Im Friedrichsbad schmeicheln Thermalwasser und

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Im Friedrichsbad schmeicheln Thermalwasser und
Eine prachtvolle 17 Meter
hohe Kuppel, getragen von
schlanken Säulen, prägt
das Bild des fast 140 Jahre
alten Friedrichsbades in
Baden-Baden.
Im Friedrichsbad schmeicheln
Thermalwasser und heißer
Nebel Leib und Seele
Die Liste der Besucher reicht von blaublütigen Häuptern über Mark Twain bis zu Jogi Löw,
Udo Lindenberg und Malerstar David Hockney / Zeit für sich selbst nehmen ist der neue Luxus
Markantes Wahrzeichen im Baden-Badener Bäderviertel: Das Friedrichsbad. Mit seiner weltweit einzigartigen römisch-irischen
Konzeption zählt es zu den eindrucksvollsten Badehäusern Europas.
B
aden-Baden. Der heiße Nebel des Thermaldampfes treibt den
Schweiß unerbittlich aus allen Poren, flinke Hände kneten,
schrubben, massieren mit Seife und Bürste den ganzen Körper vom
Nackenmuskel bis zu den Zehen. Dann die behagliche Entspannung im Marmorbecken mit den halbrunden Stufen, gefüllt mit heißem Thermalwasser, gekrönt von einem Bad im runden Becken.
Darüber die lichtdurchflutete 17 Meter hohe Kuppel, die von schlanken Säulen getragen wird. Wer sich hier auf der historischen Spur
römischer Badefreuden aus der Zeit des Feldherrn Marcus Aurelius
Antonius wähnt, liegt goldrichtig. Der dreistöckige stattliche Palast
aus weißem und rotem Sandstein ist reich mit Marmor, Messing
und Stuck ausgestattet. Das Friedrichsbad zählt längst zu den Wahrzeichen der berühmten Stadt an der Oos. Ein markantes Gebäude,
erbaut vom Karlsruher Architekten Karl Dernfeld (1831-1879). Das
in seiner Art weltweit einzigartige römisch-irische Bad zählt bis heute zu den eindrucksvollsten Badehäusern Europas.
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Genau in diesem antiken Ambiente, wo heute noch im Zeichen
der jahrhundertealten Bädertradition dem gesundheitsbringenden
Müßiggang gefrönt wird, hat Marc Aurel im ersten Jahrhundert nach
Christus den Grundstein zur ersten Blütezeit Baden-Badens, damals „Aquae", gelegt: In drei Abteilungen waren die raffiniert konstruierten und beheizten Bäderanlagen aufgeteilt: das Bad der Soldaten, der Pferde und die kaiserliche Therme. Der Kaiser, der später besser unter dem Namen Caracalla bekannt wurde, hatte schnell
erkannt, welche wertvolle Wirkung die heißen Thermal-Quellen aus
dem Florentinerberg hatten: Die in Germaniens Wäldern krank gewordenen Legionäre fanden hier ebenso Heilung und Entspannung wie die stark strapazierten Pferde.
Der Aufstieg Baden-Badens zum Weltbad hatte Anfang des 19. Jahrhunderts begonnen. Friedrich Weinbrenner (1766-1826) setzte mit
seiner klassizistischen Architektur bauliche Glanzpunkte und die sprü-
Kunstvolle Kacheln sorgen für die Atmosphäre und die
Seifenbürstenmassage für Entspannung bei den Gästen.
henden Ideen des legendären Spielbankpächters Jacques Benazet versetzten der Stadt einen Ruck. Die Schließung der Spielbanken in Paris
1831 hatte nämlich wesentlich dazu beigetragen, dass sich die „Herren des Spiels" jenseits des Rheins nach neuen Möglichkeiten umsahen. Einer von ihnen war jener von vielen Mysterien umgebene Jacques Benazet, der in Baden-Baden nicht nur das Casino zur Blüte führte, sondern auch die weltberühmten Pferdrennen ins Leben rief.
Nach 20 Minuten die Welt vergessen
Nachdem dann aber auch an der Oos 1872 die Spielbank geschlossen wurde, rückte wieder die Badekultur in den Mittelpunkt.
Großherzog Friedrich I. ließ das prachtvolle Friedrichsbad bauen,
das 1877 genau 14 Tage vor Weihnachten seine Tore öffnete. Zu
den ersten Gästen im römisch-irischen Bad, das bis heute eine
der größten und prachtvollsten Badeanlagen seiner Art in der
Fotos: Peter Sandbiller
ganzen Welt geblieben ist, zählte der Schriftsteller Mark Twain.
Zwei Wochen lang suchte er das Badehaus jeden Tag auf, dann
war das Zipperlein offenbar geheilt, er schrieb nämlich in sein
später veröffentlichtes Tagebuch: „Ich glaube voll und ganz, dass
ich mein Rheuma in Baden-Baden gelassen habe. Es sei der Stadt
gegönnt. Es war wenig genug, aber alles, was ich zu geben hatte." Wenig später freilich schilderte der geistige Vater von Tom
Sawyer und Huckleberry Finn seinen vorwiegend amerikanischen
Lesern in einem Reisebuch ausführlichst das Badeleben im Friedrichsbad zu Baden-Baden. Die Welt staunte über die damals merkwürdigen Baderegeln des Mediziners Dr. Frech, die an den 17
Stationen im Friedrichsbad heute noch ihre Gültigkeit haben. Wer
Heißluft, Dampfbad, Thermalwasser und Tauchbad hinter sich
hat, wird eingecremt und dann damals wie heute wie ein Säugling in warme Tücher eingewickelt, um in abgedunkelter, gedämpfter Atmosphäre ein halbes Stündlein zu schlafen. Mark
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Riesige Duschen sind typisch für das Friedrichsbad. Ein besonderer Luxus: Überall wird Thermalwasser aus den Tiefen des
Florentinerberges verwendet.
Twain wird auch das Zitat zugeschrieben: „Hier im Friedrichsbad
vergessen Sie nach zehn Minuten die Zeit und nach 20 Minuten
die Welt."
Staunen und auch ein wenig Skepsis mischen sich im übrigen heute noch bei manchen ausländischen Besuchern, wenn sie das palastartige Friedrichsbad betreten und bald entdecken, dass unter
den marmornen Säulen, Fresken und Rundbögen keine Herrschaften
in feinen Gewändern flanieren, sondern im Bad ausschließlich nackte Haut getragen wird. Was hätten diese Besucher wohl erst im 16.
Jahrhundert gesagt. Auch damals speiste das bis zu 68,8 Grad Celsius heiße Nass die Therme, und anno 1541 schrieb kein Geringerer als Theophrastus Paracelsus: „Die heißen Wasser von BadenBaden sind vollkommener denn alles andere."
Das ist Geschichte. Seine Vollkommenheit und seine vielen Besucher hat das Friedrichsbad jedoch behalten. Und: Die Gästeschar
im neoklassizistischen Badepalast ist heute nicht weniger illuster
als vor fast 140 Jahren: Anstelle der gekrönten und blaublütigen
Häupter entspannen sich jetzt Wirtschaftsführer, Sportler sowie
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Show- und Popstars im heilbringenden Natrium-Chlorid-Dampf.
Fußballmannschaften erleben ebenso gemeinsam das Friedrichsbad wie das deutsche Handball-Nationalteam und andere Spitzensportler. Jogi Löw und Udo Lindenberg, Chris de Burgh oder
die amerikanische Popsängerin Kelly Clarkson waren schon im Friedrichsbad und auch der weltberühmte Maler David Hockney reist
regelmäßig nach Baden-Baden, um den historischen Badetempel
zu genießen. Besucher aus aller Herren Länder vom Ölscheich bis
zum Oligarchen mischen sich begeistert unter die Badenden, die
an drei Tagen in der Woche getrennt nach Männlein und Weiblein
und ansonsten gemeinsam die Wohlfühlstationen genießen.
Auch viele Promis
lieben und schätzen
die heißen Quellen
des Friedrichsbades.
Unter ihnen: Jogi
Löw, Sängerin Kelly
Clarkson und Udo
Lindenberg (von
oben nach unten)
zählen dazu.
Mit einem Aufwand von mehr als einer Million Euro wurde das Friedrichsbad im Sommer 2013
renoviert und erstrahlt nun in neuem Glanz. Erstmals können die Gäste sich auch im Freien auf
Balkonen entspannen. Die Umbauphase in Rekordzeit von nur zwölf Tagen, erforderte von den
vielen Handwerksbetrieben eine logistische Meisterleistung. Zeitweise waren mehr als 80 Mitarbeiter gleichzeitig auf der bis zu 45 Grad heißen Baustelle tätig.
Auf den Spuren römischer Badefreuden weht aber ein frischer
Wind durch das Oostal: Einfach nur Zeit nehmen für sich selbst ist
der neue Luxus pur. Badekultur, Energietanken, Entspannung und
Erholung, also ein Schmeicheln für Körper und Seele bilden den
maximalen Ausgleich vom Alltag in der prächtigen FriedrichsbadKulisse.
Horst Koppelstätter ¬
Fakten Friedrichsbad
· durchschnittlich 200 Besucher / Tag
über 70.000 Besucher / Jahr
· wie die Caracalla-Therme an 363 Tagen
im Jahr geöffnet
· Kombination der römischen Badekultur
mit irischen Heißluftbädern
· Badevergnügen auf einem speziellen
Rundgang mit 17 verschiedenen Stationen
· Männer und Frauen baden montags,
donnerstags und samstags getrennt, es
gibt aber auch gemischte Badetage (im
Kuppelsaal wird immer gemischt gebadet)
· Badeutensilien müssen nicht mitgebracht
werden: Handtücher, Badeschuhe sowie
Seife und Creme werden zur Verfügung
gestellt
Das Thermalwasser
Das Thermalwasser entspringt im Quellgebiet des Florentinerberges Baden-Baden.
Insgesamt befinden sich hier zwölf unterschiedliche natrium-chlorid-haltige Einzelquellen, die artesisch aus 1.200 bis 1.800
Metern Tiefe – durch den Druck der Erdmassen – mit einer Temperatur zwischen
56 und 68,8 Grad an die Oberfläche gelangen. Die Quellen sind etwa 12.000 bis
17.000 Jahre alt und schütten täglich circa
800.000 Liter (das sind 9 Liter in der Sekunde) Thermalwasser mit einem Mineralienanteil von 2.400 Kilogramm pro Tag aus.
Somit gehören die Quellen zu den mineralreichsten Quellen Deutschlands.
Info: www.carasana.de/de/friedrichsbad
Fotos: Peter Sandbiller, Carasana, manolo press
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