Eröffnungsrede von Bernd Lucke in Aschaffenburg

Transcription

Eröffnungsrede von Bernd Lucke in Aschaffenburg
Eröffnungsrede
von
Bernd
Lucke in Aschaffenburg
Bernd Lucke
Meine sehr verehrten Damen und Herren, liebe Parteifreunde,
heute ist ein großer Augenblick für die Alternative für
Deutschland. Zum zweiten Mal in unserer noch nicht einmal ein
Jahr währenden Parteigeschichte rüsten wir uns für eine große,
bundesweite Wahl. Zum zweiten Mal werden wir Kandidaten
nominieren, die die legitimen Interessen der Bürger in einem
Parlament vertreten sollen. Zum zweiten Mal werden wir der
Öffentlichkeit zeigen, dass es Alternativen gibt zur
Schmalspurpolitik der Altparteien. Altparteien, die alt
geworden sind, taub für die Anliegen der Bürger, blind für das
Geschehen in Deutschland und der Welt, stumm in der
Ratlosigkeit, der sie sich ergeben haben.
MDuH, wir wollen den Wählern zeigen und wir werden den Wählern
zeigen, dass es Alternativen zur Politik der Altparteien gibt,
Alternativen für Deutschland und Alternativen für Europa!
Aber diesmal, mDuH, diesmal, beim zweiten Mal, ist etwas
grundsätzlich anders. Beim ersten Mal, vor nur neun Monaten,
bei unserem ersten, großartigen Parteitag, da standen wir da,
ohne Geld, ohne Organisation, ohne Personal, ohne jede
Erfahrung. Wir standen da wie David gegen Goliath, aber ohne
Steine und ohne Schleuder.
MDuH, wir standen da, vor uns eine Herkulesaufgabe, und wir
haben nicht gezögert. Wir haben uns in die Hände gespuckt und
die Aufgabe in Angriff genommen. Wir hatten kein Geld – da
haben wir unser eigenes genommen. Wir hatten kein Personal –
da haben wir eben genommen, wer sich gerade anbot. Wir hatten
keine Organisation – da haben wir es eben ohne Organisation
gemacht. Wir hatten keine Erfahrung – da haben wir eben unsere
Erfahrungen gemacht.
MDuH, das Resultat war nicht so, wie wir es uns erhofft hatten
– aber es konnte sich sehen lassen. Noch nie in der Geschichte
der Bundesrepublik Deutschland hat eine Partei so schnell 2
Millionen Wähler gewonnen wie die Alternative für Deutschland!
Aber was man gut gemacht hat, das kann man auch noch besser
machen. Wenn heute erneut der David AfD gegen den Goliath der
Altparteienallianz zieht, dann hat David doch inzwischen eine
Zwille und die ersten flachen Steine beisammen. Klar, die
Altparteien sind noch immer viel reicher, können vor Kraft
kaum laufen und nichts macht mehr Spaß, als ab und zu auf die
arme kleine AfD einzudreschen. Aber das gehört dazu.
Wissen Sie, was Herr Seehofer über uns gesagt hat: Einen
harten Wahlkampf gegen die AfD will er führen! Die Abschaffung
des Euro wäre eine Katastrophe für Bayern! Gegen die AfD will
er kämpfen, offensiv und argumentativ!
Also, „argumentativ“ wäre ja mal was Neues!
Also, wenn Herr Seehofer jetzt mal argumentieren will, dann
will ich ihn ja gar nicht zu irgendwelchen anspruchsvollen
Diskussionen darüber herausfordern, warum die Abschaffung des
Euro für Bayern eine Katastrophe wäre. Dann soll er mir bitte
bloß eines erklären: Warum nennt er seinen Stellvertreter
Gauweiler dann eigentlich nicht den Katastrophen-Peter?
So, mDuH, ich war eigentlich dabei, unseren zweiten großen
Wahlkampf einzuläuten. Aber wo ich gerade bei der CSU bin, da
fällt mir die SPD ein. Die SPD, das ist die Partei, die nach
einem längeren Prozess angestrengten Nachdenkens – sie haben
für das Nachdenken so ungefähr ein Vierteljahrhundert
gebraucht – festgestellt hat, dass rot und rot eigentlich auch
zusammenpasst. Um das ganz sicher feststellen zu können, haben
sie einen Parteitag einberufen und das da beschlossen. Denn
sie fanden, dass das mit der Ausschließeritis endlich mal ein
Ende haben müsse.
Nun, das ist ja mal ein Standpunkt. Und Standpunkte machen
glaubwürdig. Wenn man sie einhält. Nachdem aber die SPD
befunden hatte, dass es mit der Ausschließeritis endlich ein
Ende haben müsse, hat sie dann flugs beschlossen, dass sie
eine Koalition mit rechtspopulistischen Parteien ausschließt.
Sie hat also sozusagen die Ausschließeritis ausgeschlossen
außer in den Fällen, in denen sie die Ausschließeritis nicht
ausschließt.
Also, wenn eine Partei die eigene Glaubwürdigkeit beschädigen
möchte, war das schon mal ein guter Anfang. Nur als ich das
mit dem Rechtspopulismus gehört habe, da habe ich gedacht, das
halten die ja nie durch! Da macht die SPD mit dem
Glaubwürdigkeitsverlust ja gleich weiter! Denn da jieperten
doch schon etliche SPD-Granden nach den Ministersesseln in
Berlin! Und das einzige kleine Hindernis zur Ministerapanage
war, dass man dafür mit einer Partei koalieren musste, die in
Sachen PKW-Maut offen der Diskriminierung von Ausländern das
Wort redete!
Also, wenn das kein Rechtspopulismus ist? Wahrscheinlich
findet die SPD, dass das noch kein richtiger Rechtspopulismus
ist. Wahrscheinlich findet die SPD, dass der wahre
Rechtspopulismus bei der AfD zu verorten ist, denn wir haben –
zugestandenermaßen nur so ein bisschen nebenbei – im Wahlkampf
vor einer unkontrollierten Zuwanderung in unsere Sozialsysteme
gewarnt. Das haben uns Altparteien und Medien dann nach der
Bundestagwahl um die Ohren gehauen, denn vor der
Bundestagswahl hätte ja die Gefahr bestanden, dass wir dadurch
in den Bundestag gekommen wären.
Aber was, liebe SPD, was nun? Jetzt übernehmen plötzlich
Politiker der Union, insbesondere der CSU, unsere Warnung!
Jetzt, nach der Einführung der Arbeitnehmerfreizügigkeit für
Rumänen und Bulgaren, wird unsere Position salonfähig!
Plötzlich kommt die ungemein argumentative CSU daher und
versucht sich mit Dreiwortsyllogismen: „Wer betrügt, fliegt!“.
Liebe Genossen Sozialdemokraten, wenn Sie die Position der AfD
für rechtspopulistisch hielten, dann müssen Sie jetzt stante
pede die Koalition mit der CSU beenden!
Ach ja, und für Herrn Seehofer: Wenn Sie das ernst meinen mit
dem „Wer betrügt, fliegt!“, dann fällt mir bei Ihnen
Handlungsbedarf auf! Dann wenden Sie den Spruch doch mal an
auf all die Leute, die bei Ihnen mit einem ziemlich kleinen
Doktorhut ertappt werden!
Noch ein Grund, dass die SPD die Koalition mit der CSU
beendet. Denn die SPD wird doch nicht mit Leuten
zusammenarbeiten wollen, die mit zweifelhaften Titeln protzen?
Zumal dann nicht, wenn die CSU zur Zusammenarbeit gar nicht
benötigt wird. Denn CDU und SPD haben auch allein eine bequeme
absolute Mehrheit im Deutschen Bundestag. Und deshalb ist
alles, was die CSU lautstark von sich gibt, lediglich
Wahlkampfgetöse. Durchsetzen wird die CSU in Berlin nichts,
denn die Koalition braucht die CSU nicht mehr als der Fisch
ein Fahrrad.
Aber die SPD wird die Koalition natürlich nicht aufkündigen.
Warum sollte sie? Sie führt die CSU am Gängelband und hat Frau
Merkel zum Ehrenmitglied ernannt.
Das ist aber auch wirklich schwierig:
Früher war die CDU für die Atomkraft und die SPD war dagegen.
Und es war Frau Merkel, die ihr den Garaus gemacht hat.
Früher war die CDU gegen den gesetzlichen Mindestlohn und die
SPD war dafür. Und es war Frau Merkel, die die SPD-Forderung
umgesetzt hat.
Früher war die CDU für die Wehrpflicht und die SPD war für die
Wehrdienstverweigerer. Und es war Frau Merkel, die die
Wehrpflicht abgeschafft hat. Und den Zivildienst hat sie auch
gleich abgeschafft. Schade!
Früher war die CDU gegen die Aufnahme Griechenlands in den
Euro und die SPD war dafür. Und es war Frau Merkel, die den
Maastricht-Vertrag gebrochen hat, damit der SPD-Erfolg
erhalten blieb!
Früher war die CDU für die Rente mit 67 und die SPD war für
die Rente mit 67 solange es Rente mit 65 gab und als es die
Rente mit 67 gab da war sie für die Rente mit 63. Und Frau
Merkel hat jeden Schlenker mitgemacht, Hauptsache: ab in die
Rente!
Also, mDuH, es ist wirklich schwierig, aus Frau Merkels
Handeln auf ihre Parteizugehörigkeit zu schließen. Sie passt
sich wie ein Chamäleon ihren Partnern an. In SPD-Gesellschaft
lauscht sie und macht SPD-Politik. In Gesellschaft der
europäischen Partner lauscht sie und macht die Politik der
europäischen Partner. In Gesellschaft der Banker lauscht sie
und macht die Politik der Banken.
In Gesellschaft der NSA wird sie belauscht und macht gar
nichts.
Aber, mDuH, wir brauchen keine Bundeskanzlerin, deren größtes
Interesse es ist, im Interesse ihrer Partner zu handeln. Wir
brauchen auch keine Minister, deren größtes Interesse es ist,
im Interesse der Bundeskanzlerin zu handeln und wir brauchen
keine Abgeordneten, die so denken. Wir brauchen nicht die
anpassungsfähigen,
stromlinienförmigen,
geschmeidigen
Politiker, die für nichts und wieder nichts stehen.
Wir brauchen Politiker, die für ihre Überzeugungen einstehen,
auch wenn sie dafür angefeindet werden. Wir brauchen
Politiker, die lieber den Haussegen schief hängen lassen als
dass sie einem falschen Beschluss zustimmen. Wir brauchen
Politiker, die den Mut haben, die Wahrheit zu sagen.
MDuH, Politik ist entscheidend eine Frage der Personen, die
für diese Politik stehen. Wie wichtig den anderen Parteien
Europa ist, sieht man an der Wichtigkeit der Personen, die
diese Parteien nach Europa schicken. Und täuscht mich mein
Eindruck, dass die Kandidaten der Altparteien den meisten
Bürgern völlig unbekannt sind? Täuscht mich mein Eindruck,
dass als deutsche Führungskräfte in Brüssel vor allem aus dem
Amt gejagte Ministerpräsidenten wie Oettinger, Stoiber und
McAllister nominiert werden? MDuH, die Altparteien können uns
doch nicht weis machen, dass ihnen Europa wichtig ist, wenn
für das dortige Personal nur die in Frage kommen, die man in
der deutschen Politik noch nicht mal mehr in der zweiten Garde
haben wollte!
Was übrigens Herrn Stoiber betrifft: Stoibers Zuständigkeit
besteht darin, dass er uns von Bürokratie entlastet. MDuH,
davon habe ich noch nichts bemerkt. Die beabsichtigte
Entlastung war wohl eher in der Münchener Staatskanzlei zu
spüren.
MDuH, wir brauchen keine abgehalfterten Politiker in Brüssel.
Wir brauchen in Brüssel Menschen, die unabhängig von der
Politik sind. Wir brauchen Menschen, die sich in einem
ordentlichen Beruf bewährt haben. Wir brauchen Menschen, die
Erfahrung besitzen, die sich in einer normalen Berufstätigkeit
Ansehen und Respekt erworben haben. Wir brauchen Menschen in
Brüssel, die in die Politik gehen nicht um ihrer eigenen
Interessen willen, nicht um die Interessen ihrer Partei zu
fördern, sondern weil sie sich um Deutschland und um ein
friedliches Europa verdient machen wollen.
MDuH, ich freue mich sehr, dass wir mit Hans-Olaf Henkel ein
neues Mitglied gewonnen haben, das genau diese Unabhängigkeit
von der Politik verkörpert, das die Erfahrungen einer
erfolgreichen und vielfältigen Berufstätigkeit mitbringt, das
mit den Kenntnissen aus einer Spitzentätigkeit in der
deutschen Industrie für die Seriosität unserer wirtschaftsund währungspolitischen Vorstellungen bürgt.
Herr Henkel ist der genaue Gegensatz zum Typus des KarrierePolitikers. Er war beruflich in der Wirtschaft erfolgreich,
bevor er sich vielfältig engagiert hat – und alles
ehrenamtlich: Für die deutsche Wirtschaft als Präsident des
Bundesverbandes der Deutschen Industrie, für den
Wissenschaftsstandort Deutschland als Präsident der LeibnizGemeinschaft, für das Wohl der kommenden Generationen im
Konvent für Deutschland unter Leitung des früheren
Bundespräsidenten Herzog. Herr Henkel hat alle seine Ämter
niedergelegt um frei zu sein von Interessenskonflikten in
seinem Engagement für die AfD. Er hat sich seit Gründung der
AfD für uns eingesetzt, in vielen Talkshows und Interviews, in
vielen Wahlkampfveranstaltungen der AfD, die er als Redner
bestritt, im wissenschaftlichen Beirat der AfD unter dem
Vorsitz meines geschätzten Kollegen Joachim Starbatty und in
den letzten Wochen auch als einfaches Mitglied der Großen
Europakommission. MDuH, bitte heißen Sie mit mir sehr herzlich
Herrn Hans-Olaf Henkel in der Alternative für Deutschland
willkommen!
MDuH, wenn sich Mitglieder der Alternative für Deutschland für
Europa engagieren, dann tun wir dies, weil wir die europäische
Einigung aus vollem Herzen bejahen. Dann tun wir das, weil wir
das Werk, das Adenauer und de Gaulle mit nur sechs Ländern
begannen, in einer jetzt viel größer und heterogener
gewordenen Europäischen Union fortsetzen und erfolgreich
gestalten wollen. Dann tun wir dies, weil es europäische
Errungenschaften gibt, auf die wir stolz sind, die wir
bewahren wollen und an unsere Kinder weiterreichen wollen.
Zu diesen Errungenschaften zählt die weitgehende Aufhebung der
Grenzkontrollen, der große europäische Binnenmarkt, der freie
Verkehr von Waren und Dienstleistungen, von Kapital und
Personen. Zu den Errungenschaften gehört der unbezweifelbare
Wille aller EU-Staaten, in guter Nachbarschaft friedlich und
vertrauensvoll zusammenzuleben. Zu den Errungenschaften zählt
insbesondere und zuvorderst der Bewusstseinswandel in der
Bevölkerung, die in den Bürgern anderer Staaten nicht mehr den
potentiellen Feind und Gegner sieht sondern den Mitbürger, dem
man mit Achtung vor seinem kulturellen Hintergrund, mit
Verständnis für seine legitimen Interessen und mit der
ausgestreckten Hand der Freundschaft gegenübertreten sollte.
MDuH, diese Errungenschaften sind die europäischen
Inspirationen. Diese Inspirationen sind der europäische
Gedanke! In der EU aber werden – und deshalb ist sie in der
Krise – Inspirationen mit Institutionen verwechselt!
Das aber ist fatal, denn wenn wir die europäischen
Inspirationen, die Errungenschaften der letzen 60 Jahre
erhalten wollen, dann müssen wir die europäischen
Institutionen ändern. Zu den zentralen Werten der Europäischen
Union zählen Demokratie, Subsidiarität und Solidarität. Von
diesen Werten entfernen sich die Institutionen der EU, mal in
Trippelschritten, mal mit Siebenmeilenstiefeln. Und das
Beängstigende ist, dass neue Institutionen wie der ESM oder
die Bankenunion geschaffen, werden, die nicht einen Hauch von
Demokratie, Subsidiarität und Solidarität atmen.
Nehmen Sie die Solidarität, deren Name so oft missbraucht
wird, um den ESM zu rechtfertigen. Tatsächlich ist der ESM die
Institutionalisierung des Anti-Solidarischen. Solidarisch wäre
die Hilfe für die Ärmsten in Europa: Das ist Osteuropa, die
früheren kommunistischen Staaten, vom Baltikum bis hin zu
Kroatien und der Slowakei. Solidarisch wäre auch die Hilfe für
die von wirtschaftlicher Bedrängnis getroffenen Bürger der
Mittelmeerländer, für die Millionen von Arbeitslosen und
insbesondere von jugendlichen Arbeitslosen, die seit Jahren
kaum Perspektiven haben. Unsolidarisch aber ist, was der ESM
eigentlich bewirkt: Die Umverteilung von Mitteln der einfachen
Sparer und Steuerzahler zur Deckung der Verluste von Banken
und institutionellen Finanzinvestoren!
Die AfD kämpft für ein dezentrales, demokratisches und
bürgernahes Europa. Statt Bürokratie, Regulierung und
Zentralismus wollen wir ein Europa der sozialen Verantwortung,
das sich in erster Linie den Interessen der Sparer, der
Steuerzahler und der arbeitslosen Jugendlichen verpflichtet
fühlt.
Nehmen Sie die Subsidiarität: Nach den EU-Verträgen darf die
EU nur da tätig werden, wo das zu erreichende Ziel auf
kommunaler, föderaler oder nationaler Ebene nicht erreicht
werden kann. Und nun verraten Sie mir doch bitte, warum die
Aufsicht über deutsche Banken durch ein europäisches
Aufsichtsgremium besser erfüllt werden kann als durch ein
deutsches? Verraten Sie mir bitte, warum Brüssel eine
Drosselung der deutschen Wettbewerbsfähigkeit anmahnt, statt
die Entscheidungen da zu lassen, wo sie hingehören, nämlich in
die Vorstände deutscher Unternehmen und in die Autonomie
unserer Tarifkommissionen. Und verraten Sie mir bitte, wie die
einfachen Bürger an Subsidiarität glauben sollen, wenn in
Brüssel entschieden wird, mit wieviel Watt wir staubsaugen,
wie wir unsere Zimmer beleuchten und wieviel Wasser wir in der
Klospülung haben!
Nehmen Sie die Demokratie in der EU. Da freut sich das
Europäische Parlament, dass es seit Lissabon ein bisschen mehr
mitreden darf. Das ist gut und das ist richtig, aber es ist
nicht genug. Viel schlimmer aber ist, dass mit dem Fortschritt
in Trippelschritten an anderer Front in Siebenmeilenstiefeln
in die falsche Richtung marschiert wird. Während das EU-
Parlament die Arbeit der EU-Kommission nun ein bisschen
mitbestimmen kann, werden neue Institutionen geschaffen, die
der Kontrolle des Europäischen Parlaments vollständig entzogen
sind.
Da ist der ESM: Eine machtvolle Institution, deren Kapital den
Haushalt der EU-Kommission locker um das Fünffache übersteigt.
Und das Europäische Parlament hat bei der Schaffung des ESM
keinerlei Kontrolle, keinerlei Mitgestaltungsrecht eingeräumt
bekommen. Das Personal des ESM ist vor Strafverfolgung immun
und das Europäische Parlament kann noch nicht einmal die
Immunität aufheben. Das kann nur der ESM selbst.
Da ist die Bankenunion: Still und leise wanderte die
Zuständigkeit für die wichtigsten Teile unseres gesamten
Finanzsystems auf die europäische Ebene. Dort sitzt jetzt die
Bankenaufsicht und die kostspielige Bankenabwicklung entsteht
dort gerade. Auf die gemeinsame Einlagensicherung drängen
Franzosen und alle Länder mit maroden Banken. Und der ganze
gewaltige Apparat ist bei der Europäischen Zentralbank
angesiedelt worden, die – zumindest auf dem Papier –
unabhängig ist und deshalb nicht vom Parlament kontrolliert
werden kann. MDuH, in Europa entsteht eine gewaltige
Exekutive, aber von Gewaltenteilung ist keine Rede.
Das
alles
läuft
hinaus
auf
die
Europäische
Wirtschaftsregierung, die regierungsnahe Vordenker ja schon in
Diskussionspapieren skizzieren: Brüssel soll künftig bindende
Vorgaben zur Wirtschafts- und Fiskalpolitik der Einzelstaaten
machen können, gegen die ein Aufbegehren der nationalen
Parlamente nicht mehr möglich ist. Hier verlieren die
Einzelstaaten der EU einen Teil ihrer Souveränität, hier
würden demokratisch gewählte Parlamente entmachtet zugunsten
einer Technokraten-Regierung. Die Alternative für Deutschland
wird sich mit aller Kraft dagegen wehren!
MDuH, dass die EU ein schweres Demokratiedefizit hat, ist
unbestreitbar. Das sagt sogar Martin Schulz, der Präsident des
Europäischen Parlaments, in entwaffnender Offenheit: „Wäre die
EU ein Staat und würde einen Antrag zum Beitritt in die
Europäische Union stellen, dann würde der Antrag abgelehnt.
Mangels demokratischer Substanz.“ Nur zieht Martin Schulz
leider nicht die richtigen Schlussfolgerungen daraus.
MDuH, Demokratie, Subsidiarität und Solidarität sind nicht nur
Grundwerte der EU, sie sind auch Grundwerte unserer
Gesellschaft. Sie sind Werte, die für Deutschland konstitutiv
sind und die nicht einer schleichenden Auszehrung anheimfallen
dürfen. Deutlich wie noch nie zuvor in der Geschichte der EU
sehen wir einen Interessenkonflikt zwischen den Bestrebungen
der Europapolitiker der Altparteien und den Interessen der
deutschen Bevölkerung. Denn die Bürger unseres Landes haben
demokratische Interessen, sie haben soziale Interessen und
natürlich haben sie auch finanzielle Interessen. Und viele
dieser Interessen stehen im Widerspruch zu den
Europapolitikern der Altparteien, für die sich der Begriff
„Europa“ längst verselbständigt hat, die Europa-euphorisch
sind – nur des Begriffes wegen und aus der Macht der
Gewohnheit.
In der Europapolitik lässt sich die Bundesregierung von Krisen
treiben. „Mehr Europa!” ist nicht die Antwort auf Europas
Probleme. Wir brauchen mehr Demokratie, wir brauchen mehr
Verantwortung und wir brauchen den Mut, offen über Vorteile
und Nachteile auch für das eigene Land zu reden!
MDuH, wer die Interessen unseres Landes und die Interessen der
Bürger dieses Landes aus dem Auge verliert, der betreibt eine
Politik, der der Maßstab verloren gegangen ist. Der gebraucht
den Begriff „Europa“ nur noch als hohle Phrase. Der macht sich
Europa zum Götzen statt zu einem politischen Projekt.
Und der wird scheitern an den Widersprüchen zwischen einer
unkritischen proeuropäischen Rhetorik und den realen
Gegebenheiten. Denn anders als Schopenhauer glaubte, ist die
Welt nicht nur Wille und Vorstellung. Ich kann Ihnen dies sehr
schön demonstrieren, weil wir Gewährsmänner in den
Kampagnenteams aller Altparteien haben, die uns über den Stand
der dortigen Wahlkampfvorbereitungen informieren. Besonders
aufschlussreich ist dabei, welche Schwierigkeiten unsere
politische Konkurrenz damit hat, ihren zentralen
Wahlkampfslogan zu formulieren. Freundlicherweise sind uns die
derzeit diskutierten Plakatentwürfe zugespielt worden, die
eindrücklich die Widersprüche aufzeigen, die sich aus der
Überhöhung des Europäischen ergeben.
Ich beginne mit der SPD:
Das Wir entscheidet. Das Du bezahlt. War lange Zeit
umstritten, weil es da das Gefühl gab, dass es wahrer wäre,
„Europa entscheidet. Und Du bezahlst.“ zu schreiben. Aber man
wollte dem Bürger nicht das Gefühl geben, dass er für etwas
bezahlt, das er nicht mitentschieden hat. Deshalb hat man ihm
das Gefühl dieser Ohnmacht genommen und sehr geschickt an den
Bundestagsslogan angeknüpft. Man ist jetzt in der SPD sehr
zuversichtlich, dass der Bürger so sehr gut einsieht, dass er
nur das bezahlt, was er auch entschieden hat.
Linke:
Europäer aller Länder, vereinigt Euch! Die knüpfen also an
bewährte Slogans ihrer historischen Vorgänger an auch mit der
eindrucksvollen Symbolik der geballten Faust, die zugleich
auch die des Götz von Berlichingen sein könnte. Diese Schrift
darunter, mit den Schulden, die gehört natürlich nicht dazu.
Das hat in der Parteizentrale der Linken zu einiger Unruhe
geführt. Also, das fertige Plakat, das hing da an der Wand,
ja, und was dann passierte, erklärt man am besten mit Heine:
Da kam’s hervor wie Menschenhand;
Und schrieb, und schrieb an weißer Wand
Buchstaben von Feuer, und schrieb und schwand.
Ja, und als das Feuer verlosch, da war halt dieses Menetekel
da eingebrannt.
Grüne:
Das grüne Plakat ist wirklich gelungen. Inhaltlich klar, ein
prägnanter Satzbau und dann noch mit diesem Und Du ein
anspruchsvoller Schlussreim. Wirklich sehr gelungen. Nur mit
dem Fotomodell hatten die Grünen Schwierigkeiten. Alle haben
sich durch dieses „Und Du?“ so dermaßen angesprochen gefühlt,
dass sie außerstande waren, ihre wahre Stimmung
zu
überdecken. Aber sie haben sich sehr bemüht und ansonsten ist
das Plakat schon sehr schön.
FDP:
Ja, die FDP knüpft auch an den Bundestagswahlkampf an.
„Schluss mit Schulden. Nur mit uns“ hieß es da und das Plakat
war so dämlich und so unglaubwürdig, dass die FDP damit zwei
Drittel ihrer Wähler verloren hat. Das hat natürlich zu viel
Nachdenken in der FDP-Zentrale geführt. Ein Parteianalyst hat
mal linear extrapoliert, was passiert wenn der Wählerverlust
in demselben Tempo weitergeht. Das Ergebnis war, dass man dann
bei der Europawahl noch was Hochprozentiges hinzukaufen muss,
um auf Null Prozent zu kommen.
Naja, und da haben die FDP-Strategen sich kurzerhand auf die
alte Umfallertradition der FDP besonnen und messerscharf
geschlossen, dass die Bevölkerung offenbar gerade das
Gegenteil von „Schluss mit Schulden“ will. Viel Glück!
CDU:
Die CDU-Strategen haben sich nächtelang den Kopf zerbrochen,
womit man belegen könnte, dass die Regierung stark ist und die
CDU erfolgreich. Aber ihnen ist nichts eingefallen. Die
Europapolitik ein einziger Misserfolg. Frau Merkel hat jede
Position, die sie irgendwann mal eingenommen hat, in
Windeseile wieder geräumt. In der großen Koalition hat Herr
Gabriel den Koalitionsvertrag geschrieben. Da ist den CDU-
Leuten dann aufgefallen, dass der AfD-Slogan Mut zur Wahrheit
sehr gut angekommen ist. Naja, und daraus entstand dann dieses
Plakat. Viel besser gehts nicht.
MDuH, lassen Sie uns ernst bleiben. Das sind ja nur Entwürfe.
Die Meinungsbildung bei den anderen Parteien ist noch lange
nicht abgeschlossen. Vielleicht fällt ihnen ja noch was ein.
Das einzige, was die Altparteien wirklich schon festgelegt
haben, ist die Grundrichtung. Die große Botschaft, die sie der
Bevölkerung mitteilen wollen.
Bei den Linken ist das….
Bei der SPD
Bei den Grünen
Bei der SPD,
Bei der Union
Und hier will ich nun wirklich wieder ernst werden. Denn das,
was wir von den anderen Parteien zu erwarten haben, ist genau
das: Sie wollen Europa, in allen Farben, in allen Formen und
in allen Schattierungen. Europa ist zum Selbstzweck geworden.
Wenn etwas europäisch ist, ist es grundsätzlich erst einmal
gut. Zu sagen, dass Europa auch Fehlentwicklungen aufweist,
grenzt an ein Sakrileg. Ja, es fehlt der Maßstab für
Fehlentwicklungen, weil man nicht sagt, für wen man Europa
weiterentwickeln will, wem man dient, wenn man neue
Institutionen in Europa schafft, wer den Nutzen aus
europäischer Politik hat und wer die Kosten trägt. Man traut
sich nicht, Interessenskonflikte zu benennen – zumindest nicht
in der Öffentlichkeit. MDuH, man ist zutiefst unaufrichtig,
weil man das nicht tut.
Die Altparteien versuchen, die Konflikte und Probleme Europas
zu verdrängen und ein Gefühl der allgemeinen Wohligkeit zu
verbreiten – einfach nur, weil etwas europäisch ist. Sie sind
zu feige, die Karten auf den Tisch zu legen und über Kosten
und Nutzen, über Ziele und Zielkonflikte, über Interessen und
Interessensgegensätze zu reden. Sie beschränken sich darauf,
wolkig und nebulös zu europäisieren, und sie hoffen, dass die
deutschen Wähler ihnen tagträumerisch folgen, dass sie nicht
fragen nach dem Wohin? und dem Wozu? und dem Für wen? Denn die
Antwort auf diese Fragen erfordert Mut, meine Damen und
Herren, sie erfordert Entscheidungen und Standpunkte. Man muss
sagen, wohin man will und wohin man nicht will, man muss
sagen, wen man vertritt und in wessen Interesse man handelt.
Kurz, man muss klar machen, wofür wir stehen und was den
anderen fehlt:
Mut zu Deutschland!
MDuH, Mut zur Wahrheit war unser Motto im Bundestagswahlkampf,
Mut zu Deutschland soll es in der Europawahl sein!
Mut zu Deutschland, mDuH, ist Mut zu einem Deutschland, das
Teil der EU ist und es bleiben soll. Wir haben dies graphisch
in diesem Slogan ausgedrückt: Deutschland ist von der EU
geprägt und die Mitgliedschaft in der EU ist ein
unverzichtbarer Teil Deutschlands. Aber Deutschland lässt sich
nicht auf die EU reduzieren und die EU soll und darf nicht
alles in Deutschland prägen. Unser Sozialwesen soll nicht
vergemeinschaftet werden, noch soll dies mit unserer Kultur
geschehen oder unseren Bildungseinrichtungen oder unserer
Wirtschafts- und Arbeitsmarktpolitik.
Deutschland soll ein souveränes Land bleiben, in einem Bund
souveräner Staaten, der sich Europäische Union nennt, aber
nicht United States of Europe.
Wir haben in Europa viel erreicht und es wird, wenn wir es
richtig machen, auch weitere Fortschritte geben. Aber es hat
auch Fehlentwicklungen in der Europäischen Union gegeben,
Entwicklungen zum Nachteil unseres Landes und seiner Bürger.
Deshalb prüfet alles und das Gute behaltet! Lassen wir uns
nicht einlullen von den Berufseuropäern, die ihre
Kritikfähigkeit verloren haben, weil sie gar nicht mehr wissen
für wen und in wessen Auftrag sie tätig sind. Lassen Sie uns
offen aussprechen, dass wir uns unseres Mandates sehr bewusst
sind: Es ist das Mandat, das sich auch im Grundgesetz findet:
Wir wollen unsere Kraft dem Wohle des deutschen Volkes widmen,
seinen Nutzen mehren, Schaden von ihm wenden und Gerechtigkeit
gegen jedermann üben.
Liebe Freunde, ich gebe mich keinen Illusionen hin: Mit dieser
politischen Botschaft werden wir im Europawahlkampf den
heftigsten Anfeindungen ausgesetzt sein. Die Altparteien
werden tun, was sie können, um uns in Misskredit zu bringen –
und sie können viel, denn sie sind groß, reich und stark. Wir
können gegen die Professionalität der Altparteien, gegen die
Übermacht ihres Geldes und gegen ihren Einfluss auf die Medien
nur kontern mit unserer Überzeugung, mit unserem Engagement,
mit unserer Opferbereitschaft für die gemeinsame Sache. Wir
können nur gewinnen, indem wir zusammenhalten, indem wir ohne
zu zögern für unsere Sache einstehen, indem wir mit Herz und
Verstand kämpfen für das, was wir für richtig halten. Wenn wir
mutig, ehrlich und beherzt kämpfen, dann kann der kleine AfDDavid dem großen, starken Altparteien-Goliath doch zumindest
den einen oder anderen schmerzlichen Denkzettel verpassen.
Dann werden sich die Vorsitzenden der Altparteien am Tag nach
der Europawahl vielleicht an die Schlussverse von Matthias
Claudius Gedicht erinnern, der nach der Niederlage des Goliath
resümiert:
Trau nicht auf deinen Tressenhut,
Noch auf den Klunker dran!
Ein großes Maul es auch nicht tut:
Das lern vom langen Mann;
Und von dem kleinen lerne wohl:
Wie man mit Ehren fechten soll.

Documents pareils