Zeichen der Zeit

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Zeichen der Zeit
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Christophorus 338
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Lifestyle
Zeichen der Zeit
Schwarze Uhren und funktionelle Chronographen sind traditionell Zeitmesser
von Porsche Design. Mit dem Chronograph Rattrapante P’6920 debütierte auf
der Basler Uhren- und Schmuckmesse wieder ein solches Designerstück.
Text
Gerd Gregor Feth
Fotografie
Bernhard Kühmstedt
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Für viele ist der Porsche am Handgelenk ebenso wichtig wie die
Hand am Porsche-Lenkrad. Seit 37 Jahren können die Liebhaber
der Sportwagen auch Uhren der Marke tragen. Ferdinand
Alexander Porsche, der Schöpfer des legendären 911, widmete
seine Arbeit von 1972 an lieber schönen Accessoires. Sein erstes
Objekt war der „Chrono 1“– ein Chronograph, den er damals
unter der neu geschaffenen Marke „Porsche Design“ herausbrachte. Die Anleihen waren unübersehbar: Sein Zifferblatt genügte ziemlich genau der puristischen Formensprache der Instrumentierung im Elfer seiner Zeit. Wie im Auto waren Zifferblatt
und Gehäuse schwarz.
Ein deutliches Zeitzeichen. In den siebziger und achtziger Jahren
des letzten Jahrhunderts rollten viele Porsche ganz in Schwarz
über die Straßen – weil, so Designer F. A. Porsche, die Form „so
am besten zu erkennen ist“. Gerade ihm geht es ja immer um „das
Wesentliche, das Typische an einem Produkt“. Deshalb setzte er
Farben nur sparsam als Akzente ein. Rot beispielsweise diente
allenfalls zur Markierung der Spitze eines Zeigers.
Fingerfertig: Feinarbeit der Marke Eterna
für den Chronographen von Porsche Design
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So schuf F. A. Porsche nicht nur ein gewichtiges Markenzeichen
für den Unterarm des Mannes, er kreierte damit die erste schwarze
Uhr überhaupt – eine Revolution in der bis dahin ins Gold verliebten Luxusuhrmacherei. Dass dasTitan am Handgelenk für längere
Zeit auch so dunkel blieb,war eine produktionstechnische Petitesse.
Tempi passati: mit einer Beschichtung mit PVD (Physical Vapour
Deposition) hält das Schwarz nahezu ewig.
Schwarz und markant ist natürlich auch die neueste Uhr von
Porsche Design: der Chronograph Rattrapante P’6920. Der kürzlich auf der Baselworld präsentierte Zeitmesser wird vom Herbst
dieses Jahres an in einer begrenzten Auflage von nur 250 Exemplaren zu haben sein – 200 ausschließlich in Titan, 50 mit rotgoldener Krone, Lünette und Boden. Der Korpus ist bei beiden
Modellen aus mattschwarzem Titan gefertigt.
Weil nach Porsches Credo die Funktion die Form bestimmt, ist auch
jede Uhr von Porsche Design rund. F. A. Porsche sagte einmal, dass
die Zeiger wie auch die Räder in jedem mechanischen Uhrwerk A
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stets im Kreis liefen und schon diese essentielle Funktion eines
Zeitmessers eine runde Grundform vorgäbe. Nur der Kreis kann
die Unendlichkeit der Zeit symbolisieren. Die heutigen Gestalter
von Porsche Design gehen über diese philosophische Begründung
hinaus: Die in der neuen P’6920 breiten, teilweise skelettierten
Pfeilzeiger, die auf übergroße Ziffern weisen, sind kein billiger
Gag, sondern sollen dafür sorgen, dass auch ein rascher Blick die
momentane Zeit zuverlässig erkennen kann.
Ein Chronograph wie dieser ist nicht einfach ein Chronograph. Eine
Rattrapante (französisch für „Einholer“) ist die Adlige unter den
vielen Chronographen. Eine ziemlich rare Spezialität, die nicht nur
Zeitabschnitte stoppen, sondern bei Bedarf auch Zwischenzeiten
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nehmen kann, ohne dabei die laufende Zeitmessung zu unterbrechen. Bestens geeignet, um in einem Autorennen Rundenzeiten zu
vergleichen. Eine uhrmacherische Komplikation, die es inTaschenuhren seit 1883 gibt.
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die zuverlässige Automatikuhr schlechthin.
Als 1947 der norwegische Abenteurer Thor
Heyerdahl mit seinem aus Balsaholz zusammengesteckten Floß namens „Kon-Tiki“ von
Peru aus nach Polynesien segelte,brauchte er
eine zuverlässige Uhr zur Navigation. Er wählte
eine wasserdichte Automatik von Eterna, die
wegen des Rolex-Patents noch gar nicht verkaufbar war; von 1958 an nannte Eterna seine
robusten Chronometer mit dem kugelgelagerten Rotor „KonTiki“.
In der P’6920 sind zwei Sekundenzeiger übereinander liegend installiert: einer mit einer roten, der andere Zeiger mit einer grünen
Spitze. Läuft das Stoppwerk, sieht man eigentlich nur den roten
Zeiger kreisen. Soll jetzt die Zwischenzeit notiert werden,wird der
Drücker am linken Gehäuserand in der Nähe der„10“betätigt, wodurch der grüne Zeiger stehen bleibt,während der rote weiterläuft.
Nachdem die angezeigte Zeit registriert ist, lässt dieser ungewöhnliche Drücker den grünen Zeiger wieder den roten „einholen“, A
Unter die Lupe genommen: Der Motor der
Rattrapante ist für jeden Uhrmacher eine Herausforderung
„Jetzt ist der Motor der Uhr perfekt“:
Eterna-Entwicklungschef Patrick Kury (rechts)
Kugeln gegen die Krise
Seit 1998 stellt Eterna die Uhren von
Porsche Design her. Die Manufaktur
aus Grenchen hat eine bewegte Geschichte
hinter sich und zählt heute wieder zu den
bekanntesten und exklusivsten Uhrenmarken der Schweiz.
Die Manufaktur – bereits im Jahr 1856 gegründet – führte im vorletzten Jahrhundert die
Fließbandarbeit in der Uhrmacherei ein. 1906
gab die Uhrenkollektion Eterna der Firma ihren
Namen. Es gibt wenige Unternehmen, die so
viele Innovationen hervorgebracht haben:
8-Tage-Wecker, ein Uhren-Feuerzeug, bei dessen Betätigung immer auch das Uhrwerk aufgezogen wird, oder winzige Baguette-Uhrwerkkaliber für kleine Schmuckuhren.
Gegen Ende der dreißiger Jahre baute Eterna
immer flachere und kleinere Automatikwerke.
Allmählich konnten auch Damen vom technischen Fortschritt bei den Uhren profitieren und
ihre Fingernägel schonen,weil sie ihre Ührchen
nicht mehr manuell aufziehen mussten. Nur
reichte das Drehmoment der immer kleineren
und wenig effizienten Hammeraufzüge kaum
mehr aus, um die eigene Lagerreibung zu überwinden. Der Ausweg, ein auf Kugeln gelagerter
Rotor, war schnell gefunden. Weil aber Rolex
damals auf den Aufzugsrotor ein Patent hatte,
musste bis zu dessen Ablauf gewartet werden.
Erst 1948 brachte Eterna als erster Uhrenproduzent einen Zeitmesser mit einem Aufzugsrotor auf einem Kugellager heraus. Weil diese
ersten fünf Kugeln mit einem Durchmesser
von 0,65 Millimetern die legendär flache und
elegante „Eterna-Matic“ ermöglichte, nahm
das Unternehmen fünf stilisierte Kugeln in sein
Logo auf.
14 Jahre vorher – während der Uhrenkrise
1934 – hatte sich die Firma wegen eines damals geltenden Wirtschaftsgesetzes aufspalten müssen: in die Eterna AG zur Fertigung von
Uhren und in die Eta zur Herstellung von Rohwerken. Bis heute ist die Eta der Welt größter
Produzent von Uhrwerken. Sie ist eines der
stolzenTochterunternehmen der Swatch Group.
Ende der vierziger Jahre des vorigen Jahrhunderts galt eine Eterna-Uhr – neben Rolex – als
Selbst in der Quarzzeit der siebziger Jahre
fochten die Schweizer noch gegen die japanische Uhrenindustrie um die flachste Quarzuhr
–und sie gewannen mit dem immer noch bestehenden Rekord: Höhe 0,98 Millimeter,Gewicht
ein Gramm. Ein Pyrrhussieg, wie sich später
herausstellen sollte. Denn die aggressive Preispolitik der Japaner zwang schließlich fast alle
Marken der Schweizer Uhrenindustrie in die
Knie. In den achtziger Jahren war auch Eterna
an der Renaissance der Mechanik beteiligt,nur
zum wirklichen Durchbruch in die hohe Uhrmacherei kam es lange nicht. Als 1995 Ferdinand
Alexander Porsche die Uhrenmarke übernahm,
hatte er bereits im Hinterkopf, seine Porsche
Design-Uhren, die damals noch von IWC in
Schaffhausen gefertigt wurden,nach dem Auslaufen des Vertrages 1997 künftig im eigenen
Unternehmen herzustellen. Eine mühevolle
Aufgabe. Hohe Investitionen im deutlich zweistelligen Millionenbereich ermöglichten es,
eigene Uhrwerke zu konzipieren. 2004 zeigte
Eterna seinen Porsche Design „Indicator“ –
den ersten Chronographen mit einer digitalen
Stunden- und Minutenanzeige. Im Jahr darauf
präsentierte das Unternehmen zu seinem
150. Geburtstag im Automatikkaliber 3030
mit einem Lager aus Keramikkugeln das seit
Jahrzehnten erste eigene Manufakturwerk.
Nach 150 Jahren ist Eterna zum zweiten Mal
zur Uhrenmanufaktur geadelt worden. 2008
ist das Kaliber 3030 erstmals in der eleganten
„Vaughan Big Date“ zu haben.„Wir sind wieder
eine Manufaktur mit eigenen Werken“, freut sich
Entwicklungschef Patrick Kury. Mit der Vorstellung der „Madison“ auf der Baselworld 2009,
einer eleganten tonneauförmigen Herrenuhr mit
Handaufzug, ist den Entwicklern nach der Einführung des kugelgelagerten Rotors von 1948
ein weiterer großer Schritt gelungen: Man
lagert jetzt auch das Federhaus auf Kugeln,
sodass es effizienter und stabiler arbeitet und
keine Störungen ins Räderwerk eintragen kann.
„Jetzt ist der Motor der Uhr perfekt, künftig
werden wir uns um das Reguliersystem kümmern“, gibt Kury einen Ausblick auf weitere
Entwicklungen. Eterna ist wieder da, wo die
Firma hingehört.
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Unter der „12“ werden bis zu 30 Minuten gezählt, oberhalb der
„6“ bis zu zwölf Stunden. Ein winziges Zeigerdatum ist bei der„3“
und die Kleine Sekunde bei der„9“untergebracht.
Begrenzte Auflage: Die P’6920 gibt es ausschließlich in Titan (li.)
oder mit Krone, Lünette und Boden in Rotgold
sodass beide das Zifferblatt wieder gemeinsam umkreisen. So ein
Doppelzeiger-Chronograph, wie er auf Deutsch heißt, ist ziemlich ungewöhnlich. Seine Komplikation erkennt man äußerlich
eigentlich nur an dem unauffälligen dritten Drücker links oben.
Ins Auge sticht vor allem die schwarze Uhr, die einen Durchmesser
von 45 Millimeter und eine Höhe von 15,5 Millimeter aufweist.
Auf dem Zifferblatt schimmern dunkelgrau große rhodinierte
Ziffern. Vier Unterzifferblätter zieren das Innere des Zifferblatts:
Das schwarze Titangehäuse hält bis zu einer Tauchtiefe von 50
Metern wasserdicht und erleichtert die mächtig aussehende Uhr
auf lediglich 110 Gramm. Der Chrono hängt an einem breiten,
ebenfalls schwarzen Kautschukarmband mit einer Faltschließe.
Die Rückseite des Bandes trägt das Profil des Reifens eines Sportwagens. Der dekorativ ausgeschenkelte Aufzugsrotor zitiert die
Form einer Felge; er ist hinter dem Safirboden bei seiner drehenden Arbeit zu beobachten, wenn er am Arm getragen eine Gangreserve von 46 Stunden anlegt. Das Basiswerk stammt von Eta
(Valjoux 7750). Das Rattrapante-Modul AR2 kommt von Arola,
einem kleinen Spezialisten aus Les Bioux. Das in der Rattrapante
eingesetzte doppelseitige Aufzugssystem wurde von Eterna für
den Indicator P’6910 entwickelt.
Für die neue P’6920 wurden Design- und Konstruktionselemente
des legendären „Indicator“ (Anzeiger) übernommen, des mit 800
Werkteilen kompliziertesten Chronographen von Porsche Design.
Diese 110 000 Euro teure Uhr ist 2004 vorgestellt worden und
zeigt gestoppte Stunden und Minuten auf mechanisch beweglichen Scheiben. Die P’6920 ist deutlich kleiner, leichter und mit
einem Preis für die schwarze Titanversion von 18 230 Euro (mit
rotgoldener Krone, Boden und Lünette 24 940 Euro) immer noch
deutlich erschwinglicher. Alle Uhren von Porsche Design werden
seit mehr als zehn Jahren in der Schweizer Uhrenmanufaktur
Eterna in Grenchen hergestellt. Sie gehört seit Mitte der neunziger
Jahre des vorigen Jahrhunderts dem Schöpfer des Ur-Elfers und
B
Gründer von Porsche Design, Ferdinand Alexander Porsche.

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