Kinder mit und ohne Behinderung in Kindertageseinrichtungen
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Kinder mit und ohne Behinderung in Kindertageseinrichtungen
KVJSJugendhilfe – Service Kinder mit und ohne Behinderung in Kindertageseinrichtungen Arbeitshilfe Inhaltsverzeichnis 2 Vorbemerkung 3 Orientierungsplan für Bildung und Erziehung in Tageseinrichtungen für Kinder in Baden-Württemberg 4 Psychoanalytische Ansätze 4 Entwicklungspsychologische Aspekte 7 Gestaltpsychologie/Wahrnehmung/Ganzheitspsychologie 11 Verhaltenspsychologischer Aspekt 14 Beeinträchtigte Kinder im Kindergarten 14 Beobachtungs- und Handlungsraster 20 Quellen 24 Arbeitshilfe Vorbemerkung Für eine gemeinsame Erziehung und Förderung behinderter und nichtbehinderter Kinder in Kindertagesstätten sind entsprechende Bedingungen von Bedeutung, insbesondere bedarfsgerechte Gruppenstärken, personelle Besetzung und Räume sowie eine Unterstützung durch Fachstellen und Fachkräften vor der Aufnahme und während der Betreuung behinderter Kinder in der Kindertagesstätten. Integrative Gruppen mit einem erhöhten Personal- und Sachaufwand sind nach dem Kindergartengesetz bei der örtlichen Bedarfs- und Finanzplanung zu berücksichtigen. Leistungen der Eingliederungshilfe für einen individuellen Förderbedarf können betreffend körperlich und geistig behinderter Kinder nach den §§ 53 und 54 SGB XII und der ergänzenden Sozial- hilferichtlinien der Stadt- und Landkreise, betreffend seelisch behinderter Kinder nach § 35 a SGB VIII erbracht werden. Erforderliche Therapien erhalten behinderte Kinder in der Regel unabhängig davon und außerhalb des Kindergartens. Im Kindergarten sollen sie pädagogische und gegebenenfalls ergänzende heilpädagogische Förderung erhalten, indem sie in der Interaktion mit nichtbehinderten Kindern und in der Teilnahme am Gruppengeschehen unterstützt werden. Daher ist neben den bedarfsgerechten Rahmenbedingungen auch eine pädagogische Konzeption von Bedeutung, die Interventionen auf für alle Kinder geltenden Grundbedürfnisse und Entwicklungsprinzipien beinhaltet. 3 Arbeitshilfe Orientierungsplan für Bildung und Erziehung in Tageseinrichtungen für Kinder in BadenWürttemberg 4 Die Inhalte des Orientierungsplanes bauen darauf auf, dass die Entwicklung des Kindes ein individueller Prozess ist und jedes Kind einen Anspruch darauf hat, in seiner Individualität und Einzigartigkeit wahrgenommen und verstanden zu werden. Als grundlegende Zielbestimmung ist die Befähigung der Kinder zur Eigenverantwortlichkeit und Gemeinschaftsfähigkeit in den Orientierungsplan eingegangen. Eigenverantwortung heißt Autonomie, Selbstwirksamkeit und Selbstbestimmung. Gemeinschaftsfähigkeit beinhaltet die Fähigkeit zur Anerkennung von Andersartigkeit. Jedes Kind ist Akteur und Subjekt, das sich aktiv die Umwelt erschließt und die Erziehenden sind Beobachter und Arrangeure der räumlichen Umgebung sowie Interaktionspartner der Kinder. Der Orientierungsplan geht davon aus, dass die gemeinsame Erziehung sowohl Kindern mit als auch ohne Behinderung wichtige Erfahrungen für ihre Entwicklung bietet. Gemeinsame Spielprozesse fördern die Entwicklung der Kinder entscheidend und geben ihnen vielfältige Lernimpulse. Nicht die Schwächen und Defizite der Kinder stehen im Vordergrund, sondern die Erkennung und Förderung ihrer Stärken und Fähigkeiten. Alle Kinder sollen in Kooperation miteinander auf ihrem jeweiligen Entwicklungsniveau an und mit einem gemeinsamen Gegenstand (Thema, Projekt, Vorhaben) spielen, lernen und arbeiten. Gelingt die Teilhabe am Gruppengeschehen, werden wesentliche individuelle Förderziele erreicht, wie Anpassung und Ausdauer, Verbesserung der Wahrnehmung und Motorik, Fähigkeiten zur Durchsetzung und Gruppenfähigkeit. Der Kern des Orientierungsplanes besteht aus der Anregung von pädagogischen Handlungsimpulsen, die aus einer Matrix zwischen der Berücksichtigung von Entwicklungsbereichen der Kinder einerseits und ihren Grundbedürfnissen und Motivationen andererseits erwachsen. Die Ausführungen und Empfehlungen in dieser Broschüre sind ebenfalls von diesem Prinzip bestimmt. Ausgehend von verschiedenen psychologischen Grundrichtungen werden allgemein gültige Reaktionsmuster, Entwicklungsprozesse und Grundbedürfnisse aufgegriffen und darauf abgestimmte Handlungs- beziehungsweise Angebotsmöglichkeiten aufgezeigt. Dadurch können alle Kinder, auch solche mit Beeinträchtigungen erreicht und gefördert werden. Psychoanalytische Ansätze Der Begriff Psychoanalyse ist oft verbunden mit Gedanken an die Deutung von unbewussten Vorgängen und an die Aufarbeitung von verdrängten Konflikten. Dies muss entsprechenden Fachleuten vorbehalten bleiben und kann in der Regel in herkömmlichen Kindertagesstätten auch nicht durchgeführt werden. Mehr genützt werden könnten indessen die Möglichkeiten einer psychoanalytisch orientierten Pädagogik. So kann daran gedacht werden, aus der Lehre der Psychoanalyse Grundbedürfnisse und Grundprozesse, die für alle Kinder und Erwachsenen gelten, abzuleiten und methodisch aufzugreifen. Dadurch ergibt sich zugleich ein Ansatz der Förderung auch von behinderten Kindern. Arbeitshilfe Die Grundbedürfnisse Die wesentlichen Grundbedürfnisse können aus dem Aggressions- und dem Sexualtrieb abgeleitet werden, die beide spezifisch in den Phasen der oralen, analen und ödipalen Entwicklung auftreten. Diese Partialtriebe beziehungsweise Grundbedürfnisse müssen integriert werden, damit keine Überbedürfnisse und Verhaltensstörungen auftreten. Bei beeinträchtigten beziehungsweise behinderten Kindern ist die Integration dieser Grundbedürfnisse erschwert, so dass dies methodisch gezielt aufgegriffen werden soll. Je besser die Grundbedürfnisse integriert sind, desto eher kann ein Kind mit einer Behinderung – die an sich gegebenenfalls irreversibel ist – leben. Der orale Partialtrieb ist bezeichnend für das Bedürfnis nach Zuwendung, Einverleibung und Geborgenheit. Bei der pädagogischen Konzeption in der Kindertagesstätte ist daher darauf zu achten, dass Vertrauen, Sicherheit und Wärme vermittelt wird. Dazu sollen zum Beispiel räumliche Schutzbereiche vorhanden sein, Körperwärme vermittelt, Kartons und Decken eingesetzt werden, ebenso Sing- und Kreisspiele, die die Kinder in die Gruppe direkt einbetten. Die Kinder müssen aber auch lernen, alleine zurechtzukommen. Die Gefahr einer Anklammerung muss vermieden werden. Gerade bei behinderten Kindern ist ebenso wie die Gefahr der Ablehnung auch die der ängstlichen und verwöhnenden Erziehung gegeben. In der Kindertagesstätte können zum Beispiel gezielte Rollenspiele eingesetzt werden – siehe Hänsel und Gretel – die das Gefühl der Gemeinsamkeit vermitteln, aber auch helfen mit dem Gefühl des Alleineseins umzugehen. Der anale Partialtrieb ist – auf die Lebenspraxis umgesetzt – bezeichnend für das Bedürfnis nach Aktivität, Aggression und Daseinsbewältigung, im engeren Sinne auch nach Schmieren und Matschen. Die pädagogische Konzeption sollte daher die Vermittlung von Erfolgs- und von Ich-Erlebnissen beinhalten. Aber auch hier gilt andererseits das Erlernen von Triebverzicht, das heißt, von Frustrationstoleranz und Nicht-Ich-Erfahrungen. Erfahrungen, dass bestimmte Gegebenheiten nicht verändert werden können. Wichtig ist, den Kindern Material zur Verfügung zu stellen, das es ihnen möglich macht, sich darzustellen, das sie aggressiv und doch konstruktiv bearbeiten können. Das Endprodukt muss dabei für Erwachsene nicht unbedingt erkennbar sein. Die Bearbeitung einer Knetmasse ist zum Beispiel ein aggressiver Akt, der durch die Formung etwa zu einer Kugel oder zu einem Tier kanalisiert und in eine konstruktive Handlung umgewandelt wird. Durch das Bereitstellen von unfertigem und erlebbarem Spiel-, Bastel- und Malmaterial werden vor allem auch körperlich und geistig behinderte Kinder angesprochen und zur lustvollen Aktivität aufgefordert. Der ödipale Partialtrieb soll hier nicht im engeren sexualanalytischen Sinne interessieren. Für den Alltag lässt sich das Grundbedürfnis nach zwischenmenschlichen Kontakten, nach Aufmerksamkeit, nach Rivalitäten, nach menschlicher Nähe und Distanz ableiten. Egozentrische und narzisstische Bedürfnisse gehören ebenfalls zu dieser theoretischen Kategorie. Auch hier fällt auf, dass die auf die Grundbedürfnisse abgestimmten pädagogischen Methoden nicht nur reinigend und direkt ansprechbar für gesunde Kinder sein, sondern zugleich das Niveau behinderter Kinder erreichen können. 5 Arbeitshilfe So befriedigen zum Beispiel Tanz- und Rhythmusspiele narzisstische Bedürfnisse und sind ebenso für Kinder mit motorischen Beeinträchtigungen geeignet. Über Rollenspiele können die Kinder eine begehrte Prinzessin oder ein mächtiger König sein. Den Kindern, vor allem den behinderten, können partiell auch gezielte Führungs- und Anweisungspositionen gegeben werden. Die Ich-Bildung 6 Nach der psychoanalytischen Theorie ist für die Fähigkeit, innerhalb der Realität Bedürfnisse einerseits aufzuschieben, andererseits im Rahmen von akzeptierten Handlungen befriedigen zu können, eine entsprechend Ich-Stärke erforderlich. Zur Ich-Stärke gehören bestimmte Funktionen der motorischen Kontrolle, Wahrnehmung, Erinnerung, der Gefühle und des Denkens. Für die Entwicklung dieser IchFunktionen sind das physische Wachstum und entsprechende vielfältig Erfahrungen von Bedeutung. Das physische Wachstum steht im Zusammenhang mit einer altersbedingten körperlichen Reifung. Bei behinderten Kindern gilt daher, über entsprechende Fachleute abzuklären, welche Rückstände vorhanden sind, ob und wie diese – vielleicht erst in einem späteren Entwicklungsjahr – aufgeholt werden können, ob Defekte hingenommen werden müssen, aber vielleicht durch andere körperliche Funktionen zu kompensieren sind. Pädagogisch sollte man sich auf den Einfluss von Erfahrungsfaktoren konzentrieren, der in bestimmter Form selbst bei schwerbehinderten Kindern gegeben ist. Der eigene Körper Einer der Erfahrungsaspekte, der für die Ich-Bildung von elementarer Bedeutung ist, ist die Beziehung des Kindes zum eigenen Körper. Die Psychoanalyse weist darauf hin, dass sich jeder eigene Körperteil von allen anderen Objekten in der Umwelt dadurch unterscheidet, dass er nicht nur fühlt, zum Beispiel bei der Berührung bestimmter Gegenstände, sondern auch gefühlt wird, wenn ihn das Kind zum Beispiel berührt oder in den Mund nimmt. Das Kind erlebt dadurch insbesondere auch eine narzisstische Bedürfnisbefriedigung. Eine ähnlich große Bedeutung haben daher die verschiedenen IchFunktionen – motorische Kontrolle, Erinnerung, Kinästhesie – die das Fühlen und das Gefühltwerden ermöglichen. Dieser Erfahrungsaspekt ist besonders für die Behindertenpädagogik bedeutsam, da bei vielen behinderten Kindern die Wahrnehmung des eigenen Körpers oft stark eingeschränkt ist. Das Kind muss seinen eigenen Körper entdecken um kontaktfähig und aufgeschlossen für seine Umwelt zu werden. Im Rahmen des pädagogischen Programms in der Kindertagesstätte sollten daher Bewegungsspiele und Bewegungsübungen durchgeführt werden, die mit Gefühlen in der Hier- und Jetzt-Situation, aber auch mit Gefühlen aus der Erinnerung verbunden sind. Man kann Situationen schaffen, in denen das Kind bestimmt Defizite an Erfahrungen ausgleichen und nachholen kann. Das Kind wird im Schoß geschaukelt, auf einer Decke hin und her gerollt, die Erzieherin bildet mit ihrem Körper ein Haus, in dem es sich verkriechen kann. Die Kontaktfähigkeit des Kindes ist die Voraussetzung für die Bildung anderer Ich-Funktionen, letztendlich auch für bestimmte Denkfähigkeiten. Nachahmung und Identifizierung Ein weiterer wichtigerer Erfahrungsaspekt für die Ich-Bildung ist die Nachahmung und Identifizierung. Arbeitshilfe Dadurch wird das Erlernen der Sprache, Gestik, Mimik, Bewegung und die Bildung bestimmter Interessen maßgeblich unterstützt. Besonders wird dieser Prozess gefördert durch den Kontakt behinderter Kinder mit nichtbehinderten. Methodisch sind hier gezielte nachahmende Singund Kreisspiele sowie darstellende Spiele angezeigt. Die Kinder können Rollen von Erwachsenen übernehmen, die sie lieben und bewundern. Durch pantomimische Spiele sollen die Kinder lernen, differenziert den Ausdruck anderer wahrzunehmen und auf Einzelheiten des eigenen Ausdrucks zu achten. Die Kinder können auch mit Handpuppen Märchen oder Geschichten nachspielen. Dadurch werden auch sprachscheue Kinder zum Sprechen angeregt. Primäres und sekundäres Denken Ein wichtiger Vorgang für die Ich-Bildung besteht auch in dem Übergang vom primärprozesshaften Denken, zum Denken in Sekundärprozessen. Öfters wird in Kindertagesstätten versucht, durch abstrakte Vorschulübungen das „Denken“ der Kinder zu fördern. Die Denkbereitschaft und Denkfähigkeit der Kinder wird aber eher gefördert, indem der oben genannte Übergangsprozess eingeleitet wird, durch das Aufgreifen des primären Denkens. Vor allem erreicht man damit auch die Denkwelt behinderter Kinder. Charakteristisch für das primäre Denken ist die Verdichtung mehrerer Ideen oder Vorstellungen zu einem einzigen Wort oder Bild sowie die symbolische Darstellung bestimmter Gedanken. Die Verdichtung eines Ablaufs wird zum Beispiel in Karikaturen dargestellt. Genauso kann man den Kindern Gedanken und Assoziationen zum Beispiel durch farbige Bilder oder symbolischen Figuren vermitteln. So ist ein Pferd symbolisch für Kraft und Ele- ganz, eine Reise für Abschied, das Wasser für Ursprung und Reinheit, die Farben blau für Leben, schwarz für Trauer oder Tod. Sinnträchtige Verdichtungen, grundlegende Bilder und Symbole – auch Archetypen genannt – lassen sich vor allem aus vielen Märchen oder der Bibel, zum Beispiel den Gleichnissen, entnehmen. Ebenso lassen sich durch Geräusche, Musikinstrumente oder durch das Betasten bestimmter Gegenstände (zum Beispiel Stein = hart, Watte = weich) verdichtete und symbolische Inhalte vermitteln. Im Rahmen einer Bilderbuchbetrachtung oder der Zusammenstellung einer Bildergeschichte mit diesen Inhalten können dann auch abstrakte sekundäre Denkprozesse abgeleitet werden. Oft sind aus verdichteten Bildern direkt abstrakte Gedanken zu entnehmen, zum Beispiel Goldmarie und Pechmarie = Begriffe des Gegensatzes. Auch das bereits genannte unfertige Spielmaterial ist geeignet für symbolische Funktionen beim Handeln, Spielen und Betasten, woraus sich wiederum mehr Spielräume für denkende Kombinationen ergeben. Entwicklungspsychologische Aspekte Für die pädagogische Konzeption und die Angebote in Kindertagesstätten ist es wichtig, den Entwicklungsstand behinderter und nichtbehinderter Kinder zu beachten und richtig einzuschätzen. Um Entwicklungs- und Lernschritte aufzustellen, sind entwicklungspsychologische Grundsätze mit einzubeziehen. Auch können dann Verhaltensweisen und Reaktionen der Kinder besser verstanden werden. 7 Arbeitshilfe 8 Entwicklungsbereiche und Entwicklungsstufen Lebensmonat komplexe Wahrnehmungsgestalten heraus. Von Forschungsstellen wurden entwicklungsdiagnostische Schemen entworfen, die das Entwicklungs- oder Intelligenzalter eines Kindes mit seinem Lebensalter vergleichen. Durch Manipulationen der Kinder mit Objekten entsteht dann das so genannte Gegenstands-Schema, das heißt Dinge bleiben dieselben, trotz Veränderung in Raum und Zeit. Das Entwicklungsalter wird ermittelt, indem die subjektiven Fähigkeiten mit motorischen, geistigen und sozialen Fähigkeiten verglichen werden, die die meisten Kinder in dem entsprechenden Alter aufweisen. So können zum Beispiel die meisten dreijährigen Kinder auf Aufforderung Nase oder Augen zeigen, neunjährige können Monatsnamen aufzählen. Die kognitive Entwicklung bis zum Ende des zweiten Lebensjahres wird nach Piaget die sensomotorische Periode genannt. Je nachdem, ob und wie ein Kind mit seinen Fähigkeiten in seinem Lebensjahr von den vorgegebenen Entwicklungskriterien für dieses Jahr abweicht, wird oft bei diagnostischen Verfahren ein Entwicklungsprofil erstellt. Wahrnehmung und Denken Im Bereich des Denkens und der Wahrnehmung weiß man, dass ein Kind sehr früh in der Lage ist, eine Figur beziehungsweise einen Gegenstand vom Hintergrund abzuheben und zu erkennen. Nach dem Schweizer Psychologen Piaget entwickeln Kinder Schemata, die zur fortschreitenden Strukturierung der Wahrnehmung und des Denkens führen. Zunächst getrennte Schemata, zum Beispiel Sehen oder Handbewegung, werden zum komplexen und koordinierten Schema der visuell kontrollierten und gezielten Handbewegung. Durch Verschmelzung von Einzelschemata des Sehens, Tastens und Hörens bilden sich normalerweise bis zum sechsten Karl Bühler prägte den Begriff des Werkzeugdenkes, wozu die Kinder ab einem Jahr fähig sind, das heißt sie beginnen bereits in diesem Alter Gegenstände ergänzend und kombinierend zu benützen. Bis zum sechsten Lebensjahr werden Probleme anschaulich und intuitiv gelöst, das anschauliche Denken ist meist nur auf einen Aspekt konzentriert, es ist präoperativ. Erst dann sind die Kinder in der Lage, konkrete Denkoperationen durchzuführen. Damit wird zum Beispiel begriffen, dass sich die Masse einer Knetkugel nicht ändert, wenn man sie zu einer Wurst ausrollt. Das Erkennen dieser Erhaltung entwickelt sich bei den Kindern für die Masse im sechsten, für das Gewicht im siebten und für das Volumen im achten Lebensjahr. Nach 0. Kroh entwickelt sich dann das hypothetische, das induktive und deduktive Denken im zwölften Lebensjahr. Für das Gedächtnis weist CH. Bühler darauf hin, dass sich Kinder ab dem zweiten Lebensjahr an Ereignisse über einen Tag, vom dritten Lebensjahr an über ein Jahr hinaus erinnern können. Ab dem vierten Lebensjahr ist das Gedächtnis praktisch unbegrenzt. Arbeitshilfe Motorische Entwicklung Zur motorischen Entwicklung sind vielfältige Studien durchgeführt worden. So wird zum Beispiel von einem sechs Monate alten Kind von mehreren Würfeln nur einer ergriffen, das Acht- bis Zehnmonatige schlägt zwei Würfel aneinander und das Ein- bis Eineinhalbjährige stellt die Würfel aufeinander. Die Beherrschung des Bewegungsapparates nimmt im ersten Lebensjahr einen regelhaften Gang von oben nach unten beziehungsweise vom Kopf zu den Füßen. So kann ein Säugling um die achte Woche seine Augenmuskeln lenken und wenig später den Kopf heben. Im fünften Lebensmonat beginnen sich die Greifbewegungen der Hände zu differenzieren. Wenn das Kind ein dreiviertel Jahr alt ist, beherrscht es seinen Körper sitzend und kriechend und in Hin-, Weg- und Abwehrbewegungen verschiedenster Art. Zu Beginn des zweiten Lebensjahres beginnt das Kind dann zu stehen und zu gehen. Die Wortarten werden nach ihrem Schwierigkeitsgrad erlernt, erst Substantive, dann Verben und danach Adjektive. Relativ einfach ist es, Dinge zu benennen. Der Erwerb eines Eigenschaftswortes setzt schon einen komplizierteren geistigen Vorgang voraus, da mehrere Gegenstände miteinander verglichen, Eigenschaften zusammengefasst werden müssen. Je geringer die Spannweite des Gedächtnisses und je mangelhafter die Beherrschung der Sprachmuskulatur ist, desto undeutlicher wird die Sprache und desto ganzheitlicher die Wortbildung. Dass die sprachliche und die geistige Entwicklung eng miteinander verbunden sind, sieht man am Satzbau der Kinder und am Erlernen der Grammatik. 9 Der Einwortsatz wird in der ersten Hälfte, der Mehrwortsatz am Ende des zweiten Lebensjahres gebildet. Die Beugungsund Steigerungsformen werden im dritten Lebensjahr angewandt, die Bildung von Nebensätzen am Ende dieses Jahres. Seelisch-soziale Entwicklung Zu einem relativen Abschluss kommt die Entwicklung der Motorik etwa im sechsten Lebensjahr mit der Beherrschung der Feinmotorik. Sprachentwicklung Die Sprache beginnt schon mit dem Schreien und dem Lallen im zweiten bis dritten Monat. Die Wunsch- oder Affektwörter bilden sich als Übergang zur Sprachentwicklung. Wenn das Kind die Einsicht bekommt, dass Wörter Bezeichnungen für Dinge sind, beginnt die eigentliche Sprachentwicklung. Hinsichtlich der seelisch-sozialen Entwicklung kann ein Vergleich von L. SchenkDanzinger herangezogen werden: Kleinkinder Begrenzte Ausdauer Schulkinder Größere Konzentrationsfähigkeit und Ausdauer Eigenwilligkeit Aufgabewilligkeit Triebhaftigkeit Fähigkeit zur Triebhemmung Egozentrische Haltung Regelbewusstsein im Sozialen Nach M. Rutter lassen sich im folgenden wesentliche soziale Entwicklungsschritte aufstellen: Arbeitshilfe 0 bis 1 Jahr Bindung zur Bezugsperson, Entwicklung des Urvertrauens 1 bis 2 1/2 Jahre Individuation und Autonomie 3 bis 5 Jahre Selbstsicherheit, Initiative, Identifikation, Kontakte mit Gleichaltrigen 6 bis 12 Jahre Soziales Verstehen, Anschluss ans Geschlecht 13 Jahre + Beginnende heterosexuelle Beziehungen Emanzipation, Identität Besonderheiten bei beeinträchtigten Kindern 10 Kinder, die in ihrer kognitiven Entwicklung sehr stark retardiert sind, erreichen nach bestimmten Befunden die Grenzen der sensomotorischen Intelligenz. Stark Retardierte gelangen bis ins präoperative Stadium. Bei mäßig Retardierten kann durch Training die Fähigkeit zu Denkoperationen erreicht werden. Retardierte Kinder können Informationen nur langsam verarbeiten, wodurch diese im Kurzzeitspeicher nicht gehalten werden können und damit wieder verloren gehen. Dadurch ist es schwierig, das Gedächtnis und Behaltensleistungen und damit auch die Sprache zu verbessern. Wiederholungen im aktiven Tun sind aber besser trainierbar. Schwierig ist bei geistig retardierten Kindern auch, eine so genannte intrinsische Motivation zu erreichen, das heißt die Fähigkeit zur Selbstbestimmung und Selbstkontrolle. Sie werden stark von außen gesteuert, reagieren primär und unlustvermeidend. Erfolge wurden aber auch bezüglich der Behaltensleistungen und der Motivation mit Methoden entwickelt, die die Kinder zu Aktivitäten anregen können. Dies gelingt am ehesten dadurch, indem Handlungseinheiten für das Kind hergestellt werden. Sie müssen einen erkennbaren Anfang, Verlauf und Abschluss haben. Das Kind erlebt dadurch eine Selbstwirksamkeit. Der Begriff der geistigen Retardation würde beinhalten, dass sich die Kinder zwar auf einer niedrigeren Entwicklungsstufe befinden, ein Entwicklungsspielraum aber noch gegeben ist. Untersuchungen haben tatsächlich gezeigt, dass die intellektuelle Entwicklung beeinträchtigter Kinder bis zu einer gewissen Grenze dieselbe Reihenfolge durchläuft wie bei gesunden Kindern. Dies gilt meist auch für andere Bereiche der Entwicklung, die von dem Rückstand ebenfalls betroffen sind, wie Motorik, Motivation, Affektivität. Außerdem befinden sich die einzelnen Entwicklungsbereiche nahezu auf demselben Niveau. Für die Erziehung der Kinder ist in diesem Zusammenhang auf das, was Piaget als Äquilibration bezeichnet, hinzuweisen. Damit ist der Übergang von einem Schritt zum anderen bei der Tätigkeit und Entwicklung eines Kindes gemeint. Bevor man einen Schritt auf den nächsten folgen lässt, muss er beherrscht werden. Es muss sich für jede Entwicklungsstufe jeweils ein „Schema“ des Bewusstseins und Verhaltensablaufs gebildet haben. Man kann von einem Kind zum Beispiel nicht erwarten, dass es zwei Würfel aufeinanderlegt, wenn es die Schemata Sehen und Ergreifen der Würfel noch nicht beherrscht beziehungsweise in seinem Verhaltensrepertoire nicht parat hat. Arbeitshilfe Körperliche Retardationen können eventuell durch Fachleute mit bestimmten Formen der Bewegungstherapie gemindert werden. Durch gezielte Bewegungsbeeinflussung können gegebenenfalls bestimmte Hirnzentren, Nerven- und Muskelfunktionen aktiviert, koordiniert oder kontrolliert werden. Erfolge oder Fortschritte hängen aber davon ab, ob und inwieweit hirnbedingte Bewegungsstörungen oder unmittelbare körperliche Defekte vorliegen oder die körperliche Beeinträchtigung „nur“ als Folge einer anderen Behinderung auftritt. Gestaltpsychologie/Wahrnehmung/Ganzheitspsychologie Kinder mit ganz bestimmten Beeinträchtigungen benötigen auch gezielte Übungen und Beschäftigungen. So können zum Beispiel hyperaktive Kinder oder Kinder mit unkoordinierten Muskelspannungen und mangelnden Behaltensleistungen, bestimmte Grundfertigkeiten und kognitive Fähigkeiten nicht ohne gezielte Übungen und Wiederholungen erlernen. Die Gestaltpsychologie zeigt grundsätzliche Eigenschaften der Wahrnehmung und des Erlebens auf, die aufgegriffen und geübt werden können, wenn Kinder im subjektiven Erkennen und Reagieren Schwierigkeiten zeigen. Gestaltgesetze und Wahrnehmungsförderung a) Wahrnehmungsgegebenheiten unterliegen einer spontanen Tendenz zur Strukturierung beziehungsweise zur gestalthaften Organisation, zum Beispiel wenn Sterne des Himmels zu Sternbildern zusammengefasst werden. Die Wahrnehmung ist schöpferisch. b) Damit zusammen hängt die Neigung beziehungsweise Fähigkeit, Gestalten und Gebilde als umgrenzte und gegliederte Bereiche von einem umstrukturierten Grund abzuheben. c) Gestalten werden als bedeutungsvoll und sinnträchtig erlebt zum Beispiel, wenn die Sternbilder mit mythologischem Inhalt gefüllt werden. d) Ganzheiten und Gestalten prägen sich somit im Gedächtnis besser ein als Einzelheiten. e) Unsere Wahrnehmung und unser Gedächtnis strukturiert die Reizsituation so, dass aus schlechten und unvollkommenen Gestalten gute und prägnante Gestalten entstehen (Prägnanztendenz), zum Beispiel besteht die Neigung unvollständige Kreis zu schließen. Als Kriterien für „gute Gestalten“ gelten kontinuierliche Linien, Regelmäßigkeit, Geschlossenheit, Symmetrie, Ähnlichkeit. f) Gute Gestalten werden erkannt beziehungsweise bleiben in ihrer Form, Größe, Farbe und dergleichen erhalten, trotz Veränderung der Wahrnehmungsbedingungen zum Beispiel Lage, Entfernung, Belichtung. g) Durch die obengenannte Prägnanztendenz besteht auch die Fähigkeit des Menschen, beim Handeln die Tauglichkeit eines Mittels zur Erreichung eines bestimmten Ziels zu erkennen und dann einzusetzen. Beispiel: Erkennen der Möglichkeit, zwei Stäbe zusammenzustecken um einen vorher unerreichbaren Gegenstand zu erreichen. h) Im Zusammenhang mit dem Streben nach Abgeschlossenheit bei der Wahrnehmung, im Gedächtnis und beim Handeln hat man festgestellt, dass beim Hinauszögern der Vollendung der Abgeschlossenheit bessere Behaltensleistungen (Erinnerungen) entstehen. 11 Arbeitshilfe Bestimmte Angebote und Übungen in der Kindertagesstätte können auf diese, allen Menschen zugrunde liegenden Eigenschaften der Wahrnehmung und des Erlebens, abgestimmt werden. Dadurch sind eventuell eher Lernerfolge bei beeinträchtigten Kindern zu erreichen. 12 Beispiele: • Für die Fähigkeit der Kinder, Einzelheiten zu erkennen, zusammenzusetzen und zuzuordnen ist die Übung hilfreich, zunächst durch die Betrachtung eines Bildinhaltes einen Sinn und ein Beziehung zu einer „Gestalt“ oder einem ganzheitlichen Thema herzustellen. Danach wird das Bild zerteilt. Die Teilung kann so erfolgen, dass Sinneinheiten erhalten bleiben, zum Beispiel bei einem Einzelbild vom Storch, Gliederung in markante Teile wie Kopf, Hals, Flügel, angezogenes Bein, stehendes Bein und so weiter; bei einer Straßenszene: Auto, Straßenbahn, Fahrrad und so weiter. Das Bild wird dann von den Kindern wieder zusammengesetzt; sie haben damit auch ein Spiel der Analyse und Synthese vollzogen. • Bei direkten Zuordnungsspielen beziehungsweise Zuordnungsübungen ist es empfehlenswert, anstatt dem Einsetzen reiner geometrischer Figuren, eine bekannte „gute Gestalt“ vorzulegen, der bestimmte fehlende Teile zugeordnet werden müssen, zum Beispiel Baum und rote Äpfel, Nest und Eier. Zuordnungsübungen können selber hergestellt, der Schwierigkeitsgrad variiert werden. Sie bieten anschauliche Hilfen, um ein Kind ohne viel Worte zu begrifflichen Denken zu führen. • Eingesetzt werden können auch bestimmte Malvorlagen, die die Gestaltund Wahrnehmungsprinzipien beinhalten: halbgeschlossene Kreise oder Winkel werden vollendet und angemalt aus einem Grund von vielen Figuren muss eine bestimmte Figur durch anmalen hervorgehoben werden. • Für die Koordination der Wahrnehmung und Bewegung können Kurven und Linien nachgefahren werden. Sinnvoll ist es dabei ein Ziel vorzugeben, das erreicht werden muss. Zur Differenzierung der Bewegung müssen eckige, runde und links- rechtswechselnde Linien vorgegeben werden. Für die Malvorlagen und Erkennungsprogramme gibt es auch fertige Arbeitshefte, zum Beispiel von Marianne Frostig. • Sehr wichtig ist für Kinder die Fähigkeit, Gegenstände und Gegebenheiten konstant und differenziert wahrzunehmen. Die Wahrnehmungsgestalt muss eine bleibende Gedächtnisspur hinterlassen; damit verbindet sich Beherrschung der Schemata von Raum, Zeit und Kausalität. Für die Entwicklung dieser Fähigkeit sollen beim Malen und Spielen geschlossene und ähnliche Gestalten eingesetzt und differenziert werden. Beispiele: Malen verschiedener Arten von Blumenköpfen, Blumen kneten, Blumen basteln, Blumen in der Natur suchen und sammeln, Blumen säen. Kreise, Elypsen – Tassen, Teller – Besteck, Geschirr – Essen, Trinken. Quadrate, Rechtecke – Fenster, Türen – Puppenecke – Spielhaus. Den Kinder soll die Verbindung der Formen, Gegenstände und Abläufe dabei bewusst gemacht werden. • Zur Verbesserung der Kombinationsfähigkeit und der Fähigkeit neue Funktionen zu entdecken, werden Angebote und Materialien eingesetzt, die zum zielgerichteten Tun anregen und Endprodukte erahnen lassen. Arbeitshilfe Beispiele: Bausteine = Turm Perlen – Faden = Kette Gewichte – Waage = Gleichgewicht Zwei längere gelochte Flachstäbe, mehrere kurze Rundstäbe = Leiter Flachholz, Seitenbolzen, Räder = Fahrzeug • Zur Verbesserung der Behaltensleistungen (Erinnerung) und zur Entwicklung intrinsischer Motivationen, können bestimmte Spiele, Arbeiten und Werke, die für das Kind bereits überschaubar sind und Freude bereiten. Vor ihrer Vollendung hinausgezögert oder zunächst nochmals unterbrochen werden. Der Lebensraum als Ganzheit Die oben genannten Grundsätze der Gestaltpsychologie, schwerpunktmäßig konzentriert auf Vorgänge der Wahrnehmung und des Denkens, können auch auf das Gebiet der menschlichen Handlungen übertragen werden. Die Handlungen und das Erleben werden dabei ganzheitlich als Vorgänge in einem Feld verstanden. Das Feld ist ein Lebensraum, in dem Person und Umgebung als Kräfte aufeinander einwirken. Die im Feld auftauchenden Ziele (Gegenstände, Menschen, geistige und materielle Werke) haben unterschiedlichen Aufforderungscharakter. Der Mensch sucht im Rahmen seiner persönlichen Möglichkeiten und im Rahmen seines Umfeldes einen Weg das Ziel zu erreichen. Hat ein Kind innerhalb eines Bereiches seines Lebensfeldes mit einer bestimmten Fähigkeit Erfolg, überträgt sich dies positiv auch auf die anderen Bereiche. Diese Vorgänge bieten Ansätze für die Gestaltung des Kräfte und Lebensfeldes – Räume, Materialien, zwischenmenschli- che Beziehungen, Themen – in Kindertagesstätten. Die räumlichen Bereiche und ihre Ausstattung sollen auffordern zu verschiedenen selbständigen Aktivitäten, aber auch zum Entspannen und Ruhen. Bei geistig oder körperlich beeinträchtigten Kindern müssen dabei oft lebenspraktische Anregungen und Aufforderungen vorrangig sein, wie zum Beispiel das Aufrichten, Stehen, Gehen, und Essen mit Besteck. Das Umfeld muss gegebenenfalls auch die erhebliche Ablenkbarkeit und die verstärkte Reizempfindlichkeit vieler beeinträchtigter Kinder berücksichtigen. Diese Kinder ertragen anfangs oft nur kleine Gruppen in einer ruhigen Ecke, abgeschirmt vom übrigen Trubel. Gegenseitige Aufforderungscharakter haben auch behinderte und nichtbehinderte Kinder, die gemeinsam ein erweitertes Erlebnisfeld bilden. Die sonstigen Wochenthemen könnten ein übergreifendes Aufgabenfeld bilden. Auf der Grundlage des ganzheitlichen Ansatzes können die Themen auf verschiedene Aspekte der Person (Motorik, Sprache, Fühlen, Denken) bezogen werden. Daraus leiten sich, abgestimmt auf das jeweilige Kind oder auf Kleingruppen, leistbare Aufgaben und Unternehmungen ab. Das Spiel- und Bastelmaterial soll funktional, strukturiert, unstrukturiert, einfach und schwieriger und vor allem für die Kinder selbständig erreichbar sein. Erreichen die Kinder ihr „Ziel“ nicht alleine, soll ihnen Alternativen innerhalb des „Kräftefeldes“ aufgezeigt werden. Bei motorischen Aufgaben ist zum Beispiel wieder zu beachten, dass sie für manche Kinder erst dann einen Aufforderungscharakter bekommen, wenn man sie in einfa- 13 Arbeitshilfe che, kurze Bewegungsabläufe zerlegt und vorgibt. Oder es müssen vorher bestimmte Beziehungskonstellationen unter den Kindern beachtet werden. Der Grundsatz des ganzheitlichen Erlebens weist auch darauf hin, bei beeinträchtigten Kindern die intakten persönlichen Fähigkeiten besonders zu aktivieren und zu bestärken. Dadurch entsteht Selbstvertrauen, welches das Kind ermutigt, seine beeinträchtigten Fähigkeiten ebenfalls einzusetzen. 14 So sind zum Beispiel geistig behinderte Kinder eher über Gefühl und Motorik ansprechbar, als über die Intelligenz. Für das geistig behinderte Kind ist die Bewegung eher ein Ausdruckmittel, mit dem es die sprachlichen Mängel etwas ausgleichen kann. Durch die Stärkung der gestaltenden Kräfte und die Pflege des motorischen Ausdrucks hilft man den Kindern ihre körperlichen, geistigen und seelischen Kräfte auszudrücken. Verhaltenspsychologischer Aspekt Besonders für beeinträchtigte Kinder muss möglichst viel von dem was sie tun und erleben überschaubar und wiederholbar sein. Für das erzieherische Verhalten werden dazu beispielhaft die wichtigsten methodischen Maximen aus der integrativen Arbeit der Evang. Kindertagesstätten in Bremen weitergegeben: 1. Errege Aufmerksamkeit! • lenke sie auf dich oder die Sache um die es geht 2. Gib einfache, eindeutige und klare Anweisungen und begleite diese durch deutliche Gesten und Zeichen! • benutze dabei für den selben Vorgang oder die selbe Sache immer die gleichen Worten, Gesten und Zeichen. 3. Gib Hilfen! • sowenig als möglich • soviel als notwendig durch: physische Hilfe, vor- und nachmachen, Zeichen, Worte • und blende die Hilfen in dem Maße aus, wie eine Person den Auftrag mehr und mehr selbständig ausführen kann und das Ziel erreicht wird. 4. Gib Rückmeldung! • über die richtige oder falsche Ausführung einer Handlung • vermeide nach Möglichkeit jede falsche Ausführung durch Hilfen und eine auf die nächste Zone der Entwicklung- verweisende Aufgabenstellung • belohne jedes richtiges Verhalten oder dem Endziel sich annäherndes Verhalten Nur ein Verhalten, das bekräftigt wurde und dadurch subjektive Bedeutung erlangen konnte, wird bei Vorliegen einer vergleichbaren Situation und Motivation wieder dargestellt werden. Beeinträchtigte Kinder im Kindergarten Kinder mit Behinderung, die in den Kindertageseinrichtungen Baden-Württembergs aufgenommen sind, sind oft in ihrer gesamten Entwicklung stark retardiert, ohne dass immer eine genaue Krankheitsbezeichnung vorliegt. Sehr häufig sind Körperbehinderungen sowie Sprach-, Hör- und Sehbehinderungen vorzufinden. Von den Behinderungen mit bekannter medizinischer Bezeichnung der Kinder in allgemeinen Kindergärten sind im wesentlichen folgende zu nennen: Arbeitshilfe Anfallsleiden (Epilepsie) Trisomie 21 (Down-Syndrom) angeborene Herzfehler Therapien: Therapie organischer Probleme, Logopädie, heilpädagogische Methoden. hirnbedingte Bewegungsstörungen (Cerebralparese „CP“) Zur Beachtung: Die oben genannten Sprachstörungen können vorübergehend bei jedem Kind auftreten. „MCD“ (Minimale Cerebrale Dysfunktion) Epilepsie Offener Rücken (Spina bifida) Erscheinungsform: Die Hirntätigkeit ist ohne erkennbaren Anlass anfallsweise gestört. Die Intelligenz ist bei der Mehrzahl der Kinder normal entwickelt. Wasserkopf (Hydrocephalus) Kurzbeschreibung einiger Behinderungsarten, die häufig auftreten: Sprachstörungen Periphere Sprachstörungen: Stammeln, Lispeln, falsch sprechen oder Verwechseln von Einzellauten Mögliche Ursache: Lippen-Kiefer-Gaumenspalte und andere Fehlbildungen im Nasen-Mundraum, Polypen, Zahnstellung Zentrale Sprachstörung: Dysgrammatismus, spastische Aussprachestörungen, dem Kind nicht bewusstes Poltern, Unfähigkeit, Sprache zu formulieren bei erhaltenem Sprachverständnis Mögliche Ursache: Erbliche Fehlbildungen, frühkindliche Hirnschäden von minimal bis schwer, „Cerebralparese“, Epilepsie, Tumor Psychisch bedingte Sprachstörungen: Klonisches und tonisches Stottern, oft begleitet mit Gesichtsverziehen, Mutismus als Stummheit nach normalem Spracherwerb Mögliche Ursache: Nicht bewältige Konflikte und Traumen, Erziehungsfehlverhalten Ursachen: Zu 50 Prozent sind Ursachen nicht feststellbar, ansonsten Folge von frühkindlichen Hirnschäden, Narben nach Unfällen, drei Viertel der Epilepsien treten während der Kindheit auf. Man unterscheidet verschiedene Anfallsformen, zum Beispiel Ruck- oder Sturzanfälle, oft im Kleinkindalter, mit ruckartigen Stößen der Glieder oder blitzartiges Zubodenfallen. „Absence“, meist im Schulalter, mit Bewusstseinspausen, mechanische Tätigkeiten werden fortgesetzt, tritt bis zu 100mal pro Tag auf. Es gibt Vorboten des Anfalls, die Familienmitglieder genau kennen und Stunden oder Tage vorher auftreten, zum Beispiel Angst, Weinerlichkeit, Wahrnehmungsstörungen. Nach dem Anfall können Kinder mit Depressionen reagieren; das Bewusstsein kann zunächst eingeengt sein. Therapie: medikamentös, Mindestbehandlungsdauer drei Jahre 15 Arbeitshilfe Down-Syndrom Diese Krankheit ist eine Chromosomenstörung mit unterschiedlicher geistiger Behinderung, kombiniert mit körperlichen Besonderheiten. Die kognitive Entwicklung ist beeinträchtigt durch verlangsamte Wahrnehmung, durch beeinträchtigtes Kurzzeitgedächtnis und durch mangelnde Organisation eines Handlungsentwurfes. Mögliche körperliche Störungen: Angeborene Herzfehler, Magen-DarmFehlbildungen, Schwerhörigkeit, Sehstörung, Bindegewebeschwäche, beeinträchtigtes Immunsystem, Schilddrüsenstörung. 16 Down-Kinder haben ein starkes Bedürfnis nach Zuwendung; zeigen oft besondere Stärken im Sozialverhalten und im praktischen Wissen, zum Beispiel Umgang mit Geld, Uhrzeit, Einkaufen. Die Kinder reagieren auf Strenge und Überforderung anscheinend sensibler als andere geistig Behinderte. Therapie: Eine ursächliche Therapie gibt es nicht. Behandelt werden die oben genannten Gesundheitsstörungen; öfters sind Antibiotika nötig. Cerebralparese „CP“ Art der Störung: Hirnbedingte Störung der Bewegungskontrolle mit unterschiedlicher Schwere. Geistige Entwicklung normal bis schwerbehindert. Ursachen: Alle frühkindlichen Hirnschäden, zum Beispiel Sauerstoffmangel, Hirnblutungen durch Frühgeburt. Direkte Störungen der CP: Versteifung und Fehlstellungen von Gelenken, Verkürzung von Muskeln, Schielen, Speichelausfluss, Sprachschwierigkeiten. Begleitstörungen: Gestörte Fühl- und Tastfunktionen, Störung des Lagesinns und der Sinneswahrnehmung, Schwierigkeiten im Beobachten und Vergleichen, vegetative Störungen, zum Beispiel Verdauungsprobleme, eventuell Epilepsie, Beeinträchtigung von Funktionen, die der geistigen Entfaltung dienen, zum Beispiel Sprache, Handmotorik, Fortbewegung, hirnorganische Schwächen. Es gibt vier Grundtypen der CP: Spastik: Ständige Muskelspannung ohne Möglichkeit zur Entspannung. Betroffen sein kann der ganze Körper (Tetraphlegie) oder Teile des Körpers (zum Beispiel Hemiplegie). Athetose: Ständig wechselnde Muskelspannung mit bizarren Bewegungen und Grimassieren. Betroffen ist meist der ganze Körper. Ataxie: Störung des geordneten Zusammenspiels der Muskeln, dadurch Schwierigkeiten in Zielbewegungen. Hypotonie: Zu niedrige Muskelspannung, alle Bewegungen sind erschwert und verlangsamt. Therapie: Spezielle Krankengymnastik. Erforderliche regelmäßige Therapie engt Kinder oft ein. Die Kindergartenerziehung hat hier die Möglichkeit, dem Kind neue Betätigungsund Spielfelder zu eröffnen. Arbeitshilfe „MCD“ Störungsform: Minimale Beeinträchtigung verschiedenster Funktionsbereiche des Gehirns, bei meist normaler Gesamtintelligenz; jedoch Teilleistungsschwächen, wie zum Beispiel isolierte Lesestörung. Ursachen: Leichte frühkindliche Schädigung des Gehirns oder erbliche Einflüsse. Auffälligkeiten: Schwächen in der Koordination und Feinabstimmung der Bewegungen, Balance und dergleichen, Schwächen in der Wahrnehmung von Eindrücken und ihre Verarbeitung, kurze Aufmerksamkeit, geringe Ausdauer; der Antrieb kann vermindert oder erhöht sein; Stimmungsschwankungen. Therapie: Heilung der geschädigten Hirnzellen ist nicht möglich, Psychologische Beratung, Funktionstraining, Wahrnehmungstraining (zum Beispiel nach Frostig). Im Kindergarten haben die Kinder die Chance, noch ohne Leistungsdruck ihre schwachen Bereiche zu üben und Kompensationsmöglichkeiten zu entdecken. Spina bifida und Hydrocephalus Beide Krankheiten treten oft gemeinsam auf. Spina bifida ist eine angeborene Fehlbildung von Wirbelsäule und Rückenmark mit stark ausgeprägter Störung vor allem der unteren Gliedmaßen sowie der Blasen- und Darmfunktionen. Praktische Probleme entstehen durch die Versorgung der Harnentleerung mit Windeln, Auffangbeutel, Ausdrücken der Blase durch Druck gegen Beckenknochen, Blasentraining durch Beklopfen der Bauchhaut. Therapie: Operation dess offenen Rückens, Krankengymnastik, Medikamente. Der Hydrocephalus entsteht durch frühkindliche Störung des Kreislaufs der Gehirn- und Rückenmarksflüssigkeit. Die Gehirnflüssigkeit drückt nach außen, vergrößert den Kopf; später entsteht Druck nach innen aufs Hirngewebe. Die körperliche und geistige Entwicklung kann normal bis schwerbehindert sein. Auftreten können hier wieder CP, Epilepsie (siehe oben) und andere Hirnschäden. Therapie: Operative Einpflanzung eines Ventils zur Ableitung der Flüssigkeit. Dieses Ableitungssystem ist später außerordentlich widerstandsfähig. Die Kinder leiden oft unter Hänseleien wegen des zu großen Kopfes; Gefahr der Isolation. Gruppenerfahrungen, speziell in integrativen Gruppen, sind besonders wertvoll. Bekannte konzeptionelle Maßnahmen im Kindergarten Die meisten Fachkräfte, die einzelne behinderte Kinder im allgemeinen Kindergarten betreuen, geben an, dass sie mehr für diese Kinder tun könnten, wenn die Gruppenstärke geringer und die personelle Besetzung besser wären. Meistens wird die grundsätzliche Konzeption der Kindergartenerziehung beibehalten, da der oft praktizierte situationsorientierte Ansatz alle Kinder berücksichtigt. An konzeptionellen und methodischen Besonderheiten werden durchgeführt: 17 Arbeitshilfe • mehr Freispiel als Ausgleich zu den häufigen Therapiemaßnahmen, damit die behinderten Kinder das Spielmaterial besser kennen lernen, damit andere Kinder öfters nachgeahmt werden können, damit die Erzieherinnen die Kinder besser beobachten können. und für die Kontaktaufnahme zu anderen Kindern entscheiden können • Spezielle Planungseinheit für alle Kinder: „Behinderte Kinder im Kindergarten“ • Gezieltes Beobachten der Kinder, Erstellung von Förderplänen • Vermehrte Kleingruppenarbeit • Gezielte Einzelfallbeschäftigung, wie Fingerspiele, Pantomime, Bildbetrachtung, Ausschneidearbeiten • Beschäftigungen und Angebote werden auf gegenseitiges Miteinander ausgerichtet 18 • Aufbauende Konfrontation des behinderten Kindes mit bestimmten Anforderungen und der Größe einer Kleingruppe • Erweitertes Spielmaterial, zum Beispiel von Sinnesmaterialien, wie Fließsandbilder, kleine Spiegel, Riech- und Duftmaterialien, Hand- und Fuß-Taststraßen, Flüsterrohr, Wasserkreislauf, große Klangstäbe und so weiter • Vermehrte Sprachförderung und Übungen der Körpersprache • Einsetzen von mehr Farben, Bildern, Geräuschen und bewusst deutliches Sprechen der Erzieherinnen Veränderte räumliche Aufteilung, zum Beispiel bei körperbehinderten Kindern: Teppichkreis anstatt Stuhlkreis, Spielen aller Kinder auf dem Boden, weniger Stühle und Tische, übersichtliche Gestaltung des Raumes • Einführung von offenen oder teiloffenen Gruppen, damit sich Kinder für die Anreize und Angebote anderer Raume • Zuständigkeit jeweils einer Erzieherin für die Beobachtung und Förderung des Entwicklungsstandes bestimmter Kinder, Teambesprechung über die Entwicklung der Kinder • Veränderter Tagesablauf wegen bestimmter Therapiezeiten der Kinder oder aufgrund behindertenbedingten Besonderheiten, zum Beispiel der Pflege, des Essens und Ruhens Verstärkte Zusammenarbeit und Kooperation mit den Eltern und anderen Bezugspersonen der Kinder Außer diesen konzeptionellen Interventionen bestehender Kindergärten sind grundlegend neue Konzeptionen entstanden, die die natürlichen Fähigkeiten und unterschiedlichen Entwicklungsstände der Kinder noch mehr berücksichtigen. Dazu gehören insbesondere der Waldkindergarten, der Bewegungskindergarten, der spielzeugfreie (aber nicht materialfreie) Kindergarten oder Kindergärten, die die Freude am Entdecken und das Miteinander der Kinder in den Mittelpunkt stellen. Eine Projektgruppe der Fachhochschule für Sozialwesen, Esslingen hat in Zusammenarbeit mit dem KVJS-Landesjugendamt eine Broschüre „Im Mittelpunkt steht das Kind“ als Orientierungshilfe zur Integration von Kindern mit Behinderung in Kindertagsstätten erstellt. Darin ist unter anderem wiedergegeben, was sich Arbeitshilfe im pädagogischen Alltag in Kindergärten durch die Aufnahme behinderter Kinder verändert. Ein Auszug: • Förderpläne erstellen Förderpläne werden mit allen Beteiligten am „Runden Tisch“ erstellt und erfassen die aktuelle Situation des Kindes, das Aufstellen von Förderzielen und die erforderlichen Maßnahmen dazu • Dokumentation und Beobachtung der Kinder Zur Fortschreibung der Förderpläne wird die Entwicklung der Kinder beobachtet und dokumentiert • Umgang mit Problemen, die durch die Integration im Alltag entstehen, Zum Beispiel Planung von Ausflügen mit Kindern im Rollstuhl oder Organisation des Pflegeaufwandes für ein Kind im Tagesablauf • Behindertenspezifisches Wissen aneignen Obwohl behindertenspezifische Therapien nicht Aufgabe des Kindergarten sind, brauchen pädagogische Fachkräfte Kenntnisse über die Behinderung eines Kindes, um Besonderheiten im Alltag berücksichtigen zu können (z. B. die Bedeutung von Nebengeräuschen bei hörbehinderten Kindern) • Rechtliche und organisatorische Rahmenbedingungen Um Verbesserungen der Rahmenbedingungen in einer Integrativen Grup- pe geltend zu machen und Eltern zu unterstützen, sollten Erzieherinnen die rechtlichen Grundlagen der Integration im Kindergartengesetz und der Eingliederungshilfe kennen • Lernprozesse initiieren und Beziehungen der Kinder untereinander unterstützen Die Integration von Kindern mit besonderen Bedürfnissen erfordert Lernanreize und Lernsituationen zu geben, die ein gemeinsames Leben und Entwickeln von Kindern mit und ohne Behinderung ermöglichen. Dazu gehören auch Beschäftigungsangebote, die die Kinder gemeinsam wahrnehmen können (z. B. eine Pizza backen) • Entwicklung einer Konzeption Als Grundlage für die Entwicklung einer eigenen pädagogischen Konzeption können pädagogische Ansätze genutzt werden (z. B. Situationsorientierter Ansatz, Waldorfpädagogik, MontessoriPädagogik, psychoanalytische oder verhaltenspsychologische Ansätze). Diese Ansätze können dann entsprechend den Bedingungen in einer Gruppe verändert oder ergänzt werden 19 Arbeitshilfe Beobachtungs- und Handlungsraster Die Aufnahme und Betreuung behinderter Kinder in Kindertageseinrichtungen erfordert eine Konzeption, die eine Förderung aller Kinder entsprechend ihres Entwicklungsstandes ermöglicht. Eine wichtige Rolle dabei spielt die Beobachtung der Kinder und gezielte, auf die Bedürfnisse der Kinder ausgerichtete Angebote und Handlungsschritte. Das nachfolgende Raster soll als Orientierung für ein systematisches Vorgehen dienen. Hinweis: Personenbezogene Daten unterliegen nach § 65 SGB VIII einem erhöhten Vertauensschutz. Ihre Speicherung und Aufbewahrung in den pädagogischen Akten ist zulässig. Die Übermittlung oder Weitergabe von Daten oder Aufzeichnungen an Dritte ist nur mit Einwilligung der Personensorgeberechtigen zulässig. 20 Arbeitshilfe Beobachtungs- und Handlungsbogen Datum: Name des Kindes: Geburtstag: I. Beobachtung Körperlicher Bereich, zum Beispiel Gesundheitszustand, körperliche Gesamtentwicklung, ärztliche Befunde: Grobmotorik, zum Beispiel Gesamtbewegungsablauf, Standsicherheit, Balance und Rennen: 21 Feinmotorik, zum Beispiel Finger- und Handgeschicklichkeit, schneiden, binden, anziehen: Wahrnehmung, kognitiver Bereich, zum Beispiel akustische und optische Wahrnehmung (Klatschrhythmus erfassen, Gegenstand verfolgen), Auge-Hand-Koordination, Raumwahrnehmung, Nachzeichnen, Ertasten: Gedächtnis und Denkfähigkeit, zum Beispiel Nacherzählung, Mengenerfassung, Neugierde: Sprache, zum Beispiel Redefluss, Satzbildung, Lautbildung, Gegensatzpaare, Gegenstands- und Tätigkeitsbenennung: Arbeitshilfe Soziales und emotionales Verhalten, zum Beispiel Spielverhalten, Kontaktaufnahme, Ausdauer, Frustrationstoleranz, Distanz und Nähe, Selbständigkeit, Sicherheit: Welche Stärken hat das Kind? II. Angebote und Handlungsschritte Unter den nachfolgenden Überschriften (Bedürfnis- und Entwicklungsdeterminanten) sollen Handlungsschritte und Angebote, die Gestaltung der Räume und des Tagesablaufes individuell für das jeweilige Kind erdacht und festgehalten werden. Wie werden die Stärken des Kindes aufgegriffen? 22 Was soll der nächste Entwicklungsschritt des Kindes sein? Wie wird Geborgenheit und Sicherheit vermittelt ? Wie wird die Eigenständigkeit und Eigeninitiative gefördert? Wie wird die Nachahmung, die Kombinationsfähigkeit und das Werkzeugdenken angeregt? Welche überschaubare Handlungseinheiten werden für das Kind aufgestellt? Arbeitshilfe Welche positiven und negativen Kräftefelder bestehen für das Kind (bezogen auf Gegenstände, Räume und Beziehungen)? Wodurch erlebt das Kind seinen eigenen Körper, wie wird die Beweglichkeit gefördert? Wie wird die Sprachentwicklung gefördert? III. Externe Kooperation Wie erfolgt die Zusammenarbeit und Abstimmung mit den Eltern des Kindes? 23 Zu welchen Fachstellen bestehen Kontakte (z. B. Gesundheitsamt, Allgemeiner Sozialer Dienst, Frühförderstelle, Erziehungsberatungsstelle)? Arbeitshilfe Quellen Deutsches Jugendinstitut, München Zur pädagogischen Arbeit im Kindergarten; München 1973 Starck, Willy Kindes- und Jugendpsychologie; Hamburg 1973 Wolf-Wedigo, Wolfram Verhaltensauffälligkeiten von Kindern im Kindergarten; Stuttgart 1986 Bühler, Karl Abriss der geistigen Entwicklung des Kindes; Leipzig 1985 Brenner, Charles Grundzüge der Psychoanalyse; Frankfurt 1967 Hofstätter, Peter R. Psychologie; Frankfurt 1975 Zulliger, H. Schwierige Kinder; Bern 1958 Lewin, Kurt Feldtheorie in der Sozialwissenschaft; New York 1951 Wagner-Winterhager, Luise Psychoanalytische Pädagogik in ihren Anfängen; Fachzeitschrift „Neue Praxis 1988“ Hüffner, Ute Integrative Körpertherapie; München 1986 Jung, C. G. Bewusstes und Unbewusstes; Zürich 1957 Schier, Norbert Vorschulische Lerntrainingsbereiche geistig behinderter Kinder; Fachzeitschrift „TPS“ 1979 24 Hetzer, Hildegard Gutes Spielzeug; Ravensburg 1960 Ettl, Thomas Psychoanalyse und Pädagogik; Fachzeitschrift „TPS“ 1989 Gesell, Arnold Körperseelische Entwicklung in frühen Kindheit; Halle 1931 Frostig, Marianne Visuelle Wahrnehmungsförderung; Chicago 1972 Oerter, Rolf Der Beitrag der Psychologie zur Heil- und Sonderpädagogik; München 1985 Bühler, Charlotte Psychologie im Leben unserer Zeit; Los Angeles 1962 Berger, Barbara Die Bedetung des darstellenden Spiels für das Kind; Fachzeitschrift „Sozialpädagogische-Blätter“ 1986 Schenk, Danzinger Entwicklungstest für das Schulalter, Wien 1953 Erath, Peter Integration: Die Folgen Theorie und Praxis; Fachzeitschrift „Kinderzeit“ 1990 Piaget, Jean Einführung in die genetische Erkenntnistheorie; Frankfurt/Main 1973 Arbeitshilfe Ministerium für Soziales und Familie Rheinland-Pfalz Pädagogische Arbeitshilfen für die gemeinsame Erziehung von behinderten und nichtbehinderten Kindern in Kindergärten; 1986 und Chronisch kranke und behinderte Kindergartenkinder; 1990 Eltern gegen Aussonderung von Kindern mit Behinderungen e. V. Fachzeitschrift „Integrative Erziehung im Kindergarten“; April 1999 Gemeinsame Erziehung von Kindern mit und ohne Behinderung im Kindergarten, Informationsbroschüre des Landesverbandes Katholischer Kindertagesstätten und des Landesjugendamtes, Januar 2004 Orientierungsplan für Bildung und Erziehung in Tageseinrichtungen für Kinder in Baden-Württemberg, September 2005 Im Mittelpunkt steht das Kind, Orientierungshilfe des Landeswohlfahrtsverbandes Württemberg-Hohenzollern, Landesjugendamt, Mai 2003 Diakonisches Werk Bremen e. V. Landesverband für Kindertagesstätten Gemeinsame Erziehung behinderter und nichtbehinderter Kinder im Kindertagesheim; Bremen 1985 25 Arbeitshilfe 26 Arbeitshilfe April 2001 1. aktualisierte Auflage: Oktober 2005 2. aktualisierte Auflage: Februar 2011 27 Herausgeber: Kommunalverband für Jugend und Soziales Baden-Württemberg Dezernat Jugend – Landesjugendamt Verfasser: Rudolf Vogt Gestaltung: Waltraud Gross Lindenspürstraße 39 70176 Stuttgart Kontakt: Telefon 0711 6375-0 Telefax 0711 6375-449 [email protected] www.kvjs.de Bestellung/Versand: Petra Neuhäuser Telefon 0711 6375-402 [email protected] Postanschrift Postfach 10 60 22 70049 Stuttgart Hausadresse Lindenspürstraße 39 70176 Stuttgart (West) Tel. 0711 63 75-0 www.kvjs.de