Kurzanalyse - Forschungsgruppe Wahlen

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Kurzanalyse - Forschungsgruppe Wahlen
Bundestagswahl
22. September 2013
Überlegener Unionssieg
mit Namen Angela Merkel –
Parlamentarische Zäsur nach FDP-Absturz
Bei der Wahl zum 18. Deutschen Bundestag wird die
Union nach einem deutlichem Plus von 7,7 Prozentpunkten mit 41,5% klar stärkste Kraft, die SPD erholt
sich leicht von ihrem Allzeit-Tief aus 2009 und erreicht
25,7% (+2,7). Während damit zum ersten Mal seit
knapp einem halben Jahrhundert beide großen Parteien zulegen können, haben die drei kleineren Bundestagsparteien – vor vier Jahren ausnahmslos mit Rekordergebnissen – leichte bis dramatische Verluste.
Land, das die Deutschen trotz Euro-Krise klar besser
aufgestellt sehen als 2009. Mehr denn je hat der Erfolg
dabei einen Namen: Mit herausragender Leistungsbilanz und lagerübergreifender Wertschätzung schafft
Angela Merkel das beste Kanzlerimage nach 1990 und
ist bei erneut gestiegener Kandidatenbedeutung zentraler Erfolgsfaktor: 68% sehen in Merkel, und nur 21%
in der Politik der Union den Hauptgrund für das sehr
gute CDU/CSU-Abschneiden.
Wahlergebnis Bundestagswahl 2013
Gewünschte/r Bundeskanzler/in
Anteile der Zweitstimmen in Prozent
Ergebnis in %
Merkel
Gewinne und Verluste
alle
41,5
31
97
CDU/CSU
2,7
8,6
4,8
8,4
-3,3
4,7 4,7
6,3
SPD
0,3
18
-2,3
FDP
LINKE
GRÜNE
AfD
78
90
LINKE
GRÜNE
SPD
4
FDP
-9,8
CDU/CSU
Steinbrück
9
Anhänger
25,7
7,7
weiß nicht
60
Sonstige
43
14
39
AfD
10
43
9
52
60
9
31
Forschungsgruppe Wahlen: Umfrage vor der Wahl 09/13
Die Linke kommt auf 8,6% (-3,3) und wird erstmals
drittstärkste Kraft vor den Grünen mit 8,4% (-2,3). Die
FDP bricht fast zweistellig ein und bleibt, als Partei mit
den meisten Regierungsjahren und von Beginn an im
Bundestag, mit 4,8% (-9,8) jetzt ganz ohne Mandate.
Die Alternative für Deutschland (AfD) schafft aus dem
Stand 4,7%, alle sonstigen Parteien erreichen 6,3%
(+0,3), darunter die Piraten mit 2,2%. Die Wahlbeteiligung, 2009 auf ein Rekordtief eingebrochen, steigt nur
geringfügig um knapp einen Prozentpunkt auf 71,5%.
Kommend von einem konstant hohen Leistungsniveau
– 80% attestieren der Kanzlerin gute und nur 17%
schlechte Arbeit – erzielt Merkel einen Ansehenswert
von 2,1 auf der +5/-5-Skala, der mit auf NichtPolarisierung beruht: Unter Unionswählern bei überragenden 3,9, sind die Noten auch in sämtlichen anderen Anhängerschaften positiv. Peer Steinbrück kommt
nur auf insgesamt 0,7 und fällt zudem im Profilvergleich ab: Selbst wenn zahlreiche Bürger vielfach keinen Unterschied sehen, ist der SPD-Spitzenkandidat
im direkten Duell mit der Kanzlerin chancenlos, die
neben Euro-Krise und Jobs vor allem bei Sympathie
und Durchsetzungskraft sehr weit vorne liegt.
Bewertung der Spitzenkandidaten
(Mittelwerte auf einer Skala von +5 bis -5)
alle Befragten
eigene Parteianhänger
Merkel und Steinbrück:
Wer ist ... / Wer kann ... / Wer hat ...
3,9
3,4
2,0
1,4
0,7
Steinbrück
(SPD)
Brüderle
(FDP)
besser die Eurokrise
bekämpfen
Gysi
(LINKE)
für soz. Gerechtigkeit sorgen
Trittin
(GRÜNE)
Der 15. Wahlsieg der CDU/CSU bei einer Bundestagswahl basiert auf hohem Parteiansehen, guter Arbeit sowie viel ökonomischer Kompetenz in einem
besser Arbeitsplätze schaffen
zukünftige Probleme lösen
Forschungsgruppe Wahlen: Umfrage vor der Wahl 09/13
1
13
40
26
mehr Sachverstand
36
41
38
12
34
54
40
18
45
42
durchsetzungsfähiger
Forschungsgruppe Wahlen: Umfrage vor der Wahl 09/13
Steinbrück
28
40
glaubwürdiger
-0,1
kein Unterschied
52
sympathischer
0,1
-0,5
Merkel
(CDU/CSU)
Merkel
2,6
2,1
25
40
42
38
17
13
11
16
Resultat von Leistungs-, Image- und Profilbewertung
sind klare Verhältnisse in der K-Frage: 60% der
Deutschen wollen Merkel und nur 31% Steinbrück als
Kanzler/in – kein Rekordvorsprung, bei einem steigendem Kandidatenfaktor jedoch hochrelevant: Nach
19% 2005 und 28% 2009 war jetzt für 34% aller Befragten und 45% der CDU/CSU-Wähler wichtiger, wer
Kanzler wird, und nicht, welche Parteien nach der
Wahl zusammen regieren (56%). Hierbei ist eine
große Koalition – die 52% der Wahlberechtigten gut
und 27% schlecht fänden (egal: 18%) – die einzig
akzeptierte Variante, wogegen Schwarz-Grün nur
26% aller Deutschen positiv bewerten und Rot-RotGrün lediglich 19%.
Parteikompetenzen
CDU/CSU
CDU/CSU-SPD
27
egal
gut
18
LINKE
GRÜNE
22
Energie
6
10
27
4 4
47
Wirtschaft
7
15
6
16
8
19
4 8
18
17
39
Zukunft
18
9
35
32
Steuern
22
18
10
29
w.n.
19
6 6
5
35
30
Familie
keine
13
25
26
Soz. Gerechtigkeit
Sonst.
20
29
Rente
FDP
22
38
Euro-Krise
17
20
13
15
16
Forschungsgruppe Wahlen: Umfrage vor der Wahl 09/13
Bei den Parteikompetenzen fast unsichtbar bleibt die
FDP, deren Absturz sich aber primär mit historischen
Imageeinbußen und einer nie dagewesenen Zweiklassengesellschaft im Kabinett erklärt: Während die
Regierungsarbeit der Union mit 1,3 klar positiv bewertet wird, stehen die Liberalen bei minus 0,7 heftig in
der Kritik.
Bewertung von Koalitionsmodellen
schlecht
SPD
40
Arbeitsplätze
weiß nicht
52
Bewertung von Regierung und Opposition
CDU/CSU-GRÜNE
44
26
(Mittelwerte auf einer Skala von +5 bis -5)
26
Regierung
SPD-LINKE-GRÜNE
66
12
19
1,1
Forschungsgruppe Wahlen: Umfrage vor der Wahl 09/13
Die SPD kann ihr personelles Defizit bei den Sachkompetenzen nur partiell kompensieren. Mit viel Zuspruch für allgemeinen Mindestlohn und erhöhte Spitzensteuer zwar bei Sozialer Gerechtigkeit führend, und
familienpolitisch auf Augenhöhe mit der Union, fällt die
SPD bei den ökonomischen Dimensionen weit hinter
den Wahlsieger zurück: In einem privat- wie gesamtwirtschaftlich verbesserten Umfeld, in dem 68% (2009:
49%) in Deutschland viel Zukunftspotential sehen
(schlechte Zukunftsvorbereitung: 27%; 2009: 44%)
und sogar 81% eine bessere Wirtschaftslage als bei
unseren westeuropäischen Nachbarn (schlechter: 3%;
kein Unterschied: 14%), gilt die CDU/CSU bei Wirtschaft, Jobs und Euro-Krisenpolitik als klar kompetenteste Partei.
1,3
0,8
0,1
-0,7
Regierung
insgesamt
CDU/
CSU
-0,8
FDP
SPD
GRÜNE
Beim Parteiansehen fällt die FDP auf miserable minus
0,9, wogegen sich die Union auf 1,7 erheblich verbessert. Tendenziell ähnlich, aber weit weniger diskrepant,
der Trend im rot-grünen Lager, wo sich die SPD auf
1,2 steigert, die Grünen mit 0,3 hingegen Reputation
verlieren.
Bewertung der Parteien
(Mittelwerte auf einer Skala von +5 bis -5)
2013
1,7
1,2
1,2 1,0
0,6
0,3
2009
0,6
2009
-0,9
68
49
44
CDU/CSU
27
gut
vorbereitet
LINKE
Forschungsgruppe Wahlen: Umfrage vor der Wahl 09/13
Auf die Herausforderungen der Zukunft
ist Deutschland eher ...
2013
Opposition
schlecht
vorbereitet
SPD
FDP
-1,4 -1,5
LINKE
-1,4
GRÜNE
AfD
Forschungsgruppe Wahlen: Umfragen vor der Wahl 09/13 u. 09/09
gut
vorbereitet
Die Linke stagniert beim Parteiansehen bei minus 1,4
und wird damit genauso negativ gesehen wie die AfD
mit ebenfalls minus 1,4. Deren Unterstützung basiert
für 67% aller Befragten auf Unzufriedenheit mit den
schlecht
vorbereitet
Forschungsgruppe Wahlen: Umfragen vor der Wahl 09/13 u. 09/09
2
etablierten Parteien und für insgesamt 14% auf Politikinhalten, auch wenn das Euro-Thema den AfDWählern besonders wichtig war und diese selbst den
relativen Erfolg der AfD konträr zu allen Befragten
überwiegend programmatisch erklären.
dem Schnitt, zudem bleiben die Grünen wie gewohnt
bei Hochschulabsolventen mit 15% und die Linke bei
Arbeitslosen mit 21% stark. Bei Wählern ohne Job
kann mit 7% auch die AfD punkten, die außerdem von
Männern mit 6% mehr Unterstützung erfährt als von
Frauen mit 4%.
Wahlentscheidung in den Altersgruppen
Wahlentscheidung in den Bildungsgruppen
CDU/CSU
Wahlergebnis
SPD
FDP
LINKE
41,5
18-29 Jahre
GRÜNE
25,7
34
24
41
22
45-59 Jahre
39
27
ab 60 Jahre
4,8 8,6
5
30-44 Jahre
49
AfD
8
6
8
5
9
5
10
5
Wahlergebnis
14
10
29
CDU/CSU
8,4 4,7 6,3
10
5
Sonstige
8 5 4
Zentrale Stütze des Unionsieges ist wie gewohnt die
Generation 60-Plus: In dieser großen und beteiligungsstarken Wählergruppe schafft die Union 49%,
im Detail 44% bei den ab 60-jährigen Männern und
sogar 53% bei den ab 60-jährigen Frauen, wobei
auch insgesamt das Gender Gap bei der Union mit
39% männlichen und 44% weiblichen Wählern wie
schon 2009 vergleichsweise deutlich ausfällt. Bei
allen unter 30-Jährigen kommt die Union auf 34%,
die SPD kann sich hier um starke sieben Punkte auf
24% verbessern, wogegen die Grünen hier vier Punkte auf 10% verlieren und die Liberalen massiv auf 5%
(-12) einbrechen.
FDP
LINKE
GRÜNE
AfD
41,5
25,7
4,8 8,6
8,4 4,7 6,3
männlich
39
27
5
7
weiblich
44
24
9
4 8
6
25,7
39
Hochschulabschluss
37
4,8 8,6
30
43
Hochschulreife
AfD
25
4 10
24
5
23
8
7
Sonstige
8,4 4,7 6,3
7 4
6
6 6
8
12
9
5
15
7
5 4
Wahlentscheidung nach Erwerbsstatus
CDU/CSU
SPD
FDP
LINKE
GRÜNE
AfD
Wahlergebnis
41,5
25,7
4,8 8,6
Berufstätige
40
25
5
Rentner
Arbeitslose
48
22
8
29
25
21
8,4 4,7 6,3
10
5
10
Sonstige
9
7
5
7
5 4
15
Forschungsgruppe Wahlen: Befragung am Wahltag in Deutschland, 22.09.2013
Die Bundestagswahl endet mit einer überlegenen
Union, die nach einer einmaligen Kräfteverschiebung
im bürgerlichen Lager und einer historischen Zäsur in
einem Bundestag ohne FDP allerdings einen neuen
Partner braucht. Nach dem beispiellosen Absturz der
Liberalen sowie einer – sehr ungleich gelagerten –
Stärkung beider großer Parteien ist das Ergebnis
auch ein Votum pro große Koalition: Als von den
Deutschen einzig klar akzeptierte Bündniskonstellation scheint diese die politisch tragfähigste Variante in
einem fragmentierten Parteiensystem, in dem – parlamentarisch zwar reduziert – mit der AfD seit Jahrzehnten erstmals wieder eine ganz neue Partei im
Bund viel Zuspruch erhält, die neben diffusem Protest
durchaus auch latent-populistisches Potenzial binden
kann (Mannheim, 23.09.2013).
Sonstige
Wahlergebnis
GRÜNE
Forschungsgruppe Wahlen: Befragung am Wahltag in Deutschland, 22.09.2013
Wahlentscheidung nach Geschlecht
SPD
LINKE
46
Mittlere Reife
5 5
FDP
41,5
Hauptschulabschluss
9
Forschungsgruppe Wahlen: Befragung am Wahltag in Deutschland, 22.09.2013
CDU/CSU
SPD
7
10 4 6
Forschungsgruppe Wahlen: Befragung am Wahltag in Deutschland, 22.09.2013
In kleinen Orten und Gemeinden mehr als doppelt so
stark wie die SPD, hat die Union in Großstädten mit
32% weiterhin große Defizite. SPD, Linke und Grüne
liegen in Großstädten mit 30%, 11% bzw. 12% über
Herausgeber: Forschungsgruppe Wahlen e.V.
68011 Mannheim, Postfach 10 11 21, Tel.: 0621/1233-0, FAX: 0621/1233-199
Internet: www.forschungsgruppe.de
E-Mail: [email protected]
Die Zahlen basieren auf einer telefonischen Umfrage der Forschungsgruppe Wahlen unter 1.572 zufällig ausgewählten Wahlberechtigten in Deutschland in der Woche vor der Wahl sowie auf einer Befragung unter 46.595 Wählern am Wahltag. Weitere Grafiken und Berichte zur Bundestagswahl im Web unter: www.heute.de. Nächstes bundesweites Politbarometer am 27.09.2013. Rundungsbedingte Summenabweichungen sind möglich. Dieser Newsletter kann unter: [email protected] für eine jährliche Schutzgebühr in Höhe von € 15,- bestellt werden.
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