Anke Feller

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Anke Feller
Anke Feller:
Wir wollen jetzt ein bisschen hineingehen in die Praxisbezüge. Es geht los mit einem Projekt
mit „schwer mobil“. Und dann möchte ich Ihnen zunächst einmal drei Protagonistinnen
vorstellen, die ich jetzt bitte nach vorne zu mir auf die Bühne zu kommen.
Das wäre als allererstes die Landeskoordinatorin von „schwer mobil“, Raphaela Tewes, vom
Landessportbund Nordrhein-Westfalen.
Dann die Regionalkoordinatorin Annette Hülemeyer vom Kreissportbund aus Borken.
Und wir wollen natürlich auch noch die Projektleiterin an sich noch mit dazunehmen, die
Übungsleiterin, die ganz intensiv mit ihrer „schwer mobil“ Gruppe zusammenarbeitet. Das ist
Annette Niehaves von der SG Borken.
Bevor wir jetzt loslegen und ein kleines bisschen über „schwer mobil“ sprechen, wollen wir
uns zunächst mal einen Film über das Projekt schwer mobil ansehen. Was ist „schwer
mobil“?
[[Film]]
Anke Feller:
Durch den Film haben wir einen ersten Eindruck von „schwer mobil“ bekommen. Für mich
selber ist es ein ganz, ganz wichtiges Projekt. Ich habe witzigerweise vor vier Jahren das
allererste Mal mit „schwer mobil“ etwas zu tun gehabt. Herr Stürmann nickt gerade. Sie
erinnern sich wahrscheinlich noch an die Bilder. Ich war damals, im November 2006,
hochschwanger, im achten Monat, bekam diese relativ spontane Anfrage: „Frau Feller,
können Sie sich vorstellen, da irgendwie mit ins Boot zu kommen und da so eine Aktion
„schwer mobil“, damals in Leverkusen, zu moderieren?“ Und da habe ich gesagt: Ja, das
passt ja wie die Faust aufs Auge „schwer mobil“. Die Kinder haben mich wunderbar
aufgenommen. Das war ganz toll. Wir waren also alle ein wenig kräftiger und
übergewichtiger. Und ich habe mich in dieser Rolle ganz besonders wohl gefühlt. Das war
ganz toll. Frau Tewes, als Landeskoordinatorin von „schwer mobil“, bringen Sie es noch mal
ganz kurz auf den Punkt, worum geht es ganz genau bei „schwer mobil“?
Raphaela Tewes:
Sie haben ja erste Eindrücke durch den Film gewonnen. Das Besondere bei „schwer mobil“
ist es, dass wir vernetzen und verknüpfen. Und das auf verschiedenen Ebenen. Also wenn
Sie jetzt die Inhaltsbereiche gesehen haben, steht Bewegung im Sportverein, Bewegung im
Alltag im Vordergrund. Sie stärken das Kind und das Selbstvertrauen immer wieder. Der
Ansatz ist, das Selbstbild des Kindes, das haben wir heute Morgen gehört, die 10 cm
zwischen unseren beiden Ohren, und die Elternarbeit im inhaltlichen Fokus. Kind und Eltern
sind Teil der Konzeption. Also ist nicht nur dahergesagt, sondern das wird gelebt, wie auch
im Filmbeitrag gesehen worden ist. Das ist die eine Vernetzung, die wir da vorangebracht
haben. Die andere ist eben, dass wir die Strukturen des Sports, und die haben wir gerade
auch im Filmbeitrag des ÜdiS-Films, (Überwinde deinen Inneren Schweinehund) gesehen
haben. Auch da vernetzen wir uns. Ganz oben ist ja die landesweite Koordination. Da stehen
starke Partner im Hintergrund. Sportministerium NRW, BKK Landesverband, Metro Group,
die sich da einbringen, um die Maßnahmen eigentlich erst mal realisieren zu können.
Deshalb stehen wir Drei hier auch an dieser Stelle. Und das geht nur, wenn wir miteinander
reden und miteinander strukturiert vernetzt arbeiten. Ich bin dafür zuständig, dass die
Landesebene immer im Blick ist, dass Herr Tölzer als Sportpate zur Verfügung steht, dass
wir Öffentlichkeitsarbeit unterstützen, dass wir vernetzen und neue Dinge anstoßen. Und das
geht nur, wenn ich eine qualifizierte Kollegin an meiner Seite habe, die es auf der regionalen
Struktur, der Kreis- und Stadtsportbundebene weiter voranbringt und an die Vereine
weitergibt.
Anke Feller:
Und die kompetenten Partnerinnen haben Sie glücklicherweise an der Seite, kompetente
Partnerinnen und Partner. Wir gehen mal zur nächsten Instanz, zur regionalen
Koordinierungsstelle. Annette Hülemeyer, was machen Sie als Koordinatoren ganz genau?
Wie unterstützen Sie die Sportvereine, die sich mit Projekten wie „schwer mobil“ gerne
auseinandersetzen möchten?
Annette Hülemeyer:
Der Kreissportbund Borken ist seit 2008 Koordinierungsstelle hier vor Ort und unsere
Aufgabe ist es, die Vereine, die unser Mitgliedsorganisationen sind, zu informieren, zu
beraten, zu motivieren, in „schwer mobil“ einzusteigen und dieses Projekt im Verein
umzusetzen. Sie bei der Umsetzung vor Ort natürlich zu unterstützen, da wo sie die
Unterstützung brauchen wo sie diese einfordern. In der lokalen Öffentlichkeit, gerade hier vor
Ort für das Projekt zu werben und dieses bekannt zu machen. Netzwerke vor Ort
aufzubauen, wie z.B. was auch im Film deutlich wurde, den Kontakt zur
Ernährungsberatung, zu Psycholog/innen, zu Kinderärzt/innen herzustellen.
Damit die Kinder, die zu dieser Zielgruppe gehören, auch in die Vereine verwiesen werden
können. Hier liegt unser Schwerpunkt wirklich in der Information, in der Beratung, in der
Bekanntmachung des Projektes hier vor Ort.
Anke Feller:
Das heißt, Sie arbeiten weniger direkt mit den Projektleiterinnen vor Ort zusammen, sondern
es ist quasi mehr die Rahmengebung drum herum?
Annette Hülemeyer:
Wir suchen natürlich schon den Kontakt direkt zu den Vereinen, sind sehr eng an den
Vereinen dran und dass das Projekt ans Laufen kommt. Die Umsetzung geht über ein Jahr
und in der Projektzeit halten wir natürlich den Kontakt zu den Vereinen. Wie läuft es? Wo
liegen die Schwierigkeiten? Wo müssen wir unterstützen? Wo vielleicht noch mal etwas
verbessern? Das wollen und müssen wir mitbekommen, damit wir unsere Arbeit auch weiter
verbessern können.
Aber das wirklich Inhaltliche und die im Umsetzung vor Ort im einzelnen Verein, das liegt
wirklich in der Projektleitung oder im Verein selber. Er ist die Organisation vor Ort, die weiss,
wie es dann tatsächlich vor Ort umgesetzt werden kann.
Anke Feller:
Dann kommen wir mal zur Projektleitung, die wir glücklicherweise auch hier mit dabei haben.
Annette Niehaves von der SG Borken. Wie sieht „schwer mobil“ bei der SG Borken ganz
genau aus? Wie läuft bei Ihnen das Projekt? Was bieten Sie an für die Kinder?
Annette Niehaves:
Also wir bieten „schwer mobil“ für übergewichtige Mädchen und Jungen im Alter von 8 bis 12
Jahren an. Wir sind seit 2005 in diesem Projekt mit dabei. Seit 2007 leite ich diese Gruppe.
Und wir versuchen, die Kinder eben dort aufzufangen wo sie herkommen. Wir versuchen,
den Kindern in der Gruppe, in kleinen Gruppen einen geschützten Rahmen zu bieten, die
Vielfältigkeit von Bewegungs- und Sportmöglichkeiten anzubieten. Und natürlich auch als
Sportverein immer mit dem Gedanken, wo können wir die Kinder hinführen, wir können wir
sie auffangen, was können sie nachher, nach dieser Projektteilnahme eben auch in der
Bewegung weitermachen?
Anke Feller:
Wie spricht sich herum, was Sie anbieten? Sprich, wie kommen Sie selber an die Kinder?
Annette Niehaves:
Wir geben natürlich zu jedem neuen Kursbeginn Flyer an die Kinderärzte weiter. Über die
örtliche Presse geht natürlich sehr, sehr viel. Wir versuchen auch, die Grundschulen zu
informieren über den Projektstart. Wir haben auch schon Lehrerinnen gehabt, engagierte
Grundschullehrerinnen, die uns angesprochen haben, haben gesagt: „Mensch, ich habe hier
zwei, drei Kinder in der Klasse, die brauchen dringend Bewegungsangebote kombiniert mit
Wissen über eine gesunde Ernährung.“ So dass natürlich dann auch über diese
Konferenzen, was die Lehrer halt verbindet, diese Informationen weiter gegeben werden.
Anke Feller:
Das Besondere in ihrer Person ist, dass Sie selber sowohl Ernährungsberaterin und
Übungsleiterin in einem und in sich selbst, direkt in Ihrer Person quasi vernetzt sind. Das
heißt, Sie können beides auch als eine Person verknüpfen, direkt in so einem Projekt?
Annette Niehaves:
Ja, die zwei Säulen in „schwer mobil“ sind ja ganz klar einmal die Bewegungs- und die
Ernährungserziehung. Das ist nicht immer ganz einfach zu koordinieren, vom zeitlichen
Rahmen her und natürlich von den räumlichen Gegebenheiten. Das lässt sich dadurch
natürlich super verwirklichen, dadurch, dass wir dann auch keine großartigen
Terminabsprachen einhalten müssen und auch kontinuierlich verschiedene Schwerpunkte,
die die Kinder nun mal haben, befriedigen können. Zum Beispiel gibt es in einer Gruppe mit
überwiegend Kindern zwischen 11 und 12 Jahren schon andere Fragen. Auch in der Art und
Weise sich darzustellen, was trinke ich, was esse ich? Dieses Bewusstsein ist natürlich ein
anderes, als wenn ich mit siebenjährigen Kindern arbeite. Hier kann ich auf die individuellen
Fragen doch auch schon während dieser Ernährungspyramidenzeit, was die Kinder lernen,
sehr genau eingehen.
Anke Feller:
Auf die Kinder einzugehen, ist das Eine. Aber wesentlich auch das andere, zustätzlich die
Eltern mit ins Boot zu nehmen. Wie schwierig ist das?
Annette Niehaves:
Das ist wirklich individuell sehr unterschiedlich. Es gibt Familien, die sind ganz engagiert und
die Kinder werden zu Hause super begleitet und betreut. Es gibt Familien mit
Migrationshintergrund, die eine andere Ernährungs- und Erziehungskultur erfahren haben,
Familien mit unterschiedlichen sozialen Kompetenzen, die Berufstätigkeit der Eltern. Viele
Kinder kennen es gar nicht mehr, dass Mittagessen frisch gekocht wird. Dass man das
selber macht. Es dauert immer ein bisschen, sich hineinzutasten, auch nach Rückfrage oder
nach Rückgesprächen mit den Eltern zu schauen, was ist sinnvoll, was kann ich in diesem
Projekt integrieren und wie setze ich es nachher wirklich in die Tat um?
Anke Feller:
Auf was für einen Zeitraum ist ein solches Projekt angelegt?
Annette Niehaves:
Also diese Präventionsangebote sind auf 12 bis 15 Wochen angesetzt. Über ein Jahr!
Anke Feller:
Über ein Jahr hinweg?
Annette Niehaves:
Genau. Also im Grunde nach den Sommerferien bis zu den Sommerferien. Und dann kann
das Kind eben weiter in der Projektgruppe bleiben oder geht in eine andere Sportgruppe des
Vereins und bleibt aktiv.
Anke Feller:
Das ist dann einfach individuell immer unterschiedlich. Je nachdem wie sich das Kind dann
auch entwickelt hat. Wunderbar. Ganz, ganz herzlichen Dank für diesen wunderbaren
Einblick in das Projekt „schwer mobil“. Ein Projekt, was sehr erfolgreich auch gerade hier bei
der SG Borken läuft.
Ganz, ganz herzlichen Dank an dieser Stelle, Frau Tewes, Frau Hülemeyer und Frau
Niehaves. Danke schön.