MSC-Zertifizierung ein großartiger Schritt, der eine florierende
Zukunft und eine kräftige Nachfrage für die Tiefseegarnele
gewährleisten wird.
”
Lars Olsen, Sales Director, Nordic Seafood A/S
© Daniel Suddaby / MSC
Umweltmaßnahmen sparen
Produktionskosten
Seelachs
Nordsee
Deutschland
© Marnie Bammert / MSC
ZERTIFIZIERT AM
8. Oktober 2008
SPEZIES
Seelachs
(Pollachius virens)
„LETZTEN ENDES müssen wir immer alles
unter ökonomischen Gesichtspunkten
betrachten, ohne dabei langfristige Perspektiven aus dem Auge zu verlieren,“ sagt Jörg
Petersen, Geschäftsführer von Kutterfisch,
dem deutschen Unternehmen, das
Seelachs aus der Nordsee-Fischerei verarbeitet. Seiner Meinung nach gehen die
beiden Dinge Hand in Hand: Vorausschauende Maßnahmen zum Schutz der
Meere resultieren oft in Kostenersparnissen.
FANGMETHODE
Semi-pelagisches
Schleppnetz
Umweltfolgen minimieren
LAND
Deutschland
FANGGEBIET
Nordsee, vor allem in
tiefen Gewässern nahe
des Nördlichen Schelfs
und der Norwegischen
Tiefen, zwischen
Südnorwegen und
Nordostschottland
FANGVOLUMEN
“
9.700 Tonnen
Vor vier Jahren stellten wir uns
immer wieder dieselbe Frage:
‘Wie können wir uns differenzieren?’ Der einzige Weg,
einen Stempel zu bekommen,
zu Verbrauchern und Kunden
sagen zu können, dass du
besser bist als andere, ist die
MSC-Zertifizierung.
”
Jörg Petersen, Geschäftsführer,
Kutterfisch-Zentrale GmbH
66
Ohne diese Anmerkung hätte man meinen
können, die Investitionen seines Unternehmens seien unter rein ökologischen
Gesichtspunkten erfolgt. „Wir führten Versuche mit sogenannten „semi-pelagischen
Scherbrettern durch,“ sagt er und bezieht
sich auf ein neuartiges Fanggerät, das keinen oder nur geringen Kontakt zum
Meeresboden hat und so die Auswirkungen
auf das Ökosystem minimiert. Dann ist da
noch die Maschengröße, die darüber
bestimmt, welche Größe an Seelachsen
gefangen wird. „Über Jahre, lange bevor wir
zertifiziert wurden, fischten wir mit
Maschenweiten von 125 mm und mehr,
während die EU 100 mm forderte,“ sagt er.
„Unsere Jungs sagten ‘Wir wollen keinen
kleinen Fisch fangen. Sie sind die nächste
Generation Fisch und wir werfen sie weg.
Mit größeren Maschen fangen wir nur ausgewachsene Fische’.“
Tatsächlich ist der Rückwurf von Seelachs
„relativ selten“, so der MSC-Zertifizierungsbericht, denn Jungfische schwimmen in
küstennahen Gebieten (wo Trawler nicht
fischen) bis sie drei Jahre alt sind. Dennoch
zeigt dies und die Scherbretter, dass ökologische und kommerzielle Interessen überlappen können.
Die Scherbretter sind zwei schwere Metallplatten, die das Netz offenhalten, während
es durch das Wasser gezogen wird. „Man
kann sie in unterschiedlichen Winkeln fahren und die Länge des Seils, an dem sie
hängen, anpassen,“ so Petersen. „Man
kann sie ein oder zwei Meter oberhalb des
Meeresbodens gleiten lassen, so dass das
Netz den Boden von Zeit zu Zeit berührt,
oder eben gar nicht.“ Deshalb der Name
„semi-pelagisch“.
Hergestellt in Dänemark, verlangt diese
Ausrüstung weitere Veränderungen am
Fanggerät. Aufgrund der geringeren
Reibung am Meeresboden benötigt man
weniger Leistung, um die Scherbretter zu
ziehen. „Zusätzlich führten wir ein neues
Netz aus Garn ein, das 30 Prozent leichter
ist als das herkömmliche Material,“ erläutert
Petersen. „Es hat die Spritkosten um 20 bis
30 Prozent gesenkt.“
Der Einsatz größerer Maschen brachte
auch kommerzielle Vorteile. „Wenn man
kleinere Fische fängt hat man mehr Arbeit
und höhere Verarbeitungskosten,“ sagt
Petersen. „Um 50 Kilo Fisch zu filetieren,
benötigt man bei kleinen Maschenbreiten
90-100 Fische, bei großen Maschenbreiten
nur um die 60. Aus größeren Fischen erhält
man auch größere Filets von über 200
Gramm. Die lassen sich viel besser verkaufen als 100 Gramm-Filets.“
Aktionsplan zum Verbessern
der Umweltleistung
Die Fischerei erzielte eine hohe Punktzahl in
der Bewertung und so wurden ihr auch nur
wenige Bedingungen auferlegt. Versuche
mit Scherbrettern und leichterem Gerät
waren bereits im Gange und der Beifang
wurde auf nur zwei Prozent beziffert.
„Trotzdem:
Die
Bedingungen
zur
Zertifizierung verlangten von uns, einen
Aktionsplan zu implementieren, der die
Umweltleistung der Fischerei weiter verbessert,“ kommentiert Petersen, „und wir
kamen überein, dass wir versuchen würden, die Auswirkungen der Grundschleppnetze zu verringern.“ Aus diesem Grund
wird das Gerät quasi kontinuierlich weiterentwickelt, was die Bedingung erfüllt, aber
auch das Geschäft ankurbelt.
Ökonomischer Nutzen
Der Lohn dafür zeigte sich im Marktgeschehen – nicht in Form einer kontinuierlichen Preisprämie, sondern in neuen
Produktbereichen. „Wir bekommen jetzt
Kontrakte über gefrorene Filets,“ erzählt
Petersen, „denn der Tiefkühlsektor verlangt
nach MSC-Fisch.“ Die große Nachfrage
kommt von Tiefkühlproduzenten, die ihrerseits Discounter wie Lidl und Aldi beliefern.
Eine gestiegene Nachfrage von Seiten der
Kunden sei zu registrieren.
„Eine sehr positive Entwicklung für uns,“
sagt Petersen, „denn es gibt uns ein zweites Standbein. Jetzt sind wir nicht mehr so
sehr vom Frischemarkt abhängig, wo die
Auktionspreise tagtäglich schwanken. Wir
haben eine stabilere Basis bekommen –
und das wäre sicher nicht ohne das MSCSiegel zustande gekommen.“
“
Deutschland ist der weltweit größte Markt für MSC-gekennzeichnete Produkte – ein
wichtiger Beitrag zur nachhaltigen Fischerei. Durch die MSC-Zertifizierung ihrer
Seelachs-Fischerei hat die Kutterfisch-Zentrale aus Cuxhaven als erster deutscher
Fangbetrieb bewiesen, dass ökonomischer Erfolg und der Schutz des marinen
Ökosystems kompatibel sind. Mein Wunsch ist es, dass Verbraucher dies unterstützen,
indem sie sich für nachhaltigen Fisch entscheiden.
Bart van Olphen, Geschäftsführer, Fishes Wholesale BV
”
© Marnie Bammert / MSC
kann man aufs Meer hinausfahren und den
Fang auf die Nachfrage abstimmen. Da für
größere Makrelen generell ein besserer Preis
gezahlt wird, kann man auf große Fische
Jagd machen und versuchen, den Fang von
Nachwuchs zu vermeiden.“
Makrele
Schottland
© Seafood Scotland
ZERTIFIZIERT AM
21. Januar 2009
SPEZIES
Makrele
(Scomber scombrus)
FANGMETHODE
Pelagisches Schleppnetz
LAND
Großbritannien
FANGGEBIET
Nordöstlicher Atlantik
und Nordsee, insbesondere vor der Westküste
Großbritanniens, Irlands
und Frankreichs, mit Ziel
auf die westliche
Bestandskomponente
FANGVOLUMEN
“
140.000 Tonnen
(Quote für 2009)
Wir waren uns vom ersten Tag
an sicher, dass wir nachhaltig
arbeiten. Aber es gibt natürlich
immer Dinge, die man noch
besser machen kann. Die
MSC-Bewertung lenkte unser
Augenmerk auf bestimmte
Aspekte der Fischerei. Sie
brachte uns zum Nachdenken
über den allgemeinen Zustand
des Bestandes und die Verantwortung, die wir tragen.
”
Derek Duthie, Geschäftsführer, Scottish
Pelagic Sustainability Group (SPSG)
68
„FAST UNSERE GESAMTE Makrelenquote
stammt aus der westlichen Komponente,“
erläutert Derek Duthie, Geschäftsführer der
Scottish Pelagic Sustainability Group (SPSG)
und liefert damit auch gleich den Grund,
warum eine Fischerei, die nordostatlantische
Makrele fängt – einen teilweise erschöpften
Bestand – als nachhaltig befunden und zertifiziert werden kann. Tatsächlich bedarf nur
die Nordseekomponente (die in den
Gewässern östlich von Großbritannien laicht)
infolge der Überfischung in den 1960er
Jahren weiterhin eines besonderen Schutzes,
während die westliche Komponente sich „in
einem guten Zustand“ befindet, wie aus dem
Bericht der MSC-Zertifizierer hervorgeht.
Genau wie die im Juli 2008 zertifizierte
SPSG Nordsee Hering-Fischerei gehört
auch diese hier zu den Riesen der Branche.
Sie landet rund drei Viertel der gesamten
britischen Quote für Makrele aus der
Westlichen Komponente an – ein Markt, der
knapp 90 Millionen Euro wert ist. Verkauft
wird der Fisch hauptsächlich an Russland,
Osteuropa und Japan. Was also macht die
größte Fischerei Großbritanniens nachhaltig?
Hoch selektive Methoden
Erstens verwendet sie Fangmethoden, die
hoch selektiv sind. „Die Schiffe spüren
Makrelenschwärme mithilfe von Ortungsgeräten auf und schleppen dann in der Tiefe,
die ihnen die Instrumente anzeigen,“ erläutert Duthie. Was die Skipper meist nicht
wissen: Besteht der Schwarm aus größeren
Makrelen, kleineren Jungfischen oder einer
Mischung aus beiden? Deshalb kommen
automatische „Jigger“ zum Einsatz – eine
auf allen SPSG-Fangschiffen im letzten
Oktober eingeführte neue Technik, um die
Selektivität noch zu erhöhen.
„Wir wissen aus der Handleinenfischerei,
dass Makrelen auf Haken anspringen,“ sagt
Duthie. „Deshalb programmieren die Fischer
ihr System so, dass sie die mit Haken
bestückten Leinen in jener Tiefe auslassen,
in der der Schwarm lokalisiert wurde. Beißt
die Makrele an, wird die Leine automatisch
hochgehievt und jeder gefangene Fisch auf
elektronischen Wagen gewogen. Der
Skipper sieht nicht nur das Gewicht der
einzelnen Makrelen, sondern auch deren
durchschnittliche Größe. Anhand dieser aus
ein paar Körben bestehenden Stichprobe –
sagen wir 100 Makrelen – entscheidet er, ob
sie bei diesem Fund bzw. Schwarm weiterfischen oder weiterfahren sollen. Wenn die
Fabriken eine bestimmte Größe verlangen,
In ihrem Bericht bemerkten die MSCZertifizierer, dass ‚Ausrutscher‘, also das
Öffnen des Netzes und Freigeben zu kleiner
Fische, bevor sie aus dem Wasser gepumpt
werden, im Vergleich zu anderen pelagischen Fischereien kein großes Problem
seien.
Vor der Zertifizierung reisten ein ganzes
Jahrzehnt lang auch Beobachter der
Universität St. Andrews auf Trawlern der
Flotte mit – eine freiwillige Initiative. „Die
Untersuch ungen
belegten
für
die
Makrelenfischerei Null Beifang von Walen,“
bestätigt Duthie. Als Beobachter nach
EU-Recht zur Pflicht wurden, „setzte die
Universität ihre Aktivitäten im Auftrag der
Regierung fort,“ so Duthie weiter, „und wir
kooperieren mit diesem Programm.“ Heute
muss die Universität laut MSC-Aktionsplan
über die weitere Zusammenarbeit mit der
SMRU ermitteln helfen, wie über künftige
potenzielle Zusammenstöße von Walen und
Schiffen „aussagekräftige Aufzeichnungen“
gemacht werden können.
Anerkennung durch Dritte
Als im Jahr 2007 aus der ehemaligen Pelagic
Strategy Group, einem staatlich-industriellen
Joint Venture, die SPSG entstand, war die
Zertifizierung nach MSC-Standard erklärtes
Ziel des neu geschaffenen Unternehmens.
„Wir wollten den Leuten über eine unabhängige Stelle zeigen, dass unsere Fischereien
gut dastehen und dass wir verantwortungsvoll fischen,“ sagt Duthie.
Initiativen wie automatisches Jigging zum
Steigern der Selektivität seien keine direkte
Antwort auf Zertifizierungsauflagen gewesen, betont er. „Doch dass wir wussten,
worauf die Zertifizierer schauen würden,“ hat
das Ganze beschleunigt. „Uns war bewusst,
dass wir Rückwürfe minimieren mussten,“
so Duthie weiter. „Das MSC-Verfahren hat
dazu geführt, dass wir uns auf dies konzentrierten und es schneller umsetzten. Es veranlasste uns zum Nachdenken über den
allgemeinen Zustand des Bestands und
über die Verantwortung, die wir tragen.“
Schutz bestehender Märkte
Der andere entscheidende Grund zugunsten
der Zertifizierung, so Duthie, war der Schutz
bestehender Märkte. „Sie bot uns eine
Chance, dafür zu sorgen, dass unsere
Wettbewerbsposition nicht in irgendeiner
Form erodiert wird,“ erklärt er. „Momentan
lassen sich mehrere Makrelenfischereien
bewerten. Die Zertifizierung bietet einen
Weg, unsere Zukunft zu sichern. Wir wollten
nicht die Letzten sein, die diese Auszeichnung haben.“
“
Dass Schottlands Makrelenfischerei die MSC-Zertifizierung – den Goldstandard der
Nachhaltigkeit – erreicht hat, verleiht unserer Fischereiindustrie und ihren Gemeinden
willkommene Impulse. Davon profitiert auch der Verbraucher, denn sie beweist:
Wer sich für schottische Makrele entscheidet, kauft ein erstklassiges Produkt aus
nachhaltiger Herkunft.
”
Richard Lochhead, Minister für Ländliche Angelegenheiten und die Umwelt
© David Linkie
Kabeljau und
Schellfisch
Norwegen
„SEIT JAHREN gilt das Management der
norwegischen Fischbestände als eines der
besten der Welt,“ sagt Rolf Domstein,
Geschäftsführer bei Domstein, dem Verarbeiter und Exporteur, der diese beiden
wichtigen Fischereien gemeinsam mit der
Ervik Havfiske Langleinen-Flotte managt.
Bei der Aufklärung von Verbrauchern fern
der Heimat hat sich das MSC-Siegel als
unentbehrlich erwiesen.
ZERTIFIZIERT AM
27. Februar 2009
SPEZIES
Kabeljau (Gadus
morhua); Schellfisch
(Melanogrammus
aeglefinus)
FANGMETHODE
Langleine
LAND
Norwegen
FANGGEBIET
Norwegisches Meer, in
der südlichen
Barentssee und in der
Svalbard-Region
FANGVOLUMEN
5.000 Tonnen Kabeljau
(2009); 3.000 Tonnen
Schellfisch (2009)
Neue Märkte
„In Norwegen haben die Menschen meines
Erachtens nach viel Vertrauen in das
verantwortungsvolle Management unserer
Fischereien,“ erklärt Domstein. „Aber in
ferneren Märkten ist die neutrale Bestätigung dieser Tatsache durch Dritte entscheidend. Wir genießen in Deutschland,
Holland
und
Großbritannien
viel
Aufmerksamkeit. Asda, die drittgrößte britische Einzelhandelskette, an die wir zuvor
gar nichts verkauft haben, hat schon in der
ersten Woche nach der Zertifizierung unseren MSC-Kabeljau bestellt.“
Traditionell produziert Domstein Mehrwertprodukte aus den geringwertigeren Teilen
des Filets, aber das könnte sich alles
ändern. „Ich glaube, wir werden künftig
mehr Frischfisch verkaufen,“ so Domstein
weiter, „und dafür noch bessere Preise
bekommen. Wir sind nicht auf Preisprämien
angewiesen. Wenn wir unsere Verkaufsvolumen steigern und unseren Fisch auf
besser zahlenden Märkten verkaufen können, erzielen wir auch ohne höhere Preise
mehr Gewinn.“
Nachhaltige Fischerei
“
Mit dem MSC-Logo durchdringen wir interessantere
Märkte, die höhere Preise zahlen. Wir wandeln uns von einem
Produzenten von Massenware,
der große Mengen an große
Abnehmer verkauft, zu einem
Lieferanten für kleinere Kunden,
die sich auf nachhaltigen Fisch
spezialisieren.
”
Rolf Domstein, Geschäftsführer,
Domstein Fish AS, Norwegen
70
Der große Vorteil für Verbraucher: Nun können sie Kabeljau aus dem Atlantik (eine Art,
die aus Nachhaltigkeitssicht oft Bedenken
hervorruft) guten Gewissens kaufen. Denn
das Bestandsmanagement in der Barentssee, das unter einem norwegisch-russischen Abkommen erfolgt, ist beispielhaft.
„Wir haben die Fischerei schon immer an
die Biomasse angepasst,“ erklärt Domstein.
„Deshalb befand sie sich auch nie in einer
solchen Krise wie Fischereien in anderen
Teilen der Welt.“ In seinem Bericht bestätigte der Zertifizierer, der Bestand werde kontinuierlich auf einem Niveau gehalten, das über
den „festgelegten vorsorgenden Grenzen
liegt.“ Anders gesagt: Im Ozean gibt es mehr
als genug Fische, damit die Spezies auch im
nächsten Jahr laichen und eine gesunde
neue Generation hervorbringen kann.
Auch in Sachen Selektivität erzielten beide
Fischereien hervorragende Leistungen. „Die
Fischer wissen aus Erfahrung, welche Arten
sie zu verschiedenen Jahreszeiten fangen
werden,“ erklärt Domstein. Von Oktober bis
März sei es hauptsächlich Kabeljau und im
Sommer Schellfisch. „Sie wissen, in welchen Bereichen und in welcher Tiefe sie
fischen müssen, und die Größe von Haken
und Köder bestimmt, was sie fangen.
Unsere Beifangbilanz ist ausgezeichnet.“
Dennoch müssen beide Fischereien im
Rahmen ihres MSC-Aktionsplans „solidere
Schätzungen“ für alle beigefangenen Arten
bereitstellen, um ein besseres Verständnis
der möglichen Folgen für andere Spezies
zu gewinnen. Insbesondere muss innerhalb
von zwölf Monaten nach der Zertifizierung
ein Stichprobenprogramm entwickelt und
realisiert werden. Es soll Daten liefern, die
Wissenschaftlern die Beurteilung der
Distribution, Ökologie und Fülle der kommerziellen und nicht kommerziellen Spezies,
Meeressäuger und Meeresvögel ermöglicht.
Im Fokus: Nachhaltigkeit
„Jeder Fischer muss über seinen Fang
berichten,“ sagt Domstein. „Die Fischer
werden nun wesentlich stärker einbezogen.
Aufgrund der MSC-Bewertung konzentriert
sich unsere gesamte Organisation jetzt
mehr auf ökologische Verbesserungen. Sie
hat unsere Augen geöffnet und wir haben
eine Menge dazugelernt. In Norwegen
berichten wir schon immer über den Beifang
– aber jetzt tun wir es auf formalisierte Art
und Weise.“
Auch in anderer Hinsicht nimmt Domstein
das Thema Nachhaltigkeit sehr ernst. „Wir
achten seit jeher auf den Treibstoffverbrauch, weil Öl zu unseren größten
Kostenfaktoren zählt,“ erklärt Rolf Domstein.
„All unsere Fangschiffe sind mit kraftstoffsparender Technik ausgestattet. Aber
im letzten Jahr ist uns auch der
Schadstoffaspekt bewusster geworden,
insbesondere unsere CO²-Bilanz.“ Und so
unterzieht das Unternehmen jedes von ihm
verkaufte Erzeugnis einer Lebenszyklusanalyse und ermittelt die entstandenen Kohlendioxidemissionen von
der Rohware bis zum fertigen Produkt.
“
Asda und seine Kunden unterstützen den MSC, dessen
Ökolabel die Nachhaltigkeit des von uns verkauften Fisches
absichert. Wir sind stolz darauf, unseren Kunden den ersten
MSC-zertifizierten Kabeljau und Schellfisch aus dem Atlantik
angeboten und so die Lieblingsspeise der Nation – Fish & Chips
– zu einer umweltfreundlicheren Wahl gemacht zu haben.
Chris Brown, Head of Ethical and Sustainable Sourcing, ASDA
”
© Alice Blålid
[email protected]
www.msc.org
MSC ZENTRALE
(Europa, Afrika und Nahost)
3rd Floor Mountbarrow House
6-20 Elizabeth Street
London SW1W 9RB
Großbritannien
Tel: +44 20 7811 3300
In Großbritannien eingetragene
gemeinnützige Gesellschaft:
Nr. 1066806
MSC REGIONALBÜRO
(Nord- und Südamerika)
2110 North Pacific Street
Suite 102
Seattle WA
98103
USA
Tel: +1 206 691 0188/9
In den USA eingetragene gemeinnützige Gesellschaft: Nr. 501(c)(3).
MSC REGIONALBÜRO
(Asien-Pazifik)
10/46-48 Urunga Parade
Miranda
NSW 2228
Australien
Tel: +612 9524 8400
ABN: 69 517 984 605
MSC REGIONALBÜRO
(Japan)
3rd Floor, AIG Kabuto-cho Bldg
5-1 Nihonbashi Kabuto-cho
Chuo-ku, Tokio
Japan 103-0026
Tel: +81 (0)3 6861 7515
MSC REGIONALBÜRO
(Deutschland, Schweiz, Österreich)
Schwedter Straße 9a
10119 Berlin
Deutschland
Tel: +49 (0)30 8849 7008
MSC REGIONALBÜRO
(Niederlande)
Sweelinckplein 9-11, Unit 12
2517 GK, Den Haag
Niederlande
Tel: +31 (0)70 360 5979
MSC REGIONALBÜRO
(Südafrika)
Postfach:
P.O. Box 7107
Roggebaai 8012
Kapstadt
Südafrika
Tel: +27 (0)21 4255086
MSC REGIONALBÜRO
(Schottland)
4th Floor Thorn House
5 Rose Street
Edinburgh
EH2 2PR
Schottland
Großbritannien
Tel: +44 (0)131 243 2617
MSC REGIONALBÜRO
(Frankreich)
La Ruche
84 Quai de Jemmapes
75010 Paris
Frankreich
Tel: +33 (0)1 70 23 28 11

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