Kein strangulierter Gartenzwerg

Résumée der Lesung von Tatjana Kruse in der Altstadt-Buchhandlung Bülach, am Donnerstag, 23. Oktober 2014
Kein strangulierter Gartenzwerg
Nicht gerade appetitlich, der aufgehängte Gartenzwerg auf dem Cover der neusten
Ausgabe mit den Taten von Kommissar Seifferheld aus Schwäbisch Hall. Tatjana
Kruse, die Autorin der seit sechs Jahren regelmässig einmal pro Jahr erscheinenden
Provinzkrimis gibt an der abendlichen Lesung in der Bülacher Buchhandlung Altstadt
Entwarnung. Die Zwerge auf den jeweiligen Buchdeckeln seien eine Erfindung des
Verlags gewesen. In der ersten Ausgabe noch ohne jeden Bezug zum Inhalt
zwischen den Buchdeckeln, hat Kruse später den einen oder anderen in das
Geschehen eingebaut. „Auftragsarbeit“ nennt die dunkel bebrillte, in den Medien
auch als „Ladykracher“ erscheinende Autorin ihr Schreiben. Tatsächlich hat sie vor
sechs Jahren vom Verlag den Auftrag erhalten, jedes Jahr einen Krimi mit
Lokalkolorit zu schreiben. Das tat sie dann, und wie! Ihr stickender Kommissar
Seifferheld wird inzwischen jeweils von einer grossen Fangemeinde erwartet.
An der Lesung in Bülach fesselt die quirlige, beim Lesen theatralisch dramatisierende
Fünfzigerin ihr vorwiegend weibliches Publikum von der ersten Zeile an. Es ist nicht
die Spannung, die da zuvorderst steht, sondern der skurrile Humor, die
ausschweifend amüsante Inszenierung von mehr oder weniger lappalischen
Begebenheiten. Denselben Schalk zieht sie aber auch durch, wenn es darum geht,
den Zustand der Leiche des zuvor äusserst erfolgreichen, muskelprotzenden
Narzisten und Radfahrers zu beschreiben, nachdem diese zwei Wochen bei 30 Grad
im Schatten kopfüber versteckt im Dornengebüsch gelegen hat. Da kennt Kruse
keine Gnade. Im neusten Fall, genannt „Sticken, Stricken, Strangulieren“, ist die
Leiche mit keinem geringeren Utensil als einem Gürtel mit expliziter Elvis-PresleySchnalle erdrosselt worden. Keine leichte Aufgabe für Seifferheld, all den
Möchtegern-Elvis Presleys und den unzähligen Elvis-Imitatoren nachzuspüren. „Weil
laut Abmachung jedes Jahr ein neuer Fall kommen muss, bin ich natürlich längst
wieder am nächsten“, verrät die Schwäbin und beginnt, die Exemplare der Fans zu
signieren. „Für Ernst: Herzlich-mörderisch! Tatjana Kruse“ steht dann zum Beispiel
drin. Genau, es waren nämlich auch ein paar Männer an der Lesung, und die haben
am lautesten gelacht.
Koni Ulrich, Glattfelden