Zeichen der Zeit
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Zeichen der Zeit
Seite 84 Christophorus 338 Christophorus 338 Lifestyle Zeichen der Zeit Schwarze Uhren und funktionelle Chronographen sind traditionell Zeitmesser von Porsche Design. Mit dem Chronograph Rattrapante P’6920 debütierte auf der Basler Uhren- und Schmuckmesse wieder ein solches Designerstück. Text Gerd Gregor Feth Fotografie Bernhard Kühmstedt Seite 85 Seite 86 Christophorus 338 Für viele ist der Porsche am Handgelenk ebenso wichtig wie die Hand am Porsche-Lenkrad. Seit 37 Jahren können die Liebhaber der Sportwagen auch Uhren der Marke tragen. Ferdinand Alexander Porsche, der Schöpfer des legendären 911, widmete seine Arbeit von 1972 an lieber schönen Accessoires. Sein erstes Objekt war der „Chrono 1“– ein Chronograph, den er damals unter der neu geschaffenen Marke „Porsche Design“ herausbrachte. Die Anleihen waren unübersehbar: Sein Zifferblatt genügte ziemlich genau der puristischen Formensprache der Instrumentierung im Elfer seiner Zeit. Wie im Auto waren Zifferblatt und Gehäuse schwarz. Ein deutliches Zeitzeichen. In den siebziger und achtziger Jahren des letzten Jahrhunderts rollten viele Porsche ganz in Schwarz über die Straßen – weil, so Designer F. A. Porsche, die Form „so am besten zu erkennen ist“. Gerade ihm geht es ja immer um „das Wesentliche, das Typische an einem Produkt“. Deshalb setzte er Farben nur sparsam als Akzente ein. Rot beispielsweise diente allenfalls zur Markierung der Spitze eines Zeigers. Fingerfertig: Feinarbeit der Marke Eterna für den Chronographen von Porsche Design Christophorus 338 So schuf F. A. Porsche nicht nur ein gewichtiges Markenzeichen für den Unterarm des Mannes, er kreierte damit die erste schwarze Uhr überhaupt – eine Revolution in der bis dahin ins Gold verliebten Luxusuhrmacherei. Dass dasTitan am Handgelenk für längere Zeit auch so dunkel blieb,war eine produktionstechnische Petitesse. Tempi passati: mit einer Beschichtung mit PVD (Physical Vapour Deposition) hält das Schwarz nahezu ewig. Schwarz und markant ist natürlich auch die neueste Uhr von Porsche Design: der Chronograph Rattrapante P’6920. Der kürzlich auf der Baselworld präsentierte Zeitmesser wird vom Herbst dieses Jahres an in einer begrenzten Auflage von nur 250 Exemplaren zu haben sein – 200 ausschließlich in Titan, 50 mit rotgoldener Krone, Lünette und Boden. Der Korpus ist bei beiden Modellen aus mattschwarzem Titan gefertigt. Weil nach Porsches Credo die Funktion die Form bestimmt, ist auch jede Uhr von Porsche Design rund. F. A. Porsche sagte einmal, dass die Zeiger wie auch die Räder in jedem mechanischen Uhrwerk A Seite 87 Seite 88 Christophorus 338 stets im Kreis liefen und schon diese essentielle Funktion eines Zeitmessers eine runde Grundform vorgäbe. Nur der Kreis kann die Unendlichkeit der Zeit symbolisieren. Die heutigen Gestalter von Porsche Design gehen über diese philosophische Begründung hinaus: Die in der neuen P’6920 breiten, teilweise skelettierten Pfeilzeiger, die auf übergroße Ziffern weisen, sind kein billiger Gag, sondern sollen dafür sorgen, dass auch ein rascher Blick die momentane Zeit zuverlässig erkennen kann. Ein Chronograph wie dieser ist nicht einfach ein Chronograph. Eine Rattrapante (französisch für „Einholer“) ist die Adlige unter den vielen Chronographen. Eine ziemlich rare Spezialität, die nicht nur Zeitabschnitte stoppen, sondern bei Bedarf auch Zwischenzeiten Christophorus 338 nehmen kann, ohne dabei die laufende Zeitmessung zu unterbrechen. Bestens geeignet, um in einem Autorennen Rundenzeiten zu vergleichen. Eine uhrmacherische Komplikation, die es inTaschenuhren seit 1883 gibt. Seite 89 die zuverlässige Automatikuhr schlechthin. Als 1947 der norwegische Abenteurer Thor Heyerdahl mit seinem aus Balsaholz zusammengesteckten Floß namens „Kon-Tiki“ von Peru aus nach Polynesien segelte,brauchte er eine zuverlässige Uhr zur Navigation. Er wählte eine wasserdichte Automatik von Eterna, die wegen des Rolex-Patents noch gar nicht verkaufbar war; von 1958 an nannte Eterna seine robusten Chronometer mit dem kugelgelagerten Rotor „KonTiki“. In der P’6920 sind zwei Sekundenzeiger übereinander liegend installiert: einer mit einer roten, der andere Zeiger mit einer grünen Spitze. Läuft das Stoppwerk, sieht man eigentlich nur den roten Zeiger kreisen. Soll jetzt die Zwischenzeit notiert werden,wird der Drücker am linken Gehäuserand in der Nähe der„10“betätigt, wodurch der grüne Zeiger stehen bleibt,während der rote weiterläuft. Nachdem die angezeigte Zeit registriert ist, lässt dieser ungewöhnliche Drücker den grünen Zeiger wieder den roten „einholen“, A Unter die Lupe genommen: Der Motor der Rattrapante ist für jeden Uhrmacher eine Herausforderung „Jetzt ist der Motor der Uhr perfekt“: Eterna-Entwicklungschef Patrick Kury (rechts) Kugeln gegen die Krise Seit 1998 stellt Eterna die Uhren von Porsche Design her. Die Manufaktur aus Grenchen hat eine bewegte Geschichte hinter sich und zählt heute wieder zu den bekanntesten und exklusivsten Uhrenmarken der Schweiz. Die Manufaktur – bereits im Jahr 1856 gegründet – führte im vorletzten Jahrhundert die Fließbandarbeit in der Uhrmacherei ein. 1906 gab die Uhrenkollektion Eterna der Firma ihren Namen. Es gibt wenige Unternehmen, die so viele Innovationen hervorgebracht haben: 8-Tage-Wecker, ein Uhren-Feuerzeug, bei dessen Betätigung immer auch das Uhrwerk aufgezogen wird, oder winzige Baguette-Uhrwerkkaliber für kleine Schmuckuhren. Gegen Ende der dreißiger Jahre baute Eterna immer flachere und kleinere Automatikwerke. Allmählich konnten auch Damen vom technischen Fortschritt bei den Uhren profitieren und ihre Fingernägel schonen,weil sie ihre Ührchen nicht mehr manuell aufziehen mussten. Nur reichte das Drehmoment der immer kleineren und wenig effizienten Hammeraufzüge kaum mehr aus, um die eigene Lagerreibung zu überwinden. Der Ausweg, ein auf Kugeln gelagerter Rotor, war schnell gefunden. Weil aber Rolex damals auf den Aufzugsrotor ein Patent hatte, musste bis zu dessen Ablauf gewartet werden. Erst 1948 brachte Eterna als erster Uhrenproduzent einen Zeitmesser mit einem Aufzugsrotor auf einem Kugellager heraus. Weil diese ersten fünf Kugeln mit einem Durchmesser von 0,65 Millimetern die legendär flache und elegante „Eterna-Matic“ ermöglichte, nahm das Unternehmen fünf stilisierte Kugeln in sein Logo auf. 14 Jahre vorher – während der Uhrenkrise 1934 – hatte sich die Firma wegen eines damals geltenden Wirtschaftsgesetzes aufspalten müssen: in die Eterna AG zur Fertigung von Uhren und in die Eta zur Herstellung von Rohwerken. Bis heute ist die Eta der Welt größter Produzent von Uhrwerken. Sie ist eines der stolzenTochterunternehmen der Swatch Group. Ende der vierziger Jahre des vorigen Jahrhunderts galt eine Eterna-Uhr – neben Rolex – als Selbst in der Quarzzeit der siebziger Jahre fochten die Schweizer noch gegen die japanische Uhrenindustrie um die flachste Quarzuhr –und sie gewannen mit dem immer noch bestehenden Rekord: Höhe 0,98 Millimeter,Gewicht ein Gramm. Ein Pyrrhussieg, wie sich später herausstellen sollte. Denn die aggressive Preispolitik der Japaner zwang schließlich fast alle Marken der Schweizer Uhrenindustrie in die Knie. In den achtziger Jahren war auch Eterna an der Renaissance der Mechanik beteiligt,nur zum wirklichen Durchbruch in die hohe Uhrmacherei kam es lange nicht. Als 1995 Ferdinand Alexander Porsche die Uhrenmarke übernahm, hatte er bereits im Hinterkopf, seine Porsche Design-Uhren, die damals noch von IWC in Schaffhausen gefertigt wurden,nach dem Auslaufen des Vertrages 1997 künftig im eigenen Unternehmen herzustellen. Eine mühevolle Aufgabe. Hohe Investitionen im deutlich zweistelligen Millionenbereich ermöglichten es, eigene Uhrwerke zu konzipieren. 2004 zeigte Eterna seinen Porsche Design „Indicator“ – den ersten Chronographen mit einer digitalen Stunden- und Minutenanzeige. Im Jahr darauf präsentierte das Unternehmen zu seinem 150. Geburtstag im Automatikkaliber 3030 mit einem Lager aus Keramikkugeln das seit Jahrzehnten erste eigene Manufakturwerk. Nach 150 Jahren ist Eterna zum zweiten Mal zur Uhrenmanufaktur geadelt worden. 2008 ist das Kaliber 3030 erstmals in der eleganten „Vaughan Big Date“ zu haben.„Wir sind wieder eine Manufaktur mit eigenen Werken“, freut sich Entwicklungschef Patrick Kury. Mit der Vorstellung der „Madison“ auf der Baselworld 2009, einer eleganten tonneauförmigen Herrenuhr mit Handaufzug, ist den Entwicklern nach der Einführung des kugelgelagerten Rotors von 1948 ein weiterer großer Schritt gelungen: Man lagert jetzt auch das Federhaus auf Kugeln, sodass es effizienter und stabiler arbeitet und keine Störungen ins Räderwerk eintragen kann. „Jetzt ist der Motor der Uhr perfekt, künftig werden wir uns um das Reguliersystem kümmern“, gibt Kury einen Ausblick auf weitere Entwicklungen. Eterna ist wieder da, wo die Firma hingehört. Gerd Gregor Feth B Seite 90 Christophorus 338 Unter der „12“ werden bis zu 30 Minuten gezählt, oberhalb der „6“ bis zu zwölf Stunden. Ein winziges Zeigerdatum ist bei der„3“ und die Kleine Sekunde bei der„9“untergebracht. Begrenzte Auflage: Die P’6920 gibt es ausschließlich in Titan (li.) oder mit Krone, Lünette und Boden in Rotgold sodass beide das Zifferblatt wieder gemeinsam umkreisen. So ein Doppelzeiger-Chronograph, wie er auf Deutsch heißt, ist ziemlich ungewöhnlich. Seine Komplikation erkennt man äußerlich eigentlich nur an dem unauffälligen dritten Drücker links oben. Ins Auge sticht vor allem die schwarze Uhr, die einen Durchmesser von 45 Millimeter und eine Höhe von 15,5 Millimeter aufweist. Auf dem Zifferblatt schimmern dunkelgrau große rhodinierte Ziffern. Vier Unterzifferblätter zieren das Innere des Zifferblatts: Das schwarze Titangehäuse hält bis zu einer Tauchtiefe von 50 Metern wasserdicht und erleichtert die mächtig aussehende Uhr auf lediglich 110 Gramm. Der Chrono hängt an einem breiten, ebenfalls schwarzen Kautschukarmband mit einer Faltschließe. Die Rückseite des Bandes trägt das Profil des Reifens eines Sportwagens. Der dekorativ ausgeschenkelte Aufzugsrotor zitiert die Form einer Felge; er ist hinter dem Safirboden bei seiner drehenden Arbeit zu beobachten, wenn er am Arm getragen eine Gangreserve von 46 Stunden anlegt. Das Basiswerk stammt von Eta (Valjoux 7750). Das Rattrapante-Modul AR2 kommt von Arola, einem kleinen Spezialisten aus Les Bioux. Das in der Rattrapante eingesetzte doppelseitige Aufzugssystem wurde von Eterna für den Indicator P’6910 entwickelt. Für die neue P’6920 wurden Design- und Konstruktionselemente des legendären „Indicator“ (Anzeiger) übernommen, des mit 800 Werkteilen kompliziertesten Chronographen von Porsche Design. Diese 110 000 Euro teure Uhr ist 2004 vorgestellt worden und zeigt gestoppte Stunden und Minuten auf mechanisch beweglichen Scheiben. Die P’6920 ist deutlich kleiner, leichter und mit einem Preis für die schwarze Titanversion von 18 230 Euro (mit rotgoldener Krone, Boden und Lünette 24 940 Euro) immer noch deutlich erschwinglicher. Alle Uhren von Porsche Design werden seit mehr als zehn Jahren in der Schweizer Uhrenmanufaktur Eterna in Grenchen hergestellt. Sie gehört seit Mitte der neunziger Jahre des vorigen Jahrhunderts dem Schöpfer des Ur-Elfers und B Gründer von Porsche Design, Ferdinand Alexander Porsche.