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LIZENZ ZUM FISCHEN Fischereien im Wandel – 10 Jahre MSC-Zertifizierung Inhalt Mitteilung des Geschäftsführers Meere im Wandel: Zehn Jahre Marine Stewardship Council MSC-zertifizierte Fischereien rund um den Globus 03 04 06 · Languste Westaustralien · Hering Themse, Großbritannien · Wildlachs Alaska · Hoki Neuseeland · Herzmuscheln Burry Inlet, Großbritannien · Makrele Cornwall, Großbritannien · Kaisergranat Loch Torridon, Großbritannien · Schwarzer Seehecht Südgeorgien · Seehecht Südafrika · Languste Baja California, Mexiko · Alaska Seelachs Beringsee, Aleuten und Golf von Alaska, USA · Seezunge, Hering und Makrele Hastings, Großbritannien · Kabeljau Beringsee und Aleuten, USA · Bändereisfisch Australien · Heilbutt Nordpazifik, USA · Hering Nordsee, Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Holland, Irland, Litauen · Kohlenfisch Nordpazifik, USA · Zander See Hjälmaren, Schweden · Kammmuscheln Patagonien · Weißer Thunfisch Nord- und Südpazifik, USA · Wolfsbarsch Großbritannien · Tiefseegarnele Oregon, USA · Hering Nordsee, Schweden · Barsch, Meeräsche, Adlerfisch, Herzmuscheln verschiedene Seen und Coorong, Australien · Seelachs Nordsee und Nordostarktis, Norwegen · Hering Nordsee, Großbritannien · Tiefseegarnele Atlantik, nördlicher Golf von St. Lawrence, Esquiman Kanal, Kanada · Kurzschwanzkrebs und Flunder Japan · Tiefseegarnele Golf von St. Lawrence, Kanada · Seelachs Nordsee, Deutschland · Makrele Nordostatlantik und Nordsee, Großbritannien · Kabeljau und Schellfisch Nordostarktis, Norwegen 08 10 12 14 16 18 20 22 24 26 28 30 32 34 36 38 Titelfoto: Makrele (Cornwall, Großbritannien) © John Spaul; Seehecht (Südafrika) © John White / MSC; Weißer Thunfisch (Nord- und Südpazifik, USA) © Fishes Holding BV; Heilbutt (Nordpazifik, USA) © Peter Thompson; Kabeljau und Schellfisch (Nordostarktis, Norwegen) © Alice Blålid; Wildlachs (Alaska, USA) © Chris Arend Photography; Languste (Baja California, Mexiko). 40 42 44 46 48 50 52 54 56 58 60 62 64 66 68 70 Mitteilung des Geschäftsführers ermächtigt Verbraucher, mit Hilfe des MSC-Siegels eine umweltbewusste Wahl zu treffen. Im Jahr 1999 wurde der MSC zu einer unabhängig agierenden, internationalen und gemeinnützigen Einrichtung. Im Jahr 2009 feierte der MSC unter dem Motto „Partnerschaft und Fortschritt“ sein zehnjähriges Bestehen. Ein ganzes Jahrzehnt ist vergangen seit sich die ersten Fischereien dem MSC-Programm anschlossen. Zu diesem Anlass präsentieren wir Ihnen die vorliegende Broschüre. Sie würdigt und feiert die Erfolge MSC-zertifizierter Fischereien und erzählt deren Geschichten in ihren eigenen Worten. Der MSC kann auf eine beeindruckende Entwicklung zurückblicken. Sie nahm ihren Anfang, als WWF und Unilever nach dem Zusammenbruch der Kabeljau-Fischerei der Neufundlandbank zusammen kamen, um mit vereinten Kräften ein im Markt verankertes Programm zur Förderung nachhaltiger Fischerei zu gründen. Beide Organisationen sorgten sich um die Gesundheit und Ertragsfähigkeit unserer Meere und um die Nachhaltigkeit der künftigen Versorgung mit Fisch und Meeresfrüchten. Der MSC wurde als marktgestütztes Zertifizierungsund Kennzeichnungs-Programm ins Leben gerufen, das Anerkennung für umweltverträglich und nachhaltig geführte Fischereien schafft. Es Zehn Jahre später zeigt sich, dass die steigende Nachfrage nach Fisch und Meeresfrüchten aus glaubwürdiger zertifizierter Herkunft positive Impulse für einen Wandel in der Art und Weise liefert, wie unsere Ozeane befischt werden. Heute sind rund um den Globus mehr als 150 Fischereien Teil des MSC-Programms. Gemeinsam landen sie über sechs Millionen Tonnen Fisch und Meeresfrüchte an – rund 7 Prozent des weltweiten Fangs für den menschlichen Verzehr. Der MSC ist den 42 in dieser Broschüre vorgestellten Fischereien zu tiefem Dank verpflichtet. Sie hatten den Mut, das Engagement und den Weitblick, sich dem damals noch jungen und im Aufbau befindlichen Programm anzuschließen und haben das Angebot geschaffen, von dem eine rasant wachsende Nachfrage nach zertifizierter nachhaltiger Ware abhängt. Unser besonderer Dank gilt auch den zahlreichen Unternehmen rund um den Globus, die Nachhaltigkeitsaspekte in ihre Beschaffungsrichtlinien für Fisch und Meeresfrüchte integriert haben. Der Wert des Marktes für MSCzertifizierten Fisch wird derzeit auf über 1,5 Milliarden US-Dollar geschätzt und mehr als 2.500 Artikel in 52 Ländern tragen das MSC-Siegel. Ich danke allen Individuen und Organisationen, die geholfen haben, den MSC zu etablieren. Auch die wich- tige Rolle unserer Förderer, die den MSC seit mehr als einem Jahrzehnt finanziell unterstützen, möchte ich an dieser Stelle betonen. Die von ihnen bereitgestellten Mittel haben den Aufbau von Partnerschaften und Arbeitsgruppen ermöglicht – ein wichtiger Grundbaustein für den Erfolg und den heutigen Einfluss unseres Programms. Unser Dank gilt auch den NGOs, die sich für den Schutz der Weltmeere einsetzen, sowie Vertretern aus der Wissenschaft. Sie haben einen großen Beitrag zur Glaubwürdigkeit des MSC-Standards für umweltverträgliche und nachhaltige Fischerei geleistet. Die folgenden Seiten zeigen, dass es allen Grund zum Feiern gibt. Doch es bleibt viel zu tun, wenn unsere Ozeane intakt und produktiv bleiben sollen. Wir freuen uns darauf, gemeinsam mit unseren Partnern auf den Erfolgen dieses ersten Jahrzehnts aufzubauen, damit unsere Vision Wirklichkeit wird: Ozeane, in denen marines Leben wächst und gedeiht und deren Ertragsfähigkeit für die heutige wie für künftige Generationen gesichert ist. Rupert Howes Geschäftsführer, im September 2009 3 Meere im Wandel: Zehn Jahre Marine Stewardship Council von Andrew Purvis SEIT sich 1999 die ersten Fischereien dem damals noch in den Kinderschuhen steckenden Programm anschlossen, hat der Marine Stewardship Council (MSC) dazu beigetragen, die öffentliche Aufmerksamkeit auf eine bemerkenswerte und nachhaltige Ressource zu lenken. Zehn Jahre nach seiner Gründung sind mehr als 2.000 Produkte und fast 2,5 Millionen Tonnen Fisch aus nachhaltiger Herkunft mit dem Öko-Siegel des MSC gekennzeichnet. Doch hinter dem blauen Symbol verbergen sich weltweit Männer und Frauen in MSC-zertifizierten Fischereien, die diese Entwicklung durch tägliches vorbildhaftes Verhalten erst ermöglicht haben. Sie wissen so ziemlich alles, was es über ein nachhaltiges Management von Fischereien zu wissen gibt. Mit dieser Broschüre anlässlich des zehnten Jubiläums des MSC wird dieser Ressource gewürdigt. Um zu erfahren, auf welche Weise das MSC-Programm Fangbetrieben zehn Jahre nach seiner Gründung hilft, habe ich Fischer und Fischereiorganisationen gebeten, ihre MSCGeschichte in ihren eigenen Worten zu erzählen. Hat die Zertifizierung ihr Versprechen gehalten? Brachte sie klare wirtschaftliche Vorteile? Konnten Fangbetriebe mit dem blauen Öko-Label höhere Erzeugerpreise erzielen? Hat die MSC-Zertifizierung Fischern geholfen, neue Märkte zu erschließen oder alte Märkte zu behaupten? Ich wollte ebenfalls herausfinden, ob es messbare Gewinne für die Umwelt gab, wie etwa die Erholung von Beständen, neue wissenschaftliche Forschungsergebnisse, weniger Beifang oder verstärkte Beobachteraktivitäten auf Fangschiffen? Und wie steht es mit sozialen Vorteilen? Hat das MSC-Programm dazu beigetragen, Arbeitsplätze und Gemeinden zu erhalten, das Interesse an der Fischerei als Existenzgrundlage zu schüren oder den Zugang zu sozialen Regenerations programmen oder staatlichen Beihilfen zu verbessern? Über verschiedene Zeitzonen, Klimagürtel und sprachliche Barrieren hinweg diskutierte ich mit Vertretern aller 42 Fischereien, die im April 2009 zertifiziert waren und stellte ihnen diese Fragen. Jede Fischerei erzählt 4 ihren Beifang systematischer aufzeichnen als es unter den bestehenden Vorschriften notwendig war. Dies, so glaubt die Fischerei, könnte auch das Management anderer Fischereien verändern. Die Fischerei hat auch gemeinsam mit staatlichen Wissenschaftlern Gebiete kartiert, die für Trawler geschlossen sind, da sich dort Tiefseekorallen befinden. Man wollte herausfinden, ob die Riffe durch statisches Fanggerät beschädigt wurden. eine faszinierende Geschichte – und die Antworten liefern überzeugende Beweise für die zahlreichen Wege, über die das MSC-Programm zu gesunden Weltmeeren beiträgt. Ökologischer Nutzen Macht die Zertifizierung eine Fischerei nachhaltiger oder belohnt sie einfach bereits bestehende vorbildliche Praktiken? Viele Fischereien arbeiteten schon nachhaltig, als es den MSC noch gar nicht gab. Doch wie die vorliegende Broschüre zeigt, er folgten im Rahmen einer MSC-Zertifizierung oft messbare Verbesserungen. Ein bemerkenswertes Beispiel hierfür ist die Hoki-Fischerei in Neuseeland (Seite 14). Dort haben sich dieses Jahr die historisch niedrigen Bestände dank einer Fülle an Managementmaßnahmen erholt. Zu diesen Maßnahmen gehörte ein vom Zertifizierer im Rahmen der Bewertung vorgeschlagener Bestandsaufbauplan. Auch in Südafrika ist die marine Umwelt in Folge der Beteiligung am MSC-Programm gesünder als zuvor. Die wirtschaftlich bedeutende südafrikanische SeehechtFischerei (Seite 24) musste die Sterblichkeitsrate bei Meeresvögeln, die sich in den Schleppseilen verfingen, ermitteln und Maßnahmen zur Reduktion ergreifen falls die Studienergebnisse dies für nötig befanden. Infolge dessen hat sich die Zahl der verendeten Vögel drastisch von zuvor nicht registrierten 18.000 auf lediglich 200 pro Jahr verringert. Als Zertifizierungsauflage musste die norwegische Seelachs-Fischerei in der Nordsee und der Nordostarktis (Seite 56) In einem anderen Fall hat die Zertifizierung der Lieferkette, welche die lückenlose Rückverfolgbarkeit von Fisch und Meeresfrüchten sicherstellt, deutlichen Nutzen gebracht. Die Fischerei auf Schwarzen Seehecht in Südgeorgien (Seite 22) muss ihren gesamten Fang unter staatlicher Aufsicht Kiste für Kiste wiegen, um die Zertifizierung aufrechtzuerhalten. Diese Maßnahme garantiert Käufern und Verbrauchern, dass zertifizierte Ware nicht von Fangschiffen stammt, die illegal in anderen Fischereien auf Schwarzen Seehecht operieren. © Jiri Rezac/WWF-UK Wirtschaftliche Anreize Die meisten Fischereien bestätigen, dass ihnen das MSC-Logo dabei geholfen hat, sich auf existierenden Märkten zu behaupten und neue Märkte zu erschließen – geographisch oder aufgrund von Chancen im Bereich Produktentwicklung. Die Kabeljau-Fischerei der Beringsee und Aleuten (Seite 28) schaffte sogar beides. Vor der Zertifizierung erzielte sie lediglich aus dem Verkauf von getrocknetem Kabeljau und gesalzenen Filets Umsätze. Seit der Zertifizierung konnte sie auf dem Markt für doppelt gefrostete und panierte Erzeugnisse Fuß fassen und ihre Aktivitäten auf europäische Länder ausweiten. Die deutsche Seelachs-Fischerei in der Nordsee (Seite 66) konzentrierte sich ursprünglich auf den Verkauf von Frischfisch. Heute erhält sie Verträge über gefrorene Filets, weil deutsche Einzelhandelsunternehmen, insbesondere die großen Discounter Aldi und Lidl, MSC-zertifizierte tiefgefrorene Ware fordern. In der Bristol Bay vor Alaska führte die Nachfrage seitens der großen Lebensmittelketten dazu, dass die Erzeuger von Alaska Wildlachs (Seite 12) vom weniger rentablen Konservenmarkt auf lukrativere Bereiche wie Filettieren, Kühlen und Gefrieren umstellen konnten. Einige Fischer berichteten auch über höhere Erzeugerpreise. Die Begünstigten waren insbesondere kleinere Fangbetriebe und Kleinfischer: Sie konnten dank besserer Preise ihre Lebensgrundlage sichern und verbessern. In Australien verlangt die Fischerei im Coorong und in verschiedenen Seen (Seite 54) von Restaurants in Sydney und Melbourne regelmäßig 30 bis 50 Prozent mehr als für nicht zertifizierte Ware. In einer Gemeinde, in der die Fischerei und davon abhängige Dienstleistungen 60 Prozent der Haushaltseinkommen stellen, ist dieser Mehrwert von großer Bedeutung. In Großbritannien erzielt die WolfsbarschFischerei (Seite 48) beim Verkauf an Londoner Spitzenrestaurants nun Preise, die 25 Prozent höher liegen als das, was sie von lokalen Abnehmern vor der Zertifizierung bekam. Auch der Fangbetrieb auf Seezunge, Hering und Makrele in Hastings, England, (Seite 30) profitierte. Zehn Prozent mehr erhielt er für Ware, die in die Niederlande ging und 15 Prozent von der französischen Supermarktkette Casino. In den Vereinigten Staaten stieg der Erzeugerpreis für Weißen Thunfisch von der MSC-zertifizierten Fischerei (Seite 46) unmittelbar nach der Zertifizierung im August 2007 von 1.700 auf 2.250 US-Dollar pro Tonne. Dank eines garantierten Abnehmermarktes in Europa konnte die Fischerei zum ersten Mal seit ihrem Bestehen einen stabilen Preis für die Zukunft festsetzen und ist nun nicht mehr den heftigen Handelsschwankungen an den Docks ausgeliefert. Die Langusten-Fischerei in Westaustralien (Seite 8) ist ein gutes Beispiel dafür, wie Fischereien abseits von höheren Erzeugerpreisen wirtschaftlich von einem MSC-Zertifikat profitieren können. Als die australische Regierung vorschrieb, dass alle Fisch exportierenden Unternehmen auditiert und zertifiziert sein müssen, akzeptierte man die Zertifizierung nach MSC-Standard als alternativen Mechanismus, der dieser Anforderung gerecht wird und den Fischereien die Kosten der Exportzertifizierung erspart. © Carey Schumacher Sozialer Nutzen Die Zertifizierung kann auch soziale Vorteile bringen. Wenn fischereiliche Ressourcen nachhaltig bewirtschaftet werden, sollte dies auch die Existenzgrundlage der von ihr abhängigen Gemeinden sichern. Dies gilt insbesondere für kleine Fangbetriebe wie die schottische Fischerei auf Kaisergranat in Loch Torridon (Seite 20) und die Fischerei auf Weißen Thunfisch (Seite 46) in den Vereinigten Staaten. Der Fangbetrieb auf Langusten in Mexiko, Baja California, (Seite 26) zeigt eindrucksvoll, wie die Zertifizierung nach MSCStandard Gemeinden fördern und zu einem gesellschaftlichen Nutzen beitragen kann. Die Teilnahme am MSC-Programm bescherte den zehn Dörfern, die von der kleinen Fischerei abhängig sind, staatliche Aufmerksamkeit und eine verbesserte Bereitstellung unentbehrlicher Dienst- leistungen. Hierzu zählte eine Beihilfe im Wert von 20 Millionen US-Dollar für die Erweiterung des Stromnetzes sowie den Ausbau von Infrastruktur, Zugangsstraßen und Trinkwasserversorgung. Politischer Einfluss Auch hier finden die Erfahrungen der Seehecht-Fischerei in Südafrika (Seite 24) erneut Erwähnung. Als Antwort auf eine an die Zertifizierung geknüpfte Bedingung montierte die Fischerei auf ihren Fangschiffen freiwillig so genannte „Tori-Leinen“. Die mit flatternden Bändern versehenen Leinen schrecken Meeresvögel ab und halten sie von Haken und Ködern fern. Mittlerweile sind Tori-Leinen in Südafrika Pflicht auf allen Trawlern – ein hervorragendes Beispiel dafür, wie am MSCProgramm beteiligte Fischereien politische Entscheidungen beeinflussen können. Fischereimanager im südlichen Afrika erkennen außerdem an, dass die Bewertung nach MSC-Standard Möglichkeiten der langfristigen Zusammenarbeit mit Industrie und Aufsichtsbehörden mit sich gebracht hat. In Europa sind die meisten der großen Herings-Fischereien (Seiten 30, 38, 52 und 58) bereits MSC-zertifiziert oder lassen sich gerade bewerten. Sie haben eine kritische Masse erreicht und die Stimmung in den EU-Verhandlungen zur Fischerei verändert. Fangquoten und andere Themen werden nun mit Blick auf das mögliche Urteil der Zertifizierer mit größerer Umsicht diskutiert. Für die Langusten-Fischerei in Westaustralien (Seite 8) erwies sich die MSCZertifizierung als potentes Verhandlungsinstrument: Sie half ihnen, Zölle für in die EU exportierte Ware um die Hälfte zu senken – Ersparnisse, die einen Teil der Zertifizierungskosten wieder wettmachten. All diese Beispiele zeigen, dass das MSCProgramm beteiligten Fischereien in den letzten zehn Jahren nicht nur ermöglicht hat, höhere Preise zu erzielen, sondern auch auf zahlreiche andere Weise zu profitieren. In der vorliegenden Broschüre erzählen echte MSC-Pioniere die komplexe und faszinierende Geschichte von der Transformation einer Industrie – die Geschichte vom Meer im Wandel. 5 Geografische Karte MSC-zertifizierter Fischereien Fischerei 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26 27 28 29 30 31 32 33 34 6 Alaska Seelachs (Beringsee, Aleuten, USA) Alaska Seelachs (Golf von Alaska, USA) Barsch, Meeräsche, Adlerfisch, Herzmuscheln (verschiedene Seen und Coorong, Australien) Heilbutt (Nordpazifik, USA) Hering (Nordsee, Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Holland, Irland, Litauen) Hering (Nordsee, Großbritannien) Hering (Nordsee, Schweden) Hering (Themse, Großbritannien) Herzmuscheln (Burry Inlet, Großbritannien) Hoki (Neuseeland) Bändereisfisch (Australien) Kabeljau (Beringsee und Aleuten, USA) Kabeljau und Schellfisch (Nordostarktis, Norwegen) (2 Fischereien) Kaisergranat (Loch Torridon, Großbritannien) Kammmuscheln (Patagonien) Kohlenfisch (Nordpazifik, USA) Kurzschwanzkrebs und Flunder (Japan) (2 Fischereien) Languste (Baja California, Mexiko) Languste (Westaustralien) Makrele (Cornwall, Großbritannien) Makrele (Nordostatlantik und Nordsee, Großbritannien) Schwarzer Seehecht (Südgeorgien) Seehecht (Südafrika) (2 Fischereien) Seelachs (Nordsee und Nordostarktis, Norwegen) (2 Fischereien) Seelachs (Nordsee, Deutschland) Seezunge, Hering und Makrele (Hastings, Großbritannien) (3 Fischereien) Tiefseegarnele (Atlantik, nördlicher Golf von St. Lawrence, Esquiman Kanal, Kanada) Tiefseegarnele (Golf von St. Lawrence, Kanada) Tiefseegarnele (Kanada) Tiefseegarnele (Oregon, USA) Weißer Thunfisch (Nord- und Südpazifik, USA) (2 Fischereien) Wildlachs (Alaska) Wolfsbarsch (Großbritannien) Zander (See Hjälmaren, Schweden) (2 Fischereien) Länderwaar mit MSC Landen gecertificeerde MSC-gekennproducten zeichneten beschikbaar Produkten zijn 7 das Gesetz zum Schutz der Umwelt und Erhalt der Artenvielfalt (EPBC Act 1999). Es schreibt vor, dass Unternehmen, die Fisch und Meeresfrüchte exportieren, auditiert und EPBC-zertifiziert sein müssen. „Das Gesetz orientierte sich am MSC-Standard,“ fügt Davies hinzu, „und weil wir schon MSC-zertifiziert waren, hatten wir die ganze Arbeit bereits getan. Ein beträchtlicher Betrag der für die Bewertung nach MSCStandard entstandenen Kosten wäre ohnehin für den Erwerb der Exportzertifizierung angefallen.“ Languste Westaustralien ZERTIFIZIERT AM 3. März 2000; erneut zertifiziert im Dezember 2006 SPEZIES Languste (Panulirus cygnus) FANGMETHODE Reusen, mit Ködern ausgelegt LAND Australien GEBIET Küstengewässer vor Westaustralien, von Kap Leeuwin (Margaret River südlich von Perth) 1.000 km nach Norden bis Shark FANGVOLUMEN “ 10.750 Tonnen Vor der Zertifizierung war die Fischerei deshalb nachhaltig, weil wir es von ihr behauptet haben. Heute prüfen Experten rund um den Globus all diese wundervollen wissenschaftlichen Daten. Wir erhalten automatisch eine Expertenmeinung über die Art wie wir unsere Fischerei managen. ” Dexter Davies, Vorsitzender, Western Rock Lobster Council 8 ALS ERSTE nach MSC-Standard zertifizierte Fischerei der Welt hatte dieser Fangbetrieb jede Menge Zeit, die Vorteile zu assimilieren. „Der wichtigste war der Zugang zu Märkten,“ kommentiert Dexter Davies, Vorsitzender des Western Rock Lobster Council. „In Australien verlangen große Supermarktketten nun MSC-zertifizierte Ware, das stärkt unsere Position.“ Im März 2009 verkündete Aldi, ab Juli in allen seinen Niederlassungen elf MSC-zertifizierte Erzeugnisse in sein Dosen- und Tiefkühlsortiment aufzunehmen. Der deutsche Discounter betreibt in den australischen Bundesstaaten New South Wales, Queensland und Victoria mehr als 200 Filialen. Zugang zu neuen Märkten, niedrigere Zölle, politischer Einfluss Dieses Interesse ist in Australien neu, doch verhalf die MSC-Zertifizierung der Fischerei gleich zu Beginn zur Erschließung europäischer Märkte. „Die EU erhebt Gebühren auf australischen Fisch, der nach Europa exportiert wird,“ erklärt Davies. „Die Zertifizierung erwies sich als effektives Mittel, diese um die Hälfte zu senken“ – von zwölf auf sechs Prozent. Bei 1.500 Tonnen gefrorener Langusten, die innerhalb von drei Jahren nach Europa verkauft wurden, haben die Ersparnisse einen Teil der Zertifizierungskosten wettgemacht. „Vertreter der Langustenindustrie setzten sich in Verhandlungen mit der EU für den Marktzugang ihrer Produkte ein,“ erläutert Davies weiter. „Die Tatsache, dass wir nach MSC-Standard zertifiziert waren, fiel bei den Verhandlungen entscheidend ins Gewicht. Wir konnten argumentieren: ‚Schaut her, die Ware stammt aus einer von unabhängiger Seite bewerteten nachhaltigen Fischerei.‘ Das hat enorm geholfen.“ Der Löwenanteil der rötlich-lilafarbenen Krustentiere mit den langen Fühlern wird allerdings nach China, Taiwan, in die Vereinigten Staaten und nach Japan exportiert. Dies generiert pro Jahr Umsätze in Höhe von 400 Millionen AUD (250 Millionen Euro) – und entspricht 20 Prozent der gesamten Einnahmen der australischen Fischereien. Beim Absatz auf diesen Märkten sparte die Verbindung zum MSC auch Zeit und Aufwand, was wiederum die Kosten senkte und bewies: Nicht nur eine Preisprämie bringt Gewinne. Vier Monate nach der Zertifizierung des Fangbetriebes verabschiedete die australische Regierung Mindern der negativen Folgen des globalen Abschwungs In diesem Jahr sind die Langustenexporte generell gesunken. „In einer globalen Rezession essen die Leute nicht unbedingt Langusten,“ erklärt Davies. Aber auch hier kann die MSC-Zertifizierung helfen. „Heutzutage ist es enorm wichtig, möglichst unterschiedliche Absatzmärkte zu erschließen – Europa, den Nahen Osten und verschiedene Produktbereiche in den USA. In spezialisierten Märkten achten Unternehmen auf Faktoren, die hochpreisige Produkte differenzieren. Das MSC-Siegel half uns dabei, derlei Marktchancen zu erhöhen.“ Langfristiges Management Ökologisch gesehen war die Langustenfischerei schon immer abhängig von der „großartigen vorausschauenden Wissenschaft,“ die wir seit 40 Jahren betreiben,“ erläutert Davies und bezieht sich damit auf eine in den 60er Jahren von dem Biologen Bruce Phillips entwickelte Methode, mit der sich das Fangvolumen für die nächsten vier Jahre präzise vorhersagen lässt. Indem er an Küstenriffen so genannte ‚Kollektoren‘ – künstliche Lebensräume – platzierte, war Phillips in der Lage, die Langustenlarven zu zählen, die mit der Meeresströmung aus ihren Laichplätzen in den Tiefen des Indischen Ozeans in die Fangvorrichtungen geschwemmt wurden. „Diese Technik hat es uns ermöglicht, Managemententscheidungen bereits vier Jahre im Voraus zu fällen – ein höchst effektives Instrument,“ so Davies weiter. Mithilfe dieser Methode erkannten die Fischereimanager‚ dass die Anzahl an Pueruli aufgrund von veränderten Umweltbeding ungen außergewöhnlich niedrig war. Sie reduzierten die Fangquote um 50 Prozent, damit sich die Bestände erholen können. „Das ist eine Vorsichtsmaßnahme bei gleichbleibend vorbildlichem Management,“ erklärt Davies. „Wir nehmen das Problem lediglich frühzeitig in Angriff.“ frühzeitigen Ausschöpfens der Quote.“ Trawler außerhalb der Treibnetz-Zone konnten also einen Monat lang weiter fischen und die erlaubte Fangquote möglicherweise überschreiten. Hering Themse Großbritannien © John Spaul ZERTIFIZIERT AM 3. März 2000; erneut zertifiziert im Dezember 2005¹ SPEZIES Hering (Clupea harengus) FANGMETHODE Treibnetz² LAND Großbritannien FANGGEBIET Themsemündung, bis zum sechs-Meilen-Limit FANGVOLUMEN 2 Tonnen (Anlandungen 2006/07) ¹ Die Fischerei hat aufgrund des eingeschränkten Zugangs zur Ressource auf ein Weiterführen der Zertifizierung verzichtet. ² Kleinflächigere Treibnetze zählen nicht zu den geächteten Fanggeräten. “ Die MSC-Zertifizierung bewirkt, dass die Fischer engagiert mitdenken und unsere Maßnahmen zur nachhaltigeren Bewirtschaftung der Bestände voll unterstützen – gerade dann, wenn sie einen wertmäßigen Nutzen erkennen können. ” Joss Wiggins, Fischereimanager, Kent & Essex Sea Fisheries Committee 10 NIRGENDWO SONST passt der Satz ‚Small is beautiful‘ besser als in dieser winzigen Fischerei, die nördlich der Themsemündung bis zu den Blackwater und Colne Ästuaren bei Colchester operiert, einer nur 90 Kilometer von London entfernten Stadt in der östlichen Grafschaft Essex. In dem bescheidenen Fanggebiet – Teil der größeren Themse Herings-Fischerei – sind ausschließlich Treibnetze erlaubt. Ausgelegt werden sie von weniger als einem halben Dutzend Booten, von denen jedes weniger als zehn Meter lang ist und die pro Tag nur ein bis zwei Stunden fischen. Auch die gefangene Art ist – um dem obigen Thema treu zu bleiben – ungewöhnlich klein. Der hier laichende Hering, der so genannte Blackwater-Bestand bzw. Themse-Ästuar-Hering, ist eine ganz besondere Art: Die Fische haben einen Wirbel weniger als Nordsee-Heringe. „Sie sind kleiner,“ erklärt Joss Wiggins, Fischereimanager beim Kent & Essex Sea Fisheries Committee (KESFC), das Fischereien aus der Region managt, reguliert und fördert. „Wir benötigten also ein Marketinginstrument, um Verbraucher von unserer Ware zu überzeugen.“ Unterstützung der Fischer gewinnen In den späten 90er Jahren, als ‘Nachhaltigkeit‘ noch kein gängiger Begriff war, sahen die Fischer in einer MSCZertifizierung die Lösung. Der Verkauf von lokal gefangenem Fisch auf lokalen Märkten in nachhaltiger Art und Weise schien für sie ein sinnvoller Ansatz, kommentiert Wiggins. Aber auch ihm als Fischereimanager brachte die Zertifizierung Vorteile. „Es war hilfreich, unsere Fischereiaktivitäten von Außenstehenden prüfen und bewerten zu lassen. Für Aufsichtsbehörden ist es von Nutzen, wenn andere die eigenen Anstrengungen zur nachhaltigen Bewirtschaftung der Bestände untermauern. Dann stehen auch die Fischer stärker hinter unseren Maßnahmen.“ Regelwerke ändern Eine solche Maßnahme war die jährliche Schließung der Laichgebiete unter einer bestehenden Gemeindeverordnung: Im Februar für das Treibnetzgebiet und im März für die gesamte Themse HeringFischerei. „Die Schließung erfolgte zu einem festen Datum,“ erklärt Wiggins, „aber es gab keinen Mechanismus für die Schließung des gesamten Ästuars für den Fall eines Eine der Bedingungen für die MSCZertifizierung war das Beheben dieses Problems. „Wir haben die Verordnung geändert,“ so Wiggins weiter. „Nun können wir das gesamte Ästuar schließen, wenn uns das britische Ernährungs- und Landwirtschaftsministerium (Defra) mitteilt, dass die Quote im MSC-zertifizierten Fanggebiet erreicht ist. Dies wiederum bewirkt die Schließung der gesamten Fischerei und hilft, die künftigen Bestände zu schützen.“ Wirtschaftliche Vorteile Die wirtschaftlichen Vorteile waren sofort erkennbar und spektakulär. „Noch vor Ausstellung des Zertifikats wollte ein Interessent aus Grimsby den gesamten Fang kaufen – und der Preis stieg sofort von zwei auf drei Pfund pro ‘Stone‘ (knapp 6,5 kg),“ erzählte damals der Fischer Andrew French. Im Jahr 2000, als die Fischerei zertifiziert wurde, erzielten die Preise laut Defra die Höchstmarke von 388 Pfund pro Tonne. In britischen Supermärkten wurde probeweise Themse-Hering angeboten, und Duchy Originals, eine von Prince Charles ins Leben gerufene britische Marke, vertrieb zeitweise sogar Pastete aus MSC-zertifiziertem Themse-Hering. Die wichtigsten Vertreiber waren jedoch Bauernmärkte und lokale Geschäfte, und das ist bis heute so geblieben. Dann kam es jedoch zu einer ironischen Wende und die Blackwater-Bestände begannen, an einem anderen Ort zu laichen. „Sie scheinen sich nun weiter oben im Themse-Ästuar aufzuhalten,“ erläutert Wiggins. Infolge dessen erzielen Fischer auf Trawlern außerhalb des MSC-zertifizierten Fanggebietes nun „bessere Fänge zwischen 80 und 90 Tonnen pro Jahr, während wir quasi keinen Hering mehr fangen.“ Dies ist zwar ärgerlich, doch es hat auch etwas Positives bewirkt. Nachdem die ansässigen Fischer das rege öffentliche Interesse an der MSC-Zertifizierung ihrer Kollegen beobachteten, beabsichtigen sie nun auch, sich für „einige der wichtigsten Arten, die die Fischereigemeinde hier fängt, bewerten zu lassen.“ Hierzu gehören Seezunge, Barsch und Nagelrochen. „Der Hering diente als Katalysator,“ erklärt Wiggins. „Wenn das gleiche Prinzip auch auf einige dieser anderen Bestände angewendet wird, dann könnte es in den Augen der hiesigen Fischer funktionieren.“ © John Spaul Nicht nur Lachs aus der Dose Wildlachs Alaska USA © Rupert Howes / MSC ZERTFIZIERT AM 3. September 2000; erneut zertifiziert im November 2007 SPEZIES Rotlachs (Oncorhynchus nerka), Hundslachs (Oncorhynchus keta), Königslachs (Oncorhynchus tshawytscha), Silberlachs (Oncorhynchus kisutch) und Buckellachs (Oncorhynchus gorbuscha) FANGMETHODE LAND Netze (treibendes¹ und verankertes Kiemennetz, Ringwade), Trolling (Schleppleine mit Kunstoder Naturködern) und Fischrad (wasserkraftbetriebene mühlradartige Vorrichtung mit Körben, in denen der Fisch gefangen und anschließend in Tanks verladen wird) „ES IST WIE EIN moderner Goldrausch,“ sagt Warren ‚Buck‘ Gibbons und beschreibt damit den Lachsfang im westlichen Alaska, wo er nicht nur als Fischer arbeitet , sondern auch bei der Bristol Bay Regional Seafood Development Association im Verwaltungsrat dient. „Wirft man am 01. Juni ein Netz aus, wird man höchstwahrscheinlich nichts fangen. So um den 20. Juni herum tummeln sich hier dann 40 Millionen Lachse! Am 20. Juli ist das ganze Spektakel wieder vorbei. Es ist ein faszinierendes Schauspiel, das zeigt, was Mutter Natur zu bieten hat.“ Am Bogen der Alaska-Halbinsel entlang des 400 km langen Küstenstreifens der Bristol Bay jagen Lachse durch Flüsse mit so klangvollen Namen wie Cinder, Kvichak, Nushagak, Togiak und Ugashik. Auf ihre Rückkehr in die Flussmündungen warten 1.800 kleine Fangschiffe der Bristol Bay Kiemennetzflotte. Obwohl jedes Boot nur 10 Meter lang ist, stellen sie mit einem gemeinsamen Umsatzvolumen von 190 Millionen US-Dollar die größte Rotlachsfischerei der Welt dar. Dabei ist Bristol Bay lediglich ein Teil der Alaska-weiten Lachsfischerei. Sie umfasst fünf Lachsarten und Hunderte Millionen von Fischen, die zum Laichen jährlich über Tausende von Kilometern zurücklegen, um aus dem nördlichen Pazifik in die Flüsse und Seen zurückzukehren, in denen sie geboren wurden. Lachsfang und Umweltschutz US-amerikanische Gewässer, an Alaska grenzend FANGVOLUMEN 287.000 Tonnen ¹ Kleinflächigere Treibnetze zählen nicht zu den geächteten Fanggeräten. “ Diese Nachricht über Walmart – und seine Verbindung zum MSC – hallt zurück bis zum Fischerboot in Bristol Bay. Das fördert die Anerkennung und schürt das Bewusstsein für Nachhaltigkeit bis hin zum Erzeuger. ” ‘Buck’ Gibbons, Bristol Bay Regional Seafood Development Association 12 Im September 2008 führte Findus in Frankreich ein neues Premium-Produkt ein – Fischstäbchen aus Alaska Wildlachs. Alle großen französischen Einzelhandelsketten nahmen das Erzeugnis sofort in ihr Sortiment auf, da es MSC-zertifiziert ist. Der Marktanteil von Findus kletterte dabei von 38 auf 45 Prozent. Sichern von Existenzen Die größte Rotlachs-Fischerei der Welt USA FANGGEBIET Die üppigen Fischbestände von Bristol Bay machten die Region für Lachs aus der Dose bekannt. „Es gab Protein in einem solchen Überfluss, dass man den Fisch einfach eindosen musste, weil man ansonsten schon am nächsten Tag von einer neuen Welle überwältigt wurde,” erläutert Gibbons. „Da der Wert des Fisches mittlerweile auf dem internationalen Markt gestiegen ist, fließen in Bristol Bay massive Investitionen in das Filetieren, Portionieren und in die Wertschöpfung,“ so Gibbons weiter. „Dieser perspektivische Wandel ist zum Teil auf das MSCEngagement großer Einzelhandelsunternehmen in den USA und Europa zurückzuführen.“ Quer durch den riesigen Bundesstaat Alaska, in abgelegenen Gebieten, die sich über die zerklüftete Landschaft verteilen, wird die Fischerei sorgfältig von der Jagd- und Fischereibehörde Alaskas (ADF&G) gemanagt, um ihre Nachhaltigkeit zu gewährleisten. Die ADF&G stellt zunächst allgemeine Umweltschutzziele auf und kontrolliert dann den Fang, um diese Ziele zu sichern. „Die Fangzahlen orientieren sich an jenem Anteil der Ressource, der den Schutzbedarf übersteigt,“ so David Bedford, Stellvertretender Sachverwalter der ADF&G. Staatliche Manager überwachen die von der Fischerei gefangene Menge und führen gewissenhaft Buch über die einzelnen Arten, damit genügend Lachse der Fischerei entkommen und zum Laichen flussaufwärts schwimmen können. „Die ADF&G setzt bei seichteren und klareren Flusssystemen Spähflugzeuge ein, damit sie die Fische aus der Luft sehen können,“ erläutert Jon Sarrheim, der gemeinsam mit Gibbons das SeafoodUnternehmen Wildcatch betreibt. „Man sieht die Lachse auch springen und kann sie von Zähltürmen aus beobachten.“ Dank dieser Maßnahmen, strengen Kontrollen und laufenden Forschungsarbeiten, ist Alaska „weltweit führend beim Fischereimanagement und ein funktionierendes Modell dafür, was geschieht, wenn man es richtig macht,“ so Gibbons weiter. „Für all das Filetieren, Kühlen und die Steigerung der Wertschöpfung erzielen alle Beteiligten entlang der Lieferkette etwas höhere Einnahmen,“ erklärt Gibbons. „In unseren Gemeinden sind Arbeitsplätze und Zukunftsaussichten beschränkt – da ist Lachs oft das Einzige, was Geld einbringt, um die Einwohner übers Jahr zu ernähren. Je mehr Wert man dem Fisch beimisst, umso mehr Mittel fließen in die Gemeinden Alaskas zurück.“ Langjährige Verbindung zum MSC Schon seit der Gründung des US-amerikanischen Bundesstaates im Jahr 1959 ist die Lachsfischerei Alaskas ein Modell für nachhaltige Managementpraktiken. Sie war eine der ersten Fischereien, die sich am MSC-Programm beteiligten, um auf globalen Märkten ihre Nachhaltigkeit mithilfe einer unabhängigen Bestätigung zu demonstrieren. Im Jahr 2007 wurde sie aufgrund der kontinuierlichen Führungsrolle und Bemühungen der ADF&G zum zweiten Mal für fünf Jahre zertifiziert. Als wegbereitende Fischerei im MSC-Programm war ADF&G nicht nur ein wichtiger Partner, sondern spielte auch eine große Rolle wenn es um die Weiterentwicklung und Verbesserung der Einheitlichkeit und Qualität der Kriterien sowie der Leitlinien ging, mit deren Hilfe die Nachhaltigkeit einer Fischerei nach MSC-Standard beurteilt wird. Hierzu Bedford: „Die MSC-Empfehlungen, Laichplätze und Verhalten von Wildlachs im Prince William Sound und im südöstlichen Alaska stärker zu erforschen, haben die Behörde veranlasst, diese Maßnahmen auf ihrer Prioritätenliste oben anzustellen.“ Allerdings war es nicht immer einfach. Wie Bedford betont, „musste die ADF&G einige der wachsenden Probleme des [MSC] Programms schultern.“ Eine Erfahrung, die laut Bedford für Fischereikunden wohl „aufgrund unserer relativ langen Teilnahme am Programm recht einmalig ist,“ und auch mit der Komplexität und Größe des Fangbetriebes zusammen hängt. Die Zusammenarbeit zwischen ADF&G und MSC hat sich jedoch für die Fischereiwirtschaft Alaskas ausgezahlt. Erzeugnisse aus Wildlachs genießen weltweite Beliebtheit und in mehr als 30 Ländern werden fast 900 Produkte mit MSC-Logo vertrieben. “ Mithilfe des MSC-Siegels erzielten unsere neuen Fischstäbchen aus Alaska Lachs ihre wichtigste Listung überhaupt: In Frankreich wurden sie von allen wichtigen Einzelhandelsunternehmen sofort in ihr Sortiment aufgenommen. Denn mit einem immer breiteren Angebot an MSC-Produkten können Einzelhändler ihr Engagement für nachhaltige Fischerei effektiv unter Beweis stellen. ” Sophie Allemand, Group Brand Manager für Fisch, Findus Frankreich © Rupert Howes / MSC lisiert wird, wenn sich die Bestände nicht wie prognostiziert entwickeln. Außerdem wurde die Fischerei dazu verpflichtet, über die im bestehenden Erholungsplan der neuseeländischen Regierung vorgegebenen Managementziele genauer Buch zu führen. Hoki Neuseeland © Sealord Group Ltd ©Terry Hann ZERTIFIZIERT IM März 2001; erneut zertifiziert im Oktober 2007 SPEZIES Hoki (Macruronus novaezelandiae) FANGMETHODE Pelagisches Schleppnetz, Grundschleppnetz LAND Neuseeland FANGGEBIET Als zwei Bestände gemanagt: Westlich und südlich von South Island (westlicher Bestand); Cook Strait und Chatham Rise, östlich von South Island (östlicher Bestand) FANGVOLUMEN “ 90.000 Tonnen (zulässige Gesamtfangmenge 2008/09) Wir in Neuseeland sind stolz auf die nachhaltige Bewirtschaftung unserer Fischereien. Deshalb begrüßen wir die Re-Zertifizierung unserer Hoki-Fischerei und damit die unabhängige Prüfung der Fischereipraktiken. Dies sind gute Nachrichten. ” George Clement, Geschäftsführer, DeepWater Group Ltd, Neuseeland 14 „WENN SIE EINE gute Story suchen, dann ist diese hier richtig gut,“ erzählt George Clement, Geschäftsführer der DeepWater Group Ltd in Neuseeland, und liefert sogleich großzügig eine passende Schlagzeile. „Wie wär’s hiermit: Fischerei unter Obhut des MSC wiederaufgebaut – Bestände nun wieder weit über Niveau, das maximal nachhaltigen Ertrag erzeugen kann.“ Als wir telefonieren, hat MFish, das neuseeländische Ministerium für Fischereien, gerade seine jährliche Beurteilung der östlichen und westlichen Hoki-Bestände abgeschlossen. In den vergangenen Jahren erreichte der westliche Hoki-Bestand nicht das anvisierte Management ziel. Grund: Eine niedrigere Rekrutierung, also die Anzahl der in die Fischerei eintretenden Jungfische. Im Falle des Hoki, einem kräftigen Weißfisch und einer der wertvollsten Arten des Landes, weiß jedoch niemand warum dies geschah. In manchen Jahren überleben weniger Larven und Jungfische als in anderen, was mit Überfischung nichts zu tun hat. „Es ist wie eine Achterbahnfahrt,“ erklärt Clement. „Bei Hoki können die Zuwachsraten von Jahr zu Jahr um das 50-Fache schwanken. Zwischen 1991 und 1994 lag der Zuwachs an Jungfischen beim westlichen Bestand über dem Durchschnitt, so dass sich von 1997 bis 2002 ein jährliches Fangvolumen von 100.000 bis 140.000 Tonnen ergab. Doch aufgrund der geringen Rekrutierung ist die Bestandsgröße zwischen 1995 und 2001 gesunken. Deshalb haben wir die Fangquote für diesen Bestand auf 29.000 Tonnen reduziert. Dank der niedrigeren Befischungsraten und dem stärkeren Zuwachs an Jungfischen konnte sich der Bestand erholen.“ Wiederaufbau der Bestände Diese Strategie scheint sich auszuzahlen. Aufgrund stärkerer Nachwuchsjahrgänge und geringeren Befischungsraten erreichte der Bestand wieder eine Größe, die den maximalen nachhaltigen Ertrag produzieren kann, also die größtmögliche Fangmenge, die entnommen werden kann, ohne Fortbestand und Reproduktionskapazität zu beeinträchtigen. Besondere Sorge gab es bzgl. des westlichen Bestandes, der 2007 beträchtlich unter MSY lag. Die Bestandsbeurteilung von 2009 geht davon aus, dass beide Bestände nun jene Größe überschritten haben, die den maximalen nachhaltigen Ertrag produzieren können. Mitentscheidend für diesen Erfolg war die Teilnahme am MSC-Programm. An die erneute Zertifizierung im Jahr 2007 war u.a. die Bedingung genüpft, dass die Fischereiindustrie einen Erholungsplan einführt, der jährlich aktua- Man sagt, die MSC-Zertifizierung habe zu einer verbesserten Dokumentation von Verfahrensweisen beigetragen. Clement stimmt zu, dass dies der wichtigste Pluspunkt gewesen sei, doch sagt, es gab auch andere Vorteile: „Die Zertifizierung nach MSC-Standard verlangte von uns auch, gemeinsam mit Interessengruppen eine Umweltrisikoprüfung durchzuführen. Wir betrachten dies als nützlichen Schritt. Weniger tote Meeresvögel Eine weitere Voraussetzung für die erneute Zertifizierung war, dass die Fischerei durch ein entsprechendes Management von über Bord geworfenen Fischabfällen, das Todes- und Verletzungsrisiko für Meeresvögel reduzierte. „Für jeden Hoki-Trawler gibt es nun einen individuell erarbeiteten Managementplan,“ erklärt Clement, „der bestimmte Abfallmanagementverfahren vorschreibt. Das Ziel dieses Plans besteht einzig darin, die Verletzungs- bzw. Todesgefahr für nahrungssuchende Meeresvögel zu mindern.“ Seit 2001 ist die Zahl solcher Vorfälle dank gesetzlicher und freiwilliger Maßnahmen von 8,73 Meeresvögeln auf 1,32 pro 100 Hols gesunken. Meeresboden stärker geschont Clement ist der Ansicht, dass das MSCProgramm bereits bestehende Absichten stärkt und systematisiert. Ein weiteres ausgezeichnetes Beispiel hierfür ist das Schaffen benthischer Schutzgebiete. Das Zertifizierungs- und Überwachungsprogramm des MSC identifizierte die Auswirkungen der Schleppnetzfischerei auf Lebensräume am Meeresboden als einen Bereich, den das Management stärker ins Visier nehmen musste. Im Jahr 2007 führte die neuseeländische Regierung benthische Schutzgebiete ein, was zur Folge hatte, dass in 30 Prozent der Ausschließlichen Wirtschaftszone Neuseelands „Trawling“ und „Dredging“ verboten sind (beide Methoden werden zum Fang von am Meeresboden lebenden Fischen und Krustentieren eingesetzt und können negative Auswirkungen auf sensitive Lebensräume am Meeresboden haben). Mit dieser Maßnahme schützt die Regierung nun per Gesetz zahlreiche repräsentative und unberührte benthische Habitate – eine von der Seafood-Industrie vorgeschlagene Initiative. Es ist die weltweit größte Ansammlung geschützter mariner Lebensräume, und ihr Ziel ist der Erhalt der ursprünglichen Artenvielfalt in tiefen Gewässern. „Ich kann zwar nicht sagen, dass diese erfreuliche Tatsache ausschließlich auf die MSCZertifizierung der Hoki-Fischerei zurückzuführen ist,“ so Clement, „aber sie zeigt, dass es parallele Denkansätze gibt. Der MSC und wir tun das Gleiche: Wir arbeiten Hand in Hand an langfristigen nachhaltigen Lösungen. Wir produzieren Nahrungsmittel, schützen aber gleichzeitig auch die Fischereiressource und marine Lebensräume.“ “ Die Hoki-Fischerei ist der größte Fangbetrieb in Neuseeland. Wir beliefern Kunden in ganz Europa, Nord- und Südamerika sowie in Asien mit MSC-zertifiziertem nachhaltigem Hoki. Die MSC-Zertifizierung der neuseeländischen Hoki-Fischerei hat die Notwendigkeit und den Nutzen unserer langfristigen Verpflichtung für eine nachhaltige Versorgung mit Fisch und Meeresfrüchten bestätigt. ” Eric Barratt, Geschäftsführer, Sanford Ltd Sustainable Seafood © Sealord Group Ltd See! Wir können den Leuten vorschreiben, nicht am Sonntag zu fischen, nur in dieser und nicht in einer anderen Gegend, oder sie dazu ermuntern, große oder kleine Herzmuscheln zu sammeln. Wir haben auch ein zusätzliches Strafsystem. Bei uns heißt es: Dreimal gegen unsere Regeln verstoßen und du bist raus.“ Herzmuscheln Burry Inlet Großbritannien Foto: South Wales Sea Fisheries Committee ZERTIFIZIERT AM 20. April 2001; erneut zertifiziert im Februar 2007 SPEZIES Herzmuscheln (Cerastoderma edule) FANGMETHODE Handrechen und Sieb LAND Großbritannien SCHON VOR DER MSC-Zertifizierung hatten Herzmuscheln aus Burry Inlet Zeit und Tradition auf ihrer Seite. Seit den Anfängen der Fischerei, die schon zur Zeit der Römer existierte, ist die einzig gestattete Fangmethode das Handrechen und Sieben: Die Schalentiere werden bei Ebbe aus dem Schlamm ausgegraben und anschließend durch ein Netz gesiebt, damit zu kleine Jungtiere entkommen, sich wieder einbuddeln und vermehren können. Die Sammler, traditionell Frauen, ernteten 100 bis 150 kg pro Tag. In den 20er Jahren wurde dann mit dem Einsatz von Pferdekutschen eine höhere Transportlast möglich, wodurch die Bestände erstmals unter Druck gerieten. Progressive Kontrollmaßnahmen FANGGEBIET Burry Inlet Ästuar bei Llanelli und Swansea in Südwales, im westlichen Teil Großbritanniens FANGVOLUMEN “ 960 Tonnen (2008) Sie [die walisische Regierung] sagt, wir brauchen mehr MSCzertifizierte Fischereien, um zu zeigen, dass wir gute Arbeit leisten. Es ist ein unabhängiger Maßstab für Erfolg, eine Prüfmarke. Der MSC betrachtet das Gesamtbild. ” Phil Coates, Direktor, South Wales Sea Fisheries Committee 16 Im Jahr 1965 wurde die Burry Inlet Herzmuschel-Verordnung erlassen, um die Menge der gesammelten Schalentiere kontrollieren zu können. Lizenzen wurden – und werden bis heute – an nur rund 50 Sammler verteilt, damit nicht mehr als die vereinbarte jährliche Menge an Biomasse entnommen wird. Diese Höchstmenge wird im Rahmen von Untersuchungen errechnet, die in den Monaten Mai und November von Fischereivertretern und dem Zentrum für Umwelt, Fischerei und Aquakulturwissenschaft, CEFAS, durchgeführt werden. Zu den Untersuchungen gehören die stichprobenartige Zählung und Größenklassifikation von Herzmuscheln entlang der Mündung des Loughor. Der Restbestand sichert den Nachwuchs und dient als Nahrungslieferant für Austernfischer und andere Vögel, die sich in dieser geschützten Region aufhalten. Das Gebiet des Loughor ist ein „Gebiet von besonderem wissenschaftlichen Interesse“ und ein Europäisches Vogelschutzgebiet. Die Verordnung erwies sich als ein Gesetz, das seiner Zeit voraus war. „Die Gemeinsame Fischereipolitik der EU beruht auf Input-Kontrollen wie Flottengröße und Fischerei aufwand sowie auf OutputKontrollen, also dem Anteil des Bestandes, der durch Quoten entnommen wird,“ erklärt Phil Coates, Direktor des South Wales Sea Fisheries Committee (SWSFC), einer von zwölf Behörden in Großbritannien, die regionale Fischereien regulieren und managen. „Wir haben in Burry Inlet genau die gleichen Kontrollen und alle möglichen anderen Mechanismen darüber hinaus. Allerdings ist die Regulierung im Gezeitengebiet der Küste etwas einfacher als die Kontrolle von Fangschiffen auf hoher Mit MSC in der Vorhut bleiben Trotz dieser Maßnahmen war Coates entschlossen, den MSC-Weg zu gehen. „Wir hatten eine vorbildlich geführte Fischerei,“ sagt er, „und wenn wir schon eine haben, warum es nicht auch publik machen? Unserer Ansicht nach konnte man auch andere Fischereien mit einem ähnlichen Niveau an Kontrollen und Zusammenarbeit zwischen Behörden und Industrie managen. Wir wollten jedoch Vorreiter sein. Es klingt altruistisch, aber das ist unsere Aufgabe – Schalentiere managen – nicht nur für Verbraucher, sondern auch für die Fischer, die sie sammeln und die Vögel, die davon leben.” Staatliche Unterstützung Acht Jahre später sind weltweit 39 Fischereien nach MSC-Standard zertifiziert, damit war der Fangbetrieb Burry Inlet – lediglich die fünfte Fischerei, die eine solche Auszeichnung erhielt und die erste, die für zweischalige Mollusken zertifiziert wurde – tatsächlich in der Vorhut einer neuen Bewegung. Dieser Erfolg wurde von der walisischen Regierung mit starkem Zuspruch gewürdigt, sowohl in ihrer Umweltstrategie für Wales als auch in ihrer in Entwicklung befindlichen Walisischen Fischereistrategie. „Sie meint, wir bräuchten mehr MSCzertifizierte Fischereien als Messlatte für nachhaltiges Fischereimanagement,“ erklärt Coates. „Die MSC-Zertifizierung ist ein unabhängiger Maßstab für Erfolg, eine Prüfmarke.“ Die Anerkennung war so groß, dass sich der Countryside Council für Wales (CCW) und der WWF bereits zweimal die Kosten für die MSC-Zertifizierung von Burry Inlet geteilt haben. Auch lokale Händler sind sich der Vorteile bewusst. „Jeder nutzt die Zertifizierung als Modell für künftige regulierende Erlasse,“ so Colin MacDonald, Geschaftsführer bei Leslie A Parsons & Sons und Vorsitzender der Penclawdd Shellfish Processing Ltd. „Ich würde mir wünschen, dass auch River Dee den MSC-Status anstrebt.“ Er will, dass Burry Inlet zertifiziert bleibt – trotz der vorübergehenden Schließung der Fischerei infolge einer Zunahme der Herzmuschelmortalität, die jedoch nichts mit dem Management der Fischerei zu tun hat. „Supermärkte wollen zunehmend MSCzertifizierte Ware,“ fügt er hinzu, „und wir wollen unsere Beziehung zur Lieferkette nicht verlieren. Wenn die Herzmuscheln zurückkommen, sind wir bereit.“ “ Die MSC-Zertifizierung belohnt vorbildlich geführte Fischereien. Ich habe selbst gesehen, wie zahlreiche Investitionen in den Sand gesetzt wurden, weil es an den richtigen Kontrollen oder am richtigen Management fehlte. Wir brauchen ein beständiges Angebot und wir brauchen Nachhaltigkeit. ” Colin MacDonald, Vorsitzender, Penclawdd Shellfish Processing Ltd. Foto: South Wales Sea Fisheries Committee Makrele Cornwall Großbritannien © John Spaul ZERTIFIZIERT AM 29. August 2001; erneut zertifiziert im Februar 2007 SPEZIES Makrele (Scomber scombrus) FANGMETHODE Handleine LAND Großbritannien „MAN BRAUCHT KEINEN Köder,“ sagt Nathan de Rozarieux zu mir, während er seine Leine von einem Brett abwickelt, das wie eine Malerpalette aussieht, und sie ins Meer gleiten lässt. An der Leine hängt ein Bleigewicht und 35 jeweils 5 cm lange Haken, die mit roten Federn und Kunststoff verziert sind. „So fühlt es sich an, wenn die Makrele anbeißt,“ mit diesen Worten reicht er mir die Leine und stößt sein Boot bedächtig nach vorne. Das einzige, was ich bemerke, ist ein leichtes Zittern aus dem dunklen Gewässer unter mir. „Sie ernähren sich von Plankton oder jagen nach Sandaalen,“ so de Rozarieux weiter. Als er die Leine einholt, hängen daran nicht nur einer, sondern gleich acht Fische, die nun in der Sonne baumeln. FANGGEBIET Traditionelle, verträgliche Fischerei Küstengewässer vor Cornwall und Devon, zwischen Start Point und Hartland Point in Südengland FANGVOLUMEN “ 1.750 Tonnen Diese Fangmethode ist präzise und hat klinische Präzision. Sie zielt nur auf eine Art ab – andere Arten werden lebend wieder über Bord geworfen, genau wie Jungfische. „So wie wir fischen, kann man Bestände keinesfalls schädigen oder überfischen,“ erklärt David Muirhead, Leiter der South West Handline Fishermen’s Association (SWHFA). Zudem wird der Flotte von 150 Kuttern nur eine jährliche Quote von 1.750 Tonnen zugeteilt – was weniger als einem Prozent der gesamten britischen Quote entspricht. „Die Trawler, die großen schottischen Schiffe, fangen die Hälfte dieser Quote in einer einzigen Nacht,“ sagt Muirhead. Das Image verbessern MSC gilt als Goldstandard. Und wer mit den großen Einzelhandelsketten ins Geschäft kommen will, muss MSC-zertifiziert sein. ” Nathan de Rozarieux, Fischer und Projektleiter, Seafood Cornwall Die Fischerei mit den minimalen Folgen für die Umwelt hat erhebliche Marketingkraft. „Übers Jahr verteilt führen alle großen britischen Einzelhandelsketten irgendwann per Handleine gefangene MSC-Makrele aus Cornwall,“ so de Rozarieux. Seit der Zertifizierung in 2001 ist kaum ein Monat vergangen, in dem der Fisch nicht in der Presse erwähnt wurde. „MSC-zertifiziert zu sein hat zweifellos das Image der Fischerei gestärkt,“ erklärt er weiter. „Viele Journalisten schreiben darüber und überall wo der MSC erwähnt wird, ist auch die per Handleine gefangene Makrele als britisches Beispiel für MSC-zertifizierte Ware nicht weit. In Zeitschriftenbeilagen ist sie besonders im Rezeptteil beliebt. Für die Medien ist die Tatsache, dass wir MSCzertifiziert sind, sozusagen der Köder!“ 18 Höhere Erzeugerpreise Mit dem steigenden Verbraucherbewusstsein sind auch die Preise gestiegen. „Für große Makrelen bekommt man viel mehr als für alle anderen Handelsklassen,“ erläutert Muirhead. „Wir haben bis zu 4 britische Pfund pro Kilo erhalten, das ist einfach unglaublich. Das ist 30-mal so viel wie in den 70er Jahren. Wenn jemand noch vor kurzem 1,5 Pfund pro Kilo einer großen Makrele erzielte, war das schon eine tolle Leistung. Das liegt zum Teil sicher an unserem MSC-Status, aber man kann den Unterschied nur schwerlich quantifizieren.“ Laut de Rozarieux liegt ein weiterer Grund vielleicht im Trend zu gesünderem Essen und in den oft zitierten Vorteilen der in öligem Fisch enthaltenen Omega-3-Fettsäuren – aber für ihn geht es nicht darum, den Preis des Fisches zu diskutieren. Bestehende Märkte erhalten „Für uns liegt die Bedeutung des MSC vor allem im Erhalt unserer jetzigen Märkte,“ sagt er. „Die meisten großen Supermarktketten haben die MSC-Zertifizierung in ihren Entscheidungsbaum zur Beschaffung integriert. Wer seine Ware in die Regale bringen will, muss also zertifiziert sein. MSC gilt beim Öko-Labelling als Goldstandard. Die Nachricht lautet: Wer mit den großen Ketten in Zukunft Geschäfte machen möchte, muss MSC-zertifiziert sein.“ Alle großen Einzelhändler in Großbritannien haben die MSC-Zertifizierung zum zentralen Element ihrer Beschaffungsstrategien für Fisch aus nachhaltiger Herkunft gemacht. Cornwall arbeitet mit Händlern, die nach dem Rückverfolgbarkeits-Standard des MSC zertifiziert sind: „Alle unsere Makrelen, die in Supermärkten verkauft werden, tragen das blaue Logo. Hier bei uns gibt es eine Handvoll von Leuten, die für Tesco, Marks & Spencer, Sainsbury’s und Morrisons einkaufen,“ so Rozarieux weiter. In Newlyn, wo der Fisch auf Auktionen versteigert wird, schaut auch ein Einkäufer für die Schweizer Einzelhandelskette Migros vorbei. „Sie zahlen gute Preise für gute Qualität,“ erklärt de Rozarieux, „und auch sie verlangen MSC-zertifizierte Ware.“ “ Ein Mann in einem offenen Kleinboot, der eine einfache Leine mit Haken verwendet, fischt auf die reinste Art und Weise. Das MSC-Logo sagt uns, dass der Fisch sehr umweltschonend gefangen wurde – und obwohl es Makrelen an zahlreichen Orten gibt, ist der Fisch aus Cornwall etwas ganz Besonderes. Andrew Mallison, Meerestechnologe, Marks & Spencer ” © John Spaul Wissenschaftliches Interesse und Bestätigung Kaisergranat Loch Torridon Großbritannien © Caroline Woffenden ZERTIFIZIERT AM 16. Januar 2003; erneut zertifiziert im Juli 2008 SPEZIES Kaisergranat oder Norwegischer Hummer (Nephrops norvegicus) FANGMETHODE Mit Ködern bestückte Käfige und an Leinen befestigte Körbe LAND Großbritannien FANGGEBIET Loch Torridon und Inner Sound of Raasay, Nordwestschottland FANGVOLUMEN “ 120 Tonnen Wir können zur schottischen Regierung und zu anderen Interessengruppen sagen: ‚Schaut, wir betreiben eine nachhaltige Fischerei.‘ Das ist der Vorteil der MSC-Zertifizierung. ” Karen Starr, Leiterin, Torridon Nephrops Management Group 20 „NEIN, GANZ SO romantisch wie in einem Ruderboot rausfahren und Fangkörbe einholen ist es nicht!“ lacht Karen Starr von der Torridon Nephrops Management Group, als ich ihr erzähle, wie ich mir die Kaisergranatfischerei vorstelle. „Wir haben zehn Fangschiffe, darunter vier moderne Katamarane und zwei einwandige Boote, alle weniger als zehn Meter lang. Die Fangkörbe [sind mit Hummerkäfigen vergleichbare Behälter, mit Ködern bestückt und für Krustentiere leicht zugänglich. Es ist jedoch schwer, aus ihnen wieder herauszukommen] werden an Seilen, jeweils 115 Stück aneinander, ins Wasser gelassen und am oberen Schnurende mit einer Boje markiert.“ Bis 1983 gab es eine sogenannte DreiMeilen-Grenze, die den Einsatz von mobilen Fanggeräten – also Schleppnetzen – in den Küstengewässern, wo Weichkorallen, Seetang und Seefelder gedeihen, einschränkte und regelte. Im Jahr 1984 wurde diese Beschränkung aufgehoben und die Hummerfischer mussten mit ansehen, wie ihre Fangkörbe von den Schleppnetzen erfasst und mitgezogen wurden, wodurch ihnen „beträchtliche wirtschaftliche Verluste“ entstanden. Sie glaubten, dass ihre umweltfreundlichen Fangpraktiken von industrielleren Erntemethoden untergraben würden. 2001 richtete die schottische Regierung einen „geschlossenen Bereich“ ein, eine Schutzzone, die nur den Einsatz von statischem Fanggerät wie Körben erlaubte. Die Fischer sahen darin die Chance zu demonstrieren, dass sie ihren Fangbetrieb nachhaltig bewirtschaften konnten. Sie entschieden sich für die Zertifizierung nach MSCStandard als objektive, wissenschaftliche Methode, um dieses Können auch Anderen demonstrieren zu können. Freiwillige Einschränkung der Fischerei Eine der Zertifizierungsauflagen war das Gründen einer Managementgruppe zur Kontrolle freiwilliger Einschränkungen: Zum Beispiel dem Begrenzen der Tage, an denen jährlich gefischt werden darf, dem Begrenzen der Zahl an Fangkörben, die ausgelegt werden dürfen, dem Freilassen von laichtragenden Hummerweibchen und dem Einrichten von Fluchtluken in den Fangkörben, um Jungtieren das Entkommen zu ermöglichen. Nach der Zertifizierung wurde die Fischerei zu einer Art lebendem Labor für Studien unterschiedlicher Stellen, wie Scottish Natural Heritage oder der Universität von Glasgow. „Die Ergebnisse zeigten, dass wir nur sehr geringe Auswirkungen auf die Umwelt haben,“ erklärt Starr, „mit extrem niedrigem Beifang und kaum spürbaren Folgen durch so genannte Geisterfischerei, bei der das Fanggerät im Meer verloren geht, aber am Meeresboden weiter fischt.“ Politischer Einfluss Die einzige Sorge der Fischer bestand darin, dass auch andere Fangschiffe auf Kaisergranat in ihrem Gebiet aktiv waren, aber nicht zu ihrer Gruppe gehörten und auch nicht ihren Verhaltenskodex befolgten. Angelockt hatte sie, so absurd dies auch klingt, die öffentliche Aufmerksamkeit, die dem Gebiet nach seiner Schließung für Schleppnetze zuteil wurde und die es zu einem attraktiven Fischereigebiet machte. Bei der erneuten MSC-Bewertung der Fischerei im Jahr 2008 äußerte der Zertifizierer Moody Marine ähnliche Bedenken und verpflichtete sie dazu, für die Effektivität der auferlegten Einschränkungen Sorge zu tragen. Die Fischerei wendete sich an die schottische Regierung, um Wege für die Lösung des Problems zu finden. „Das ist der aktuelle Stand der Dinge,“ kommentiert Starr und unterstreicht, dass jegliche Form staatlicher Intervention direktes Ergebnis der Beteiligung am MSCProgramm wäre. Ursprünglich jedoch war der MSC als Hilfsmittel zum Erhalt des Status quo gedacht. „Die Zertifizierung sollte die Aufrechterhaltung der geschlossenen Zone gewährleisten – sie sorgt dafür, dass alles so bleibt wie es ist. Wir schlossen uns dem Programm an, um unsere nachhaltigen Praktiken nachzuweisen und beizubehalten, um weiterhin wirtschaftlich rentabel zu arbeiten und um den Lebensunterhalt unserer Gemeinde zu sichern.“ Sozioökonomische Vorteile Wirtschaftlich betrachtet bekommt man für lebenden Kaisergranat aus Loch Torridon einen drei- bis viermal höheren Preis als für Hummer, der von Schleppnetzen gefangen wurde, erläutert Starr. Da 95 Prozent des Fangs nach Spanien exportiert werden, wo sich das Interesse an MSC-zertifizierter Ware gerade erst entwickelt, trägt der Kaisergranat nicht das MSC-Siegel. Auf kommunaler Ebene waren die Vorteile immens. Seit der Zertifizierung ist die Zahl der zur Gruppe gehörenden Fischer gleich geblieben bzw. leicht gestiegen. „Das ist es, was wir wollten,“ so Starr weiter. „Wir wollten sicherstellen, dass die Fischerei an die Söhne der Jungs weitergegeben wird, die heute fischen. Wir denken langfristig.“ “ Die Fischer der Torridon Kaisergranatfischerei gehören zu den verantwortungsbewusstesten und zukunftsorientiertesten Fischern, mit denen wir bislang arbeiten durften. Sie verdienen ein großes Lob dafür, dass sie als erster schottischer Fangbetrieb MSC-zertifiziert wurden – eine robuste und unabhängige Bestätigung dafür, dass sie ihren Fangbetrieb zuverlässig und einträglich bewirtschaften. Dr. David Donnan, Leiter für politische Maßnahmen und Beratung, Scottish Natural Heritage ” © Caroline Woffenden wenn die Vögel seltener fliegen. „Der Köder muss aufgetaut sein, damit er schnell im Wasser versinkt,“ erläutert Hall. „Aus demselben Grund sind an den Leinen auch Gewichte befestigt.“ Schwarzer Seehecht Südgeorgien © David Agnew, MRAG Ltd ZERTIFIZIERT AM 23. März 2004; erneut zertifiziert am 11. September 2009 SPEZIES Südgeorgischer Schwarzer Seehecht (Dissostichus eleginoides) FANGMETHODE Bodenlangleinen LAND Südgeorgien und Sandwich-Inseln FANGGEBIET Vor der Insel Südgeorgien – im südlichen Atlantik, rund 1.300 km südöstlich der FalklandInseln – und westlich von Shag Rocks FANGVOLUMEN “ 3.500 Tonnen Die Aufwertung der Reputation von Südgeorgien war ein Bonus unserer Teilnahme am MSCProgramm. Die zertifizierte Fischerei liefert 80 bis 90 Prozent der staatlichen Einnahmen – und der größte Teil davon fließt in die Forschung und den Schutz von Fischereien. Ohne sie würde jetzt Gott weiß was passieren. ” Harriet Hall, Direktorin für Fischereien, Regierung von Südgeorgien 22 „IN SÜDGEORGIEN gibt es keine richtige Bevölkerung, sondern nur ein kleines Team von Wissenschaftlern, die auf der Insel leben,“ erklärt Harriet Hall, Fischereidirektorin der Regierung Südgeorgiens und der Südlichen Sandwich-Inseln. Aus diesem Grund gibt es in dem entlegenen britischen Überseegebiet auch keine Industrie und keine Einkommensteuer, die Einnahmen für staatliche Projekte wie etwa den Schutz des Meeres liefern. „Die Seehecht-Fischerei ist unsere wichtigste Einkommensquelle,“ fügt sie hinzu. „Die mit ihr erzielten Umsätze tragen am meisten zum Umweltschutz bei.“ Die Lizenzgebühren, die von den zehn Fangschiffen auf den Schwarzen Seehecht erhoben werden, fließen zurück in die Forschung und den Schutz von Fischereien und helfen, eine wichtige Ressource zu erhalten. Im vergangenen Jahr beliefen sich die Gesamteinnahmen des Territoriums auf 4,9 Millionen GBP (5,4 Millionen Euro), 670.000 GBP mehr als im Jahr 1994, und 80 bis 90 Prozent davon stammten aus der Fischerei. „Ungefähr derselbe Betrag wird in die Forschung und in Kontrollen gesteckt,“ schätzt Hall. „Tatsache ist, ohne die Fischerei, die nach MSC zertifiziert ist, könnten wir uns Forschung, Überwachung und Kontrolle nicht leisten,“ warnt Hall – „und ohne diese Maßnahmen gäbe es eine ökologische Katastrophe.“ Mit diesen Worten spricht sie ein bekanntes Problem an: Das der unregulierten und illegalen Fischerei auf Schwarzen Seehecht, das in manchen Teilen des südlichen Ozeans relativ weit verbreitet ist. Diese illegalen Aktivitäten haben nicht nur den Bestand der Spezies dezimiert, sondern auch zu beträchtlich höheren Beifangmengen an Meeresvögeln geführt. Aber wie unterscheidet sich die einzige nach MSC-Standard zertifizierte Fischerei auf Patagonischen Seehecht von den anderen Fischereien auf dieselbe Fischart? „CCAMLR, die Konvention zum Schutz von marinen Lebewesen und Ressourcen in der Antarktis, legt die Fangquoten fest. Jede Menge Wissenschaft fließt hier also rein,“ erklärt Hall. „Wir haben ein VollzeitPatrouillenschiff, gut ausgebildete Fischereibeauftragte und höchst effektive Gesetze: Wenn irgendjemand fischt, wenn er dazu kein Recht hat, können wir entsprechende Maßnahmen ergreifen.“ Um die Anzahl beigefangener Meeresvögel zu reduzieren, wird nur im Winter gefischt (wenn die Tiere nicht brüten und keine Nahrung für ihre Jungen finden müssen). Außerdem fischen sie nur bei Nacht, Durch diese Maßnahmen ist der Beifang an Meeresvögeln in der Fischerei auf ein unbedeutendes Niveau gesunken, wie aus dem MSC-Zertifizierungsbericht hervorgeht. In der Fangsaison 2001/2002 beispielsweise sind laut Bericht nur sechs Vögel im Fanggerät verendet. Schaffen geschlossener Gebiete All dies geschah bereits vor der Zertifizierung – aber hat die Zertifizierung auch Verbesserungen bewirkt? Hall verweist auf Bedingung 10 des MSC-Zertifizierungsberichtes, welche die Fischerei dazu verpflichtete, die Lage von „komplexen benthischen Habitaten wie etwa Tiefseekorallenriffen“ zu erforschen. Obwohl Langleinen die Lebensräume am Meeresboden vergleichsweise wenig beeinträchtigen, können sie dennoch Schäden verursachen. „Werden solche Gebiete identifiziert, sollten Überlegungen für ihren Schutz angestellt und die Ergebnisse dokumentiert werden,“ so die Empfehlung im MSC-Bericht. „Wir gingen noch einen Schritt weiter und haben Schutzmaßnahmen nicht nur in Erwägung gezogen und dokumentiert,“ betont Hall. „Es gab speziell drei Bereiche, die geschützt werden mussten. Deshalb haben wir sie für fischereiliche Aktivitäten komplett geschlossen. Hier haben wir die Bedingung also sogar übererfüllt.“ Rückverfolgbarkeit liefert größten ökologischen Vorteil Der größte Umweltnutzen ergab sich jedoch aus der Rückverfolgbarkeit innerhalb der Lieferkette – also der Anforderung, dass jedes Erzeugnis mit MSC-Logo lückenlos bis zu seiner Herkunft rückverfolgbar ist. „Wir bestehen nun darauf, dass der gesamte Fang unter unserer Aufsicht auf den Falkland-Inseln Kiste um Kiste gewogen wird,“ erklärt Hall. „Alle Fangschiffe im MSC-Programm kennzeichnen jede an Bord befüllte Kiste Fisch mit einem Barcode. Dies wird von uns genau überwacht. Wir wissen bis auf wenige Kilo genau, was in einem Jahr gefangen wurde – das hat uns geholfen, den Bestand besser beurteilen zu können. Wir wissen, dass die Fangschiffe ihre Quote exakt einhalten.“ Mehr Mittel für den Umweltschutz Während die Fangbetriebe infolge der Zertifizierung neue Kunden gewannen, wie etwa Whole Foods Market in den USA, erhöhten sich auch wichtige Einnahmen für den Erhalt und Schutz der Fischereien. „Aus unserer Sicht,“ so Hall, „bekommt die Regierung den Lizenzwert – und wir konnten den Wert dieser Lizenzen erhalten. Dazu hat uns meiner Meinung nach die MSC-Zertifizierung verholfen.“ “ Diese Fischerei arbeitet inmitten riesiger Kolonien brütender Albatrosse und Sturmvögel, die sehr häufig als Beifang verenden. Deshalb war das Senken der Sterberate der Meeresvögel eine wichtige Errungenschaft. Sie ist den Betreibern und Managern der Fischerei zu verdanken – und der Anreiz der MSC-Zertifizierung ist entscheidend dafür, dass sich dieser Erfolg wiederholt. ” Dr. Ben Sullivan, Koordinator, BirdLife Globales Meeresvögelprogramm © David Agnew, MRAG Ltd Seehecht Südafrika © John White / MSC ZERTIFIZIERT AM 16. April 2004 SPEZIES Seehecht (Merluccius capensis und Merluccius paradoxus) FANGMETHODE Grundschleppnetz LAND Südafrika FANGGEBIET Errichten mariner Schutzgebiete Schelf des südöstlichen Atlantiks, zwischen 200 und 1.000 Meter Tiefe, von der namibischen Landesgrenze südwärts (Tiefseefischerei); Südküste Südafrikas in seichten Gewässern – v.a. auf der Agulhas Bank (Binnenfischerei) FANGVOLUMEN “ 120.000 Tonnen Als privatwirtschaftliches Unternehmen werden wir wegen MSC Maßnahmen ergreifen – gegen Meeresvogelsterben und gegen Beifang. Die Regierung wird diese dann in ihre rechtlichen Vorschriften aufnehmen. Und jeder, der Bescheid weiß wird wissen, dass dies aufgrund des MSC geschehen ist. ” Roy Bross, Geschäftsführer, South Africa Deepsea Trawling Industry Association 24 „EIN VORTEIL DER MSC-Zertifizierung ist, dass sie die Menschen „verbewusstet“ erörtert Roy Bross, Geschäftsführer der South Africa Deepsea Trawling Industry Association (SADSTIA). Zuerst glaube ich, er habe dieses Wort erfunden. Tatsächlich aber handelt es sich um eine Wortschöpfung des brasilianischen Pädagogen und Aufklärers Paulo Freire, der es mit der ‚Bewusstseinsbildung auf mehreren konkreten Stufen‘ umschrieb. „Sie bringt einen zum Nachdenken über Themen wie den ökosystembasierten Ansatz zu Fischereien und zur Realisierung dieser Ansätze,“ erklärt er weiter. „Wir haben in dieser Hinsicht Einiges getan.“ Eine an die Zertifizierung gebundene Auflage forderte, Lebensräume zu identifizieren, die anfällig für Schäden durch die Schleppnetz fischerei sind. Daraufhin initiierte der Fischereibetrieb eine unabhängige Bewertung der Potenziale für marine Schutzgebiete (MPAs). Momentan laufen vier Projekte, um zu entscheiden, wo diese Schutzgebiete sein sollen. Bis dahin ist die Schleppnetzfischerei nur in historischen Fanggründen erlaubt, in denen der Meeresboden flach und schlammig ist, es sei denn neue Gebiete sind mittels einer Umweltverträglichkeitsprüfung sorgfältig beurteilt worden. „Diese Untersuchung war einer der deutlichen Gewinne durch die MSCZertifizierung,“ stimmt Bross zu. „Der MSC hat unsere Aufmerksamkeit auf die große Bedeutung von Schutzgebieten gelenkt. Die Folge war, dass wir viel Geld in Forschung investiert haben.“ Drastische Senkung des Meeresvogelbeifangs Analog dazu gab die Fischerei im Oktober 2004 eine Studie in Auftrag, um zu ermitteln, wie viele Meeresvögel sich in den Schlepptauen verfangen – ein Problem, das man erstmals auf den Falkland-Inseln identifizierte. Als Auflage der Zertifizierung musste die Fischerei „die jährliche Sterblichkeitsrate dieser Tiere ermitteln,“ erörtert Dr. Samantha Petersen vom WWF, einer von drei an dem Forschungsprojekt beteiligten Organisationen. „Sollte das Ergebnis signifikant sein, sollte die Fischerei die Mortalität im nächsten Jahr reduzieren.“ Laut der Ergebnisse von Dr. Petersen fanden jährlich rund 18.000 Meeresvögel im Fanggerät den Tod. Deshalb „handelte die Industrie sehr rasch“ und ergriff verschiedene Maßnahmen: Sie brachte sogenannte Tori-Leinen an (mit flatternden Bändern versehene Seile, um die Vögel vom Köder abzuschrecken) sowie Beschränkungen bei der Verarbeitung von Fisch, während die Netze ausgebracht werden. Denn über Bord geworfene Abfälle sind leichte Beute und locken die Tiere an, so Dr. Petersen weiter. Heute verenden pro Jahr nur noch 200 Meeresvögel in den Netzen. Obwohl Tori-Leinen zunächst eine freiwillige Entscheidung waren, wurden sie später gesetzlich vorgeschrieben. „Genau das passiert,“ sagt Bross. „Wir haben diese Maßnahmen wegen MSC ergriffen. Die Regierung integriert sie dann kurzerhand in ihre Gesetzgebung, damit sich auch jeder daran hält. Somit sind wir wieder bei dieser Verbewusstseinsmachung.“ Erholungsplan für Kingklip Im Jahr 2004 bereiteten auch die KingklipBestände Sorge. Kingklip ist ein Fisch, der mit Langleinen gefangen wird, aber auch in den Netzen der Trawler landet. Eindeutigere Leitlinien waren gefordert. Als Zertifizierungsauflage musste die Fischerei einen Plan zum Verringern des Beifangs und einen Erholungsplan für den Kingklip einführen. Jetzt existieren für Kingklip vorsorgende Fangquoten, die Laichgründe werden zu bestimmten Zeiten für die Fischerei geschlossen und „auch für andere Arten haben wir Fanggrenzen,“ erörtert Bross. „Früher hatten wir keine Beifangrichtlinie. Heute haben wir eine sehr eindeutige und sie wird alljährlich weiterentwickelt.“ Sie ist „präventiv“, betont er, denn „es wurden quasi keine ikonischen Arten beigefangen und es landete auch kein unerwünschter Fisch in den Netzen.“ Ein Umdenkprozess Die Frage, die man sich stellen sollte, betrifft weniger die Änderungen, die eine MSCZertifizierung im Fischereimanagement zur Folge hat, sondern vielmehr, welches Umdenken sie in den Köpfen der Menschen bewirkt. „Ein solcher Sinneswandel bringt viele weitere Vorteile mit sich,“ glaubt er. „Es klingt vielleicht nicht unbedingt nach einer direkten Folge, aber meiner Meinung nach ist dies der fundamentalere Nutzen der Zertifizierung. Sie verändert die Denkweise der Menschen, die in die Fischerei involviert sind. Das darf man nicht unterschätzen.“ “ Die MSC-Zertifizierung bot uns eine Plattform und einen Anreiz zur Kooperation. Zuvor war die Industrie uns gegenüber wesentlich argwöhnischer. Als schließlich Aussicht auf MSC-Status bestand, hatten wir ein gemeinsames Ziel – das ermöglichte einen Dialog, der vorher nicht da war. ” Dr. Samantha Petersen, Sustainable Fisheries Programme Manager, WWF © WWF Languste Baja California Mexiko ZERTIFIZIERT AM 27. April 2004; erneute Bewertung ab Mai 2009 SPEZIES Languste (Panulirus interruptus) FANGMETHODE Mit Ködern bestückte Fallen LAND Mexiko FANGGEBIET Pazifikküste bei Baja California Sur, zwischen der Insel Cedros und Punta Abreojos FANGVOLUMEN IN DEN zehn von der kleinen Gemeindefischerei abhängenden Dörfern hat die Zertifizierung nach MSC-Standard die Menschen gleich doppelt belohnt. „Zuvor erhielten die Kommunen keine Elektrizität von den staatlichen Unternehmen,“ erklärt Mario Ramade, Leitender Biologe bei FEDECOOP, der regionalen Vereinigung der Kollektiven der Fischereiindustrie. „Jeder produzierte seinen eigenen Strom. Nach der Zertifizierung schenkte uns die Bundesregierung mehr Gehör und schloss uns ans öffentliche Netz an. Für mich ist das zweifellos ein Ergebnis der Zertifizierung.“ Mehr Einfluss für Kommunen Neben einer Beihilfe in Höhe von 20 Millionen US-Dollar für das Stromnetz flossen von staatlicher Seite auch Mittel in den infrastrukturellen Ausbau von Fischereien, Zugangsstraßen und die Trinkwasser versorgung. Angeregt wurde dieser Geldstrom, so glaubt Ramade, durch die internationale Anerkennung und das Prestige, das der Fischerei durch die MSC-Zertifizierung zuteil wurde. In seinen Augen überwiegen die sozialen und politischen Gewinne bei Weitem den kommerziellen Nutzen. „Das mexikanische Fischereiministerium CONAPESCA finanziert soziale Programme, und dank unserer Zertifizierung sitzen wir in seinem Bundesausschuss,“ sagt er. „Das ist ein nicht quantifizierbarer Vorteil.“ 1.300 Tonnen Umweltverträgliche Fischerei “ Ursprünglich wollten wir mit der MSC-Zertifizierung einen höheren Preis erzielen. Aber der wirkliche Gewinn lässt sich gar nicht beziffern, nämlich die Macht, Behörden politisch beeinflussen und für einen besseren und faireren Dienst an unserer Gemeinschaft plädieren zu können. ” Mario Ramade, Leitender Biologe bei FEDECOOP 26 Die Zertifizierung wurde vom World Wildlife Fund (WWF) USA und Comunidad y Biodiversidad (COBI), einer mexikanischen Nichtregierungsorganisation, unterstützend begleitet und ist modellhaft für die erfolgreiche Zusammenarbeit zwischen Regierung, Fischern und Umweltschutzorganisationen. Jede der neun zu FEDECOOP gehörenden Kollektiven befischt unter einer langfristigen staatlichen Konzession bzw. Lizenz ein exklusives Gebiet. Recht ungewöhnlich ist, dass jede Kollektive ihren eigenen Biologen bzw. Techniker beschäftigt, der bei der Datenerhebung hilft und wissenschaftlichen Rat erteilt. Bestehen Bedenken hinsichtlich der Bestände, dürfen Gebiete geschlossen werden. Es gibt eine gesetzlich festgelegte Mindestgröße für Langusten, eiertragende Weibchen dürfen nicht gefangen werden und nur bestimmtes Fanggerät ist gestattet. Alle Fallen müssen mit Ausstiegsluken versehen sein, damit zu kleine Langusten wieder entkommen können. Diese Maßnahmen als auch die Größe und Ausstattung der Boote (acht Meter lange Skiffs mit Außenmotor) und der Flotte (rund 20 Boote pro Kollektive) sprachen dafür, dass diese Fischerei umweltverträglich arbeitet, allerdings gab es kaum Studien, die dies belegten. Als Zertifizierungsauflage musste der Fangbetrieb deshalb binnen zwei Jahren „mindestens ein Forschungsprojekt zur Untersuchung der fischereiwirtschaftlichen Auswirkungen auf die Ökosysteme“ initiieren. Innerhalb von zwölf Monaten ging das Stanford CIBNOR Gemeinschaftprojekt an den Start, das Teil des laufenden Baja Biokomplexitäts-Projekts unter der Leitung von Dr. Fiorenza Micheli von der Stanford Universität in Kalifornien ist. Zu dem Gemeinschaftsprojekt gehörte die Dissertation von Geoff Shester, damals Doktorand in Stanford. Gemeinsam mit Kollegen studierte er den Beifang. Sie simulierten verloren gegangenes Fanggerät und ließen mehrere Fallen zehn Tage lang im Wasser liegen, um zu ermitteln, ob die Fallen weiterhin Langusten fingen (so genannte ‚Geisterfischerei‘). Sie testeten biologisch abbaubare Fallengitter, die bereits nach der Hälfte der Zeit verrotten und somit den Zeitraum, in dem es zur Geisterfischerei kommen kann, verkürzen (die abbaubaren Gitter sind seit 2007 gesetzlich vorgeschrieben). Außerdem platzierten sie Fallen auf Schwämmen und Korallen und dokumentierten mit einer Videokamera alle an diesem sensiblen Habitat entstehenden Schäden. Die Ergebnisse bestätigten die Vermutungen der Fischer: Die Fallen hatten minimale Auswirkungen auf das Ökosystem und die Geisterfischerei geschah in einem Ausmaß, das die Sterblichkeitsrate der Langusten nicht signifikant erhöhte. „Die Studienergebnisse bekräftigten, dass die Fischerei auf Languste in Baja California die betroffenen Lebensräume unwesentlich beeinträchtigt,“ folgerte Shester in seiner 2008 vorgelegten Doktorarbeit, „und ist ein glänzendes Beispiel für einen nachhaltig geführten Fangbetrieb, der die MSC-Zertifizierung auch weiterhin verdient.“ Sichern von Märkten In diesem Jahr lässt sich die Fischerei erneut bewerten, denn zertifizierte Betriebe müssen sich alle fünf Jahre vollständig auditieren lassen, um MSC-zertifiziert zu bleiben – dann macht die Hypothese von Shester die Probe aufs Exempel. Aber warum hat sich die Fischerei für eine erneute Zertifizierung entschieden? „Momentan verkaufen wir 95 Prozent unserer Langusten ohne MSCSiegel nach Asien,“ erklärt Ramade. „Unserer Meinung nach wird der Markt jedoch zunehmend MSC-zertifizierte Ware fordern. Eines Tages wird das blaue Umweltsiegel Pflicht sein, genauso wie der HACCP-Nachweis für die Lebensmittelsicherheit. Und ohne Zertifikat gehören wir zu den Verlierern. Diese Gemeinde hat keine anderen Ressourcen, die sie nutzen könnte. Die Fischerei, insbesondere der Fang von Langusten, ist unser ein und alles. Deshalb müssen wir im Programm bleiben.“ “ Die Langustenfischerei von Baja California hat gezeigt, dass die MSC-Zertifizierung nicht nur Verbesserungen in kleinen Fischereien erzielt, die bereits vorbildlich geführt werden, sondern auch den Menschen hilft, deren Lebensgrundlage von der Fischerei abhängt. ” Meredith Lopuch, Deputy Director, Sustainable Seafood Initiative, WWF-USA (Der WWF ist eine von zwei NGOs, die der Fischerei Unterstützung bei der Bewertung nach MSC-Standard geleistet haben) Trotzdem unterlag die MSC-Zertifizierung von Alaska Seelachs, wie auch bei anderen Fischereien, bestimmten Auflagen, um sicherzustellen, dass der Fangbetrieb die wissenschaftlichen Forschungsarbeiten fortführt und vertieft, um auch in Zukunft die Bestände und das sensible marine Ökosystem zu schützen. Alaska Seelachs Beringsee, Aleuten Golf von Alaska, USA © At-sea Processors Association Marktzugang und -erhalt ZERTIFIZIERT AM 14. Februar 2005; April 2005; erneut zertifiziert am 29. Januar 2009 SPEZIES Seelachs (Theragra chalcogramma) FANGMETHODE Pelagisches Schleppnetz LAND USA FANGGEBIET Pazifik, östliche Beringsee nördlich der Aleuten; Golf von Alaska, südlich und östlich der Aleuten FANGVOLUMEN “ 815.000 Tonnen; 19.000 Tonnen, 50.000 Tonnen (2009) Ich weiß, dass unsere Mitglieder aufgrund der MSC-Zertifizierung Kunden gebunden und ihren Kundenstamm in Europa und Großbritannien erweitert haben. Es besteht kein Zweifel daran, dass die Zertifizierung Vorteile bringt. ” Jim Gilmore, PR-Leiter, At-Sea Processors Association 28 „EINE ZEIT LANG waren Bemühungen, Alaska Seelachs auf dem britischen Markt einzuführen sinnlos, weil es kein Kabeljau war,“ erläutert Jim Gilmore, PR-Leiter bei At-Sea Processors Association (APA), deren Mitglieder die eisigen Gewässer der riesigen, symbolträchtigen und lukrativen Fischereien durchkämmen. „Plötzlich vertreibt Young’s MSC-zertifizierte Ware aus Alaska Seelachs – und sie verkauft sich!“ Neue Märkte für ‚neuen‘ Fisch Heute sind Co-op-Fischfrikadellen aus Alaska Seelachs und Young’s Chip Shop Jumbo Specials („zwei extragroße Filets aus wild gefangenem Alaska Seelachs in knusprig-leichtem Teigmantel“) für britische Verbraucher etwas Selbstverständliches. Damit gesellen sie sich verstärkt zu den Konsumenten in den USA, wo Alaska Seelachs in unterschiedlichsten Zubereitungsformen seit vielen Jahren auf Produkten ausgewiesen, und in Geschäften quer durch Nordamerika angeboten wird. In Großbritannien wurde Alaska Seelachs vor 2005 einfach als ‚Weißfisch‘ deklariert, um konservative Einkäufer, die Kabeljau und Seehecht eisern die Treue hielten, nicht zu alarmieren. Nachhaltiges Fischereimanagement Tatsächlich wird Alaska Seelachs seit Jahrzehnten nachhaltig gefangen. Die Fischereimanager praktizieren einen vorsorgenden Ansatz und setzen die jährliche Fangquote unterhalb der biologisch akzeptablen Niveaus fest, die von einem Forum staatlicher, bundesstaatlicher und akademischer Wissenschaftler empfohlen wird. Wo Unsicherheit herrscht, wählen sie konservative Limits. Auf den meisten Fangschiffen reist mindestens ein staatlicher Beobachter mit, der den Fang nicht nur überwacht und dokumentiert, sondern auch wissenschaftliche Forschung betreibt. Auch in allen inländischen Betrieben, die Alaska Seelachs verarbeiten, sind Beobachter im Einsatz. Beifang und Abfall sind gering: 99 Prozent dessen, was in den Netzen landet, ist Alaska Seelachs. Alle anderen Teile des Fisches werden zu verschiedenen Produkten verarbeitet. In den Fanggebieten hat die Fischerei ausgedehnte Zonen zum Schutz der Brutund Nahrungsplätze von Steller Seelöwen geschlossen. Außerdem wird abgelegenen Gemeinden in Alaska über ein spezielles System ein Anteil der Quote zugewiesen. „Wir nahmen an dem Programm teil, weil wir überzeugt waren, dass wir den MSCStandard erfüllten,“ betont Gilmore. „Doch über die Bestätigung durch Dritte bringt der MSC eine zusätzliche Leistung – und die Würdigung in der Seafood-Branche, dass wir eine vorbildlich geführte Fischerei sind. Dies macht uns stärker sichtbar.“ Besonders „sichtbar“ jedoch wurde der Fisch selbst. Japan war schon immer ein bedeutender Absatzmarkt für Alaska Seelachs – gehackt, als Surimi und für Erzeugnisse aus Rogen. Die Wachstumsmärkte jedoch sind Europa und die USA. In den Vereinigten Staaten zum Beispiel verwendet McDonald‘s für seine Fischburger fast ausschließlich Alaska Seelachs. „McDonald‘s schätzt es, dass Alaska Seelachs MSC-zertifiziert ist, auch wenn das Unternehmen nicht groß damit wirbt,“ erklärt Gilmore. „In Europa und Großbritannien profitieren wir zweifellos vom MSC-Programm. Es hilft uns, Märkte zu erschließen und zu halten.“ Harte Fakten und Zahlen hingegen sind schwerer zu finden. Doch hat sich laut einer Studie des Marktforschungsinstituts TNS der Umsatz mit Seelachs – einschließlich Alaska Seelachs – in Großbritannien in den letzten zwei Jahren von 11 auf 23 Prozent verdoppelt. Von diesem Trend können MSCzertifizierte Fischereien auf Seelachs nur profitieren. „Ich glaube der MSC ist nicht allein dafür verantwortlich, dass Alaska Seelachs nun einen festen Platz auf vielen Sortimentslisten hat,“ sagt Pat Shanahan, Programmleiter bei Genuine Alaska Pollock Producers (GAPP), „aber geholfen hat es auf jeden Fall. Wir hatten bereits gemeinsam daran gearbeitet, den Begriff ‚Weißfisch‘ in Seelachs zu verwandeln. Unternehmen wie Young’s, die schon früh MSC-zertifizierte Ware führten, waren aufgrund des MSC-Labels eher bereit, diesen Kurs einzuschlagen. Der MSC spielte definitiv eine Rolle dabei.“ Im Januar 2009 verkündeten die Fischereien auf Alaska Seelachs in der Beringsee, um die Aleuten und im Golf von Alaska ihre Absicht, sich erneut bewerten zu lassen. Fangbetriebe müssen alle fünf Jahre die komplette Bewertung neu durchlaufen, um zertifiziert zu bleiben. „Unsere Mitglieder sagten: OK, wir wagen den Sprung, weil er uns nützt – besonders in Europa,“ so Gilmore weiter. „Es war ihre Entscheidung. Ich bin mir sicher, dass wir aufgrund der Zertifizierung neue Märkte geschaffen und bestehende Märkte beibehalten haben und so Sichereit bieten konnten.“ “ Das MSC-Logo gab uns das Selbstvertrauen, mit Kunden über Alaska Seelachs zu sprechen. Wir konnten nicht nur sagen ‚So heißt dieser Fisch‘, sondern auch ‚Aus diesem Grund hat er für Sie als Verbraucher Bedeutung – er kommt aus einer nachhaltigen Fischerei. ” Mark Ventress, Category Director bei Young’s Seafood © At-sea Processors Association Seezunge, Hering und Makrele Hastings Großbritannien © MSC „WENN DER WIND aus Südwest kommt, schieben wir die Boote mit einem Bulldozer über die Kieselsteine ins Wasser,“ so schildert Paul Joy von der Hastings Fishermen’s Protection Society (HFPS) den Modus operandi der einzigen britischen Flotte, die vom Strand aus startet. „Es ist wie Bondi Beach bei rauem Wetter, nur wesentlich kälter. Die Boote surfen eigentlich. Wenn sie zurückkommen, ziehen wir sie mit einer Winde aus dem Meer, bevor sie die nächste Welle zertrümmert.“ ZERTIFIZIERT AM 16. September 2005 SPEZIES Seezunge (Solea solea), Hering (Clupea harengus) und Makrele (Scomber scombrus) FANGMETHODE Grundschleppnetz, Kiemennetz, mehrwandiges Netz und Treibnetz¹ LAND Großbritannien FANGGEBIET Östlicher Ärmelkanal zwischen Beachy Head und Dungeness sowie bis zur 6-Meilen-Grenze FANGVOLUMEN 72 Tonnen Seezunge, 10 Tonnen Hering und Makrele ¹ Kleinflächigere Treibnetze zählen nicht zu den geächteten Fanggeräten. “ Ich will mich nicht auf Kosten meines Sohnes bereichern, indem ich das Meer leerfische und er dann überhaupt nichts mehr fängt. Fischbestände, Schäden am Meeresboden, Beifang… der MSC betrachtet das Gesamtbild. ” Paul Joy, Vorsitzender, HFPS 30 Mustergültige Umweltpraktiken Die 24 Boote – alle weniger als zehn Meter lang – verwenden je nach Zielart unterschiedliches Fanggerät. Für Seezunge werden mehrwandige, an beiden Enden fixierte Netze, über Nacht ausgebracht, „weil Seezunge im Dunkeln schwimmt,“ begründet Joy. Am nächsten Tag holen sie die Fische dann aus den Netzen. Mit 100 mm sind die Maschen zehn mm größer als gesetzlich vorgeschrieben, wodurch weniger Jungfische ins Netz gehen – ein Beispiel für freiwillige vorbildliche Praktiken. Am Netzboden ist „eine sehr leichte Bleileine“ befestigt, so Joy weiter, „die an der Flora und Fauna des Gewässerbodens keine oder nur unerhebliche Schäden verursacht.“ Vor Hastings gibt es Weichkorallen, Seesterne, Seeigel, Krebse und kleine Fische wie Leierfische und Klieschen, die andernfalls gestört würden. Auch die Treibnetze für Makrele und Hering sind mit einer beschwerten Grundlinie versehen, die den Meeresboden nur gelegentlich berührt bzw. minimal stört. „Unsere Familien fischen schon seit Generationen auf diese Weise,“ erzählt Joy, der seine Ahnen bis vor die normannische Eroberung zurückverfolgen kann. „Wir arbeiteten schon immer nachhaltig, aber wir wollten uns als umweltfreundliche Fischerei darstellen. Die MSC-Zertifizierung bot uns eine Chance, dies zu tun.“ Wie erwartet waren nur wenige Änderungen nötig, um die Bewertung zu bestehen. Deshalb lassen sich die ökologischen Gewinne aus der Teilnahme am MSCProgramm auch nur schwer quantifizieren. Anfangs erzielte der Fangbetrieb auch keine wirtschaftlichen Vorteile. „Zwei Jahre lang verdienten wir mit dem Zertifikat keinen Cent extra,“ betont Joy. „Wir erhielten den gleichen Preis wie alle anderen.“ Dann, im Jahr 2007, gründeten die Fischer die gemeinnützige Community Interest Company (CIC), um ihren Fang als MSCzertifiziert zu verkaufen und sich einen Preisvorteil zu sichern. Alle Mehreinnahmen gingen direkt an die Fischer und nicht an Händler oder verarbeitende Betriebe. Marktvorteile „Diese Strategie hat sich ausgezahlt,“ fährt Joy fort, „da wir nun höhere Preise erhalten. Unsere Seezunge geht nach Holland, wo MSC-zertifizierte Ware im großen Stil nachgefragt wird. Dort erhalten wir für unsere Ware zehn Prozent mehr, darauf haben wir auch bestanden.“ In Frankreich bot ihm die riesige Einzelhandelskette Casino für MSCzertifizierten Fisch, der in bestimmten Filialen verkauft wird, bis zu 15 Prozent mehr. „Der MSC ermöglichte es uns, in das Exportgeschäft einzusteigen,“ glaubt Joy. „Ohne ihn hätten wir das nicht geschafft.“ Politische Stärke Es gab jedoch auch subtilere Vorteile. „Politisch gesehen hat uns die Zertifizierung gestärkt,“ bekräftigt Joy. „Wir nutzen den MSC als eine Art Abzeichen, als LobbyInstrument sozusagen. Wenn erwiesen ist, dass unsere Fischerei nachhaltig arbeitet, haben wir beispielsweise ein stärkeres und besseres Argument für einen fairen Anteil an der Quote.“ Mehr als alles andere ist die Hastings Fischerei „stolz auf ihren MSC-Status“, um ihre Zukunft sichern zu können. „Wir haben heute sehr gesunde Bestände,“ freut sich Joy, „und so soll es auch bleiben. Ich will dafür sorgen, dass wir auch in 100 Jahren noch eine Flotte haben. Jedes Boot muss eine Crew ernähren, und das wiederum nährt den Fischmarkt, der Arbeitsplätze bereitstellt. Da hängt eine ganze Infrastruktur dran.“ “ Durch die Zusammenarbeit mit der Seezungenfischerei von Hastings wurde mir noch mehr bewusst, dass es der einzige Weg nach vorn ist. Deshalb arbeitet „Fishes“ auch nur mit MSC-zertifizierten nachhaltigen Fangbetrieben zusammen. Über die Kooperation mit ihnen und durch die Aufklärung von Verbrauchern nehmen wir unsere Verantwortung beim Schutz der Weltmeere ernst. ” Bart van Olphen, Geschäftsführer, Fishes Wholesale BV © MSC Kabeljau Beringsee und Aleuten USA Foto: Bering Select Seafoods Company ZERTIFIZIERT AM 10. Februar 2006 SPEZIES Kabeljau (Gadus macrocephalus) FANGMETHODE Grundhaken und Langleine LAND USA FANGGEBIET Pazifischer Ozean, Beringsee und Aleuten FANGVOLUMEN “ 103.000 Tonnen (2009) Zur Nachhaltigkeit von Kabeljau gibt es viele widersprüchliche Aussagen. Aber was sind die Fakten? Für Verbraucher zählt es, sich keine Gedanken machen zu müssen. Unser MSC-zertifiziertes Erzeugnis können sie guten Gewissens kaufen. ” Paul Gilliland, Geschäftsführer, Bering Select Seafoods Company „2005 MACHTE man sich um Kabeljau in der Nordsee, Kabeljau in der Ostsee und selbst Kabeljau in der Barentssee Sorgen,“ beginnt Paul Gilliland, Geschäftsführer bei Bering Select Seafoods. „Die Leute sagten: ‚Ich weiß nicht mehr, welcher Kabeljau die verantwortungsbewusste Wahl ist. Ich kaufe keinen Kabeljau.‘ Damals wusste die Öffentlichkeit wenig über nachhaltig gefangenen Pazifischen Kabeljau. Wir haben mit dieser Fischerei den MSC-Kurs beschritten, um zu zeigen, dass Verbraucher dieses Produkt dank des auf wissenschaftlichen Daten beruhenden Programms bedenkenlos kaufen können.“ Bei dem Erzeugnis handelte es sich um MSC-zertifizierten Pazifischen Kabeljau, der per Langleinen von 35 bis 60 Meter langen Schiffen gefangen und noch auf hoher See eingefroren wird. Der historisch bedeutsame Fisch wird entweder gesalzen oder als Filet im Teigmantel, Frikadellen oder Fischstäbchen vertrieben. Wie andere Fischereien Alaskas wird auch dieser Fangbetrieb vom North Pacific Fisheries Management Council und dem National Marine Fisheries Service vorbildlich verwaltet. Die Kabeljau-Fischerei „erzielte ausgezeichnete Ergebnisse,“ lobten die MSCZertifizierer 2006, und der Bestand wird auf einem Niveau gehalten, der die Populationsdichte von Kabeljau und den Schutz der betroffenen Ökosysteme gewährleistet. Minimieren ökologischer Folgen Beim Longlining wird eine Grundleine straff und gerade auf dem Meeresboden ausgelegt, nachdem sie über eine Trommel automatisch mit Ködern bestückt wurde. Durch die gestraffte Leine werden Bewegungen des Fanggerätes und Schäden am Meeresboden minimiert. Wenige Stunden später wird das Netz vom Schiff nach oben gehievt – nicht seitlich gezogen. „Jeder im Geschäft wird Ihnen sagen, dass das beim Longlining verwendete Gerät den Meeresboden nicht schädigt,“ erklärt Gilliland. Tatsächlich gaben nur drei Punkte dem Zertifizierer Anlass, explizite Bedingungen aufzustellen – zwei davon bezogen sich auf Umweltfaktoren, eine auf Managementpraktiken. Die Fischerei muss diese Auflagen erfüllen, um MSC-zertifiziert zu bleiben. Die erste Bedingung betraf den Beifang von Eissturmvögeln. Die Vögel können zu den mit Ködern bestückten Haken hinab tauchen und sich im Gerät verfangen. Bei der anderen Bedingung ging 32 es um Schäden, die durch Fanggerät verursacht werden, das auf hoher See verloren geht. Weil in beiden Fällen das genaue Ausmaß etwaiger Folgen aufgrund mangelnder wissenschaftlicher Daten nicht bekannt war, verpflichtete sich die Fischerei dazu, diese Folgen über entsprechende Forschungsarbeiten zu identifizieren und zu beobachten. Gemeinsam mit anderen Fangbetrieben, die ebenfalls mit Langleinen fischen, appellierte Bering Select an die Bundesregierung, für die Erforschung der Auswirkungen von verloren gegangenem Fanggerät Mittel in Höhe von 500.000 US-Dollar bereitzustellen. Öffnen neuer Märkte Vor der Zertifizierung waren die Absatzmärkte von Bering Select in erster Linie auf gepökelten Kabeljau spezialisiert. Der gesalzene Fisch wird entweder frisch oder getrocknet verkauft und traditionell in Italien, Frankreich, Portugal, Spanien und Brasilien gegessen. „In den letzten 15 Jahren ging nur ein sehr kleiner Anteil unseres Kabeljaus auf den lukrativeren Markt für Erzeugnisse im Backteig und panierte Produkte,“ berichtet Gilliland. „Für uns ist das ein neues, wichtiges Segment – und ein Ergebnis der MSC-Zertifizierung. Wir sehen neue Kunden: Zunächst waren es nur Endverbraucher in Großbritannien, doch das Volumen beginnt auch anderswo in Europa zu steigen.“ Asda, Sainsbury’s und Young’s Seafood gehören zu den großen Unternehmen, die MSC-zertifizierten Kabeljau aus Alaska anbieten. Als die Nachfrage am höchsten war, erhielt man für MSC-zertifizierten Pazifischen Kabeljau zwei bis drei Prozent mehr, schätzt Gilliland. Aber „der wichtigste Vorteil war der Zugang zu neuen Märkten,“ fährt er fort, „und die expandieren weiter. Japan wird ein Wachstumsmarkt sein, auch wenn das dortige Interesse eher der Rückverfolgbarkeit als der nachhaltigen Bewirtschaftung gilt. Aber zum Glück ist auch die Rückverfolgbarkeit ein wichtiger Teil des MSC-Programms.“ “ Haken und Leine gehört für uns zu den bevorzugten umweltverträglichen Fangmethoden. Wir freuen uns, leinengefangenen Pazifischen Kabeljau anbieten zu können, der als nachhaltig nach MSC zertifiziert ist. Als weltweit führend in der Zertifizierung von Fischereien des Wildfangs bildet der MSC eine grundlegende Komponente unserer Beschaffungsstrategien für Fisch. ” Ally Dingwall, Manager Aquakultur und Fischereien, Sainsbury’s PLC Foto: Bering Select Seafoods Company Bändereisfisch Australien © Dylan Skinns ZERTIFIZIERT AM 31. März 2006 SPEZIES Australischer Bändereisfisch (Champsocephalus gunnari) FANGMETHODE Grundschleppnetz und pelagisches Schleppnetz LAND Australien FANGGBIET Vor der Heard-Insel und den McDonald-Inseln (HIMI), eine vulkanische Inselgruppe im südlichen Ozean, 4.000 km südwestlich von Perth nahe der Antarktis FANGVOLUMEN “ Rund 1.000 Tonnen Vor der Zertifizierung trafen wir bei unseren Bestandsbewertungen und Modellierungen zu Bändereisfisch gewisse Annahmen. Als wir sie dem MSC-Team präsentierten wurde uns bewusst, dass es auch andere fähige Leute gibt – Leute, die sich im Fischereimanagement ebenfalls bestens auskennen. Unsere Annahmen wurden getestet und dieser Test hat die Fischerei besser gemacht. ” David Carter, Geschäftsführer, Austral Fisheries, Perth, Westaustralien 34 „DER MSC HAT den Bändereisfisch bekannter gemacht,“ erläutert David Carter, Geschäftsführer bei Austral Fisheries, dem australischen Unternehmen, das hauptsächlich Schwarzen Seehecht fängt. Den schmackhaften blassen Fisch aus der Antarktis, komplett mit eingebautem natürlichem Frostschutz, betrachtet die Firma „als sekundäre Spezies im Kerngeschäft.“ Strengere Wissenschaft Auf einer Landkarte versuche ich das australischen Überseegebiet zu orten, in dem Austral Fisheries ihr einziges Fangschiff auf Australischen Bändereisfisch betreibt. An der sich ständig verschiebenden Grenze der Antarktis bilden die HIMI – so nennt man diese Inseln – im Herzen des Südlichen Ozeans ein „geschlossenes Ökosystem“ inmitten einer biologischen Barriere, die entsteht, wenn kalte antarktische Ströme auf wärmere Strömungen aus dem Norden trifft. HIMI sind das weltweit einzige Beispiel für ein unberührtes subantarktisches Ökosystem, das zahlreichen marinen Säugern und Meeresvögeln als Brut- und Nahrungsstätte dient. Die Inseln und das umliegende Meer wurden von der UNESCO zum Weltnaturerbe erklärt. „Der wahre Gewinn aus der MSC-Zertifizier ung lag für uns in der strengeren Wissenschaft, der Begutachtung durch Experten und den externen Überlegungen zur wissenschaftlichen Bestandsbeurteilung,“ so Carter weiter. Dies brachte alternative Ansätze zum Vorschein – andere Hypothesen, um die Art und Weise des Bestandsmanagements zu überprüfen. Es war ein nützlicher Prozess, der die Qualität unserer Bestandsbeurteilung beim Bändereisfisch erhöht hat.“ ‚Strenge‘ Beobachtung und striktes Einhalten von Vorschriften Das 1992 zum Naturschutzgebiet ausgerufene Überseeterritorium ist gleichzeitig auch Weltnaturerbe. So verwundert es nicht, dass die benachbarte Bändereisfisch-Fischerei einer rigorosen Aufsicht und Kontrolle durch das Australische Fischereiamt AFMA und CCAMLR unterliegt, der Kommission für den Schutz mariner Ressourcen in der Antarktis. CCAMLR ist ein aus 25 Nationen bestehendes internationales Gremium, das sich die Verwaltung antarktischer Fischereien unter der Prämisse des Erhalts der biologischen Artenvielfalt und der Stabilität des Ökosystems zur Aufgabe gemacht hat. Zur Bekämpfung der illegalen Fischerei auf Schwarzen Seehecht stellte die australische Regierung Mittel in Höhe von mehreren hundert Millionen Dollar zur Verfügung. Die kontinuierliche Überwachung erfolgt durch ein Patrouillenschiff. Die Kontrolle erfüllt „äußerst hohe Standards,“ wie die MSC-Zertifizierer im Jahr 2006 bemerkten, die Maßnahmen werden „hervorragend“ eingehalten und der Fang von Zielarten sowie der Beifang unerwünschter Arten werden Schiff für Schiff genau dokumentiert. Quantitative Bestandsbeurteilungen sind von „Weltklasse“, lobten die Zertifizierer. Trotzdem herrschte über die verwendete Methodik Unsicherheit und so verlangten die Zertifizierer von der Fischerei das „Erbringen von Beweisen, dass die aktuellen Methoden der Bestandserhaltung dienen und vorsorglicher sind“ als andere Verfahren. In ähnlicher Weise führte eine weitere Bedingung, die von der Fischerei eine Einschätzung der ökologischen Risiken der Grundschleppnetzfischerei und der Folgen für benthische Habitate verlangte, „zu umfangreicher Forschung“, fährt Carter fort. „Wir waren mit Kameras unten, die auf den Netzen montiert waren, um zu ermitteln, wie sich die Netze auf den Meeresboden auswirken. Die ganzen Nachforschungen, die im Rahmen von MSCBedingungen angestellt wurden, führten zu einem Projekt, das teilweise vom Australischen Amt für die Erforschung und Entwicklung von Fischereien finanziert wird.“ Diese Fischerei, bemerkten die Zertifizierer, hat ein umfassendes Wissen über das verwendete Fanggerät (Grundschleppnetze und pelagische Schleppnetze). Bestimmtes Gerät wird nur an bestimmten Orten zu bestimmten Zeiten verwendet, um das Risiko für bedrohte, geschützte oder besonders beliebte Arten möglichst gering zu halten. „Wir erfüllten beim MSC alle Kriterien,“ freut sich Carter, „eine echte Errungenschaft in einem ökologisch so sensiblen Gebiet. Wer den Goldstandard erfüllt, vermittelt der Öffentlichkeit: Wir glauben, dass wir verdammt gut sind. Die Fischerei befindet sich in guten Händen. Unsere täglichen Aktivitäten werden von jeder Menge hochwertiger Wissenschaft und Transparenz begleitet. Es war etwas, was wir tun mussten.“ “ Australischer Bändereisfisch wird nach CCAMLR-Standard oder strenger gemanagt, was präventive Ziele und Fanggrenzen sowie eine umfassende jährliche Prüfung bedeutet. Doch die MSC-Zertifizierung bringt eine öffentliche Anerkennung der hohen Standards, die beim Management dieser Ressource zum Einsatz kommen und ist für den Verbraucher ein wesentlich greifbareres Symbol. ” Dr. Malcolm Haddon, Vorstand, Commonwealth Sub-Antarctic Resource Assessment Group © Dylan Skinns Heilbutt Pazifik USA © Peter Thompson ZERTIFIZIERT IM April 2006 SPEZIES Heilbutt (Hippoglossus stenolepis) FANGMETHODE Grundhaken und Langleine LAND USA Auswirkungen auf die Umwelt FANGGEBIET Beringsee, Alaska, Washington FANGVOLUMEN “ „DIE BEVORZUGTE GRÖSSE sind 30-Pfünder,“ erklärt Bob Alverson, Geschäftsführer der Fishing Vessel Owners Association in Seattle. Mit diesen Worten zeigt er mir ein paar Fotos von einem riesigen Heilbutt, der von zwei strammen Jungs aus dem Wasser gehievt wird. Sie legen sich ins Zeug als würden sie Tauziehen. Der gigantische Plattfisch muss so schwer sein wie die zwei Kerle zusammen. Heilbutt kann bis zu 225 kg schwer werden – so viel wie drei erwachsene Männer – und dieser hier ist so lang wie eines der weiblichen Mitglieder an Bord groß ist. 24.000 Tonnen Die Zertifizierung hat unsere Preise sehr positiv beeinflusst. Ich kann Ihnen zwar nicht sagen, ob sie um 15 Cents pro Dollar gestiegen sind, aber wir profitierten von jeder Menge kostenloser Werbung. Das Monterey Bay Aquarium unterstützt den MSC und Chefköche erwähnen ihn im Fernsehen. Das hat eine neue Nachfrage geschaffen. ” Bob Alverson, Geschäftsführer, Fishing Vessel Owners Association Interessanterweise ist es die enorme Größe des Heilbutts, die ihn zu einer vergleichsweise leicht zu fangenden Beute macht, ohne dass Jungfische oder unerwünschte Arten mit ins Netz gehen. Mit entsprechend langen Haken, die in Abständen von 5,5 Metern an einer 550 Meter langen geradlinig ausgelegten Grundleine befestigt sind und wenig Schäden verursacht, vermeiden die Fischer Rückwurf und Beifang. „Sie fangen ein wenig Rotbarsch mit, der lässt sich verkaufen,“ erklärt Alverson, „und etwas Lengdorsch, den sie behalten dürfen.“ Auch Kabeljau darf laut Gesetz bis zu 20 Prozent des Fangs ausmachen, der Großteil davon wird jedoch als Köder verwendet, was Geld spart. „Natürlich müssen sie entsprechende Aufzeichnungen darüber führen,“ hebt Alverson hervor. Das Einhalten dieser und anderer Vorschriften wird streng kontrolliert vom National Marine Fisheries Service und der International Pacific Halibut Commission. „Man darf keinen Heilbutt behalten, der weniger als 80 Zentimeter lang ist,“ so Alverson weiter. „Ab dieser Größe ist der Fisch geschlechtsreif. Wir nennen das einen 10/20er, weil er dann zwischen 10 und 20 amerikanischen Pfund wiegt (ein amerikanisches Pfund entspricht 454 Gramm). Sie [die Meereswissenschaftler] wollen, dass der Fisch diese Größe erreicht hat, bevor wir ihn fangen. Für uns ist das gut, weil wir für größere Fische mehr Geld bekommen.“ Auch in anderen Punkten scheinen sich Fischer und Umweltschützer einig. „Vor ein paar Jahren hatten wir ein Problem mit beigefangenen Meeresvögeln,“ erläutert Alverson. „Daraufhin arbeiteten wir mit der Universität Washington zusammen, erhielten eine Zuwendung und stellten zwei Jahre lang sechs unserer Fangschiffe als 36 Forschungsplattform zur Verfügung. Die Fischer experimentierten auch mit ‚ToriLeinen‘ – mit flatternden Bändern versehene Taue, die am Heck der Schiffe herabhängen und Vögel verscheuchen – und erkannten, dass die Vögel wesentlich weniger mit dem Köder in Kontakt kamen, wenn die Crews diese Leinen richtig aufhängten.“ Seit drei Jahren nun sind Tori-Leinen Pflicht auf allen Schiffen im Nordpazifik, die mit Langleinen fischen. Der Beifang an Meeresvögeln hat sich dadurch um 80 Prozent reduziert. Politischer Einfluss Nur in einer Hinsicht bestand deutlicher Verbesserungsbedarf. „Obwohl wir an Land eine sehr gründliche Kontrolle und ein vorbildliches Logbuchsystem haben, betreibt die Heilbutt-Fischerei kein Beobachterprogramm für Beifang,“ illustriert Alverson. Anders gesagt: Beifang mit kommerziellem Wert wird im Hafen gewogen und dokumentiert, und die Fischer machen ihre eigenen Aufzeichnungen, aber es gibt keine unabhängigen Wissenschaftler, die den Beifang an Bord der Fangschiffe überwachen. Als Zertifizierungsauflage sollte die Fischerei deshalb staatliche Einrichtungen bemühen, um ein solches Programm zu implementieren. „In den nächsten drei Jahren,“ mutmaßt Alverson, „wird sich das Beobachterprogramm des Nordpazifischen Rates beträchtlich ändern, um die Bedenken des MSC zu entkräften.“ Das wäre vielleicht auch so geschehen, fügt er hinzu, aber der zusätzliche Druck habe definitiv geholfen. Zuspruch und Zugang zu neuen Märkten Ein wesentlich fassbarer Nutzen der Zertifizierung war der Reiz, den sie auf Köche mit ethischen Ansprüchen ausübte. Sie erwähnten die Fischerei in ihren tagsüber laufenden TV-Kochshows. „Sie sagen: ‚Das hier ist MSC-zertifiziert, das ist ein wunderbares Produkt, das sollten Sie essen‘,” zitiert Alverson. „An der Westküste gibt es kein verdientes Fischrestaurant, das keinen Heilbutt auf seiner Speisekarte stehen hat. Ich würde sagen, dass wir indirekt aus dem Eifer der TV-Köche profitiert haben.“ Bislang erzielte die Fischerei 80 Prozent ihrer Umsätze aus Nordamerika, aufgeteilt zwischen Kanada und den Vereinigten Staaten – aber das beginnt sich langsam zu ändern. „Das MSC-Siegel spielte in Bezug auf das Volumen, das wir heute nach Europa verkaufen, eine wichtige Rolle,“ so Alverson weiter. „Ich denke, dort kommt es in Mode. Das hat eine neue Nachfrage geschaffen, die uns meiner Meinung nach enorm geholfen hat.“ © Peter Thompson “ Wir glauben, dass unsere Nordpazifische Heilbutt-Fischerei, die von einem amerikanisch-kanadischen Gremium gemanagt wird, ein Modell für künftige Generationen ist. Das MSC-Siegel ist eine weitere Bestätigung dafür, dass sich alle Interessengruppen zur Nachhaltigkeit verpflichten und dies auch tun sollten. Auch unsere Enkel werden diese wunderbare Ressource noch fischen, verarbeiten, verkaufen und konsumieren können. Dana Besecker, Präsidentin, Dana F Besecker Co, Inc. ” Foto: Bering Select Seafoods Company Hering Nordsee verschiedene Nationen ZERTIFIZIERT AM 9. Mai 2006 SPEZIES Hering (Clupea harengus) FANGMETHODE Pelagisches Schleppnetz LAND Die Fangschiffe operieren in den Niederlanden, Deutschland, Großbritannien, Frankreich, Irland und Litauen FANGGEBIET Nordsee und östlicher Ärmelkanal FANGVOLUMEN “ Rund 65.000 Tonnen In Brüssel hat die MSC-Zertifizierung beim Beeinflussen von Entscheidungen zum Fischereimanagement – was wir natürlich alle tun – eine Wirkung. Wir selbst können nur ausgewogene Meinungen erteilen, weil wir alle bereits zertifiziert oder gerade in Bewertung sind. ” Gerard van Balsfoort, Präsident, Pelagic Freezer-Trawler Association 38 © PFA „WIR WAREN SO etwas wie Pioniere,“ erzählt Gerard van Balsfoort, Präsident der Pelagic Freezer-Trawler Association, deren bis zu 140 Meter lange 26 Fangschiffe den Nordsee Hering nicht nur fischen, sondern ihn an Bord auch gleich klassifizieren, einfrieren und verpacken. „Vor uns ließen sich zwar ein paar kleine Fangbetriebe bewerten, aber wir waren die erste große Fischerei in Europa, die zertifiziert wurde. Für den MSC war das so etwas wie ein Durchbruch.“ Stimmungswechsel bei Fischereiverhandlungen in der EU Drei Jahre später scheint eine MSCZertifizierung die Norm zu sein. Die schwedischen, dänischen und schottischen pelagischen Flotten folgten unserem Beispiel. „Im Laufe des Jahres,“ so Balsfoort, „dürfte die Mehrheit der Nordsee Herings-Fischereien MSC-zertifiziert sein.“ Diese kritische Masse, argumentiert er weiter, habe die europäischen Verhandlungen für die Bewirtschaftung dieser Bestände verändert. Eine Säule der 2002 in Kraft getretenen Reform der Gemeinsamen Fischereipolitik bildete die Einrichtung regionaler Beratungsgremien (Regional Advisory Councils oder RACs), die Empfehlungen zum Fischereimanagement aussprechen und diese anschließend an die Kommission oder die relevanten nationalen Behörden übermitteln. An den Treffen beteiligen sich Wissenschaftler als Experten und Vertreter der Mitgliedsstaaten dürfen als Beobachter beiwohnen. Doch sind es die Interessensgruppen der Fischereien, sowohl aus der Industrie als auch von Nichtregierungsorganisationen, die das Meiste zur Diskussion beitragen. „Unser RAC befasst sich mit pelagischen Beständen,“ erläutert van Balsfoort, und meint damit Fische, die in Schwärmen in der Wassersäule und nicht am Grund schwimmen. „Alle großen Akteure in der europäischen Herings-Industrie sind heute MSCzertifiziert oder in Bewertung – das hat im Beratungsprozess zu einem bestimmten Verhalten geführt. Aus Bestandssicht kann man nicht einfach eine höhere Quote fordern, wenn sie nicht wissenschaftlich fundiert ist. Jeder weiß, dass die Zertifizierer nicht nur darauf achten, wie wir auf hoher See agieren, sondern auch, wie wir uns bei der Quotenempfehlung verhalten. Wer zertifiziert ist, muss vorausschauend handeln. Das ist eine Nebenwirkung des MSC.“ Erholungsplan für die Bestände Beim Hering ist dies besonders wichtig. „Wir wurden 2006 zertifiziert als die Bestände am stärksten waren,“ erzählt van Balsfoort. Seitdem ist die Zahl der Nordsee Heringe aus komplexen biologischen Gründen, die nichts mit der Fischerei zu tun haben, gesunken. „Die Rekrutierung ist zu niedrig, sprich es gibt nicht genügend Neuzuwächse – deshalb hat der Bestand abgenommen.“ Die Zertifizierer haben das mögliche Eintreten dieser Entwicklung mit berücksichtigt. „Um die Bewertung zu bestehen, mussten wir uns mit Wissenschaftlern zusammensetzen und einen Aufbauplan für den Bestand erstellen, und genau das haben wir getan. Ohne Zertifizierung wäre das nur in Verbindung mit dem RAC geschehen.“ Auch wenn die Bestände nachhaltig befischt werden, so erklärt er weiter, „schwanken sie nach oben und unten, gehen sie rauf und runter. Wer die Talsohle gut managt, kann immer noch zertifiziert werden. Man muss sich eben anpassen. Eine solche Anpassung bestand darin, diesen Aufbauplan zu erstellen und gravierende Einschnitte bei der Gesamtfangmenge zu akzeptieren.“ Nachhaltigkeit demonstrieren Es half auch, dass die Herings-Fischerei selektiv ist und nur eine Art fängt, buchstäblich ohne Beifang. „Das liegt vor allem am Charakter der Spezies,“ fährt van Balsfoort fort. Denn Heringe schwimmen gewöhnlich in separaten Schwärmen, wodurch andere Arten selten mit ins Netz gehen. Der Rückwurf sei äußerst gering, er liege bei zwei bis fünf Prozent, fügt er hinzu. Und weil das Netz durch die Wassersäule gezogen wird, seien negative Folgen für den Meeresboden auch kein Thema. „Aus diesem Grund haben wir uns für die MSC-Zertifizierung entschieden,“ argumentiert van Balsfoort. „Wir wussten, dass wir verantwortungsvoll und nachhaltig vorgehen, aber wir wollten es auch beweisen. Das stiftet Vertrauen bei den Käufern von Hering – einem beliebten Fisch, der allen Nordseeanrainern viel bedeutet.“ “ Als einziges weitläufig bekanntes und unabhängiges Siegel macht MSC es den Verbrauchern leicht, sich für nachhaltigen Fisch zu entscheiden. Nach unseren eigenen Kriterien für das Bestandsmanagement, die Konsequenzen für die Umwelt, den Beifang und die Zerstörung von Lebensräumen erhält MSC-zertifizierter Nordsee Hering von uns grünes Licht. ” Christien Absil, Fisheries Policy Officer, North Sea Foundation © PFA Kohlenfisch Pazifik USA © Dean Adams ZERTIFIZIERT AM 19. Mai 2006 SPEZIES Kohlenfisch (Anoplopoma fimbria) FANGMETHODE Grundhaken und Langleine LAND USA FANGGEBIET „DER IM HANDEL als Schwarzer Kabeljau bekannte Kohlenfisch gehört eigentlich gar nicht zur Familie der Kabeljaue. Sein Fleisch ist weiß und flockig wie das von Kabeljau, aber öliger – das verleiht ihm seinen gehaltvollen, nussartigen Geschmack, der von Köchen und Gourmets bevorzugt wird. Laut Young’s Lexicon of Fish, einem umfassenden Leitfaden zu Aromen, hat er „sowohl eine artischockenartige Note als auch ölige Nuancen, die dem Geschmack von Makrele durchaus ähneln,“ deshalb „passt er auch gut zu kräftigen Kräutern und Gewürzen.“ Schwarzer Kabeljau mariniert in Miso ist das Signatur-Gericht des japanischen Restaurantbetreibers und Küchenchefs Nobu Matsuhisa, und 90 Prozent des Fangs aus dieser Fischerei gehen nach Asien – vor allem nach Japan.“ Neue Märkte Beringsee und Golf von Alaska, Nordpazifik FANGVOLUMEN “ 18.100 Tonnen Neunzig Prozent unseres Kohlenfisches gehen nach Asien, zum Großteil nach Japan, wo das Interesse an der MSC-Zertifizierung gerade erst Fuß fasst. Vor kurzem erhielten wir das erste Mal eine Anfrage von einer Unternehmensgruppe, die sagte: ‚Wir möchten MSC-zertifizierten Kohlenfisch.‘ In Europa wollen sie nur noch MSC – das hat uns sehr geholfen. ” Bob Alverson, Geschäftsführer, Fishing Vessel Owners Association 40 Dort kaufen Verbraucher Kohlenfisch nicht, wie auf den meisten Märkten, weil er nachhaltig gefischt wird, sondern weil er eine Delikatesse ist. Somit lassen sich Neuumsätze auch schwerer direkt dem MSCProgramm zuordnen. „Vor kurzem rief uns das erste Mal ein Konzern an und sagte: ‚Wir wollen MSC-zertifizierten Kohlenfisch‘,“ sagt Bob Alverson, Geschäftsführer der Fishing Vessel Owners Association in Seattle. „Als wir fragten, für welches Land dieser Fisch bestimmt sei, antworteten sie: ‚Er geht nach Spanien.‘ Schwarzer Kabeljau kommt in Europa in Mode – und das verdanken wir einzig und allein dem MSC.“ Die Früchte ihrer Mühen haben lange auf sich warten lassen – aber ein Grund dafür, warum Alverson 2004 beschloss, sowohl diesen Fangbetrieb als auch die HeilbuttFischerei im Nordpazifik bewerten zu lassen, war die Erschließung neuer Märkte in Europa. „Damals sprangen europäische Länder stärker auf MSC-Erzeugnisse an als die USA, wo die ganze Geschichte noch sehr in den Kinderschuhen steckte,“ erklärt er weiter. „Sowohl aus kommerzieller als auch politischer Sicht fanden wir es eine sehr gute Sache, die Zertifizierung in unserem Land zu haben.“ Management nachhaltiger Fischereien Während die USA den europäischen Ländern umsatztechnisch hinterherhinkten, hatten sie in vielen Bereichen des Fischereimanagements die Nase vorn, vor allem in Alaska. Bereits seit 1977, als das MagnusonGesetz zum Schutz und zum Management von Fischereien in Kraft trat, werden die Bestände nachhaltig bewirtschaftet. Der National Marine Fisheries Service (NMFS), der den Fangbetrieb überwacht und kontrolliert, berichtet „hohe Bestandszahlen für Kohlenfisch“, die je nach Gebiet zwischen 96 und 105 Prozent der Populationsgröße betragen, die erforderlich ist, um den maximal nachhaltigen Ertrag zu generieren. „Wir haben ein Beobachterprogramm und ein Logbuchsystem für den Beifang,“ erklärt Alverson. Das Fanggerät sei sehr selektiv aufgrund der Größe der eingesetzten Haken und der Tatsache, dass „Half-Skates“ – der Branchenbegriff für die verwendeten 275 Meter langen Langleinen – auf dem Meeresboden nur in bekannten Kohlenfischhabitaten ausgelegt werden. Den Fangschiffen werden individuelle Quoten zugeteilt und alle Anlandungen werden mithilfe elektronischer Karten dokumentiert. „Beim Anlanden zieht man seine Karte durch ein Gerät, das jeder Käufer haben muss und das die Daten an die Bundesregierung übermittelt,“ veranschaulicht Alverson. Die Fischer müssen die ‚Transaktionsstation‘ sechs Stunden vor ihrer Ankunft informieren, damit NMFS den Vorgang beobachten kann. Politische Einflussnahme „Durch all dies wussten wir bereits vor der Zertifizierung, dass die Fischerei nachhaltig arbeitet,“ sagt Alverson, „aber was zählt sind Beweise.“ Für ihn ist die Teilnahme am MSCProgramm „zu 15 Prozent Politk,“ erklärt er weiter. „Jetzt wo die Obama-Regierung auf einen umweltfreundlichen Kurs setzt, hat es für uns große Bedeutung, nach Washington DC reisen und dort sagen zu können: ‚Ach übrigens, wird sind MSC-zertifiziert. Wir haben uns von unabhängigen Dritten bewerten lassen, die bestätigten, dass wir alles richtig machen‘.“ Diese Munition gibt den Fischern das Gefühl, dass man ihnen zu den politischen Themen, die sie persönlich angehen, Gehör schenken wird. „Politisch gesehen, hat die MSC-Zertifizierung für uns enormen Wert,“ schließt Alverson. “ Als Unternehmen, das nur wild gefangenen Fisch kauft, verarbeitet und vertreibt, hat Harbour Marine Products ein begründetes Interesse an einer gesunden und nachhaltigen Fischereiindustrie. Die MSC-Zertifizierung hat uns neue Chancen eröffnet, auch in neuen und profitableren Segmenten. Unsere MSC-zertifizierten Produkte helfen uns dabei, uns von der Konkurrenz abzuheben und bieten uns darüber hinaus ein beträchtliches neues Absatzpotenzial. MSC ist gut für die Kunden, die Lieferkette und die Fischereien. Ron F Habijanac, Präsident und Geschäftsführer, Harbour Marine Products Inc. ” © Peter Thompson Zander Hjälmaren-See Schweden © Mikael Johansson / Swedish Board of Fisheries ZERTIFIZIERT AM 7. August 2006 SPEZIES Zander (Sander lucioperca) FANGMETHODE Fischfalle, Kiemennetz LAND Schweden Kiemennetze kommen hauptsächlich im Winter zum Einsatz. Dann fahren die Fischer in Schneemobilen auf den zugefrorenen See hinaus, schlagen Löcher ins Eis und ziehen mithilfe eines sogenannten „Is häst“ (Eispferd) eine Leine unter der Oberfläche entlang. Anschließend wird das Netz unter dem Eis ausgebracht und manuell hochgezogen. Wegen der Eisdecke verfangen sich keine Kormorane oder andere Tauchvögel im Netz, was im Sommer gelegentlich der Fall ist. HEUTE WIMMELT DER Hjälmaren-See sowohl unter als auch über Wasser nur so vor Lebewesen. Heerscharen von Fischadlern, Seeadlern und Kormoranen kreisen hier – doch das war nicht immer so. Im frühen 20. Jahrhundert fiel die traditionelle Flusskrebs-Fischerei einer Plage zum Opfer. Und so richteten die Fischer ihr Augenmerk auf den Zander, einem in Süßwasser lebenden Raubfisch mit magerem, saftigem, weißem Fleisch, der in Schweden bis zu zwölf Kilogramm schwer werden kann. Im späten 20. Jahrhundert ging dann aber auch diese Spezies stark zurück und es wurden verzweifelte Managementmaßnahmen ergriffen, um sie zu retten. „Die Fischer wussten, dass sie bereits eine nachhaltige Fischerei hatten,“ kommentiert Näslund, „aber sie wollten herausfinden, ob man ihren Fisch auch kennzeichnen könnte. Im Jahr 2004 kam ich mit meinem WWF-Kollegen Lennart Nyman hierher, um einen Vortrag über die Zertifizierung zu halten und zu veranschaulichen, was das MSC-Siegel auf dem Markt erreichen kann. Wir dachten zuerst, wir müssten den Raum verlassen, während sich die Fischer darüber beraten. Aber der Vorsitzende stand einfach auf und sagte: ‚Was haltet ihr davon, Jungs? Sollen wir uns für MSC entscheiden?‘ Alle stimmten zu. Wir waren total perplex.“ Ökologische Maßnahmen Höhere Preise und mehr Umweltbewusstsein FANGGEBIET Im südlichen Teil des Hjälmaren-Sees, etwa 160 km westlich von Stockholm FANGVOLUMEN “ 166 Tonnen Im Jahr 2004 gab es in Schweden nur ein einziges MSC-gekennzeichnetes Produkt, in Deutschland waren es wesentlich mehr. Für die Fischer war klar: Der MSC entwickelt sich, sie wussten, dass er im Kommen ist – also entschlossen sie sich zur Zertifizierung. Heute exportieren sie 80 Prozent ihres gesiegelten Fangs nach Deutschland. ” Inger Näslund, Marine Fisheries Conservation Officer, WWF Schweden 42 Unter dem schwedischen Fischereigesetz von 1994 mussten alle Fischer eine Lizenz besitzen, doch die Details zur Fischereiregulierung konnten regional festgelegt werden. Im Hjälmaren-See erhöhte man die gesetzlich vorgeschriebene Mindestgröße für Zander freiwillig auf 45 cm – verglichen zu 40 cm in anderen Fanggebieten – und die Maschengröße der Kiemennetze auf 60 cm. So konnten auch größere Fische entkommen und weiter heranreifen. „Je größer ein Weibchen, umso mehr Eier produziert es,“ erläutert Inger Näslund vom WWF Schweden, die bei der MSCZertifizierung der Fischerei eine maßgebliche Rolle spielte. „Die Fischer wollten einen gesunden Bestand, weil er der Schlüssel zu einem intakten See ist. Sie begrenzen die Lizenzen auf rund 6 Meter lange Boote, und maximal 25 Boote erhalten eine Lizenz.“ Dementsprechend verzeichnete der Bestand ein rapides Wachstum und ist äußerst stabil. Im Sommer verwenden die Fischer hoch selektive Fischfallen, die ins Wasser gelassen, anschließend in die Boote gehievt und dort blitzschnell von unerwünschten Arten sowie zu kleinen Fischen befreit werden. Da die Tiere aus lediglich fünf Metern Tiefe hochgezogen werden, erweitert sich ihre Schwimmblase nur geringfügig. (Eine starke Erweiterung kann dazu führen, dass die Fische an die Oberfläche treiben, wodurch zurückgeworfene Fische zur Beute für Seemöwen werden.) Die Überlebensraten sind ausgezeichnet: Eine Studie ermittelte, dass 28 von 2.299 speziell markierten Zandern mindestens zehn Mal gefangen und wieder freigelassen wurden. Heute verkauft die Fischerei 80 Prozent ihres Zanderfangs an einen in Göteborg ansässigen Abnehmer namens Hjälmarfisk. Dieser ist nach dem RückverfolgbarkeitsStandard des MSC zertifiziert und verkauft den Zander weiter, hauptsächlich nach Deutschland. „Die Fischer bekommen einen etwas höheren Preis pro Kilo, wenn sie zertifiziert sind,“ bestätigt Näslund, aber die MSC-Zertifizierung bringt auch subtilere, längerfristige Vorteile mit sich. „Nun möchten sie die Maschen weiter vergrößern, um die Fortpflanzung des Bestandes zu sichern,“ sagt Näslund. Beeinflusst habe sie dabei die Bewertung nach MSC-Standard. Sie hatte es zur Auflage gemacht, dass die Fischer einen Aktionsplan erstellen, aus dem hervorgeht, wie sie künftig mit niedrigeren Bestandszahlen umgehen wollen. Darüber hinaus sollten sie Daten zur Geschlechterverteilung, zur Größe und zum Alter der Zander erheben, um mögliche Populationsverschiebungen zu ermitteln, welche die Reproduktionskapazität beeinträchtigen könnten. „Die Fischer dachten bereits nachhaltig,“ so Näslund, „aber der MSC hat sie weiter wachgerüttelt. Vor kurzem kam uns zu Ohren, dass auch auf anderen Seen die Mindest fanggröße für Zander erhöht wurde.“ Damit zeigt sich, dass sich die Botschaft der Nachhaltigkeit auch jenseits der Ufer des Hjälmaren-Sees ausbreitet. “ Als einer der größten Lieferanten von Süßwasserfisch aus den skandinavischen Seen sind wir stolz, Kunden im In- und Ausland MSC-zertifizierten Zander aus dem Hjälmaren-See anbieten zu können. Wir verzeichnen ein wachsendes Interesse des Marktes an MSC-Produkten, die aus einer garantiert nachhaltigen Fischerei stammen, und sind froh, diese Nachfrage decken zu können. ” Sören Jensen, Geschäftsführer, Hjälmarfisk AB, Götenborg © Mikael Johansson / Swedish Board of Fisheries nach dem ersten Ablaichen gefangen,“ erklärt Gonzalez Lemmi. „Haben sie eine Größe von 44 bis 48 mm erreicht, legen sie erneut Eier. Wenn sie zum Fangzeitpunkt 55 mm hoch sind, haben sie bereits dreimal gelaicht. Das ist eine überwältigende Nachhaltigkeitsgarantie.“ Kammmuscheln Patagonien MSC-Zertifizierung erweitert Fachwissen ZERTIFIZIERT AM 8. Dezember 2006 SPEZIES Patagonische Kammmuscheln (Zygochlamys patagonica) FANGMETHODE Grundschleppnetz LAND Argentinien FANGGEBIET Südatlantik, argentinisches Kontinentalschelf ab der Grenze zu Uruguay (im Norden) bis zu einer gedachten Grenze zwischen den Malvinas-Inseln und Tierra del Fuego (im Süden) FANGVOLUMEN “ 45.000 Tonnen Die Bewertung unserer Fischerei nach MSC-Standard berücksichtigte auch Erfahrungen aus anderen Ländern – nicht nur aus Argentinien. Der internationale Input hat uns gezwungen, unsere Forschung zu vertiefen und hat nützliche Diskussionen eröffnet. Das begrüßen wir. ” Eduardo Gonzalez Lemmi, Präsident, Glaciera Pesquera SA, Argentinien 44 DIE MEISTEN Fischereien blicken auf eine Historie mehr oder weniger intensiver Ausbeutung zurück. Diese jedoch begann ihre Aktivitäten im Jahr 1996 als eine Art lebendes Experiment zur Nachhaltigkeit, das aus der Taufe gehoben wurde, um wissenschaftliche Forschung zu betreiben. Im Vorjahr hatte das Fangschiff Erin Bruce im Auftrag der argentinischen Regierung 15 Studien zur Evaluierung der Bestände und der kommerziellen Rentabilität einer Kammmuschel-Fischerei durchgeführt. Im Januar 1996 genehmigte die Regierung einen Antrag zweier Fangbetriebe zur Ernte Patagonischer Kammmuscheln in argentinischen Gewässern. Dies geschah im Rahmen einer gesetzlichen Regelung, die vorschreibt, dass die Fischerei bei ihrem Aufbau den solidesten wissenschaftlichen Empfehlungen folgen musste. „Es war eine fantastische Gelegenheit, die Fischerei von Anfang an zu erforschen,“ schildert Eduardo Gonzalez Lemmi, Präsident von Glaciar Pesquera SA. Das Unternehmen besitzt eine der beiden Lizenzen zur Ernte und Verarbeitung der Schalentiere und unterhält zwei FrosterTrawler. Vom ersten Moment an studierte man den Beifang, die Sterblichkeitsrate und die Auswirkungen des Fanggeräts auf die Ökosysteme am Meeresboden. Bei ausnahmslos allen Fangaktivitäten ist ein Beobachter dabei. „Jedes Mal, wenn die Flotte startet, ist ein Wissenschaftler mit an Bord,“ bestätigt Gonzalez Lemmi. Modifizierte nachhaltige Praktiken Auch in anderen Bereichen zeigt sich die Fischerei fortschrittlich. Das sogenannte Trawling findet nur in Gebieten statt, in denen der Grund bekanntermaßen flach und ohne Erhebungen ist. „99 Prozent sind Sand und Schlamm,“ erklärt Gonzalez Lemmi. Schäden durch das Fanggerät sind auf diesem Boden unwahrscheinlicher. Das Netz wird nur zehn Minuten lang geschleppt und so ist der Zeitraum, in dem der Fang verenden kann, kurz. Zu kleine Kammmuscheln werden innerhalb von nur zwei bis drei Minuten lebend ins Wasser zurückgeworfen, was ihre Überlebenschance beträchtlich erhöht. Auch Beifang ist „nach dem Fang- und Sortierprozess oft noch am Leben und vital,“ wie die MSC-Zertifizierer feststellten. Ferner dürfen die Fischer die Muscheln nur behalten, wenn die Schalenhöhe mindestens 55 mm beträgt (ab 40 mm sind sie geschlechtsreif), was den Bestand schützt. „Die meisten Muscheln werden Der Argentinische Fischereirat habe sich von Anfang an „enorm um starke Forschung bemüht“ und die Biomasse der Spezies untersucht, um vorbildliche Managementpraktiken entwickeln zu können. Was hat die MSC-Zertifizierung angesichts all dieser Fakten zusätzlich gebracht? „Sie verpflichtete uns, noch tiefer zu gehen,“ entgegnet Gonzalez Lemmi. „Die Experten, die der MSC-Zertifizierer mitgebracht hat, waren beeindruckend. Das sind erstklassige, respektierte Wissenschaftler aus aller Welt, die wissen, wovon sie reden. Dies schaffte ein positives Umfeld für fachliche Diskussionen und vermied egogeschwängerte Debatten.“ Neue Märkte Der wichtigste Gewinn jedoch war kommerzieller Natur. „Heute erhalten wir Anfragen von europäischen Kunden, insbesondere aus Frankreich, die wir niemals erwartet hätten,“ schildert Gonzalez Lemmi. „Das liegt am MSC-Siegel: Es ist eine unabhängige Bestätigung unserer nachhaltigen Verfahren und unseres vorbildlichen Verhaltens. Für uns ist das ein riesiger Vorteil.“ Dieser Vorteil könnte durchaus noch wachsen, wenn die EU das für Kammmuscheln aus China geltende Einfuhrverbot aufhebt und damit wieder einen bedeutenden Akteur auf dem Markt zulässt. Dann nämlich müssen andere Länder beim Verkauf ihrer Erzeugnisse noch spitzfindiger werden. Nach einer Reihe von Lebensmittelskandalen wurde 1998 ein Importbann auf Kammmuscheln aus China erteilt. Zuvor wurden diese zu einem Preis angeboten, „der nicht einmal unsere Kosten deckte,“ so Gonzalez Lemmi weiter. „Wir wussten, dass China Qualitätsprobleme hatte und dass es die Chinesen schwer haben würden, ihre Nachhaltigkeit zu beweisen,“ erklärt er weiter. „Als wir auf den MSC aufmerksam wurden, wurde uns klar, dass die Zertifizierung uns in Sachen Nachhaltigkeit vom Wettbewerb abheben würde – also haben wir uns dafür entschieden.“ Ironischerweise zeigte dann die von der EU erhobene Importsperre ihre Wirkung, aber für Gonzalez Lemmi war es offensichtlich, dass sie nicht von Dauer sein würde. „Wenn China heute erneut auf den Markt kommt, kennen die Kunden unser Produkt, mögen unser Produkt und vertrauen darauf, weil es MSC-zertifiziert ist. Damit haben wir ein schlagkräftiges Instrument gegen die Konkurrenz, die unserem Geschäft so geschadet hat.“ “ Der MSC ist für Young's genauso wichtig wie für unsere Muttergesellschaft Foodvest, und sein Siegel gibt den Kunden eine zusätzliche Garantie über die Nachhaltigkeit des gekauften Seafoods. Wir sind stolz, MSC-zertifizierte argentinische Kammmuscheln anbieten zu können, die bei britischen Verbrauchern äußerst beliebt sind. Mark Ventress, Category Director, Young’s Seafood ” © Clearwater Seafoods Neue Märkte in Europa Weißer Thunfisch Nord- und Südpazifik USA ZERTIFIZIERT AM 23. August 2007 SPEZIES Weißer Thunfisch (Thunnus alalunga) FANGMETHODE Angel & Leine, Handleine LAND USA FANGGEBIET © Carey Schumacher „IN DEN SPÄTEN 90er Jahren beendete mein Mann hier normalerweise die Saison im November und arbeitete ein bisschen am Boot, bevor er zum Südpazifik aufbrach,“ sagt Natalie Webster, Director of Operations bei der American Albacore Fishing Association (AAFA). „Er fischte dort, kam im April hierher zurück, um dann im Juni wieder in See zu stechen – er war also zehn Monate pro Jahr unterwegs.“ Heute, aufgrund der hohen Kraftstoffpreise, machen nur vier oder fünf Schiffe die lange Reise von ihrem Heimathafen in Kalifornien in die Fanggründe bei Fiji, Tahiti, Pago Pago und Samoa. Die meisten fischen näher bei der Heimat im Nordpazifik. Im Jahr 2008 erfüllten mehr als 50 Schiffe die Anforderungen der AAFA. Die AAFA-Fischer fangen über die Hälfte des an der Westküste angelandeten Weißen Thunfischs. Traditionelle Fangmethoden Nordpazifische Fischerei: US-Gewässer (Kalifornien, Oregon und Washington) sowie Britisch Kolumbien in Kanada. Südpazifische Fischerei: Gewässer des Südpazifik FANGVOLUMEN “ Etwa 10.000 Tonnen (beide Fischereien) Beim MSC können Verbraucher sicher sein, dass Nachhaltigkeit nicht nur ein Wort auf einem Label ist. Unser Weißer Thunfisch kann auf das Boot zurück verfolgt werden, von dem er gefangen wurde – das hat uns geholfen, der Welt unsere Geschichte zu erzählen. Je größer unser Markt wird, desto mehr Stabilität kreieren wir für unsere Fischerei. ” Natalie Webster, Director of Operations, AAFA 46 „Pole & Troll“, die Fangmethoden der Fischer, sind fast so romantisch wie die Namen der Inseln in ihren Fanggründen. Bei „Pole & Troll“ verwenden bis zu sechs Fischer auf einem Boot stabile Ruten mit kurzen Leinen und Haken, um die zappelnden Thunfische (von acht bis neun Kilo Gewicht) an Bord ihres 20 Meter langen Bootes zu hieven. Sofort hängen sie die Leine wieder ins Wasser, um nur Sekunden später den nächsten Fisch herauszuholen. Bei „Troll & Jig“ wird bei einer Geschwindigkeit von sechs Knoten ein künstlicher Köder an einer Leine hinter dem Boot hergezogen. Beißt der Fisch an, wird er automatisch über eine Hebevorrichtung nach oben gezogen. Beides sind „saubere“ Methoden, bei denen ein Fisch nach dem anderen gefangen wird. Beifang und Rückwürfe sind unbedeutend. Die Schwärme des Weißen Thunfischs separieren sich größenabhängig und die Fischer vermeiden Schwärme mit kleineren Tieren. Nicht nur aus Gründen des Bestandsschutzes, sondern weil kleine Fische weniger Geld einbringen. „So hat alles angefangen,“ kommentiert Webster. „Die Thunfisch-Fischerei begann mit Angel und Leine.“ Im Laufe der Zeit wurde sie von anderen Techniken überholt, die – abhängig von ihrem Einsatz – höhere Auswirkungen auf die Umwelt und auf die Bestände haben können. „Vielleicht müssen wir einen Schritt zurückgehen, statt immer nach vorne zu drängen,“ überlegt Webster. „Unsere Fischerei war immer nachhaltig.“ Doch „Pole & Troll“ Thunfisch wurde nicht als Nischenprodukt vermarktet, sondern “zusammen mit dem Rest als Massenware verkauft,“ erklärt Webster. „Wegen der niedrigen Preise waren die Zukunftsaussichten nicht rosig. Und wegen der Instabilität wollte die nächste Generation nicht in die Fußstapfen ihrer Eltern und Großeltern treten. Wir glaubten, die Fischerei würde untergehen, weil die Fischer alle in ihren späten Fünfzigern waren.“ Dann, vor fünf Jahren, erfuhr die AAFA vom MSC. „Wir dachten, dies könnte einer der Bausteine für das Erzählen unserer Geschichte werden, der Geschichte unserer Familien, erzählt in einem eher internationalen Forum,“ sagt Webster. „Wir absolvierten die vollständige Bewertung und bauten in der Zwischenzeit gute Beziehungen nach Europa auf. Die Leute warteten auf unsere Zertifizierung. Sobald sie durch war, schickten sie ihre Bestellungen los.“ Auch Verbraucher hörten dann von der Fischerei auf Weißen Thunfisch mit ihren traditionellen Methoden und Fischerfamilien. „Sie wollten unsere Fischerei unterstützen als eine Quelle qualitativ hochwertigen, nachhaltigen Thunfischs,“ fügt Webster hinzu. Stabile Preise und sozio-ökonomische Effekte Die Sicherheit, die mit den neuen Märkten in Europa kam, ermöglichte es den Fischern, stabile Preise für die ganze Saison zu setzen, statt den Launen der Verhandlungen am Hafen ausgeliefert zu sein. Im April verständigte sich das Direktorium der AAFA auf einen Preis von 2.260 US-Dollar für eine Tonne Thunfisch, gegenüber dem typischen Marktpreis von 1.700 US-Dollar. Die Fischer konnten nun in Schiffsreparaturen investieren, denn sie wussten, dass es für sie eine Zukunft gab. „Es war einfach überwältigend,“ sagt Webster. „Ohne MSC wäre dies niemals geschehen,“ fügt sie hinzu. „Wir hätten diesen neuen Markt nicht ohne das Ökosiegel schaffen können.“ Heute prangt das blaue Logo auf Weißem Thunfisch der AAFA in Gläsern, Dosen und auf geräucherter Ware. „Wir sind in der Schweiz, in Deutschland und in Frankreich gut vertreten,“ bestätigt Webster. „Unser Produkt gab es vorher nie in Großbritannien, doch nun findet man es bei Sainsbury’s, Tesco und all den großen Ketten. Thailand möchte den Thunfisch gerne verarbeiten und die kanadische Kette Loblaws will ihn über einen Verarbeiter in Britisch Kolumbien beziehen. Es ist ein Vorzeigemodell für Fischereien rund um die Welt.“ “ Der MSC hat es uns ermöglicht, neue Märkte zu erschließen und mehr Bewusstsein für nachhaltige Fischerei zu schaffen – so wie jene der AAFA, die seit Generationen nachhaltige Methoden anwendet. Deshalb arbeiten wir zusammen. Die MSC-Zertifizierung war eine weitere Anerkennung ihrer Bemühungen um eine nachhaltige Thunfisch-Fischerei. Andrew Bassford, Operations Manager, Fishes WholesaleBV ” © Fishes Holding BV Nur vereinzelt landeten Meeresvögel – hauptsächlich Trottellummen – in den Netzen und deshalb musste die Fischerei auch nur wenig verändern, um den MSCStandard zu erfüllen. Sie arbeitete bereits sehr nachhaltig. Wolfsbarsch Großbritannien © David McCandless / North East Sea fisheries committee DER UNBERÜHRTE Landstrich an der Küste Yorkshires ist das marine Gegenstück zum betriebsamen Londoner Piccadilly Circus. In Scharen wandern jährlich Wolfsbarsche, Meeresforellen und Lachse an der Landspitze Flamborough Head vorbei. Von diesen Arten war der Wolfsbarsch am wenigsten durch Verordnungen geschützt – bis sich die örtlichen Fischer für die MSCZertifizierung entschieden. ZERTIFIZIERT AM 3. Dezember 2007 SPEZIES Wolfsbarsch (Dicentrarchus labrax) FANGMETHODE Stellnetze im Gezeitenbereich LAND Großbritannien FANGGEBIET Der Fang von Salmoniden, also von Lachs und Meerforelle, unterlag in den Sommermonaten schon immer einer sorgfältigen Kontrolle, der winterliche Fang von Wolfsbarsch hingegen war eine vollkommen andere Geschichte. „Für den größten Teil des Fanggebietes gab es zwischen November und März keine Regelung,“ erinnert sich David McCandless, Chief Fisheries Officer beim North Eastern Sea Fisheries Committee (NESFC). „Es war also quasi Jagdzeit.“ Fischerei mit geringen Auswirkungen Zwischen den Ebbeund Flut-Markierungen an der nordostenglischen Küste von Holderness, vom Leuchtturm bei Flamborough Head bis nach Spurn Point FANGVOLUMEN “ 7 Tonnen Die MSC-Bewertung hat Verbesserungen an unserem Management vorangetrieben und beschleunigt. Sie schaffte die nötigen Impulse für das zügige Ausrollen unseres Planes – ohne den MSC hätten wir das nicht erreicht. David McCandless, Chief Fishery Officer, NESFC 48 ” Die verwendete Fangmethode hatte nur minimale Auswirkungen auf den Meeresboden und die Umwelt. Hier fischt man mit Strandnetzen: Die bis zu 180 Meter langen, mit Schwimmkorken und einer beschwerten Grundleine versehenen Netze werden am Strand verankert und bei Ebbe in einer geraden Linie Richtung Meer ausgelegt. Erst die Flut gibt ihnen die richtige Form für das Fangen von Fisch und zweimal täglich werden sie nach dem Rückzug des Wassers geleert. Das hoch selektive Fanggerät ermöglicht den gezielten Fang der gewünschten Art in der gewünschten Größe. Nur gelegentlich landen Seezunge, Kabeljau und Wittling als Beifang in den Netzen. Abgesehen von zu kleinen Fischen werden alle einbehalten und vermarktet. Meistens handelt es sich dabei um kleine Wittlinge, deren Zahl im Herbst eine „Höchstmarke“ von fünf bis zehn Fischen erreicht, danach fällt sie rapide ab. In vier Jahren wurden keine Robben, Schweinswale oder andere Walarten gefangen. Große Meeressäuger sieht man in diesen seichten Gewässern nur selten, außer sie stranden aus ungeklärten Gründen oder es handelt sich um kranke Tiere. Trotzdem montierten die HoldernessFischer freiwillig an ihren Netzen akustische „Pinger“ – kleine elektronische Vorrichtungen, die zur Abschreckung von Walen regelmäßig ein Signal senden. Fassbarer ökologischer Nutzen Trotzdem sind es die Zertifizierungsauflagen, die den sichtbarsten Umweltvorteil brachten. Der bedeutendste war das Inkraftsetzen einer neuen Verordnung, welche die Lizenzen für Stellnetze von Mitte Oktober bis April auf nur fünf begrenzt (für das Fanggebiet vom Fluss Tyne im Norden bis zum Fluss Humber im Süden, einem Abschnitt von rund 160 Kilometern). Jeder Fischer muss seither einen monatlichen Fangbericht einreichen, der Art und Gewicht aller an der Küste von Holderness gefangenen Fische – einschließlich Beifang – aufführt. Ziel ist das Über wachen aller Folgen für die marine Umwelt und nicht nur für die gewünschte Zielart. „Ohne den MSC hätten wir für dies nicht als Regulierung unserer Fischereien in Betracht gezogen,“ gibt McCandless freimütig zu. „Alle Verbesserungen helfen, die Fischerei und ihr künftiges Management zu stärken.“ Marktvorteile Durch das Kennzeichnen der Ware mit dem MSC-Siegel hatte sich McCandless für die Fischer auch eine bessere Marktposition erhofft. Und es wurde wahr: So erzielten sie beim Verkauf an Londoner Spitzenrestaurants Preise, die 25 Prozent über dem lagen, was sie beim lokalen Verkauf vor der Zertifizierung erzielten. Eine Zukunft für Fischereien Frank Powell, 55, fischt seit seinem 15. Lebensjahr – mit Trawlern, die in der englischen Küstenstadt Hull beheimatet sind und das Meer vor Island und Grönland sowie die Strände von East Riding durchkreuzen. Auch er freut sich darüber, dass die Wolfsbarsch-Fischerei zertifiziert ist. In einer Zeit, in der die britischen Binnenfischereien von der Schließung bedroht sind, glaubt er: „Sie kann unser Leben verlängern. Wir können sagen: ‚Wir sind nachhaltig. Das ist erwiesen, weshalb also wollt ihr uns schließen?‘ Sie gibt uns Munition zum Kämpfen.“ Weniger theoretisch ist sein Blick auf die Welt der Medien und Starköche. „Wir hatten die BBC hier,“ grinst er. „Und Sie kennen doch den berühmten Fernsehkoch Tom Aikens von da unten, wo Sie her sind? Der hat bei uns übernachtet!“ “ Der MSC bringt all diese gleichgesinnten Menschen zusammen. Er weist ihnen den Weg, gibt ihnen ein Gefühl der Zugehörigkeit. Nirgendwo sonst konnte ich das stärker beobachten als bei den Wolfsbarsch-Fischern von Bridlington. ” Caroline Bennett, Eigentümerin der Sushi-Restaurantkette Moshi Moshi © David McCandless / North East Sea fisheries committee viel Probieren haben wir nun ein rundes Gitter entwickelt, das dieses Problem löst.“ Tiefseegarnele Oregon USA © Pacific Media Productions of Newport, Oregon ZERTIFIZIERT AM 6. Dezember 2007 SPEZIES Tiefseegarnele (Pandalus jordani) FANGMETHODE Grundschleppnetz LAND USA FANGGEBIET Pazifischer Ozean in den Gewässern vor den Bundesstaaten Oregon, Washington und Kalifornien, an der US-amerikanischen Westküste FANGVOLUMEN “ 11.570 Tonnen (angelandet 2008) Ich mag den MSC, weil er einen Standard setzt. Damit gibt er uns – der Industrie – etwas, an das wir uns halten müssen. Manche NGOs ändern immer wieder die Messlatte, man kann sie nie zufriedenstellen. Beim MSC liegt die Messlatte hoch. Aber wenn man erst mal zertifiziert ist, weiß man, dass man etwas richtig macht. ” Brad Pettinger, Geschäftsführer, Oregon Trawl Commission 50 „ICH BIN ES LEID, von Gruppen angegriffen zu werden, die nicht einmal dann wüssten, was Nachhaltigkeit ist, wenn sie von ihr gebissen würden,“ klagt Brad Pettinger, Geschäftsführer der Oregon Trawl Commission. Die staatliche Agentur unter der Leitung des Landwirtschaftsministeriums des Bundesstaates Oregon repräsentiert Fischer, verarbeitende Betriebe und Vertriebsunternehmen. Nachhaltiges Management demonstrieren Wie die meisten Garnelen-Fischereien musste auch dieser Fangbetrieb in der Vergangenheit herbe Kritik einstecken – zum Beifang von Fisch und zu Schäden am Meeresboden durch Grundschleppnetze. Pettinger wusste, dass die Wirklichkeit in Oregon ganz anders aussah. Denn die Garnelenfischerei wird von der ODF&W, einer fortschrittlichen Fischerei-, Jagd- und Naturbehörde, nach hohen Umweltstandards verwaltet. „Deshalb haben wir uns für die MSCZertifizierung entschieden,“ erklärt Pettinger weiter, „um uns von anderen zu differenzieren. Wenn heute eine Regierung behauptet, eine Fischerei werde vorbildlich bewirtschaftet, hat das nicht mehr so viel Bedeutung wie früher. Wenn jedoch unabhängige Dritte wie der MSC hinzukommen und es bestätigen, hat das einen enormen Wert. Die Zertifizierung liefert eine Garantie – für NGOs, die Öffentlich keit und Einzelhändler sowie für Staatsbeamte und Politiker, die unsere Lebensgrundlage aus der Ferne regieren – dass eine Fischerei nach den höchsten Standards gemanagt wird, die es auf der Welt gibt.“ Mehrere Jahre lang feilte die ODF&W gemeinsam mit der Flotte an einem System zur Reduktion des Beifangs. Dabei handelt es sich um ein am Netzeingang befestigtes Gitter, das den Beifang größerer Fische vermeidet. Es eignet sich auch für GarnelenTrawler, die nicht nur ein, sondern zwei Netze schleppen, so genanntes „Double Rigging“, bei dem die Netze von den Seitenrelingen herabhängen. „Auf einem Double-Rigger befindet sich das Fanggerät manchmal eine Zeitlang über der Wasseroberfläche,“ erklärt Pettinger. „Dadurch gerät das Nordmøre-Gitter – das an einem Garnelen-Netz befestigte herkömmliche, quadratische Gitter, das Fische nach oben und aus dem Netz herauslotst – ins Schleudern und beschädigt das Netz. Über Die seit 2002 gesetzlich vorgeschriebene Maßnahme hat den Beifang von Hecht, Seezunge und Stachelköpfen beträchtlich verringert. Studien zeigten, dass Gitter mit einem Stäbchenabstand von 32 mm den Beifang auf unter sechs Prozent bringt, während ein Abstand von 19 mm ihn noch weiter reduziert – auf lediglich zwei Prozent. Der Einsatz dieser Vorrichtung, so folgerten die MSC-Zertifizierer, macht „die Tiefseegarnelen-Fischerei [...] im Hinblick auf Beifang zu einer der saubersten GarnelenFischereien der Welt.“ Wissen für besseres Management Damit die Fischerei nach MSC-Standard zertifiziert werden konnte, waren einige Veränderungen nötig. „Wir haben unsere Logbücher um ein paar Punkte erweitert,“ erläutert Pettinger, „um mehr Daten zum Rückwurf kleinerer Garnelen zu erfassen, was wir vorher nicht getan haben.“ Zum Glück überschnitt sich diese Bedingung mit dem Vorhaben der ODF&W, neue Logbücher für das Folgejahr zu bestellen, so dass die neuen Datenspalten einfach hinzugefügt werden konnten. Bei der zweiten Auflage kam ihnen ein ähnlicher Zufall zu Hilfe. Die Fischerei musste innerhalb von zwei Jahren über eine Studie die Folgen der Schleppnetze für die Ökosysteme am Meeresboden erfassen. Diese wurden zwar als niedrig eingeschätzt, trotzdem sollte ein Szenario dafür erstellt werden, wie sich diese Lebensräume im Falle beträchtlicher Auswirkungen erholen würden. Zu jenem Zeitpunkt plante die ODF&W eine Studie mit unbemannten Tauchbooten, um die Folgen für benthische Habitate innerhalb und außerhalb einer für die Grundschleppfischerei gesperrten Zone zu erforschen. „Das Projekt ging voran,“ sagt Pettinger, „aber meiner Meinung nach hat die Zertifizierung nachgeholfen. Die Behörde konnte nun leichter sagen: ‚Das würden wir gerne tun‘. Ich glaube der MSC gibt Individuen den nötigen Antrieb, um Pläne durchzuführen. Er verleiht Projekten, die staatliche Agenturen und andere vielleicht schon in Betracht ziehen, neue Dynamik. Wenn sie diese Dinge nicht schon erwägen, stupst man sie an und mischt sich ein wo man kann, damit etwas erreicht wird.“ Vor allen Dingen hat die Zertifizierung einen gewissen Zukunftsoptimismus verbreitet. „Sie ist eine Gewähr dafür, dass wir auch im nächsten Jahr noch im Geschäft sind,“ so Pettinger weiter, „denn die Zertifizierung durch Dritte gehört heute zum Alltag. Verbraucher wollen nicht nur Gemüse, sie wollen Gemüse aus zertifizierter biologischer Herkunft. Jeder möchte etwas ganz Besonderes, und genau das ist es, was der MSC bietet. Und wir sind dabei.“ “ Die Zertifizierung der Oregon Tiefseegarnelen-Fischerei ist eine enorme Errungenschaft. Der MSC ist eine international anerkannte Organisation mit sehr hohen wissenschaftlichen Standards zur Zertifizierung von Fischereien des Wildfangs. Das Zertifikat wird unseren Fischern mit Sicherheit helfen, sich auf existierenden Märkten zu behaupten und neue Märkte zu erschließen. ” Katy Coba, Leiterin des Landwirtschaftsmisteriums im Bundesstaat Oregon © Pacific Media Productions of Newport, Oregon, © Oregon Trawl Commission Hering Nordsee Schweden © Saskia van Osnabrugge ZERTIFIZIERT AM 9. Juni 2008 SPEZIES Hering (Clupea harengus) NATÜRLICH FERMENTIERT, geräuchert und roh verzehrt – Matjes-Hering, der von dieser Fischerei angelandete Fisch, gilt in den Niederlanden, Belgien und Deutschland als Delikatesse. „Es ist fetter Hering ohne Milch und Rogen,“ erklärt Werner Larsson, Manager bei Astrid Fiskexport, dem schwedischen Fangbetrieb, der den Hering dann fängt, wenn die Eier der Weibchen gerade heranreifen. „Die Fische laichen im Frühling, deshalb fangen wir nur während einer kurzen Saison, von Mitte Mai bis Juli.“ FANGMETHODE Pelagisches Ringwadennetz Fischerei mit niedriger Belastung LAND Schweden Ringwadennetze werden um einen Schwarm ‚ausgelegt‘ und anschließend wie ein Schnürbeutel zusammengezogen. Da nur in der mittleren Wassersäule gefischt wird, gibt es keinen bzw. nur sehr geringen Kontakt mit dem Meeresboden. So werden Schäden vermieden und der Fisch kann im Netz weiterschwimmen, während sich der ‚Beutel‘ schließt. Das Fanggerät war einer der Gründe, warum die Zertifizierer davon überzeugt waren, dass die Fischerei umweltverträglich arbeitet. FANGGEBIET Nördliche und zentrale Nordsee, von der Südwestküste Norwegens über die Shetland-Inseln bis zur Nordostküste Schottlands FANGVOLUMEN “ 5.000 Tonnen Wir sagten zu unseren Skippern: ‚Wenn ihr nicht mitmacht, wenn ihr nicht verantwortungsvoll handelt und euch MSC-zertifizieren lasst, werdet ihr in Zukunft keinen Fisch mehr verkaufen.‘ Alle Supermärkte sagen, dass sie nur noch MSC-Fisch wollen. Du musst über deinen eigenen Tellerrand hinausschauen, musst Jahrzehnte vorausblicken. Werner Larsson, Manager, Astrid Fiskexport, Schweden 52 ” Zur Nachhaltigkeit verhelfen ihr bemerkenswerterweise auch die Eigenheiten der Spezies. Matjes-Heringe schwimmen in der Regel in ‚sauberen‘ Schwärmen, das heißt, die Schwärme bestehen nur aus Heringen, die noch nicht gelaicht haben und exakt die gewünschte Art enthalten. Nur selten landen in den Netzen auch Makrelen. Der Beifang beträgt weniger als zwei Prozent und es gibt keine Rückwürfe. Dank langjähriger Erfahrung sowie dem Einsatz von Echolot und elektronischen Aufspürsystemen befischen die Skipper der Astrid Fiske Flotte (drei moderne Fangschiffe, je 36 bis 45 Meter lang) nur Schwärme der richtigen Art, Dichte und Größe. Der Fisch muss nicht nur fett sein, sondern sich auch von kleinen Garnelen ernährt haben – ein Beleg dafür ist der ‚rote Speisebrei‘, den ein Matjes-Hering absondert, wenn man auf seinen Bauch drückt. „Selbst während der Bewertung nach MSCStandard registrierten wir alle ‚Ausrutscher‘,“ betont Larsson und meint damit das Freilassen von Fisch, nachdem Stichproben ergaben, dass sie zu klein waren oder nicht der Matjes-Spezifikation entsprachen. „Wir machen heute Audits und hatten seit der Zertifizierung keinen einzigen Ausrutscher.“ Da diese Praxis in Nordsee HeringsFischereien jedoch weit verbreitet ist, muss Astrid Fiske mit allen künftigen Forschungs- projekten zu den Überlebensraten von Ausrutschern kooperieren und sich mit dem Schwedischen Fischereiministerium aktiv über wissenschaftliche Beobachter an Bord beraten. „Ich weiß, dass die Skipper unabhängige Beobachter jederzeit begrüßen,“ unterstreicht Larsson. „Es waren nur wenige Maßnahmen erforderlich,“ fügt er hinzu. „Aber nun können wir beweisen, dass wir nachhaltig und verantwortungsvoll handeln – im Interesse unserer Kinder und unserer Enkel.“ Neue Märkte Als erste Matjes-Hering-Fischerei mit MSCZertifikat kann Astrid Fiske auf ein erfolgreiches Jahr zurückblicken. „Für uns hat die Zertifizierung neue Märkte geöffnet,“ bestätigt Larsson. „Wir liefern an zwei neue Großhändler, deren Kunden MSC-zertifizierte Ware verlangen. Aus diesem Grund konnten wir letztes Jahr auch mehr Fisch verkaufen.“ Der Druck, so Larsson weiter, komme von den Supermärkten, insbesondere aus den Niederlanden. Viele dort haben sich dazu verpflichtet, ab 2011 nur noch MSC-zertifizierten Fisch einzukaufen. „Für uns heißt das: Entweder wir verkaufen an sie oder wir verkaufen nicht an sie,“ bemerkt Larsson. „Wir haben keine andere Wahl. Nun folgen uns alle anderen Fischereien. In ein paar Jahren wird keiner mehr über die MSCZertifizierung diskutieren. Sie wird etwas vollkommen Natürliches sein, das alle Fangbetriebe einfach haben müssen.“ “ Wir freuen uns, unseren Kunden MSC-zertifizierten Matjes anbieten zu können – das Ergebnis eines klassischen Beispiels für die Zusammenarbeit zwischen NGOs, dem MSC und allen Unternehmen der Lieferkette. Es ist ein bedeutender Schritt bei unseren Bemühungen, unser Fisch-Sortiment noch nachhaltiger zu gestalten. Caspar Woolthuis, Nachhaltigkeitsmanager, Super de Boer Supermärkte, Niederlande ” © Saskia van Osnabrugge Wirtschaftliche Vorteile Barsch, Meeräsche, Adlerfisch, Herzmuscheln Seen und Coorong Südaustralien © Leonard Fäustle ZERTIFIZIERT AM 13. Juni 2008 SPEZIES Barsch (Macquaria ambigua), Meeräsche (Aldrichetta forsteri), Adlerfisch (Argyrosomus hololepidotus) und Herzmuscheln (Donax deltoides) FANGMETHODE Netz (Maschen-, Schaukel-, Hub- und Trommelnetz), Rechen, Wurfleinen und Langleinen LAND Australien FANGGEBIET Coorong-Lagune, Alexandrina-See und Albert-See bei Adelaide in Südaustralien, sowie benachbarte Küstengewässer im Südlichen Ozean über 150 Kilometer Richtung Süden, von Goolwa Beach bis Kingston Jetty FANGVOLUMEN “ Nicht verfügbar In Wirklichkeit werden die meisten westlichen Fischereien nicht nach biologischen oder nachhaltigen Kriterien bewirtschaftet, vielmehr erhält ein Sektor ein größeres Stück vom Kuchen als die anderen. Wir haben die Zertifizierung nach MSCStandard hauptsächlich deshalb angestrebt, um die Politisierung des Fischereimanagements zu entschärfen und ein reineres Modell zu etablieren. ” Garry Hera-Singh, Vorsitzender, Southern Fisherman’s Association 54 IM HERZLAND der Ngarrindgeri sind die Namen der Orte – Narrung, Mundoo Island, Tauwitchere Island, Pelican Point, Snake Pit – so faszinierend wie die Landschaft. Die Ngarrindgeri gehören zu den Ureinwohnern Australiens und verdanken ihre Abstammung den Yaraldi, deren archäologisches Erbe in der Seen- und Coorong-Region allgegenwärtig ist. Management im Einklang mit der Umwelt Die zwei Seen Alexandrina und Albert und die durch ein 140 Kilometer langes Dünenband vom Ozean geteilte, drei Kilometer breite Coorong-Lagune gehören zu den wichtigsten Feuchtgebieten Australiens. Gespeist wird die empfindliche Ökologie des 1966 zum Nationalpark ausgerufenen und 1985 zum RAMSAR-Feuchtgebiet von internationaler Bedeutung erklärten Areals durch eine Mischung aus Süßwasser aus dem Fluss Murray und Salzwasser aus dem Meer. Die Fischerei selbst lebt von drei unterschiedlichen Ökosystemen. „Wenn eine Spezies eine ruhige Saison hat, zum Beispiel die Süßwasserkomponente, also der Goldbarsch, können die Jungs in der Flussmündung weitermachen, wo es Adlerfisch und Meeräsche gibt,“ beginnt Garry Hera-Singh, Vorsitzender der Southern Fisherman’s Association, unser Gespräch. „Manche Fischer fahren aufs Meer hinaus und ernten Herzmuscheln, die an der Brandung der Strände des Südlichen Ozeans mit Handrechen gesammelt werden,“ fügt er hinzu. Pro Jahr werden rund 600 Tonnen Herzmuscheln geerntet, die anderen Arten machen je 100 Tonnen aus. Diese Wechselernte ist der Hauptgrund für die Nachhaltigkeit der Fischerei. „Erstens fangen die Fischer keine Art so lange, bis nichts mehr davon da ist,“ erklärt HeraSingh. Und zweitens seien die Lizenzen auf lediglich 32 Fischer begrenzt, die traditionelle umweltschonende Methoden verwenden. Für sie wie für den Fisch garantiert die Ernte nach dem Rotationsprinzip eine sichere Zukunft. „Wenn bei einer Art ein Überangebot herrscht und der Preis fällt, können sie sich auf eine andere Art konzentrieren,“ erklärt Hera-Singh weiter. „So erzielen sie bei einem anderen Erzeugnis, das wahrscheinlich in nicht so großer Fülle vorhanden ist, aber einen höheren Wert hat, einen angemessenen Umsatz.“ Seit der Zertifizierung waren angemessene Rendite kein Thema. „Ich würde sagen, wir verlangen für Ware mit MSC-Siegel Prämien von 30 bis 50 Prozent,“ sagt Hera-Singh. „Das liegt weit über dem Durchschnitt, weil es in Australien so wenige MSC-zertifizierte Erzeugnisse gibt.“ In den letzten zwölf Monaten sei die Nachfrage „beträchtlich gestiegen,” in erster Linie durch Restaurants und Hotels, deren Gäste plötzlich Fisch und Meeresfrüchte aus nachhaltiger Herkunft verlangen. „Ich erhalte Anrufe aus ganz Australien,“ so Hera-Singh weiter, „und werde gefragt: ‚Was verkaufen Sie und wie viel wird es kosten?‘ Weil wir so kleine Mengen fangen, kann ich darauf antworten, dass die Fischerei sich mehr auf Nischenmärkte spezialisiert, die bereit sind, mehr zu zahlen.“ In einer Gemeinde, in der die Fischerei und davon abhängige Branchen (Verarbeitung, Transport, Einzelhandel und Gastronomie) 100 Menschen in Brot halten und 60 Prozent des Haushaltseinkommens ausmachen, brachte die MSC-Zertifizierung klare wirtschaftliche Vorteile – aber gab es auch ökologische Gewinne? „Wir haben unsere Fischerei schon vorher vorbildlich bewirtschaftet,“ sagt Hera-Singh. „Wir haben unsere Methoden im Laufe der Jahrzehnte mit Blick auf deren Nachhaltigkeit kontinuierlich geändert und verbessert. Denn wir wussten: Wer Beifang hat und Jungfische fängt, hat keine Zukunft. Was fehlte, waren quantitative Daten zu den Ergebnissen dieser Verfahren. Wir benötigten ein paar Männer auf unseren Booten, die den Rückwurf und den Beifang zählten.“ Forschung und Finanzierung Also beantragte die Fischerei Mittel zur Durchführung einer Beifangstudie, und die Gesellschaft für die Erforschung und Entwicklung von Fischereien (FRDC) gewähr te eine zweijährige Zuwendung. „Sie wollten unsere Untersuchung vor allem deshalb fördern, will sie uns helfen sollte, die MSC-Zertifizierung zu erhalten. Das bundesstaatliche Forschungsorgan lobte: ‚Das ist eine ausgezeichnete Initiative für kleine Gemeindefischereien in Australien,‘“ so Hera-Singh. Als sie das Zertifikat erhielten, war die Studie bereits am Laufen. Trotzdem werden die Ergebnisse der Fischerei helfen, eine Auflage zu erfüllen: Sie muss „Nachweise für die Zusammensetzung und den Umfang des Beifangs erbringen“ und „für alle wichtigen beigefangenen Arten, die im Rahmen des FRDC-Projekts ermittelt werden, Beobachtungsprogramme einrichten.“ Diese zwei Bedingungen sind symbiotisch miteinander verbunden – jede profitiert von der anderen. “ Die beste Flossenfisch-Fischerei Australiens ist im Coorong – eine großartige Sache, auf die man wirklich stolz sein kann und die ein glänzendes Vorbild für andere Fischereien ist. Dank der Anerkennung durch MSC werden wir Verbrauchern eines Tages die Unsicherheit nehmen können, die beim Kauf australischer Fischerzeugnisse aus umweltverträglicher Herkunft vorherrscht. ” Neil Perry, Koch und Geschäftsführer, Restaurant-Gruppe Rockpool, Australien © Randy Larcombe Seelachs Nordsee und Nordostarktis Norwegen © Fiskebatredernes Forbund ZERTIFIZIERT AM 14. Juni 2008 SPEZIES Seelachs (Pollachius virens) FANGMETHODE Schleppnetz, Kiemennetz, Ringwadennetz, Dänisches Wadennetz, Handleine LAND Norwegen GEMEINSAM FANGEN die beiden Fischereien gut eine viertel Million Tonnen Seelachs, den der Norwegische Fischexportrat als „Fisch der Fischfans” und „gut gehütetes Geheimnis unter Fischkennern“ bezeichnet. Als Anfang des Jahres infolge der globalen Wirtschaftskrise in Norwegen die Preise für Weißfisch drastisch sanken, widersetzte sich Seelachs dem Trend. „Sie sind sogar gestiegen,“ bemerkt Webjorn Barstad, Leiter der Division für Weißfisch des Verbandes norwegischer Fangschiffbetreiber, „und die Rückmeldungen von Exporteuren sind sehr positiv geblieben. Damals wie heute könnten sie mehr MSCzertifizierten Seelachs verkaufen als sie haben.“ Ob das mehr am MSC-Logo liegt oder an der Sparsamkeit, darüber lässt sich streiten. „Seelachs ist eben auch billig,“ erklärt Barstad. „In diesen rauen Zeiten überleben günstigere Fische wie Seelachs und Hering.“ FANGGEBIET allerdings gibt es kein solides statistisches Verfahren für das Registrieren dieser kommerziell uninteressanten Arten.“ Als Zertifizierungsauflage musste die Fischerei innerhalb von zwölf Monaten Stichprobenprogramme einleiten, um den Beifang auf einer wissenschaftlichen Basis einschätzen zu können, besonders in Bezug auf geschützte, gefährdete und bedrohte Arten. „Diesen Aspekt nehmen wir momentan in Angriff,“ erörtert Barstad. „Er wird die norwegischen Managementsysteme definitiv verbessern – ein direktes Ergebnis aus der Bewertung nach MSC-Standard.“ Eine weitere Bedingung bezog sich auf die Folgen der Seelachs-Fischerei für Kaltwasser-Korallenriffe. Der Fangbetrieb muss binnen drei Jahren die an Korallenformationen verursachten Schäden in ‚geschlossenen Zonen‘, in denen Trawler verboten sind, beurteilen. So soll ermittelt werden, ob sich Kiemennetze, Ringwadennetze und Handleinen negativ auswirken. Ökologische Gewinne Nordsee und Norwegisches Meer, Ausschließliche Wirtschaftszone (AWZ) Norwegens FANGVOLUMEN “ 296.000 Tonnen (beide Fischereien zusammen) Die Bedingungen für die Zertifizierung nach MSC-Standard zu erfüllen, hatte einen sehr positiven Effekt. Es wird definitiv Verbesserungen geben, auch an norwegischen Managementsystemen – und die gehören zu den besten der Welt. ” Webjorn Barstad, Verband norwegischer Fangschiffbetreiber 56 Da sind die Umweltvorteile aus der Zertifizierung schon greifbarer, meint er. Obwohl die Bestände nachhaltig mithilfe von Strategien bewirtschaftet werden, die vom ICES – dem Internationalen Rat für Meeresforschung – anerkannt sind, können manche Managementaspekte auf nationaler Ebene noch verbessert werden. „Die Aufzeichnung und Analyse des Beifangs in der Seelachs-Fischerei, insbesondere an geschützten, gefährdeten und bedrohten Arten, erfolgt in Norwegen nicht systematisch,“ so Barstad weiter. Für den Beifang an Haien, Rochen, Klieschen und Meeresvögeln werden jedoch „geringe Zahlen berichtet,“ bemerkte der Zertifizierer im Jahr 2008 in seinem Bericht. Untermauert wird dies durch den Einsatz von Sortiergittern und großmaschigen Netzen, die nicht erwünschten Arten das Entkommen ermöglichen. Allerdings mangelte es aufgrund der Art der Datenerhebung an konkreten Informationen über den Beifang. „Wir haben in Norwegen ein Rückwurfverbot,“ fügt Barstad hinzu. „Deshalb würde man die Zusammensetzung des Fangs aus den Anlandeaufzeichnungen wahrscheinlich ohnehin erkennen. Außerdem nimmt eine ‚Referenzflotte‘, bestehend aus 20 Hochsee- und 20 Küstenschiffen, im Auftrag des Instituts für Meeresforschung laufend Stichproben. Die Mitarbeiter dieser Flotte kennen die Fangzusammensetzung, Korallenriffe kartieren „Das vom Institut für Meeresforschung koordinierte Mareano-Programm kartiert bereits umfassende Areale des Meeresbodens,“ sagt Barstad. „Wir möchten das Institut dazu bewegen, seine Forschungsschiffe auch in die geschlossenen Korallengebiete zu schicken und zu untersuchen, ob statisches Fanggerät wie Netze oder Leinen seit dem Trawler-Verbot die Riffe abgebaut, reduziert oder beeinträchtigt haben,“ fügt er hinzu. „In unserem MSC-Aktionsplan steht auch, dass unsere Fischer dem Institut Daten über bekannte Korallenriffe zur Verfügung stellen werden,“ erklärt Barstad weiter. „Ich habe mich mit mehreren Kapitänen zusammengesetzt und wir haben gemeinsam eine Karte gezeichnet. Alle norwegischen Schiffe verwenden heute elektronische Diagramme, die ständig aktualisiert werden. Durch das Erfassen der Korallengebiete gehen wir sicher, dass wir sie nicht versehentlich anfahren. Wenn wir Schiffswracks, Öl- und Gasleitungen aus dem Weg gehen können, können wir auch Korallenriffe vermeiden. All das sind direkte Ergebnisse aus den MSC-Auflagen.“ “ Nach der Zertifizierung von norwegischem Seelachs im Jahr 2008 haben wir eine erheblich gestiegene Nachfrage erfahren – bis heute ist sie höher als die verfügbare frische Rohware. Morten Hyldborg Jensen, Verkaufs- und Marketingleiter, Aker Seafoods ” Hering Nordsee Schottland © James Simpson / MSC ZERTIFIZIERT AM 9. Juli 2008 SPEZIES Hering (Clupea harengus) FANGMETHODE Pelagisches Schleppnetz LAND Großbritannien FANGGEBIET Hauptsächlich der Buchan-Unterbestand in der nördlichen und zentralen Nordsee, in der Ausschließlichen Wirtschaftszone (AWZ) der EU und Norwegens FANGVOLUMEN “ 15.000 Tonnen (2009) Auch wer fortschrittlich ist, mit effizienter Technik, hoch produktiv und profitabel, kann nachhaltig sein – diese Dinge schließen sich nicht gegenseitig aus. Die Anerkennung dieser Tatsache ist die Leistung, die der MSC diesem Sektor gebracht hat. ” John Goodlad, Vorsitzender, Scottish Pelagic Sustainability Group (SPSG) 58 DIES IST DAS ernste Gesicht der britischen Fischerei: 25 moderne Trawler, je 60 bis 70 Meter lang, ausgestattet mit Tanks mit gekühltem Meerwasser, in die der Fisch ohne manuellen Eingriff direkt aus dem Netz gepumpt wird. Per Echolot lokalisieren die Fischer in den großen Weiten der Nordsee Heringsschwärme, die sie nach ihrer Rückkehr in den Hafen in einer von sechs weiterverarbeitenden Fabriken abladen. Anschließend wird der Fisch nach Russland, Deutschland, in die Ukraine und nach Westafrika exportiert. Aufgrund dieser Größenordnungen musste die Flotte schon viel Kritik einstecken. „Uns bot die MSC-Zertifizierung eine Chance, der Öffentlichkeit zu zeigen, dass die Kritik nicht gerechtfertigt war,“ sagt John Goodlad, Vorsitzender der Scottish Pelagic Sustainability Group (SPSG). Derek Duthie, Geschäftsführer der SPSG, formuliert es anders: „Wir können so lange behaupten, dass wir nachhaltig sind, bis wir schwarz werden. Ob die Leute es uns abnehmen oder nicht, ist ihnen selbst überlassen. Wenn es jedoch ein unabhängiger Zertifizierer bestätigt, macht es unsere Behauptung glaubwürdig.“ Moderne Technik für eine zielgerichtete Fischerei Was also macht diese Fischerei nachhaltig? Zunächst einmal gestattet die moderne elektronische Ausstattung – Echolot, Netzund Fangmonitore – mehr Präzision. „Wir zielen nur auf eine Art ab,“ so Duthie weiter. „Für Makrele und Blauen Wittling gibt es eine andere Fangsaison als für Hering. Wenn man den Hafen verlässt, weiß man, welche Spezies man haben möchte.“ Da die Echolote Heringsschwärme von Makrelenschwärmen unterscheiden können (Makrelen haben keine Schwimmblase), ist der Beifang gering: etwa zwei Prozent, wie aus dem Bericht der MSC-Zertifizierer hervorgeht. Dabei handelt es sich größtenteils um Makrele, die an die im Januar 2009 zertifizierte SPSG Makrelenfischerei geht. Investitionen in die Technik wie ‚Größendiskriminatoren‘, die zur Bestimmung der Größe und Art der in einem Schwarm vorhandenen Fische Echosignale aussenden, haben die Selektivität verbessert. Kommt ein Mischschwarm an Bord, informieren die Skipper über Funk die anderen Fangschiffe, damit sie sich fernhalten. Beobachtern zufolge, die laut EU-Vorschriften auf einigen Fangschiffen mitreisen müssen, gab es auch keinen Beifang an Cetacea – Meeressäugern wie Wale und Schweinswale. Da die Schleppnetze durch die Wassersäule gezogen werden und den Meeresboden nicht berühren, wird er auch nicht beschädigt und in den Netzen landen keine bodennahen Arten wie Kabeljau, Hecht und Wittling. Aktionsplan zur Bestandsstärkung Trotzdem mussten bestimmte Auflagen erfüllt werden, bevor die Fischerei zertifiziert werden konnte. Zum Beispiel musste sie gemeinsam mit der Pelagic FreezerTrawler Association (PFA) – einer anderen MSC-zertifizierten Herings-Fischerei – einen Aktionsplan erstellen, der den Wiederaufbau des von ihr befischten Heringsbestandes in der Nordsee ermöglicht. Marktanteile behaupten „Wir tun dies in erster Linie, weil es das Richtige ist,“ betont Goodlad. „Heute liegt der Schwerpunkt auf Nachhaltigkeit, und wenn wir als Industrie diesen Kurs nicht einschlagen, können wir mit dem Markt nicht mehr Schritt halten.“ Den gesamten Fang mit MSC-Logo auszuzeichnen, sei auch ein Marketinginstrument, so Goodlad weiter. „Wenn wir es nicht tun, andere hingegen schon, verlieren wir womöglich unsere Kunden.“ Bis jetzt, nach lediglich einer sommerlichen Fangsaison, gibt es noch keine Anzeichen für höhere Preise. In Russland, in der Ukraine und in Westafrika „hat der MSC momentan keine große Bedeutung,“ erklärt Goodlad weiter. In anderen „kleinen, aber wichtigen“ Absatzmärkten dagegen würden Einzelhändler den Wert des MSCSiegels schätzen. „Selbst während der Bewertung,“ erläutert Goodlad, „fragten uns deutsche Abnehmer: ‚Leute, wir möchten wirklich den MSC-Weg gehen. Gibt es realistische Aussichten, dass ihr zertifiziert werdet?‘ Als wir ihnen sagten, dass es sie gäbe, meinten sie: ‚Super. Wann ist es so weit?‘ Die beiden fügten sich wunderbar zusammen. Unser existierender Markt wollte, dass wir uns zertifizieren lassen, als wir gerade die Bewertung abschlossen.“ “ Dem schottischen Fischereisektor muss man zur MSCZertifizierung für Schottischen Nordsee Hering gratulieren. Fischereien sind auf vorbildlich gemanagte, nachhaltige Bestände angewiesen – und die Zertifizierung ist für den künftigen Erfolg der schottischen Fangbetriebe und ihrer lokalen Gemeinden unerlässlich. ” Alex Salmond, Ministerpräsident Schottlands © David Linki fischerei ist zyklisch,“ sagt Butler. „Wie würden wir bei einem Rückgang der Biomasse die Zahl der Fangschiffe reduzieren?“ Obwohl die DFO bereits ein generelles Ziel hierfür vorgab, „musste es klar und explizit formuliert werden“ – eine Klarstellung, die Butler begrüßt. Tiefseegarnele Nordkanada Golf von St. Lawrence Esquiman Channel © Otis Bath ZERTIFIZIERT AM 5. August 2008; 30. März 2009 SPEZIES Tiefseegarnele (Pandalus borealis) FANGMETHODE Grundschleppnetz LAND Kanada FANGGEBIET Atlantischer Ozean, kanadische Gewässer im Atlantik, nördlicher Golf von St. Lawrence und Mündung des Flusses St. Lawrence FANGVOLUMEN 68.000 Tonnen; 8.867 Tonnen Die Schleppnetzfischerei auf Tiefseegarnele im Golf von St. Lawrence, Esquiman Channel, ist das Ergebnis eines Harmonisierungsprozesses zur Koordinierung von Aktivitäten in einem Bereich, in dem sich die Audits zur Zertifizierung überlappten. “ Die größte Errungenschaft unserer Fischerei in den letzten Jahren ist eindeutig die Tatsache, dass wir MSC-zertifiziert wurden. Es wird ein stolzes Erbe für diejenigen sein, die diese Initiative unterstützt haben, wenn sie auf den Erfolg zurückblicken, den dies verkörpert. ” Derek Butler, Association of Seafood Producers, St. John’s, Neufundland 60 IM JAHR 1992, als die Kabeljau-Trawler von den Grand Banks nur noch mit Eis in ihren Netzen zurückkehrten, schien der letzte Hoffnungsschimmer schon fast erloschen. Der Kabeljau war bis zur kommerziellen Erschöpfung befischt worden. Doch seine drastische Abnahme führte zu einer starken Zunahme der Tiefseegarnele, von der sich der Fisch ernährte – und machte Pandalus borealis zu einer der wertvollsten Spezies Neufundlands. Vorsorgendes Management „Angesichts der Bestandgröße ist unsere Befischungsrate konservativ,“ sagt Derek Butler, Geschäftsführer der Association of Seafood Producers in der neufundländischen Hafenstadt St. John’s. „Die Biomasse hat sich erhöht, aber die Fangquoten sind nicht im selben Maße gestiegen – und das ist auch gut so. „Das war mit ein Punkt, der zur erfolgreichen MSC-Bewertung unserer Fischerei beigetragen hat: den Bestand nicht aggressiver befischen.“ Da der Fischereiaufwand gestiegen ist, agiert Fisheries and Oceans Canada (DFO) – die staatliche Behörde, von der sie verwaltet wird – „vorsichtig“ und beschränkt die Lizenzen, so Butler weiter. „Bis zum heutigen Tag gibt es nur 300 Schiffe, die Tiefseegarnelen fangen, verglichen mit 3.000 in der Krebsfischerei,“ fügt er hinzu. Alle Schiffe sind mit Grundschleppnetzen mit Nordmøre-Gitter ausgestattet und einer Maschengröße von mindestens 40 Millimeter. Während Garnelen durch das Gitter passieren, werden Fische nach oben zu einer Ausstiegsluke geleitet – eine gesetzlich vorgeschriebene Anforderung. Dies reduziert den Beifang an Fischen, das größte Problem in den meisten Garnelenfischereien. Am Grundseil sind darüber hinaus Spulen bzw. Gummischeiben befestigt, so dass die vordere Netzkante über dem Meeresboden ‚schwebt‘. So können alle aufgeschreckten Plattfische unter dem Netzeingang durchschwimmen. Sollte der Beifang im Netz fünf Prozent übersteigen, müssen die Fangschiffe mindestens fünf Meilen weiter fahren, bevor sie die Netze erneut auslegen. Maßnahmen wie diese zeigten, dass die Fischerei vorbildlich gemanagt wird. Trotzdem mussten für die Zertifizierung mehrere Bedingungen erfüllt werden. „Zum Beispiel sollte unser Managementplan vorgeben, was bei einer Abnahme der Biomasse geschehen würde, denn die Schalentier- „Für den Kabeljau hatten wir das nicht,“ lamentiert er. „Stellen Sie sich vor, es hätte den MSC schon zu Kabeljauzeiten gegeben. Plötzlich hätte man in manchen Gebieten geringere Fangzahlen verzeichnet und man hätte gefragt: ‚Wie geht ihr damit managementtechnisch um?‘ Das wäre dann in ihrem Aktionsplan gestanden. Wäre alles so gewesen wie heute und hätte der MSC damals schon existiert, hätten wir die Kabeljaufischerei vielleicht nicht verloren.“ Erhalt bestehender und Öffnen neuer Märkte Der Grund für die Zertifizierung war kommerzieller und nicht nur ökologischer Natur. Schon immer geht mehr als die Hälfte des Fangs nach Großbritannien, heute liegt diese Marke eher bei 80 Prozent. Dort erkannten die Garnelenproduzenten im Jahr 2004 einen Trend. „In Großbritannien sagten die großen Einzelhandelsketten: ‚Wir möchten nur noch MSC-zertifizierte Ware anbieten‘ und uns blieb nicht viel Zeit. Daraufhin meinten unsere Garnelenproduzenten: ‚Wir holen uns besser mal das Logo, bevor irgendjemand unsere Ware nicht mehr führen möchte‘.“ Mithilfe der MSC-Zertifizierung konnten seine Mitglieder nicht nur bestehende Märkte sichern, sondern auch expandieren. „Seitdem wir das Label haben, verzeichnen wir ein steigendes Interesse von Märkten, die unser Produkt zuvor nicht vertrieben,“ bestätigt Butler. Etwas poetischer ausgedrückt steht das Siegel für einen Neuanfang und für die Verpflichtung, keine Wiederholung eines abgeschlossenen Kapitels zuzulassen. „Der MSC wurde vom WWF und von Unilever infolge des Zusammenbruchs der Grundfischbestände der Grand Banks gegründet,“ erklärt Butler. „In Neufundland und Labrador haben wir einen Fangbetrieb bewerten lassen, um sagen zu können: ‚Wir haben zwar eine schlechte Bilanz, aber jetzt machen wir es besser. Unsere Fischerei wird jetzt vorbildlich bewirtschaftet, und hier ist der Stempel, der es Verbrauchern bestätigt.‘ Mit der Zertifizierung hat sich der Kreis geschlossen.“ “ Clearwater ist stolz auf sein Engagement für den Schutz unserer Umwelt. Die MSC-Zertifizierung unserer Erzeugnisse aus gekochten und geschälten Kaltwasser-Garnelen aus der kanadischen Fischerei fügt sich ganz natürlich in das Nachhaltigkeitsversprechen von Clearwater ein. Der kommerzielle Wert des Zertifikats zeigt sich in neuen Märkten, der Anerkennung durch Kunden und Verbraucher sowie in der Nachfrage. ” Dennis Coates, Leiter Unternehmensentwicklung, Clearwater © The Navigator, 2009 Kurzschwanzkrebs und Flachkopfflunder Japan © Tom Seaman / Fishing News International Die selektiven Wadennetze sind seit 2006 gesetzlich vorgeschrieben. Zu anderen staatlichen Kontrollmaßnahmen gehören Genehmigungen für Fangschiffe, Schonzeiten und Schutzgebiete in der Nähe von ‚Kinderstuben‘ und Laichgründen, wo Kurzschwanzkrebs aufgrund der dort verankerten Betonblöcke nicht gefischt werden kann. Über gesetzliche Vorschriften hinaus Es mag sentimental klingen, aber der 315 Kilometer lange Küstenabschnitt, in dem die Flotte beheimatet ist, erweckt eine tiefe, fast schon mystische Zuneigung. Den Mittelpunkt des im Norden Kyotos gelegenen Fanggebietes bildet das zerklüftete Kap Kyogamisaki. Im Westen umspült die warme Strömung des Tushima-Beckens Dünen, kleinen Inseln und Riffe, gen Osten liegt die Wakasa Bay, die quasi ein Nationalpark ist. Als die Zahl der Kurzschwanzkrebse im Jahr 1999 rückläufig war, votierten die Mitglieder der KDSFF freiwillig für weitere Kontrollen. Hierzu gehörten eine Panzerbreite von mindestens 100 Millimetern für junge Männchen, die noch nicht gelaicht hatten. Diese und andere selbst auferlegte Einschränkungen gehen wesentlich weiter als die gesetzlichen Anforderungen der anderen zwei Präfekturen, die in derselben Gegend fischen dürfen. Seit MSCZertifizierung hat die Fischerei, angeregt durch die Empfehlungen der Zertifizierer, von sich aus weitere Vorkehrungen getroffen. „Um die Bestandssanierung weiter zu fördern, haben wir unter der Leitung des Instituts (KIOFS) das Fangen aller Weichkrusten-Männchen versuchsweise verboten,“ erläutert Hamanaka. „Das ist ein Riesenschritt zum Erhalt des künftigen Bestandes.“ Fischerei geringer Auswirkung Erholungsplan für den Bestand Die 15 Fangschiffe der KDSFF-Flotte operieren in einem Gebiet, das rund 50 Kilometer vor der Küste der Präfektur Kyoto beginnt. Jedes Schiff ist mit einem einzelnen Dänischen Wadennetz ausgestattet. Dies ist ein Fanggerät ohne schwere Ketten, die am Meeresboden Schäden hinterlassen könnten. Obwohl Erholungspläne für Flachkopfflunder und Kurzschwanzkrebs bereits 2003 von der japanischen Regierung etabliert wurden, haben diese durch den MSC neue Impulse erhalten. Eine Zertifizierungsauflage forderte von der Fischerei, bis September 2009 einen Termin für die komplette Sanierung des Kurzschwanzkrebses festgelegt zu haben. „Wir haben hierzu Diskussionen geführt,“ erklärt Hamanaka. „Angesichts des Lebenszyklus der Spezies sind unserer Einschätzung nach etwa zehn Jahre angemessen.“ Bis dahin werden die Bestände nach einem auf vorbeugenden Maßnahmen beruhenden Erholungsplan geerntet. „WIR WOLLEN reich bestückte Meere an künftige Generationen weitergeben,“ kommentiert Tetsuya Kawaguchi, Vorsitzender der Kyoto Danish Seine Fishery Federation (KDSFF), die im letzten Jahr erzielte MSCZertifizierung. „Wir werden unsere Fischerei mit unserer Liebe zum Meer auch weiterhin verbessern.“ ZERTIFIZIERT AM 19. September 2008 SPEZIES Kurzschwanzkrebs (Chionoecetes opilio) und Flachkopfflunder (Hippoglossoides dubius) FANGMETHODE Dänisches Wadennetz LAND Japan FANGGEBIET Japanisches Meer, in der Ausschließlichen Wirtschaftszone (AWG) Japans FANGVOLUMEN “ 91 Tonnen Kurzschwanzkrebs (2009); 220 Tonnen Flachkopfflunder Selbst wenn sich eine Fischerei mit umweltfreundlichen Fangmethoden um den Schutz und den Aufbau der Fischbestände bemüht, kann sie das den Verbrauchern nur schwer vermitteln. Deshalb haben wir uns für die MSC-Zertifizierung entschieden. ” Takashi Hamanaka, Generalsekretär, Kyoto Danish Seine Fishery Federation 62 Das an sehr langen Tauen befestigte Netz wird so lange hinter dem Schiff hergezogen, bis die Seile parallel sind – ein Hinweis darauf, dass es voll ist. Dies ist normalerweise nach 60 bis 90 Minuten der Fall und danach lässt sich das Netz nicht wie bei der Schleppnetzfischerei weiter ziehen. Generell gilt, je kürzer die Schleppzeit, desto geringer die Anzahl zu Schaden kommender Fische und umso höher die Rendite. Diese Tatsachen liefern den wirtschaftlichen Anreiz für das Einhalten der Vorschriften in Bezug auf Schleppzeit und Netzbeschaffenheit. Netzgröße, Maschenbreite und das sogenannte „Codend“, also das Endstück des Netzes, variieren je nachdem, ob die Fischerei Kurzschwanzkrebs oder Flachkopf flunder fischt. Um den Beifang zu minimieren, hat das Kyotoer Institute of Oceanic and Fishery Science (KIOFS) eine Abwandlung eingeführt: das selektive Wadennetz. Während sich Flachkopfflunder und größere Fische in den abgewinkelten Maschen verfangen, werden Kurzschwanzkrebs, Seesterne, Seeanemonen und Garnelen auf den Meeresboden zurückbefördert. Für die Kyotoer Fischerei bedeutet ein Jahrzehnt so gut wie nichts, schließlich wird Flachkopfflunder hier seit den 1340er Jahren und Kurzschwanzkrebs seit 1800 gefangen. „Wir hoffen, dass die Fischer durch die MSC-Zertifizierung dazu bewegt werden, sich noch mehr für die Verbesserung und Stärkung unseres umweltverträglichen Betriebs einzusetzen,“ sagt Hamanaka – und kommerziell zahlt sie sich bereits aus. Unmittelbar nach der Zertifizierung erteilte die wichtigste japanische Einzelhandelskette Aeon seine erste Bestellung über Flachkopfflunder, und örtliche Verbraucherkollektiven sind dabei, ihm zu folgen. “ Effektives und nachhaltiges Fischereimanagement erfordert nicht nur die Teilnahme der Fangbetriebe, sondern auch der Verbraucher. Die KDSFF kann auf eine lange Tradition des nachhaltigen Fischereimanagements zurückblicken. Die MSC-Zertifizierung hilft ihr, die Öffentlichkeit über ihre nachhaltigen Praktiken zu informieren. Sie gibt Verbrauchern die Chance, sich beim Kauf von Fisch für die umweltfreundlichste Wahl zu entscheiden und mit dieser Wahl nachhaltiges Fischereimanagement zu belohnen. ” Dr. Atsushi Yamasaki, Fischereibiologe im Kyotoer Institute of Oceanic and Fishery Science © Duncan Leadbietter / MSC Tiefseegarnele Golf von St. Lawrence Esquiman Channel Kanada ZERTIFIZIERT AM 23. September 2008; 30. März 2009 SPEZIES Tiefseegarnele (Pandalus borealis) FANGMETHODE Grundschleppnetz LAND Kanada FANGGEBIET Golf von St. Lawrence, vor Ostkanada FANGVOLUMEN 28.800 Tonnen; 8.867 Tonnen Die Schleppnetzfischerei auf Tiefseegarnele im Golf von St. Lawrence, Esquiman Channel, ist das Ergebnis eines Harmonisierungsprozesses zur Koordinierung von Aktivitäten in einem Bereich, in dem sich die Audits zur Zertifizierung überlappten. “ Für unsere britischen Kunden ist die MSC-Zertifizierung ein Muss. Wenn ein Produkt nicht MSCzertifiziert ist, kaufen sie es nicht. Nun fordern Kunden aus Dänemark, Norwegen und den Vereinigten Staaten das Gleiche. Es ist langsam, aber sicher im Kommen. ” Jules Pepin, Vice President Marketing, Les Pêcheries Marinard Ltd 64 © Daniel Suddaby / MSC IM APRIL, nur sechs Monate nachdem die Fischerei zertifiziert wurde, sammelten Meereswissenschaftler im Golf von St. Lawrence Schlammproben für eine Studie, um die Folgen der Garnelenfischerei auf den Meeresboden zu erforschen. Das Projekt wird von der Kommunalverwaltung und den sieben Unternehmen gesponsert, die das MSC-Siegel auf ihren Erzeugnissen abbilden dürfen. Es soll zunächst die Fülle und Artenvielfalt der im Grundsediment lebenden Organismen und anschließend die durch die Schleppnetzfischerei verursachten möglichen Schäden ermitteln. Erforschen möglicher ökologischer Folgen „Wenn wir nicht MSC-zertifiziert wären, würden wir jetzt nicht eine Firma damit beauftragen, über eine Studie herauszufinden, ob wir die Fanggründe beeinträchtigen oder nicht,“ erklärt Jules Pepin, Vice President Marketing von Les Pêcheries Marinard Ltd. Die Initiative ist das direkte Ergebnis einer Auflage, die an die Fischerei gestellt wurde, damit sie den MSC-Standard erfüllt- und das, obwohl die Fischerei in der Bewertung hohe Punktzahlen erzielte. Sie wurde von der Aufsichtsbehörde Fisheries and Oceans Canada (DFO) bereits vorbildlich gemanagt. Lizenzen schränken die Fangaktivitäten ein und werden an rund 100 kleine Schiffe erteilt. Die Fangquote wird jährlich unter Berücksichtigung der Bestandszahlen für jedes Gebiet neu festgelegt. Um zu kleinen Garnelen das Entkommen zu ermöglichen, ist eine Maschengröße von mindestens 40 Millimeter vorgeschrieben. Außerdem ist der Einsatz eines Trennsystems, des so genannten Nordmøre-Gitters für Schleppnetze Pflicht, damit Beifang nicht gewünschter Arten vermieden wird. Der existierende Managementplan schreibt außerdem vor, dass bedrohte Arten wie Blauer und Gefleckter Seewolf ins Meer zurückgesetzt werden. „Unsere Fangmethoden sind richtig,“ erklärt Pepin weiter, „aber diese Studie wird die Fanggründe noch weiter schützen.“ Zunächst arbeiten Forscher von ISMER, dem Institut für Meereswissenschaften an der Universität Quebec in Rimouski, mit DFOExperten zusammen, und bis 2011 wird die DFO in einem Workshop über die Untersuchungs ergebnisse berichten. „Momentan können wir nicht beweisen, dass wir die Fanggründe nicht schädigen,“ so Pepin. „Sollten es anders sein, werden wir die nötigen Korrekturmaßnahmen ergreifen. Möglicher weise sind ein paar Änderungen nötig, um die weicheren Sedimentbereiche des Meeresbodens zu vermeiden.“ Serge Haché, Beschaffungsleiter bei L’Association Cooperative des Pêcheurs de L’Ile Ltd, einem weiteren zertifizierten Unternehmen, geht davon aus, dass sich nur wenig ändern muss. „Mithilfe von Scanmar-Sensoren und Kameras, die auf den Netzen montiert waren, haben wir bereits wissenschaftlich nachgewiesen, dass die Schäden am Meeresboden minimal sind,“ sagt er. „Was wir in den nächsten zwei Jahren bereitstellen müssen, sind konkretere Daten.“ Zugang zu neuen Märkten Das Erfüllen dieser Bedingung wird sich kommerziell auszahlen, denn die Fischerei kann es sich nicht leisten, ihr Zertifikat zu verlieren. „Wir bekommen Anrufe von Kunden, die das kleine blaue Zeichen auf den Lieferungen haben möchten‚“ so Haché weiter. „Die Zertifizierung hat uns definitiv zu neuen Einnahmen verholfen. Zwei Monate nach Erhalt des Zertifikats meinte ein Kunde, er würde nur noch MSC-Garnele kaufen, mit dem Label auf der Kiste und so weiter. Hätten wir dem nicht nachkommen können, wäre er woanders hingegangen.“ Fünfundachtzig Prozent der von der Fischerei gefangenen Garnelen gehen nach Europa, wo zahlreiche Supermärkte nur noch MSC-zertifizierte Ware kaufen. „Im Jahr 2006 gab Walmart – die größte Einzelhandelskette der Welt – mit seinem starken Bekenntnis zum MSC den Kurs vor,“ sagt Haché. „Es ist wie ein Schneeball, der ins Rollen gerät. Wir wollen jetzt schon dazu gehören und nicht erst dann, wenn es von uns verlangt wird.“ Auf einem Markt, auf dem preisgünstige gezüchtete Garnelen aus Asien Druck auf die wild gefangene Variante ausüben, zahlt sich das MSC-Siegel ebenfalls aus. „Ich glaube es war eine sehr wichtige Entscheidung, für die natürliche KaltwasserGarnele zu werben, indem wir diesen Weg eingeschlagen haben,“ erläutert Haché. „Das Label gibt einen weiteren positiven Hinweis, nämlich den, dass die Garnele aus einer Fischerei stammt, die nachweislich nachhaltig und vorbildlich gemanagt wird.“ “ Nordic Seafood hat sich über die MSC-Zertifizierung der Fischerei auf Tiefseegarnele aus dem Golf von St. Lawrence sehr gefreut. In den letzten Jahren haben Kunden verstärkt Fischerzeugnisse aus nachhaltiger Herkunft gefordert. Unserer Meinung nach war die MSC-Zertifizierung ein großartiger Schritt, der eine florierende Zukunft und eine kräftige Nachfrage für die Tiefseegarnele gewährleisten wird. ” Lars Olsen, Sales Director, Nordic Seafood A/S © Daniel Suddaby / MSC Umweltmaßnahmen sparen Produktionskosten Seelachs Nordsee Deutschland © Marnie Bammert / MSC ZERTIFIZIERT AM 8. Oktober 2008 SPEZIES Seelachs (Pollachius virens) „LETZTEN ENDES müssen wir immer alles unter ökonomischen Gesichtspunkten betrachten, ohne dabei langfristige Perspektiven aus dem Auge zu verlieren,“ sagt Jörg Petersen, Geschäftsführer von Kutterfisch, dem deutschen Unternehmen, das Seelachs aus der Nordsee-Fischerei verarbeitet. Seiner Meinung nach gehen die beiden Dinge Hand in Hand: Vorausschauende Maßnahmen zum Schutz der Meere resultieren oft in Kostenersparnissen. FANGMETHODE Semi-pelagisches Schleppnetz Umweltfolgen minimieren LAND Deutschland FANGGEBIET Nordsee, vor allem in tiefen Gewässern nahe des Nördlichen Schelfs und der Norwegischen Tiefen, zwischen Südnorwegen und Nordostschottland FANGVOLUMEN “ 9.700 Tonnen Vor vier Jahren stellten wir uns immer wieder dieselbe Frage: ‘Wie können wir uns differenzieren?’ Der einzige Weg, einen Stempel zu bekommen, zu Verbrauchern und Kunden sagen zu können, dass du besser bist als andere, ist die MSC-Zertifizierung. ” Jörg Petersen, Geschäftsführer, Kutterfisch-Zentrale GmbH 66 Ohne diese Anmerkung hätte man meinen können, die Investitionen seines Unternehmens seien unter rein ökologischen Gesichtspunkten erfolgt. „Wir führten Versuche mit sogenannten „semi-pelagischen Scherbrettern durch,“ sagt er und bezieht sich auf ein neuartiges Fanggerät, das keinen oder nur geringen Kontakt zum Meeresboden hat und so die Auswirkungen auf das Ökosystem minimiert. Dann ist da noch die Maschengröße, die darüber bestimmt, welche Größe an Seelachsen gefangen wird. „Über Jahre, lange bevor wir zertifiziert wurden, fischten wir mit Maschenweiten von 125 mm und mehr, während die EU 100 mm forderte,“ sagt er. „Unsere Jungs sagten ‘Wir wollen keinen kleinen Fisch fangen. Sie sind die nächste Generation Fisch und wir werfen sie weg. Mit größeren Maschen fangen wir nur ausgewachsene Fische’.“ Tatsächlich ist der Rückwurf von Seelachs „relativ selten“, so der MSC-Zertifizierungsbericht, denn Jungfische schwimmen in küstennahen Gebieten (wo Trawler nicht fischen) bis sie drei Jahre alt sind. Dennoch zeigt dies und die Scherbretter, dass ökologische und kommerzielle Interessen überlappen können. Die Scherbretter sind zwei schwere Metallplatten, die das Netz offenhalten, während es durch das Wasser gezogen wird. „Man kann sie in unterschiedlichen Winkeln fahren und die Länge des Seils, an dem sie hängen, anpassen,“ so Petersen. „Man kann sie ein oder zwei Meter oberhalb des Meeresbodens gleiten lassen, so dass das Netz den Boden von Zeit zu Zeit berührt, oder eben gar nicht.“ Deshalb der Name „semi-pelagisch“. Hergestellt in Dänemark, verlangt diese Ausrüstung weitere Veränderungen am Fanggerät. Aufgrund der geringeren Reibung am Meeresboden benötigt man weniger Leistung, um die Scherbretter zu ziehen. „Zusätzlich führten wir ein neues Netz aus Garn ein, das 30 Prozent leichter ist als das herkömmliche Material,“ erläutert Petersen. „Es hat die Spritkosten um 20 bis 30 Prozent gesenkt.“ Der Einsatz größerer Maschen brachte auch kommerzielle Vorteile. „Wenn man kleinere Fische fängt hat man mehr Arbeit und höhere Verarbeitungskosten,“ sagt Petersen. „Um 50 Kilo Fisch zu filetieren, benötigt man bei kleinen Maschenbreiten 90-100 Fische, bei großen Maschenbreiten nur um die 60. Aus größeren Fischen erhält man auch größere Filets von über 200 Gramm. Die lassen sich viel besser verkaufen als 100 Gramm-Filets.“ Aktionsplan zum Verbessern der Umweltleistung Die Fischerei erzielte eine hohe Punktzahl in der Bewertung und so wurden ihr auch nur wenige Bedingungen auferlegt. Versuche mit Scherbrettern und leichterem Gerät waren bereits im Gange und der Beifang wurde auf nur zwei Prozent beziffert. „Trotzdem: Die Bedingungen zur Zertifizierung verlangten von uns, einen Aktionsplan zu implementieren, der die Umweltleistung der Fischerei weiter verbessert,“ kommentiert Petersen, „und wir kamen überein, dass wir versuchen würden, die Auswirkungen der Grundschleppnetze zu verringern.“ Aus diesem Grund wird das Gerät quasi kontinuierlich weiterentwickelt, was die Bedingung erfüllt, aber auch das Geschäft ankurbelt. Ökonomischer Nutzen Der Lohn dafür zeigte sich im Marktgeschehen – nicht in Form einer kontinuierlichen Preisprämie, sondern in neuen Produktbereichen. „Wir bekommen jetzt Kontrakte über gefrorene Filets,“ erzählt Petersen, „denn der Tiefkühlsektor verlangt nach MSC-Fisch.“ Die große Nachfrage kommt von Tiefkühlproduzenten, die ihrerseits Discounter wie Lidl und Aldi beliefern. Eine gestiegene Nachfrage von Seiten der Kunden sei zu registrieren. „Eine sehr positive Entwicklung für uns,“ sagt Petersen, „denn es gibt uns ein zweites Standbein. Jetzt sind wir nicht mehr so sehr vom Frischemarkt abhängig, wo die Auktionspreise tagtäglich schwanken. Wir haben eine stabilere Basis bekommen – und das wäre sicher nicht ohne das MSCSiegel zustande gekommen.“ “ Deutschland ist der weltweit größte Markt für MSC-gekennzeichnete Produkte – ein wichtiger Beitrag zur nachhaltigen Fischerei. Durch die MSC-Zertifizierung ihrer Seelachs-Fischerei hat die Kutterfisch-Zentrale aus Cuxhaven als erster deutscher Fangbetrieb bewiesen, dass ökonomischer Erfolg und der Schutz des marinen Ökosystems kompatibel sind. Mein Wunsch ist es, dass Verbraucher dies unterstützen, indem sie sich für nachhaltigen Fisch entscheiden. Bart van Olphen, Geschäftsführer, Fishes Wholesale BV ” © Marnie Bammert / MSC kann man aufs Meer hinausfahren und den Fang auf die Nachfrage abstimmen. Da für größere Makrelen generell ein besserer Preis gezahlt wird, kann man auf große Fische Jagd machen und versuchen, den Fang von Nachwuchs zu vermeiden.“ Makrele Schottland © Seafood Scotland ZERTIFIZIERT AM 21. Januar 2009 SPEZIES Makrele (Scomber scombrus) FANGMETHODE Pelagisches Schleppnetz LAND Großbritannien FANGGEBIET Nordöstlicher Atlantik und Nordsee, insbesondere vor der Westküste Großbritanniens, Irlands und Frankreichs, mit Ziel auf die westliche Bestandskomponente FANGVOLUMEN “ 140.000 Tonnen (Quote für 2009) Wir waren uns vom ersten Tag an sicher, dass wir nachhaltig arbeiten. Aber es gibt natürlich immer Dinge, die man noch besser machen kann. Die MSC-Bewertung lenkte unser Augenmerk auf bestimmte Aspekte der Fischerei. Sie brachte uns zum Nachdenken über den allgemeinen Zustand des Bestandes und die Verantwortung, die wir tragen. ” Derek Duthie, Geschäftsführer, Scottish Pelagic Sustainability Group (SPSG) 68 „FAST UNSERE GESAMTE Makrelenquote stammt aus der westlichen Komponente,“ erläutert Derek Duthie, Geschäftsführer der Scottish Pelagic Sustainability Group (SPSG) und liefert damit auch gleich den Grund, warum eine Fischerei, die nordostatlantische Makrele fängt – einen teilweise erschöpften Bestand – als nachhaltig befunden und zertifiziert werden kann. Tatsächlich bedarf nur die Nordseekomponente (die in den Gewässern östlich von Großbritannien laicht) infolge der Überfischung in den 1960er Jahren weiterhin eines besonderen Schutzes, während die westliche Komponente sich „in einem guten Zustand“ befindet, wie aus dem Bericht der MSC-Zertifizierer hervorgeht. Genau wie die im Juli 2008 zertifizierte SPSG Nordsee Hering-Fischerei gehört auch diese hier zu den Riesen der Branche. Sie landet rund drei Viertel der gesamten britischen Quote für Makrele aus der Westlichen Komponente an – ein Markt, der knapp 90 Millionen Euro wert ist. Verkauft wird der Fisch hauptsächlich an Russland, Osteuropa und Japan. Was also macht die größte Fischerei Großbritanniens nachhaltig? Hoch selektive Methoden Erstens verwendet sie Fangmethoden, die hoch selektiv sind. „Die Schiffe spüren Makrelenschwärme mithilfe von Ortungsgeräten auf und schleppen dann in der Tiefe, die ihnen die Instrumente anzeigen,“ erläutert Duthie. Was die Skipper meist nicht wissen: Besteht der Schwarm aus größeren Makrelen, kleineren Jungfischen oder einer Mischung aus beiden? Deshalb kommen automatische „Jigger“ zum Einsatz – eine auf allen SPSG-Fangschiffen im letzten Oktober eingeführte neue Technik, um die Selektivität noch zu erhöhen. „Wir wissen aus der Handleinenfischerei, dass Makrelen auf Haken anspringen,“ sagt Duthie. „Deshalb programmieren die Fischer ihr System so, dass sie die mit Haken bestückten Leinen in jener Tiefe auslassen, in der der Schwarm lokalisiert wurde. Beißt die Makrele an, wird die Leine automatisch hochgehievt und jeder gefangene Fisch auf elektronischen Wagen gewogen. Der Skipper sieht nicht nur das Gewicht der einzelnen Makrelen, sondern auch deren durchschnittliche Größe. Anhand dieser aus ein paar Körben bestehenden Stichprobe – sagen wir 100 Makrelen – entscheidet er, ob sie bei diesem Fund bzw. Schwarm weiterfischen oder weiterfahren sollen. Wenn die Fabriken eine bestimmte Größe verlangen, In ihrem Bericht bemerkten die MSCZertifizierer, dass ‚Ausrutscher‘, also das Öffnen des Netzes und Freigeben zu kleiner Fische, bevor sie aus dem Wasser gepumpt werden, im Vergleich zu anderen pelagischen Fischereien kein großes Problem seien. Vor der Zertifizierung reisten ein ganzes Jahrzehnt lang auch Beobachter der Universität St. Andrews auf Trawlern der Flotte mit – eine freiwillige Initiative. „Die Untersuch ungen belegten für die Makrelenfischerei Null Beifang von Walen,“ bestätigt Duthie. Als Beobachter nach EU-Recht zur Pflicht wurden, „setzte die Universität ihre Aktivitäten im Auftrag der Regierung fort,“ so Duthie weiter, „und wir kooperieren mit diesem Programm.“ Heute muss die Universität laut MSC-Aktionsplan über die weitere Zusammenarbeit mit der SMRU ermitteln helfen, wie über künftige potenzielle Zusammenstöße von Walen und Schiffen „aussagekräftige Aufzeichnungen“ gemacht werden können. Anerkennung durch Dritte Als im Jahr 2007 aus der ehemaligen Pelagic Strategy Group, einem staatlich-industriellen Joint Venture, die SPSG entstand, war die Zertifizierung nach MSC-Standard erklärtes Ziel des neu geschaffenen Unternehmens. „Wir wollten den Leuten über eine unabhängige Stelle zeigen, dass unsere Fischereien gut dastehen und dass wir verantwortungsvoll fischen,“ sagt Duthie. Initiativen wie automatisches Jigging zum Steigern der Selektivität seien keine direkte Antwort auf Zertifizierungsauflagen gewesen, betont er. „Doch dass wir wussten, worauf die Zertifizierer schauen würden,“ hat das Ganze beschleunigt. „Uns war bewusst, dass wir Rückwürfe minimieren mussten,“ so Duthie weiter. „Das MSC-Verfahren hat dazu geführt, dass wir uns auf dies konzentrierten und es schneller umsetzten. Es veranlasste uns zum Nachdenken über den allgemeinen Zustand des Bestands und über die Verantwortung, die wir tragen.“ Schutz bestehender Märkte Der andere entscheidende Grund zugunsten der Zertifizierung, so Duthie, war der Schutz bestehender Märkte. „Sie bot uns eine Chance, dafür zu sorgen, dass unsere Wettbewerbsposition nicht in irgendeiner Form erodiert wird,“ erklärt er. „Momentan lassen sich mehrere Makrelenfischereien bewerten. Die Zertifizierung bietet einen Weg, unsere Zukunft zu sichern. Wir wollten nicht die Letzten sein, die diese Auszeichnung haben.“ “ Dass Schottlands Makrelenfischerei die MSC-Zertifizierung – den Goldstandard der Nachhaltigkeit – erreicht hat, verleiht unserer Fischereiindustrie und ihren Gemeinden willkommene Impulse. Davon profitiert auch der Verbraucher, denn sie beweist: Wer sich für schottische Makrele entscheidet, kauft ein erstklassiges Produkt aus nachhaltiger Herkunft. ” Richard Lochhead, Minister für Ländliche Angelegenheiten und die Umwelt © David Linkie Kabeljau und Schellfisch Norwegen „SEIT JAHREN gilt das Management der norwegischen Fischbestände als eines der besten der Welt,“ sagt Rolf Domstein, Geschäftsführer bei Domstein, dem Verarbeiter und Exporteur, der diese beiden wichtigen Fischereien gemeinsam mit der Ervik Havfiske Langleinen-Flotte managt. Bei der Aufklärung von Verbrauchern fern der Heimat hat sich das MSC-Siegel als unentbehrlich erwiesen. ZERTIFIZIERT AM 27. Februar 2009 SPEZIES Kabeljau (Gadus morhua); Schellfisch (Melanogrammus aeglefinus) FANGMETHODE Langleine LAND Norwegen FANGGEBIET Norwegisches Meer, in der südlichen Barentssee und in der Svalbard-Region FANGVOLUMEN 5.000 Tonnen Kabeljau (2009); 3.000 Tonnen Schellfisch (2009) Neue Märkte „In Norwegen haben die Menschen meines Erachtens nach viel Vertrauen in das verantwortungsvolle Management unserer Fischereien,“ erklärt Domstein. „Aber in ferneren Märkten ist die neutrale Bestätigung dieser Tatsache durch Dritte entscheidend. Wir genießen in Deutschland, Holland und Großbritannien viel Aufmerksamkeit. Asda, die drittgrößte britische Einzelhandelskette, an die wir zuvor gar nichts verkauft haben, hat schon in der ersten Woche nach der Zertifizierung unseren MSC-Kabeljau bestellt.“ Traditionell produziert Domstein Mehrwertprodukte aus den geringwertigeren Teilen des Filets, aber das könnte sich alles ändern. „Ich glaube, wir werden künftig mehr Frischfisch verkaufen,“ so Domstein weiter, „und dafür noch bessere Preise bekommen. Wir sind nicht auf Preisprämien angewiesen. Wenn wir unsere Verkaufsvolumen steigern und unseren Fisch auf besser zahlenden Märkten verkaufen können, erzielen wir auch ohne höhere Preise mehr Gewinn.“ Nachhaltige Fischerei “ Mit dem MSC-Logo durchdringen wir interessantere Märkte, die höhere Preise zahlen. Wir wandeln uns von einem Produzenten von Massenware, der große Mengen an große Abnehmer verkauft, zu einem Lieferanten für kleinere Kunden, die sich auf nachhaltigen Fisch spezialisieren. ” Rolf Domstein, Geschäftsführer, Domstein Fish AS, Norwegen 70 Der große Vorteil für Verbraucher: Nun können sie Kabeljau aus dem Atlantik (eine Art, die aus Nachhaltigkeitssicht oft Bedenken hervorruft) guten Gewissens kaufen. Denn das Bestandsmanagement in der Barentssee, das unter einem norwegisch-russischen Abkommen erfolgt, ist beispielhaft. „Wir haben die Fischerei schon immer an die Biomasse angepasst,“ erklärt Domstein. „Deshalb befand sie sich auch nie in einer solchen Krise wie Fischereien in anderen Teilen der Welt.“ In seinem Bericht bestätigte der Zertifizierer, der Bestand werde kontinuierlich auf einem Niveau gehalten, das über den „festgelegten vorsorgenden Grenzen liegt.“ Anders gesagt: Im Ozean gibt es mehr als genug Fische, damit die Spezies auch im nächsten Jahr laichen und eine gesunde neue Generation hervorbringen kann. Auch in Sachen Selektivität erzielten beide Fischereien hervorragende Leistungen. „Die Fischer wissen aus Erfahrung, welche Arten sie zu verschiedenen Jahreszeiten fangen werden,“ erklärt Domstein. Von Oktober bis März sei es hauptsächlich Kabeljau und im Sommer Schellfisch. „Sie wissen, in welchen Bereichen und in welcher Tiefe sie fischen müssen, und die Größe von Haken und Köder bestimmt, was sie fangen. Unsere Beifangbilanz ist ausgezeichnet.“ Dennoch müssen beide Fischereien im Rahmen ihres MSC-Aktionsplans „solidere Schätzungen“ für alle beigefangenen Arten bereitstellen, um ein besseres Verständnis der möglichen Folgen für andere Spezies zu gewinnen. Insbesondere muss innerhalb von zwölf Monaten nach der Zertifizierung ein Stichprobenprogramm entwickelt und realisiert werden. Es soll Daten liefern, die Wissenschaftlern die Beurteilung der Distribution, Ökologie und Fülle der kommerziellen und nicht kommerziellen Spezies, Meeressäuger und Meeresvögel ermöglicht. Im Fokus: Nachhaltigkeit „Jeder Fischer muss über seinen Fang berichten,“ sagt Domstein. „Die Fischer werden nun wesentlich stärker einbezogen. Aufgrund der MSC-Bewertung konzentriert sich unsere gesamte Organisation jetzt mehr auf ökologische Verbesserungen. Sie hat unsere Augen geöffnet und wir haben eine Menge dazugelernt. In Norwegen berichten wir schon immer über den Beifang – aber jetzt tun wir es auf formalisierte Art und Weise.“ Auch in anderer Hinsicht nimmt Domstein das Thema Nachhaltigkeit sehr ernst. „Wir achten seit jeher auf den Treibstoffverbrauch, weil Öl zu unseren größten Kostenfaktoren zählt,“ erklärt Rolf Domstein. „All unsere Fangschiffe sind mit kraftstoffsparender Technik ausgestattet. Aber im letzten Jahr ist uns auch der Schadstoffaspekt bewusster geworden, insbesondere unsere CO²-Bilanz.“ Und so unterzieht das Unternehmen jedes von ihm verkaufte Erzeugnis einer Lebenszyklusanalyse und ermittelt die entstandenen Kohlendioxidemissionen von der Rohware bis zum fertigen Produkt. “ Asda und seine Kunden unterstützen den MSC, dessen Ökolabel die Nachhaltigkeit des von uns verkauften Fisches absichert. Wir sind stolz darauf, unseren Kunden den ersten MSC-zertifizierten Kabeljau und Schellfisch aus dem Atlantik angeboten und so die Lieblingsspeise der Nation – Fish & Chips – zu einer umweltfreundlicheren Wahl gemacht zu haben. Chris Brown, Head of Ethical and Sustainable Sourcing, ASDA ” © Alice Blålid [email protected] www.msc.org MSC ZENTRALE (Europa, Afrika und Nahost) 3rd Floor Mountbarrow House 6-20 Elizabeth Street London SW1W 9RB Großbritannien Tel: +44 20 7811 3300 In Großbritannien eingetragene gemeinnützige Gesellschaft: Nr. 1066806 MSC REGIONALBÜRO (Nord- und Südamerika) 2110 North Pacific Street Suite 102 Seattle WA 98103 USA Tel: +1 206 691 0188/9 In den USA eingetragene gemeinnützige Gesellschaft: Nr. 501(c)(3). MSC REGIONALBÜRO (Asien-Pazifik) 10/46-48 Urunga Parade Miranda NSW 2228 Australien Tel: +612 9524 8400 ABN: 69 517 984 605 MSC REGIONALBÜRO (Japan) 3rd Floor, AIG Kabuto-cho Bldg 5-1 Nihonbashi Kabuto-cho Chuo-ku, Tokio Japan 103-0026 Tel: +81 (0)3 6861 7515 MSC REGIONALBÜRO (Deutschland, Schweiz, Österreich) Schwedter Straße 9a 10119 Berlin Deutschland Tel: +49 (0)30 8849 7008 MSC REGIONALBÜRO (Niederlande) Sweelinckplein 9-11, Unit 12 2517 GK, Den Haag Niederlande Tel: +31 (0)70 360 5979 MSC REGIONALBÜRO (Südafrika) Postfach: P.O. Box 7107 Roggebaai 8012 Kapstadt Südafrika Tel: +27 (0)21 4255086 MSC REGIONALBÜRO (Schottland) 4th Floor Thorn House 5 Rose Street Edinburgh EH2 2PR Schottland Großbritannien Tel: +44 (0)131 243 2617 MSC REGIONALBÜRO (Frankreich) La Ruche 84 Quai de Jemmapes 75010 Paris Frankreich Tel: +33 (0)1 70 23 28 11