Sun Yat-sen University, 2013-14

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Sun Yat-sen University, 2013-14
Erfahrungsbericht
Name: M a r c e l F o u l o n
Austauschjahr: SS14
Gastuniversität: Sun Yat-sen University
Stadt: Zhuhai
Land: China
Aus Spam-Schutzgründen wird die E-Mail-Adresse nicht im Internet veröffentlicht,
kann aber im Akademischen Auslandsamt erfragt werden.
Nach langer Anlaufzeit und kleineren sowie größeren Schwierigkeiten habe ich im Sommersemester 2014 ein Auslandssemester an der Sun Yat-sen University in Zhuhai/Guangzhou,
China, verbracht. Diesem Erfahrungsbericht vorwegnehmen möchte ich, dass diese Zeit im
Grunde unbeschreiblich und eine einzigartige Erfahrung war und ich mit den folgenden Zeilen versuchen möchte meine Begeisterung über diese knapp sechs Monate in China und
Asien in Worte zu fassen.
Es geht los
Nachdem die Kommunikation zwischen der Universität Augsburg und der Sun Yat-sen University sich zu Beginn der Partnerschaft im Wintersemester 13/14 als kompliziert herausstellte, hatte ich erst rund drei Wochen vor Semesterstart meine endgültige Bestätigung aus China die ich brauchte um alles weitere erledigen zu können (Flüge, Visum etc.). Da ich 2010
bereits für elf Tage in Peking war, hatte ich aber zumindest eine grobe Vorstellung davon
was genau auf mich zukommen würde wodurch ich in meinem Fall weder einen Kulturshock
bestätigen kann noch eine größere Nervosität vorm Abflug in mir aufkam. Auch habe ich
noch einige Tage in Hong Kong verbracht bevor ich mittels Fähre nach Zhuhai aufgebrochen
bin. Anders als es die Erfahrungen der beiden Augsburger Studentinnen, die als erste Austauschstudenten im WS13/14 in China studiert haben, erahnen ließen, liefen die ersten Tage
in Mainland China überraschend strukturiert und geordnet ab. Mein persönlicher Buddy der
Sun Yat-sen University – eine junge chinesische Studentin mit Hauptfach Englisch – hat
mich sowohl vom Hafen abgeholt als auch die ersten Tage komplett mit mir verbracht um mir
die Universität und ein wenig von Zhuhai zu zeigen. Zudem hat sie mit mir ALLE Wege erledigt, sei es die Beantragung des Residence Permit für China, Wohnheim Angelegenheiten,
der Kauf eines Fahrrads oder Papierkram der Uni. Sie war mir im Verlauf meines Semesters
eine riesen große Hilfe!
Wer sich für die Sun Yat-sen University bewirbt wird mit Sicherheit vorab einige Fotos vom
Campus und auch vom Wohnheim erhalten, hier möchte ich betonen, dass die Wohnheime
zu 100% den gezeigten Fotos entsprechen. Alle Austauschstudenten haben automatisch die
Möglichkeit ins Wohnheim der Uni zu ziehen, ein Wohnheim Gebäude wird dabei zum überwiegenden Teil für die internationalen Studenten bereitgestellt. Der Preis dafür lag bei ca.
180€ für sechs Monate – nicht pro Monat! – plus Wasser- und Stromverbrauch. Um hier keine falschen Hoffnungen zu erwecken: Die Wohnheim Zimmer sind miserabel. In der Regel
teilen sich vier Studenten einen kleinen Raum mit einem minimalistischen Bad (Dusche +
Plumpsklo) und Balkon. Man sollte vor dem Einzug in der Regel eine ausgiebige Putzorgie
veranstalten, da die Zimmer auch nach einem Semester soweit ich weiß nie von Seiten der
Uni gereinigt werden, wodurch diese meist sehr dreckig sind. Wer möchte kann aber sehr
schnell und einfach über seinen Buddy, andere Austauschstudenten oder sonstige chinesische Studenten vor Ort eine eigene Wohnung o.ä. finden. Es war für niemanden ein Problem
etwas Eigenes zu finden und beispielsweise eine WG zu gründen. Daher brauch sich darum
wirklich niemand größere Gedanken zu machen. Das Wohnheimleben an sich ist aber nicht
so schlimm wie man es sich zu Beginn vorstellt. Man gewöhnt sich recht schnell an die Zimmer (Matratzen bzw. Iso Matten kaufen, sonst schläft man auf einem Brett!), die meisten internationalen Studenten bleiben im Wohnheim wodurch der Anschluss extrem leicht fällt und
es ist unschlagbar günstig. Eine „Besonderheit“ für alle Austauschstudenten wird allerdings
sein, dass im Wohnheim eine sogenannte Ayi wohnt, welche man am ehesten als eine Mischung aus Betreuerin und Hausmeister beschreiben könnte. Diese kümmert sich um alle
Angelegenheiten im Wohnheim und stellt zudem sicher, dass das Wohnheim zwischen 23/24
Uhr und 6 Uhr geschlossen ist. Dann gibt es keinen Weg rein oder raus ins Wohnheim, außer man weckt die Ayi und wird mit grimmigem chinesisch „begrüßt“. Hier macht aber jeder
seine eigenen Erfahrungen und wer etwas größer gewachsen ist wird keine Probleme haben
ins Wohnheim rauf zu klettern.
Leben und studieren in Zhuhai
Studieren an der Sun Yat-sen University hat mir definitiv Spaß gemacht. Die Uni war überraschend organisiert was Kurswahl und Struktur für Austauschstudenten anging, hier hatte ich
ganz andere Dinge erwartet. Zu Beginn des Semesters werden die Chinesisch Kenntnisse
jedes neuen und alten Studenten überprüft und es wird eine Liste mit allen englischsprachigen Kursen ausgehändigt in welcher man seine Kurse frei wählen kann. Hier gibt es eine
vergleichsweise große Anzahl an Englisch Kursen (listening, reading, writing), aber auch die
ein oder anderen BWL, Tourismus oder sonstige Seminare. Die Dozenten sind in der Regel
Ausländer, ein großer Teil von ihnen zudem englische Muttersprachler. Das Niveau der Kurse war hierbei insgesamt aber nicht allzu hoch, teilweise sogar wirklich ausgesprochen niedrig, trotz des Umstandes, dass die Sun Yat-sen University eine der besten Unis in China ist.
Lediglich der Chinesisch Kurs setzt Disziplin und Lernen voraus und ich persönlich habe das
Niveau als relativ anspruchsvoll empfunden und es war definitiv hilfreich um im Alltag besser
klar zu kommen. Durch die strenge Anwesenheitspflicht (drei Mal fehlen = Ausschluss von
der Abschlussklausur, fünf Mal fehlen = Ausschluss vom Kurs) und den relativ hohen Workload muss man hier auf jeden Fall am Ball bleiben. Bei allen anderen Kursen kommt es dagegen mehr auf die Dozenten an was und wie viel verlangt wird, auch nehmen es die ausländischen Dozenten nicht so streng mit der angepriesenen Anwesenheitspflicht. Was mir
sehr gut gefallen hat war die Nähe zu den Dozenten. Durch WeChat (ähnlich WhatsApp) ist
man sowohl mit Freunden als auch Dozenten sehr unkompliziert verbunden, da die Uni diese
App sogar voraussetzt und wichtige Infos für die Studenten darüber kommuniziert. Wer neben den Chinesisch Seminaren noch weitere Kurse wählt wird definitiv einige Zeit in der Uni
verbringen. Ich persönlich muss sagen, dass ich noch nie so viel in der Uni war wie in meinem Auslandssemester. Wer möchte kann zudem schauen ob er als Sprachdozent für ein
kleines Gehalt an der Uni eigene offizielle Seminare geben möchte. Ein paar Studenten haben dadurch Deutsch, Französisch oder auch Spanisch an der Uni unterrichtet.
Das Campus Leben gestaltet sich sehr unkompliziert. Alles Wichtige findet man auf dem
sehr weitläufigen Campus, darunter ein Supermarkt, Friseur, Handy Läden, Cafe usw., wer
etwas mehr braucht kann in wenigen Minuten mit dem Rad nach Tangjia fahren, eine kleine
Stadt mit Bars, Restaurants, Einkaufsmöglichkeiten etc. oder aber mit dem Bus nach Gongbe, quasi die Innenstadt Zhuhais in der auch der Grenzübergang nach Macau liegt. Zhuhai
ist dabei eine für europäische Verhältnisse recht große Stadt, im Vergleich zu vielen anderen
chinesischen Städten dagegen ein Dorf mit gerade einmal rund zwei Mio. Einwohnern. Es
finden sich in Zhuhai aber allerhand Einkaufszentren, Parks, Bars, ein paar Clubs und auch
das Meer ist direkt gegenüber, wobei dieses nicht besonders einladend ausschaut. Zhuhai
an sich bzw. China generell ist zudem für Ausländer sehr günstig, so bezahlt man selbst in
Restaurants selten mehr als drei oder vier Euro für ein Gericht inkl. Drink, an Straßenständen sogar oftmals nicht mehr wie umgerechnet einen Euro. Auch Fortbewegungsmittel sind
alles andere als teuer, eine Busfahrt kostet keine 50cent und selbst eine 45min Taxifahrt ist
mit einem einstelligem Eurobetrag wirklich billig. Gerade im Straßenverkehr zeigen sich aber
dann doch wieder einige Unterschiede zu Europa bzw. Deutschland, man muss sich definitiv
an den chinesischen Verkehr gewöhnen. Überhaupt wird es für viele einige Dinge geben, die
seltsam, ekelig, merkwürdig oder schlicht unverständlich wirken, darunter Essen, sozialer
Umgang von Chinesen mit anderen oder schlicht die Art und Weise wie Chinesen ihren Tag
verbringen. Wer also bisher nie in Asien bzw. China war, sollte sich auf einen gewissen Kulturschock einstellen. Außerdem sollten relativ schnell gewisse Grundkenntnisse in Chinesisch gelernt werden, andernfalls wird es viele Situationen geben in denen es auf Grund der
Sprachprobleme zu einigen Schwierigkeiten kommen kann, denn außerhalb der Uni ist es
sehr schwierig jemanden zu finden der Englisch spricht. Auch das Klima ist gerade im Süden
Chinas extrem! Die Luftfeuchtigkeit ist ganzjährig hoch, im Sommer durchgehend bei mehr
als 90% mit über 30 Grad Celsius. Man schwitzt den ganzen Tag und wandert oft nur von
einer Klimaanlage zur nächsten da es draußen einfach zu heißt ist um sich zu bewegen.
Dieses Wetter kann sich niemand vorstellen der es nicht schon selbst „gespürt“ hat. Zudem
regnet und gewittert es häufig und viel. Starkregen ist ein großes Problem und führt in Südchina des Öfteren auch zu Überschwemmung.
Persönliches Fazit
In den oberen Zeilen finden sich nun allerhand Informationen und persönliche Erfahrungen
zum Leben und studieren in China, wobei dies nur ein kleiner Teil dessen ist, was ich erlebt
habe und in diesem Dokument wiedergeben kann. Ich habe unglaublich interessante Menschen aus der ganzen Welt kennengelernt, habe meine Chinesisch Kenntnisse stark verbessert und eine andere Kultur kennengelernt. Ich kann nur jedem empfehlen diesen Schritt zu
wagen sofern sich die Möglichkeit bietet. Auch die Sun Yat-sen University kann ich empfehlen. Zwar lässt sich Zhuhai mit Sicherheit nicht mit Shanghai oder Peking vergleichen, dafür
ist die Stadt dann doch zu „langweilig“, aber als Ausgangspunkt ist Zhuhai meiner Meinung
nach optimal. Durch die Nachbarschaft mit Macau, Guangzhou, Shenzhen und Hong Kong
bieten sich unendliche viele Möglichkeiten etwas zu unternehmen und auch wer vor hat etwas zu reisen hat von Zhuhai aus kein Problem nahezu überall in China und Asien hinzukommen. Sei es per Zug in China von Guangzhou aus (Reisen per Zug im Hard Sleeper
Abteil ist sehr zu empfehlen) oder per Flugzeug von einem der umliegenden Flughäfen. Ich
habe beispielsweise problemlos und vor allem günstig Südostasien und viele Ziele in China
bereist. Ein kleiner Tipp an dieser Stelle von mir wäre noch sich einen Blog anzulegen, sei es
„nur“ ein Foto Blog oder aber einen Blog um Freunde, Familie und andere Studenten über
alles Mögliche zu informieren. Auf www.foulon-in-china.tumblr.com und www.foulon-inchina.auslandsblog.de kann sich jeder über meine Zeit in China und Asien informieren. Für
mich persönlich war die Entscheidung nach China zu gehen das Beste was ich machen
konnte. Es war wie eingangs beschrieben eine unvergessliche Erfahrung mit vielen Höhepunkten und sicherlich auch einigen Tiefpunkten, doch genau das hat diese Zeit so einzigartig gemacht. Jeder der diesen Schritt wagt wird seine ganz eigenen Erfahrungen machen.
Ich kann jedem versprechen das man das ein oder andere Mal womöglich verzweifelt ist, das
Chaos ausbricht oder man vielleicht auch in gewissen Situationen schlicht überfordert ist,
doch genau das bringt einen immer weiter. Es gibt natürlich negative Aspekte in China, sei
es das Health Care System oder unfreundliche Chinesen, aber eben auch unglaublich viele
positive Dinge. Ich will nahezu keine Situation missen welche ich durch- bzw. erlebt habe. Da
man aus Ausländer einen gewissen Status in China zugeschrieben bekommt hat man in der
Regel außerdem keine allzu großen Probleme, da „wir“ doch vergleichsweise hoch angesehen werden in China. Ich stehe darüber hinaus jedem zur Verfügung der noch weitere Fragen zu China, der Uni oder meiner Zeit in China hat, einfach im AAA der Uni Augsburg nach
meinen Kontaktdaten fragen. All diejenigen welche in Zukunft nach China gehen wünsche
ich viel Spaß und möchte abschließend nur noch den Tipp geben manchmal die Dinge einfach auf euch zukommen zu lassen. Das waren wirklich die besten Momente!

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