Legionellen im Wasser: Lebensgefahr aus dem Duschkopf

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Legionellen im Wasser
Lebensgefahr aus dem Duschkopf
Aktualisiert am Donnerstag, 27.12.2012, 10:01 · von FOCUS-Online-Redakteurin Christina Steinlein
und FOCUS-Online-Autorin Stefanie Reiffert
Leitungswasser enthält immer Legionellen,
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gefährlich werden sie, wenn die Konzentration steigt
Immer wieder verursachen
Bakterien im Trinkwasser
die potenziell tödliche
Legionärskrankheit. Bislang
wurden dem RobertKoch-Institut dieses Jahr
gut 600 Erkrankungen
gemeldet. Experten halten
diese Zahl für viel zu niedrig
– und gehen von bis zu
30000 Fällen pro Jahr aus.
Duschverbot im Münchner
Olympiadorf, gesperrte Schulturnhallen und Schwimmbäder: Regelmäßig
werden sanitäre Anlagen in Deutschland vorübergehend geschlossen –
weil im Wasser Legionellen lauern, die die gefährliche Legionärskrankheit
auslösen können.
In geringen Mengen sind die stäbchenförmigen Erreger immer im Wasser
vorhanden und unbedenklich. Höhere Konzentrationen werden meist bei
Routineüberprüfungen festgestellt – so kam es zum Beispiel zu dem
Duschverbot im Münchner Olympiadorf im vergangenen Sommer oder dem
aktuell gültigen im Berliner Athletik Klub.
Nimmt ein Mensch die Erreger mit dem Essen oder Trinken auf, sind sie in
der Regel harmlos. Gefährlich werden die Bakterien erst, wenn sie in hoher
Konzentration in die Lunge gelangen, etwa durch den beim Duschen
entstehenden Wasserdampf. Auch über die Klimaanlage oder künstliche
Wasserfälle im Schwimmbad gelangen die Bakterien in die Luft. Eine
Übertragung von Mensch zu Mensch findet nicht statt.
Tausende Fälle der Legionärskrankheit unentdeckt
Als Folge der Legionelleninfektion können Menschen, die ein schwaches
Immunsystem haben, an der Legionellose erkranken. Ihre beide
wichtigsten Formen sind die Legionärskrankheit, deren Symptom eine
schwere Lungenentzündung ist, die in zehn bis fünfzehn Prozent der Fälle
tödlich verläuft. Die zweite Krankheitsform ist das mild verlaufende PontiacFieber. Deutschlandweit wurden dem Robert-Koch-Institut 639
Legionellose-Fälle im vergangenen Jahr gemeldet, dieses Jahr waren es
bis einschließlich Ende November 605 Fälle. Allerdings, sind Experten
überzeugt, sind diese offiziellen Zahlen nur die Spitze des Eisbergs.
Die Fachleute des Kompetenz-Netzwerks Capnetz gehen davon aus, dass
die Legionärskrankheit tatsächlich sehr viel häufiger auftritt, nämlich
zwischen 15 000 und 30 000 mal pro Jahr allein in Deutschland. Zu selten
veranlassten Ärzte bei Lungenentzündungen die spezielle Labordiagnostik,
ohne die die Ursache einer Lungenentzündung verborgen bleibt. Deshalb
ist es trotz der Meldepflicht schwierig, verlässliche Zahlen zur Häufigkeit
der Legionärskrankheit zu erhalten. Die Capnetz-Experten gehen davon
aus, dass knapp vier Prozent aller Lungenentzündungen, die in
Krankenhäusern registriert werden, von Legionellen verursacht werden.
Die Häufigkeit des Pontiac-Fiebers ist weit schwieriger abzuschätzen. Seit
2007 ist es nicht mehr meldepflichtig, und auch bis 2006 wurden beim RKI
nur wenige Erkrankungen verzeichnet. Meist bleibt das Pontiac-Fieber
unentdeckt. Viele Patienten gehen wegen Fieber allein nicht zum Arzt.
Selbst wenn sie einen Mediziner aufsuchen, wird dieser die Ursache der
hohen Körpertemperatur nur entdecken, wenn er eine Untersuchung des
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Blutes veranlasst.
Der Grund für die neuen
Legionellen-Funde
Was bedeuten nun die aktuellen Funde im Trinkwasser von Wohnanlagen,
einer Realschule in der Nähe von München oder einer Schulturnhalle in
Regensburg? Treten die Legionellen immer häufiger auf? Das ist eher nicht
der Fall, erklärt Benedikt Schaefer, wissenschaftlicher Mitarbeiter beim
Umweltbundesamt: „Das Problem ist nicht neu, sondern erst jetzt
aufgefallen.“
Seit dem 1. November 2011 mussten Trinkwasser-Installationen in
öffentlich oder gewerblich genutzten Gebäuden jährlich auf Legionellen
untersucht werden. Dabei wurde festgestellt, dass etwa 15 bis 20 Prozent
dieser technischen Anlagen mit einer unzulässig hohen Konzentration an
Legionellen belastet sind, erläutert Winfried Hackl, Geschäftsführer des
Deutschen Fachverbandes für Luft- und Wasserhygiene (DFLW). In der
Folge mussten sanitäre Anlagen in Kindergärten, Schulen und
Schwimmbädern relativ häufig vorübergehend geschlossen werden.
Dieselbe Regel galt für Mietshäuser – für die das Untersuchungsintervall
seit diesem Dezember auf drei Jahre erweitert wurde. Bislang wurde das
Gesundheitsamt über alle Untersuchungen informiert – nach der neuen
Trinkwasserverordnung müssen künftig nur noch auffällige Ergebnisse
gemeldet werden. Das Bundesgesundheitsministerium geht davon aus,
dass die Gesundheitsbehörden dank der neuen Verordnung entlastet
werden, die gesundheitliche Gefahr aber nicht ansteigt.
„Die Wahrscheinlichkeit, dass kurzfristig Legionellen in einem Haus
auftreten, in dem sie bisher nicht vorgekommen sind, ist gering“, erklärt
Schaefer. Von einer Gefährdung durch die längeren Intervalle geht er daher
nicht aus. Vielmehr meint er, es sei sinnvoll für nicht betroffene Häuser den
Zeitraum zwischen den Untersuchungen zu verlängern, um sich stärker auf
die Gebäude konzentrieren zu können, in denen vormals schon ein
Legionellenproblem bestand.
Wasser erst an der Armatur mischen
Nicht das Alter der Rohre ist
dafür verantwortlich, dass die
Legionellen in manchen
Rohrsystemen eine ideale
Brutstätte finden. Technische
Anlagen werden meist nicht für
die große Wassermenge
genutzt, für die sie ausgelegt
sind. In der Folge stagniert das
Legionella pneumophila fühlt sich in warmen
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Wasser zu lange in den
Wasser wohl
Rohrleitungen, erklärt der
Experte. Auch Kunststoffrohre, die nicht für hohe Temperaturen konstruiert
sind, können zum Problem werden, weil das Wasser hier manchmal zentral
auf lauwarme Temperatur heruntergekühlt wird – was den Legionellen
optimale Wachstumsbedingungen bietet. Heißes und kaltes Wasser sollte
erst an der Armatur gemischt werden, erklärt Schaefer. Der Bereich, durch
den das so gemischte Wasser fließt, sollte außerdem so klein wie möglich
sein.
Beim Vermieter nachfragen
Überschreiten die Wasserproben den zulässigen Wert der LegionellenKonzentration, gilt es, das Risiko für den Menschen zu minimieren – etwa
durch ein Duschverbot. Dann versuchen Experten, eine Lösung für das
Problem zu finden. „Im schlimmsten Fall müssen die Leitungen
herausgerissen und durch kleinere ersetzt werden“, so der Experte.
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Wer unsicher ist, ob er vielleicht auch mit Legionellen duscht, sollte seinen
Vermieter fragen, ob er bereits seiner gesetzlichen Pflicht nachgekommen
ist und das Wasser untersucht hat, rät Schaefer. Vermieter und Mieter
sollten aber auch zusammenarbeiten. „Wenn ein Mieter über mehrere
Wochen oder Monate die Wohnung nicht bewohnt, wird die Anlage nicht so
betrieben wie geplant.“ Dann kann es sinnvoll sein, das Wasser abzustellen
oder die Anlage komplett vom Wasseranschluss zu trennen. Das Wasser
nach einer längeren Abwesenheit erst ein wenig ablaufen zu lassen, ist
ebenfalls eine gute Maßnahme, um sich vor unerwünschten Keimen zu
schützen.
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