Auch JR Ewing wäre jetzt ein Grüner
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Auch JR Ewing wäre jetzt ein Grüner
SEITE DREI Montag, 29. Juni 2009 3 Auch J. R. Ewing wäre jetzt ein Grüner Der Öl-Staat Texas gibt Vollgas bei der Windkraft. Ausgerechnet Amerikas größte Klimasünder wollen sich an die Spitze der Klimawende setzen. Und sie sind auf gutem Wege – mit Milliarden aus dem Öl-Geschäft. einen Mindestanteil an erneuerbaren Energien am Gesamtstromverbrauch fest, als zweiter Bundesstaat überhaupt. Allein Nolan County, der Landkreis, in dem auch das Städtchen Roscoe liegt, konnte 2008 eine installierte Windenergiekapazität von 2500 MW vorweisen, mehr als alle anderen US-Staaten und Länder wie Australien oder Japan. Ein Zusammenschluss aus Stromnetzbetreibern will nun zusätzliche Hochspannungsleitungen bauen, um noch viel mehr Windenergie aus dem Norden und Westen in die Metropolen im Herzen des Bundesstaates zu bringen. Das Projekt, das im März besiegelt wurde, soll fünf Milliarden Dollar kosten und gilt als die bis dato größte Investition in erneuerbare Energien in den USA. Mithilfe der neuen Infrastruktur soll die Windkapazität in Texas innerhalb von nur drei Jahren auf rund 18 500 MW ausgebaut werden. Der Ausbau der Stromleitungen in die ländlichen Gegenden wird auch dabei helfen, den Anteil des Solarstroms zu vervielfachen. Derzeit beträgt dieser weniger als 0,5 Prozent. Aber Experten haben errechnet, dass der Staat über eine SonnenenergieKapazität von 148 000 MW verfügt. Auch hier ist Texas die Nummer eins im nationalen Vergleich. Solarthermische Kraftwerke auf einer Fläche von 50 mal 50 Kilo- ERSTER ERFOLG FÜR BARACK OBAMAS NEUE KLIMA-POLITIK Das Repräsentantenhaus hat eine Wende in der USKlimapolitik eingeläutet. Nach heftiger Debatte und mit knapper Mehrheit verabschiedete die Kongresskammer das weitreichendste Klimaschutzgesetz der amerikanischen Geschichte. Für Präsident Barack Obama, der die Verringerung des CO2-Ausstoßes zu einem zentralen Anliegen gemacht hat, ist dies einer seiner bislang größten Erfolge. Er bezeichnete die Abstimmung als historisch. Nur Stunden zuvor hatte er beim Besuch von Kanzlerin Angela Merkel selbstkritisch die Versäumnisse amerikanischer Politik angeprangert. Unverblümt lobte er die Führung der Europäer, besonders sei er „beeindruckt“ vom „Weitblick und Engagement für saubere Energie“ der Deutschen. Der Gesetzentwurf sieht unter anderem vor, dass Unternehmen ihren Ausstoß von Treibhausgasen bis 2050 um 83 Prozent senken, ausgehend von den Werten von 2005. Allerdings wird erwartet, dass der Senat einen eigenen Entwurf ausarbeiten will. Ob es noch in diesem Jahr dazu kommt, ist unklar. International wurde die Abstimmung begrüßt – auch Merkel lobte die Entscheidung. Dennoch hinken die USA den Zielen der Europäer weit hinterher. Durch die von Obama angepeilte Reduzierung entspricht die Menge des Treibhausgases im Jahr 2020 in etwa dem Niveau von 1990. Die Europäer hingegen wollen bis 2020 das Niveau von 1990 um 30 Prozent unterbieten. Die Abstimmung verlief mit 219 zu 212 Stimmen äußerst knapp. Die Mehrheit der Republikaner lehnt den Entwurf als unwirksam und schädlich für den Arbeitsmarkt ab. Ihr Minderheitsführer John Boehner bezeichnete die Maßnahme als „größtes Job-Vernichtungsgesetz, das jemals dem Repräsentantenhaus vorgeschlagen wurde“. (rtr/dpa) LOUISIANA ARKANSAS und mit der Zeit gehen können, beweist T. Boone Pickens. Der 80Jährige aus Dallas verdiente mit Öl Milliarden, will jetzt aber die Seine Bekannten würden Cliff Wirtschaftskrise nutzen, um die Etheredge wohl kaum als UmEnergiewirtschaft des Landes weltschützer bezeichnen. Der silumzukrempeln. Sein Plan sieht berne Pick-up-Truck des 66-Jähsogar vor, dass die Motoren amerigen wiegt drei Tonnen und frisst rikanischer Lkw umgerüstet und Unmengen Treibstoff. Doch nur mit heimischem Gas betrieben wenige Amerikaner haben in den werden anstelle von arabischem vergangenen fünf Jahren mehr Öl. Seine Botschaft: „Amerikas für den Klimaschutz und die EntAbhängigkeit vom Öl bedroht unwicklung erneuerbarer Energien sere Wirtschaft, unsere Umwelt getan als der einarmige Baumund unsere Sicherheit.“ woll-Bauer aus Roscoe (Texas). Um ihn für seine erfolgreiche Dank Etheredges Engagement Kampagne zu würdigen, nahm wird rund um die nur 1300 Eindas Magazin „Time“ Pickens wohner zählende Gemeinde zurjüngst in die Liste der „100 einzeit der größte Windpark der flussreichsten Menschen des JahWelt mit 627 Rotoren und einer res“ auf. Ein Vierteljahrhundert Gesamtleistung von 800 Megazuvor hatte die Zeitung dem Gewatt (MW) fertiggestellt, genug schäftsmann schon einmal eine um 265 000 Haushalte mit Strom Titelseite gewidmet. Der Tenor zu versorgen. Eine Tatsache, die war jedoch ein anderer – Pickens ihn bis heute zum Schmunzeln und seine nur 650 Mitarbeiter bringt und mit dem Kopf schützählende Firma Mesa Petroleum teln lässt: „Es ist einfach unhatten gerade mehrere Konkurglaublich!“ Genau wie sein Vater renten geschluckt und auch die und Großvater vor ihm habe er Großen der Branche das Fürchjahrzehntelang über den Wind ten gelehrt. „Für viele ist T. Boone geschimpft, der alle Feuchtigkeit Pickens ein echter J. R. Ewing, aus dem ohnehin schon trockeein skrupelloser, aber faszinienen Boden gesogen und seine render Macher, den die ZuschauPflanzen zerstört habe. Aber jetzt er der Fernsehserie ,Dallas‘ gersei alles anders, sagt Etheredge: ne verachten – und doch heimlich „Heute lieben wir den Wind!“ bewundern“, schrieb „Time“ daDiese Liebesbeziehung begann mals. im Jahr 2004. Damals entdeckte Gewieften Drehbuchautoren Etheredge die ersten weißen Türdürfte es nicht schwerfallen, die me in der Region. Er begann über „Dallas“-Saga um einen inzwiWindenergie zu lesen, erschen zum Grünen mutierstellte eigene Messungen ten J. R. Ewing weiterzuOklahoma City und organisierte die Landspinnen. Denn auch im neubesitzer seiner Heimat- AlbuquerqueLas Vegas Amarillo en Energiemarkt wird mit OKLAHOMA stadt, bevor er sich auf die harten Bandagen um MilliJagd nach Investoren macharden gerungen. Pickens NEW MEXICO te – und einen Volltreffer rechnet vor, wie die VereiDallas Roscoe landete. Die Firma Airtricity nigten Staaten mit InvestiAbilene El Paso entschloss sich, eine Milliartionen von 180 Milliarden de Dollar in das Projekt RosDollar für Windkraftanlacoe zu investieren, und jetzt gen und Lastwagen mehr TEXAS führt E.on die Arbeiten zu als drei Millionen Jobs Houston Ende. Der Energiekonzern schaffen könnten und kein San Antonio mit Sitz in Düsseldorf kaufte Chihuahua arabisches Öl mehr einfühAirtricity im Jahr 2007. „Da ren müssten. Wenn der Corpus Christi M E X I K O wussten wir, dass sich alles zwölffache Großvater von ändern würde“, sagt Etheseiner Motivation spricht, 0 100 200 300 400 500 600 700 Kilometer redge: „Wind is the new oil.“ redet er gern über nationale So wie Cliff Etheredge Sicherheit, Arbeitsplätze denken heute immer mehr und eine bessere, saubere Texaner: Sie wollen mit alWelt, die er seiner Familie len Formen von grüner hinterlassen will. Aber naEnergie großes Geld verdietürlich ist Pickens weiterhin nen. Wissenschaftler und Unternehmer. Rund um Unternehmer sind überSweetwater (Texas), der zeugt davon, dass Texas Nachbarstadt von Roscoe, zum zentralen Wirtschaftswill er den größten Windstandort für erneuerbare park der Welt bauen. LetzEnergien in den USA wertes Jahr hat er zwei Milliarden kann und weite Teile den Dollar investiert und des Kontinents mit saube700 Windturbinen bei Gerem Strom versorgen wird. neral Electric bestellt. Denn in Texas gibt es mehr Wie ausgestorben: der Ort Roscoe. Der WindAuch für Cliff Etheredge Wind und Sonne als irgend- kraft-Boom soll neues Leben zurückbringen. aus Roscoe steht der wirtwo sonst in Nordamerika. schaftliche Gewinn eindeuSchon heute stehen drei der tig im Vordergrund. Ob die größten Windparks der Stadt mit ihrem Windpark Welt westlich von Dallas. Sie dazu beiträgt, die Erderhaben mit dafür gesorgt, wärmung aufzuhalten, bedass die USA Deutschland zweifelt er. „Aber hier in der als international führenden Gegend findet jetzt jeder ArProduzenten von Windenerbeit. Junge Menschen, die gie überholt haben. Eine vor Jahren aus Roscoe wegder größten Solaranlagen gezogen sind, um zu studiedes Landes entsteht nördren oder in der Öl-Industrie lich der Hauptstadt Austin. zu arbeiten, kehren wieder Zwar kommt eine Enerzurück“, sagt Etheredge. giewende nicht von heute Der Mann, der vor 30 Jahauf morgen, schon gar nicht Energie-Experte Michael Webber sieht für Texas ren seinen rechten Arm bei im Öl-Staat Texas. Noch ha- eine rosige grüne Zukunft. FOTOS: GERDAU einem Ernteunfall verlor, ben hier herkömmliche hat mit Sohn David und Energieunternehmen den Tochter Kim eine Firma geHauptanteil an der Wirtschafts- metern in West-Texas könnten gründet. Sie beraten Grundbesitleistung, und der texanische Gou- den gesamten Staat mit Strom zer und handeln Pachtverträge verneur zweifelt öffentlich daran, versorgen. Ein erster Schritt zum für Landstriche aus, auf denen dass der Mensch das Klima be- Ausbau der Solarenergie wurde mal Windrotoren stehen sollen. einflusst. Aber die ersten Erfolge im März gemacht. Der Stadtrat Ein Einzelner bringt je nach Gröhaben für eine Aufbruchstim- („City Council“) von Austin be- ße 3000 bis 10 000 Dollar. Ihre mung gesorgt – wie damals im schloss, dass die größte Fotovol- Arbeitsplätze gehören mit zu den Jahr 1901, als das erste Öl gefun- taik-Anlage des Landes mit einer mehr als 55 000, die in Texas laut den und damit die Mobilisierung Leistungskraft von 30 MW Ende einer Studie der Pew-Stiftung an der Welt eingeleitet wurde. Und 2010 ans Netz gehen soll. die nachhaltige EnergiewirtDoch auch unterhalb der texa- schaft gebunden sind. bereits jetzt ist klar: Mit Blick auf die Erderwärmung ist ein Wandel nischen Erde soll in Zukunft Geld Für das deutsche Unternehin der Energiewirtschaft nirgend- mit grüner Technologie gemacht men E.on jedenfalls ist Texas der werden. Führende Wissenschaft- weltweit größte Wachstumswo so wichtig wie hier. Denn im Land der Klimasünder ler an der Universität von Texas markt in Sachen Windenergie. sind die Texaner die Nummer und der Texas-A&M-Universität „Aufgrund der idealen Windvereins. Im Durchschnitt verbrau- erforschen die dritte Generation hältnisse kann man nirgendwo chen sie 66 Prozent mehr Benzin, von Biosprit, der aus Algen ge- auf der Welt so viel Strom für jeGas und Strom als alle anderen wonnen wird. „In Texas gibt es den angelegten Euro erhalten. Amerikaner. Ihre ölverarbeiten- riesige, leicht salzige Grundwas- Wir werden weiter investieren“, de Industrie benötigt Unmengen serschichten, viel CO2 und reich- sagt Unternehmenssprecher von Energie – ebenso wie ihr Le- lich Sonnenschein. Genau die Christian Drepper. bensstil. Sie fahren riesige Sprit- Voraussetzungen, die Algen zum In Roscoe hat E.on bereits ein schlucker und leben in großen Ei- Leben brauchen“, sagt Michael Büro. Genau wie Siemens, dessen genheimen, in denen Klimaanla- Webber, Energie-Experte an der Mitarbeiter derzeit die letzten 40 gen fast das ganze Jahr hindurch Universität von Texas. Zudem be- Windkraftanlagen des Großprofür die nötige Kühlung sorgen. stünden wohl nirgendwo auf der jekts errichten. Die NiederlasHinzu kommt, dass die Texaner Welt – mit der Ausnahme von sungen sind Schmuckstücke für weiterhin fast die Hälfte ihres Saudi-Arabien – so große Mög- die Kleinstadt, in der vor Jahren Stroms mit einheimischem Gas lichkeiten für die geologische das letzte Fast-Food-Restaurent erzeugen. Einlagerung von CO2. Webber dichtgemacht hat. Doch sobald So erschreckend diese Zahlen fügt hinzu: „Wir haben Milliarden der Windpark die ersten Gewinne sein mögen, so groß ist das Poten- Tonnen Öl, Gas und Kohle aus abwirft, wollen Cliff Etheredge zial für grünen Strom im Südwes- dem Erdboden geholt. Bald könn- und seine Mitstreiter noch mehr ten der USA – und ebenso ein- ten wir Milliarden Tonnen wieder Leben zurückbringen und sogar drucksvoll ist auch der Boom in hineinstecken.“ Touristen in die Provinz holen: der Windenergie, der vor zehn Dass selbst herkömmliche „Dann eröffnen wir ein WindJahren begann. 1999 legte Texas Energieunternehmer umdenken energie-Museum.“ Axel Gerdau Austin (Texas) ALS IN TEXAS DAS ERDÖL ZU SPRUDELN BEGANN Gegenwart und Zukunft in Texas: Windkraft-Investor Cliff Etheredge steht an einer alten Ölförderpumpe, im Hintergrund erheben sich moderne Windrotoren. + Die ersten Versuche in den USA, nach Erdöl zu graben und es zu schöpfen, liegen mehr als 150 Jahre zurück. Buchstäblich den Durchbruch schaffte ein österreichisch-ungarischer Ingenieur namens Antonio Francisco Luchich, der 1879 nach Michigan kam und sich fortan Anthony Francis Lucas nannte. Als 1899 Bohrkonzessionen für den Spindletop-Hügel bei Beaumont im Südosten von Texas angeboten wurden, pachtete er dort ein Grundstück und begann zu bohren. Unter dem Hügel sollte sich ein Salzstock befinden. Nach allerlei Schwierigkeiten und Rückschlägen machte Lucas am 10. Januar 1901 den bis dahin größten Ölfund in der US-Geschichte: Aus seinem Bohrloch schoss eine schwarze Fontäne bis zu 100 Meter in die Luft. Sie beförderte pro Tag 10 000 Tonnen Rohöl an die Oberfläche. Da die meisten Ölfelder in Texas sehr tief liegen, konnten die wirklich ergiebigen erst 1926 (Yates-Ölfeld im Westen) und 1930 (EastTexas-Ölfeld bei der Stadt Kilgore) systematisch erschlossen werden. Anfang der 30er-Jahre gelang es Texas schließlich, zur Nummer 1 unter den Ölförderstaaten innerhalb der USA aufzusteigen. (HA) !"#"$%&'()$*+$,-.('()$/.00($ $ ,012+$'+$304567'()$82++'90$&'(3$46&0.$.0+6-.:0+"$;6&$<80.':2=+$>'))0+?$@AB$ 08'??'()$.0)'6($'+$?-.('()$>.')C?$).00(D&'?C$86(07$E.68$'?+$3'.?7$E-05+"$ ! 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