Die Mühlen des Hermannshofes bei Sorga und deren Besitzer

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Die Mühlen des Hermannshofes bei Sorga und deren Besitzer
Rote Mühle in der Karte von 1768
des Papiermüllers lautete kurz und bündig: Antrag abgeschlagen.
Mehr als zehn Jahre später, im Dezember
1775, trug der Papiermacher Bückenberg
den beiden Amtmännern Friedrich Julius Hartert in Friedewald und Johannes
Franz Hartert in Hersfeld erneut dieses
Anliegen vor. In seinem Brief schilderte
er, dass seine Vorfahren in dieser Mühle
mit einer Konzession zur Erbauung eines
Mahl- und Schlagganges belehnt waren,
aber diese Einrichtung wegen der großen
Armut der Vorfahren in Abgang gekommen wäre. Nachdem aber sein Haushalt
so stark gewachsen, dass ständig 14 Personen bei ihm zu Tische säßen, er von allen Mühlen weit entfernt wohne und
selbst nicht in eine Mühle gebannt wäre,
bat er um die Erlangung einer Konzession zur Erbauung eines Mahlganges in
der Papiermühle. Unterschrieben war
der Brief mit Unterthänigster Knecht
Andreas Bückenberg, Pappiermacher
zur Rothen Mühle Amts Friedewald.
Nach der Weiterleitung des erneuten Ersuchens zur Oberrentkammer wurden
die Amtmänner Hartert um einen Bericht gebeten, ob bei diesem Schreiben
ein Bedenken obwalte und ob sich, wegen des Angebens, daß vorhin (vorher)
ein Mahl- und Schlaggang in dieser
Mühle gewesen, für Nachrichten in dortiger Repositur (Akten) finden.
In ihrer Stellungnahme vom 11.03.1776
antworteten die Amtmänner, daß so sich
in der Repositur des Amts Petersberg
vorgefunden, keine Mühle mehr auf der
Sultz im Gericht Petersberg seyn sollen,
daher der Johannes Rüger von Söltzer
höffen die Anlegung einer mühle an der
Soltz von Hochfürstlr. Kriegs- und Domainen Cammer nicht erlangen können,
auch des Pappier macher Bickenberg
vorfahren Eustachius Hilmar Bickenberg
die an der Soltz 1715 errichtete Mahlund Schlag mühle wieder wegschaffen
müßen, daß dem Supplicant (Antragsteller) die Anlegung eines Mühlgangs nicht
wohl zu gestatten seyn dürfte, um da
mehr der Supplicant von 3 Mühlen als
der zu Malckmes, zur Kothebach „die
Heiligen Mühle genant“ und zu Söltzerhöffen nicht weit und von jeder etwa 1/2
Stunde entfernt wohnten.
Wenige Tage später, im März 1776, erhielten die Amtmänner Hartert aus Kassel die Anweisung, dem Antragsteller bekannt zu machen, dass seinem Gesuch
zur Anlegung eines Mahlganges in der
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Roten Mühe nicht entsprochen werde.
Um das Jahr 1860 gehörte die Rote Mühle Heinrich und Valentin Corell, 1873
wird Hermann Bippert als Eigentümer
genannt. Von dessen Vornamen Hermann
ist vermutlich die heutige Bezeichnung
Hermannshof abgeleitet worden, im Jahre 1886 war Ernst Bippert Inhaber der
Mühle.
Gesuch zur Bildung eines selbstständigen Gutsbezirkes
Mit seinem Schreiben vom 23. September
1886 an den Vorsitzenden des Kreisausschusses, den königlichen Landrat Freiherrn Schleinitz, stellte der Gutsbesitzer
Ernst Bippert den Antrag, die ihm
gehörenden in den Gemarkungen Friedewald, Sorga und Kathus befindlichen
Grundstücke aus dem Verband dieser
Gemeinden herauszulösen und zu einem
neuen, selbstständigen Gutsbezirk Hermannshof zusammenzufassen.
Zur Begründung führte er an, dass sich
der Ort Friedewald, zu dessen finanzieller Unterstützung er verpflichtet sei, 7
Kilometer von seinem Hofe entfernt liege
und dadurch u. a. die Bewohner des
Gutshofes keinen Schutz durch die Friedewalder Orts- und Feldpolizei erhielten.
Da der Hermannshof kirchen- und schulmäßig ebenfalls zu Friedewald gehöre,
wären der Kirchenbesuch von hier aus
beschwerlich und der Schulbesuch der
Kinder dort geradezu unmöglich.
Die Steuern der in den Gemeinden Sorga
und Kathus gelegenen Grundstücke habe
er in die königliche Steuerkasse Hersfeld
zu bezahlen, während die Einkommens-,
Grund- und Gebäudesteuer der in der
Gemarkung
Friedewald
gelegenen
Grundstücke nach Friedewald zu bezahlen seien. Dadurch dass Grundstücke
zum Teil beim Grundbuchamt in Hersfeld, zum anderen Teil in Friedewald eingetragen seien, verursache ihm jede Eintragung und Löschung doppelte Kosten
und große Unbequemlichkeiten.
Ernst Bippert bat um die Bildung eines
selbstständigen Gutsbezirkes Hermannshof, verbunden mit der Überweisung der
gesamten Steuersachen an die königliche
Steuerkasse zu Hersfeld und um die Zuteilung in Schul- und Kirchenangelegenheiten zur Gemeinde Sorga.
Der Kreisausschuss befürwortete in seiner Sitzung Anfang Mai 1887 die Bildung
eines selbstständigen Gutbezirkes, aber
die Bürgermeister Heinz aus Sorga,
Brehm aus Kathus und Höll aus Friedewald erklärten in Übereinstimmung mit
ihren Gemeinderäten, dass sie in die von
Herrn Bippert beantragte Ausscheidung
aus ihren Gemeindebezirken nicht einwilligen könnten, da hierdurch die Steuerkraft der Gemeinden zu sehr geschwächt würde.
Somit konnte dem Wunsch des Antragstellers Ernst Bippert zur Bildung eines
eigenen Gutbezirkes nicht entsprochen
werden, es blieb alles bei der bisherigen
Regelung.
Ein weiterer Eigentümer des Hermannshofes war um 1897 der Fabrikant
Eduard Braun aus Hersfeld. Danach ging
das Anwesen in den Besitz einer einzigen
Familie und deren Nachkommen (Steinhoff-Dehnert-Mawick) über, die den Hof
kontinuierlich bis heute weiterführen.
Mawicks bewirtschaften die landwirtschaftlichen Flächen des Hermannshofes
seit dem Jahr 1990 als Biolandbetrieb.
Als Besonderheit sei noch erwähnt, dass
der Hermannshof mit einem eigenen, 167
m2 großen Friedhof ausgestattet ist, auf
dem bereits einige Inhaberfamilien ihre
letzte Ruhe gefunden haben.
Vermutlich ist die Mühle nach dem Ende
der Papierherstellung bis zur endgültigen Stilllegung nochmals als Getreidemahlmühle genutzt worden, Unterlagen
über diesen Zeitabschnitt liegen dem
Verfasser nicht vor.
In der Beschreibung des Landesamtes
für Denkmalpflege, Kulturdenkmäler in
Hessen ist vermerkt, dass die Mühle seit
dem Jahr 1965 nicht mehr betrieben
wird; die wasserrechtliche Genehmigung
des Regierungspräsidiums in Kassel ist
im Jahre 1987 endgültig erloschen.
Das noch existierende, im Jahre 1714 in
Fachwerkbauweise mit auffallend reichen Verzierungen an den Eckständern
errichtete Mühlengebäude wird heute als
Wohn- bzw. Gästehaus genutzt.
ZEITSCHRIFT FÜR GESCHICHTE, VOLKS- UND HEIMATKUNDE
April 2009
Nummer 4
Die Mühlen des Hermannshofes bei Sorga
und deren Besitzer
Mehr als vier Jahrhunderte Mühlengeschichte im Solztal
Von Helmut Derr, Friedewald
Mühlenregal, danach waren die Neuanlegung, Veränderungen innerhalb der
Mühle oder die Verlegung des Mühlenstandortes nur mit Genehmigung des
Klosters bzw. der Oberrentkammer in
Kassel zulässig.
So durfte erst nach Aufhebung des
Mühlenbanns die Breitzbachmühle um
das Jahr 1840, etwa 750 m nordwestlich
des Hermannshofes in der Gemarkung
Kathus, erbaut werden. Eine im Jahre
1843 angefertigte Karte weist die Breitzbachmühle bereits nach.
Für jede Mühle musste neben anderen
Abgaben noch jährlich ein Mahlzins in
Form von Geld und Naturalien an die
Grundeigentümer entrichtet werden.
In den vergangenen Jahrhunderten wurde das Mühlenwesen in vielen Versen
und Liedern stimmungsvoll umschrieben
und besungen, dies führte zu einer
Mühlenromantik, die oft die Härte und
Wirklichkeit des Müllerberufes überdeckte.
Doch sind die heute noch vorhandenen
Mühlen, deren Räder oft kein Mahlwerk
mehr treiben, eine gerne besuchte Sehenswürdigkeit von Jung und Alt.
Quellen- und Literaturnachweis
Hans Lerch, Hessische Agrargeschichte des
17. Jahrhunderts, Hersfeld 1926
Hans H. Bockwitz, Die Chronik der Feldmühle, Fünfzig Jahre Feldmühle 1885 – 1935, Zur
Kulturgeschichte des Papiers, Stettin 1935
Th. Hans Dieter Scholz, Wasser- und Windmühlen im Landkreis Hersfeld – Rotenburg,
Eine Bestandsaufnahme vom Regierungspräsidium Kassel, Kassel 1996
Landesamt für Denkmalpflege Hessen (Hg.),
Kulturdenkmäler in Hessen
Landkreis Hersfeld – Rotenburg, Band I, Wiesbaden 1997
Richard Wittich, Romantik und Wirklichkeit
der alten Mühlen, Kassel 1980
Hessisches Staatsarchiv Marburg
Bestände: 17 I Nr. 1260, 40c Nr. 225, 180 Nr. A
128, 40c Nr. 219, S 320, B 2
Karte: PII 11834
Amt für Bodenmanagement Bad Hersfeld, Urkarte u. Eigentümerangaben
»Mein Heimatland«, monatliche Beilage zur
»Hersfelder Zeitung«. Gegründet von Wilhelm Neuhaus.
Schriftleitung: Ernst-Heinrich Meidt
Druck und Verlag: Hoehl-Druck, 36251 Bad Hersfeld
Band 48
Technische Angaben zur Rot(h)en
Mühle, heute Hermannshof
Das Mühlengebäude aus dem Jahr 1714. Die beiden Mühlräder befanden sich auf der
rückwärtigen Gebäudeseite. (Bild entnommen der Denkmaltopographie Bundesrepublik
Deutschland, Kulturdenkmäler in Hessen, Landkreis Hersfeld-Rotenburg, Band I, 1997)
Die zahlreichen Mühlen in der Umgebung der Hersfelder Tochterklöster Johannesberg und Petersberg sowie im Bereich der herrschaftlichen Meiereien
zählen wohl zu den ältesten Mühlen unserer Gegend. Sie waren fast alle Bannmühlen, d. h. das Mühlenmonopol stand
den Klöstern und den Landesherren zu,
die Bauern mussten das Getreide in den
Mühlen ihres Bannbezirkes mahlen lassen. So waren z. B. die Mahlkunden aus
den Dörfern Asbach, Kohlhausen, Hil-
perhausen und Roßbach (bei Kerspenhausen) in die Hersfelder Eichmühle in
der Nähe des Eichhofes gebannt,
während die Einwohner von Petersberg,
Kathus, Sorga und der Sölzerhöfe ihr
Getreide in der alten Gerichtsmühle zu
„Niedernsulza“ (Mühle der Sölzerhöfe
bei Sorga) mahlen lassen mussten. Nachdem mit Ende des Dreißigjährigen Krieges (1648) die Reichsabtei Hersfeld endgültig an die Landgrafschaft HessenKassel gefallen war, galt das so genannte
Die im Tal der Solz gelegene, schon
längst stillgelegte Wassermühle befindet
sich 5,1 km südwestlich von Friedewald
bzw. 2 km östlich der Ortsmitte von Sorga in der Nähe der Autobahn A 4 Bad
Hersfeld-Eisenach unweit der Bundesstraße 62 und gehört zum Friedewalder
Gemeindegebiet.
Das zum Mühlenbetrieb erforderliche
Wasser wurde der Solz entnommen und
über einen 960 Meter langen Betriebsgraben zwei unterschlächtigen Wasserrädern zugeführt, die für den Antrieb des
Mühlenwerkes sorgten; der Untergraben
zur Solz war 142 Meter lang. Beim unterschlächtigen Mühlenbetrieb gelangt das
Wasser im unteren Radbereich auf die
Schaufeln der Wasserräder, die sich
durch den „Stoß“ und das Gewicht des
auftreffenden Wassers in Bewegung setzen.
Im Friedewalder Salbuch von 1579 wurde die Mühle, die mit einem Mahl- und
einem Schlaggang ausgestattet war, wie
folgt beschrieben:
Underm Rodenberge nach der Solz zu ist
gelegen ein moel, wieder genanndt die
Rodemoel, daruff stoest ein grabe genant
der Schallesgrabe.
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Mühlenbrief zur Roten Mühle von 1593
Die Inhaber der Roten Mühle waren
außer mit dem Fahrdienst zum Hof
Weißenborn (an der Kreisstraße von
Friedewald nach Motzfeld) und dem
Fuhrdienst des Scheitholzes zu einem
Verladeplatz an die Werra, zu keinen
weiteren Diensten für die Grundherren
verpflichtet.
Die Mühleninhaber
In den Unterlagen des Staatsarchivs
Marburg befinden sich einige vom Friedewalder Amtmann Peter Meckbach um
1600 erstellte Inhabernachweise, unter
anderem auch ein Verzeichnis auss alten
Register, was der Rothen mühle wegen
darin zu finden. Danach war Hannen
(Hans) Strögel(er) aus Sorga der Erbauer
der ersten Mühle, die sich im Bereich des
heutigen Hermannshofes befand (das Erbauungsjahr - vor 1536 - ist nicht überliefert). Im Jahr 1536 wird als Inhaber
der Mühle am Schallesgraben Jannen
Schreiber aufgeführt, der jährlich an
Mühlenzins 2 Reichstaler bezahlen musste. Neuer Besitzer der nun als Schallesmühle bezeichneten Mühle wurde im
Jahr 1543 Hann (Hans) Stybing, der für
130 Reichstaler vom Erbauer Strögel(er)
das Anwesen erwarb; für die Mühle musste er jährlich 2 Rtlr. Zinsgeld und 8 Rtlr.
Lehngeld zahlen. Im Jahre 1544 kaufte
Johannes Brandau(er) aus Malkomes die
Mühle unterm Rothenbergk. Als Rothe
Mühle bezeichnet taucht sie zum ersten
Male 1569 in den Akten auf, der Müller
Brandauer gebe jährlich einen Zinß von
4 Rtlr. undt 221/2 Gulden. Als nächster
Besitzer wird Anthony (Antonius) Schade genannt, der 1589 die Rothe Mühle
mit Ingehörig für 370 Rtlr. erwarb.
Eine
weitere
Aktensammlung
des
Staatsarchivs Marburg vom Amt Friedewald enthält neben verschiedenen
Leihe-, Meier-, Pacht- und Erbkaufbriefen auch den nachfolgend auszugsweise
wiedergegebenen Mühlenbrief des Landgrafen Moritz aus dem Jahre 1593:
Wir Moritz von Gottes gnaden Landgrave zue Hessenn, Grave Zue Catzenelnbogen, Dietz, Ziegenhain undt Nidda: Thun
kunth hieran bekennende, Daß wir Donges Schaden (Antonius Schade), Barbaren seiner Ehelichen Haußfrawen (Hausfrau) zue Lehn geliehen haben, undt leihen Ihnen hirmit undt Inn Crafft dieses
brieffs (Urkunde) unsere Mühle ahm Rot-
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tenberge, Inn unserm Ambt Friedewaldt
gelegen, sambt einer wiesen die mittelwiese genandt, Drey Acker Landes zue
Gartten, undt Noch ein Wiesenlepchen
beym Mühlen wehr gelegen. … Auch unß
darauß Järlichs undt auß Jeden Jars besondern uff einen Jeden Sanct Michaelistag Inn Unser Hauß (Schloss) Friedewaldt
Fünfft halben gulden Gelts, Jeden gulden
zue zwanzig sieben alb. gezehlt, Zwey
schock Eyer (24 Stück), Zwen Michels hanen (Hähne) Undt Ein Faßnachts Hune
(Huhn), geben …
... Zue Cassell ahm vierzehenden Monaths
tagk Septembris Anno. Einn Tausent
Fünffhundert Neunzig Undt Drey.
Für das Jahr 1600 wurde der nächste Besitzerwechsel aufgezeichnet: Jacob Kreß
von Heringen nimbt des geweßen Müllers
Tochter in der Rothen mühle zur ehe,
kauft die Mühle mit alle Ingehörig daryn
vor 450 Thaler in 32 alb (1 Taler = 32 Albus). 1604 erwarb Jörg (Georg) Feurer
aus Friedewald die Mühle, die er 1606 an
den Ausbacher Clauß Koch weiterveräußerte. Noch im selben Jahr wurde Hans
Ströbel(er) Inhaber der Roten Mühle, deren Gebäude sich zu diesem Zeitpunkt
schon in einem sehr schlechten baulichen
Zustand befanden.
Beschwerde der
Friedewalder Bäcker
Zu Beginn des Jahres 1613 beschwerten
sich sämtliche Becker zu Friedewaldt
über die Zustände in der Roten Mühle.
Unter anderem heißt es in ihrem Schreiben:
…Sollen wir armen Underthanen nicht
Yrrgenn das unser Vogtt Peter Meckbach
uns vor diesem wie auch itzo uferlegtt,
den weitzen undt ander fruchtt so wir uff
den kauff zure backen willens in der Rothen mühlen mahlen lassen. … das wir
unser frucht ohne schaden darin nicht
mahlen können, …da der windt durch die
mühlen prausset, undt weil weder Cästen
noch knüttell verwahret, sondern serr
zerbrachen, das mehl durch den windt in
der mühlen umbgetrieben, …Sie wollen
uns in diese mühlen zu unserm grosen
schaden nichtt zwingen, oder aber den
müller dahin weissen, das er vermöge seines lehnbrieffs seine mühle und deren bereidtschafft also anrichte das wir ohne
nach will darin mahle undt die arme leut
mitt weck und Brodt versehen können.
Amtmann Meckbach besichtigte die
Mühle und bestätigte in einem Brief an
die Oberrentkammer das die mühle auch
scheuren und stallung dero maßen verwüstet undt balt gar über den hauffen fellet, ... undt nur mit schweren Lasten (hohen Kosten) ufzubauen sey. In der Antwort aus Kassel heißt es: So mögen Sie
(die Mahlkunden) bey den Andern im
Ambtt Friedewaldt gesessenen Möllern
auch malen lassen, und sich des auswertigen mahlens enthalten.
Hans Ströbel, zum Zeitpunkt der
Bäckerbeschwerde Inhaber des baufälligen Anwesens, versuchte zunächst nach
dem Erwerb vergeblich, die Mühle wieder zu veräußern. Wann und bei welcher
Gelegenheit der Mühlenverkauf dann
später doch noch stattfand, bzw. wer der
neue Besitzer war, lässt sich aufgrund
von fehlenden Unterlagen für diesen
Zeitabschnitt nicht mehr feststellen.
Die Mühle ist in den Folgejahren wahrscheinlich saniert worden, denn bis zu
ihrem Verkauf an einen Papiermüller, ca.
80 Jahre später, wurde sie weiterhin als
Mahlmühle betrieben.
Die Getreidemühle
wird zur Papiermühle
Der Schlitzer Papiermacher Johann Georg Putscher kaufte im Jahre 1691 die
Rote Mühle und baute diese mit Genehmigung der Oberrentkammer in Kassel
zur größten Papiermühle des Hersfelder
Gebietes um. In guten Jahren wurden
hier etwa 600 Zentner Lumpen (Stoffe
bzw. Gewebe aus Pflanzenfasern, z. B.
Leinen) zu Papier verarbeitet.
Einen Einblick in den Ablauf der früheren Papierherstellung ermöglicht die Abhandlung „Zur Kulturgeschichte des Papiers“ von Hans H. Bockwitz aus dem
Jahr 1935, die im Anschluss sinngemäß in
gekürzter Form wiedergegeben wird:
Die Aufbereitung des Papierstoffs aus
Hadern (Lumpen) geschah meistens
durch Frauen, und zwar in der Weise,
dass sie die Lumpenteile sortierten, reinigten und mit Beilen zerkleinerten. Danach wurden sie in einer mit Kalkwasser
gefüllten Grube einem Gärungsprozess,
der „Lumpenfäule“, unterworfen, um
dann in dem mit Wasserkraft betriebenen
Stampfwerk unter dem ständigem Zufluss von frischem Wasser vollständig
gereinigt und zerfasert zu werden. Dieses
dünnflüssige Fasermaterial kam danach
in die Schöpfbütte, aus der der „Büttgeselle“ in einem umrandeten Drahtsieb
die feuchte Masse des künftigen Papierbogens unter gleichmäßigem, fachkundigem Schütteln des Siebes „schöpfte“.
Nach dem Ablauf des Wassers reichte er
den Schöpfrahmen an den „Gautscher“
weiter, der nach Entfernung des Rahmens den geschöpften Bogen auf ein Filztuch abgautschte (presste). Auf den abgelegten Bogen kam ein neues Filztuch, auf
das der nächste Bogen aufgepresst wurde. Nachdem genügend Bögen vorhanden
waren, wurde ihnen unter der Gautschpresse weiteres Wasser entzogen. Nun erfolgte mit einem Zieher das Abnehmen
der immer noch empfindlichen Bögen,
die dann in der Henke, dem Trockenboden, an langen Seilen aufgehängt wurden. Dem Trockenvorgang folgte das Leimen der Bögen mit dem in eigener Leimküche meistens selbst erzeugten gekochten Leim. War der erneute Trockenvor-
gang abgeschlossen, mussten die Bögen
noch mit Hilfe eines polierten Steins geglättet werden. Laut der Mühlenbeschreibung waren bis zur Fertigstellung
eines Papierbogens insgesamt 72 Handgriffe erforderlich.
In der Veröffentlichung des Regierungspräsidiums Kassel zu den Wasser- und
Windmühlen im Kreis Hersfeld-Rotenburg sind folgende, aus dem Pfarrarchiv
Friedewald ermittelten Papiermacher als
Erbleihe-Inhaber der Mühle genannt:
1691 – 1694 Jost Görg Pütcher (Johann
Georg Putscher) u. Ehefrau Anna Katharina
(1694 heiratet der Papiermacher Böckenberg die Witwe Anna Katharina)
1694 – 1725 Eustatius Hilmar Böckenberg u. Ehefrau Anna Katharina
1729 – 1743 Johannes Böckenberg und
Ehefrau Anna
1765 – 1787 Andreas Böckenberg u. Ehefrau Anna Dorothea
1789 – 1807 Johann Christian Illig aus
Büdingen u. Ehefrau Anna
(Ehefrau Anna war die Tochter des Andreas Böckenberg)
1813 Philipp Hüttenmüller u. Caroline
Pfoyelmann
1829 August Wilhelm Röper Senior, Conrad Röper jun. (Neffe von August Wilhelm) und Wilhelmine Marie Röper (des
alten Herrn Tochter) Weiter ist in den
Ausführungen des Regierungspräsidiums
vermerkt, dass um die Zeit von 1844/45
der Name Röper aus den Akten verschwunden ist und damit vermutlich auch
die Papiermacherei in der Roten Mühle.
Beschreibung der Roten Mühle im
Lager-, Stück- und Steuerbuch
Im § 21 des Lager- Stück- u. Steuerbuches der Amtsortschaft Friedewald aus
dem Jahre 1787 wird die Papiermühle
wie folgt beschrieben:
Besizt Andreas Buckenberg eine Erbund eigenthümliche Pappier-Mühle, die
Rothe- Mühle genant, unter dem Rothenberge gelegen, welche von dem § 1 beschriebenen Soltz Fluß mit 2 unterschlägigen Waßer-Räderen getrieben wird. Es
werden jährlich zu der völligen Arbeit
600 Centner Lumpen erfordert, welche
450 Rtlr. Kosten, in denen jeder Centner
mit 24 alb. bezahlt werden muß:
Ferner kostet diese Mühle zu unterhalten
und wird darzu erfordert als
1) 23 Clafter Brennholtz; kosten mit
Forst-, Macher- u. Fuhrlohn 40 Rtlr. 8
alb.
2) Vor Werckholtz incl. der Zimmer-Arbeit 28 Rtlr. 2 alb. 2 Hlr.
3) Kost und Lohn vor 2 Gesellen, einen
Lehr-Jungen, welche nebst einem, zu
Zeiten auch 2 Tagelöhnern beständig
erhalten werden müßen 158 Rtlr.
4) Vor Lein, Saltz und Alaun 22 Rtlr.
5) An Zoll und Fracht von dem Pappier
30 Rtlr.
6) Vor Preßen und Formen 18 1/2 Rtlr.
7) Vor Filtz und Haartücher 16 1/2 Rtlr.
8) Stricke das Pappier darauf auf zu
hängen 5 Rtlr.
9) Beile zum Lumpen Hacken 2 2/3 Rtlr.
10) Lichtfet und die Pappierpreße zu unterhalten 10 Rtlr.
11) Muß diese Mühle jährl. an ständigem
Erbzins an Gnädigste Herrschaft in
die hiesige Rentherey entrichten als:
10 Rtlr. 18 alb. - Hlr. Geld, 1 Huhn, 2
Hahne, 120 Stück Eyer.
Nun werden aus vorbesagten 600 Centner
Urkarte aus dem Jahr 1860
Lumpen folgende Sorten Pappier gemacht, als:
1 Ballen Postpappier
15 Rtlr.
49 „
Schreibpappier
558 Rtlr.
30 „
Conceptpappier
240 Rtlr.
10 „
Druckpappier
40 Rtlr.
10 „
Weiß Maculatur
30 Rtlr.
10 „
Grau Pappier
25 Rtlr.
Welche also in Sa. 110 Ballen
938 Rtlr.
betragen und aus dem Pappier gelöst
werden; Den Betrag der Lumpen nebst
denen vorbesagten Unkosten und Zinßen,
von der Loßung des Pappiers abgezogen,
so bleibt jährl. 151 Rtlr. 93 alb. 6 Hlr. Verdienst, wovon er also nebst denen seinigen leben, auch die nötigen Reise- und
Zehrungs-Kosten bei
Verkaufung des
Pappiers bestreiten muß. Die Gerechtigkeit (das Recht), Lumpen zu dieser Pappier-Mühle zu samlen, erstreckt sich in
die Ämter Friedewald, Landeck, OberAmt Rotenburg, Gericht Petersberg, wie
auch Stadt und Amt Hirßfeld. Es ist auch
diese Pappier-Mühle Gnädigster Herrschaft bey jedes mahliger Alienation (Besitzerwechsel) mit 5 pro Cent lehnbar.
Aufgrund der in früheren Jahrhunderten
oft
gehandhabten
unterschiedlichen
Schreibweise der Namen ist der Papiermacher in den Akten als Böckenberg,
Bickenberg, Bückenberg, Buckenberg,
Pöckenberg und Peckenberg genannt
worden.
Durch den Umstand, dass die Rote Mühle
zur Papiermühle umgebaut wurde, mangelte es den Friedewalder Bauern in der
Folgezeit an Getreidemahlgelegenheit.
Daher genehmigte die Oberrentkammer
in Kassel im Jahre 1720 Johann Reinmöller in der Gemarkung Friedewald den
Bau der Heiligenmühle im Kothebachtal,
die mit einem Mahl- und einem Schlaggang ausgerüstet war (siehe mein Beitrag
in Mein Heimatland Nr. 3, 2008).
Eine weitere Mühle im Solztal
Auf Ersuchen der Gemeinden Petersberg,
Sorga, Sulza (Sölzerhöfe) und Kathus, die
vorgaben, die in „Niedernsulza“ befindliche Mühle könne die Versorgung ihrer
Einwohner mit Mahlprodukten nicht ausreichend gewährleisten, hatte die Oberrentkammer in Kassel mit einem Vorbewilligungsbrief dem Junghenn (Johannes)
Rüger und Papiermüller Eustatius Hilmar Bückenberg den Bau einer weiteren
Wassermühle etwa 1,2 km von der Roten
Mühle entfernt in Richtung Sorga an der
Solz genehmigt. Nachdem diese Mühle
mit drei Mahlgängen und einem Schlaggang im Jahre 1715 fertiggestellt war,
brachte die Genehmigungsbehörde Gründe in Erfahrung, die eine Rücknahme der
erteilten Mühlenkonzession erforderlich
machten.
Die Oberrentkammer gab zu diesem Vorgang folgende Stellungnahme ab:
Nachdem sich aber nachgehends befunden, dass die Mühle zu Niedernsoltza eine Bann Mühle, und laut einiger von denen vorigen Äbten und unßer fürstlichen
Vorfahren, und sonst von alten Zeiten her
niemand erlaubt ist, auf der Sulza des
Orths noch eine Mühle aufzubauen, welches alles Uns damahlen verschwiegen
worden. … Also wollen Wir hiermit und
in Krafft dieses nicht allein die abbemeldten beyden Müllern Rüger und Pöckenberg auf ungleiches Vorstellen ertheilte
Concession wieder zurück nehmen.
Ursache für den Widerruf der Genehmigung war, dass Abt Ludwig V. (Ludwig
Landau), der von 1571 – 1588 in Hersfeld
amtierte, im Jahre 1581 in einem „Verlaßungsbrief“ den Bau weiterer Mühlen
an der Solz für alle Zeiten untersagt und
verboten hatte.
Das Oberrentamt in Kassel zog also die
erteilte Konzession zurück und verfügte
die Beseitigung der Mühle, ihr Standort
ist mit der Bezeichnung „Neue Mühle“ in
der Karte der Alten Poststraße Hirschfeld
– Vach aus dem Jahre 1723 nachgewiesen.
Gesuch zur Anlegung eines Mahlganges in der Papiermühle
Zu Beginn des Jahres 1765 schrieb der
Papiermacher Andreas Bückenberg an
die Oberrentkammer in Kassel, dass sich
in seiner Mühle bei den Geschirren ein
schicklicher Platz befände, an dem sich
ohne die zusätzliche Anlegung eines Wasser- und Kammrades auf die bequemste
Art eine Mahlmühle anlegen ließe, um die
Früchte für seine Haushaltung zu mahlen. Er als Untertan des Amtes Friedewald sei von allen Mühlen des hiesigen
Amtes zu weit abgelegen, so dass er fast
gezwungen wäre, außer Amts mahlen zu
lassen. Er bat darum, gegen einen leidlichen Zins einen Mahlgang in seine Papiermühle einbauen zu dürfen.
Die Antwort der Oberrentkammer in
Kassel vom 16. April 1765 an den Friedewalder Amtmann Fleischhut zum Gesuch
15
Mühlenbrief zur Roten Mühle von 1593
Die Inhaber der Roten Mühle waren
außer mit dem Fahrdienst zum Hof
Weißenborn (an der Kreisstraße von
Friedewald nach Motzfeld) und dem
Fuhrdienst des Scheitholzes zu einem
Verladeplatz an die Werra, zu keinen
weiteren Diensten für die Grundherren
verpflichtet.
Die Mühleninhaber
In den Unterlagen des Staatsarchivs
Marburg befinden sich einige vom Friedewalder Amtmann Peter Meckbach um
1600 erstellte Inhabernachweise, unter
anderem auch ein Verzeichnis auss alten
Register, was der Rothen mühle wegen
darin zu finden. Danach war Hannen
(Hans) Strögel(er) aus Sorga der Erbauer
der ersten Mühle, die sich im Bereich des
heutigen Hermannshofes befand (das Erbauungsjahr - vor 1536 - ist nicht überliefert). Im Jahr 1536 wird als Inhaber
der Mühle am Schallesgraben Jannen
Schreiber aufgeführt, der jährlich an
Mühlenzins 2 Reichstaler bezahlen musste. Neuer Besitzer der nun als Schallesmühle bezeichneten Mühle wurde im
Jahr 1543 Hann (Hans) Stybing, der für
130 Reichstaler vom Erbauer Strögel(er)
das Anwesen erwarb; für die Mühle musste er jährlich 2 Rtlr. Zinsgeld und 8 Rtlr.
Lehngeld zahlen. Im Jahre 1544 kaufte
Johannes Brandau(er) aus Malkomes die
Mühle unterm Rothenbergk. Als Rothe
Mühle bezeichnet taucht sie zum ersten
Male 1569 in den Akten auf, der Müller
Brandauer gebe jährlich einen Zinß von
4 Rtlr. undt 221/2 Gulden. Als nächster
Besitzer wird Anthony (Antonius) Schade genannt, der 1589 die Rothe Mühle
mit Ingehörig für 370 Rtlr. erwarb.
Eine
weitere
Aktensammlung
des
Staatsarchivs Marburg vom Amt Friedewald enthält neben verschiedenen
Leihe-, Meier-, Pacht- und Erbkaufbriefen auch den nachfolgend auszugsweise
wiedergegebenen Mühlenbrief des Landgrafen Moritz aus dem Jahre 1593:
Wir Moritz von Gottes gnaden Landgrave zue Hessenn, Grave Zue Catzenelnbogen, Dietz, Ziegenhain undt Nidda: Thun
kunth hieran bekennende, Daß wir Donges Schaden (Antonius Schade), Barbaren seiner Ehelichen Haußfrawen (Hausfrau) zue Lehn geliehen haben, undt leihen Ihnen hirmit undt Inn Crafft dieses
brieffs (Urkunde) unsere Mühle ahm Rot-
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tenberge, Inn unserm Ambt Friedewaldt
gelegen, sambt einer wiesen die mittelwiese genandt, Drey Acker Landes zue
Gartten, undt Noch ein Wiesenlepchen
beym Mühlen wehr gelegen. … Auch unß
darauß Järlichs undt auß Jeden Jars besondern uff einen Jeden Sanct Michaelistag Inn Unser Hauß (Schloss) Friedewaldt
Fünfft halben gulden Gelts, Jeden gulden
zue zwanzig sieben alb. gezehlt, Zwey
schock Eyer (24 Stück), Zwen Michels hanen (Hähne) Undt Ein Faßnachts Hune
(Huhn), geben …
... Zue Cassell ahm vierzehenden Monaths
tagk Septembris Anno. Einn Tausent
Fünffhundert Neunzig Undt Drey.
Für das Jahr 1600 wurde der nächste Besitzerwechsel aufgezeichnet: Jacob Kreß
von Heringen nimbt des geweßen Müllers
Tochter in der Rothen mühle zur ehe,
kauft die Mühle mit alle Ingehörig daryn
vor 450 Thaler in 32 alb (1 Taler = 32 Albus). 1604 erwarb Jörg (Georg) Feurer
aus Friedewald die Mühle, die er 1606 an
den Ausbacher Clauß Koch weiterveräußerte. Noch im selben Jahr wurde Hans
Ströbel(er) Inhaber der Roten Mühle, deren Gebäude sich zu diesem Zeitpunkt
schon in einem sehr schlechten baulichen
Zustand befanden.
Beschwerde der
Friedewalder Bäcker
Zu Beginn des Jahres 1613 beschwerten
sich sämtliche Becker zu Friedewaldt
über die Zustände in der Roten Mühle.
Unter anderem heißt es in ihrem Schreiben:
…Sollen wir armen Underthanen nicht
Yrrgenn das unser Vogtt Peter Meckbach
uns vor diesem wie auch itzo uferlegtt,
den weitzen undt ander fruchtt so wir uff
den kauff zure backen willens in der Rothen mühlen mahlen lassen. … das wir
unser frucht ohne schaden darin nicht
mahlen können, …da der windt durch die
mühlen prausset, undt weil weder Cästen
noch knüttell verwahret, sondern serr
zerbrachen, das mehl durch den windt in
der mühlen umbgetrieben, …Sie wollen
uns in diese mühlen zu unserm grosen
schaden nichtt zwingen, oder aber den
müller dahin weissen, das er vermöge seines lehnbrieffs seine mühle und deren bereidtschafft also anrichte das wir ohne
nach will darin mahle undt die arme leut
mitt weck und Brodt versehen können.
Amtmann Meckbach besichtigte die
Mühle und bestätigte in einem Brief an
die Oberrentkammer das die mühle auch
scheuren und stallung dero maßen verwüstet undt balt gar über den hauffen fellet, ... undt nur mit schweren Lasten (hohen Kosten) ufzubauen sey. In der Antwort aus Kassel heißt es: So mögen Sie
(die Mahlkunden) bey den Andern im
Ambtt Friedewaldt gesessenen Möllern
auch malen lassen, und sich des auswertigen mahlens enthalten.
Hans Ströbel, zum Zeitpunkt der
Bäckerbeschwerde Inhaber des baufälligen Anwesens, versuchte zunächst nach
dem Erwerb vergeblich, die Mühle wieder zu veräußern. Wann und bei welcher
Gelegenheit der Mühlenverkauf dann
später doch noch stattfand, bzw. wer der
neue Besitzer war, lässt sich aufgrund
von fehlenden Unterlagen für diesen
Zeitabschnitt nicht mehr feststellen.
Die Mühle ist in den Folgejahren wahrscheinlich saniert worden, denn bis zu
ihrem Verkauf an einen Papiermüller, ca.
80 Jahre später, wurde sie weiterhin als
Mahlmühle betrieben.
Die Getreidemühle
wird zur Papiermühle
Der Schlitzer Papiermacher Johann Georg Putscher kaufte im Jahre 1691 die
Rote Mühle und baute diese mit Genehmigung der Oberrentkammer in Kassel
zur größten Papiermühle des Hersfelder
Gebietes um. In guten Jahren wurden
hier etwa 600 Zentner Lumpen (Stoffe
bzw. Gewebe aus Pflanzenfasern, z. B.
Leinen) zu Papier verarbeitet.
Einen Einblick in den Ablauf der früheren Papierherstellung ermöglicht die Abhandlung „Zur Kulturgeschichte des Papiers“ von Hans H. Bockwitz aus dem
Jahr 1935, die im Anschluss sinngemäß in
gekürzter Form wiedergegeben wird:
Die Aufbereitung des Papierstoffs aus
Hadern (Lumpen) geschah meistens
durch Frauen, und zwar in der Weise,
dass sie die Lumpenteile sortierten, reinigten und mit Beilen zerkleinerten. Danach wurden sie in einer mit Kalkwasser
gefüllten Grube einem Gärungsprozess,
der „Lumpenfäule“, unterworfen, um
dann in dem mit Wasserkraft betriebenen
Stampfwerk unter dem ständigem Zufluss von frischem Wasser vollständig
gereinigt und zerfasert zu werden. Dieses
dünnflüssige Fasermaterial kam danach
in die Schöpfbütte, aus der der „Büttgeselle“ in einem umrandeten Drahtsieb
die feuchte Masse des künftigen Papierbogens unter gleichmäßigem, fachkundigem Schütteln des Siebes „schöpfte“.
Nach dem Ablauf des Wassers reichte er
den Schöpfrahmen an den „Gautscher“
weiter, der nach Entfernung des Rahmens den geschöpften Bogen auf ein Filztuch abgautschte (presste). Auf den abgelegten Bogen kam ein neues Filztuch, auf
das der nächste Bogen aufgepresst wurde. Nachdem genügend Bögen vorhanden
waren, wurde ihnen unter der Gautschpresse weiteres Wasser entzogen. Nun erfolgte mit einem Zieher das Abnehmen
der immer noch empfindlichen Bögen,
die dann in der Henke, dem Trockenboden, an langen Seilen aufgehängt wurden. Dem Trockenvorgang folgte das Leimen der Bögen mit dem in eigener Leimküche meistens selbst erzeugten gekochten Leim. War der erneute Trockenvor-
gang abgeschlossen, mussten die Bögen
noch mit Hilfe eines polierten Steins geglättet werden. Laut der Mühlenbeschreibung waren bis zur Fertigstellung
eines Papierbogens insgesamt 72 Handgriffe erforderlich.
In der Veröffentlichung des Regierungspräsidiums Kassel zu den Wasser- und
Windmühlen im Kreis Hersfeld-Rotenburg sind folgende, aus dem Pfarrarchiv
Friedewald ermittelten Papiermacher als
Erbleihe-Inhaber der Mühle genannt:
1691 – 1694 Jost Görg Pütcher (Johann
Georg Putscher) u. Ehefrau Anna Katharina
(1694 heiratet der Papiermacher Böckenberg die Witwe Anna Katharina)
1694 – 1725 Eustatius Hilmar Böckenberg u. Ehefrau Anna Katharina
1729 – 1743 Johannes Böckenberg und
Ehefrau Anna
1765 – 1787 Andreas Böckenberg u. Ehefrau Anna Dorothea
1789 – 1807 Johann Christian Illig aus
Büdingen u. Ehefrau Anna
(Ehefrau Anna war die Tochter des Andreas Böckenberg)
1813 Philipp Hüttenmüller u. Caroline
Pfoyelmann
1829 August Wilhelm Röper Senior, Conrad Röper jun. (Neffe von August Wilhelm) und Wilhelmine Marie Röper (des
alten Herrn Tochter) Weiter ist in den
Ausführungen des Regierungspräsidiums
vermerkt, dass um die Zeit von 1844/45
der Name Röper aus den Akten verschwunden ist und damit vermutlich auch
die Papiermacherei in der Roten Mühle.
Beschreibung der Roten Mühle im
Lager-, Stück- und Steuerbuch
Im § 21 des Lager- Stück- u. Steuerbuches der Amtsortschaft Friedewald aus
dem Jahre 1787 wird die Papiermühle
wie folgt beschrieben:
Besizt Andreas Buckenberg eine Erbund eigenthümliche Pappier-Mühle, die
Rothe- Mühle genant, unter dem Rothenberge gelegen, welche von dem § 1 beschriebenen Soltz Fluß mit 2 unterschlägigen Waßer-Räderen getrieben wird. Es
werden jährlich zu der völligen Arbeit
600 Centner Lumpen erfordert, welche
450 Rtlr. Kosten, in denen jeder Centner
mit 24 alb. bezahlt werden muß:
Ferner kostet diese Mühle zu unterhalten
und wird darzu erfordert als
1) 23 Clafter Brennholtz; kosten mit
Forst-, Macher- u. Fuhrlohn 40 Rtlr. 8
alb.
2) Vor Werckholtz incl. der Zimmer-Arbeit 28 Rtlr. 2 alb. 2 Hlr.
3) Kost und Lohn vor 2 Gesellen, einen
Lehr-Jungen, welche nebst einem, zu
Zeiten auch 2 Tagelöhnern beständig
erhalten werden müßen 158 Rtlr.
4) Vor Lein, Saltz und Alaun 22 Rtlr.
5) An Zoll und Fracht von dem Pappier
30 Rtlr.
6) Vor Preßen und Formen 18 1/2 Rtlr.
7) Vor Filtz und Haartücher 16 1/2 Rtlr.
8) Stricke das Pappier darauf auf zu
hängen 5 Rtlr.
9) Beile zum Lumpen Hacken 2 2/3 Rtlr.
10) Lichtfet und die Pappierpreße zu unterhalten 10 Rtlr.
11) Muß diese Mühle jährl. an ständigem
Erbzins an Gnädigste Herrschaft in
die hiesige Rentherey entrichten als:
10 Rtlr. 18 alb. - Hlr. Geld, 1 Huhn, 2
Hahne, 120 Stück Eyer.
Nun werden aus vorbesagten 600 Centner
Urkarte aus dem Jahr 1860
Lumpen folgende Sorten Pappier gemacht, als:
1 Ballen Postpappier
15 Rtlr.
49 „
Schreibpappier
558 Rtlr.
30 „
Conceptpappier
240 Rtlr.
10 „
Druckpappier
40 Rtlr.
10 „
Weiß Maculatur
30 Rtlr.
10 „
Grau Pappier
25 Rtlr.
Welche also in Sa. 110 Ballen
938 Rtlr.
betragen und aus dem Pappier gelöst
werden; Den Betrag der Lumpen nebst
denen vorbesagten Unkosten und Zinßen,
von der Loßung des Pappiers abgezogen,
so bleibt jährl. 151 Rtlr. 93 alb. 6 Hlr. Verdienst, wovon er also nebst denen seinigen leben, auch die nötigen Reise- und
Zehrungs-Kosten bei
Verkaufung des
Pappiers bestreiten muß. Die Gerechtigkeit (das Recht), Lumpen zu dieser Pappier-Mühle zu samlen, erstreckt sich in
die Ämter Friedewald, Landeck, OberAmt Rotenburg, Gericht Petersberg, wie
auch Stadt und Amt Hirßfeld. Es ist auch
diese Pappier-Mühle Gnädigster Herrschaft bey jedes mahliger Alienation (Besitzerwechsel) mit 5 pro Cent lehnbar.
Aufgrund der in früheren Jahrhunderten
oft
gehandhabten
unterschiedlichen
Schreibweise der Namen ist der Papiermacher in den Akten als Böckenberg,
Bickenberg, Bückenberg, Buckenberg,
Pöckenberg und Peckenberg genannt
worden.
Durch den Umstand, dass die Rote Mühle
zur Papiermühle umgebaut wurde, mangelte es den Friedewalder Bauern in der
Folgezeit an Getreidemahlgelegenheit.
Daher genehmigte die Oberrentkammer
in Kassel im Jahre 1720 Johann Reinmöller in der Gemarkung Friedewald den
Bau der Heiligenmühle im Kothebachtal,
die mit einem Mahl- und einem Schlaggang ausgerüstet war (siehe mein Beitrag
in Mein Heimatland Nr. 3, 2008).
Eine weitere Mühle im Solztal
Auf Ersuchen der Gemeinden Petersberg,
Sorga, Sulza (Sölzerhöfe) und Kathus, die
vorgaben, die in „Niedernsulza“ befindliche Mühle könne die Versorgung ihrer
Einwohner mit Mahlprodukten nicht ausreichend gewährleisten, hatte die Oberrentkammer in Kassel mit einem Vorbewilligungsbrief dem Junghenn (Johannes)
Rüger und Papiermüller Eustatius Hilmar Bückenberg den Bau einer weiteren
Wassermühle etwa 1,2 km von der Roten
Mühle entfernt in Richtung Sorga an der
Solz genehmigt. Nachdem diese Mühle
mit drei Mahlgängen und einem Schlaggang im Jahre 1715 fertiggestellt war,
brachte die Genehmigungsbehörde Gründe in Erfahrung, die eine Rücknahme der
erteilten Mühlenkonzession erforderlich
machten.
Die Oberrentkammer gab zu diesem Vorgang folgende Stellungnahme ab:
Nachdem sich aber nachgehends befunden, dass die Mühle zu Niedernsoltza eine Bann Mühle, und laut einiger von denen vorigen Äbten und unßer fürstlichen
Vorfahren, und sonst von alten Zeiten her
niemand erlaubt ist, auf der Sulza des
Orths noch eine Mühle aufzubauen, welches alles Uns damahlen verschwiegen
worden. … Also wollen Wir hiermit und
in Krafft dieses nicht allein die abbemeldten beyden Müllern Rüger und Pöckenberg auf ungleiches Vorstellen ertheilte
Concession wieder zurück nehmen.
Ursache für den Widerruf der Genehmigung war, dass Abt Ludwig V. (Ludwig
Landau), der von 1571 – 1588 in Hersfeld
amtierte, im Jahre 1581 in einem „Verlaßungsbrief“ den Bau weiterer Mühlen
an der Solz für alle Zeiten untersagt und
verboten hatte.
Das Oberrentamt in Kassel zog also die
erteilte Konzession zurück und verfügte
die Beseitigung der Mühle, ihr Standort
ist mit der Bezeichnung „Neue Mühle“ in
der Karte der Alten Poststraße Hirschfeld
– Vach aus dem Jahre 1723 nachgewiesen.
Gesuch zur Anlegung eines Mahlganges in der Papiermühle
Zu Beginn des Jahres 1765 schrieb der
Papiermacher Andreas Bückenberg an
die Oberrentkammer in Kassel, dass sich
in seiner Mühle bei den Geschirren ein
schicklicher Platz befände, an dem sich
ohne die zusätzliche Anlegung eines Wasser- und Kammrades auf die bequemste
Art eine Mahlmühle anlegen ließe, um die
Früchte für seine Haushaltung zu mahlen. Er als Untertan des Amtes Friedewald sei von allen Mühlen des hiesigen
Amtes zu weit abgelegen, so dass er fast
gezwungen wäre, außer Amts mahlen zu
lassen. Er bat darum, gegen einen leidlichen Zins einen Mahlgang in seine Papiermühle einbauen zu dürfen.
Die Antwort der Oberrentkammer in
Kassel vom 16. April 1765 an den Friedewalder Amtmann Fleischhut zum Gesuch
15
Rote Mühle in der Karte von 1768
des Papiermüllers lautete kurz und bündig: Antrag abgeschlagen.
Mehr als zehn Jahre später, im Dezember
1775, trug der Papiermacher Bückenberg
den beiden Amtmännern Friedrich Julius Hartert in Friedewald und Johannes
Franz Hartert in Hersfeld erneut dieses
Anliegen vor. In seinem Brief schilderte
er, dass seine Vorfahren in dieser Mühle
mit einer Konzession zur Erbauung eines
Mahl- und Schlagganges belehnt waren,
aber diese Einrichtung wegen der großen
Armut der Vorfahren in Abgang gekommen wäre. Nachdem aber sein Haushalt
so stark gewachsen, dass ständig 14 Personen bei ihm zu Tische säßen, er von allen Mühlen weit entfernt wohne und
selbst nicht in eine Mühle gebannt wäre,
bat er um die Erlangung einer Konzession zur Erbauung eines Mahlganges in
der Papiermühle. Unterschrieben war
der Brief mit Unterthänigster Knecht
Andreas Bückenberg, Pappiermacher
zur Rothen Mühle Amts Friedewald.
Nach der Weiterleitung des erneuten Ersuchens zur Oberrentkammer wurden
die Amtmänner Hartert um einen Bericht gebeten, ob bei diesem Schreiben
ein Bedenken obwalte und ob sich, wegen des Angebens, daß vorhin (vorher)
ein Mahl- und Schlaggang in dieser
Mühle gewesen, für Nachrichten in dortiger Repositur (Akten) finden.
In ihrer Stellungnahme vom 11.03.1776
antworteten die Amtmänner, daß so sich
in der Repositur des Amts Petersberg
vorgefunden, keine Mühle mehr auf der
Sultz im Gericht Petersberg seyn sollen,
daher der Johannes Rüger von Söltzer
höffen die Anlegung einer mühle an der
Soltz von Hochfürstlr. Kriegs- und Domainen Cammer nicht erlangen können,
auch des Pappier macher Bickenberg
vorfahren Eustachius Hilmar Bickenberg
die an der Soltz 1715 errichtete Mahlund Schlag mühle wieder wegschaffen
müßen, daß dem Supplicant (Antragsteller) die Anlegung eines Mühlgangs nicht
wohl zu gestatten seyn dürfte, um da
mehr der Supplicant von 3 Mühlen als
der zu Malckmes, zur Kothebach „die
Heiligen Mühle genant“ und zu Söltzerhöffen nicht weit und von jeder etwa 1/2
Stunde entfernt wohnten.
Wenige Tage später, im März 1776, erhielten die Amtmänner Hartert aus Kassel die Anweisung, dem Antragsteller bekannt zu machen, dass seinem Gesuch
zur Anlegung eines Mahlganges in der
16
Roten Mühe nicht entsprochen werde.
Um das Jahr 1860 gehörte die Rote Mühle Heinrich und Valentin Corell, 1873
wird Hermann Bippert als Eigentümer
genannt. Von dessen Vornamen Hermann
ist vermutlich die heutige Bezeichnung
Hermannshof abgeleitet worden, im Jahre 1886 war Ernst Bippert Inhaber der
Mühle.
Gesuch zur Bildung eines selbstständigen Gutsbezirkes
Mit seinem Schreiben vom 23. September
1886 an den Vorsitzenden des Kreisausschusses, den königlichen Landrat Freiherrn Schleinitz, stellte der Gutsbesitzer
Ernst Bippert den Antrag, die ihm
gehörenden in den Gemarkungen Friedewald, Sorga und Kathus befindlichen
Grundstücke aus dem Verband dieser
Gemeinden herauszulösen und zu einem
neuen, selbstständigen Gutsbezirk Hermannshof zusammenzufassen.
Zur Begründung führte er an, dass sich
der Ort Friedewald, zu dessen finanzieller Unterstützung er verpflichtet sei, 7
Kilometer von seinem Hofe entfernt liege
und dadurch u. a. die Bewohner des
Gutshofes keinen Schutz durch die Friedewalder Orts- und Feldpolizei erhielten.
Da der Hermannshof kirchen- und schulmäßig ebenfalls zu Friedewald gehöre,
wären der Kirchenbesuch von hier aus
beschwerlich und der Schulbesuch der
Kinder dort geradezu unmöglich.
Die Steuern der in den Gemeinden Sorga
und Kathus gelegenen Grundstücke habe
er in die königliche Steuerkasse Hersfeld
zu bezahlen, während die Einkommens-,
Grund- und Gebäudesteuer der in der
Gemarkung
Friedewald
gelegenen
Grundstücke nach Friedewald zu bezahlen seien. Dadurch dass Grundstücke
zum Teil beim Grundbuchamt in Hersfeld, zum anderen Teil in Friedewald eingetragen seien, verursache ihm jede Eintragung und Löschung doppelte Kosten
und große Unbequemlichkeiten.
Ernst Bippert bat um die Bildung eines
selbstständigen Gutsbezirkes Hermannshof, verbunden mit der Überweisung der
gesamten Steuersachen an die königliche
Steuerkasse zu Hersfeld und um die Zuteilung in Schul- und Kirchenangelegenheiten zur Gemeinde Sorga.
Der Kreisausschuss befürwortete in seiner Sitzung Anfang Mai 1887 die Bildung
eines selbstständigen Gutbezirkes, aber
die Bürgermeister Heinz aus Sorga,
Brehm aus Kathus und Höll aus Friedewald erklärten in Übereinstimmung mit
ihren Gemeinderäten, dass sie in die von
Herrn Bippert beantragte Ausscheidung
aus ihren Gemeindebezirken nicht einwilligen könnten, da hierdurch die Steuerkraft der Gemeinden zu sehr geschwächt würde.
Somit konnte dem Wunsch des Antragstellers Ernst Bippert zur Bildung eines
eigenen Gutbezirkes nicht entsprochen
werden, es blieb alles bei der bisherigen
Regelung.
Ein weiterer Eigentümer des Hermannshofes war um 1897 der Fabrikant
Eduard Braun aus Hersfeld. Danach ging
das Anwesen in den Besitz einer einzigen
Familie und deren Nachkommen (Steinhoff-Dehnert-Mawick) über, die den Hof
kontinuierlich bis heute weiterführen.
Mawicks bewirtschaften die landwirtschaftlichen Flächen des Hermannshofes
seit dem Jahr 1990 als Biolandbetrieb.
Als Besonderheit sei noch erwähnt, dass
der Hermannshof mit einem eigenen, 167
m2 großen Friedhof ausgestattet ist, auf
dem bereits einige Inhaberfamilien ihre
letzte Ruhe gefunden haben.
Vermutlich ist die Mühle nach dem Ende
der Papierherstellung bis zur endgültigen Stilllegung nochmals als Getreidemahlmühle genutzt worden, Unterlagen
über diesen Zeitabschnitt liegen dem
Verfasser nicht vor.
In der Beschreibung des Landesamtes
für Denkmalpflege, Kulturdenkmäler in
Hessen ist vermerkt, dass die Mühle seit
dem Jahr 1965 nicht mehr betrieben
wird; die wasserrechtliche Genehmigung
des Regierungspräsidiums in Kassel ist
im Jahre 1987 endgültig erloschen.
Das noch existierende, im Jahre 1714 in
Fachwerkbauweise mit auffallend reichen Verzierungen an den Eckständern
errichtete Mühlengebäude wird heute als
Wohn- bzw. Gästehaus genutzt.
ZEITSCHRIFT FÜR GESCHICHTE, VOLKS- UND HEIMATKUNDE
April 2009
Nummer 4
Die Mühlen des Hermannshofes bei Sorga
und deren Besitzer
Mehr als vier Jahrhunderte Mühlengeschichte im Solztal
Von Helmut Derr, Friedewald
Mühlenregal, danach waren die Neuanlegung, Veränderungen innerhalb der
Mühle oder die Verlegung des Mühlenstandortes nur mit Genehmigung des
Klosters bzw. der Oberrentkammer in
Kassel zulässig.
So durfte erst nach Aufhebung des
Mühlenbanns die Breitzbachmühle um
das Jahr 1840, etwa 750 m nordwestlich
des Hermannshofes in der Gemarkung
Kathus, erbaut werden. Eine im Jahre
1843 angefertigte Karte weist die Breitzbachmühle bereits nach.
Für jede Mühle musste neben anderen
Abgaben noch jährlich ein Mahlzins in
Form von Geld und Naturalien an die
Grundeigentümer entrichtet werden.
In den vergangenen Jahrhunderten wurde das Mühlenwesen in vielen Versen
und Liedern stimmungsvoll umschrieben
und besungen, dies führte zu einer
Mühlenromantik, die oft die Härte und
Wirklichkeit des Müllerberufes überdeckte.
Doch sind die heute noch vorhandenen
Mühlen, deren Räder oft kein Mahlwerk
mehr treiben, eine gerne besuchte Sehenswürdigkeit von Jung und Alt.
Quellen- und Literaturnachweis
Hans Lerch, Hessische Agrargeschichte des
17. Jahrhunderts, Hersfeld 1926
Hans H. Bockwitz, Die Chronik der Feldmühle, Fünfzig Jahre Feldmühle 1885 – 1935, Zur
Kulturgeschichte des Papiers, Stettin 1935
Th. Hans Dieter Scholz, Wasser- und Windmühlen im Landkreis Hersfeld – Rotenburg,
Eine Bestandsaufnahme vom Regierungspräsidium Kassel, Kassel 1996
Landesamt für Denkmalpflege Hessen (Hg.),
Kulturdenkmäler in Hessen
Landkreis Hersfeld – Rotenburg, Band I, Wiesbaden 1997
Richard Wittich, Romantik und Wirklichkeit
der alten Mühlen, Kassel 1980
Hessisches Staatsarchiv Marburg
Bestände: 17 I Nr. 1260, 40c Nr. 225, 180 Nr. A
128, 40c Nr. 219, S 320, B 2
Karte: PII 11834
Amt für Bodenmanagement Bad Hersfeld, Urkarte u. Eigentümerangaben
»Mein Heimatland«, monatliche Beilage zur
»Hersfelder Zeitung«. Gegründet von Wilhelm Neuhaus.
Schriftleitung: Ernst-Heinrich Meidt
Druck und Verlag: Hoehl-Druck, 36251 Bad Hersfeld
Band 48
Technische Angaben zur Rot(h)en
Mühle, heute Hermannshof
Das Mühlengebäude aus dem Jahr 1714. Die beiden Mühlräder befanden sich auf der
rückwärtigen Gebäudeseite. (Bild entnommen der Denkmaltopographie Bundesrepublik
Deutschland, Kulturdenkmäler in Hessen, Landkreis Hersfeld-Rotenburg, Band I, 1997)
Die zahlreichen Mühlen in der Umgebung der Hersfelder Tochterklöster Johannesberg und Petersberg sowie im Bereich der herrschaftlichen Meiereien
zählen wohl zu den ältesten Mühlen unserer Gegend. Sie waren fast alle Bannmühlen, d. h. das Mühlenmonopol stand
den Klöstern und den Landesherren zu,
die Bauern mussten das Getreide in den
Mühlen ihres Bannbezirkes mahlen lassen. So waren z. B. die Mahlkunden aus
den Dörfern Asbach, Kohlhausen, Hil-
perhausen und Roßbach (bei Kerspenhausen) in die Hersfelder Eichmühle in
der Nähe des Eichhofes gebannt,
während die Einwohner von Petersberg,
Kathus, Sorga und der Sölzerhöfe ihr
Getreide in der alten Gerichtsmühle zu
„Niedernsulza“ (Mühle der Sölzerhöfe
bei Sorga) mahlen lassen mussten. Nachdem mit Ende des Dreißigjährigen Krieges (1648) die Reichsabtei Hersfeld endgültig an die Landgrafschaft HessenKassel gefallen war, galt das so genannte
Die im Tal der Solz gelegene, schon
längst stillgelegte Wassermühle befindet
sich 5,1 km südwestlich von Friedewald
bzw. 2 km östlich der Ortsmitte von Sorga in der Nähe der Autobahn A 4 Bad
Hersfeld-Eisenach unweit der Bundesstraße 62 und gehört zum Friedewalder
Gemeindegebiet.
Das zum Mühlenbetrieb erforderliche
Wasser wurde der Solz entnommen und
über einen 960 Meter langen Betriebsgraben zwei unterschlächtigen Wasserrädern zugeführt, die für den Antrieb des
Mühlenwerkes sorgten; der Untergraben
zur Solz war 142 Meter lang. Beim unterschlächtigen Mühlenbetrieb gelangt das
Wasser im unteren Radbereich auf die
Schaufeln der Wasserräder, die sich
durch den „Stoß“ und das Gewicht des
auftreffenden Wassers in Bewegung setzen.
Im Friedewalder Salbuch von 1579 wurde die Mühle, die mit einem Mahl- und
einem Schlaggang ausgestattet war, wie
folgt beschrieben:
Underm Rodenberge nach der Solz zu ist
gelegen ein moel, wieder genanndt die
Rodemoel, daruff stoest ein grabe genant
der Schallesgrabe.
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