Mandanten-Information für Einzelunternehmer Nr. 1/2012

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Mandanten-Information für Einzelunternehmer Nr. 1/2012
BLSW
Steuerberatungsgesellschaft mbH
Lise-Meitner-Straße 7
74074 Heilbronn
Tel.: 0 71 31 / 78 72 - 0
Fax: 0 71 31 / 78 72 - 70
E-Mail: [email protected]
www.blsw-stb.de
BLSW Steuerberatungsgesellschaft mbH | Lise-Meitner-Straße 7 | 74074 Heilbronn
Uwe Harasko | Steuerberater
Achim Linek | Steuerberater
Klaus Schuler | Steuerberater
Günter Weigt | Steuerberater
Ulrich Geiger | Prokurist
Mandanten-Information für Einzelunternehmer Nr. 1/2012
Sehr geehrte Damen und Herren,
nachdem die Einführung eines zeitsparenden Lohnsteuerabzugverfahrens nach elektronischen Arbeitnehmermerkmalen ursprünglich für den Jahresbeginn 2010 geplant worden
war, wird nunmehr zum zweiten Mal eine Verschiebung notwendig. Wie Arbeitgeber zu verfahren haben, erfahren Sie unter Nr. 1.
Einige Gesetzesänderungen, aber auch die Verwaltungspraxis stehen vor dem Bundesverfassungsgericht auf dem Prüfstand (Nr. 7, 8 und 10). In der betrieblichen Praxis spielen Bewirtungskosten (Nr. 3), Kassenprüfungen (Nr. 4) und Geburtstagsfeiern des Unternehmers,
die mit Firmenjubiläen zusammenfallen (Nr. 2), immer wieder eine Rolle. Die Rechtsprechung
bringt neue interessante Gesichtspunkte zu vielen Fragen.
Mit freundlichen Grüßen
Aus dem Inhalt:
1 Lohnsteuer: ELStAM-Einführung verschiebt sich bis 2013
2 Betriebsausgaben: Trennung von Firmenjubiläum und Geburtstag
3 Bewirtungskosten: Angaben zum konkreten betrieblichen Anlass
4 Chi²-Test: Kein Beweis für Buchführungsmängel
5 Arbeitszimmer: Kosten auch bei teils privater Nutzung absetzbar?
6 Kettenschenkung: Doppelte Schenkungsteuer vermeiden
7 Erbschaftsteuer: Schon wieder verfassungswidrig?
8 Erstattungszinsen: Steuerpflicht auf dem Prüfstand
9 Fristverlängerung: Auch beim Spitzensteuersatz
10 Fahrtkosten: Ungleichbehandlung verfassungswidrig
11 Gemischt-genutzte Gegenstände: Zuordnungsentscheidung zeitnah treffen
12 Bearbeitungsentgelt: Wann ist der Betriebsausgabenabzug erlaubt?
13 Insolvenzgeldumlage: In 2012 wieder zu zahlen
14Sachgeschenke: Über 35 Euro nicht abzugsfähig
Commerzbank AG, Heilbronn: 704 090 800 (BLZ 620 800 12) | Kreissparkasse Heilbronn: 10 588 (BLZ 620 500 00) | Volksbank im Unterland: 11 417 005 (BLZ 620 632 63)
HRB 101303 Stuttgart | Geschäftsführer: Uwe Harasko, Achim Linek, Klaus Schuler, Günter Weigt
Mandanten-Information für Einzelunternehmer
1Lohnsteuer: ELStAM-Einführung
verschiebt sich bis 2013
Ab dem 1.1.2012 sollte das neue Verfahren mit der elektronischen Lohnsteuerkarte eingeführt werden, nachdem
der Start bereits um ein Jahr verschoben wurde. Der Start
der elektronischen Lohnsteuerkarte wurde wegen unerwarteter technischer Probleme bundesweit um ein Jahr
auf den 1. Januar 2013 verschoben. Gründe hierfür
sind Verzögerungen bei der technischen Erprobung des
Abrufverfahrens. Die zurzeit laufenden Korrekturarbeiten,
besonders soweit Informationsschreiben an die Bürgerinnen und Bürger über die „elektronischen Lohnsteuerabzugsmerkmale“ (ELStAM) versandt worden sind, sind
davon nicht berührt und werden weiterhin durchgeführt.
Die Eintragungen auf der Lohnsteuerkarte 2010 gelten
auch im Jahr 2012. Bei einem Arbeitgeberwechsel muss
der Arbeitnehmer – wie bisher auch – dem neuen Arbeitgeber die Lohnsteuerkarte 2010 oder die Ersatzbescheinigung 2011 aushändigen.
Haben sich die Verhältnisse gegenüber den Eintragungen
auf der Lohnsteuerkarte 2010/Ersatzbescheinigung 2011
nicht geändert, kann der Arbeitgeber auf dieser Basis den
Lohnsteuerabzug im Jahr 2012 vornehmen.
Haben sich die Daten verändert – zum Beispiel verheiratet
statt ledig, Geburt eines Kindes, Wechsel der Lohnsteuerklasse – muss der Arbeitnehmer die Lohnsteuerkarte oder
die Ersatzbescheinigung beim Finanzamt ändern lassen.
Er erhält dann dort einen Ausdruck der geänderten Lohnsteuerabzugsmerkmale oder eine neue Ersatzbescheinigung und legt diese dann dem Arbeitgeber als Grundlage
für den Lohnsteuerabzug vor.
Arbeitnehmer brauchen dann künftig dank ELStAM ihren
Arbeitgebern bei Beginn einer neuen Beschäftigung nur
noch ihr Geburtsdatum und ihre steuerliche Identifikationsnummer mitzuteilen. Der Arbeitgeber kann dann alle
weiteren, für den richtigen Lohnsteuerabzug benötigten
Daten beim Finanzamt abrufen. Im Internet ist auf den
Seiten des BMF eine Liste mit den häufigsten Fragen und
Antworten zur Einführung der elektronischen Lohnsteuerkarte eingestellt (www.bmf.de).
2Betriebsausgaben: Trennung von
Firmenjubiläum und Geburtstag
Die Kosten für private Feiern des Unternehmers können
steuerlich nicht als Betriebsausgabe geltend gemacht werden. Dies ist allgemein bekannt und nichts Neues. Wenn
nun aber ein runder Geburtstag des Unternehmers mit
einem Firmenjubiläum zusammenfällt und beide Anlässe
gemeinsam gefeiert werden, kann dies zur Folge haben,
dass die gesamten Kosten als Betriebsausgaben verloren
gehen – selbst wenn Sie nur Geschäftsfreunde und Mitarbeiter des Unternehmens zum Geburtstag einladen.
Es handelt sich dabei um gemischt veranlasste Aufwendungen, bei denen eine Aufteilung der Kosten (wie
sie der BFH in einigen neueren Urteilen, zum Beispiel bei
Reisekosten, erlaubte) nicht zum Zuge kommt. Da diese
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Aufwendungen eng miteinander verbunden und nicht voneinander trennbar sind (zum Beispiel nach den Personen,
die zur Geburtstagsfeier kommen und Personen die zum
Firmenjubiläum kommen), greift in diesem Fall das steuerliche Aufteilungs- und Abzugsverbot. Folge: Die gesamten
Kosten dürfen steuerlich nicht als Betriebsausgaben geltend gemacht werden.
3Bewirtungskosten: Angaben zum
konkreten betrieblichen Anlass
Kosten für die Bewirtung von Personen aus geschäftlichem
Anlass sind zu 70 Prozent als Betriebsausgaben abzugsfähig, wenn
–sie nach der allgemeinen Verkehrsauffassung als angemessen anzusehen und
–ihre Höhe und ihre betriebliche Veranlassung nachgewiesen sind.
Bewirtungen aus geschäftlichem Anlass sind solche, bei
denen Personen bewirtet werden, zu denen Geschäftsbeziehungen bestehen oder angebahnt werden sollen.
Zum Nachweis der Höhe und der betrieblichen Veranlassung der Aufwendungen hat der Unternehmer schriftlich
Ort, Tag, Teilnehmer und Anlass der Bewirtung sowie die
Höhe der Aufwendungen anzugeben. Der teilweise Betriebsausgabenabzug setzt den Nachweis der konkreten
betrieblichen Veranlassung einer geschäftlichen Bewirtung
voraus; hierzu genügt es nicht, lediglich die Namen und die
Funktion der bewirteten Person aufzuführen. Nach dem
Urteil des FG Berlin-Brandenburg vom 11.5.2011 reichen
dazu allgemein gehaltene Angaben wie Arbeitsgespräch,
Infogespräch, Hintergrundgespräch, Geschäftsessen oder
Kontaktpflege als Grundlage für die Nachprüfung nicht
aus.
Der volle Abzug entsprechender Aufwendungen setzt voraus, dass eigene Arbeitnehmer des Steuerpflichtigen aus
betrieblichem Anlass bewirtet werden. Rechtsprechung
und Finanzverwaltung folgern gleichermaßen, dass die
Angaben zum Anlass der Bewirtung als Nachweis der betrieblichen Veranlassung den Zusammenhang mit einem
geschäftlichen Vorgang oder einer Geschäftsbeziehung
erkennen lassen müssen.
Lange Zeit umstritten war die Frage, ob die Bewirtungskosten für freie Mitarbeiter in voller Höhe abgezogen
werden dürfen, wenn sie zum Beispiel im Rahmen einer
Produktschulung oder einer Fortbildungsveranstaltung
verpflegt werden. Hier hat der BFH aber bereits 2007 entschieden, dass der Betriebsausgabenabzug in voller Höhe
gegeben ist, wenn freie Mitarbeiter bei einer Schulungsveranstaltung verpflegt werden.
4Chi2-Test: Kein Beweis für
Buchführungsmängel
Bei einer Betriebsprüfung begegnen manche Prüfer den
Kassenbucheintragungen mit besonderem Argwohn. Dies
gilt besonders dann, wenn die Kassenberichte so geführt
Mandanten-Information für Einzelunternehmer
werden, dass die Einnahmen nachträglich verändert werden können.
Beispiel:
Bei der Betriebsprüfung eines Friseursalons wurde festgestellt, dass die Kassenbücher in Form von Excel-Tabellen
geführt wurden. Nach Auffassung des Finanzamts war
dadurch die gesetzlich geforderte Unveränderbarkeit der
Kassenbucheintragungen nicht gewährleistet. Mit dem
sog. Chi²-Test wurden alle Tageseinnahmen abgeglichen
(er basiert auf dem Gedanken, dass derjenige, der bei seinen Einnahmen unzutreffende Werte einträgt, unbewusst
eine Vorliebe für bestimmte Lieblingszahlen hat und diese entsprechend häufiger verwendet als andere Zahlen).
Das Finanzamt schloss aus dem Test eine 100-prozentige
Manipulationswahrscheinlichkeit, weil die Zahlen der Tageseinnahmen nicht gleich verteilt waren, sondern eine
sig­nifikante Häufigkeit bei einigen wenigen Zahlen zeigten.
Der Prüfer erhöhte allein aufgrund dieses Tests die erklärten Umsatzerlöse um jährlich 3.000 Euro, was zu entsprechenden Gewinnerhöhungen führte.
Das Finanzgericht Rheinland-Pfalz hat diese Verfahrensweise mit seinem Urteil vom 24.8.2011 für unbrauchbar erklärt.
Zwei Aussagen des Gerichts sind wichtig:
–Zum einen obliegt es dem Finanzamt zu beweisen,
dass das eingesetzte Kassenprogramm Manipulationen
ermöglicht; der Steuerpflichtige hat nicht die Pflicht zu
beweisen, dass das eingesetzte Kassenprogramm Manipulationen nicht zulässt.
–Zum anderen ist der sog. Chi²-Test allein nicht geeignet,
den Beweis dafür zu erbringen, dass die Buchführung
nicht ordnungsgemäß ist. Zu berücksichtigen ist zudem
die Preisliste des Unternehmers, weil sich naturgemäß
auch in den Verkaufspreisen bestimmte Zahlen besonders häufig wiederfinden.
5Arbeitszimmer: Kosten auch bei teils
privater Nutzung absetzbar?
Die neue Rechtsprechung des BFH, die das sog. Aufteilungsverbot bei sog. gemischt veranlassten Aufwendungen
bei Reisekosten gekippt hat, löst auch für die Abzugsfähigkeit der Kosten für ein Arbeitszimmer eine Aufteilungsmöglichkeit aus.
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raumkosten in einen privaten und einen beruflichen Teil
ablehnt. Insofern ist eine höchstrichterliche Klärung notwendig.
Einige weitere neue Entscheidungen zum Arbeitszimmer:
Ist ein Angestellter auch noch freiberuflich tätig, bestimmt
sich der Mittelpunkt der Gesamttätigkeit nach dem qualitativen Schwerpunkt, der durch den Hauptberuf geprägt ist.
Dieser wird in der Regel außerhalb des Arbeitszimmers
im Betrieb ausgeübt. Auch wenn der qualitative Schwerpunkt der Nebentätigkeit im heimischen Büro liegt, reicht
das nicht aus, um für die Gesamttätigkeit einen Ortswechsel auf die Wohnung vornehmen zu können (FG Münster,
Urteil vom 22.2.2011)
Der qualitative Mittelpunkt eines Außendienstmitarbeiters
und Betreuers eines Verkaufsgebiets, der zwar auch Beratungsgespräche bei den Kunden vor Ort durchführt, aber
2/3 der Arbeitszeit der am häuslichen Arbeitsplatz ausgeübten ingenieurmäßigen Projektplanung und der Begleitung von Ausschreibungen widmet, liegt im heimischen
Büro. Für die Qualifikation als Betriebsstätte reicht die
Ausstattung eines Raums mit Kommunikations- und Arbeitsgeräten durch den Arbeitgeber, die Kenntlichmachung
des Arbeitszimmers als Außendienstbüro oder wenn der
Betrieb den Arbeitnehmer vertraglich dazu verpflichtet, ein
Arbeitszimmer vorzuhalten, nicht aus (FG Düsseldorf, Urteil vom 5.5.2011).
Nach der neueren Rechtsprechung des BFH gilt: Das
häusliche Arbeitszimmer bildet den Mittelpunkt der gesamten beruflichen Betätigung, wenn der Steuerpflichtige dort diejenigen Handlungen vornimmt und Leistungen
erbringt, die für den ausgeübten Beruf wesentlich und prägend sind. Dies ist auf alle Berufsgruppen anzuwenden.
6Kettenschenkung: Doppelte Schenkungsteuer vermeiden
Bei Schenkungen richtete sich die Frage der Schenkungsteuer ausschließlich nach dem Zivilrecht. Nach der zivilrechtlichen Betrachtung kommt es darauf an, aus wessen
Vermögen die Zuwendung stammte und darauf, ob der
Empfänger über das Zugewendete im Verhältnis zum Leistenden tatsächlich und rechtlich frei verfügen konnte.
Beispiel:
Wird ein Zimmer zu einem Teil privat genutzt, zum Teil aber
auch als Arbeitszimmer für berufliche Zwecke, so können die
Kosten nunmehr in Höhe des beruflichen Nutzungsanteils
Steuer mindernd als Betriebsausgaben angesetzt werden.
In einem Streitfall wurden von dem Finanzgericht Köln (Urteil vom 19.5.2011) Betriebsausgaben in Höhe von 1.250
Euro anerkannt, da der genutzte Raum nicht den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen Tätigkeit darstellte und
der Raum auch zu einem bestimmten Anteil privat genutzt
wurde.
Die Eltern schenken ihrem Sohn ihre Miteigentumsanteile
zu je 1/2 an einem Grundstück zu dessen Alleineigentum.
Der Einheitswert beträgt jeweils 200.000 Euro.
Anderer Auffassung ist allerdings das FG Baden-Württemberg (Urteil vom 2.2.2011), das die Aufteilung von Wohn-
Folgt man der zivilrechtlichen Reihenfolge, so wird zunächst der Sohn Alleineigentümer. Die Schenkung bleibt
An demselben Tag mit darauf folgender Urkundsnummer
überträgt der Sohn einen Miteigentumsanteil zu 1/2 auf
seine mit ihm im gesetzlichen Güterstand lebende Ehefrau. Der Sohn sowie dessen Ehefrau wurden unmittelbar als Miteigentümer des Grundstücks eingetragen. Fällt
Schenkungsteuer an?
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steuerfrei, weil er als Sohn einen Freibetrag in Höhe von
400.000 Euro hat. Folgt man der neuen Rechtsprechung
des FG München, so gilt das Grundstück direkt von den
Eltern an den Sohn und dessen Ehefrau vererbt, wobei
die Schenkung an die Ehefrau des Sohnes der Schenkungsteuer unterliegt. Sie hat lediglich einen Freibetrag
in Steuerklasse II (Eltern/Schwiegertochter) Höhe von
20.000 Euro.
Das FG München entschied in seinem Urteil vom 15.6.2011,
dass ein zwischengeschalteter Dritter, der einen geschenkten Gegenstand gleich weiterverschenkt, schenkungsteuerrechtlich grundsätzlich nicht als bereichert
gilt, auch wenn zivilrechtlich die Zwischenschaltung anzuerkennen ist. Das letzte Wort ist jedoch noch nicht gesprochen; die Streiftrage ist inzwischen beim BFH anhängig.
In der Praxis sollte man bei einer Kettenschenkung dieser
Art einen längereren Zeitraum verstreichen lassen, bis der
Gegenstand dem Nächsten zugewendet wird.
Ferner gilt: Je mehr anerkennenswerte außensteuerliche
(und tatsächlich vorliegende) Gründe es für die Weitergabe eines Zuwendungsgegenstands gibt, umso eher wird
die Steuer sparende Gestaltung anerkannt werden.
7Erbschaftsteuer: Schon wieder
verfassungswidrig?
Was würden Sie sagen, wenn Sie keine Kinder hätten, die
das Unternehmen weiterführen könnten, und Sie daher
das Unternehmen einem Ihrer Neffe vererben würden –
der Enkel aber in der gleichen Steuerklasse zur Erbschaftsteuer herangezogen würde wie fremde Dritte, also nach
Steuerklasse II?
Gerade drei Jahre ist es her, dass die Erbschaftsteuerreform am 1.1.2009 in Kraft trat, weil die unterschiedlichen
Wertansätze für Grundvermögen (Einheitswerte) und Geldvermögen (gemeine Werte) zu solch unterschiedlichen
Werten führten, dass das Bundesverfassungsgericht die
Erbschaftsteuer für verfassungswidrig erklärt hatte. Nun
steht die Erbschaftsteuer erneut auf dem Prüfstand: Der
BFH hat das Bundesfinanzministerium aufgefordert, einem
anhängigen Verfahren beizutreten.
Im Jahr 2009 hat ein Neffe von seinem Onkel ein Viertel
des gesamten Erbes erhalten. Im Nachlass befanden sich
Guthaben bei Kreditinstituten und ein Steuererstattungsanspruch im Gesamtwert von über 50.000 Euro. Unter
Berücksichtigung eines Freibetrags von 20.000 Euro und
eines Steuersatzes von 30 Prozent setzte das Finanzamt
Erbschaftsteuer in Höhe von 9.360 Euro fest.
Damit wurde ein Neffe im Jahr 2009 erbschaftsteuerlich
wie ein fremder Dritter behandelt. Der Bundesfinanzhof
muss jetzt darüber entscheiden
–ob die im Jahr 2009 gegebene Gleichstellung von Personen der Steuerklasse II (u.a. Geschwister, Neffen,
Nichten) mit Personen der Steuerklasse III (fremde Dritte) verfassungsgemäß ist und
–ob die Begünstigung des Betriebsvermögens (§ 13a,
13b ErbStG) deshalb gegen den allgemeinen Gleich4
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heitssatz verstößt, weil durch die bloße Wahl bestimmter Gestaltungen (Überführung des Vermögens
in eine gewerblich geprägte Personengesellschaft oder
eine Kapitalgesellschaft) die Steuerfreiheit des Erwerbs
von Vermögen – gleich welcher Art und unabhängig von
dessen Zusammensetzung und Bedeutung für das Gemeinwohl – erreicht werden kann.
Der Beschluss des BFH enthält deutliche Hinweise darauf,
dass er von einer Verfassungswidrigkeit des geltenden
Erbschaftsteuerrechts ausgeht. So spricht er von einer
Verschärfung der verfassungsrechtlichen Problematik gegenüber dem alten (bereits verfassungswidrigen) Recht.
In den Fällen, in denen eine Übertragung von Betriebsvermögen ohnehin ansteht, erscheint es ratsam, damit
nicht bis zum Urteil des BFH und einer evtl. folgenden Gesetzesänderung zu warten.
8Erstattungszinsen: Steuerpflicht auf
dem Prüfstand
Im Rahmen der eingeführten Vollverzinsung im Einkommensteuerrecht werden auch Steuererstattungen vom
Finanzamt verzinst. Umstritten war, ob diese Erstattungszinsen als Einkünfte aus Kapitalvermögen der Einkommensteuer zu unterwerfen sind.
Nachdem der BFH die Steuerpflicht verneint hatte, hat der
Gesetzgeber durch das Jahressteuergesetz 2010 rückwirkend die Besteuerung als Zinseinnahmen eingeführt.
Nach einer Entscheidung des Finanzgerichts Düsseldorf
bestehen ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Besteuerung von Erstattungszinsen als Einnahmen aus Kapitalvermögen nach § 20 Abs. 1 Nr. 7 Satz 3 des Einkommensteuergesetzes i.d.F. des Jahressteuergesetzes 2010.
Nach Auffassung des 1. Senats sprechen gewichtige Gründe gegen die Verfassungsmäßigkeit der gesetzlichen Neuregelung. Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass die
gesetzliche Neuregelung gegen das aus dem Rechtstaatsprinzip des Grundgesetzes folgende Rückwirkungsverbot verstößt. Der Senat hat die Beschwerde zum Bundesfinanzhof zugelassen.
Das Finanzgericht Münster hat mit Beschluss vom 27. Oktober 2011 diese Zweifel verstärkt. Das Finanzgericht sieht
in der gesetzlichen Regelung einen eindeutigen Verstoß
gegen das Rückwirkungsverbot und hat wegen der grundsätzlichen Bedeutung dieser Sache Beschwerde beim
Bundesfinanzhof zugelassen.
Alle Steuerbescheide mit Erstattungszinsen werden daher
bis zu einer Entscheidung durch den BFH offengehalten.
9Fristverlängerung: Auch beim
Spitzensteuersatz
Wer seine Steuererklärung durch einen Steuerberater erstellen lässt, genießt automatisch eine Fristverlängerung
für die Abgabe der Erklärung bis zum Ende des Folgejahres.
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In einem Streitfall kam ein Finanzamt auf die Idee, eine
durch einen Steuerberater erstellte Steuererklärung bereits bis Ende September 2011 anzufordern mit der Begründung, dass „aufgrund der Höhe der Einkünfte mit erheblichen steuerlichen Auswirkungen zu rechnen“ sei.
Eine solche Aufforderung verstößt gegen den Erlass der
obersten Finanzbehörden der Länder vom 3.1.2011 (BStBl
I 2011, S. 44), nach dem die Abgabefrist bei steuerlich
beratenen Steuerpflichtigen allgemein bis zum 31.12.
eines Jahres verlängert wird. Ausnahmefälle dazu sind in
dem Erlass angeführt. Allein die Tatsache, dass ein Steuerpflichtiger hohe Einkünfte erzielt, die mit dem Spitzensteuersatz zu versteuern sind, reicht für eine vorgezogene
Anforderung der Steuererklärung nicht aus.
10Fahrtkosten: Ungleichbehandlung
verfassungswidrig
Gestiegene Kfz-Kosten und hohe Benzinpreise führen
zu Missmut bei Autofahrern. Ärgerlich indes ist auch der
steuerfreie Kostenersatz für dienstliche Fahrten mit dem
privaten Pkw von nur 30 Cent pro gefahrenen Kilometer.
Angestellte im öffentlichen Dienst dagegen können bei
Nutzung ihres Privatwagens bis zu 35 Cent steuerfrei erstattet bekommen, wenn sie im Auftrag ihres Arbeitgebers
unterwegs sind. Gegen diese Ungleichbehandlung ist jetzt
ein Verfahren beim Bundesverfassungsgericht anhängig.
11Gemischt genutzte Gegenstände:
Zuordnungsentscheidung zeitnah
treffen
Will ein Unternehmer einen Gegenstand (zum Beispiel einen Pkw oder ein Grundstück) auch nichtunternehmerisch
nutzen, so hat er ein Wahlrecht, das Auswirkungen auf den
Abzug von Vorsteuern und auf die Gewinnermittlung hat.
Bei einer sog. gemischten Nutzung kann der Einzelunternehmer den Gegenstand
–insgesamt seinem Unternehmen zuordnen,
–ihn in vollem Umfang in seinem Privatvermögen belassen oder
–ihn im Umfang der tatsächlichen unternehmerischen
Verwendung seinem Unternehmensvermögen zuordnen (Zuordnungswahlrecht).
Oft ist der Streit vorprogrammiert, wenn das Finanzamt die
gewünschte Zuordnung nicht anerkennt, weil eine zeitnahe Dokumentation fehlt. Dies gilt insbesondere, wenn
nachträglich Veräußerungsverluste, Unterhaltsaufwendungen oder Vorsteuerbeträge geltend gemacht werden.
In der Literatur wird eine zeitnahe Dokumentation in der
Umsatzsteuer-Voranmeldung empfohlen, andere halten
eine Dokumentation im Rahmen der Einkommen- oder
Umsatzsteuererklärung für ausreichend. Der bestehenden
Meinungsvielfalt sind jetzt vom BFH eindeutige Grenzen
gesetzt worden.
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Nach seinem Urteil vom 12.10.2011 gilt: Die sofort bei
Leistungsbezug zu treffende Zuordnungsentscheidung ist
zeitnah, d.h. bis spätestens in der Jahressteuererklärung zu dokumentieren. Keine zeitnahe Dokumentation
der Zuordnungsentscheidung liegt vor, wenn diese dem
Finanzamt erst nach Ablauf der gesetzlichen Abgabefrist
von Steuererklärungen (31. Mai des Folgejahres) mitgeteilt wird.
Dem Urteil lag folgender Sachverhalt zu Grunde: Ein Unternehmer A und seine Ehefrau B hatten ein bebautes
Grundstück erworben, das von dem Ehemann zu rund 40
Prozent für sein Unternehmen (Büroräume) genutzt wurde.
Die übrige Fläche wurde von den Eheleuten zu privaten
Wohnzwecken genutzt. Der Vorsteuerabzug des Unternehmer-Ehemanns scheiterte daran, dass er die erforderliche
und sofort bei Leistungsbezug zu treffende Zuordnungsentscheidung nicht „zeitnah“ dokumentiert hatte. Der BFH
entschied, dass die Zuordnungsentscheidung – entgegen
der Entscheidung der Vorinstanz – zwar nicht bereits mit
Abgabe der Umsatzsteuer-Voranmeldung erfolgen muss,
sondern auch noch im Rahmen der Jahressteuererklärung
geschehen kann. Zur Gleichbehandlung aller Steuerpflichtigen sowie aus Gründen der Rechtssicherheit und Klarheit ist es allerdings erforderlich, dass der Unternehmer
seine Zuordnungsentscheidung spätestens bis zum 31.
Mai des Folgejahres dem Finanzamt gegenüber dokumentiert. Dieses Zuordnungswahlrecht gilt ebenso für
Freiberufler.
Insbesondere bei Wertpapieren mit größeren Wertverlusten erscheint es mitunter steuerlich vorteilhaft, wenn
erworbene Wertpapiere als Betriebsvermögen bilanziert
wurden oder bei nichtbilanzierenden Unternehmen dem
Unternehmensvermögen zugeordnet wurden, weil die Verluste sich dann sofort auswirken.
Bei Freiberuflern hat die Finanzverwaltung jedoch Regeln
aufgestellt, wann erworbene Wertpapiere als Betriebsvermögen behandelt werden können. Auch der BFH hat mit
einer Grundsatzentscheidung vom 17.5.2011 nochmals
aufgezeigt, unter welchen Voraussetzungen Wertpapiere
als Betriebsvermögen eines Freiberuflers behandelt werden können.
Im Streitfall ging es um die Frage, ob durch die Einlage
eines Wertpapierdepots in ein freiberufliches Unternehmen die für den Abzug von Schuldzinsen schädlichen
Überentnahmen gemindert werden.
Der Bundesfinanzhof entschied: Es reicht nicht aus, dass
die Wertpapiere aus betrieblichen Mitteln finanziert sind,
ein Ausweis in der Gewinnermittlung erfolgt oder eine Verpfändung für betriebliche Kredite erfolgt. Voraussetzung ist
vielmehr, dass die Wertpapiergeschäfte Hilfsgeschäfte zur
freiberuflichen Tätigkeit sind.
Hiervon geht der VIII. Senat des BFH beispielhaft dann
aus, wenn ein Wertpapierdepot für betriebliche Schulden
verpfändet wird und in seiner Verwendung derartig festgelegt ist, dass es aus der Sicht der finanzierenden Bank
untrennbar Bestandteil eines Finanzierungskonzepts
ist. Das Konzept muss dabei über die reine Verwendung
des Depots als Sicherheit hinausgehen.
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12Bearbeitungsentgelt: Wann ist ein sofortiger Betriebsausgabenabzug erlaubt?
Wer ein Darlehen aufnimmt, wird häufig eine Bearbeitungsgebühr zu zahlen haben.
Beispiel:
Der Unternehmer U nimmt ein Darlehen über 40.000 Euro
auf. Die Laufzeit beträgt zehn Jahre. Für die Kreditgewährung hat er eine Bearbeitungsgebühr in Höhe von 4.000
Euro zu zahlen. Frage: Können die 4.000 Euro direkt als
Betriebsausgabe abgesetzt werden oder ist ein Rechnungsabgrenzungsposten zu bilden, der über die zehn
Jahre aufzulösen ist?
Der BFH hat diese Frage wie folgt entschieden: Die Bearbeitungsgebühr darf sofort als Betriebsausgabe abgezogen werden, wenn sie bei vorzeitiger Vertragskündigung
nicht oder nicht zeitanteilig zurückgezahlt werden muss.
Die Gebühr ist also einmal und nur für den Vertragsabschluss angefallen.
Zeitanteilig abzugrenzen ist die Bearbeitungsgebühr jedoch, wenn sie Teil des Entgelts für die Dauer des Schuldverhältnisses ist. Ob die Gebühr als Vorleistung für eine
zeitraumbezogene Gegenleistung anzusehen ist, hängt
davon ab, ob der Empfänger die Bearbeitungsgebühr im
Falle einer vorzeitigen Beendigung des Darlehensvertrags
behalten darf oder ob er sie zurückerstatten muss.
Etwas Anderes gilt nach der Entscheidung des BFH jedoch, wenn das Dauerschuldverhältnis
–auf mehrere Jahre zu festen Bedingungen abgeschlossen ist,
– nur aus wichtigem Grund gekündigt werden kann und
–konkrete Anhaltspunkte dafür fehlen, dass die Vertragsparteien einer vorzeitigen Kündigung nur rein theoretische Bedeutung beimessen (also unwahrscheinlich
ist).
In diesem Fall muss das Bearbeitungsentgelt mithilfe aktiver Rechnungsabgrenzungsposten auf die gesamte Laufzeit des Darlehens verteilt werden und kann nur in jährlichen Teilbeträgen Steuer mindernd abgesetzt werden.
Dieses Beispiel zeigt, wie wichtig es ist, einen Darlehensvertrag vor Abschluss von einem Steuerberater auf die
steuerlichen Auswirkungen prüfen zu lassen.
13Insolvenzgeldumlage: In 2012 wieder zu
zahlen
Arbeitnehmer können Insolvenzgeld beanspruchen, wenn
über das Vermögen ihres Arbeitgebers ein Insolvenzverfahren eröffnet wird und für die vorausgehenden drei
Monate des Arbeitsverhältnisses noch Lohnzahlungsansprüche bestehen. Das Insolvenzgeld wird durch die Insolvenzgeldumlage allein von den Arbeitgebern finanziert.
Zur Zahlung der Insolvenzgeldumlage sind grundsätzlich
alle Arbeitgeber verpflichtet, auch diejenigen, die Minijobber beschäftigen. Ausgenommen sind neben dem Bund,
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den Ländern, Gemeinden und Arbeitgebern der öffentlichen Hand nur Privathaushalte, die beispielsweise eine
Haushaltshilfe beschäftigen.
Nach einer Nullrunde in diesem Jahr muss 2012 wieder
die Insolvenzgeldumlage gezahlt werden. Sie beträgt 0,04
Prozent der Arbeitsentgelte. Der Umlagesatz wird nach
der voraussichtlichen Entwicklung der Insolvenzereignisse
für das folgende Kalenderjahr bemessen. Die Einnahmen
sollen ausreichen, um die prognostizierten Aufwendungen
zu decken. Fehlbestände und Überschüsse im Umlagetopf sind bei der Festsetzung des Umlagesatzes für das
folgende Kalenderjahr einzubeziehen. Wegen eines Überschusses aus 2010 war die Umlage im Jahr 2011 ausgesetzt worden.
Umlagepflichtig ist das rentenversicherungspflichtige Arbeitsentgelt. Bei Beschäftigten, die nicht der Rentenversicherungspflicht unterliegen, wird das Entgelt herangezogen, von dem im Falle der Rentenversicherungspflicht die
Beiträge zu berechnen wären. Die Insolvenzgeldumlage ist
zusammen mit den Beiträgen zur Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung an die jeweilige Krankenkasse (Einzugsstelle) zu entrichten. Die Umlage für
geringfügig Beschäftigte wird an die Minijob-Zentrale bei
der Deutschen Rentenversicherung Knappschaft-BahnSee abgeführt.
14Sachgeschenke: Über 35 Euro nicht
abzugsfähig
Sachgeschenke an Geschäftsfreunde oder Kunden über
35 Euro sind nicht als Betriebsausgabe abziehbar.
Sie führen aber bei dem Beschenkten zu einem geldwerten Vorteil und müssen grundsätzlich von ihm versteuert werden. Das gab früher oft Ärger, da die Versteuerung
meist nach Jahren anlässlich einer Betriebsprüfung oder
Kontrollmitteilung erfolgte.
Seit 2007 kann jedoch der zuwendende Unternehmer
selber die Versteuerung übernehmen, indem er auf den
Wert aller Geschenke eine pauschale Steuer von 30%
zuzüglich Kirchensteuer und SolZ zahlt (§ 37b EStG). Die
Besteuerung beim Empfänger des Geschenks entfällt in
diesem Fall.
Die Finanzverwaltung lässt nur geringwertige Geschenke
mit einem Wert unter 10 Euro, sogenannte Streuwerbeartikel, bei der Pauschalversteuerung außen vor (BMFSchreiben vom 29.4.2008, Az. IV B 2 – S 2297-b/07/0001,
BStBl 2008 I S. 566, Rz.10).
Etwas höherwertige Geschenke im Wert von 10 Euro bis
zu 35 Euro, die steuerlich als Betriebsausgabe abziehbar
sind, sind dagegen nach ihrer Auffassung in die Pauschalversteuerung einzubeziehen. Rechtsprechung zu dieser
Fragestellung liegt bisher nicht vor. In der Fachliteratur
wird die Auffassung vertreten, dass Geschenke bis zu 35
Euro generell nicht bei der Pauschalsteuer zu berücksichtigen sind. Gegen die Auslegung der Vorschrift durch die
Finanzverwaltung ist nun ein Musterverfahren vor dem
Finanzgericht Sachsen (Az. 8 K 2041/10) anhängig.