PS 6/2003 - Motorrad
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PS 6/2003 - Motorrad
SERVICE UNDER COVER Sie erledigen einen undankbaren Job im Verborgenen: Fast jeder kennt die einteiligen Unteranzüge, die Profis und HobbyRacer unter dem Leder tragen. Doch kaum einer macht sich bei der Wahl des Unterzeugs ernsthafte Gedanken. Meist wird einfach der eingepackt, der beim Kauf der Lederkombi irgendwie in Reichweite ist. Das wird den einteiligen Unterziehern jedoch nicht gerecht, denn sie erfüllen gleich mehrere Aufgaben in unterschiedlichen Bereichen. Sie kümmern sich um: 앫Trageklima 앫Hygiene 앫Sicherheit Sportliches Motorradfahren ist äußerst anstrengend – besonders auf der Rennstrecke. Und bei körperlicher Anstrengung schwitzt man. Diese natürliche Reaktion soll den Körper kühlen, um eine Überhitzung zu verhindern. Ein gewöhnliches BaumwollShirt saugt den Schweiß auf und speichert einen Großteil davon in den Fasern. Infolgedessen verdunstet die Feuchtigkeit sehr langsam, und der Körper wird langanhaltend gekühlt. Ein positiver Effekt bei extremer Hitze. Bei niedrigeren Temperaturen oder in der Ruhezeit nach der körperlichen Anstrengung – etwa in der Box – beginnt man aber unweigerlich zu frösteln. Der jetzt nicht mehr überhitzte Körper wird durch den nassen Stoff weiter gekühlt. Jeder kennt dieses Gefühl: klatschnasser Stoff direkt auf der Haut. Da ist man von einer Erkältung oft nicht mehr weit entfernt. Hoch entwickelte Synthetikmaterialien saugen im Unterschied zu Baumwolle die Feuchtigkeit nicht einfach auf, sondern leiten den Schweiß durch verschiedene Me- 88 PS 6/2003 PARTS PRODUCTS VERGLEICHSTEST UNTERANZÜGE Pures Leder auf nackter Haut – eine durchaus reizvolle Kombination. Doch auf der Rennstrecke ist sie fehl am Platz. Hier sind einteilige, textile Unteranzüge erste Wahl. Text: Sascha Zdrahal; Fotos: Bernd Hanselmann IXS DAINESE Modell Material Waschtemperatur Empf. VK-Preis Materialbeschreibung Ausstattung Bemerkung Sotto Tuta 100% Polyester 30 Grad Nur in Verbindung mit Dainese-Kombi Talos erhältlich Sehr dünn und glatt, Griff ähnlich einer Radhose Zweiweg-RV, Hüftprotektoren aus Schaumstoff Zahlreiche Strecheinsätze eingearbeitet BEWERTUNG Schnitt Liegt perfekt an, ohne zu drücken oder einzuengen Punkte 10 max. Punktzahl 10 Durch glatten Stoff Anziehen leichtes Anziehen, Beine rutschen etwas hoch Punkte 9 max. Punktzahl 10 RV drückt etwas, Tragekomfort viel Bewegungstrocken freiheit Punkte 18 max. Punktzahl 20 Tragekomfort feucht Punkte 14 max. Punktzahl 20 Trockenzeit Punkte 27 max. Punktzahl 30 (nicht einzeln Preis max. Punktzahl 10 erhältlich) Ausstattung Bemerkung BEWERTUNG Schnitt Johnny 100% Polyamid 60 Grad 85 Euro Relativ dünn, fast schon baumwollartiger Griff, gut dehnbar Zweiweg-RV – Angenehm und doch gut anliegend Punkte 10 max. Punktzahl 10 Leichtes Anziehen, Anziehen rutscht auch ohne Schlaufen an Armen u. Beinen nicht hoch Punkte 10 max. Punktzahl 10 RV drückt leicht Tragekomfort am Hals trocken Punkte 18 max. Punktzahl 20 Tragekomfort feucht Punkte 16 max. Punktzahl 20 Trockenzeit Punkte 21 max. Punktzahl 30 Preis Punkte 7 max. Punktzahl 10 Punkte 82 Summe (max. 100 P.) PLATZIERUNG 2 – Summe (max. 100 P.) PLATZIERUNG Modell Material Waschtemperatur Empf. VK-Preis Materialbeschreibung /* *Außer Konkurrenz, da nur zusammen mit Dainese-Kombi Talos erhältlich PS 6/2003 89 PARTS PRODUCTS SERVICE KÖHLER Modell Material Waschtemperatur Empf. VK-Preis Materialbeschreibung Ausstattung Bemerkung Thermoline 60% Viskose, 40% Polypropylen 95 Grad 54 Euro Relativ dünn, baumwollartiger, weicher Griff, gut dehnbar, zweischichtiger Aufbau Zweiweg-RV, Schlaufen an Armen u. Beinen Neigt innen zum Pilling, identisch mit den Unteranzügen von Schwabenleder und Erbo BEWERTUNG Schnitt Sitzt etwas labberig, wirft Falten Punkte 8 max. Punktzahl 10 Leichtes Anziehen, Anziehen Knöchel etwas eng Punkte 9 max. Punktzahl 10 Sehr angenehm, Tragekomfort schön flauschig trocken Punkte 20 max. Punktzahl 20 Tragekomfort feucht Punkte 3 max. Punktzahl 20 Trockenzeit Punkte 3 max. Punktzahl 30 Preis Punkte 9 max. Punktzahl 10 Punkte 52 Summe (max. 100 P.) PLATZIERUNG 4 KÖHLER Modell Material Waschtemperatur Empf. VK-Preis Materialbeschreibung Ausstattung Bemerkung BEWERTUNG Schnitt Sollte vorne etwas kürzer sein Punkte 9 max. Punktzahl 10 Knöchel sehr Anziehen eng, gleitet beim Anziehen schlecht über die Haut Punkte 8 max. Punktzahl 10 Etwas dicker und Tragekomfort wärmer, angenehm trocken auf der Haut Punkte 18 max. Punktzahl 20 Tragekomfort feucht Punkte 18 max. Punktzahl 20 Trockenzeit Punkte 18 max. Punktzahl 30 Preis Punkte 8 max. Punktzahl 10 Punkte 79 Summe (max. 100 P.) PLATZIERUNG 90 PS 6/2003 Microtex-Sport 100% Polyamid 30 Grad 69 Euro Etwas dicker u. wärmer, außen glatter, innen leicht angeraut, relativ synthetischer Griff, gut dehnbar Zweiweg-RV, Schlaufen an Armen u. Beinen – 3 RUKKA chanismen von der Haut weg. Das Ergebnis: Obwohl man schwitzt, fühlt man sich angenehm trocken und warm. Dazu muss der Funktionsstoff natürlich direkt auf der Haut aufliegen, damit der Schweiß optimal abgeleitet werden kann. Ob sich der Anzug angenehm trägt, entscheidet neben dem Schnitt vor allem die Elastizität des Gewebes. Vor dem Hintergrund, dass ein untrainierter Mensch bis zu 0,8 Liter Schweiß, ein trainierter Fahrer sogar bis zu 3 Liter pro Stunde produziert, ist die Wichtigkeit eines gut funktionierenden Feuchtigkeitstransportes leicht zu erkennen. Aus der ganzen Schwitzerei ergibt sich ein weiterer guter Grund für die Verwendung eines Unteranzuges: die Hygiene. Untersuchungen im Outdoor-Bereich haben ergeben, dass pro sportlichem Einsatz bis zu mehrere Gramm Salze, Fette und Hautschuppen in der Unterwäsche eingelagert werden. Und während die teure Ledermontur – Hand aufs Herz – in der Praxis eigentlich nie von innen gereinigt wird, verschwindet der Unteranzug nach dem Training oder der Ausfahrt fix in der Waschma- schine. Die Pflege der Unterzieher ist denkbar unkompliziert, und so bleibt die teure Protektorenkombi auch nach vielen Einsätzen frei von Schweiß. Im Falle eines Sturzes muss die dünne Textilschicht schließlich eine dritte, äußerst wichtige Funktion übernehmen. „Bei einem Aufprall wird die Kombi mit hohem Druck gegen den Körper gepresst und gleichzeitig etwas verschoben. Dabei entstehen trotz intakter Lederkombi oftmals schwer wiegende Hautverletzungen“, erklärt Rennarzt Dr. Christoph Scholl. „Die Haut wird dabei regelrecht abgerollt, da sie förmlich am Leder klebt. Ein Unteranzug dient hier als Verschiebeschicht, auf der das Leder auch unter Druck ein Stück verrutschen kann. Deshalb ist er für Rennstreckenfahrer ein absolutes Muss.“ Der menschliche Körper ist eben nicht nur in Sachen Temperaturhaushalt, sondern auch aus mechanischer Sicht ein äußerst empfindliches Gebilde. Und so unscheinbar die Underalls auch sein mögen, sie helfen mit, den Spaß am sportlichen Motorradfahren zu bewahren. Modell Material Waschtemperatur Empf. VK-Preis Materialbeschreibung Ausstattung Bemerkung BEWERTUNG Schnitt RVP Technica 100% Polypropylen 60 Grad 39,90 Euro Relativ dünn und luftig mit leicht angerauter Oberfläche, synthetischer Griff, sehr gut dehnbar Zweiweg-RV – Sollte vorne etwas kürzer sein Punkte 9 max. Punktzahl 10 Knöchel etwas Anziehen eng, rutscht auch ohne Schlaufen nicht hoch Punkte 9 max. Punktzahl 10 Angenehm luftig Tragekomfort auch bei höheren trocken Temperaturen Punkte 20 max. Punktzahl 20 Tragekomfort feucht Punkte 20 max. Punktzahl 20 Trockenzeit Punkte 30 max. Punktzahl 30 Preis Punkte 10 max. Punktzahl 10 Punkte 98 Summe (max. 100 P.) PLATZIERUNG 1 70 60 Feuchteanteil in % 50 40 30 Dainese Sotto Tuta Köhler Microtex-Sport Köhler Thermoline IXS Johnny Rukka RVP Technica 20 10 0 0 0,5 1 Trockenzeit in Stunden 1,5 2 2,5 3 Um einen gewissen Gebrauchtzustand sowie realistische Testbedingungen zu schaffen, wurden alle Anzüge zunächst fünf Mal gewaschen. Es folgten Praxistests mit verschiedenen Fahrern auf der Rennstrecke. Zur Ermittlung der Trocknungskurven wurde zunächst das Trockengewicht der einzelnen Underalls bestimmt (entspricht 0% Feuchteanteil im Diagramm). Daraufhin wurden die Anzüge maschinell gewaschen, geschleudert und erneut gewogen. Schließlich wurden die Anzüge einzeln an einem gleichmäßig belüfteten Ort aufgehängt und alle 30 Minuten erneut gewogen, um so den Trockenverlauf zu dokumentieren. PS 6/2003 91