Untitled - Berlin

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Untitled - Berlin
KÖLNER KNIGGE
Ertay Hayit, Tobias Büscher
Kölner Knigge
herausgegeben von
Ertay Hayit
Autoren: Ertay Hayit, Tobias Büscher
Herausgeber: Ertay Hayit, M.A.
Fotos: Cornelia Auschra (S. 2/3, 15), Tobias Büscher (S. 21),
Mundo Marketing GmbH
Mundo Marketing GmbH, Köln
ISBN
ISBN
ISBN
ISBN
Print 978-3-87322-118-5
PDF 978-3-87322-119-2
epub 978-3-87322-120-8
mobi 978-3-87322-121-7
1. Auflage 2006/2011
Covergestaltung: Michaela Müller
Redaktion, Satz, Layout: Mundo Marketing GmbH, Köln
www.mundo-marketing.de
www.hayit.de
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Inhalt
Inhalt
Vorwort
Köln ist ein (Lebens-) Gefühl . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8
Was es in Köln zu essen und zu trinken gibt
Berühmte Magenfüller . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10
Der Köbes ist König
Einst fromme Pilger, heute freche Jungs . . . . . . . . . . . . 20
Mehr als nur reden
Kölsch – die Sprache der Kölner. . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24
Wir sind Köln
Freundschaften und die Kölner . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 33
Richtig Karneval feiern
Tolle Tage in Köln. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 36
Die beiden Gesichter des kölschen Klüngelns
Sportliches Ereignis und kriminelles Handeln . . . . . . . . 45
Durch Höhen und Tiefen
Die Kölner und ihr FC . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 50
Kölner Veedel
Leben in einer Großstadt mit dem Gefühl einer Kleinstadt 56
Zu guter Letzt: kölsche Witze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 60
Kölner Knigge
8
Vorwort
Köln ist ein (Lebens-)Gefühl
Köln ist keine Stadt – Köln ist ein Zustand. Das sagen auf jeden Fall die zahlreichen Köln-Fans. Nicht
nur Ur-Kölner, sondern auch Zugereiste. Neu-Kölner heißen in Köln übrigens „Imis“. Das ist nicht die
Bezeichnung für Immigranten. Imis ist die Abkürzung für „Imitatoren“. So werden teils spöttisch,
teils liebevoll jene Personen genannt, die Kölner
Lebensweise und Kölner Lebenskultur imitieren.
Die also so sein wollen wie ein richtiger Kölner.
Dabei gibt es nur wenige richtige „Bilderbuch-Kölner“. Denn in Köln ließen sich immer schon Menschen aus nah und fern nieder. So wurde und ist
die Stadt ein einzigartiger, reizvoller Schmelztiegel.
Dies stellt sicher, dass Köln atmet, lebt, sich ständig erneuert und verjüngt.
Köln-Kritiker zeigen einem – zu Recht – an vielen
Stellen städtebauliche Verfehlungen, Hässlichkeiten und Marotten. So hat Köln eben viele Gesichter: Traditionelles und Modernes, Schönes und
Hässliches, Lustiges und Trauriges, Weltläufiges
und Provinzielles.
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Vorwort
Das Gute an Köln: Mit dem Knigge nehmen es die
Kölner locker. Hier darf man ruhig auch mal ins Fettnäpfchen treten, es wird verziehen. Damit Sie sich
rundum wohl fühlen, wird in diesem Büchlein Wissenswertes zur Kölner Lebensweise aufgezeigt, z.B.
was man in Köln isst und wie man es nennt. So
bleibt einem manche Überraschung erspart.
Was es mit Kölsch als Sprache und als Getränk auf
sich hat, ist auch ein Thema, genau wie die fünfte
Jahreszeit: der Kölner Karneval. Er hat in Köln seinen geregelten Ablauf, seine Riten und seine Freiheiten. Ebenfalls geht es um die Kölner und ihren
Fußballclub, den 1.FC Köln. Kaum ein Fußballverein
hat so viele treue Fans, selbst wenn es auf dem Rasen oder hinter den Kulissen mal nicht so gut läuft.
Bekannt ist auch der „kölsche Klüngel“. Er hat – wie
fast alles in Köln – zwei Gesichter.
Es gibt keine endgültigen Ratschläge für das Leben
in Köln. Einige Dinge sollte man kennen, der Rest ergibt sich von selbst. Genießen Sie die Domstadt einfach. Köln ist ein Lebensgefühl. Mit Sonne und
Schatten. Aber Köln lebt, pulsiert. Und daran gilt es
sich zu erfreuen.
Ertay Hayit, Tobias Büscher
Kölner Knigge
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Was es in Köln zu essen und zu
trinken gibt
Berühmte Magenfüller
Hämische Kölner freuen sich, wenn sie mit NichtKölnern zum Essen gehen. „Halver Hahn“ steht in
vielen typischen Kölner Lokalen auf der Speisekarte. Unwissende assoziieren damit ein halbes Hähnchen und freuen sich über den günstigen Preis.
Groß ist die Überraschung, wenn dann statt des erwarteten Flattermanns das Folgende serviert wird:
eine dicke Scheibe Käse (mittelalter Gouda), ein
Röggelchen (Roggenbrötchen), Gurke, Butter und
Senf. Doch trotz dieser augenzwinkernden Fremdenfopperei ist man mit einem „Halven Hahn“ bestens bedient. Er ist einer von mehreren berühmten
und deftigen Kölner Magenfüllern.
Deftig ist sie, die Kölner Küche. Und sie hat eine lange Tradition. Deshalb sind die Kölner auch mächtig
stolz auf ihre regionale Kochkunst. Auch wenn man
sie landläufig eher als bürgerliche Küche bezeichnen könnte. Im Laufe der Zeit wurden so manche
Mythen rund ums Essen gesponnen. Warum ein Kä-
11
Essen und Trinken
sebrötchen übersetzt „halber Hahn“ heißt, weiß eigentlich keiner mehr so genau. Umso mehr ranken
sich Geschichten um die Entstehung des Begriffes.
Und das ist eben typisch Kölsch: Ein paar Gläser
Bier in geselliger Runde, und schon werden die tollsten Geschichten erzählt.
Kölsch – das Bier der Kölner
Das Bier, das in Köln getrunken wird, heißt Kölsch.
Wie der Dialekt dieser Stadt. Gebraut wird es als
Trinken bis zum Abwinken
Kölsch wird in vielen Kölner Lokalen bis zum
sprichwörtlichen Abwinken getrunken. Sobald das
Kölschglas leer ist, steht schon ein frisch gezapftes
neues Glas auf dem Deckel. In typischen Kölner
Kneipen und in den meisten Brauhäusern geht das
ohne entsprechende Nachfrage beim Wirt oder
Kellner. Nur dort, wo viele Touristen einkehren, hat
man von dieser schönen Sitte Abstand genommen.
Viele Nicht-Kölner haben sich darüber beschwert
und wollten das Bier nicht bezahlen. Deshalb ein
Tipp: Wer nicht mehr weitertrinken will, legt einfach
einen Bierdeckel auf sein Glas. Das ist das Signal,
dass kein weiteres Kölsch gewünscht wird.
Kölner Knigge
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obergäriges Bier in langer Tradition. Kölsch ist ein
von der EU geschützter Begriff (wie z.B. Champagner), der 1986 in der so genannten Kölsch-Konvention festgeschrieben wurde. Es bezeichnet die Art
und die Herkunft des Bieres aus der Kölner Region.
Getrunken wird es aus Kölner Stangen. Das sind
schmale 0,2 Liter-Gläser, die in der Außengastronomie auch schon mal 0,4 Liter groß sein können. Das eine oder andere Glas Kölsch gehört zu
fast jedem kölschen Gericht dazu. Meinen auf jeden Fall die Kölner und trinken kaum Wein („Das
Beste am Wein ist doch das Kölsch danach!“). Das
obergärige Altbier aus Düsseldorf, Alt genannt,
wird von Kölnern gemieden. Nein, in Köln trinkt
man Kölsch. Das war so, das ist so und das soll
auch so bleiben. Denn Kölsch ist für die Kölner
nicht nur ein süffiges Getränk, es ist auch Ausdruck
von Lebensfreude und Verbundenheit mit der Heimatstadt. Welche Kölschsorte aus welcher Brauerei nun die Beste ist, darüber lässt sich mit vermeintlichen und tatsächlich trinkerprobten Kölnern
trefflich streiten. Doch der Genießer schweigt und
trinkt.
Das Bierprodukt „Kölsch“ ist leider auch nicht von
der allgemeinen Wirtschaftsentwicklung verschont
geblieben. Unter den Kölsch-Brauereien gab es in
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Essen und Trinken
Tus und Tabus
Anstoßen mit dem Kölschglas:
Auch in Köln prostet man sich beim Kölsch trinken
gerne zu. Dabei sollte man aber beachten, dass
man nicht mit dem oberen Glasrand anstößt. Die
Kölner Stangen sind recht dünnwandige Gläser,
und da kann es im Eifer des Trinkgelages schon
einmal passieren, dass bei zuviel Schwung das
Glas zerbricht. Besser ist es, wenn die Gläser sich
im unteren Teil berühren. Und dies möglichst vorsichtig.
Schnell gezapft und schnell getrunken:
In Köln gibt es keine Mentalität des Wartens auf ein
Kölsch. Anders als beim Pils, das bekanntlich sieben Minuten benötigt, um ordentlich gezapft zu
sein, fließt das Kölsch schnell ins Glas. Da es obergärig ist, wird es aber auch schnell schal. Die Folge: Es muss zügig getrunken werden. Und weil in
eine Kölner Stange meist nur 0,2 Liter des kostbaren Gerstensaftes passt, steht nach dem genüsslichen Leeren sofort wieder ein volles Glas auf dem
Bierdeckel.
den letzten Jahren einen starken Konzentrationsprozess. Zwar existieren von ehemals über hundert
Kölner Knigge
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Marken noch immer ca. dreißig. Diese werden aber
nicht mehr alle in eigenen, wirtschaftlich unabhängigen Brauereien hergestellt. So gehören mehrere
Kölsch-Marken bereits einem großen LebensmittelKonzern. Andererseits gibt es einige Marken aus
unabhängigen Mini-Brauereien.
Zwischen Himmel und Erde
So etwas kann nur Kölnern einfallen: „Kölscher Kaviar” ist nicht etwa eine Delikatesse bestehend aus
Eiern des Störfisches. „Kölscher Kaviar” ist ein
Stück Schwarzbrot mit Blutwurst und Zwiebeln. Die
Bezeichnung Kaviar ist eher ironisch gemeint. In
Köln gehörte eine gute Portion Ironie schon immer
mit zur fröhlichen und selbstbewussten Lebenskultur. Vor allem wenn es um den Umgang mit den
Mächtigen und Reichen ging.
Dass man sich in Köln zwischen Himmel und Erde
fühlt, beweist auch ein Gericht gleichen Namens
(Himmel un Ääd). Zwar entspricht die Namensbezeichnung nicht dem kölschen Lebensgefühl, aber
irgendwie passt sie dazu. Es handelt sich um ein
Speisengemisch aus Kartoffeln und Äpfeln (Apfelmus), das mit gebratener Blutwurst (Flönz) und
Zwiebeln serviert wird. Dabei stehen Äpfel, die auf
15
Essen und Trinken
Zum „Halven Hahn” – einem Röggelchen mit Käse – gehört in Köln ein Kölsch dazu
Kölner Knigge
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Bäumen gen Himmel wachsen, für „Himmel“ und
Kartoffeln, die in der Erde gedeihen, für „Erde“.
Brauhäuser: typisch Kölsch
Kölsche Küche braucht man in Köln nicht lange zu
suchen. Es gibt sie fast in jeder Eckkneipe (op d´r
Eck) und in allen traditionellen Brauhäusern. Kölner
Brauhäuser sind ein gastronomisches Phänomen.
Ursprünglich dienten sie dazu, den Bierabsatz der
entsprechenden Brauerei zu erhöhen. Doch die
Gasthäuser entwickelten sich zu dem, was man unter „typisch Kölsch“ versteht und pflegen weiterhin
engagiert die traditionelle kölsche Küche. Sie sind
zum Teil sehr touristisch ausgerichtet und trotzdem
für viele Kölner ein Stück Heimat, das man immer
wieder gern besucht. Trotz der Touristenanstürme
stellen viele Brauhäuser auch für einige Ur-Kölner
die Stammkneipe dar. Brauhäuser in Köln sind immer rustikal ausgestattet mit einfachen Holztischen
und -bänken. Dass es hier oftmals laut und fröhlich
zugeht, verdankt man auch den Kellnern, die in
Köln „Köbes“ heißen. Ihnen ist in diesem Buch ein
eigenes Kapitel gewidmet.
Doch Essen und Trinken in Köln nur mit den
Brauhäusern zu verbinden, würde dem unermüdli-
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Essen und Trinken
Typisch Kölsch sind die zahlreichen Brauhäuser der Stadt,
wie hier das stets gut besuchte „Früh am Dom”
Kölner Knigge
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chen Einsatz vieler Gastronomen nicht gerecht. So
gibt es die bekannten „Muscheln rheinischer Art“
auch in vielen Szene-Kneipen. Und auch in der gehobenen Gastronomie werden sie in der jeweiligen
Jahreszeit serviert. Muscheln isst man ja bekanntlich nur in Monaten, deren Namen mit einem „r“ enden. Die rheinische Komponente bei dem Muschelgericht besteht aus der Zubereitung mit Zwiebeln, Gemüse, Wasser und Wein. In der Kölner
Kneipenszene hält sich hartnäckig das Gerücht,
dass man bei der Bestellung der Muscheln in so
manchem Lokal zuerst bezahlen muss, bevor die
dampfende Köstlichkeit auf den Tisch kommt. Lassen Sie sich aber den Appetit nicht verderben!
Eine kölsche Schlachtplatte ist nichts für den kleinen Hunger. Dafür ist sie allzu üppig. Auf den Tisch
kommen Kasseler, Speck, Flönz (Blutwurst), Bockwurst und Hämchen. Hämchen ist auch ein eigenes Gericht, das gern mit Kartoffelbrei und Sauerkraut gegessen wird. Bei Hämchen denkt sicherlich
so mancher Fußball-Fan an ein schmerzendes
Bein. So nennt man in Fußballerkreisen eine blaugetretene Stelle an der Wade (Eisbein). Aber
Hämchen ist auch die Bezeichnung für eine Kölner
Delikatesse. So heißt auf Kölsch die Vorderhaxe
des Schweins mit seinem dicken Speckmantel.
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Essen und Trinken
Obwohl es recht fettig und sicherlich nicht jedermanns Geschmack ist, gilt es gekocht für viele Kölner und Nicht-Kölner als Tafelfreude erster Klasse.
Hauptsächlich zur Karnevals- und Weihnachtszeit,
aber nicht nur dann, gibt es die typischen Kölner Gebäckspezialitäten. Es sind Muzemandeln aus fettreichem Mürbeteig, die wie ein Tropfen geformt sind.
Oder Krapfen, die als Gebäckstücke im heißen Fett
frittiert werden.
Köln ist seit alters her als internationale Handelsstadt ein Schmelztiegel für Gerichte aus verschiedenen Regionen. Und neben der mittlerweile traditionellen kölschen Küche entwickeln sich die Essund Trinkgewohnheiten in Köln stetig weiter. Auch
wenn der Kölner an sich doch sehr an dem einen
oder anderen Gericht hängt, gibt man sich doch
offen für neue Leckereien. Getreu dem Motto: „Et
schmeckt wat schmeckt“.
(eh)
Kölner Knigge
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Der Köbes ist König
Einst fromme Pilger, heute freche Jungs
Stellen Sie sich folgende Szene vor. Sie kommen in
der mittelhessischen Stadt Lich in eine Kneipe und
bestellen bei einem Kellner ein Kölsch. Er wird Sie
ansehen, die Augenbrauen heben und sagen: Tut
mir leid, so etwas führen wir hier in Hessen nicht.
Und jetzt stellen Sie sich mal vor, sie gehen ins Kölner Päffgen und bestellen bei einem Köbes ein Licher Pils. Machen Sie das mal. Spätestens dann
wissen Sie, was das ist, ein Köbes. Bei mir klang
das so: „Jung, du bes wohl größenwahnsinnig!“.
Der Köbes, um das gleich vorweg zu nehmen, ist ein
gestandener Mann mit blauem Hemd, blauer Schürze und einer ledernen Geldtasche unter dem Bauch,
der einen Kranz Bierstangen trägt. Er nimmt Gastfreundlichkeit sehr wörtlich. Sie sind als Gast freundlich, sonst können Sie was erleben. Der Köbes stellt
Ihnen, auch wenn Sie gar nichts bestellt haben, das
nächste Kölsch hin und dann bedanken Sie sich
brav. Ansonsten gibt es ein echtes Gespräch, und
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Der Köbes ist König
dann können Sie mal die Schlagfertigkeit des Köbes
testen. Will heißen: der Köbes ist König, der Gast ist
Gast. Im Übrigen brauchen Sie gar nicht nach anderen Getränken wie beispielsweise Kamillentee zu fragen. Er wird Ihnen erklären, dies sei ein Brauhaus
und nicht die Intensivstation der Kölner Uniklinik.
Dass er Sie dabei in jedem Fall duzt, sollten Sie
höflich zur Kenntnis nehmen. Auch wenn Sie Firmenchef eines global erfolgreichen Konzerns sind
und im Armani-Anzug da sitzen. Vor dem Köbes
Auch in diesem Brauhaus gilt: der Köbes ist König – der
Gast ist Gast
Kölner Knigge
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sind alle gleich. Und nennen Sie ihn niemals Ober,
Kellner oder gar Bedienung. Schnippen Sie auch
nicht mit den Fingern. Der Köbes kommt zu Ihnen,
wenn er das für richtig hält. Andererseits kann es
durchaus sein, dass Sie gerade in ein Gespräch
vertieft sind und der Köbes plötzlich dazwischen
platzt und sich angeregt an der Unterhaltung beteiligt. Thema egal, der kennt sich mit allem aus. Er ist
nämlich Entertainer. Die Kölner Kneipe ist seine
Bütt. Und selbstverständlich ist er eine Institution,
kein Dienstleister!
Vom Wanderer zur Institution
Diese echte kölsche Type gibt es schon erstaunlich
lange. Und schon damals, im tiefsten Mittelalter,
war sie nicht auf den Mund gefallen. Der Köbes war
seinerzeit Wanderer, genauer gesagt Pilger, auf
dem Weg nach Santiago de Compostela. Dort in
Nordwest-Spanien hatte man im Jahr 813 die Gebeine des Heiligen Jakobus entdeckt. Dies löste
europaweit einen unglaublichen Pilgerboom aus,
ähnlich dem nach Rom und Jerusalem. Wer den
strapaziösen Jakobsweg über die Pyrenäen nach
Galicien schaffte, dem brachte dies Ablass von allen Sünden. Hurerei, Völlerei, Klüngelei, Sauferei
und Diebstahl inbegriffen.
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Der Köbes ist König
Doch der Weg war lang, und so mancher, der in
Köln Station machte, verdingte sich in der Domstadt schon mal als Brauknecht in einer der Tavernen. Das war die Geburtsstunde des Köbes. Der
Name entstand so: Damals trauten sich die Leute
noch, die jobbenden Jakobspilger herbeizuzitieren
und mit den Fingern zu schnippen, wenn sie Durst
hatten: „Köööbes“, riefen sie dann laut und respektlos, das kölsche Wort für „Jakooobus“.
tb
Kölner Knigge
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Darf dat dat? Dat darf dat! Dat dat dat darf!
(Kölsches Wortspiel: Darf die das? Die darf das!
Dass die das darf!)
Mehr als nur reden
Kölsch – die Sprache der Kölner
Dass sich Kölsch als Dialekt immer noch hartnäckig in Köln hält, hat viel mit dem Herzen der Kölner zu tun. Eine schnelllebige Zeit, jede Menge
englische Begriffe in der deutschen Hochsprache,
eine globalisierte Welt des Warenflusses: Wenig
davon kann dem rheinischen Dialekt, der in der
Stadt Köln Kölsch heißt, etwas antun. In Köln ist der
Dialekt Ausdruck einer besonders engen regionalen Zugehörigkeit. Und Kölner ist man eben von
ganzem Herzen.
Zugegeben: Reines Kölsch sprechen nicht mehr
sehr viele Menschen. Meistens sind es ältere Mitbürger, die es noch perfekt beherrschen. In breiten
Teilen der Kölner Bevölkerung vermischt sich
Hochdeutsch mit Kölsch. Was aber nicht den Un-
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Kölsch – die Sprache der Kölner
tergang für das Kölsche bedeutet. Denn erstens
bleibt die Intonation des Dialekts erhalten. Den
breiten Singsang erkennt man sofort, selbst wenn
Hochdeutsch gesprochen wird. Und zweitens ist
ein Dialekt nie etwas Statisches. Die kölsche Mundart hat sich seit alters her immer weiter entwickelt
und wird dies auch in Zukunft tun. Viele Redewendungen und Worte des kölnischen Dialekts entstammen dem Französischen. Die französische
Besatzung im 18. Jahrhundert war bei den Kölner
Bürgern nicht sehr beliebt. Trotzdem sind viele
französische Begriffe in den kölschen Dialekt eingeflossen. Weitere Einwirkungen stammen aus
dem Plattdeutschen, dem Niederländischen und
auch aus der spanischen Sprache.
Zwei Seiten der Kölner Seele
Seit 1983 wacht über das Kölsche mit Argusaugen
die „Akademie för uns kölsche Sproch“ (www.
koelsch-akademie.de). Dort versucht man durch
Publikationen (z.B. Kölsches Wörterbuch) und Seminar-Veranstaltungen den kölschen Dialekt aufzuzeichnen und Regeln für Grammatik und Rechtschreibung zu erstellen. Bei einigen Kölnern, insbesondere bei Künstlern und Schriftstellern, ist die
Akademie aber nicht unumstritten. Das hat etwas
Kölner Knigge
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mit dem Selbstbild der Kölner zu tun. Schon die
französische Besatzungsmacht und später die
preußische Obrigkeit waren den Domstädtern in
ihrem Drang nach Unabhängigkeit zuwider. So
möchten viele ihre Heimatsprache nicht in irgendeine Form gepresst sehen.
Kritiker tragen vor, dass sich jeder Dialekt ständig
wandelt, immer neue Formen annimmt und sich somit nicht verbindlichen Regeln unterwerfen lässt. So
zeigt die Tatsache, dass überhaupt eine Akademie
für die Mundart Kölsch existiert und dass es Diskussionen darüber gibt, die beiden Seiten der Kölner
Seele auf. Einerseits möchte man die Tradition pflegen, andererseits sich aber nichts vorschreiben lassen.
Der Kölner Karneval hat viel zum Erhalt und zur Pflege des Dialekts beigetragen. Gleich ob Büttenreden
im Sitzungskarneval oder alte und neue Karnevalsschlager. Hier wird Kölsch geredet und gesungen. In
der fünften Jahreszeit symbolisiert der Dialekt das
Volksnahe, Bodenständige und auch das Zusammengehörigkeitsgefühl aller Kölner. Auch die Karnevalsbesucher aus anderen Regionen Deutschlands
fühlen sich mit eingebunden und singen kräftig kölsche Lieder mit.
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Kölsch – die Sprache der Kölner
Zwei die die kölsche Sprache perfekt beherrschen: die Originale Tünnes und Schäl aus dem Kölner Hänneschen-Theater
Kölner Knigge
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Dass die kölsche Mundart auch bei jüngeren Menschen akzeptiert wird, ist zum großen Teil der Verdienst einiger Musikbands, allen voran BAP. Die
Gruppe BAP mit ihrem Gründer und Sänger Wolfgang Niedecken hat den Kölsch-Pop weit über die
Grenzen von Köln bekannt gemacht. Und das obwohl den Kölsch-Puristen die Haare zu Berge standen: Die Texte von Wolfgang Niedecken sind eine
Mischung aus Südstadt-Kölsch, umgangssprachlichen Begriffen und Hochdeutsch. Für die Fans der
Band ist das kein Problem. Es ist ihre Band und ihr
Kölsch. Wolfgang Niedecken fühlt sich mit seinen
kölschen Songtexten keineswegs dem Kölner Karneval verbunden. Das Gleiche traf anfänglich auch
auf die kölsche Rock-Gruppe Brings und trifft immer noch auf die Zeltinger-Band zu.
Andere Musikbands sind als Karnevalsband angetreten und mit ihren kölschen Liedern mittlerweile
zum Teil auch außerhalb des närrischen Treibens
etabliert. Herausragendes Beispiel sind die Bläck
Fööss, denen es immer wieder gelingt, mit kreativen kölschen Texten und mit abwechslungsreicher
Musik Fans aus allen Schichten und Altersgruppen
zu begeistern. Auch die Bands Höhner, Räuber
und Paveier können das von sich behaupten.
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Kölsch – die Sprache der Kölner
Um Kölsch als Mundart zu lieben, muss man mit ihr
vertraut werden. Das gilt auch für die Menschen, die
sie sprechen. Dann bekommt man ein Gespür für
die besondere Qualität dieses Dialekts und seine
Doppeldeutigkeiten, bei der das Derb-Drastische
und das Zärtlich-Liebevolle meist eng beieinander
liegen. „Do fiese Aaschknubbel“ tituliert vielleicht ein
Autofahrer seinen unverschämten Zeitgenossen,
der ihm den Parkplatz vor der Nase weggeschnappt
hat. „Ming klein Aaschknübbelche“ nennt aber auch
die Mutter zärtlich ihr Baby, das strampelnd in ihrem
Arm liegt.
Wer Kölsch spricht, muss beobachten können. Sowohl sich und seine Mitmenschen als auch alles,
was um einen herum passiert. Beispiel: „Erusklamüsere“ heißt auf Hochdeutsch „herausfinden".
Der kölsche Begriff beschreibt – zum Teil auch lautmalerisch – die Anstrengung und die Mühe dieses
Prozesses so intensiv, dass man diesen so richtig
nachempfinden kann.
Kölner Schimpfwörter und Sprüche
Kölsch ist ein kreativer, variabler Dialekt, der immer
wieder neue Wortschöpfungen und Wortkombinationen erlaubt. Das trifft besonders auf Schimpf-
Kölner Knigge
30
wörter zu, von denen es in Köln unendlich viele
gibt. Spötter behaupten sogar, dass es so viele Kölner Schimpfwörter gäbe, dass man ein langes Leben brauche, um diese alle anzuwenden. „Aapefott“ (Hinterteil eines Affen) tituliert ein Streithahn
seinen Streitpartner. „Sackjeseech“ (Sackgesicht)
ruft dieser zurück. Trotz der derben Beschimpfungen trinken beide dann wieder einvernehmlich ein
Bier zusammen. Denn in den kölschen Schimpfwörtern steckt stets auch ein Stück Versöhnung.
Auch wenn der Inhalt alles andere als freundlich ist,
so klingt die kölsche Sprache so verbindlich, dass
man trotz Streit wieder aufeinander zugehen kann.
Sicherlich ist es eine Illusion zu glauben, der kölsche Dialekt sprenge soziale Barrieren. Doch in
Köln spricht Kölsch nicht nur der einfache Mitbürger auf der Straße (vun d´r Stroß), sondern auch
5 Kölner Schimpfwörter
Aaschkröffer – Schmeichler, Arschkriecher
Bäbbelschnüss – Schwätzer, Vielredner
Feschgeseech – Fischgesicht
Kappeskopp – Kohlkopf, Dummkopf
Mömmesfresser – Geizkragen
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Kölsch – die Sprache der Kölner
5 Kölner Sprüche
Jeder Jeck is anders. Jeder Narr (Mensch) ist
anders.
Los Jecke elans. Lass Menschen Menschen sein.
Et kütt wie et kütt. Es kommt wie es kommt.
Et hät noch immer jot jejange. Es ist noch immer
gut gegangen.
Wenn et klapp, dann klapp et. Wenn es klappt,
dann klappt es wirklich.
der Bürgermeister und manch angesehener Würdenträger. Zumindest gelegentlich. Das verbindet.
Man fühlt sich zusammengehörig. Zur Region, zur
Stadt, zur Lebens- und Alltagskultur. Auch im Geschäftsleben, wo die Kommunikation meist streng
auf Hochdeutsch stattfindet, entspannt ein gelegentlich eingeworfener kölscher Spruch so manche knallharte Diskussion. Beispielsweise in Preisverhandlungen: „Wat nix kost, dat is nix“ (Was
nichts kostet, das ist nichts) oder „Dat jitt et för ene
Appel un e Ei“ (Das gibt es für einen Apfel und ein
Ei, sehr preiswert). Aus verkrampften, festgefahrenen Situationen hilft so der Kölsche Dialekt mit seiner melodischen Tonalität, dass wieder ein Lächeln
möglich wird.
Kölner Knigge
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„Kölsch verschwindet als Mundart“ behaupten die
Pessimisten und die Kölsch-Puristen. „Kölsch ist in
und macht Spaß“ behaupten dagegen fröhliche
Kölner und selbst viele Neu-Kölner (Imis), die nach
Köln gezogen sind. Sicherlich verwischen gelegentlich die Grenzen zwischen Kölsch und Hochdeutsch. Aber Kölsch hat gute Chancen, noch lange Zeit zu überleben. Denn was wäre Köln ohne
Wörter wie „Mömmes“ (Nasenpopel), Möpp und
„Kappeskopp“ (Kohlkopf)?
(eh)
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Wir sind Köln
Wir sind Köln
Freundschaften und die Kölner
Freundschaften und Bekanntschaften seien in Köln
schnell geschlossen, sagt man. Und genauso
schnell wieder verloren. Als oberflächlich werden
die Kölner oft bezeichnet. „Kommunikativ und offen
sind sie“, sagen die Köln-Fans über die Kölner.
Man kann in Köln genauso einsam sein wie in Bayern oder in Westfalen. Oder man hat einen großen
Freundeskreis. Das alles hat nichts mit Köln zu tun.
Sondern mit jedem Menschen selbst. Und seinem
Verhalten. Aber in Köln ist es einfacher als anderswo, mit Menschen ins Gespräch zu kommen.
Gleich ob in Kneipen, auf der Straße oder auf öffentlichen oder privaten Festen: Überall trifft man
auf Menschen, die gerne und bereitwillig ein
Schwätzchen halten. Hat man dann gemeinsam einige Kölsch getrunken, klopft man sich auf die
Schulter, freut sich und fühlt sich wie alte Freunde.
Schließlich versteht man sich ja. Am nächsten Tag
ist alles vorbei. Man sieht sich nie wieder. Oder vielleicht doch irgendwann einmal. Wie auch immer:
Es war ein schöner Abend. Bei nächster Gelegenheit trifft man wieder auf freundliche und nette Mit-
Kölner Knigge
34
Kölner. Und kommt ins Gespräch. Manchmal kann
daraus auch eine Freundschaft entstehen. Muss
aber nicht. Das hängt von den Menschen ab, die
da zusammentreffen. Und das hat wiederum nichts
mit Köln zu tun. Oder vielleicht doch. Dann aber
nur, weil beide von ganzem Herzen gerne in Köln
leben.
Zwischenmenschliche Kommunikation läuft in Köln
nicht anders ab als in jeder anderen Stadt Deutschlands. Vielleicht etwas leichter und unkomplizierter,
was den Kennenlern-Prozess betrifft. Das aufeinander Zugehen hat leicht mediterrane Züge. So wie
man es aus dem Urlaub in Spanien, Italien oder der
Türkei kennt. Man hat in Köln einfach weniger
Angst vor einem kurzen Dialog oder auch vor einem längeren Gespräch. Das wird von Bewohnern
anderer Regionen Deutschlands oftmals anders
gedeutet als es in Köln gemeint ist. In Köln bedeutet es nichts, wenn man jemanden anspricht. Das
verstehen Kölner noch lange nicht als Angebot zur
Freundschaft. Man redet nur gerne, ist neugierig
und freut sich fast immer über eine Witzelei.
Auch wenn er oft gerne vor einem geistigen Auge
gezeichnet wird: Es gibt keinen typischen Kölner.
Die Bewohner dieser Millionenmetropole kommen
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Wir sind Köln
aus fast allen Teilen Deutschlands und aus vielen
Gegenden dieser Welt. Köln ist ein riesiger
Schmelztiegel. Und genauso unterschiedlich wie
die Herkunft dieser Menschen sind auch ihre Verhaltensweisen. Es gibt in Köln Türken, die schon in
der dritten Generation hier leben. Oder Westfalen,
Ostpreußen, Ruhrgebietler. Oder Italiener, Spanier,
Franzosen, Niederländer. Oder Kenianer, Japaner,
Nordamerikaner. Man kann sie gar nicht alle aufzählen. Natürlich gibt es noch die vornehmen Kölner Familien oder die einfachen Leute, deren Vorfahren immer schon in Köln gelebt haben. Aber die
alleine sind nicht Köln. So sind in Köln Freundschaften oder Bekanntschaften genauso oberflächlich oder tiefgründig wie anderswo. Mit einem kleinen, aber entscheidenden Unterschied: Nur hier
gibt es das original kölsche Lebensgefühl.
(eh)
Kölner Knigge
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Richtig Karneval feiern
Tolle Tage in Köln
Die tollen Tage in Köln, das sind Tanz, Kölsch und
gute Laune, eine Stadt im Ausnahmezustand und
akustisch begleitet von Evergreens wie „En unserm
Veedel“ der Bläck Fööss aus dem Jahr 1974.
Manche bereiten sich monatelang vor, planen Büttenreden, kuriose Kostüme und rollende Pappbollwerke mit Riesenpuppen für den Rosenmontagszug. Andere stürzen sich einfach ins Gewühl, und
wieder andere ergreifen schlichtweg die Flucht, ob
Jecke Begriffe
Bütt: Bühne
Bützje: Kuss
Doosch: Durst
Nubbel: Strohpuppe
Strüßje: Blumensträußchen
Veedelszöch: Stadtteil-Umzüge
Wieverfastelovend: Weiberfastnacht
Zoch: Zug
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Richtig Karneval feiern
ins Umland, nach Hannover oder Djerba. Richtig
mitfeiern, dazu braucht man vor allem eins: „Spaß
an d´r Freud“.
Bützje, Räuber und Alaaf
Zum Knigge an Karneval gehört das Bützje, der
Kuss. Man verteilt ihn und bekommt ihn schon mal
auf die Wange gedrückt, wobei ihn Hofdamen und
Kavaliere gehaucht mögen, nicht geschmatzt.
An Karneval ist viel erlaubt ... außer Helau zu rufen.
Alaaf ist Kölsch und Helau kommt aus Dings, pardon, Düsseldorf. Wem dieser unendlich oft bemühte Zwist zwischen der Domstadt und dem Dorf an
der Düssel auf den Geist geht, verkleidet sich
schon mal als Altbier. Dann darf dat dat vielleicht
mit dem Helau. Ist aber mutig. Andere Ausdrucksweisen sind, sagen wir mal, unauffälliger.
Zum Karneval gehören auch die Räuber, und zwar
die Räuber durch und durch. Also: Wohnung gut
abschließen! An den tollen Tagen, sagt die Kölner
Polizei, wird höllisch viel geklaut, schließlich sind
die Diebe ja praktischerweise verkleidet und Personenbeschreibungen von Zeugen keine wirkliche
Hilfe. Kölle Alarm. Schlimm wäre, wenn die Lang-
Kölner Knigge
38
finger auch noch den Kühlschrank leeren würden,
denn da hinein gehört für das Wohlsein oder Wiederwohlwerden besonders Fisch, Saures und Eingelegtes. Unentbehrlich!
Auch in den Kneipen sollte man aufpassen. Gemeint ist jetzt nicht die Nebenwirkung vom Kölsch
oder Bützje, sondern das Vertauschen und Entwenden von Jacken. Oft ist das gar nicht böse gemeint oder gewollt, sondern liegt nur an den inneren Umständen, also am Alkoholpegel. Damit
nichts Wertvolles wegkommt: Handy und Geld im
Kostüm verstauen, also keine Handtaschen mitnehmen. Bei Kneipenumzügen genügen alte
Jacken, die aber sind wichtig. Denn drinnen ist es
heiß, draußen manchmal bibberkalt und windig.
Wer verschwitzt und halbnackt die Kaschämm
(Kneipe) verlässt, lagert am besten Erkältungstee
für eine verschnupfte Woche nach Aschermittwoch.
Kostüme mit viel Fantasie
Die Kleiderordnung ist, abgesehen vom Dreigestirn, weitgehend aufgehoben. Aber was zieht man
an? In Köln geht man gern als Zwiebel, Hunne oder
Flickenclown. Schwule sieht man oft als Matrosen,
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Richtig Karneval feiern
Karneval online
www.koelsche-fastelovend.de
Aktuelle News, Rückblicke und Terminplaner
www.koelnerkarneval.de
Homepage des Festkomitees mit vielen Infos und
Kartentauschbörse
www.stunksitzung.de
Homepage der alternativen Stunksitzung im E-Werk
www.rosasitzung.de
Homepage der schwul-lesbischen Rosa Sitzung
www.geisterzug.de
Infos zur Route des kamellefreien Geisterzugs am
Samstagabend
weil es auf dem Schiff ja auch nur Männer gibt. Und
viele türkische Mitbürger bleiben in zivil und abstinent. Denn gemeinsam Tanzen und Singen, sagen
sie, das machen sie ja schon im Verlauf der herkömmlichen vier Jahreszeiten.
Der Fantasie beim Kostüm sind keine Grenzen gesetzt. Der Autor dieser Zeilen ging auch schon mal
als Türkin. Während Kurzentschlossene als Mönch
oder Sheriff von der Kaufhausstange auftreten,
basteln andere an Eigenkreationen und mutieren
zu fantasievollen Märchenfiguren, Spielkarten,Te-
Kölner Knigge
40
lefonzellen oder sogar Blitzableitern. Man kann
auch als Prinz gehen. Ganz offiziell Prinz zu sein
ist aber schwierig, denn da braucht man nicht nur
eine Jungfrau und einen Bauern, sondern auch jede Menge Geld. Außerdem bleibt das Amt zugezogenen Imis verwehrt, weil man dafür in Köln geboren sein muss und kölsche Vorfahren haben
sollte. Wenn der Stammbaum bis Agrippina
zurückreicht, um so besser. Funkenmariechen zu
werden ist da schon leichter. Die Vereine notieren
einen gewissen Schwund und rühren die Werbetrommel.
Ganz oder gar nicht
Wer Karneval besonders liebt, ist schon früh dabei,
und zwar ab dem 11.11. um 11 Uhr 11(Schnapszahl). Solch ein Hardliner feiert, abgesehen von lästigen Arbeitstagen, bis Aschermittwoch durch, ohne eine Miene zu verziehen. Besucher der Domstadt wundern sich deshalb schon mal, wenn
Gardeoffiziere bereits in der Vorweihnachtszeit vor
Brauhäusern stehen und mit ihren stumpfen Säbeln rasseln.
Andere gehen es dosierter an. Beliebt ist ein Terminplan, bei dem man an den eigentlichen Karne-
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Richtig Karneval feiern
Highlight und Finale der tollen Tage in Köln ist die
Verbrennung des „Nubbels”
Kölner Knigge
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valstagen nicht durchfeiert, sondern immer einen
Tag dazwischen mehr oder weniger ausruht.
Jeder Tag hat seine Highlights. Am Donnerstag
(Weiberfastnacht) geht es nach der Karnevalseröffnung auf dem Alter Markt mitten ins Gewühl, denn
viele Kölner Firmen geben ihren Mitarbeitern frei.
Wer in eine der beliebten Karnevalskneipen wie
das „Lapidarium” oder den „Weißen Holunder”
möchte, sollte ausnahmsweise schon um 14 Uhr
da sein, denn sonst kommt man kaum mehr rein.
Am Freitag gibt es besonders viele Veranstaltungen, vom Medizinerball im Gürzenich bis zu den
Kostümsitzungen. Am Samstag kommen mittags
die Stadtteil-Umzüge (Veedelszöch) in Bewegung.
Sie sind viel kleiner und familiärer als der Rosenmontagszug. Wer das Innenleben des Kölner Karnevals kennen lernen möchte, kann in eine der lokalen Karnevalsgruppen eintreten, die in Schulen
und Vereinen entstanden sind. Sie basteln an Kostümen und Wagen und ziehen dann am Samstag
durch ihr Viertel. Vor allem mit Kindern sind diese
Züge empfehlenswert, weil stressfreier.
Ein ganz anderes Happening am Samstag ist der
Geisterzug. Der entstand 1992 (1. Golfkrieg) und
ist alles andere als ein Narrenzug. Mitläufer verklei-
43
Richtig Karneval feiern
den sich als Geist oder gar nicht. Ihr Lieblingsutensil ist die Trommel. Denn hier geht es nicht um Zuschauer, Kamelle und Schunkel-Rhythmen, sondern ums Laufen, Trommeln und Samba. Der Weg
des auto- und wagenfreien Zugs wird meist erst
kurz vor Samstag bekannt gegeben.
Songs üben
Vorher schon mal die Karnevalslieder üben? Hörbar
sind sie auf Samplern und CDs der Höhner, Bläck
Fööss, Räuber, Paveier, Brings, King Size Dick, De
Boore ... oder unter www.lossmersinge.de
Besonders beliebt sind die Schull- und Veedelszöch am Sonntag, die der WDR live überträgt. Die
bunten Kostümgruppen, Musikkapellen und kleinen Wagen nehmen den selben Weg wie der Rosenmontagszug, und die originellste Gruppe darf
sich am Tag darauf wieder einreihen. Am Montag
sind beim eigentlichen Zoch dann gut und gerne
140 Wagen unterwegs, und es hagelt auf dem rund
6,5 km langen Weg Kamelle und Strüßjer. Unter
Freunden ist es beliebt, Campingstühle, Proviant
und ein Pittermännchen (Kölschfass) mitzubringen
und sich schon mehrere Stunden vor Zugbeginn
einzufinden. Am besten dort, wo eine Toilette nicht
Kölner Knigge
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weit ist. Der Zug dauert gut und gerne vier Stunden, und da kann einem schon mal etwas kalt werden. Denken Sie deshalb an warme Socken.
Am Dienstag gibt es, wie bereits samstags, Karnevalsumzüge in den Veedeln, wobei sie in Nippes
und Ehrenfeld am größten sind. Das eigentliche
Highlight ist das Finale der tollen Tage. Der Nubbel,
eine Strohpuppe an und in den Kneipen, wird um
Punkt Mitternacht durch die Gassen getragen und
verbrannt. Denn mit ihm verbrennen alle Sünden,
jedenfalls die der letzten sechs Tage.
(tb)
45
Kölsches Klüngeln
„Man kennt sich, man hilft sich“. (Konrad Adenauer)
Die beiden Gesichter des
kölschen Klüngels:
Sportliches Ereignis und kriminelles
Handeln
Kölscher Klüngel ist berühmt. Wenn man Klüngel
sagt, dann meint man Köln. Klüngeln kann fast jeder Kölner. Köln ist zwar eine Millionenstadt, aber
durch seine Veedel (Stadtteile) irgendwie auch ein
Dorf. Man ging zusammen zur Schule, traf sich im
Sport- oder Karnevalsverein, abends sah man sich
in der Eckkneipe. Zusammen gefeiert wurde auch
immer kräftig. Gleich ob im Karneval, auf einem der
zahlreichen Events oder im Privatkreis. Und da
man in Köln eher offen und kommunikativ ist, fällt
es nicht schwer, neue Menschen kennen zu lernen.
So kennt man sich halt in Köln und hilft sich gegenseitig. Wenn man eine Wohnung sucht, kennt
irgendeiner bestimmt irgendwen, der wieder jemanden kennt, dessen Wohnung zu vermieten ist.
Kölner Knigge
46
Klüngel-Tipp für Anfänger
Positives Klüngeln ist in Köln ganz einfach. Pflegen
Sie Ihren Freundes- und Bekanntenkreis. Seien Sie
offen dafür, neue Leute kennen zu lernen. Helfen
Sie dort mit, wo man Sie braucht. Im Rahmen Ihrer
Möglichkeiten, aber ohne Wenn und Aber. Empfehlen Sie Ihre Freunde und Bekannten weiter, wenn
diese gebraucht werden und diese helfen können.
Sie werden nach einiger Zeit feststellen: Sie haben
sich ein Netzwerk aufgebaut, und man wird Ihnen
helfen, wenn Sie Unterstützung benötigen.
Ist der Hund entlaufen, so weiß man immer, wo
man in der Nachbarschaft nachfragen muss. Hat
der Partner oder die Partnerin sich von einem getrennt, schon laden nette Freunde einen ein, damit
man neue Leute kennen lernt. Auf der Suche nach
einer Ausbildungsstelle oder nach einem neuen
Job? Kein Problem: der Pitter hat da einen Tipp.
Die Oma ist krank und man sucht eine Hilfe zur
Pflege? Auch kein Problem: Die Nachbarin drei
Häuser weiter kennt da jemanden. Der Firma fehlen noch ein paar Aufträge? Da ruft man am besten
mal den Pitter an. Der hat immer Aufträge zu vergeben. STOPP! Sitzt Pitter etwa im Einkauf der Köl-
47
Kölsches Klüngeln
ner Stadtverwaltung? Nein, keine Angst: Pitter arbeitet als kaufmännischer Sachbearbeiter in einem
mittelständischen Unternehmen. Man hilft sich halt.
Man hat sein Netzwerk, wie es dies in jeder anderen Region auf der Welt auch gibt. Da man sich in
Köln extrovertiert und locker gibt, kennt man ein
paar Menschen mehr als Bewohner anderer Regionen. „Networking“ heißt das auf Neudeutsch.
Nichts Schlimmes. So was gibt es jetzt auch im Internet weltweit. Die Amerikaner veranstalten Visitenkarten-Parties, um sich kennen zu lernen. So
was braucht man in Köln nicht. Man klüngelt halt.
Hilfst Du mir, helfe ich Dir. Irgendwie sympathisch,
aber nicht kriminell. Aufs Klüngeln ist man stolz in
Köln und bekennt sich auch öffentlich dazu. So
weit so gut.
Klüngeln falsch verstehen
Es gibt noch eine andere Seite. Man kennt sich,
aber man ist gierig. Dazu meist noch arrogant,
selbstherrlich und elitär. Man hilft sich. Bei öffentlichen Projekten, als Beamter, Angestellter im öffentlichen Dienst, als Unternehmer oder Unternehmen
und am allerschlimmsten als Mandatsträger mit einem öffentlichen Amt. Plötzlich geht es um Geld,
um viel Geld. Und allen Beteiligten geht es ver-
Kölner Knigge
48
dammt gut. Da hat schon lange der Spaß des Klüngelns aufgehört. Hier geht es um Bereicherung einiger weniger zu Lasten Dritter. Der Dritte ist meist
der Bürger der Stadt Köln. Also die Allgemeinheit.
Sie und ich. Wir beide und alle anderen zahlen, weil
sich einige wenige „Wichtig-Wichtig-Menschen“ eigene Spielregeln ausgedacht haben. Oder Klüngeln falsch verstehen. Klüngeln sagen, weil das ja
schick ist, aber Korruption meinen, Bestechung, ungerechtfertigte Bereicherung oder Verschwendung
von öffentlichem Eigentum.
Das liest sich einfach. Ein Fall für den Staatsanwalt!
Aber so einfach ist das nicht. Hier ist Klüngeln nicht
mehr öffentlich. Geschickt wird verdeckt gearbeitet.
Nachweise sind schwer zu führen. Gelegentlich ist
das Boulevard-Blatt „Bild Köln“ ein kleines bisschen
mutig und stellt kritische Fragen. Oder der WDR. So
gab es den WDR-Beitrag „Milliarden-Monopoly“ mit
schweren Vorwürfen gegen den Rat der Stadt Köln,
die Stadtsparkasse, den Oppenheim-Esch-Fond
(Oppenheim Bank, Unternehmer Josef Esch), ExOberstadtdirektor Lothar Ruschmeier (SPD). Andere
Kölner Medien halten sich lieber zurück. Ab und zu
schrieb die Süddeutsche Zeitung (!) über den Kölner CDU-Strippenzieher Rolf Bietmann wenig Erfreuliches. In der alternativen Kölner Stunksitzung gab
49
Kölsches Klüngeln
es im Jahre 2006 einen Sketch, der eine Parallele
des Kölner Filzes zu Mafiastrukturen zog.
Bundesweit bekannt wurde allerdings der Kölner
Müllskandal. Hier ging es um Schmiergeldzahlungen in Millionenhöhe, was dann doch mal die Gerichte beschäftigt hat. Insider aus der Kölner PolitikSzene meinen aber, dass die bekannten Fälle nur
die Spitze des Eisberges seien. Lassen wir dies
mal so stehen. Fakt bleibt, dass es in gewissen
Kreisen opportun zu sein scheint, den Adenauer
Satz „Man kennt sich, man hilft sich“ in beschämender Weise misszuverstehen und so Köln und
seiner Reputation empfindlich schaden. Schade für
die ehrlichen Kölner, schade für Köln.
(eh)
Kölner Knigge
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Durch Höhen und Tiefen
Die Kölner und ihr FC
Nehmen wir einmal an, wer nach Köln zieht, müsse
einen Einbürgerungstest ausfüllen (kleiner Scherz,
die Kölner sind dafür viel zu liberal). Dann würden
die Fragen wahrscheinlich so lauten:
1. Welchen Baustil hat der Dom?
2. Was ist „Himmel un Ääd“?
3. Woher stammt der Begriff „Köbes”?
und
4. Wie oft wurde der 1. FC Köln Deutscher Fußballmeister?
Also, lösen wir das gleich mal auf: der Dom ist gotisch. Himmel un Ääd ist eine kölsche Leckerei aus
am Himmel wachsenden Äpfeln und unter der Erde
(Ääd) gedeihenden Kartoffeln. Der Begriff Köbes ist
ein kölsches Wort für Jakobus. Die Kölner „Lokalhelden“ waren damals in den Brauhäusern vorü-
51
Die Kölner und ihr FC
bergehend jobbende Pilger auf dem Weg nach
Santiago de Compostela, und wer ein Bier wollte,
rief „Köbes“.
So, und jetzt das Wichtigste, jedenfalls beim Kneipengespräch, ganz gleich, ob ein Heimspiel versehentlich unter den Erwartungen blieb oder das
Auswärtsspiel besonders erfolgreich war. Dann
lohnt sich zu erwähnen, dass der Kölner FC immerhin schon dreimal Deutscher Meister war:
1962, 1964 und 1978!
Ein Herz für den Fußballclub
Es gehört sicherlich zum guten Ton, in der Domstadt etwas über den Verein zu wissen, und es gibt
sogar ganze Ton-Serien, das sind die Stadionlieder: Die kölsche Band Höhner komponierte 1986
den Südkurven-Hit „Unser Hätz schlägt för d´r FC
Kölle“ und 1998 „Mer stonn zo Dir, FC Kölle“. Die
Band BAP wollte da auch nicht hinten anstehen
und plädierte 1998 für mehr Speed im Spielaufbau:
„FC jeff Jass“.
Refrain:
FC, jeff Jass, mir wolle fiere
FC, jeff Jass, he weed nit resigniert
Kölner Knigge
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FC, jeff Jass, selvs wenn mir verliere
FC, jeff Jass, mir ston zo dir
Man muss ihn einfach mögen, den Verein, und mit
ihm feiern (fiere). Er macht es einem ja leicht, auch
wenn die Spielqualität schon mal Achterbahn fährt
und manche Trainerverträge in der Vergangenheit
unwesentlich länger hielten als Beziehungen ab
dem sechsten Kölsch an Weiberfastnacht.
Den Club mit den Vereinsfarben Rot-Weiß lieben
30.000 Mitglieder und knapp über eine Millionen
Fans. Jedenfalls hat Köln so viele Einwohner. Das
Stadion heißt RheinEnergieStadion und residiert in
der Aachener Straße mit der sympathischen Hausnummer 999. Der 1.FC Köln hat als erster Verein der
Bundesliga einen eigenen Torwart-Trainer eingeführt
und wohl auch deshalb schon früh Keeper beim
deutschen Nationalteam gestellt: Harald Schumacher und Bodo Illgner.
Für den FC sind regelrechte Größen des Fußballs
aufgelaufen, darunter Wolfgang Overath, Klaus Allofs, Pierre Littbarski, Thomas Häßler und in jüngerer Zeit Lukas Podolski. Kennen Sie nicht? Macht
nichts. Sagen Sie die Namen trotzdem mal, das
kommt gut.
53
Die Kölner und ihr FC
1. FC Köln auf einen Blick
Stadion
RheinEnergieStadion
Aachener Straße 999
50933 Köln-Müngersdorf
Fassungsvermögen: 50.374 Zuschauer
Telefon: 0221 / 7 16 16-300
Telefax: 0221/ 7 16 16-399
E-Mail: [email protected]
FC im Netz
www.fc-koeln.de; www.fc-fanshop.de
Vereinsfarben
Rot-Weiß
Erfolge
Deutscher Meister: 1962, 1964, 1978
Deutscher Pokalsieger: 1968, 1977, 1978, 1983
Club- und Stadionmagazin:
GeißbockEcho, erscheint zu jedem BundesligaHeimspiel; Verkaufspreis: 1 Euro
Maskottchen:
Hennes VII. (seit 1996)
Kölner Knigge
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Aus Fleisch und Blut: Geißbock Hennes
Und was den Verein besonders liebenswert macht,
ganz egal, ob in der 1. oder 2. Bundesliga, das ist
sein Maskottchen. Der Geißbock Hennes ist aus
Fleisch und Blut, und wenn er mit seinem Hüter,
dem Bauern Wilfried Schäfer, ins Stadion einläuft,
gibt es Sonderapplaus von den Rängen. Normal ist
es nicht, ein lebendes Tier als Fußballmaskottchen
zu haben, aber was ist in der Domstadt schon normal?
Klassisch war übrigens die Entstehungsgeschichte
des Maskottchens, wegen dem es ein Geißbockheim gibt und als Stadionmagazin das „GeißbockEcho“. 1951 übergab eine Zirkuschefin(!) dem
FC-Trainer Hennes Weißweiler das meckernde
Maskottchen auf einer Karnevalssitzung(!). Deshalb wurde er auch gleich Hennes I. (!) getauft und
ihm ein Trikot genäht: natürlich in Rot-Weiß. Es folgten Hennes II., Hennes III., Hennes IV. ...
Den aktuellen Geißbock können Fans sogar in seinem Stall beobachten, denn dort ist eine WebCam
eingebaut, die ihn beim Kauen, Schlafen und Scharren filmt. Und als der 1.FC damals vor wenigen Jahrzehnten Deutscher Fußballmeister wurde, da hat
55
Die Kölner und ihr FC
man dem Hennes auch ein Lied komponiert: „Unser
Bock ist Meister, er hätt se all jeputzt“. Da hat er stolz
den Kopf gereckt und gemeckert. Meckern gehört in
Köln eben auch zum guten Ton.
(tb)
Kölner Knigge
56
En unserm Veedel hält m´r zesamme!
Kölner Veedel
Leben in einer Großstadt mit dem Gefühl
einer Kleinstadt
Trotz einer Millionen Einwohner ist Köln übersichtlich geblieben. Der Grund: Man lebt in Veedeln
(Stadtviertel). Dabei hat jedes Stadtviertel seine Eigenarten und Lebensweisen.
Die Veedel haben nichts damit zu tun, wie die Stadt
verwaltungstechnisch aufgeteilt ist. Vielmehr handelt es sich um gefühlte Gebiete, die meist historisch gewachsen sind. Oft werden sie durch große
Straßen wie z.B. den Ring begrenzt.
9 Stadtbezirke in Köln
Innenstadt, Rodenkirchen, Lindenthal, Ehrenfeld,
Nippes, Chorweiler, Porz, Kalk und Mülheim. Diese
sind dann in 85 verwaltungstechnische Stadtviertel
unterteilt.
57
Kölner Veedel
Eines der schönsten und auch ältesten Veedel in Köln ist
das Martinsviertel in der Kölner Altstadt
Kölner Knigge
58
Jedes Veedel hat seine eigenen sozio-demographischen Strukturen. In manchen Stadtvierteln gibt es
einen hohen Ausländeranteil, andere Gegenden
sind eher bürgerlich. Die Kölner Südstadt ist bei
Künstlern und Intellektuellen besonders angesagt.
Junge Familien bevorzugen dagegen Gegenden
wie Vogelsang. Bürgerlich, aber auch sehr beliebt
bei Studenten, sind Sülz, Klettenberg oder Deutz.
Wer in Köln zur Oberschicht gehörte, wohnte in
Marienburg, wo protzige Villen die Straßen säumen. Mittlerweile haben sich dort auch viele Firmen
angesiedelt und man wohnt jetzt doch fast lieber in
Bayenthal.
Die meisten Einbrüche und die bestbewachten Villen findet man in Köln-Hahnwald. Hier, genauso
wie in Bayenthal und zum Teil auch in Rodenkirchen und Weiß, haben die neuen Reichen Kölns
Quartier gefunden. Ganz im Gegensatz dazu ist
das traditionelle Arbeiterviertel Kalk auf der rechten
Rheinseite zu sehen. Viele Jahrzehnte bot die mittlerweile abgerissene „Chemische Fabrik Kalk“ Tausenden Menschen Arbeit, die sich deshalb in diesem Stadtteil niederließen. Durch eine Reihe von
städtebaulichen Maßnahmen ist dieses Viertel wie
viele andere Gegenden in Köln im Umbruch. Aber
59
Kölner Veedel
man ist hier immer noch stolz auf seine Herkunft.
Das gilt auch für Nippes, das im Norden von Köln
auf eine ähnliche Tradition zurückblicken kann.
Hier wohnen Studenten, türkische Fordarbeiter und
Künstler Tür an Tür. Das kleinste Viertel ist der Eigelstein. Namensgeber ist eine Straße, die vom
Hauptbahnhof bis zum Ebertplatz führt. Weitere typische kölsche Veedel sind: Agnesviertel, Martinsviertel, Kwartier Latäng, Belgisches Viertel, Mülheim oder Ehrenfeld.
Viele Menschen leben schon seit Generationen in
„ihrem“ Veedel. Sie fühlen sich dort wohl, weil man
zwar in einer Großstadt wohnt, aber trotzdem seine
Nachbarn noch kennt.
(eh)
Kölner Knigge
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Zu guter Letzt: kölsche Witze
Zum Schluss noch eine kleine Kostprobe aus dem
Kölner Witze-Repertoire mit drei Beispielen in
Kölsch und Hochdeutsch, die ein wenig die Kölner
Mentalität widerspiegeln:
Der Kölsche sprich drei Frembsproch:
1. Huhdütsch met Knubbele,
2. Kölsch,
3. üvver ander Lück
Der Kölner spricht drei Fremdsprachen:
1. gebrochen Hochdeutsch,
2. Kölsch,
3. über andere Leute.
Op ener Bank en de Riehler Heimstätte setze drei
Rentner. Noh ner halve Stund sät dä ein: „No jo!“
En Stund späder dä zweite: „Jojo!“
Stundelang kütt dann nix bes dä drette sät: „Wann
ehr zwei nit bal met der Puletik ophööt, jon ich!“
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Kölsche Witze
Drei Rentner sitzen auf einer Bank. Nach einer halben Stunde sagt der eine: „Naja.“ Eine Stunde später sagt der zweite: „Ja, ja.“ Stundenlang schweigen alle, bis der Dritte sagt: „Wenn ihr jetzt nicht
endlich mit der Politik aufhört, dann geh’ ich.“
Die neu Kölsche kumme nor noch met einem Zeijefinger un einem Dumen op de Welt. Met däm Zeijefinger zeijen se: „Do mäs dat, do mäs dat, do mäs
dat…“, un met däm Dume op sich, „…för mich“!“
Die neuen Kölner kommen nur noch mit einem
Daumen und mit einem Zeigefinger auf die Welt.
Mit dem Zeigefinger zeigen sie: „Du machst das,
du machst das, du machst das…“, mit dem Daumen zeigen sie auf sich, „…für mich“.

Documents pareils