Energieeffiziente Antriebsplanung

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Energieeffiziente Antriebsplanung
Hilfsblätter zu "Energieeffiziente Antriebsplanung"
Empfohlene Literatur:
1.
Auswahl von Elektromotoren leicht gemacht
von: Friedrich W. Garbrecht
VDE-Verlag
ISBN 978-3-8007-2911-1
2.
Praxis der Drehstromantriebe
von: Peter F. Brosch
mit fester und variabler Drehzahl
Vogel Buchverlag
ISBN 3-8023-1748-3
3.
Energieeffizienz
von: Martin Pehnt
Springer Verlag
ISBN 3-6421-4250-8
Elektrische Maschinen
von: Rolf Fischer
Carl Hanser Verlag
ISBN 3-446-15600-3
4.
5.
Unternehmenserfolg durch Energieeffizienz 2009
Herausgeber: VDMA
Boschen Offsetdruck
ISBN 978-3-89981-763-8
Inhalt
1.
Einführung
2
2.
2.1
2.2
2.3
Energiewandler „Elektrischer Antrieb“
Wirkungsgrad von Asynchronmaschine
Wirkungsgrad von Synchronmaschine
Sondermaschinen
4
4
8
8
3.
3.1
3.2
3.3
Erhöhung der Energieeffizienz bei Antriebssystemen
Intelligenter Einsatz von Elektrischer Energie
Energiewandlung mit hohem Wirkungsgrad
Nutzung der Bremsenergie
10
10
13
14
4.
Gesamtwirtschaftlichkeit
18
Emden im September 2014
G. Schenke, 09.2014
Prof. Dr.-Ing. G. Schenke
Energieeffiziente Antriebsplanung
FB Technik, Abt. E+I
1
1.
Einführung
In der derzeitigen EU mit 27 europäischen Staaten und rd. einer halben Milliarde Einwohner
werden etwa 35 % der gesamten Primärenergie zur Bereitstellung elektrischer Energie
eingesetzt. Bei dieser Energiewandlung entsteht ein Beitrag von rd. 30 % an der gesamten
CO2-Emission. In den typischen europäischen Industrienationen werden dann rd. 60 % der
elektrischen Energie mit elektrischen Antrieben in mechanische Energie gewandelt. Der
Wirkungsgrad der elektrischen Antriebe liegt dabei erheblich über dem der Verbrennungsmotoren. Daraus darf aber nicht abgeleitet werden, dass das Effizienzziel bei den elektrischen
Antrieben erreicht ist. Wirkungsgradverbesserungen von nur wenigen Prozent bringen
beachtliche Energieeinsparungen, wie Beispiele belegen.
Bereits 1997 hat die EU-Kommission (15 Mitgliedsländer) in ihrem Weißbuch für
erneuerbare Energien einen Anteil von 12 % regenerative Energien – eine Verdopplung des
Deckungsbeitrags gegenüber 1997 – bis 2010 zum Ziel erklärt. Diese Minimalanforderung
konnte weitgehend erfüllt werden. Diese Entwicklung muss auch langfristig mit einer
besonnenen Steigerung der regenerativen Energien weitergehen, um einen Anteil an der
gesamten nutzbaren Energie von rd. 0,5 % pro Jahr zu erreichen.
Ohne Zweifel wird die Windenergie in der nahen Zukunft einen wesentlichen Beitrag zur
Erreichung dieser Zielvorstellungen bei der Elektrischen Energie leisten. Damit ist der
Entwicklung von energieeffizienten Generatoren für Windturbinen eine große Bedeutung
beizumessen. Natürlich müssen auch für die konventionellen Kraftwerke, die zwangsweise
noch einige Jahrzehnte eingesetzt werden müssen, energieeffiziente Generatoren eingesetzt
werden. Anhand von zwei Tabellen soll gezeigt werden, wo die Einsparpotentiale liegen und
welche Motorentypen in welchen Verbrauchssektoren überwiegend zum Einsatz kommen.
Gruppe
Anteil
Industrie
29 %
Verkehrswesen
27 %
Haushalte
27 %
Kleinverbraucher
17 %
Maschinentypen im Einsatz
Drehstrommaschinen (Asynchronmaschinen,
Synchronmaschinen, Sondermaschinen)
Drehstrommaschinen, Gleichstrommaschinen
Kondensatormotoren, Bürstenlose
Gleichstrommotoren, Spaltpolmotoren
Drehstrom- und Einphasenmaschinen
Tabelle 1.1: Energieeinsatz nach Verbrauchergruppen in Deutschland
Im Rahmen eines Energiemanagement-Programms könnte das Ziel definiert werden,
vornehmlich die elektrische Energieversorgung und -anwendung zu analysieren. Da es
Unternehmen gibt, in denen Tausende von Elektromotoren arbeiten, sollte bei der
Durchführung der Ist-Analyse der elektrische Energieeinsatz sorgfältig messtechnisch
untersucht werden, um Schwachstellen zu identifizieren und Verbesserungsmöglichkeiten
aufzeigen zu können. Es wird sich herausstellen, dass der Kaufpreis der elektromechanischen
Energiewandler, gemessen an den Kosten für die anfallenden Verluste im Betrieb sehr klein
ist.
Darüber hinaus müssen aber auch verfahrenstechnische Maßnahmen in der Antriebstechnik
hinsichtlich der Energieeffizienz näher untersucht werden. Bei dynamischen Antrieben kann
beispielsweise die Bremsenergie mit geeigneten Stromrichtern in das elektrische Energienetz
zurückgespeist werden. Häufig kann durch Anpassung der Drehzahl der elektrischen
Maschine an die Arbeitsmaschine ein insgesamt verlustarmer Antrieb realisiert werden.
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2
Betrachtet man anstelle von Industriebetrieben den Haushaltssektor, so steht dort der
Energieeinsatz für die Heizung im Vordergrund. Dieses zeigt die Tabelle 1.2.
Einsatzgebiet
Anteil
Heizung
77 %
Warmwasser
12 %
Hausgeräte
10 %
Licht
1%
Elektrische Antriebe
Asynchronmaschinen für Ölpumpe und
Umwälzpumpe
Asynchronmaschinen für Zirkulationspumpe
Einphasenmotoren in Hausgeräten: Spaltpol-,
Kondensatormotoren, Widerstandsläufer etc.
------
Tabelle 1.2: Aufteilung der Endenergie im Haushalt in Deutschland
Betrachtet man die Tabelle 1.2, so sollte einer der Schwerpunkte der Energieforschung der
Gebäudebereich sein, wobei wesentliche Faktoren für die Verbesserung der Situation in der
Bedarfsreduktion im Wärmebereich eine konsequente Wärmedämmung sowie durchdachtes
Planen der Lüftungs- und Heizsysteme sind.
Der heutige Wärmeverbrauch eines guten Neubaus liegt bei 3 l Heizöl/m²a, während
Altbauten immer noch 15 l Heizöl/m²a und mehr benötigen.
Man könnte einen Zustand erreichen, wo das Heizungssystem überflüssig wird und die
Temperierung der Wohnung allein durch die Wärmeverluste von Computern, Haushaltsgeräten und Glühlampen ohne Komforteinbuße erzielt wird. Hinzu kommen noch die
Wärmeverluste durch die Hausbewohner.
An die Stelle der klassischen Heizung tritt die Energiezentrale, ein innovatives Lüftungsgerät,
das die Frischluft bedarfsabhängig mit der Wärme aus der Abluft vorheizt und auch das
Brauchwasser vorwärmt. Auch bei diesem Konzept werden Lüfter und Pumpen von
elektrischen Antrieben in Verbindung mit leistungselektronischen Stellgliedern angetrieben.
Eine wichtige Aufgabe ist folglich die Energieeffizienz von elektrischen Antrieben zu
steigern, um eine nachhaltige Energieversorgung langfristig zu ermöglichen.
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3
2.
Energiewandler „Elektrischer Antrieb“
Anstelle der Betrachtung des kompletten Antriebssystems, wie z.B. eines drehzahlvariablen
Pumpenantriebs, soll im Folgenden der Schwerpunkt nur auf die Energieeffizienz von
Maschinen (Motoren bzw. Generatoren) gelegt werden. Das Potenzial der Leistungselektronik
im Rahmen von energiesparenden Antrieben wird zunächst nicht behandelt.
Von den drei Grund-Maschinenfamilien wie
Gleichstrommaschinen
Synchronmaschinen
Asynchronmaschinen
soll die Asynchronmaschine in den Vordergrund gestellt werden, da 90% der gesamten
elektrischen Energie, die den elektrischen Maschinen zugeführt wird, mit Asynchronmaschinen im Leistungsbereich von 0,75 kW bis 750 kW in mechanische Energie gewandelt
wird. Eine Übersicht vermittelt die Tabelle 2.1.
Typ der Last
Motoren
Wachstum / Jahr
Beleuchtung
Bürogeräte
Industriesektor
69 %
1,5 %
6%
25 %
Tertiärer Sektor
36 %
2,2 %
30 %
34 %
Tabelle 2.1: Elektrischer End-Energieeinsatz
Der „Verbrauch“ an elektrischer Energie für beide Sektoren beträgt etwa 900 TWh, wobei
Motoren in dem unteren Leistungsbereich stark beteiligt sind.
Wirkungsgradverbesserungen sind ein komplexes Aufgabenfeld, da verschiedene Akteure
beteiligt sind: Hersteller, Händler, Gerätehersteller und Endnutzer.
Stehen schließlich energieeffiziente Motoren zur Verfügung, so sind weitere Hürden bei der
Markteinführung zu überwinden, wie:
Mangel an Informationen beim Endnutzer,
Fehlende Investitionsmittel,
Eigentümer des Motors zahlt nicht für die Betriebskosten,
Wartungsmaßnahmen werden unter Termindruck durchgeführt und nicht an Energieeffizienzverbesserung gemessen,
Mehrzahl der ausgefallenen Motoren wird nicht durch einen neuen ersetzt, sondern die
Wicklung wird im Verlauf der Reparatur teilweise oder gar vollständig erneuert, was
häufig zu einer Einbuße an Wirkungsgrad führt.
Die Marktdurchdringung der energieeffizienten Motoren geht folglich langsam voran; sie
liegt bei etwa 5–6 % pro Jahr, wenn man die mittlere Lebensdauer mit 15 Jahren ansetzt.
2.1
Wirkungsgrad von Asynchronmaschinen
Bei der Reduzierung der einzelnen Verlustposten in den Elektromaschinen hat es große
Fortschritte in den letzten Jahren gegeben. Diese Entwicklung ist durch neue Werkstoffe,
Werkstoffverbesserungen und die Optimierung der Abmessungen ausgelöst worden.
Am folgenden Beispiel wird das Einsparpotential aufgezeigt.
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4
Standard
Asynchronmaschine
3,7 kW
83,1 %
Parameter
Nennleistung
Wirkungsgrad
Betriebsdauer
(16h/d · 250d)
Energiebedarf
Energieeinsparung
Effiziente
Asynchronmaschine
3,7 kW
87,0 %
4000 h
4000 h
17810 kWh
-
17011 kWh
799 kWh
Tabelle 2.2: Asynchronmaschinen im Vergleich
Tabelle 2.2 verdeutlicht, wie die Mehrkosten beim Kauf einer energieeffizienten Asynchronmaschine bereits nach einem Jahr Betriebsdauer durch die Einsparung kompensiert werden.
Die wirtschaftlichen Vorteile von energieeffizienten Maschinen sind offenkundig.
Die CEMEP (European Commission of Manufacturers of Electrical Machines and Power
Electronics) – hat auf Drängen der Kommission der EU – 1998 beschlossen, eine
Wirkungsgrad-Kennzeichnung basierend auf drei Klassen freiwillig einzuführen. Die
Zuordnung basiert auf dem Wirkungsgrad bei 100 % Last. Die beste Klasse wird mit eff1, die
schlechteste mit eff3 bezeichnet.
100
100
EFF 1
EFF 1
95
/%
90
90
N
N
/%
95
85
85
2
EFF
EFF
EFF 3
80
2
EFF 3
80
75
1
10
PN / kW
100
75
1
10
PN / kW
100
Abbildung 2.1: Wirkungsgradklassen für 2-polige (links) und 4-polige (rechts)
Maschinen nach CEMEP
Abbildung 2.1 zeigt die drei Wirkungsgrad-Klassen nach CEMEP über der abgegebenen
Leistung. Es wurde vereinbart, auf den Typenschildern die Wirkungsgrad-Klasse anzugeben
und in der Dokumentation wird zusätzlich der Wirkungsgrad für 75 % Last ausgewiesen.
Diese Vereinbarungen gelten nur für zwei- und vierpolige, dreiphasige, 50 Hz, 400 VAsynchronmaschinen, die in der Betriebsart S1 gefahren werden.
Für die Einzelposten der Verluste bei Asynchronmaschinen kann man folgende Größenordnungen nennen:
Verlustart
Ständerkupferverluste PCu1
Eisenverluste PFe
Zusatzverluste PZ
Läuferkupferverluste PCu2
Reibungsverluste PRbg
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Größenordnung der Verluste
1 – 5 % · PN
0,5 – 3 % · PN
0,5 % · PN
0,5 – 6 % · PN
0,5 – 1,5 % · PN
Energieeffiziente Antriebsplanung
Tabelle 2.3:
Verluste der Asynchronmaschine
FB Technik, Abt. E+I
5
Betrachtet man vornehmlich die Summe der Verluste PV, so lässt sich der Wirkungsgrad
schreiben als:
PV
PV
= 1(2.1)
= 1Pauf
Pab
PV
Die Gesamtverluste können aus der Summe der Einzelverluste ermittelt werden.
PV = PCu1 PZ PCu2 PR
(2.2)
Bei dem weit verbreiteten Typ der Asynchronmaschine mit Käfigläufer wird die
Ständerwicklung (Statorwicklung) aus Kupferdraht ausgeführt und für den Läuferkäfig
(Rotorkäfig) wird Aluminium im Rahmen der Fertigung mit Druck- oder Schleuderguss
gewählt. Technologische Weiterentwicklungen ermöglichen es nun auch Kupfer im Läufer
einzusetzen, was zu einer Reduzierung der Gesamtverluste um 15 bis 20 % führt.
Eine Verbesserung von 1 % im Wirkungsgrad würde allein in den USA pro Jahr 3,5
Millionen Barrel Öl einsparen. Messungen an Prototypen zeigen, dass bei effizienten
Asynchronmaschinen gegenüber Standard-Asynchronmaschinen eine um rd. 5 K reduzierte
Endtemperatur auftritt.
Verbesserte Qualitäten von Dynamoblech werden ebenfalls eingesetzt, um die Eisenverluste
zu reduzieren. Anstelle einer Verlustziffer von 3,5 W/kg bei 1,0 T sind seit einiger Zeit
Blechqualitäten im Angebot mit 1,0 W/kg und darunter. Durch den Einsatz von magnetischen
Nutkeilen und einem verbesserten Lüfter lassen sich die Zusatzverluste und die
Reibungsverluste weiter senken. Aus dieser Palette von Möglichkeiten wählen die Hersteller
eine Kombination aus, um Motoren mit verbessertem Wirkungsgrad auf den Markt zu
bringen.
Im September 2007 wurde die freiwillige europäische CEMEP-Klassifizierung durch die
internationale Norm IEC/EN 60034-30 für energieeffiziente Motoren abgelöst. Diese Norm
gilt für 2-, 4- und 6-polige Niederspannungs-Drehstromasynchronmotoren mit einer
Nennleistung von 0,75 kW bis 375 kW und den Nennfrequenzen 50 Hz bzw. 60 Hz für die
Betriebsklasse S1 (Dauerbetrieb). Sie gilt auch für Getriebemotoren und Motoren, die an
einem Frequenzumrichter betrieben werden.
Die energieeffizienten Motoren werden nach IEC/EN 60034-30 in die Effizienzklassen IE1
(entspricht eff2), IE2 (entspricht eff1) und IE3 eingeteilt. Die Effizienzklasse ist auf dem
Motor auszuweisen. Der Wirkungsgrad darf nur nach dem neuen Bewertungsverfahren
EN 60034-2-1 ermittelt werden. Diese Angaben sind geringfügig geringer als die bisherigen
Nennwirkungsgrade.
Der Nennwirkungsgrad N kann nach IEC/EN 60034-30 für 2-, 4- und 6-polige 50-HzDrehstrom-Asynchronmotoren mit Nennleistungen zwischen 0,75 kW und 200 kW nach Gl.
2.3 berechnet werden. Die Koeffizienten A bis D für die drei Effizienzklassen können der
Tabelle 2.4 entnommen werden.
N = A
lg
PN
1 kW
3
B lg
PN
1 kW
2
C lg
PN
1 kW
D
1%
(2.3)
Für Nennleistungen zwischen 200 kW und 375 kW ist nach IEC/EN 60034-30 der Nennwirkungsgrad N für 50-Hz-Asynchronmotoren konstant.
Bei 60-Hz-Asynchronmotoren ist der Nennwirkungsgrad nach IEC 60034-30 im Allgemeinen
geringfügig höher festgelegt. Bei der Nennleistung 185 kW wird hier bereits der konst.
maximale Wirkungsgrad erreicht.
G. Schenke, 09.2014
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IE-Code Koeffizient
fN = 50 Hz
PN = 0,75 kW ..... 200 kW
2-pol.
4-pol.
6-pol.
IE1
A
B
C
D
0,5234
-5,0499
17,4180
74,3171
0,5234
-0,50499
17,4180
74,3171
0,0786
-3,5838
17,2918
72,2383
IE2
A
B
C
D
0,2972
-3,3454
13,0651
79,0770
0,0278
-1,9247
10,4395
80,9761
0,0148
-2,4978
13,2470
77,5603
IE3
A
B
C
D
0,3569
-3,3076
11,6108
82,2503
0,0773
-1,8951
9,2984
83,7025
1,1252
-2,6130
11,9963
80,4769
Tabelle 2.4:
Koeffizienten für die Effizienzklassen nach IEC/EN 60034-30
Nennwirkungsgrad in %
100
90
80
IE1 4-pol.
IE2 4-pol.
IE3 4-pol.
70
0,1
1
10
Nennleistung in kW
100
1000
Abbildung 2.2: Nennwirkungsgrade für 4-polige Asynchronmaschinen mit fN = 50 Hz
nach IEC/EN 60034-30
Seit Juni 2011 ist in der EU der Mindestwirkungsgrad IE2 für Asynchronmaschinen mit
Nennleistungen 0,75 kW bis 375 kW für Neuanlagen vorgeschrieben.
Ab Januar 2015 soll in der EU der Mindestwirkungsgrad IE3 für Asynchronmaschinen mit
Nennleistungen 7,5 kW bis 375 kW für Neuanlagen oder eine Kombination aus Asynchronmaschine mit dem Mindestwirkungsgrad IE2 und Frequenzumrichter vorgeschrieben werden.
Ab Januar 2017 soll in der EU der Mindestwirkungsgrad IE3 für Asynchronmaschinen mit
Nennleistungen 0,75 kW bis 375 kW für Neuanlagen oder eine Kombination aus Asynchronmaschine mit dem Mindestwirkungsgrad IE2 und Frequenzumrichter vorgeschrieben werden.
G. Schenke, 09.2014
Energieeffiziente Antriebsplanung
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2.2 Wirkungsgrad von Synchronmaschinen
Neben dem Einsatz verbesserter Dynamoblechqualitäten und der Optimierung der NutLuftspalt-Geometrie kann man in vielen Anwendungen der Synchronmaschine die vom
Erregerstrom durchflossene Feldwicklung, als Ort der Erregerverluste, ersetzen durch eine
Anordnung von Permanentmagneten.
Je nach Leistungsklasse und Anforderungsprofil können folgende Magnetklassen zum Einsatz
kommen:
• Ferrite (Kleinmotoren, Industriemotoren)
• Samarium-Kobalt-Legierungen (Servoantriebe, Sondermotoren)
• NdFeB-Legierungen (Servoantriebe, Bürstenlose Gleichstrommotoren, Kleinstmotoren).
Als junges Anwendungsfeld sind die permanenterregten Synchrongeneratoren zu nennen, die
in modernen Windparks zu finden sind. Die 1,5 bis 1,8-MW-Synchron-Generatoren sind
charakterisiert durch eine hohe Polpaarzahl (z.B. 2p = 36), um auf das Getriebe verzichten zu
können. Die Rotordrehzahl liegt zwischen 8 und 22 min-1. Eine 4,5-MW-Windkraftanlage mit
Permanentmagneterregung wurde im September 2002 in Deutschland errichtet. Das ist die zur
Zeit größte Einheitsleistung mit Permanentmagneten als WEK.
Eine weitere Entwicklung auf dem Gebiet der Synchrongeneratoren soll erwähnt werden, da
sie auf der Erhöhung der Betriebsspannung infolge eines neuartigen Wicklungskonzepts
beruht. Es handelt sich um den „Powerformer“ der Fa. Alstom.
Bei einem klassischen Synchrongenerator-Entwurf mit parallelflankigen Nuten und StandardIsolierung ist die Betriebsspannung auf 30 kV begrenzt. Ein Neuentwurf der Nut ermöglicht,
Hochspannungskabel für die Wicklung zu verwenden. Die Spannungsgrenze wird nun durch
das Dielektrikum des Kabels vorgegeben.
Der wesentliche Vorteil ist, dass der Generator nun direkt in das Netz einspeisen kann und die
Verluste im Transformator wegfallen. Gleichzeitig führt die hohe Spannung zu einem
geringeren Strom mit geringerer Statorerwärmung. Das Ergebnis sind hohe Wirkungsgrade
und reduzierte Wartungskosten, da weniger Komponenten das Energieversorgungssystem
bilden.
Durch die Verbindung von Generator und Transformator in einem Gerät können die Verluste
minimiert und dadurch der Gesamtwirkungsgrad um bis zu 1,5 % auf 99.0 % verbessert
werden. Weiterhin zeichnet sich der Powerformer durch einen geringeren Platzbedarf aus; im
Bereich der Wasserkraftnutzung ist dies sehr wichtig, da hier häufig beengte Raumverhältnisse anzutreffen sind. Der Wegfall von Trafo-Kühlmitteln stellt einen weiteren Vorteil
des Powerformers dar.
2.3 Sondermaschinen
Aufgrund der bisweilen komplizierten Geometrie von Sondermotoren, wie z.B. von
hochpoligen bürstenlosen Gleichstrommotoren oder Transversalflussmotoren, bringen
klassische Dynamoblechqualitäten hohe Eisenverluste.
Durch die Verwendung von kunststoffgebundenen weichmagnetischen Werkstoffen (soft
magnetic composites or bonded softmagnetic material) können fertigungstechnische Vorteile
und Verlustreduktionen bewirkt werden.
Besonders bei hochtourigen Antrieben machen sich die Vorteile dieser Werkstoffe bemerkbar.
An die Stelle von Feldwicklungen zum Aufbau des magnetischen Feldes tritt der Einsatz von
Hochenergie-Permanentmagneten. Samarium-Kobalt- oder NdFeB-Magnete liefern bei
richtiger Dimensionierung Luftspaltinduktionen, wie man sie früher nur mit der klassischen
aber verlustbehafteten Feldwicklung erreicht hat. Damit fallen die Erregerverluste weg, die
G. Schenke, 09.2014
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FB Technik, Abt. E+I
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bis zu 5% betragen können, und eine signifikante Wirkungsgradverbesserung tritt ein.
Probleme, die mit der Temperaturempfindlichkeit und der Korrosion des Permanentmagnetmaterials anfänglich auftraten, sind überwunden.
Motoren mit gesinterten Permanentmagneten werden bei Umgebungstemperaturen von über
150°C mit Grenzanwendungen bei 250°C eingesetzt. Unlängst hat eine deutsche Firma einen
neuen Meilenstein im Bereich von gesinterten NdFeB-Magneten gesetzt. Es wurden durch
Optimierung von Legierungszusammensetzungen, Minimierung von Verunreinigungen und
durch einen gesteuerten Sinterprozess anisotrope Magnete mit einer remanenten Polarisation
von 1,519 T, einer Koerzitivfeldstärke von 780 kA/m und einer maximalen Energiedichte von
450 kJ/m³ bei 20°C hergestellt. Aufgrund der Temperaturkoeffizienten RTCB = - 0,11 %/K
und RTCH = - 0,8 %/K ist der Anwendungsbereich auf maximal 80°C begrenzt. Dieses
Material wird im Bereich Bürogeräte und Haushaltgeräte zu weiteren Wirkungsgradverbesserungen von bürstenlosen Gleichstrommotoren beitragen.
Langfristig werden auch Hochtemperatur-Supraleiter zur Reduzierung der Verluste eingesetzt
werden. Mit diesen Materialien lässt sich die Motorleistung bei gleicher Baugröße
verdoppeln, gleichzeitig halbieren sich die Verluste.
G. Schenke, 09.2014
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FB Technik, Abt. E+I
9
3.
Erhöhung der Energieeffizienz bei Antriebssystemen
Zur Steigerung der Energieeffizienz bei Antriebssystemen gibt es zahlreiche Ansatzpunkte. Nicht
bei jeder Maßnahme stehen aber Aufwand und Ergebnis in einem ausgewogenen Verhältnis.
Zunächst muss der mechanische Prozess und sein Energiebedarf analysiert werden. Die Analyse,
bei der immer häufiger Simulationsprogramme angewendet werden, zeigt im konkreten Fall,
welche Maßnahmen effektiv sind.
Die Steigerung der Energieeffizienz von Antrieben folgt in drei Ansätzen:
1. Elektrische Energie intelligent einsetzen.
1
2
3
2. Energie mit hohem Wirkungsgrad wandeln.
3. Rückgespeiste Bremsenergie nutzen.
Abbildung 3.1: Einsparpotenziale zur Erhöhung
der Energieeffizienz
75 %
15 %
10 %
Elektrische Energie intelligent einsetzen:
Bedarfsgerechte Dimensionierung, Überdimensionierung vermeiden.
Geregelter Betrieb mit einem Frequenzumrichter.
Energieeffiziente Bewegungsführung und Regelung.
Energie mit hohem Wirkungsgrad wandeln:
Komponenten (Motoren, Getriebe) mit hohem Wirkungsgrad einsetzen.
Rückgespeiste Bremsenergie nutzen:
Energieaustausch zwischen mehreren Antrieben.
Zwischenspeichern der Bremsenergie.
Rückspeisen der Bremsenergie.
Einsatz eines Bremswiderstandes möglichst vermeiden.
3.1 Intelligenter Einsatz von Elektrischer Energie
Elektrische Antriebe machen knapp 2/3 des industriellen Strombedarfs aus. Bei weiterhin
steigenden Energiepreisen wird sich dieser Kostenfaktor immer negativer auf die
Produktionskosten auswirken. Für nahezu jedes Unternehmen liegt hier ein enormes
Sparpotential brach. Denn vor allem in energieintensiven Bereichen sind durch energieeffiziente Antriebe bis zu 70% Einsparung möglich. Um zu einer nachhaltigen Entwicklung
auf dem Energiesektor zu kommen, muss die eingesetzte Energie effektiv genutzt werden.
Dabei muss sich die vom elektrischen Antrieb abgegebene Leistung am tatsächlichen Bedarf
der jeweiligen Anwendung orientieren. Es sind sowohl die maximal benötigte Leistung als
auch Schwankungen im Betrieb zu berücksichtigen. Die kurzzeitige Überlastung von
elektrischen Antrieben sollte dabei in die Auslegung der Komponenten mit einfließen.
Eine intelligente, bedarfsorientierte Energiebereitstellung erfordert daher:
die Auslegung der Antriebe gemäß der maximal benötigten mechanischen Leistung,
die Anpassung der abgegebenen mechanischen Leistung an den momentanen Bedarf, der
bei vielen Anwendungen deutlichen Schwankungen unterliegt.
Typische Wirkungsgrade des Antriebsstrangs bei unterschiedlicher Teillast:
bei 0,75 · PN: = 75%
bei 0,3 · PN: = 45%
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Energieeffiziente Antriebsplanung
FB Technik, Abt. E+I 10
Die exakte Auslegung des Antriebsstrangs ist wichtig! Der optimale Wirkungsgrad von
Antriebssystemen liegt meistens in einem engen Bereich um die Bemessungsleistung.
Trotzdem werden viele Antriebe überdimensioniert, um auf der "sicheren Seite" zu sein. Die
Folge ist, dass der Antrieb deutlich unterhalb der Bemessungsleistung betrieben wird und der
Wirkungsgrad stark absinkt.
Als erste Maßnahme zur Steigerung der Energieeffizienz lohnt sich immer, die Antriebe exakt
an der maximal erforderlichen mechanischen Leistung der Anwendung zu orientieren. Von
vielen Antriebsherstellern werden PC-Programme angeboten, mit denen ein Antriebssystem
so ausgewählt werden kann, dass es für eine Anwendung exakt zugeschnitten ist. Dies schlägt
sich in niedrigeren Anschaffungskosten und einem geringeren Energieverbrauch nieder.
Beispielhaft sind hier PC-Programme zur Antriebsauslegung unter dem Gesichtspunkt
Energieeffizienz aufgeführt:
Fa. Lenze
Drive Solution Designer
Fa. Siemens
Energieeffizienz-Software SinaSave
Geregelter Antrieb mit Umrichter:
Bei fast jedem mechanischen Prozess variiert der Bedarf an Leistung. Besonders deutlich
wird dies bei Kühl- und Heizanlagen, bei denen die Förderleistung von Pumpen und
Ventilatoren von der momentanen Umgebungstemperatur abhängt. Auch in der Fördertechnik
treten größere Schwankungen der benötigten Förderleistung auf, wenn der Durchsatz nicht
konstant ist.
Um eine Steigerung der Effizienz zu erreichen, muss die abgegebene Leistung des Motors an
diesen unterschiedlichen Bedarf angepasst werden. Hierzu dient ein Umrichter, mit dem die
Drehzahl des Motors und damit die abgegebene Leistung, das Produkt aus Drehzahl und
Drehmoment, verändert werden kann. Bei fast allen Anwendungsfällen kann mit Hilfe eines
Umrichters die Energieeffizienz deutlich gesteigert werden. Bei Pumpen und Ventilatoren
sind Einsparungen bis zu 60% mit der sog. Lüfterkennlinie (U ~ f2) der Regelfall.
Umrichter mit der Funktion Voltage-Frequency-Control-economic (VFC eco) passen den
Magnetisierungsstrom automatisch den Betriebsbedingungen an. Bei niederdynamischen
Antrieben kann so bei Teillast der Gesamtwirkungsgrad deutlich verbessert werden.
Umrichter in geregelten Antrieben erfassen den Zustand des Antriebs. Dieses kann zur
vorbeugenden Wartung genutzt werden, und der Konstrukteur kann die Sicherheitszuschläge
bei der Auslegung reduzieren.
Bei Kreiselpumpen und Ventilatoren wird die Motorleistung PW mit dem Produkt aus dem
Volumenstrom V , auch Förderstrom Q genannt, und der Druckdifferenz p unter
Berücksichtigung des Wirkungsgrads des Antriebs berechnet. Der Volumenstrom V ist
dabei vom Rohrquerschnitt A und von der Strömungsgeschwindigkeit v abhängig.
PW =
V
p
mit V
Q
A v
(3.1)
Dabei ist der Volumenstrom V proportional zur Drehzahl n ( V ~ n ), die Druckdifferenz p
proportional zum Quadrat der Drehzahl n2 ( p ~ n2), die Strömungsgeschwindigkeit v
proportional zur Drehzahl n (v ~ n) und damit die Motorleistung PW ~ n3.
Typische Lüfterkennlinien sind drehzahlabhängig. Die Anfangsdruckdifferenz steigt zunächst
mit dem Volumenstrom bis zur maximalen Druckdifferenz leicht an. Mit größer werdendem
Volumenstrom nimmt die Druckdifferenz deutlich ab.
G. Schenke, 09.2014
Energieeffiziente Antriebsplanung
FB Technik, Abt. E+I 11
Druckerhöhung in Pa
Bei der Anlagenkennlinie steigt die Druckdifferenz ungefähr mit dem Quadrat des
Volumenstroms. Durch den Einbau einer Drossel kann die Druckdifferenz der Anlage
beliebig vergrößert werden. Der Arbeitspunkt eines Lüfters ist immer der Schnittpunkt der
drehzahlabhängigen Lüfterkennlinie (üblich wird die Frequenz der antreibenden Asynchronmaschine angegeben) mit der Anlagenkennlinie. Der Anwender kann zur Volumenstromsteuerung die Anlagenkennlinie mit einer Drosselklappe kontinuierlich verstellen. Diese
einfache Maßnahme zur Volumenstromsteuerung führt zu großen Verlusten. Der Anwender
kann aber auch mit einem Frequenzumrichter die Ständerfrequenz der Asynchronmaschine
und damit die Drehzahl des Lüfters verstellen. Diese Art der Steuerung ist sehr effizient.
Bei der nebenstehen2200
den Beispielanlage be2000
trägt die Lüfterleis1800
tung bei 10 m3/min
1600
etwa 130 W (ohne
Verluste im Antrieb).
1400
Mit Drosselklappe be1200
trägt bei 6 m3/min die
1000
Lüfterleistung
etwa
800
170 W. Mit Umrichter
600
beträgt bei 6 m3/min
die Lüfterleistung nur
400
noch 30 W.
200
0
0
1
2
3
4
5
6
7
8
3
Volumenstrom in m /min
50 Hz
40 Hz
9
10
30 Hz
Anlagenkennlinie
11
20 Hz
Anlage mit Drossel
Abbildung 3.2: Kennlinienfeld eines Mitteldrucklüfters
100
90
Durchflusssteuerung
mit Drosselklappe
80
Energiebedarf in %
In der Abbildung 3.3 ist
das
Einsparpotential
durch Umrichterbetrieb
gegenüber der Drosselklappensteuerung
bei
Lüftern und Kreiselpumpen dargestellt.
70
60
50
Energieeinsparung
40
seltener
Arbeitsbereich
30
20
Durchflusssteuerung
mit Frequenzumrichter
10
0
0
10
20
30
40 50 60 70 80
Durchflussmenge in %
90
100
Abbildung 3.2: Relativer Energiebedarf von Lüftern und Kreiselpumpen in Abhängigkeit
der Durchflussmenge bei Lüftern und Pumpen
G. Schenke, 09.2014
Energieeffiziente Antriebsplanung
FB Technik, Abt. E+I 12
Energieeffiziente Antriebsregelung und Bewegungsführung:
Bei eher statischen Prozessen kann eine Anpassung des Motorarbeitspunkts an die tatsächliche Belastung die Verluste minimieren. Besonders im Teillastbetrieb von DrehstromStandardmotoren führt eine Anpassung der Motorspannung durch den Frequenzumrichter zu
einem besseren Wirkungsgrad.
Dynamische Bewegungsabläufe können so gestaltet werden, dass die Energieeffizienz
möglichst hoch ist. So benötigen viele Positioniervorgänge nicht immer die minimalen
Beschleunigungs- und Bremszeiten. Eine Anpassung an die tatsächlich erforderliche Dynamik
reduziert die Verluste im Motor deutlich.
a
v
s
a
v
s
100% amax
50% amax
Abbildung 3.4: Reduzierung der Verlustleistung um rd. 25% durch Reduzierung der
maximalen Beschleunigung bei Positionieranwendungen
3.2
Energiewandlung mit hohem Wirkungsgrad
Um einen hohen Gesamtwirkungsgrad bei der Energiewandlung zu erzielen, müssen alle
Antriebskomponenten berücksichtigt werden, da das Produkt aus allen Einzelwirkungsgraden
den Gesamtwirkungsgrad des Antriebs ergibt.
(3.2)
An = FU
M
G
Ü
Gesamtwirkungsgrad des Antriebs
Wirkungsgrad des Frequenzumrichters (Servo-Umrichter)
FU
Wirkungsgrad des Motors
M
Wirkungsgrad des Getriebes
G
Wirkungsgrad der Übertragungselemente (Kupplungen, Lager, Führungen)
Ü
Frequenzumrichter erreichen heute einen sehr hohen Wirkungsgrad von 94 bis 97%.
Die am häufigsten verwendeten Standard-Drehstrommotoren werden in unterschiedlichen
Wirkungsgradklassen angeboten. Ab 2011 dürfen in der EU nur noch Motoren ab der
Wirkungsgradklasse lE2 eingesetzt werden. Die heute noch am meisten verwendeten Motoren
der Klasse lE1 dürfen dann für Neuinstallationen nicht mehr benutzt werden.
Motoren der Wirkungsgradklasse lE3 sind bei gleicher Leistung deutlich teurer und größer als
die der Klasse IE2. Daher ist ihr Einsatz nur in Anwendungen sinnvoll, die dauernd bei
Nenndrehzahl und hoher Last betrieben werden. In den meisten Anwendungsfällen ist der
An
G. Schenke, 09.2014
Energieeffiziente Antriebsplanung
FB Technik, Abt. E+I 13
Einsatz eines Frequenzumrichters, der die Ausgangsleistung des Antriebs an die Anwendung
anpassen kann, die bessere Lösung für eine höhere Energieeffizienz.
Geregelte Antriebe mit Asynchronmotoren können grundsätzlich auch mit SynchronServomotoren realisiert werden. Da bei einem permanenterregten Synchronmotor die
Magnetisierung des Motors nicht durch den eingespeisten Blindstrom, sondern durch
Dauermagnete erzeugt wird, fallen die Motorströme niedriger aus. Dies führt zu besseren
Wirkungsgraden als bei entsprechenden Asynchronmotoren. Insgesamt sinkt der Energiebedarf bei typischen Positionieranwendungen um 25 %. Niedrigere Motorströme bedeuten aber
auch, dass im Frequenzumrichter weniger Verlustleistung anfällt und gegebenenfalls ein
kleinerer Frequenzumrichter gewählt werden kann - der Gesamtwirkungsgrad des Antriebs
erhöht sich dadurch. Es lohnt sich daher, alle Anwendungen mit geregelten Antrieben
daraufhin zu prüfen, ob nicht der Einsatz eines Synchron-Servomotors mit der verbesserten
Energieeffizienz die bessere Lösung ist.
Getriebe passen die hohe Drehzahl des Motors an den mechanischen Prozess an. Am
häufigsten wird dabei eine Übersetzung von etwa 20 verwendet. Diese kann mit zweistufigen
Stirnradgetrieben oder Planetengetrieben mit sehr hohen Wirkungsgraden realisiert werden.
Als Winkelgetriebe werden Schnecken und Kegelradverzahnungen verwendet. Während
Schneckengetriebe generell hohe Verluste erzeugen, lassen sich Kegelradgetriebe mit guten
Wirkungsgraden realisieren. Zusätzliche Effizienzsteigerungen werden erreicht, wenn dank
eines höheren Getriebewirkungsgrads gegebenenfalls ein Frequenzumrichter bzw. Motor
niedrigerer Leistung verwendet werden kann.
Ein Antriebsstrang enthält in der Regel passive Antriebselemente wie Kupplungen, Lager,
Zugmittelgetriebe, Führungen sowie lineare und nicht-lineare Übertragungselemente. Auch
hier stehen häufig mehrere Alternativen mit unterschiedlichen Wirkungsgraden zur
Verfügung. Wichtig ist insbesondere eine möglichst niedrige Reibung. Bei der Montage
vermeiden optimal eingestellte Vorspannungen erhöhte Belastungen und schlechte
Wirkungsgrade.
Pneumatische und hydraulische Antriebe sind für ihre vergleichsweise niedrigen Wirkungsgrade bekannt. Darüber hinaus ist Druckluft teuer und Hydrauliköl umweltgefährdend. Dank
der Fortschritte der elektrischen Antriebstechnik können diese Probleme in vielen Fällen
durch den Ersatz der Fluidantriebe durch elektrische Antriebe vermieden werden und dabei
gleichzeitig Energie eingespart werden.
3.3
Nutzung der Bremsenergie
In vielen Anwendungen mit elektrischen Antrieben ist ein häufiges Beschleunigen bzw.
Abbremsen erforderlich. Beim Beschleunigen bzw. Heben wird elektrische Energie in
kinetische oder potenzielle Energie umgewandelt, die beim Abbremsen bzw. Absenken zum
PR, Brems
Pmech
PV, WR
PV, Mot
Netz
M
3~
3~
Abbildung 3.5: Generatorischer Betrieb mit Bremswiderstand
G. Schenke, 09.2014
Energieeffiziente Antriebsplanung
FB Technik, Abt. E+I 14
Teil wieder zurückgespeist wird. Oft wird diese rückgespeiste Energie heute über einen
Bremswiderstand in Wärme umgewandelt und geht damit ungenutzt verloren. In bestimmten
Anwendungen lohnt es sich aber, diese Bremsenergie einer weiteren Nutzung zuzuführen.
Dies führt zu einer Steigerung der Energieeffizienz.
Antriebslösungen Typische Rückspeiseszenarien
Förderantriebe
Fahrantriebe
Hubantriebe
Bremsenergie wird im Motor
verbraucht
regelmäßiges aber seltenes
Rückspeisen beim Bremsen
Rückspeisung über längere Zeit
beim Senken
Rückspeiseenergie
Maßnahmen
sehr gering
keine
gering
hoch
Positionierantriebe
dynamisches Rückspeisen mit
hohen Taktraten
Koordinierte
Antriebe
gleichzeitige Auftreten von
motorischem und generatorischem mittel
Betrieb
Gleichlaufantriebe
Wickelantriebe
sporadisches Rückspeisen beim
Bremsen, teilweise kontinuierlicher
Bremsbetrieb
durchgängiger Bremsbetrieb bei
Abwicklern
mittel
Bremswiderstand,
ggf. DC Verbund
Netzrückspeisung,
ggf. DC Verbund
DC-Verbund, ggf.
Netzrückspeisung
DC-Verbund
gering, mittel
Bremswiderstand,
DC-Verbund
hoch
DC-Verbund,
Netzrückspeisung
Taktantriebe
dynamischer Wechsel von
mittel bis
motorischem und generatorischem
hoch
Betrieb mit hohen Taktraten
Antriebe für
elektronische
Kurvenscheibe
dynamischer Wechsel von
mittel bis
motorischem und generatorischem
hoch
Betrieb mit hohen Taktraten
Antriebe für
Umformprozesse
bei getakteten Prozessen:
dynamischer Wechsel von
mittel bis
motorischem und generatorischem hoch
Betrieb
Kondensatorspeicherung, DCVerbund, ggf.
Netzrückspeisung
Kondensatorspeicherung, DCVerbund
ggf.
Netzrückspeisung
Haupt- und Werk- kontinuierlicher Betrieb,
zeugantriebe
sporadisches Bremsen
gering
Bremswiderstand,
ggf.
Netzrückspeisung
Antriebe für
Pumpen und
Ventilatoren
sehr gering
keine
Bremsenergie wird im Motor
verbraucht Antrieb kann
austrudeln
Tabelle 3.1: Steigerung der Energieeffizienz durch sinnvolle Maßnahmen bei verschiedenen
Antriebslösungen
G. Schenke, 09.2014
Energieeffiziente Antriebsplanung
FB Technik, Abt. E+I 15
Nutzung der Bremsenergie durch Rückspeisung ins Netz:
Die meisten Frequenzumrichter können keine Energie in das elektrische Netz zurückspeisen,
da dieses zusätzliche Kosten bedeutet und in vielen Fällen nicht benötigt wird. Wenn die
Rückspeisung in das Netz sinnvoll ist, muss ein rückspeisefähiger Netzgleichrichter oder eine
zusätzliche Rückspeiseeinheit an den Spannungszwischenkreis eines oder mehrerer Frequenzumrichter angeschlossen werden. Der Einsatz einer Rückspeiseeinheit kann wirtschaftlich
sinnvoll sein, wenn die Antriebsleistung 3 kW übersteigt.
Pmech
Pel, Netz
PV, GR
Netz
3~
PV, WR
rückspeisefähig
PV, Mot
M
3~
Abbildung 3.6: Generatorischer Betrieb mit Rückspeisung ins elektrische Netz
Nutzung der Bremsenergie durch Energieaustausch zwischen Antrieben:
In vielen Applikationen mit nennenswerter Bremsleistung arbeiten weitere Antriebe zur
gleichen Zeit motorisch. Beispiele hierfür sind Gleichlaufantriebe und Abwickler in
kontinuierlich arbeitenden Produktionslinien. Hier ist es sinnvoll, die Spannungszwischenkreise der Frequenzumrichter miteinander zu verbinden (DC-Verbund), um damit den
direkten Energieaustausch zu ermöglichen. Ein DC-Verbund kann auch dazu genutzt werden,
um eine zentrale Rückspeiseeinheit mit mehreren Antrieben gemeinsam zu nutzen und so
Kosten zu sparen.
PR, Brems
Pmech
generatorisch
PV, WR
PV, Mot
Netz
M
3~
3~
Pmech
motorisch
PV, WR
PV, Mot
M
3~
Abbildung 3.7: Generatorischer Betrieb mit Energiesaustausch zwischen 2 Achsen
G. Schenke, 09.2014
Energieeffiziente Antriebsplanung
FB Technik, Abt. E+I 16
Nutzung der Bremsenergie durch Energiespeicherung in einem Kondensator:
Eine weitere Möglichkeit zur Nutzung von Bremsenergie ist deren Speicherung in einem
Kondensator, der sie beim nächsten Beschleunigungs- oder Hebevorgang wieder zur
Verfügung stellt. Im Vergleich zu einer Rückspeiseeinheit sind die Kosten niedriger,
allerdings ist das Speichervermögen des Kondensators begrenzt. Derzeit ist die
Energiespeicherung bei sehr schnell getakteten Antrieben wirtschaftlich. Dies sind
beispielsweise Taktantriebe für Querschneider. Diese müssen bis zu zehnmal pro Sekunde die
Walze mit dem Messer beschleunigen und bremsen. Dabei kann die Energie bei jedem
Schneidevorgang zwischen dem rotierenden Messer (kinetische Energie) und dem
Kondensator (elektrische Ladung) hin- und herpendeln. Die vom Netz aufgenommene
Leistung reduziert sich um rd. 50%.
PC
Pmech
PV, WR
PV, Mot
Netz
M
3~
3~
Abbildung 3.7: Generatorischer Betrieb mit Energiespeicherung im Kondensator
G. Schenke, 09.2014
Energieeffiziente Antriebsplanung
FB Technik, Abt. E+I 17
4.
Gesamtwirtschaftlichkeit
Die Investition amortisiert sich in kürzester Zeit. Je nach Anwendung bereits nach weniger als
zwei Jahren. Wichtig für die Wahl der richtigen Antriebstechnik ist vor allem eines: die
Betrachtung der Lebenszykluskosten.
In der Antriebstechnik sind die Folgekosten im Vergleich zum Anschaffungspreis besonders
hoch. Ein Beispiel: 97 % der Lebenszykluskosten eines Motors entfallen auf den Betrieb.
Dabei sind die Energiekosten häufig der weitaus höchste Kostenfaktor. Hier liegt ein enormes
Einsparpotential brach.
Einsparpotential schlummert in nahezu jedem Unternehmen. Ob eine komplette
Neukonzeption Sinn macht oder eine Modernisierung ausreicht, ist von Fall zu Fall zu
entscheiden.
Steigende Strompreise und ein erhöhtes Umweltbewusstsein rücken das Thema
energieeffiziente Antriebstechnik zunehmend in den Fokus des Interesses der Industrie. Schon
lange vor der offiziellen Einteilung von Motoren in Energieeffizienzklassen (EFF) durch die
Europäische Kommission betrachtete man bei vielen Herstellern von Antriebskomponenten
bereits die Energiebilanz als wichtigen Bestandteil zur Errechnung der gesamten
Lebenszykluskosten des Antriebs.
Wo liegen die größten Einsparpotentiale?
Der Umstieg auf energieeffiziente Antriebstechnik zahlt sich unmittelbar aus, besonders:
in energieintensiven Branchen,
bei mechanisch geregelten Strömungsmaschinen wie Kompressoren, Lüftern oder,
Pumpen,
bei Antrieben mit hoher Betriebsstundenzahl,
Antriebe, die häufig im Teillastbetrieb laufen,
Antriebe, bei denen Lasten oft abgebremst werden müssen.
Um die Energiebilanz einer Maschine zu errechnen, muss das gesamte Antriebssystem
betrachtet werden.
In Deutschland ergeben sich durch energieeffiziente Antriebssysteme Einsparpotenziale in
Milliardenhöhe: Der ZVEI (Zentralverband Elektrotechnik- und Elektronikindustrie e.V.)
ermittelte für das Jahr 2004 einen Energieverbrauch von 165 TWh durch elektrische Antriebe
bzw. elektromotorisch angetriebene Systeme. Rund 27,5 TWh und damit 16,9 Mio. Tonnen
CO2 könnten durch den Einsatz energieeffizienter elektrischer Antriebstechnik eingespart
werden. Die Europäische Kommission hat 2005 eine Rahmenrichtlinie (EuP) erlassen, um zu
einem effizienteren Umgang mit Energie und dadurch zur Reduzierung der Umweltbelastungen beizutragen. Hierbei geht es in erster Linie darum, den CO2-Ausstoß zu
verringern und damit den Treibhauseffekt zu reduzieren. Vor allem in Industriezweigen, in
denen die Maschinen rund um die Uhr in Betrieb sind, entwickelt sich zudem eine verstärkte
Sensibilisierung für den Energieverbrauch der Anlagen.
Lebenszykluskosten (LCC, Life-Cycle-Costs)
Bei Antriebssystemen erreichen die Energiekosten häufig nach vier Jahren bereits die
Anschaffungskosten. Energieeffiziente Antriebssysteme sind in der Anschaffung häufig teurer
als konventionelle Antriebe. Die Mehrkosten amortisieren sich aber aufgrund der erreichten
Energieeinsparungen meist innerhalb von wenigen Jahren. Die Gesamtwirtschaftlichkeit des
Antriebssystems kann also nur im Rahmen einer Lebenszykluskosten-Betrachtung
(LCC-Betrachtung) bewertet werden. Dies ist nichts Ungewöhnliches und gehört in der
Betriebswirtschaft seit langem zum Handwerkszeug.
G. Schenke, 09.2014
Energieeffiziente Antriebsplanung
FB Technik, Abt. E+I 18
Dennoch werden LCC-Betrachtungen bei Antrieben nur selten angestellt. Der Grund liegt
darin, dass es dem Maschinenbau im harten Wettbewerb häufig schwer fällt, eine
energieeffiziente, aber in der Anschaffung teurere Maschine, an den Mann zu bringen.
Zukünftig werden aber die Betreiber von Maschinen angesichts steigender Energiekosten
vermehrt die Betriebskosten in ihre Kaufentscheidung einfließen lassen und entsprechende
Angaben des Lieferanten erwarten.
Entsorgungskosten
LCC
Instandhaltungskosten
Lebenszykluskosten
Anschaffungskosten
Kosten der
Antriebskomponenten
Betriebskosten
laufende
Energiekosten
Abbildung 4.1: Lebenszykluskosten von Antriebssystemen
Die meisten Hersteller von elektrischen Antriebskomponenten können den Maschinenbau bei
der Wahl der eingesetzten Antriebe unterstützen, die zu einem wesentlichen Teil den
Energieverbrauch der Maschinen beeinflussen. Diese Art der Zusammenarbeit von Betreiber,
Maschinenbauer und Antriebslieferant bildet die Grundlage für die Umsetzung von
Konzepten zur Optimierung der Lebenszykluskosten und damit auch der Energieeffizienz.
G. Schenke, 09.2014
Energieeffiziente Antriebsplanung
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