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KÖLNER KNIGGE Ertay Hayit, Tobias Büscher Kölner Knigge herausgegeben von Ertay Hayit Autoren: Ertay Hayit, Tobias Büscher Herausgeber: Ertay Hayit, M.A. Fotos: Cornelia Auschra (S. 2/3, 15), Tobias Büscher (S. 21), Mundo Marketing GmbH Mundo Marketing GmbH, Köln ISBN ISBN ISBN ISBN Print 978-3-87322-118-5 PDF 978-3-87322-119-2 epub 978-3-87322-120-8 mobi 978-3-87322-121-7 1. Auflage 2006/2011 Covergestaltung: Michaela Müller Redaktion, Satz, Layout: Mundo Marketing GmbH, Köln www.mundo-marketing.de www.hayit.de 7 Inhalt Inhalt Vorwort Köln ist ein (Lebens-) Gefühl . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8 Was es in Köln zu essen und zu trinken gibt Berühmte Magenfüller . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10 Der Köbes ist König Einst fromme Pilger, heute freche Jungs . . . . . . . . . . . . 20 Mehr als nur reden Kölsch – die Sprache der Kölner. . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24 Wir sind Köln Freundschaften und die Kölner . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 33 Richtig Karneval feiern Tolle Tage in Köln. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 36 Die beiden Gesichter des kölschen Klüngelns Sportliches Ereignis und kriminelles Handeln . . . . . . . . 45 Durch Höhen und Tiefen Die Kölner und ihr FC . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 50 Kölner Veedel Leben in einer Großstadt mit dem Gefühl einer Kleinstadt 56 Zu guter Letzt: kölsche Witze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 60 Kölner Knigge 8 Vorwort Köln ist ein (Lebens-)Gefühl Köln ist keine Stadt – Köln ist ein Zustand. Das sagen auf jeden Fall die zahlreichen Köln-Fans. Nicht nur Ur-Kölner, sondern auch Zugereiste. Neu-Kölner heißen in Köln übrigens „Imis“. Das ist nicht die Bezeichnung für Immigranten. Imis ist die Abkürzung für „Imitatoren“. So werden teils spöttisch, teils liebevoll jene Personen genannt, die Kölner Lebensweise und Kölner Lebenskultur imitieren. Die also so sein wollen wie ein richtiger Kölner. Dabei gibt es nur wenige richtige „Bilderbuch-Kölner“. Denn in Köln ließen sich immer schon Menschen aus nah und fern nieder. So wurde und ist die Stadt ein einzigartiger, reizvoller Schmelztiegel. Dies stellt sicher, dass Köln atmet, lebt, sich ständig erneuert und verjüngt. Köln-Kritiker zeigen einem – zu Recht – an vielen Stellen städtebauliche Verfehlungen, Hässlichkeiten und Marotten. So hat Köln eben viele Gesichter: Traditionelles und Modernes, Schönes und Hässliches, Lustiges und Trauriges, Weltläufiges und Provinzielles. 9 Vorwort Das Gute an Köln: Mit dem Knigge nehmen es die Kölner locker. Hier darf man ruhig auch mal ins Fettnäpfchen treten, es wird verziehen. Damit Sie sich rundum wohl fühlen, wird in diesem Büchlein Wissenswertes zur Kölner Lebensweise aufgezeigt, z.B. was man in Köln isst und wie man es nennt. So bleibt einem manche Überraschung erspart. Was es mit Kölsch als Sprache und als Getränk auf sich hat, ist auch ein Thema, genau wie die fünfte Jahreszeit: der Kölner Karneval. Er hat in Köln seinen geregelten Ablauf, seine Riten und seine Freiheiten. Ebenfalls geht es um die Kölner und ihren Fußballclub, den 1.FC Köln. Kaum ein Fußballverein hat so viele treue Fans, selbst wenn es auf dem Rasen oder hinter den Kulissen mal nicht so gut läuft. Bekannt ist auch der „kölsche Klüngel“. Er hat – wie fast alles in Köln – zwei Gesichter. Es gibt keine endgültigen Ratschläge für das Leben in Köln. Einige Dinge sollte man kennen, der Rest ergibt sich von selbst. Genießen Sie die Domstadt einfach. Köln ist ein Lebensgefühl. Mit Sonne und Schatten. Aber Köln lebt, pulsiert. Und daran gilt es sich zu erfreuen. Ertay Hayit, Tobias Büscher Kölner Knigge 10 Was es in Köln zu essen und zu trinken gibt Berühmte Magenfüller Hämische Kölner freuen sich, wenn sie mit NichtKölnern zum Essen gehen. „Halver Hahn“ steht in vielen typischen Kölner Lokalen auf der Speisekarte. Unwissende assoziieren damit ein halbes Hähnchen und freuen sich über den günstigen Preis. Groß ist die Überraschung, wenn dann statt des erwarteten Flattermanns das Folgende serviert wird: eine dicke Scheibe Käse (mittelalter Gouda), ein Röggelchen (Roggenbrötchen), Gurke, Butter und Senf. Doch trotz dieser augenzwinkernden Fremdenfopperei ist man mit einem „Halven Hahn“ bestens bedient. Er ist einer von mehreren berühmten und deftigen Kölner Magenfüllern. Deftig ist sie, die Kölner Küche. Und sie hat eine lange Tradition. Deshalb sind die Kölner auch mächtig stolz auf ihre regionale Kochkunst. Auch wenn man sie landläufig eher als bürgerliche Küche bezeichnen könnte. Im Laufe der Zeit wurden so manche Mythen rund ums Essen gesponnen. Warum ein Kä- 11 Essen und Trinken sebrötchen übersetzt „halber Hahn“ heißt, weiß eigentlich keiner mehr so genau. Umso mehr ranken sich Geschichten um die Entstehung des Begriffes. Und das ist eben typisch Kölsch: Ein paar Gläser Bier in geselliger Runde, und schon werden die tollsten Geschichten erzählt. Kölsch – das Bier der Kölner Das Bier, das in Köln getrunken wird, heißt Kölsch. Wie der Dialekt dieser Stadt. Gebraut wird es als Trinken bis zum Abwinken Kölsch wird in vielen Kölner Lokalen bis zum sprichwörtlichen Abwinken getrunken. Sobald das Kölschglas leer ist, steht schon ein frisch gezapftes neues Glas auf dem Deckel. In typischen Kölner Kneipen und in den meisten Brauhäusern geht das ohne entsprechende Nachfrage beim Wirt oder Kellner. Nur dort, wo viele Touristen einkehren, hat man von dieser schönen Sitte Abstand genommen. Viele Nicht-Kölner haben sich darüber beschwert und wollten das Bier nicht bezahlen. Deshalb ein Tipp: Wer nicht mehr weitertrinken will, legt einfach einen Bierdeckel auf sein Glas. Das ist das Signal, dass kein weiteres Kölsch gewünscht wird. Kölner Knigge 12 obergäriges Bier in langer Tradition. Kölsch ist ein von der EU geschützter Begriff (wie z.B. Champagner), der 1986 in der so genannten Kölsch-Konvention festgeschrieben wurde. Es bezeichnet die Art und die Herkunft des Bieres aus der Kölner Region. Getrunken wird es aus Kölner Stangen. Das sind schmale 0,2 Liter-Gläser, die in der Außengastronomie auch schon mal 0,4 Liter groß sein können. Das eine oder andere Glas Kölsch gehört zu fast jedem kölschen Gericht dazu. Meinen auf jeden Fall die Kölner und trinken kaum Wein („Das Beste am Wein ist doch das Kölsch danach!“). Das obergärige Altbier aus Düsseldorf, Alt genannt, wird von Kölnern gemieden. Nein, in Köln trinkt man Kölsch. Das war so, das ist so und das soll auch so bleiben. Denn Kölsch ist für die Kölner nicht nur ein süffiges Getränk, es ist auch Ausdruck von Lebensfreude und Verbundenheit mit der Heimatstadt. Welche Kölschsorte aus welcher Brauerei nun die Beste ist, darüber lässt sich mit vermeintlichen und tatsächlich trinkerprobten Kölnern trefflich streiten. Doch der Genießer schweigt und trinkt. Das Bierprodukt „Kölsch“ ist leider auch nicht von der allgemeinen Wirtschaftsentwicklung verschont geblieben. Unter den Kölsch-Brauereien gab es in 13 Essen und Trinken Tus und Tabus Anstoßen mit dem Kölschglas: Auch in Köln prostet man sich beim Kölsch trinken gerne zu. Dabei sollte man aber beachten, dass man nicht mit dem oberen Glasrand anstößt. Die Kölner Stangen sind recht dünnwandige Gläser, und da kann es im Eifer des Trinkgelages schon einmal passieren, dass bei zuviel Schwung das Glas zerbricht. Besser ist es, wenn die Gläser sich im unteren Teil berühren. Und dies möglichst vorsichtig. Schnell gezapft und schnell getrunken: In Köln gibt es keine Mentalität des Wartens auf ein Kölsch. Anders als beim Pils, das bekanntlich sieben Minuten benötigt, um ordentlich gezapft zu sein, fließt das Kölsch schnell ins Glas. Da es obergärig ist, wird es aber auch schnell schal. Die Folge: Es muss zügig getrunken werden. Und weil in eine Kölner Stange meist nur 0,2 Liter des kostbaren Gerstensaftes passt, steht nach dem genüsslichen Leeren sofort wieder ein volles Glas auf dem Bierdeckel. den letzten Jahren einen starken Konzentrationsprozess. Zwar existieren von ehemals über hundert Kölner Knigge 14 Marken noch immer ca. dreißig. Diese werden aber nicht mehr alle in eigenen, wirtschaftlich unabhängigen Brauereien hergestellt. So gehören mehrere Kölsch-Marken bereits einem großen LebensmittelKonzern. Andererseits gibt es einige Marken aus unabhängigen Mini-Brauereien. Zwischen Himmel und Erde So etwas kann nur Kölnern einfallen: „Kölscher Kaviar” ist nicht etwa eine Delikatesse bestehend aus Eiern des Störfisches. „Kölscher Kaviar” ist ein Stück Schwarzbrot mit Blutwurst und Zwiebeln. Die Bezeichnung Kaviar ist eher ironisch gemeint. In Köln gehörte eine gute Portion Ironie schon immer mit zur fröhlichen und selbstbewussten Lebenskultur. Vor allem wenn es um den Umgang mit den Mächtigen und Reichen ging. Dass man sich in Köln zwischen Himmel und Erde fühlt, beweist auch ein Gericht gleichen Namens (Himmel un Ääd). Zwar entspricht die Namensbezeichnung nicht dem kölschen Lebensgefühl, aber irgendwie passt sie dazu. Es handelt sich um ein Speisengemisch aus Kartoffeln und Äpfeln (Apfelmus), das mit gebratener Blutwurst (Flönz) und Zwiebeln serviert wird. Dabei stehen Äpfel, die auf 15 Essen und Trinken Zum „Halven Hahn” – einem Röggelchen mit Käse – gehört in Köln ein Kölsch dazu Kölner Knigge 16 Bäumen gen Himmel wachsen, für „Himmel“ und Kartoffeln, die in der Erde gedeihen, für „Erde“. Brauhäuser: typisch Kölsch Kölsche Küche braucht man in Köln nicht lange zu suchen. Es gibt sie fast in jeder Eckkneipe (op d´r Eck) und in allen traditionellen Brauhäusern. Kölner Brauhäuser sind ein gastronomisches Phänomen. Ursprünglich dienten sie dazu, den Bierabsatz der entsprechenden Brauerei zu erhöhen. Doch die Gasthäuser entwickelten sich zu dem, was man unter „typisch Kölsch“ versteht und pflegen weiterhin engagiert die traditionelle kölsche Küche. Sie sind zum Teil sehr touristisch ausgerichtet und trotzdem für viele Kölner ein Stück Heimat, das man immer wieder gern besucht. Trotz der Touristenanstürme stellen viele Brauhäuser auch für einige Ur-Kölner die Stammkneipe dar. Brauhäuser in Köln sind immer rustikal ausgestattet mit einfachen Holztischen und -bänken. Dass es hier oftmals laut und fröhlich zugeht, verdankt man auch den Kellnern, die in Köln „Köbes“ heißen. Ihnen ist in diesem Buch ein eigenes Kapitel gewidmet. Doch Essen und Trinken in Köln nur mit den Brauhäusern zu verbinden, würde dem unermüdli- 17 Essen und Trinken Typisch Kölsch sind die zahlreichen Brauhäuser der Stadt, wie hier das stets gut besuchte „Früh am Dom” Kölner Knigge 18 chen Einsatz vieler Gastronomen nicht gerecht. So gibt es die bekannten „Muscheln rheinischer Art“ auch in vielen Szene-Kneipen. Und auch in der gehobenen Gastronomie werden sie in der jeweiligen Jahreszeit serviert. Muscheln isst man ja bekanntlich nur in Monaten, deren Namen mit einem „r“ enden. Die rheinische Komponente bei dem Muschelgericht besteht aus der Zubereitung mit Zwiebeln, Gemüse, Wasser und Wein. In der Kölner Kneipenszene hält sich hartnäckig das Gerücht, dass man bei der Bestellung der Muscheln in so manchem Lokal zuerst bezahlen muss, bevor die dampfende Köstlichkeit auf den Tisch kommt. Lassen Sie sich aber den Appetit nicht verderben! Eine kölsche Schlachtplatte ist nichts für den kleinen Hunger. Dafür ist sie allzu üppig. Auf den Tisch kommen Kasseler, Speck, Flönz (Blutwurst), Bockwurst und Hämchen. Hämchen ist auch ein eigenes Gericht, das gern mit Kartoffelbrei und Sauerkraut gegessen wird. Bei Hämchen denkt sicherlich so mancher Fußball-Fan an ein schmerzendes Bein. So nennt man in Fußballerkreisen eine blaugetretene Stelle an der Wade (Eisbein). Aber Hämchen ist auch die Bezeichnung für eine Kölner Delikatesse. So heißt auf Kölsch die Vorderhaxe des Schweins mit seinem dicken Speckmantel. 19 Essen und Trinken Obwohl es recht fettig und sicherlich nicht jedermanns Geschmack ist, gilt es gekocht für viele Kölner und Nicht-Kölner als Tafelfreude erster Klasse. Hauptsächlich zur Karnevals- und Weihnachtszeit, aber nicht nur dann, gibt es die typischen Kölner Gebäckspezialitäten. Es sind Muzemandeln aus fettreichem Mürbeteig, die wie ein Tropfen geformt sind. Oder Krapfen, die als Gebäckstücke im heißen Fett frittiert werden. Köln ist seit alters her als internationale Handelsstadt ein Schmelztiegel für Gerichte aus verschiedenen Regionen. Und neben der mittlerweile traditionellen kölschen Küche entwickeln sich die Essund Trinkgewohnheiten in Köln stetig weiter. Auch wenn der Kölner an sich doch sehr an dem einen oder anderen Gericht hängt, gibt man sich doch offen für neue Leckereien. Getreu dem Motto: „Et schmeckt wat schmeckt“. (eh) Kölner Knigge 20 Der Köbes ist König Einst fromme Pilger, heute freche Jungs Stellen Sie sich folgende Szene vor. Sie kommen in der mittelhessischen Stadt Lich in eine Kneipe und bestellen bei einem Kellner ein Kölsch. Er wird Sie ansehen, die Augenbrauen heben und sagen: Tut mir leid, so etwas führen wir hier in Hessen nicht. Und jetzt stellen Sie sich mal vor, sie gehen ins Kölner Päffgen und bestellen bei einem Köbes ein Licher Pils. Machen Sie das mal. Spätestens dann wissen Sie, was das ist, ein Köbes. Bei mir klang das so: „Jung, du bes wohl größenwahnsinnig!“. Der Köbes, um das gleich vorweg zu nehmen, ist ein gestandener Mann mit blauem Hemd, blauer Schürze und einer ledernen Geldtasche unter dem Bauch, der einen Kranz Bierstangen trägt. Er nimmt Gastfreundlichkeit sehr wörtlich. Sie sind als Gast freundlich, sonst können Sie was erleben. Der Köbes stellt Ihnen, auch wenn Sie gar nichts bestellt haben, das nächste Kölsch hin und dann bedanken Sie sich brav. Ansonsten gibt es ein echtes Gespräch, und 21 Der Köbes ist König dann können Sie mal die Schlagfertigkeit des Köbes testen. Will heißen: der Köbes ist König, der Gast ist Gast. Im Übrigen brauchen Sie gar nicht nach anderen Getränken wie beispielsweise Kamillentee zu fragen. Er wird Ihnen erklären, dies sei ein Brauhaus und nicht die Intensivstation der Kölner Uniklinik. Dass er Sie dabei in jedem Fall duzt, sollten Sie höflich zur Kenntnis nehmen. Auch wenn Sie Firmenchef eines global erfolgreichen Konzerns sind und im Armani-Anzug da sitzen. Vor dem Köbes Auch in diesem Brauhaus gilt: der Köbes ist König – der Gast ist Gast Kölner Knigge 22 sind alle gleich. Und nennen Sie ihn niemals Ober, Kellner oder gar Bedienung. Schnippen Sie auch nicht mit den Fingern. Der Köbes kommt zu Ihnen, wenn er das für richtig hält. Andererseits kann es durchaus sein, dass Sie gerade in ein Gespräch vertieft sind und der Köbes plötzlich dazwischen platzt und sich angeregt an der Unterhaltung beteiligt. Thema egal, der kennt sich mit allem aus. Er ist nämlich Entertainer. Die Kölner Kneipe ist seine Bütt. Und selbstverständlich ist er eine Institution, kein Dienstleister! Vom Wanderer zur Institution Diese echte kölsche Type gibt es schon erstaunlich lange. Und schon damals, im tiefsten Mittelalter, war sie nicht auf den Mund gefallen. Der Köbes war seinerzeit Wanderer, genauer gesagt Pilger, auf dem Weg nach Santiago de Compostela. Dort in Nordwest-Spanien hatte man im Jahr 813 die Gebeine des Heiligen Jakobus entdeckt. Dies löste europaweit einen unglaublichen Pilgerboom aus, ähnlich dem nach Rom und Jerusalem. Wer den strapaziösen Jakobsweg über die Pyrenäen nach Galicien schaffte, dem brachte dies Ablass von allen Sünden. Hurerei, Völlerei, Klüngelei, Sauferei und Diebstahl inbegriffen. 23 Der Köbes ist König Doch der Weg war lang, und so mancher, der in Köln Station machte, verdingte sich in der Domstadt schon mal als Brauknecht in einer der Tavernen. Das war die Geburtsstunde des Köbes. Der Name entstand so: Damals trauten sich die Leute noch, die jobbenden Jakobspilger herbeizuzitieren und mit den Fingern zu schnippen, wenn sie Durst hatten: „Köööbes“, riefen sie dann laut und respektlos, das kölsche Wort für „Jakooobus“. tb Kölner Knigge 24 Darf dat dat? Dat darf dat! Dat dat dat darf! (Kölsches Wortspiel: Darf die das? Die darf das! Dass die das darf!) Mehr als nur reden Kölsch – die Sprache der Kölner Dass sich Kölsch als Dialekt immer noch hartnäckig in Köln hält, hat viel mit dem Herzen der Kölner zu tun. Eine schnelllebige Zeit, jede Menge englische Begriffe in der deutschen Hochsprache, eine globalisierte Welt des Warenflusses: Wenig davon kann dem rheinischen Dialekt, der in der Stadt Köln Kölsch heißt, etwas antun. In Köln ist der Dialekt Ausdruck einer besonders engen regionalen Zugehörigkeit. Und Kölner ist man eben von ganzem Herzen. Zugegeben: Reines Kölsch sprechen nicht mehr sehr viele Menschen. Meistens sind es ältere Mitbürger, die es noch perfekt beherrschen. In breiten Teilen der Kölner Bevölkerung vermischt sich Hochdeutsch mit Kölsch. Was aber nicht den Un- 25 Kölsch – die Sprache der Kölner tergang für das Kölsche bedeutet. Denn erstens bleibt die Intonation des Dialekts erhalten. Den breiten Singsang erkennt man sofort, selbst wenn Hochdeutsch gesprochen wird. Und zweitens ist ein Dialekt nie etwas Statisches. Die kölsche Mundart hat sich seit alters her immer weiter entwickelt und wird dies auch in Zukunft tun. Viele Redewendungen und Worte des kölnischen Dialekts entstammen dem Französischen. Die französische Besatzung im 18. Jahrhundert war bei den Kölner Bürgern nicht sehr beliebt. Trotzdem sind viele französische Begriffe in den kölschen Dialekt eingeflossen. Weitere Einwirkungen stammen aus dem Plattdeutschen, dem Niederländischen und auch aus der spanischen Sprache. Zwei Seiten der Kölner Seele Seit 1983 wacht über das Kölsche mit Argusaugen die „Akademie för uns kölsche Sproch“ (www. koelsch-akademie.de). Dort versucht man durch Publikationen (z.B. Kölsches Wörterbuch) und Seminar-Veranstaltungen den kölschen Dialekt aufzuzeichnen und Regeln für Grammatik und Rechtschreibung zu erstellen. Bei einigen Kölnern, insbesondere bei Künstlern und Schriftstellern, ist die Akademie aber nicht unumstritten. Das hat etwas Kölner Knigge 26 mit dem Selbstbild der Kölner zu tun. Schon die französische Besatzungsmacht und später die preußische Obrigkeit waren den Domstädtern in ihrem Drang nach Unabhängigkeit zuwider. So möchten viele ihre Heimatsprache nicht in irgendeine Form gepresst sehen. Kritiker tragen vor, dass sich jeder Dialekt ständig wandelt, immer neue Formen annimmt und sich somit nicht verbindlichen Regeln unterwerfen lässt. So zeigt die Tatsache, dass überhaupt eine Akademie für die Mundart Kölsch existiert und dass es Diskussionen darüber gibt, die beiden Seiten der Kölner Seele auf. Einerseits möchte man die Tradition pflegen, andererseits sich aber nichts vorschreiben lassen. Der Kölner Karneval hat viel zum Erhalt und zur Pflege des Dialekts beigetragen. Gleich ob Büttenreden im Sitzungskarneval oder alte und neue Karnevalsschlager. Hier wird Kölsch geredet und gesungen. In der fünften Jahreszeit symbolisiert der Dialekt das Volksnahe, Bodenständige und auch das Zusammengehörigkeitsgefühl aller Kölner. Auch die Karnevalsbesucher aus anderen Regionen Deutschlands fühlen sich mit eingebunden und singen kräftig kölsche Lieder mit. 27 Kölsch – die Sprache der Kölner Zwei die die kölsche Sprache perfekt beherrschen: die Originale Tünnes und Schäl aus dem Kölner Hänneschen-Theater Kölner Knigge 28 Dass die kölsche Mundart auch bei jüngeren Menschen akzeptiert wird, ist zum großen Teil der Verdienst einiger Musikbands, allen voran BAP. Die Gruppe BAP mit ihrem Gründer und Sänger Wolfgang Niedecken hat den Kölsch-Pop weit über die Grenzen von Köln bekannt gemacht. Und das obwohl den Kölsch-Puristen die Haare zu Berge standen: Die Texte von Wolfgang Niedecken sind eine Mischung aus Südstadt-Kölsch, umgangssprachlichen Begriffen und Hochdeutsch. Für die Fans der Band ist das kein Problem. Es ist ihre Band und ihr Kölsch. Wolfgang Niedecken fühlt sich mit seinen kölschen Songtexten keineswegs dem Kölner Karneval verbunden. Das Gleiche traf anfänglich auch auf die kölsche Rock-Gruppe Brings und trifft immer noch auf die Zeltinger-Band zu. Andere Musikbands sind als Karnevalsband angetreten und mit ihren kölschen Liedern mittlerweile zum Teil auch außerhalb des närrischen Treibens etabliert. Herausragendes Beispiel sind die Bläck Fööss, denen es immer wieder gelingt, mit kreativen kölschen Texten und mit abwechslungsreicher Musik Fans aus allen Schichten und Altersgruppen zu begeistern. Auch die Bands Höhner, Räuber und Paveier können das von sich behaupten. 29 Kölsch – die Sprache der Kölner Um Kölsch als Mundart zu lieben, muss man mit ihr vertraut werden. Das gilt auch für die Menschen, die sie sprechen. Dann bekommt man ein Gespür für die besondere Qualität dieses Dialekts und seine Doppeldeutigkeiten, bei der das Derb-Drastische und das Zärtlich-Liebevolle meist eng beieinander liegen. „Do fiese Aaschknubbel“ tituliert vielleicht ein Autofahrer seinen unverschämten Zeitgenossen, der ihm den Parkplatz vor der Nase weggeschnappt hat. „Ming klein Aaschknübbelche“ nennt aber auch die Mutter zärtlich ihr Baby, das strampelnd in ihrem Arm liegt. Wer Kölsch spricht, muss beobachten können. Sowohl sich und seine Mitmenschen als auch alles, was um einen herum passiert. Beispiel: „Erusklamüsere“ heißt auf Hochdeutsch „herausfinden". Der kölsche Begriff beschreibt – zum Teil auch lautmalerisch – die Anstrengung und die Mühe dieses Prozesses so intensiv, dass man diesen so richtig nachempfinden kann. Kölner Schimpfwörter und Sprüche Kölsch ist ein kreativer, variabler Dialekt, der immer wieder neue Wortschöpfungen und Wortkombinationen erlaubt. Das trifft besonders auf Schimpf- Kölner Knigge 30 wörter zu, von denen es in Köln unendlich viele gibt. Spötter behaupten sogar, dass es so viele Kölner Schimpfwörter gäbe, dass man ein langes Leben brauche, um diese alle anzuwenden. „Aapefott“ (Hinterteil eines Affen) tituliert ein Streithahn seinen Streitpartner. „Sackjeseech“ (Sackgesicht) ruft dieser zurück. Trotz der derben Beschimpfungen trinken beide dann wieder einvernehmlich ein Bier zusammen. Denn in den kölschen Schimpfwörtern steckt stets auch ein Stück Versöhnung. Auch wenn der Inhalt alles andere als freundlich ist, so klingt die kölsche Sprache so verbindlich, dass man trotz Streit wieder aufeinander zugehen kann. Sicherlich ist es eine Illusion zu glauben, der kölsche Dialekt sprenge soziale Barrieren. Doch in Köln spricht Kölsch nicht nur der einfache Mitbürger auf der Straße (vun d´r Stroß), sondern auch 5 Kölner Schimpfwörter Aaschkröffer – Schmeichler, Arschkriecher Bäbbelschnüss – Schwätzer, Vielredner Feschgeseech – Fischgesicht Kappeskopp – Kohlkopf, Dummkopf Mömmesfresser – Geizkragen 31 Kölsch – die Sprache der Kölner 5 Kölner Sprüche Jeder Jeck is anders. Jeder Narr (Mensch) ist anders. Los Jecke elans. Lass Menschen Menschen sein. Et kütt wie et kütt. Es kommt wie es kommt. Et hät noch immer jot jejange. Es ist noch immer gut gegangen. Wenn et klapp, dann klapp et. Wenn es klappt, dann klappt es wirklich. der Bürgermeister und manch angesehener Würdenträger. Zumindest gelegentlich. Das verbindet. Man fühlt sich zusammengehörig. Zur Region, zur Stadt, zur Lebens- und Alltagskultur. Auch im Geschäftsleben, wo die Kommunikation meist streng auf Hochdeutsch stattfindet, entspannt ein gelegentlich eingeworfener kölscher Spruch so manche knallharte Diskussion. Beispielsweise in Preisverhandlungen: „Wat nix kost, dat is nix“ (Was nichts kostet, das ist nichts) oder „Dat jitt et för ene Appel un e Ei“ (Das gibt es für einen Apfel und ein Ei, sehr preiswert). Aus verkrampften, festgefahrenen Situationen hilft so der Kölsche Dialekt mit seiner melodischen Tonalität, dass wieder ein Lächeln möglich wird. Kölner Knigge 32 „Kölsch verschwindet als Mundart“ behaupten die Pessimisten und die Kölsch-Puristen. „Kölsch ist in und macht Spaß“ behaupten dagegen fröhliche Kölner und selbst viele Neu-Kölner (Imis), die nach Köln gezogen sind. Sicherlich verwischen gelegentlich die Grenzen zwischen Kölsch und Hochdeutsch. Aber Kölsch hat gute Chancen, noch lange Zeit zu überleben. Denn was wäre Köln ohne Wörter wie „Mömmes“ (Nasenpopel), Möpp und „Kappeskopp“ (Kohlkopf)? (eh) 33 Wir sind Köln Wir sind Köln Freundschaften und die Kölner Freundschaften und Bekanntschaften seien in Köln schnell geschlossen, sagt man. Und genauso schnell wieder verloren. Als oberflächlich werden die Kölner oft bezeichnet. „Kommunikativ und offen sind sie“, sagen die Köln-Fans über die Kölner. Man kann in Köln genauso einsam sein wie in Bayern oder in Westfalen. Oder man hat einen großen Freundeskreis. Das alles hat nichts mit Köln zu tun. Sondern mit jedem Menschen selbst. Und seinem Verhalten. Aber in Köln ist es einfacher als anderswo, mit Menschen ins Gespräch zu kommen. Gleich ob in Kneipen, auf der Straße oder auf öffentlichen oder privaten Festen: Überall trifft man auf Menschen, die gerne und bereitwillig ein Schwätzchen halten. Hat man dann gemeinsam einige Kölsch getrunken, klopft man sich auf die Schulter, freut sich und fühlt sich wie alte Freunde. Schließlich versteht man sich ja. Am nächsten Tag ist alles vorbei. Man sieht sich nie wieder. Oder vielleicht doch irgendwann einmal. Wie auch immer: Es war ein schöner Abend. Bei nächster Gelegenheit trifft man wieder auf freundliche und nette Mit- Kölner Knigge 34 Kölner. Und kommt ins Gespräch. Manchmal kann daraus auch eine Freundschaft entstehen. Muss aber nicht. Das hängt von den Menschen ab, die da zusammentreffen. Und das hat wiederum nichts mit Köln zu tun. Oder vielleicht doch. Dann aber nur, weil beide von ganzem Herzen gerne in Köln leben. Zwischenmenschliche Kommunikation läuft in Köln nicht anders ab als in jeder anderen Stadt Deutschlands. Vielleicht etwas leichter und unkomplizierter, was den Kennenlern-Prozess betrifft. Das aufeinander Zugehen hat leicht mediterrane Züge. So wie man es aus dem Urlaub in Spanien, Italien oder der Türkei kennt. Man hat in Köln einfach weniger Angst vor einem kurzen Dialog oder auch vor einem längeren Gespräch. Das wird von Bewohnern anderer Regionen Deutschlands oftmals anders gedeutet als es in Köln gemeint ist. In Köln bedeutet es nichts, wenn man jemanden anspricht. Das verstehen Kölner noch lange nicht als Angebot zur Freundschaft. Man redet nur gerne, ist neugierig und freut sich fast immer über eine Witzelei. Auch wenn er oft gerne vor einem geistigen Auge gezeichnet wird: Es gibt keinen typischen Kölner. Die Bewohner dieser Millionenmetropole kommen 35 Wir sind Köln aus fast allen Teilen Deutschlands und aus vielen Gegenden dieser Welt. Köln ist ein riesiger Schmelztiegel. Und genauso unterschiedlich wie die Herkunft dieser Menschen sind auch ihre Verhaltensweisen. Es gibt in Köln Türken, die schon in der dritten Generation hier leben. Oder Westfalen, Ostpreußen, Ruhrgebietler. Oder Italiener, Spanier, Franzosen, Niederländer. Oder Kenianer, Japaner, Nordamerikaner. Man kann sie gar nicht alle aufzählen. Natürlich gibt es noch die vornehmen Kölner Familien oder die einfachen Leute, deren Vorfahren immer schon in Köln gelebt haben. Aber die alleine sind nicht Köln. So sind in Köln Freundschaften oder Bekanntschaften genauso oberflächlich oder tiefgründig wie anderswo. Mit einem kleinen, aber entscheidenden Unterschied: Nur hier gibt es das original kölsche Lebensgefühl. (eh) Kölner Knigge 36 Richtig Karneval feiern Tolle Tage in Köln Die tollen Tage in Köln, das sind Tanz, Kölsch und gute Laune, eine Stadt im Ausnahmezustand und akustisch begleitet von Evergreens wie „En unserm Veedel“ der Bläck Fööss aus dem Jahr 1974. Manche bereiten sich monatelang vor, planen Büttenreden, kuriose Kostüme und rollende Pappbollwerke mit Riesenpuppen für den Rosenmontagszug. Andere stürzen sich einfach ins Gewühl, und wieder andere ergreifen schlichtweg die Flucht, ob Jecke Begriffe Bütt: Bühne Bützje: Kuss Doosch: Durst Nubbel: Strohpuppe Strüßje: Blumensträußchen Veedelszöch: Stadtteil-Umzüge Wieverfastelovend: Weiberfastnacht Zoch: Zug 37 Richtig Karneval feiern ins Umland, nach Hannover oder Djerba. Richtig mitfeiern, dazu braucht man vor allem eins: „Spaß an d´r Freud“. Bützje, Räuber und Alaaf Zum Knigge an Karneval gehört das Bützje, der Kuss. Man verteilt ihn und bekommt ihn schon mal auf die Wange gedrückt, wobei ihn Hofdamen und Kavaliere gehaucht mögen, nicht geschmatzt. An Karneval ist viel erlaubt ... außer Helau zu rufen. Alaaf ist Kölsch und Helau kommt aus Dings, pardon, Düsseldorf. Wem dieser unendlich oft bemühte Zwist zwischen der Domstadt und dem Dorf an der Düssel auf den Geist geht, verkleidet sich schon mal als Altbier. Dann darf dat dat vielleicht mit dem Helau. Ist aber mutig. Andere Ausdrucksweisen sind, sagen wir mal, unauffälliger. Zum Karneval gehören auch die Räuber, und zwar die Räuber durch und durch. Also: Wohnung gut abschließen! An den tollen Tagen, sagt die Kölner Polizei, wird höllisch viel geklaut, schließlich sind die Diebe ja praktischerweise verkleidet und Personenbeschreibungen von Zeugen keine wirkliche Hilfe. Kölle Alarm. Schlimm wäre, wenn die Lang- Kölner Knigge 38 finger auch noch den Kühlschrank leeren würden, denn da hinein gehört für das Wohlsein oder Wiederwohlwerden besonders Fisch, Saures und Eingelegtes. Unentbehrlich! Auch in den Kneipen sollte man aufpassen. Gemeint ist jetzt nicht die Nebenwirkung vom Kölsch oder Bützje, sondern das Vertauschen und Entwenden von Jacken. Oft ist das gar nicht böse gemeint oder gewollt, sondern liegt nur an den inneren Umständen, also am Alkoholpegel. Damit nichts Wertvolles wegkommt: Handy und Geld im Kostüm verstauen, also keine Handtaschen mitnehmen. Bei Kneipenumzügen genügen alte Jacken, die aber sind wichtig. Denn drinnen ist es heiß, draußen manchmal bibberkalt und windig. Wer verschwitzt und halbnackt die Kaschämm (Kneipe) verlässt, lagert am besten Erkältungstee für eine verschnupfte Woche nach Aschermittwoch. Kostüme mit viel Fantasie Die Kleiderordnung ist, abgesehen vom Dreigestirn, weitgehend aufgehoben. Aber was zieht man an? In Köln geht man gern als Zwiebel, Hunne oder Flickenclown. Schwule sieht man oft als Matrosen, 39 Richtig Karneval feiern Karneval online www.koelsche-fastelovend.de Aktuelle News, Rückblicke und Terminplaner www.koelnerkarneval.de Homepage des Festkomitees mit vielen Infos und Kartentauschbörse www.stunksitzung.de Homepage der alternativen Stunksitzung im E-Werk www.rosasitzung.de Homepage der schwul-lesbischen Rosa Sitzung www.geisterzug.de Infos zur Route des kamellefreien Geisterzugs am Samstagabend weil es auf dem Schiff ja auch nur Männer gibt. Und viele türkische Mitbürger bleiben in zivil und abstinent. Denn gemeinsam Tanzen und Singen, sagen sie, das machen sie ja schon im Verlauf der herkömmlichen vier Jahreszeiten. Der Fantasie beim Kostüm sind keine Grenzen gesetzt. Der Autor dieser Zeilen ging auch schon mal als Türkin. Während Kurzentschlossene als Mönch oder Sheriff von der Kaufhausstange auftreten, basteln andere an Eigenkreationen und mutieren zu fantasievollen Märchenfiguren, Spielkarten,Te- Kölner Knigge 40 lefonzellen oder sogar Blitzableitern. Man kann auch als Prinz gehen. Ganz offiziell Prinz zu sein ist aber schwierig, denn da braucht man nicht nur eine Jungfrau und einen Bauern, sondern auch jede Menge Geld. Außerdem bleibt das Amt zugezogenen Imis verwehrt, weil man dafür in Köln geboren sein muss und kölsche Vorfahren haben sollte. Wenn der Stammbaum bis Agrippina zurückreicht, um so besser. Funkenmariechen zu werden ist da schon leichter. Die Vereine notieren einen gewissen Schwund und rühren die Werbetrommel. Ganz oder gar nicht Wer Karneval besonders liebt, ist schon früh dabei, und zwar ab dem 11.11. um 11 Uhr 11(Schnapszahl). Solch ein Hardliner feiert, abgesehen von lästigen Arbeitstagen, bis Aschermittwoch durch, ohne eine Miene zu verziehen. Besucher der Domstadt wundern sich deshalb schon mal, wenn Gardeoffiziere bereits in der Vorweihnachtszeit vor Brauhäusern stehen und mit ihren stumpfen Säbeln rasseln. Andere gehen es dosierter an. Beliebt ist ein Terminplan, bei dem man an den eigentlichen Karne- 41 Richtig Karneval feiern Highlight und Finale der tollen Tage in Köln ist die Verbrennung des „Nubbels” Kölner Knigge 42 valstagen nicht durchfeiert, sondern immer einen Tag dazwischen mehr oder weniger ausruht. Jeder Tag hat seine Highlights. Am Donnerstag (Weiberfastnacht) geht es nach der Karnevalseröffnung auf dem Alter Markt mitten ins Gewühl, denn viele Kölner Firmen geben ihren Mitarbeitern frei. Wer in eine der beliebten Karnevalskneipen wie das „Lapidarium” oder den „Weißen Holunder” möchte, sollte ausnahmsweise schon um 14 Uhr da sein, denn sonst kommt man kaum mehr rein. Am Freitag gibt es besonders viele Veranstaltungen, vom Medizinerball im Gürzenich bis zu den Kostümsitzungen. Am Samstag kommen mittags die Stadtteil-Umzüge (Veedelszöch) in Bewegung. Sie sind viel kleiner und familiärer als der Rosenmontagszug. Wer das Innenleben des Kölner Karnevals kennen lernen möchte, kann in eine der lokalen Karnevalsgruppen eintreten, die in Schulen und Vereinen entstanden sind. Sie basteln an Kostümen und Wagen und ziehen dann am Samstag durch ihr Viertel. Vor allem mit Kindern sind diese Züge empfehlenswert, weil stressfreier. Ein ganz anderes Happening am Samstag ist der Geisterzug. Der entstand 1992 (1. Golfkrieg) und ist alles andere als ein Narrenzug. Mitläufer verklei- 43 Richtig Karneval feiern den sich als Geist oder gar nicht. Ihr Lieblingsutensil ist die Trommel. Denn hier geht es nicht um Zuschauer, Kamelle und Schunkel-Rhythmen, sondern ums Laufen, Trommeln und Samba. Der Weg des auto- und wagenfreien Zugs wird meist erst kurz vor Samstag bekannt gegeben. Songs üben Vorher schon mal die Karnevalslieder üben? Hörbar sind sie auf Samplern und CDs der Höhner, Bläck Fööss, Räuber, Paveier, Brings, King Size Dick, De Boore ... oder unter www.lossmersinge.de Besonders beliebt sind die Schull- und Veedelszöch am Sonntag, die der WDR live überträgt. Die bunten Kostümgruppen, Musikkapellen und kleinen Wagen nehmen den selben Weg wie der Rosenmontagszug, und die originellste Gruppe darf sich am Tag darauf wieder einreihen. Am Montag sind beim eigentlichen Zoch dann gut und gerne 140 Wagen unterwegs, und es hagelt auf dem rund 6,5 km langen Weg Kamelle und Strüßjer. Unter Freunden ist es beliebt, Campingstühle, Proviant und ein Pittermännchen (Kölschfass) mitzubringen und sich schon mehrere Stunden vor Zugbeginn einzufinden. Am besten dort, wo eine Toilette nicht Kölner Knigge 44 weit ist. Der Zug dauert gut und gerne vier Stunden, und da kann einem schon mal etwas kalt werden. Denken Sie deshalb an warme Socken. Am Dienstag gibt es, wie bereits samstags, Karnevalsumzüge in den Veedeln, wobei sie in Nippes und Ehrenfeld am größten sind. Das eigentliche Highlight ist das Finale der tollen Tage. Der Nubbel, eine Strohpuppe an und in den Kneipen, wird um Punkt Mitternacht durch die Gassen getragen und verbrannt. Denn mit ihm verbrennen alle Sünden, jedenfalls die der letzten sechs Tage. (tb) 45 Kölsches Klüngeln „Man kennt sich, man hilft sich“. (Konrad Adenauer) Die beiden Gesichter des kölschen Klüngels: Sportliches Ereignis und kriminelles Handeln Kölscher Klüngel ist berühmt. Wenn man Klüngel sagt, dann meint man Köln. Klüngeln kann fast jeder Kölner. Köln ist zwar eine Millionenstadt, aber durch seine Veedel (Stadtteile) irgendwie auch ein Dorf. Man ging zusammen zur Schule, traf sich im Sport- oder Karnevalsverein, abends sah man sich in der Eckkneipe. Zusammen gefeiert wurde auch immer kräftig. Gleich ob im Karneval, auf einem der zahlreichen Events oder im Privatkreis. Und da man in Köln eher offen und kommunikativ ist, fällt es nicht schwer, neue Menschen kennen zu lernen. So kennt man sich halt in Köln und hilft sich gegenseitig. Wenn man eine Wohnung sucht, kennt irgendeiner bestimmt irgendwen, der wieder jemanden kennt, dessen Wohnung zu vermieten ist. Kölner Knigge 46 Klüngel-Tipp für Anfänger Positives Klüngeln ist in Köln ganz einfach. Pflegen Sie Ihren Freundes- und Bekanntenkreis. Seien Sie offen dafür, neue Leute kennen zu lernen. Helfen Sie dort mit, wo man Sie braucht. Im Rahmen Ihrer Möglichkeiten, aber ohne Wenn und Aber. Empfehlen Sie Ihre Freunde und Bekannten weiter, wenn diese gebraucht werden und diese helfen können. Sie werden nach einiger Zeit feststellen: Sie haben sich ein Netzwerk aufgebaut, und man wird Ihnen helfen, wenn Sie Unterstützung benötigen. Ist der Hund entlaufen, so weiß man immer, wo man in der Nachbarschaft nachfragen muss. Hat der Partner oder die Partnerin sich von einem getrennt, schon laden nette Freunde einen ein, damit man neue Leute kennen lernt. Auf der Suche nach einer Ausbildungsstelle oder nach einem neuen Job? Kein Problem: der Pitter hat da einen Tipp. Die Oma ist krank und man sucht eine Hilfe zur Pflege? Auch kein Problem: Die Nachbarin drei Häuser weiter kennt da jemanden. Der Firma fehlen noch ein paar Aufträge? Da ruft man am besten mal den Pitter an. Der hat immer Aufträge zu vergeben. STOPP! Sitzt Pitter etwa im Einkauf der Köl- 47 Kölsches Klüngeln ner Stadtverwaltung? Nein, keine Angst: Pitter arbeitet als kaufmännischer Sachbearbeiter in einem mittelständischen Unternehmen. Man hilft sich halt. Man hat sein Netzwerk, wie es dies in jeder anderen Region auf der Welt auch gibt. Da man sich in Köln extrovertiert und locker gibt, kennt man ein paar Menschen mehr als Bewohner anderer Regionen. „Networking“ heißt das auf Neudeutsch. Nichts Schlimmes. So was gibt es jetzt auch im Internet weltweit. Die Amerikaner veranstalten Visitenkarten-Parties, um sich kennen zu lernen. So was braucht man in Köln nicht. Man klüngelt halt. Hilfst Du mir, helfe ich Dir. Irgendwie sympathisch, aber nicht kriminell. Aufs Klüngeln ist man stolz in Köln und bekennt sich auch öffentlich dazu. So weit so gut. Klüngeln falsch verstehen Es gibt noch eine andere Seite. Man kennt sich, aber man ist gierig. Dazu meist noch arrogant, selbstherrlich und elitär. Man hilft sich. Bei öffentlichen Projekten, als Beamter, Angestellter im öffentlichen Dienst, als Unternehmer oder Unternehmen und am allerschlimmsten als Mandatsträger mit einem öffentlichen Amt. Plötzlich geht es um Geld, um viel Geld. Und allen Beteiligten geht es ver- Kölner Knigge 48 dammt gut. Da hat schon lange der Spaß des Klüngelns aufgehört. Hier geht es um Bereicherung einiger weniger zu Lasten Dritter. Der Dritte ist meist der Bürger der Stadt Köln. Also die Allgemeinheit. Sie und ich. Wir beide und alle anderen zahlen, weil sich einige wenige „Wichtig-Wichtig-Menschen“ eigene Spielregeln ausgedacht haben. Oder Klüngeln falsch verstehen. Klüngeln sagen, weil das ja schick ist, aber Korruption meinen, Bestechung, ungerechtfertigte Bereicherung oder Verschwendung von öffentlichem Eigentum. Das liest sich einfach. Ein Fall für den Staatsanwalt! Aber so einfach ist das nicht. Hier ist Klüngeln nicht mehr öffentlich. Geschickt wird verdeckt gearbeitet. Nachweise sind schwer zu führen. Gelegentlich ist das Boulevard-Blatt „Bild Köln“ ein kleines bisschen mutig und stellt kritische Fragen. Oder der WDR. So gab es den WDR-Beitrag „Milliarden-Monopoly“ mit schweren Vorwürfen gegen den Rat der Stadt Köln, die Stadtsparkasse, den Oppenheim-Esch-Fond (Oppenheim Bank, Unternehmer Josef Esch), ExOberstadtdirektor Lothar Ruschmeier (SPD). Andere Kölner Medien halten sich lieber zurück. Ab und zu schrieb die Süddeutsche Zeitung (!) über den Kölner CDU-Strippenzieher Rolf Bietmann wenig Erfreuliches. In der alternativen Kölner Stunksitzung gab 49 Kölsches Klüngeln es im Jahre 2006 einen Sketch, der eine Parallele des Kölner Filzes zu Mafiastrukturen zog. Bundesweit bekannt wurde allerdings der Kölner Müllskandal. Hier ging es um Schmiergeldzahlungen in Millionenhöhe, was dann doch mal die Gerichte beschäftigt hat. Insider aus der Kölner PolitikSzene meinen aber, dass die bekannten Fälle nur die Spitze des Eisberges seien. Lassen wir dies mal so stehen. Fakt bleibt, dass es in gewissen Kreisen opportun zu sein scheint, den Adenauer Satz „Man kennt sich, man hilft sich“ in beschämender Weise misszuverstehen und so Köln und seiner Reputation empfindlich schaden. Schade für die ehrlichen Kölner, schade für Köln. (eh) Kölner Knigge 50 Durch Höhen und Tiefen Die Kölner und ihr FC Nehmen wir einmal an, wer nach Köln zieht, müsse einen Einbürgerungstest ausfüllen (kleiner Scherz, die Kölner sind dafür viel zu liberal). Dann würden die Fragen wahrscheinlich so lauten: 1. Welchen Baustil hat der Dom? 2. Was ist „Himmel un Ääd“? 3. Woher stammt der Begriff „Köbes”? und 4. Wie oft wurde der 1. FC Köln Deutscher Fußballmeister? Also, lösen wir das gleich mal auf: der Dom ist gotisch. Himmel un Ääd ist eine kölsche Leckerei aus am Himmel wachsenden Äpfeln und unter der Erde (Ääd) gedeihenden Kartoffeln. Der Begriff Köbes ist ein kölsches Wort für Jakobus. Die Kölner „Lokalhelden“ waren damals in den Brauhäusern vorü- 51 Die Kölner und ihr FC bergehend jobbende Pilger auf dem Weg nach Santiago de Compostela, und wer ein Bier wollte, rief „Köbes“. So, und jetzt das Wichtigste, jedenfalls beim Kneipengespräch, ganz gleich, ob ein Heimspiel versehentlich unter den Erwartungen blieb oder das Auswärtsspiel besonders erfolgreich war. Dann lohnt sich zu erwähnen, dass der Kölner FC immerhin schon dreimal Deutscher Meister war: 1962, 1964 und 1978! Ein Herz für den Fußballclub Es gehört sicherlich zum guten Ton, in der Domstadt etwas über den Verein zu wissen, und es gibt sogar ganze Ton-Serien, das sind die Stadionlieder: Die kölsche Band Höhner komponierte 1986 den Südkurven-Hit „Unser Hätz schlägt för d´r FC Kölle“ und 1998 „Mer stonn zo Dir, FC Kölle“. Die Band BAP wollte da auch nicht hinten anstehen und plädierte 1998 für mehr Speed im Spielaufbau: „FC jeff Jass“. Refrain: FC, jeff Jass, mir wolle fiere FC, jeff Jass, he weed nit resigniert Kölner Knigge 52 FC, jeff Jass, selvs wenn mir verliere FC, jeff Jass, mir ston zo dir Man muss ihn einfach mögen, den Verein, und mit ihm feiern (fiere). Er macht es einem ja leicht, auch wenn die Spielqualität schon mal Achterbahn fährt und manche Trainerverträge in der Vergangenheit unwesentlich länger hielten als Beziehungen ab dem sechsten Kölsch an Weiberfastnacht. Den Club mit den Vereinsfarben Rot-Weiß lieben 30.000 Mitglieder und knapp über eine Millionen Fans. Jedenfalls hat Köln so viele Einwohner. Das Stadion heißt RheinEnergieStadion und residiert in der Aachener Straße mit der sympathischen Hausnummer 999. Der 1.FC Köln hat als erster Verein der Bundesliga einen eigenen Torwart-Trainer eingeführt und wohl auch deshalb schon früh Keeper beim deutschen Nationalteam gestellt: Harald Schumacher und Bodo Illgner. Für den FC sind regelrechte Größen des Fußballs aufgelaufen, darunter Wolfgang Overath, Klaus Allofs, Pierre Littbarski, Thomas Häßler und in jüngerer Zeit Lukas Podolski. Kennen Sie nicht? Macht nichts. Sagen Sie die Namen trotzdem mal, das kommt gut. 53 Die Kölner und ihr FC 1. FC Köln auf einen Blick Stadion RheinEnergieStadion Aachener Straße 999 50933 Köln-Müngersdorf Fassungsvermögen: 50.374 Zuschauer Telefon: 0221 / 7 16 16-300 Telefax: 0221/ 7 16 16-399 E-Mail: [email protected] FC im Netz www.fc-koeln.de; www.fc-fanshop.de Vereinsfarben Rot-Weiß Erfolge Deutscher Meister: 1962, 1964, 1978 Deutscher Pokalsieger: 1968, 1977, 1978, 1983 Club- und Stadionmagazin: GeißbockEcho, erscheint zu jedem BundesligaHeimspiel; Verkaufspreis: 1 Euro Maskottchen: Hennes VII. (seit 1996) Kölner Knigge 54 Aus Fleisch und Blut: Geißbock Hennes Und was den Verein besonders liebenswert macht, ganz egal, ob in der 1. oder 2. Bundesliga, das ist sein Maskottchen. Der Geißbock Hennes ist aus Fleisch und Blut, und wenn er mit seinem Hüter, dem Bauern Wilfried Schäfer, ins Stadion einläuft, gibt es Sonderapplaus von den Rängen. Normal ist es nicht, ein lebendes Tier als Fußballmaskottchen zu haben, aber was ist in der Domstadt schon normal? Klassisch war übrigens die Entstehungsgeschichte des Maskottchens, wegen dem es ein Geißbockheim gibt und als Stadionmagazin das „GeißbockEcho“. 1951 übergab eine Zirkuschefin(!) dem FC-Trainer Hennes Weißweiler das meckernde Maskottchen auf einer Karnevalssitzung(!). Deshalb wurde er auch gleich Hennes I. (!) getauft und ihm ein Trikot genäht: natürlich in Rot-Weiß. Es folgten Hennes II., Hennes III., Hennes IV. ... Den aktuellen Geißbock können Fans sogar in seinem Stall beobachten, denn dort ist eine WebCam eingebaut, die ihn beim Kauen, Schlafen und Scharren filmt. Und als der 1.FC damals vor wenigen Jahrzehnten Deutscher Fußballmeister wurde, da hat 55 Die Kölner und ihr FC man dem Hennes auch ein Lied komponiert: „Unser Bock ist Meister, er hätt se all jeputzt“. Da hat er stolz den Kopf gereckt und gemeckert. Meckern gehört in Köln eben auch zum guten Ton. (tb) Kölner Knigge 56 En unserm Veedel hält m´r zesamme! Kölner Veedel Leben in einer Großstadt mit dem Gefühl einer Kleinstadt Trotz einer Millionen Einwohner ist Köln übersichtlich geblieben. Der Grund: Man lebt in Veedeln (Stadtviertel). Dabei hat jedes Stadtviertel seine Eigenarten und Lebensweisen. Die Veedel haben nichts damit zu tun, wie die Stadt verwaltungstechnisch aufgeteilt ist. Vielmehr handelt es sich um gefühlte Gebiete, die meist historisch gewachsen sind. Oft werden sie durch große Straßen wie z.B. den Ring begrenzt. 9 Stadtbezirke in Köln Innenstadt, Rodenkirchen, Lindenthal, Ehrenfeld, Nippes, Chorweiler, Porz, Kalk und Mülheim. Diese sind dann in 85 verwaltungstechnische Stadtviertel unterteilt. 57 Kölner Veedel Eines der schönsten und auch ältesten Veedel in Köln ist das Martinsviertel in der Kölner Altstadt Kölner Knigge 58 Jedes Veedel hat seine eigenen sozio-demographischen Strukturen. In manchen Stadtvierteln gibt es einen hohen Ausländeranteil, andere Gegenden sind eher bürgerlich. Die Kölner Südstadt ist bei Künstlern und Intellektuellen besonders angesagt. Junge Familien bevorzugen dagegen Gegenden wie Vogelsang. Bürgerlich, aber auch sehr beliebt bei Studenten, sind Sülz, Klettenberg oder Deutz. Wer in Köln zur Oberschicht gehörte, wohnte in Marienburg, wo protzige Villen die Straßen säumen. Mittlerweile haben sich dort auch viele Firmen angesiedelt und man wohnt jetzt doch fast lieber in Bayenthal. Die meisten Einbrüche und die bestbewachten Villen findet man in Köln-Hahnwald. Hier, genauso wie in Bayenthal und zum Teil auch in Rodenkirchen und Weiß, haben die neuen Reichen Kölns Quartier gefunden. Ganz im Gegensatz dazu ist das traditionelle Arbeiterviertel Kalk auf der rechten Rheinseite zu sehen. Viele Jahrzehnte bot die mittlerweile abgerissene „Chemische Fabrik Kalk“ Tausenden Menschen Arbeit, die sich deshalb in diesem Stadtteil niederließen. Durch eine Reihe von städtebaulichen Maßnahmen ist dieses Viertel wie viele andere Gegenden in Köln im Umbruch. Aber 59 Kölner Veedel man ist hier immer noch stolz auf seine Herkunft. Das gilt auch für Nippes, das im Norden von Köln auf eine ähnliche Tradition zurückblicken kann. Hier wohnen Studenten, türkische Fordarbeiter und Künstler Tür an Tür. Das kleinste Viertel ist der Eigelstein. Namensgeber ist eine Straße, die vom Hauptbahnhof bis zum Ebertplatz führt. Weitere typische kölsche Veedel sind: Agnesviertel, Martinsviertel, Kwartier Latäng, Belgisches Viertel, Mülheim oder Ehrenfeld. Viele Menschen leben schon seit Generationen in „ihrem“ Veedel. Sie fühlen sich dort wohl, weil man zwar in einer Großstadt wohnt, aber trotzdem seine Nachbarn noch kennt. (eh) Kölner Knigge 60 Zu guter Letzt: kölsche Witze Zum Schluss noch eine kleine Kostprobe aus dem Kölner Witze-Repertoire mit drei Beispielen in Kölsch und Hochdeutsch, die ein wenig die Kölner Mentalität widerspiegeln: Der Kölsche sprich drei Frembsproch: 1. Huhdütsch met Knubbele, 2. Kölsch, 3. üvver ander Lück Der Kölner spricht drei Fremdsprachen: 1. gebrochen Hochdeutsch, 2. Kölsch, 3. über andere Leute. Op ener Bank en de Riehler Heimstätte setze drei Rentner. Noh ner halve Stund sät dä ein: „No jo!“ En Stund späder dä zweite: „Jojo!“ Stundelang kütt dann nix bes dä drette sät: „Wann ehr zwei nit bal met der Puletik ophööt, jon ich!“ 61 Kölsche Witze Drei Rentner sitzen auf einer Bank. Nach einer halben Stunde sagt der eine: „Naja.“ Eine Stunde später sagt der zweite: „Ja, ja.“ Stundenlang schweigen alle, bis der Dritte sagt: „Wenn ihr jetzt nicht endlich mit der Politik aufhört, dann geh’ ich.“ Die neu Kölsche kumme nor noch met einem Zeijefinger un einem Dumen op de Welt. Met däm Zeijefinger zeijen se: „Do mäs dat, do mäs dat, do mäs dat…“, un met däm Dume op sich, „…för mich“!“ Die neuen Kölner kommen nur noch mit einem Daumen und mit einem Zeigefinger auf die Welt. Mit dem Zeigefinger zeigen sie: „Du machst das, du machst das, du machst das…“, mit dem Daumen zeigen sie auf sich, „…für mich“.