C H R O N I K - Antifa-Info

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C H R O N I K - Antifa-Info
CHRONIK
der Ereignisse
BAND 4
Sammlung der Beiträge zum aktuellen Geschehen aus
dem ANTIFA-INFO
(1.1.2001 bis 31.12.2002)
2001
Zum Neuen Jahr 2001: Schlagartig verstummt sind nach dem Protest der Richter und Staatsanwälte die
FPÖ-Attacken gegen die Justiz.
Anfang Jänner 2001: Bundespräsident Klestil entscheidet sich dafür, den Salzburger FPÖ-Chef Schnell
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wegen seiner Äußerung, das Wort "Lump" sei für Klestil zu harmlos, gerichtlich zu belangen.
2.Jänner 2001: FORMAT berichtet, nach staatspolizeilichen Erhebungen sei eine Zusammenarbeit zwischen deutschen und österreichischen Rechtsextremisten und radikalen Islamisten zu beobachten. U.a.
hat der ehemalige Chef der deutschen Republikaner, der vormalige Fernsehjournalist und SSler Schönhuber zur Irak-Hilfe aufgerufen.
4.Jänner 2001: In Wien wird Peter Paul Rainer festgenommen. Der ehemalige freiheitliche Politiker aus
Südtirol war wegen Mordes an seinem Parteifreund Waldner in Abwesenheit zu 20 Jahren Haft verurteilt
worden.
8.Jänner 2001: Eine "linke FP" entdeckt der VP-Bundesrat Vinzenz Liechtenstein in der steirischen
W OCHENPOST. Die FPÖ wäre nie eine bürgerliche Partei gewesen, sondern „eine linke Partei mit nationaler Ausrichtung”, bei Finanzminister Grasser ortet er eine (bisher sonst von niemandem wahrgenommene) Steuerpolitik gegen die Besitzenden, die die "Freiheit des Wirtschaftens" einenge.
8.Jänner 2001: Wahlmeinungsumfrage: SP 32%, ÖVP 30%, FPÖ 22%, Grüne 14%. Das ergäbe an
Mandaten ungefähr: 60, 56, 41, 26, also Haselnuß zu Regenbogen: 97 zu 86.
9.Jänner 2001: In Israel wird in den letzten Tagen der Präsidentschaft von Bill Clinton noch einmal versucht, Friedensgespräche in Gang zu setzen, allerdings ohne Erfolg.
Was dem Beobachter auffällt: Die israelischen Militärs scheinen planmäßig mitzumischen, durch unverhältnismäßige Militäreinsätze gegen palästinensischen Demonstranten (Kopfschüsse für Steinewerfer)
ist man allem Anschein nach auch von der israelisch-nationalistischen Seite bemüht, die INTIFADA anzuheizen und nur gewaltsame Regelungen anzubieten. Aber auch in Israel wird eine Rechtsaußenpolitik
durch irgendwelche starken Männer zu nichts führen. Bei den Wahlen im Februar siegt dann der rechte
Hardliner Sharon.
11.Jänner 2001: In einer ZDF-Sendung war Jörg Haider als "gefährlicher politischer Gauner" tituliert
worden. Er klagte und verlor: Ein Politiker müsse sich im Rahmen einer öffentlichen Diskussion mehr
gefallen lassen als ein normaler Staatsbürger.
13.Jänner 2001: Die deutschnationalen schlagenden Burschenschaftler tanzen in Graz ihren "Akademikerball". Ehrenschutze übernehmen haufenweise freiheitliche und schwarze Politiker. Und als einziger
Sozialdemokrat: Schachner-Blazizek, der steirische SPÖ-Obmann. So ein ordentlicher Anständiger!
14.Jänner 2001: Haider verliert Ansehen bei seinen Freunden in Italien. Der Lega-Nord-Boss Umberto
Bossi sagt in einem Zeitungsinterview: „Es ist beleidigend, mich mit Haider zu vergleichen. Die Lega ist
das Gegenteil von Haider, wir sind wie Tag und Nacht. Haider ist für die kleinen Nationalstaaten, wir sind
für die Völker. (..) Er kommt dauernd nach Italien, um sich um Angelegenheiten zu kümmern, die ihn
nichts angehen. Das einzige Resultat ist, daß er der Linken eine Waffe liefert, um uns anzugreifen”. Immer war der Jörg nicht so unwillkommen: 17.Oktober 1999: In Vicenza tritt Jörg Haider bei einer Kundgebung der separatistischen und rechtspopulistischen LEGA NORD von Umberto Bossi auf. Die Berichte,
Haider habe Patanien (den von Bossi angestrebten norditalienische Separatstaat) hoch leben lassen, werden sogleich von der FPÖ dementiert. Als dann ein Fernsehbericht auftaucht, beweist sich dies sogar: Er
ließ Patanien nicht hoch leben, er grüßte es nur ("auguri").
15.Jänner 2001: FP-General Sichrovsky dementiert die Kontakte der FPÖ mit dem Irak, es sei nie eine
offizielle FPÖ-Delegation in Bagdad gewesen, Kontakte gebe es nur von Privatpersonen. Eine dieser
reisenden Privatpersonen (Sommer 2000) war der nö. FP-Landesrat Ewald Stadler.
16.Jänner 2001: Die kroatische Regierung beabsichtigt für rassistische Enteignungen während der Zeit
des kroatischen Faschismus (Ustascha-Herrschaft 1941-1945) Entschädigungen zu leisten.
17.Jänner 2001: Zur Entschädigung der österreichischen Arisierungsopfer gibt es in Washington eine
Einigung, ein "General Settlement Fond" wird mit 360 Millionen Dollar dotiert. Für im Zug der "Arisierun1
28.November 2000: Der Salzburger FP-Chef Schnell meint auf einer Parteiversammlung, die Bezeichnung
"Lump" für Klestil wäre ein harmloser Ausdruck, er nenne seinen Hund ja auch Lumpi und der sei ein lieber, netter
Falott. Der Bundespräsident hätte sich benommen als wäre er gar kein Österreicher, er habe Österreich im Ausland
schlecht gemacht.
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gen" entzogene Mietrechte, Hausrat und persönlicher Wertgegenstände soll pro Person eine Pauschalentschädigung von 7.000 Dollar gezahlt, darüber hinausgehende Schädigungen sollen individuell abgegolten werden.
Siehe dazu auch den Beitrag "Entschädigung für NS-Sklaven- und Zwangsarbeiter" an anderer Stelle in
dieser Ausgabe des ANTIFA-INFO.
Bemerkenswert, daß ausgerechnet die jetzige Regierung diese Angelegenheiten regeln mußte. Die Sozialdemokratie hatte ja über Jahrzehnte, einerseits aus Feigheit vor dem in der Bevölkerung immer noch
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tief verankerten NS-Geist, andererseits durch eigenen Antisemitismus diese Angelegenheiten zu umgehen gewußt. Die österreichische Rechtsregierung konnte es sich international nicht leisten, weiter diesen Weg zu gehen! Man kann sich vorstellen, wer da alles ganz fest mit den Zähnen geknirscht haben
wird...
17.Jänner 2001: Die Auseinandersetzungen in der FP über die Ministerpension des abgetretenen Infrastrukturministers und langjährigen steirischen FP-Obmannes Michael Schmid beenden sich durch den
Parteiaustritt Schmids. Er kassiert so für seine kurze Ministerlaufbahn die wunderschöne Ministerpension
nach dem alten Politikerpensionsmodell. Und die Partei braucht ihn deswegen nicht ausschließen. So
sind alle glücklich, zufrieden, ordentlich und anständig.
18.Jänner 2001: Die Wiener FPÖ entscheidet sich doch für die Entsorgung des Spitzenkandidaten Kabas. Für die auf März vorverlegten Landtagswahlen in Wien will man sich um eine Alternative umschauen. Im Gespräch sind Helene Partik-Pablé, Peter Westenthaler, Herbert Scheibner, Reinhart Waneck
und irgendwer aus der ORF-Dodel-Serie "Taxi-Orange".
18.Jänner 2001: Für Verteidigungsminister Scheibner ist die Neutralität erledigt, Österreich ist längst
kein neutraler, sondern ein bündnisfreier Staat, das sei „kein rechtliches, sondern ein politisches Problem
all jener, die den Österreichern vorgemacht haben, daß wir als neutraler Staat in die EU gehen können”.
Gegen einen NATO-Beitritt sind laut einer Meinungsumfrage immerhin 77% der Österreicher.
19.Jänner 2001: Im STANDARD beschreibt Hans Rauscher einen ganz wesentlichen Aspekt der österreichischen Rechtsregierung: Den "Verein der Freunde des Thomas Prinzhorn". Zur Absage eines Gesprächs der neuen Infrastrukturministerin Forstinger mit dem ÖBB-Chef schreibt Rauscher: „Hier ist die
Hand des heimlichen Wirtschaftslenkers Österreichs, des zweiten Nationalratspräsidenten Thomas
Prinzhorn, spürbar, Forstinger kommt aus dem Firmenumkreis des ÖIAG-Aufsichtsratsvorsitzenden Alfred Heinzel, der wiederum ein enger Freund von Thomas Prinzhorn ist und von diesem in die ÖIAG gebracht wurde. Etliche andere ÖlAG-Aufsichtsräte gehören ebenfalls zu Prinzhorns Freunden und Geschäftspartnern: Mit der Bestellung Forstingers konnte Prinzhorn seinen bereits sehr hohen Einfluss auf
zentrale Bereiche der österreichischen staatsnahen Wirtschaft - ÖIAG und ÖBB - noch mehr ausdehnen.
Heinzel hat sich bereits als Fan eines kompletten Abverkaufs der in der ÖIAG versammelten Industriebeteiligungen bekannt: VA Stahl, VA Tech, BöhIer-Uddeholm, Post AG, AUA. (..)
Minister Forstinger will offenbar mit der ÖBB-Spitze nicht mehr über deren Konzept sprechen, weil sie
unter dem Einfluss Prinzhorns ganz andere Pläne verfolgt.
ÖBB-Generaldirektor Draxler möchte, grob vereinfacht, die ÖBB als Konzern erhalten und neue Geschäftsfelder eröffnen, die mehr Einnahmen versprechen als der reine Bahnbetrieb, vor allem die Verwertung der ÖBB-Immobilien und der Aufbau eines Logistikkonzems (Spedition, Paketschnellverkehr
usw.), Prinzhorn will jedoch offensichtlich die ÖBB zerschlagen und filetieren: die Schienen bleiben der
ÖBB, die interessanten Teile (wieder Grundstücke und Logistik) werden privatisiert. Wer bei dieser Privatisierung mitnaschen darf, darüber wird die demnächst fällige Neuzusammensetzung des ÖBBAufsichtsrates Aufschluss geben. Vorgesehen waren unter anderem ein Vorarlberger Spediteur, der mit
einer FP-Nationalratsabgeordneten verheiratet ist und ein abgestürzter "Börsen-Bulle", der jetzt FP-nahe
Firmen berät.
Schließlich fühlt sich Prinzhorn auch noch für den Bereich der heimischen E-Wirtschaft zuständig und
tritt mit Aussagen hervor wie: Der Verbundkonzern sei "allein nicht überlebensfähig", und es zeichne sich
ein Kollaps der E-Wirtschaft ab. In all diesen Fragen ist auch Prinzhorns Interesse als Papier-Großindustrieller (Transport, Energie) berührt. Seine politische Legitimation ist die Position als FPÖ-lndustriesprecher. (..)”
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auf das bekannte Beispiel von Parteiobmann Adolf Schärf, der nach 1945 sehr um die Nichtrückkehr der Emigranten bemüht war, ist im ANTIFA-INFO ja schon mehrfach hingewiesen worden
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Mehr "Privat" und weniger Staat ist offensichtlich keine bloße Weltanschauung. Wohl eher der
Ausdruck konkreter privater Wirtschaftsinteressen. Aber das darf kein politisches Thema sein.
Oder?
19.Jänner 2001: Ein Teilnehmer der Taxi-Orange-Dodelei war als FPÖ-Kandidat für die Wiener Gemeinderatswahlen ins Gerede geraten, er wehrt sich nun dagegen, mit den Freiheitlichen hätte er überhaupt nichts zu tun und würde nie für die FP auftreten.
Zweite Jännerhälfte 2001: In der BRD veranstalten die konservativen Medien und Politiker eine aufgeregte Jagd nach der politischen Vergangenheit des grünen Außenministers Joschka Fischer. Schließlich
hatte der in seiner ungestümen Jugend bei politischen Kundgebungen gelegentlich Steine geworfen und
mit Polizisten gerauft. Es tut ihm eh also so leid und er wird's eh nie wieder tun und eine so schöne Krawatte hat er inzwischen auch um den Hals. Aber der Weg vom Chaoten zum bekennenden Arschloch ist
trotzdem ein weiter und noch nicht zu Ende.
Zweite Jännerhälfte 2001: Verschwunden ist der ehemalige Wiener FPÖ-Bezirksrat Wolfgang Fröhlich,
wegen ständiger Verbreitung von Propagandamaterial, in welchem die Gaskammern in den Vernichtungslagern des "Dritten Reiches" geleugnet wurden, war ein Wiederbetätigungsverfahren in Gang gesetzt worden, dem er sich nun durch Flucht entzogen hat. Fröhlich war besonders auch dadurch in Erscheinung getreten, daß er seine Schriften an Schulen verschickte.
20.Jänner 2001: Leserbrief in der Kronen Zeitung über Wolf Martin: „...dass dieses Genie in die "Kronen
Zeitung" gefunden hat, ist ein wahrer Glücksfall in unserer Kultur- und Geistesgeschichte”. Wie wahr!
21.Jänner 2001: Die Personalsuppe der FPÖ ist sehr dünn, als Spitzenkandidatin für die Wiener Wahlen
wird die pensionierte Richterin Helene Partik-Pablé nominiert. Sie äußert sich auf der Nominierungstagung ganz im üblichen FPÖ-Stil: Rotgrün bedeute „mehr Druck auf politisch Andersdenkende”. Jaja, die
wahre Verteidigerin der Demokratie ist bleibt halt die FPÖ!
Vizekanzlerin Riess-Passer nennt als FP-Kampfziele Kinderschänder, Drogenhändler und Einwanderer,
ihre Kritik an Klestil wird von den begeisterten Zuhörern mit lauten "Lump!"-Rufen unterstützt.
Ein ganz einfaches Parteimitglied aus Kärnten, ein gewisser Haider, meldet sich auch zu Wort. Er erklärt
der ÖVP, sie werde in einer Koalition mit der FPÖ gezwungen "anständig" zu werden. In der ÖIAG werde man für Ordnung sorgen und im ORF die Widerstandsnester beseitigen. Als "jämmerliche Figuren"
werden der französische Präsident Chirac, der spanische Ministerpräsident Aznar und der bayrische Regierungschef Stoiber eingestuft. Dann gibt es noch Solidarität mit einem rechtskräftig verurteilten Neonazi: In Deutschland könne ein RAF-Sympathisant (!!) Außenminister werden, in Österreich sei „der kleine
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Schimanek acht Jahre lang weggesperrt” worden, „nur weil er eine kleine Wehrsportübung gemacht
hat”.
500 Leute, die gegen die FPÖ-Tagung demonstrieren, werden von 1000 Polizisten bewacht.
24.Jänner 2001: Die Regierung fordert die Absetzung des Präsidenten des Sozialversicherungshauptverbandes, Hans Sallmutter. Der Sozialdemokrat wird zum Regierungsfeindbild Nummer Eins, seine
Ablöse erweist sich aber als nicht so einfach.
25.Jänner 2001: Der JÜDISCHE W ELTKONGRESS fordert anläßlich der Unterzeichnung des Abkommens
über die Entschädigungen für die Arisierungen eine Entschuldigung Österreichs für das Mitwirken an der
Judenverfolgung. Die österreichische Regierung zeigt dazu keine Resonanz.
26.Jänner 2001: Eine klare Feststellung von Hans Rauscher anläßlich des 80. Geburtstages von Kronenzeitungseigner Hans Dichand: „Der Erfolg ist einerseits der eines handwerklich meisterlichen Zeitungsmachers, er gründet aber andererseits genauso in der österreichischen gesellschaftlichen Struktur”.
26.Jänner 2001: Der chilenische Faschist in Ruhe, Pinochet, wird im Zuge der Ermittlungen gegen ihn
von einem ehemaligen Komplizen schwer belastet. Demnach war Pinochet selbst für den Einsatz der
sogenannten "Todesschwadrone" verantwortlich, die zahlreiche Antifaschisten ermordeten.
Es sei auch daran erinnert: Pinochet war ein treuer Freund der USA, der amerikanische Geheimdienst
CIA war ihm bei der "Machtergreifung" überaus behilflich und der jetzt weltweit ausgebreitete Neoliberalismus wurde im faschistischen Chile "erprobt". Danach konnten ihn die Finanzwirtschaft mit Hilfe von
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31.März 1995: Unerwartet hohe Haftstrafe für Hans Jörg Schimanek junior im NS-Wiederbetätigungsprozeß. 15
Jahre Haft lautet das Urteil in erster Instanz. Der Angeklagte legt Nichtigkeitsbeschwerde ein, er hatte mit sieben
Jahren gerechnet, auch der Staatsanwalt hatte eine geringere Strafe erwartet. Wie man später hört, waren vor allem
die Geschworenen für eine hohe Strafe, weil sie sich vom frechen Lügen der Zeugen aus Schimaneks Wehrsportgruppe provoziert sahen. 22.November 1995: Die 15 Jahre für Hans-Jörg Schimanek junior aus der Schwurgerichtsverhandlung wegen NS-Wiederbetätigung werden vom Obersten Gerichtshof auf acht Jahre herabgesetzt.
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Frau Thatcher, Herrn Reagan und mit tatkräftiger Unterstützung von Gospodin Gorbatschow überall als
das aktienfreundlichste Gesellschaftssystem einsetzen. Bei uns ist es ja vielen Leuten immer noch nicht
bewußt: Mit dem Ende des "Realsozialismus" kam auch das definitive Ende der "sozialen Marktwirtschaft".
26.Jänner 2001: Im STANDARD äußert sich Fritz Molden zur These, auch unter den Nazigegnern hätte es
Antisemitismus gegeben. Molden ist wahrscheinlich der bekannteste Antinazi aus dem konservativen
Lager, er meint unter den Antifaschisten habe es besonders viele "jüdisch Versippte" gegeben, denen
könnte man kaum Antisemitismus vorwerfen, außerdem seien zwischen siebentausend und fünfzehntausend Juden während der NS-Zeit versteckt worden. Was sich allerdings alsbald als gänzlich irreale
Übertreibung auf das Zehnfache herausstellt. Und klarerweise schützt auch Antifaschismus nicht vor Antisemitismus.
27.Jänner 2001: Anläßlich des Jahrestages der Befreiung des KZ Auschwitz finden in vielen Ländern
Gedenkfeiern statt.
27./28.Jänner 2001: Weltwirtschaftsforum in Davos. Den Schweizer Behörden gelingt es weitgehend,
jede öffentliche Kritik an dieser Zusammenkunft zu unterbinden. Was brauchen die Kapitalherrn schließlich eine freie Meinungsäußerung, wenn sie den freien Kapitalverkehr haben.
Gegen Ende Jänner 2001: Das FPÖ-nahe Wochenblatt ZUR ZEIT hatte geschrieben u.a. sei der Journalist Karl Pfeifer für den Selbstmord des rechtsextremen Politologen Werner Pfeifenberger verantwortlich, der im Mai 2000 kurz vor einem Prozeß wegen Wiederbetätigung aus dem Leben geschieden war.
Pfeifer klagte wegen dieser Unterstellung, ZUR ZEIT weigert sich jedoch die Identität des beklagten Artikelverfassers bekannt zu geben. Es wird bis Ende März vertagt.
29.Jänner 2001: Wieder eine Wahlmeinungsumfrage: SPÖ 32%, ÖVP 31%, FPÖ 23%, Grüne 12%. Also alles super, die Leuten möchten es so wie es ist: An Mandaten machte das 101 dafür und 82 dagegen, somit eine satte Mehrheit für die Regierungskoalition!
29.Jänner 2001: In Chile wird vom Untersuchungsrichter Juan Guzmán Tapia die Untersuchungshaft
gegen Pinochet verhängt, die Anwälte des 85jährigen "mutmaßlichen" Massenmörders erheben Einspruch.
29.- 30.Jänner 2001: In Stockholm findet ein Internationales Forum gegen Intoleranz statt, unter anderem referiert Heinz Fischer über den Abbau von Feindbildern.
30.Jänner 2001: Bis 2002 soll es geschlossen werden, das "berühmteste" aller Obdachlosenheime: Weil
bis Herbst 2002 ein neues Heim fertiggestellt sein wird, schließt dann das Heim in der Meldemannstraße, das seinerzeit die Glorie hatte, Hitler jahrelang zu beherbergen.
30.Jänner 2001: Die Regierung hat einen Erfolg zu melden. Während im Jahr 2000 in den anderen EUStaaten war eine Zunahme zu registrieren war, sind die Asylwerber in Österreich um 9,1% zurückgegangen. Da freuen sich die Anständigen aber ordentlich!
30.Jänner 2001: Die deutsche Bundesregierung bringt beim Bundesverfassungsgerichtshof den Antrag
auf Verbot der Nationaldemokratischen Partei Deutschlands (NPD) ein.
Der österreichischen Variante, der NDP Norbert Burgers, war schon 1988 vom Verfassungsgerichtshof
die Rechtspersönlichkeit als politische Partei aberkannt worden, weil sie sich „in wesentlichen Kernpunkten mit Zielen der NSDAP” treffe.
31.Jänner 2001: Auf dem 13. Listenplatz der ÖVP für die Wiener Gemeinderatswahlen scheint der e4
hemalige FPÖ-Gemeinderat Rüdiger Stix auf.
31.Jänner 2001: Der Präsident der Israelitischen Kultusgemeinde, Ariel Muzicant, unterschreibt den
Entschädigungsvertrag für die Arisierungsopfer nicht, weil nicht alle im Besitz der öffentlichen Hand befindlichen Vermögenswerte inkludiert seien. Für den Vertragsabschluß selbst ist die Unterschrift Muzicants nicht notwendig. Vom Nationalrat wird die Entschädigungsvereinbarung einstimmig angenommen.
Anfang Februar 2001: Leider haben wir den versprochenen Bericht über 1 Jahr Donnerstags-Demos in
Wien dann doch nicht erhalten ...
1.Februar 2001: Über die "Gewalt von links" begehrte Frau Partik-Pablé Aufklärung vom Innenminister.
Zu den Donnerstagsdemonstrationen vermutet sie gar "Bedrohungssituationen für die Bevölkerung". In-
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25.Mai 1998: Der Wiener Landtagsabgeordnete der FPÖ, Rüdiger Stix, wird aus der Partei ausgeschlossen. Er
hatte die Absicht Haiders kritisiert, Mandatare mittels Verträgen an die Parteilinie zu binden.
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nenminister Strasser bleibt sachlich und läßt die FPÖ-Frau trocken aufsitzen: "Gewalt von links" ist kein
Problem.
1.Februar 2001: Wahlumfrage zur Wiener Landtags- und Gemeinderatswahl: 42% SPÖ, 20% ÖVP, 19%
FPÖ, 15% Grüne.
1.Februar 2001: Die FPÖ versucht sich in der Wiener Wahlwerbung als witzig:
3.Februar 2001: Der tschechische Ministerpräsident Zeman verurteilt die Exzesse bei der Vertreibung
der Sudetendeutschen 1945. Unabhängig davon könne die Vertreibung nicht ohne die geschichtlichen
Zusammenhänge gesehen werden, die klare Mehrheit der Sudetendeutschen habe Hitler unterstützt
(Anm.: über 90% hatten zuletzt für die NS-Ableger "Sudetendeutsche Partei" gestimmt).
4.Februar 2001: In der TV-Sendung BETRIFFT sagt FP-Chefin Riess-Passer, die FPÖ möchte auch in
der nächsten Legislaturperiode in der Regierung bleiben, weil noch nicht alles an Reformen getan ist. Als
Spitzenkandidat für die Wahlen 2003 käme auch ein einfaches Parteimitglied aus Kärnten in Frage, dieser sei ein guter Landeshauptmann, warum sollte er nicht auch ein guter Bundeskanzler sein.
Skiweltmeisterschaften 2001: Irgend so ein britischer Seitengeblickter aus der Königsfamilie streunte
in St. Anton und shakte hand mit der dann in britischen Boulevardblättern als "Eva Braun" und "Mrs. Hitler" betitelten Frau Riess-Passer. Da waren sie wieder erbost, die Ordentlichen und Anständigen.
So eine böse Zeitung! Da sind wir aber voller Entrüstung ganz empört!
5.Februar 2001: Die Staatsanwaltschaft stellt die Vorerhebungen gegen Jörg Haider und Ewald Stadler
im Zusammenhang mit der Spitzelaffäre ein. Laut Staatsanwalt Schindler hätten sich einige Anschuldigungen als unzutreffend erwiesen, in anderen wäre die Beweislage sehr dünn gewesen oder der Tatbestand wäre schon verjährt. Westenthaler gröhlt sogleich wieder freudig und verlangt Entschuldigungen
seitens der Oppositionsparteien. Wofür? Weil mutmaßliche Tatbestände schwer beweisbar oder verjährt
sind?
5.Februar 2001: In Wien verlangt ein Fundi-Rabbi namens Friedman die Gründung einer zweiten Israelitischen Kultusgemeinde, er glaubt von der bestehenden Gemeinde würde alles unternommen, um das
Entstehen einer strenggläubigen Gruppierung zu unterbinden.
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5.Februar 2001: Die Suspendierungen gegen die drei in den Fall Omofuma verstrickten Fremdenpolizisten werden nach eineinhalb Jahren aufgehoben. Zum Fall selbst wartet man jetzt auf ein weiteres
Gutachten zur Todesursache.
7.Februar 2001: Der Salzburger Landtag hebt die Immunität von FP-Schnell in der "Lump-Sache" auf.
8.Februar 2001: Der russische Präsident Putin lobt anläßlich seines Österreich-Besuches die österreichische Neutralität. Viel wird da nimmer zu loben sein...
12.Februar 2001: Meinungsumfrage zur Wien-Wahl: 41% SPÖ, 21% ÖVP, 20% FPÖ, 14% Grüne, 2%
LiF, 2% "andere Parteien" (KPÖ), 1996 waren die Ergebnisse: 39%, 15,3%, 28%, 8%, 8%, 1,8%.
12.Februar. Wieder ein Schlager für die FPÖ: Ex-Kanzler Klima hatte sich seine Pensionsansprüche
gegenüber der OMV in der Höhe von rund 10 Millionen Schilling einkommensschonend abfertigen lassen. Klima richtete also nicht nur in seiner leitenden Funktion exorbitanten Schaden für die Sozialdemokratie an, er schadet auch weiterhin. 1995 stand im ANTIFA-INFO über Klima: Wenn unlängst Verkehrsminister Klima auf einer Gewerkschaftsveranstaltung meinte, er hätte es ja eigentlich gar nicht nötig, sich als Minister irgendwo hinzustellen, sich attackieren zu lassen und rechtfertigen zu müssen,
schließlich hätte er bei der ÖMV auch einen schönen Job gehabt, dann kommt damit der Unterschied
klar zum Ausdruck. Die Rückkehr des Herrn Klima zur ÖMV würde politisch nichts Nennenswertes ändern, seine Präpotenz würde niemand vermissen.
Vermissen tut Klima auch heute niemand, er war zusammen mit Rudas sicherlich einer der größten
Mißgriffe der SPÖ.
12.Februar 2001: In den USA wollen jüdische Organisationen die Computerfirma IBM auf Milliardenzahlungen klagen, weil in Nazideutschland die Erfassung der Daten der KZ-Häftlinge mit Lochkartenmaschinen der Firma IBM erfolgte. Nunja, auch einem Antifaschisten erscheint das dann doch etwas weit
hergeholt. Vielleicht sollte man auch den Hersteller der Tinte verklagen, mit der die Totenbücher der KZs
geführt wurden. Norman Finkelstein hat ein Buch geschrieben, das die These aufstellt, es gebe eine
Holocaust-Industrie. Manche Leute scheinen darauf aus zu sein, Finkelstein zu beweisen. Finkelstein
stellt in diesen Tagen sein Buch in Deutschland und Österreich vor, wir werden in der nächsten Nummer
auf dieses umstrittene Werk eingehen.
12.Februar 2001: Heftige Kritik seitens der Regierung finden Gewerkschaftsveranstaltungen zum Jahrestag des Februaraufstandes von 1934, in denen auf Parallelen zwischen damals und heute hingewiesen wurde.
13.Februar 2001: 88jährig stirbt Kristina Söderbaum. In der NS-Zeit war sie der Star der Nazifilme ihres
Ehemannes Veit Harlan ("Jud Süß"), wegen ihrer kitschig-tragischen Filmrollen erhielt sie den Spitznamen "Reichswasserleiche".
15.Februar 2001: Rasch noch eine Wahlumfrage: 32% sind demnach jetzt präsumtive SPÖ-Wähler,
gleich viele tendieren zur ÖVP, die FPÖ sänke auf 19%, die Grünen könnten mit 12% rechnen. Das wäre
mandatsmäßig immer noch 98:85 für die rechte Regierung. Und das obwohl 56% der Befragten weniger
bis nicht zufrieden mit der Regierung sind. Seltsam!
16.Februar 2001: In Israel zeichnet sich die Bildung einer großen Koalition ab, der neue weit rechts stehende Ministerpräsident Sharon bietet seinem Vorgänger das Verteidigungsministerium an.
15.Februar 2001: Ein Relikt des stark rechtslastigen ehemaligen SPÖ-Bürgermeisters von Wels, Bregartner, steht zur Entsorgung heran: Der jetzige Bürgermeister Koits will den Vertrag, den sein Vorgän5
ger mit dem Flohmarktorganisator Ludwig Reinthaler abgeschlossen hat (Flohmärkte am Messegelände), kündigen, weil immer noch Nazi-Devotionalien verkauft werden, erst unlängst beschlagnahmte die
Polizei dort eine Hitler-Büste.
16.Februar 2001: Die FP hat Urheberrechtsprobleme: Für ein Plakat verwendete man widerrechtlich einen Entwurf des britischen Designers Brody („Haiders's neo-nazis stole my poster design”) und für einen
Radio-Spot zur Wienwahl imitierte man die Figuren der Fernsehserie MA 4212, Düringer, Dorfer und
Weinzettl klagen.
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Erste Dezemberhälfte 1997: Der Welser Bürgermeister Bregartner hat zwar seinerzeit eine Vereinbarung unterschrieben, die ihn im Punkt 7 verpflichtete, daß „öffentliche Einrichtungen der Stadt Wels“ keine Geschäftsverbindungen mit Personen, die rechtsextremer Aktivitäten verdächtig sind, haben dürften. Trotzdem will er als Messepräsident weiterhin an Ludwig Reinthaler für Flohmarktveranstaltungen vermieten. Reinthaler sei schließlich nicht verurteilt worden, daher gebe es keine Beweise.
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19.Februar 2001: Laut einer Meinungsumfrage sind 62% der Bevölkerung überzeugt, daß die FPÖ vom
"einfachen Parteimitglied" Jörg Haider geleitet wird, nur 15% vermuten, dies geschehe durch RiessPasser.
19.Februar 2001: FORMAT berichtet über die gelungenen Versuche von Haider-Kulturberater Andreas
Mölzer, mit seinem Rechtsaußenblatt ZUR ZEIT Kontakte zum politischen Konservatismus zu knüpfen,
Wirtschaftsbundchef Leitl und Außenministerin Ferrero-Waldner schrieben Gastbeiträge, eine Rede
Schüssels wurde ebenfalls abgedruckt. Allerdings erhielt jetzt ein ZUR ZEIT-Mitarbeiter in erster Instanz
wegen NS-Wiederbetätigung zwölf Monate bedingt. Denn man konnte im Blatte u.a. lesen: „Der Mythos
der sechs Millionen wurde im größten Schauprozeß der Weltgeschichte in Nürnberg institutionalisiert Wenige wagen heute noch, die de facto Weltherrschaft des Judentums und ihres verlängerten Armes,
der Freimaurer, anzusprechen - Die größte Chance wurde vertan mit der Behandlung des kühnen Idealisten Rudolf Heß nur als Verbrecher”. Heil Hitler!
19.Februar 2001: Infrastrukturministerin Forstinger beweist ihre Gesinnungstreue: Die von den Landeshauptleuten von Wien, Niederösterreich und Burgenland geforderte Schienenanbindung über Sopron
nach Ungarn sei "Verrat an Österreich".
19.Februar 2001: Das DÖW (DOKUMENTATIONSARCHIV DES ÖSTERREICHISCHEN W IDERSTANDS) stellt eine
Liste mit 61.000 Namen von österreichischen Holocaust-Opfern ins Internet (www.doew.at). Erfaßt wurden die österreichischen Opfer in den Ghettos und KZs in Auschwitz, Belzec, Chelmno, Izbica, Kielce,
Kowno, Lagow, Lodz, Majdanek, Maly Trostinec, Minsk, Modliborzyce, Nisko, Opatow, Opole, Riga, Sobibor, Theresienstadt, Treblinka und Wlodawa. Man kann vielleicht gespannt sein, was die HolocaustLeugner dazu jetzt äußern werden. Lauter ausgedachte Namen von erfundenen Opfern?
20.Februar 2001: Nach dem "Mißgeschick" der Frau Minister Forstinger mit der irrtümlichen Telefonnummernverordnung heißt es aus den "DIE-FPÖ-IST-EINE-NORMALE-PARTEI"-Kreisen, das Problem der
FPÖ sei nicht der Faschismus, sondern der Dilettantismus.
21.Februar 2001: Von der Spitzelaffäre bei FPÖ & Polizei hört man in letzter Zeit nimmer viel. Der Umstand, daß der zuständige Referent der Wiener Oberstaatsanwaltschaft, ein gewisser Harald Eisenmenger (zumindest bis 1997 unter dem Kriegernamen "Wahnfried") Mitglied einer rechtsextremen schlagenden Burschenschaft war, könnte möglicherweise eine Rolle spielen.
21.Februar 2001: Haider bei der Wahlkampferöffnung in Wien-Oberlaa: „Der Häupl hat einen Wahlkampfstrategen, der heißt Greenberg. Den hat er sich von der Ostküste einfliegen lassen. Liebe Freunde, ihr habt die Wahl zwischen Spindoctor Greenberg oder dem Wienerherz zu entscheiden! Wir brauchen keine Zurufe von der Ostküste! (..) Jetzt ist es einmal genug. Jetzt geht es um einen anderen Teil
der Geschichte, die Wiedergutmachung für die Heimatvertriebenen.”
Das waren glasklare Worte, das war glasklarer Antisemitismus. Allerdings werden diese Äußerungen vor
der Wahl wenig angeprangert. Denn wenn die SP-Wien darauf offensiv reagierte - vielleicht zeigte der
Antisemitismus dann erst Breitenwirkung?
Ostküsten-Greenberg, Wahlberater von Clinton, Blair, Schröder, Mandela und Häupl
21.Februar 2001: In Wuppertal werden vier Neonazis wegen eines Brandanschlages auf ein Asylantenheim zu viereinhalb bis zehn Jahren Haft verurteilt.
21.Februar 2001: Im Ganzganzrechtsrechtsblatt ZUR ZEIT von Haider-Berater Andreas Mölzer findet sich
eine Bilanz der neuen Regierung - gezogen von den Ministern (auch der von der ÖVP). Da heute „unsere Freunde in der Regierung” sitzen, will Mölzer auch endlich zu einer Presseförderung kommen.
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22.Februar 2001: Der Opernball und die Antiopernballdemonstration: Heuer findet die Exekutive endlich
wieder einmal Anlaß ordentlich dreinzuwaschen, zahlreiche Verletzte, 42 Festgenommene. Die Polizei
ist besonders erfolgreich beim Verprügeln von Einzelpersonen, sogar in der Kronenzeitung erscheint ein
Leserbrief, in welchem sich ein Kronenzeitungsleser darüber beschwert, er sei grundlos g'schnoizt worden. Aber in den folgenden Wochen hagelt es wieder die Leserbriefe der Braven und Anständigen, die
schrill nach der Staatsgewalt gegen den linkslinken Terror schreien.
Ja, wir wissen es alle! Seinerzeit, wie es noch eine ordentliche Beschäftigungspolitik gegeben hat, hat es
auch keine Antiopernballdemos und keine Chaoten gegeben!
23.Februar 2001: Haider als Wahlredner in Wien fordert Änderungen bei der neuen Besteuerung der
Unfallrenten. Bis 2000 waren Arbeitsunfallrenten steuerfrei, weil bei ihrer Bemessung bereits die Berechnungsbasis um ein Drittel gekürzt wird. Zwecks Geldbeschaffung hatte die Rechtsrechtsregierung
nun die Steuerpflicht eingeführt, was im Durchschnitt jeden der knapp 110.000 Unfallrentner mit mehr als
18.000 Schilling belasten müßte, um die erhofften Mehreinnahmen von zwei Milliarden zu erreichen.
Damit sind die Arbeitsunfallrentner diejenigen Opfer der Regierung, die am heftigsten belastet werden.
Wahrscheinlich hatte man dieses Ausmaß regierungsseitig überhaupt noch nicht bemerkt, darum kann
nun Herr Haider versuchen, den Rächer der Enterbten zu spielen. Was sein Finanzminister anrichtet,
davor will das einfache Parteimitglied die Leute wieder beschützen. Der Täter verspricht den Opfern rasche Hilfe. Danke, lieber Jörg, jubeln die Invaliden. Oder?
23.Februar 2001: Das Entschädigungsgesetz für die Arisierungsopfer tritt in Kraft, bis zum 22.2.2002
können für verlorenen Hausrat u.a. rund einhunderttausend Schilling an Schadenersatz beansprucht
werden. Es soll rund 21.000 noch lebende Betroffene geben (von den ca. 185.000 österreichischen Juden hatten bis Ende 1939 mehr als 60% das Land unter Hinterlassung des meisten Besitzes verlassen).
24.Februar 2001: In einem STANDARD-Interview sagt Vizekanzlerin Riess-Passer, die FPÖ werde bei
den nächsten Nationalratswahlen „selbstverständlich den Kanzleranspruch erheben und damit wahlkämpfen”. Ob sie selbst die Kanzlerkandidatin sein wird, läßt sie offen. Aber diese Frage beantwortet
sich ohnehin von selbst.
26.Februar 2001: Der belgische Außenminister Louis Michel sagt in einem Zeitungsinterview, wenn
nach den italienischen Wahlen eine Koalition Berlusconis mit den italienischen Neofaschisten an die Regierung käme, sollten dagegen die selben Sanktionen wie gegen die österreichische Regierung ergriffen
werden.
26.Februar 2001: Wahlmeinungsumfrage: SPÖ 32%, ÖVP 32%, FPÖ 23%, Grüne 11%, andere 2%.
Das wäre 103:80 für die Regierung.
28.Februar 2001: Der italienische Außenminister Dini weist die Forderung des belgischen Außenministers Michel zurück: Alle italienischen Parteien seien demokratisch.
28.Februar 2001: Haider in Ried im Innkreis auf seiner traditionellen Aschermittwoch-Rede: „Ich verstehe nicht, wie einer, der Ariel heißt, so viel Dreck am Stecken haben kann”.
Im bei Haider üblichen Umgang mit der Wahrheit werden aus den Schulden der israelitischen Kultusgemeinde persönliche Verfehlungen des Vorsitzenden: Ariel Muzicant hat "Dreck am Stecken". Und die Zuhörer freuen sich einmal mehr, wenn es der Jörg den Saujuden so richtig einisogt. Hinterher war es eh nur
ein Büttenwitz zum Faschingsausklang und überhaupst keinesfalls kein Antisemitismus nicht.
Ende Februar 2001: Der Zentralverband jüdischer Glaubensgemeinschaften in der Slowakei klagt
Deutschland auf die Rückgabe von 180 Millionen DM. Hitlerdeutschland hatte von seinem Verbündeten,
der klerikalfaschistischen Slowakei Tisos, Gebühren für die Liquidation der dortigen Juden eingehoben.
1942 wurden 57.628 slowakische Juden deportiert, für jeden Deportierten zahlte die Slowakei 500
Reichsmark.
6
Februar/März 2001: Die Debatte um die Trauner Abriß-Moschee soll uns nicht bewegen: Die Moscheebetreiber stehen der türkischen Tugend-Partei nahe, für Fundi-Fanatiker und ihre Projekte engagieren wir uns nicht. Hier von "Fremdenfeindlichkeit" zu sprechen, ist eine Absurdität, das Baurecht gilt
eben für alle.
2.März 2001: In Abwesenheit beginnt in Paris ein weiterer Prozeß gegen den letzten
noch immer flüchtigen großen Kriegsverbrecher. Der Österreicher Alois Brunner, Mitarbeiter Eichmanns, wird für die Ermordung von 140.000 Juden verantwortlich gemacht. Er flüchtete 1945 nach Syrien und sicherte sich als militärischer Berater vor
6
Baubehördlich wurde der Abriß einer Behelfsmoschee verfügt, die Betreiber verhinderten den Abriß vorerst durch
Besetzung
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Auslieferungen. Ob er noch lebt, ist nicht gesichert, er soll letztmals 1993 in Damaskus gesehen worden
sein. In diesem Verfahren wird er nun wiederum (wie schon vor Jahrzehnten) in Abwesenheit verurteilt:
lebenslang.
5.März 2001: In einem FORMAT-Interview sagt Haider, die Regierung müßte „nach der Klärung der Restitutionsfrage jetzt die Frage der Heimatvertriebenen angehen”. Die Ersatzansprüche der NS-Opfer hält
er durch die laufenden Maßnahmen für endgültig befriedigt, die Österreicher hätten „kein Verständnis
mehr für diese Debatte”.
5.März 2001: Nach dem im Jänner und Februar verschiedene Schätzungen über in der NS-Zeit von "Ariern" gerettete "jüdische U-Boote" in Umlauf gekommen sind, stellt Dr. Neugebauer vom DÖW klar:
Nach den vorliegenden Zahlen können nur 500 bis 600 den Holocaust als U-Boot überlebt haben, nicht
Tausende.
Die Juden, die in Wien das Kriegsende erlebten, waren in der Regel konvertiert und lebten in sogenannten "privilegierten Mischehen", deren Liquidierung war vom NS-Regime zwar 1944 noch in Angriff
genommen, aber nicht mehr beendet worden. Ein bekanntes Beispiel dafür war der berühmte Rechtsanwalt Dr. Michael Stern.
6.März 2001: Vom Ministerrat wird eine abgespeckte Variante des FPÖ-Kindergeldes beschlossen. Für
maximal 36 Monate gibt es für alle Eltern 6.000 Kindergeld.
7.März 2001: Ein argentinisches Gericht hebt die Begnadigungsgesetze von 1986 und 1987 auf, mit denen 1.180 Militärs vor Strafverfolgung wegen ihrer Verbrechen während der Militärdiktatur von 1976 bis
1983 geschützt wurden.
8.März 2001: Die amerikanische Regierung kritisiert die Entscheidung eines New Yorker Bundesgerichts, Sammelklagen gegen deutsche und österreichische Banken vorerst nicht abzuweisen, dadurch
würden die Auszahlungen an ehemalige NS-Zwangsarbeiter verzögert.
8.März 2001: Die Homosexuellen-Initiative HOSI gibt bekannt: Österreicher, die wegen der umstrittenen
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Sexualgesetzgebung verurteilt werden, könnten in Schweden politisches Asyl beanspruchen.
8.März 2001: Umfrage zur Wien-Wahl: Demnach kann die SPÖ mit 41%, die FPÖ mit 21%, die ÖVP mit
18% rechnen, die Grünen kämen auf 15%.
9.März 2001: Ariel Muzicant klagt Haider wegen seiner Äußerung, Muzicant habe "Dreck am Stecken".
Haider legt nach: „Jemand, der im Verbund mit der Wiener Stadtregierung aufgrund seiner guten Kontakte dorthin als Immobilienmakler und -spekulant hier in Schutzgebieten Sanierungen durchführt, wo kein
anderer eine Bewilligung bekommt, dann ist das etwas, was nicht in Ordnung ist und daher ist der Name
Ariel nicht in Ordnung, denn der ist mit Sauberkeit verbunden”. Also wieder eines dieser typischen geheimnisvoll klingenden, aber inhaltslosen Haider-Statements, man kann auf das Verfahren gespannt
sein.
9.März 2001: In Hartheim soll eine große Gedenkstätte für die ermordeten Behinderten errichtet werden,
in Salzburg soll endlich die Errichtung des schon vor über zehn Jahren beschlossenen Denkmals für die
NS-Opfer in Angriff genommen werden.
11.März 2001: Bundeskanzler Schüssel erklärt in der TV-Pressestunde Jörg Haiders "Ariel-Dreck-amStecken"-Spruch zu einer Faschingsaussage. Aber klaro, was haben wir lachen müssen über diesen
lustigen Scherz. So eine Gaudi.
11.März 2001: Spanische Bürgerkriegsselige gibt es nun in Massen: Gleich 233 Opfer des spanischen
Bürgerkrieges werden vom Papst selig gesprochen, sie seien von Anarcho-Kommunisten wegen ihres
Glaubens getötet worden.
Bleibt bloß ungeklärt, woran diese Gläubige in erster Linie geglaubt hatten? Zeitgeschichtlich betrachtet
dürfte es der Glaube an die Wiederkehr kirchlicher Allmacht durch Franco, den faschistischen Putschisten gegen die republikanische Regierung gewesen sein. Viva Espania, viva e Fascismo?
11.März 2001: Kommunalwahlen in Frankreich. In Paris gewinnt die politische Linke, in den anderen Bereichen sind eher die rechten Parteien die Zugewinner. Die FRONT NATIONAL kann ihre Positionen teilweise halten.
11.März 2001: In Italien wird die "Liberale Volkspartei" gegründet, die sich vornimmt, in Italien die Ideen
Jörg Haiders zu propagieren.
7
homosexuelle Beziehungen zwischen über und unter 18jährigen sind in Österreich immer noch strafbar
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auf den Plakaten steht auch "Haider"
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12.März 2001: Interessant ist die Meldung , daß auch die starken Verschlechterungen im Pensionsrecht
keinen Rückgang der Frühpensionierungen bewirkten. Und besonders interessant ist, daß anscheinend
niemand mehr die Ursachen für den heftigen Drang der Menschen aus dem Arbeitsleben versteht: Die
Ausbeutung wird ständig in die Höhe geschraubt, die Menschen werden immer und überall stärker unter
Druck gesetzt, demotiviert, verunsichert, der Profitgier untergeordnet - und dann fragen irgendwelche Idioten verblüfft, warum die Menschen unter immer erbarmungsloseren schlechten Bedingungen nicht bis
65 arbeiten wollen. Frühpensionierung ist doch die letzte emanzipatorische Waffe der arbeiterbewegungslosen Arbeiterklasse!
12.März 2001: Der Kärntner LH-Stellvertreter Mathias Reichhold (FPÖ) gibt nach 23 Jahren Tätigkeit für
Jörg Haider seinen Rückzug aus der Politik bekannt. Reichhold war hauptsächlich als Platzhalter und
Einspringer tätig gewesen.
12.März 2001: FORMAT zitiert aus dem noch unveröffentlichten Rechtsextremismusbericht: Danach gab es
im Jahr 2000 zwei rechtsextreme Hauptgruppierungen, Personen mit ausgeprägtem intellektuellideologischen Hintergrund verbreiten einschlägiges Gedankengut, junge und ideologisch nicht gefestigte
Täter verüben Gewaltakte. Die Zahl der Rechtsextremisten sei leicht rückläufig, 336 einschlägige Tathandlungen wurden angezeigt (minus 11 Prozent), die Zahl der rechtsextremen Vandalenakte dürfte aber enorm gestiegen sein, man spricht von einer Zunahme von 84%.
13.März 2001: EU-Kommissar Franz Fischler (ÖVP) bezeichnet Haiders Ariel-"Scherze" als völlig inakzeptabel.
13.März 2001: Der Hausarrest über Chile-Fascho Pinochet wird aufgehoben, Anklagen gegen ihn werden aber vorbereitet.
13.März 2001: Auf Platz 5 der Wiener FPÖ-Kandidatenliste steht ein gewisser Peter Schumann, der als
Behindertervertreter in den Wiener Gemeinderat einziehen soll. Der Schauspieler und Sänger Adi Hirschal hatte gesagt, er wolle sich „gegen das braune Gesindel” einsetzen, Schumann dazu: „ich fühle
mich in einer braunen Partei wohl”, er habe keine Probleme mit ausländerfeindlichen Aussagen.
14.März 2001: Das US-Außenamt bezeichnet die Angriffe Haiders auf Muzicant als unentschuldbar. Die
ÖVP enthält sich auch weiter hin einer wirklichen Kritik, Generalsekretärin Rauch-Kallat meint bloß, es
wäre "ein Satz zuviel" gewesen.
14.März 2001: Vizehaiderin Riess-Passer sieht keinen Grund, sich vom "Ariel-Sager" zu distanzieren,
man solle den Ausspruch "nicht überbewerten".
15.März 2001: Der STANDARD berichtet, die Wiener FP habe die Plakatierung zweier Plakate zur Wiener
Wahl jeweils so bestellt: Links den Slogan: "Ausländer: ich verstehe die Sorgen der Wiener", rechts
"Kriminalität: Auch ich will sicher leben". Damit werden Ausländer und Kriminalität ganz bewußt in einen
Zusammenhang gestellt.
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das hat zwar unmittelbar nix mit der ANTIFA-INFO-Thematik zu tun, ist aber ein wichtiger gesellschaftspolitischer
Aspekt
11
15.März 2001: Ein Sprecher des deutschen Außenamtes dementiert Frau Riess-Passer: Entgegen derer
Behauptung sei kein Treffen des deutschen Kanzlers Schröder mit FP-Ministern geplant.
15.März 2001: Die Entscheidung, im Hitler-Geburtshaus in Braunau ein "Haus der Verantwortung" einzurichten, wird auf April verschoben
15.März 2001: Der Vizepräsident des Zentralrates der Juden in Deutschland und CDU-Politiker Michel
Friedman sagt, in der BRD könnte sich ein Politiker mit solchen antisemitischen Äußerungen wie Haider
nicht halten, auch das Verhalten Schüssels sei skandalös. Der Salzburger ÖVP-Landeshauptmann
Schausberger fordert, daß mit antisemitischen Äußerungen Schluß sein müßte.
15.März 2001: Einmal mehr stellt SP-Chef Gusenbauer fest, die Regierung plane die Abschaffung der
Neutralität durch die Hintertür, er verlangt eine offene Debatte darüber.
16.März 2001: Große Kundgebung gegen die Regierungspolitik in Wien. DIE PRESSE berichtet am
nächsten Tag, auf einem Transparent sei "Tötet Haider" gefordert worden. Sofort größte Entrüstung und
Empörung von der FPÖ über FORMAT bis zum STANDARD. Was war wirklich gewesen:
Haiders Mord / Wort-Spiele sollten "getötet" werden. Es dauert aber bis in den April hinein, bis diese Tatsache zur Kenntnis genommen wird.
März 2001: In Polen wird ein Fall von Massenmord an Juden bekannt, der 1941 von Polen begangen
wurde. Am 10.7.1941 wurden in der Kleinstadt Jedwabne rund 1.600 Juden unter der Beschuldigung, Agenten des Bolschewismus zu sein, zusammengetrieben und vor zuschauenden deutschen Truppen
massakriert (in einer Scheune verbrannt).
16.März 2001: Der FPÖ-Kandidat Schumann erklärt, seine Äußerung, er sei gerne in einer braunen
Partei, hätte er "zynisch gemeint". Er will aber trotzdem auf seine Kandidatur verzichten (was wahlrechtlich nicht mehr möglich ist).
16.März 2001: Die VP-EU-Abgeordnete Ursula Stenzel sagt, die antisemitischen Äußerungen Haiders
seien nicht "passiert", sondern Teil der freiheitlichen Wahlstrategie.
16.März 2001: Fünf FPÖ-Polizisten bleiben wegen der Spitzelaffäre weiterhin suspendiert.
17.März 2001: 20.000 Globalisierungsgegner demonstrieren in Neapel gegen das Forum über die Nutzung der Informationstechnik. Die Polizei geht mit größter Brutalität vor, die Kundgebungen gegen
SHAREHOLDER VALUE werden immer weniger "geduldet", Meinungsfreiheit wird immer mehr zur Schimäre,
die Ideen der Herrschenden haben die alleinigen herrschenden Ideen zu sein.
18.März 2001: Der KURIER berichtet über die Diskussion zum in Villach geplanten Postverteilzentrum.
Der Villacher SPÖ-Bürgermeister Manzenreiter hatte LH Haider beschuldigt, für die Errichtung des Zentrums in Klagenfurt statt in Villach interveniert zu haben. Haider dementierte empört, er habe „auf jede
Einflußnahme verzichtet”, weil ihm bewußt sei, daß „ein privatwirtschaftlich agierendes Unternehmen auf
politische Wünsche keine Rücksicht nehmen kann”, es würde ihn interessieren, bei wem er interveniert
haben soll, der Bürgermeister möge Personen und Zeitpunkt nennen. Manzenreiter nennt die Person
und den Zeitpunkt: am 8.2.2001 schrieb Haider an die Infrastrukturministerin Forstinger, sie solle der
Post AG die Überlegung näherbringen „das Verteilzentrum in Klagenfurt anzusiedeln”. Der Herr Landeshauptmann sprach also wieder einmal ganz laut die ganze Wahrheit oder vielleicht irgend sowas Ähnliches.
19.März 2001: Umfrage zur Wiener Wahl: 42% SP, 23% FP, 18% VP, 12% Grüne, 3% LiF.
19.März 2001: Im STANDARD gibt Muzicant Auskunft über die Schulden der ISRAELITISCHEN KULTUSGEMEINDE. Danach hatte man seit Anfang der Achtzigerjahre versucht, den Betrieb der Gemeinde durch
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Erträge von Immobilien zu sichern, zur Zeit stehe dem Immobilienbesitz von 1,8 Milliarden Schilling ein
Schuldenstand von 650 Millionen gegenüber. Mit dem Ertrag der Liegenschaften könnte zwar der Großteil der Ausgaben der Kultusgemeinde finanziert werden, aber die Zinsenbelastung von jährlich 35 Millionen Schilling lasse den Abbau der Schulden nicht zu. Um die Kultusgemeinde zu sanieren, bedürfte es
entweder öffentlicher Zuschüsse oder eines deutlichen Anwachsens der Mitgliederzahl der Gemeinde.
Zweite Märzhälfte 2001: In der BRD diskutiert man über den "Stolz, ein Deutscher zu sein". Umweltminister Trittin hatte dem CDU-Generalsekretär Meyer, der den Stolz über sein Deutschsein verkündete,
Skinheads-Mentalität bescheinigt, weil die Glatzen diesen Stolz besonders gerne äußern. Nun steht die
Frage im Raum, darf man stolz darauf sein, Deutscher zu sein? Sogar Schröder ist stolz, ”auf die Leistungen der Menschen und auf die demokratische Kultur”. Was nix daran ändert, daß der deutsche Stolz
auf das deutsche Sein von 1933 bis 1945 die wichtigste Tugend war. Laut Meinungsumfrage sind jetzt
60% der Landesbewohner stolze Deutsche.
20.März 2001: Mölzers ZUR ZEIT muß dem Journalisten Karl Pfeifer eine Entschädigung von 50.000
Schilling zahlen, weil ihm das Blatt vorgeworfen hatte, den rechtsextremen Politologen Pfeifenberger "in
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den Tod gehetzt" zu haben, so im Ehrenbeleidigungsprozeß-Urteil der 1. Instanz.
21.März 2001: Meinungsunterschiede in der SPÖ. SP-Pensionisten-Chef Blecha hatte auf einer Solidaritätsveranstaltung mit Palästinensern die Politik Israels als rassistisch bezeichnet, was ihm nun den
Vorwurf des Antisemitismus einbrachte. Es ist sicherlich problematisch, den Begriff "Rassismus" in die
Diskussion über israelische Politik einzubringen. Wenn man sich die Maßnahmen der jetzigen rechtsgerichteten israelischen Regierung anschaut, so kann man allerdings auch nicht sagen, daß diese Politik
nicht extrem nationalistisch wäre...
21.März 2001: Ergebnis einer EU-Stimmungserforschung über Toleranz. Demnach sind die Österreicher
zu 20% aktiv tolerant und zu 12% intolerant gegenüber Fremden und Minderheiten, 30% sind "ambivalent", was immer das heißen soll.
21.März 2001: Der mit der FP-Spitzelaffäre befaßte Untersuchungsrichter Stefan Erdei beklagt sich, daß
ihm von der Staatsanwaltschaft keine vollständige Einsicht in die Ermittlungsunterlagen gegeben wird.
Die Staatsanwaltschaft ist nicht dieser Ansicht, aber sie scheint der Aufklärung nicht mit sehr großem
Eifer gegenüber zu stehen, auch der ehemalige FP-Funktionär Kleindienst, der die Sache ins Rollen
brachte, vermutet dies.
22.März 2001: Die Diskussion über die hohen Kosten für der Regierung überlassenes Leihpersonal mißachtet einen wichtigen Punkt: Ein erheblicher Teil dieser Spezialisten stammt aus dem Bereich der Industriellenvereinigung. Wofür werden diese Unternehmerexperten zuständig sein? Soziale Treffsicherheit?
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22.März 2001: Ein neues Gutachten zum Binderbrief : Der Brief ist möglicherweise doch echt, da auf
der Rückseite Notizen sind, die von Binders Hand stammen könnten.
22.März 2001: Haider leidet wieder einmal an der Verwechslung der Republik Österreich mit der österreichischen Regierung. Er kritisiert Muzicant, dieser habe „das eigene Land schlecht gemacht” und eine
„österreichfeindliche Gesinnung” demonstriert, weil der Bronfman vom WJC in einem Brief zur Unterstützung Muzicants aufrufe.
9
13.Mai 2000: Der bekannte rechtsrechte Publizist Werner Pfeifenberger soll Selbstmord verübt haben, aber auch
von einem Bergunfall ist die Rede. Zur Vorgeschichte, Pfeifenberger hatte 1995 im FPÖ-Jahrbuch für politische Erneuerung 1995 u.a. geschrieben: „Immer mehr Proletarier fielen vom internationalistischen Sozialismus ab und liefen
zum Nationalsozialismus über - eine unerhörte ideologische Kränkung, die das Volk den Internationalsozialisten zufügte. Es sollte diese seine Dreistigkeit nach dem Zweiten Weltkrieg als 'Kollektivschuld' bitter zu büßen haben. (..)
Dieser Krieg brach nicht im September 1939 aus und endete nicht im Mai 1945. Er ist viel älter und wird als allgegenwärtiger Nachkriegskrieg bis zum heutigen Tag ausgetragen, mit anderen Mitteln, auf anderer Ebene, aber nicht
weniger haßerfüllt und nicht weniger verderblich als vor einem halben Jahrhundert.“ - Karl Pfeifer schrieb damals in
einem Artikel, Pfeifenberger habe die alte Nazi-Mär von der jüdischen Weltverschwörung wieder aufgewärmt. Pfeifenberger klagte und verlor (1997). Pfeifer hat laut Gerichtsurteil den Wahrheitsbeweis erbracht. Im Jahre1998 wurde das durch das letztinstanzliche Urteil des Oberlandesgerichts Wien bestätigt. Für 26. Juni 2000 wurde doch noch
ein Wiederbetätigungsprozeß gegen Pfeifenberger angesetzt, nachdem die Staatsanwaltschaft die Ermittlungen
schon eingestellt hatte. Blättern wie ZUR ZEIT war zu entnehmen, der Dahingeschwundene sei dadurch ein Opfer von
"Denk- und Diskussionsverboten" geworden. Die "antifaschistische Jagdgesellschaft" habe ihn in den Tod getrieben.
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30.November 2000: Laut Schriftgutachten ist die Unterschrift auf einem Brief des Haider-Leibwächters Binder eine Fälschung. Bei einer Hausdurchsuchung bei Binder war ein Brief aus dem Jahre 1994 oder 1995 gefunden worden, in dem Binder seinem Parteichef Mitteilungen wegen Anfragen über den Polizeicomputer macht. Der Brief war
vom Jänner 1994 datiert und steckte in einem an Haider gerichteten Umschlag mit Poststempel vom Jänner 1995.
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Wer vorsätzlich eine unwahre oder gröblich entstellte Behauptung tatsächlicher Art aufstellt oder verbreitet, die geeignet ist, das Wohl der Republik Österreich oder das der Regierungsparteien zu schädigen, wird, wenn er die Behauptung öffentlich aufstellt oder verbreitet, mit Gefängnis nicht unter drei Monaten bestraft.
Gibt es eine solche Rechtsvorschrift? Oder gab es einmal eine ähnliche?
Im Wiener Wahlkampf warnt Haider seinen johlenden Anhängern vor drohenden türkischen Bezirksvorsteher, vor Joschka Fischer, der den Staat in Schutt und Asche bomben wollte, den Kommunisten Gruselbauer und Van der Bellen, sowie davor, mit Hunden ins Bett zugehen und mit Läusen aufzuwachen
(richtig wäre sprichwortgemäß: mit Flöhen aufzuwachen). Er lobt ausdrücklich das Waschmittel Ariel. Die
Zuhörer sind natürlich lauter gestandene lautstarke Demokraten.
Die letzten Stimmentrends vor der Wiener Wahl: 40% SP, 24% FP, 19% VP, 14% Grüne, 3% LiF.
23.März 2001: In Villach kann eine Veranstaltung zum 60. Jahrestag des Überfalls Hitlerdeutschlands
auf Jugoslawien nicht im Arbeiterkammersaal durchgeführt werden. AK-Chef Dietmar Koncilia, dem sehr
gute Verbindungen zum "Kärntner Heimatdienst" und zum Kameradschaftsbund nachgesagt werden,
schützt "Eigenbedarf" vor und meint: „Politische Diskussionen dieser Art wollen wir grundsätzlich nicht,
weil wir nicht wissen, ob da nicht möglicherweise die Republik beschimpft wird”.
25.März 2001: Wie immer: Die Meinungsumfrager lagen
absolute Mehrheit:
SPÖ
FPÖ
ÖVP
Grün
LiF
KPÖ
1996
%
288.868
39,2
NRW 99
277.189
38,3
%
206.122
27,9
182.646
25,3
112.616
15,3
117.012
16,2
58.620
7,9
73.573
10,2
58.666
7,9
49.581
6,9
4.202
0,6
6.625
0,9
11
weit daneben, die SPÖ erringt in Wien die
2001
331.481
143.380
115.942
88.129
24.476
4.518
%
46,8
20,2
16,7
12,5
3,5
0,6
Sitze
52 (+9)
21 (- 8)
16 (+1)
11 (+4)
0 (- 6)
0 (0)
Ein Vergleich zu 100% der letzten Wahl (bezogen auf die jeweilige Stimmenanzahl von 1996):
SPÖ
115%
FPÖ
70%
ÖVP
103%
Grün
150%
LiF
42%
KPÖ
108%
Die relativ schwersten Verluste erleidet das LiF, die deklarierte Partei des Neoliberalismus ist damit endgültig hinüber.
25.März. Wahlen gab es auch in der BRD, in Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz. Die Grünen verlieren überall, die rechtsextremen REPs fliegen mit einem Verlust von 5% aus dem Landtag in BadenWürttemberg.
26.März 2001: Das Buch "...alles werden sich die Christen nicht gefallen lassen" von Nina Scholz und
Heiko Heinisch untersucht den Antisemitismus der katholischen Kirche in den Zwanziger- und Dreißigerjahren. In 84% der untersuchten Pfarrblätter wurde religiöser, ökonomischer und rassistischer Antisemitismus propagiert, die Autoren sprechen vom Antisemitismus als einem "mainstream" in der damaligen katholischen Kirche.
26.März 2001: Meinungsumfrage zum "Ariel"-Sager von Haider: nur 24% halten die Attacke für antisemitisch, 39% für geschmacklos und 27% für problemlos. Die Entschädigungen für die Opfer der Arisierungen sind für 71% ausreichend, für 16% nicht ausreichend.
28.März 2001: Die SPÖ wird in Wien alleine regieren.
28.März 2001: Nach einer zweitägigen Nachdenkpause meldet sich Haider zu Wort. Schuld an der FPNiederlage in Wien ist die Bundesregierung, weil sie keine "Politik mit Herz" mache. Die Wiener FPSpitzenkandidatin Partik-Pablé zieht nicht in den Wiener Landtag und Gemeinderat um, sie bliebt im
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müßte sich auch die ANTIFA-INFO-Chronik einmal fragen, warum hier so häufig Meinungsumfragen angeführt werden: Sie haben noch nie gestimmt!
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Parlament. Seit Regierungsantritt der FPÖ haben die Freiheitlichen bei Landtagswahlen fast 200.000
Wähler verloren.
29.März 2001: In Ebensee wird das erste österreichische Zeitgeschichte-Museum eröffnet. Wolfgang
Quatember und seinen Leute ist es gelungen, die Mittel für die Präsentation der Geschichte von 1918 bis
1955 aufzubringen, gerade das Salzkammergut war ein Gebiet, in dem die Ereignisse scharfe Konturen
hatten: Klerikalfaschisten, Nazis, Widerstandskämpfer, Partisanen, die politischen Widersprüche und
Gegensätze wurden in dieser Region offen ausgetragen, in Ebensee war auch eine der berüchtigten Außenstellen des KZ Mauthausen. Nähere Informationen 2001: Haus der Geschichte, Kirchengasse 5,
4802 Ebensee, Telefon 06133 / 5601
29.März 2001: Die KRONEN ZEITUNG meldet: Staberl ist bis Ende April auf Urlaub! Wie werden das die
anständigen Österreicher so lange aushalten?
29.März 2001: Seit 1994 haben sich in der BRD die gewaltbereiten Rechtsextremisten fast verdoppelt,
im Jahr 2000 wurden 9.700 gezählt, die rechtsextremistischen Straftaten erreichten mit 15.921 einen
neuen Hochstand, die NPD hat jetzt 6.500 Mitglieder, fast doppelt so viel wie 1996.
29.März 2001: Die FPÖ stellt fest, daß sie in Wien wenig Stimmen von Neo-Österreichern bekommen
hat. Man will umdenken und sich diesen Wählern zuwenden, weil gerade die Neuösterreicher gegen den
weiteren Zuzug von Ausländern seien. Keine große Überraschung: Langjährige "Gastarbeiter" müssen
von der Natur der Sache her bei Neuzuwanderern am ehesten Nachteile befürchten. Wie mir z.B. ein
alter Bekannter, der schon in den Sechzigerjahren nach Österreich kam, sagte: Die Türken sollten daheim bleiben, sie gefährdeten seinen Arbeitsplatz und sorgten für Überbelegungen und zu hohe Mieten
in Wohnvierteln mit schlechter Qualität.
Auch das ist "Marktwirtschaft": Es gibt immer einen, der eine Konkurrenz sein könnte. Solidarität ist nur
noch der Name der Gewerkschaftszeitung. "Haider mit Herz" wird also in Zukunft auch den "Kleinen Türkischen Mann" beschützen.
30.März 2001: Meinungsumfrage zu NRW: 33% SPÖ, 29% ÖVP, 23% FPÖ, 12% Grüne - das wäre 98
zu 85 für die Regierung.
Ende März 2001: In der FPÖ gibt es innerparteiliche Auseinandersetzungen über das Wiener Wahlresultat. Von verschiedenen Medien wird die Vermutung geäußert, daß die Spannung zwischen dem "Kleinen-Mann"-Populismus Haiders und den beinharten Wirtschaftsinteressen des neoliberalen Kerns um
Prinzhorn und Grasser schwer einer einvernehmlichen Lösung zugeführt werden kann. Ein Einflußverlust
Haiders wird erwartet.
Wozu man vorsichtig anmerken könnte: Ein lautschalliger Oppositions-Haider wäre wohl einer durchsetzungsfähigen neoliberalen Prinzhorn-Grasser-Regierungs-Crew vorzuziehen.
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Ende März 2001: In den letzten Jahren war es Brauch geworden , daß in der ersten Maiwoche auf einer Veranstaltung im Parlament der Befreiung Österreichs im Jahre 1945 gedachte wurde. Die Regierung bestand nun darauf, daß neben dem Nationalratspräsidenten dort auch der Vorsitzende des Bundesrates reden müßte. Der Vorsitzende des Bundesrates wechselt halbjährlich und ist zur Zeit ein FPÖBundesrat namens Klamt. Als die Grünen drohten, bei der Rede dieses Klamt hinauszugehen, sagt VPKlubchef Khol die Veranstaltung überhaupt ab.
31.März 2001: Haider ist IM JOURNAL ZU GAST. Die journalistische Leistung der Befragung ist leider recht
schwach. Zu Haiders späten Kampf für die Interessen der Unfallrentner folgt nicht die Frage, ob sein
Einsatz damit zusammenhängen könnte, daß dieses undurchdachte Gesetz ohnehin mit einiger Wahrscheinlichkeit vom Verfassungsgerichtshof gekippt werden wird und zur Haiders Distanzierung vom Antisemitismus keine Frage danach, wie denn die Anspielung auf den Häupl-Wahlberater Greenberg "von
der Ostküste" zu verstehen sei, wenn nicht antisemitisch.
März/April 2001: Der neue US-Präsident Bush führt laufend vor, daß er wirklich so ist, wie zu erwarten
war. Intellektuell nicht überbelichtet, politisch herzhaft rechts und entscheidungsfreudig. Er kracht über
alles drüber, wenn es nur die Konzernherrn freut.
Erstes Quartal 2001: Von Walter Ochensberger hat man schon länger nichts mehr gehört, jetzt betätigt
sich der wegen NS-Wiederbetätigung vorbestrafte Vorarlberger wieder. In seinem Blatt "Phoenix" ruft er
zu einem "Aufstand der Anständigen". Denn durch die „massive Überfremdung” werde die „durchmischte
Weltbevölkerung der jüdischen Weltwirtschaft wehrunfähig preisgegeben”. Die Globalisierung ist bei Ochensberger demgemäß eine Folge einer jüdischen Weltverschwörung.
12
5.Mai 1998: Erstmals wird im Parlament der "Gedenktag gegen Gewalt und Rassismus im Gedenken an die Opfer
des Nationalsozialismus" begangen.
15
Anfang April 2001: Die ersten Auszahlungen an "ostmärkische" Arisierungsopfer werden durchgeführt.
In den USA sind noch nicht alle Klagen wegen der Zwangsarbeiterentschädigung abgewiesen, aber mit
einem Abschluß der Verfahren ist zu rechnen.
l1.April 2001:
grad festgenommen. Man kann gespannt sein, wie weit alle Nationalisten in Exjugoslawien für die
Verbrechen der letzten Jahre zur Verantwortung gezogen werden.
2.April 2001: Erste Meinungsumfragen bescheinigen der FPÖ, daß es auch Haiders Äußerungen waren,
die zur Wahlniederlage beitrugen, Zweidrittel meinen, der Regierungseintritt der freiheitlichen habe das
Wahlverhalten beeinflußt. Daß andere Parteien bessere Programme hätten, wird von der Mehrheit nicht
so gesehen.
2.April 2001: Laut Sichrovsky ist Muzicant der "Hausjude" der SPÖ. Er verklagt außerdem den Obmann
der Kultusgemeinde, weil dieser geäußert habe, Sichrovsky habe sich nur aus finanziellen Gründen bei
der FPÖ engagiert.
2.April 2001: Die Wiener SP will nun auf Bezirksebene das Migrantenwahlrecht einführen. Bisher war
eine solche Maßnahme am Wiener Koalitionspartner ÖVP gescheitert.
2.April 2001: Im STANDARD erscheint ein Beitrag von Egyd Gstättner, der einen Nachdruck verdient:
Er hat Euch nicht belogen!
Es ist noch kaum ein Jahr her, dass Jörg Haider anlässlich der schwarz-blauen Regierungsbildung gesagt hat, er sei "angetreten, um den Sozialismus zu reparieren". Geahnt habe ich es das ganze Jahr
lang immer deutlicher, und ich wollte dem Herrn LH nicht mit Vorschusslorbeeren schmeicheln, aber
jetzt, nach dem Ergebnis der Wiener Wahl, muss ich ihm ganz einfach gratulieren: Ihr großes Ziel zu
verwirklichen ist Ihnen schneller gelungen, als die kühnsten freiheitlichen Optimisten das vermutet hätten! Fast acht Prozent! Ein Erdrutschsieg der Reparaturwerkstatt! Maßarbeit!
Kein Vranitzky und kein Klima hätte das so eindrucksvoll geschafft, kein Gusenbauer und kein Häupl. Er
hat Euch nicht belogen.
Wenn ich mir eine marginale Kritik erlauben darf: Mit der Absoluten haben Sie ein bisserl übertrieben!
Das hätt' nicht sein müssen. Absolute Mehrheiten führen ja so leicht zu Machthybris! Aber die Leute haben ja schon die längste Zeit gedacht, der freie Eintritt in Krankenhausambulanzen sei eine Selbstverständlichkeit! Der freie Zugang zu den Universitäten eine Selbstverständlichkeit. Die Unabhängigkeit der
Justiz eine Selbstverständlichkeit. Machtrausch und Intrigen seien ein Monopol der Altparteien. Postenschacher und blamable Personalentscheidungen ein Monopol der Altparteien. Unerfüllbare Wahlversprechen, Sparpakete ein Monopol der Altparteien. Die Leute haben ja allen Ernstes gedacht, ein Populist könne keine unpopulären Maßnahmen setzen. Der traut sich was, der Jörg!, haben die Leute gedacht, und sie haben ja auch Recht gehabt, nur haben sie anders Recht gehabt, als sie dachten, dass
sie Recht haben. Ich bin nicht bei den Sozialisten (wie ich bei keiner Partei bin), aber wäre ich es, würde
ich ihm zurufen: "Bitte reparieren Sie weiter, Herr Landeshauptmann!"
In Kärnten wartet auf den kaputten Sozialismus natürlich noch sehr viel Reparaturarbeit (Er musste ja
zuletzt wieder viel auswärts reparieren!), aber wenn er in einer Millionenstadt so eindrucksvoll bewiesen
hat, dass er seine Vorhaben umsetzt, dann wird das wohl auch hier geschehen. Wir schaffen es! Und
wäre ich der Wiener Bürgermeister, hätte ich am Abend des Triumphs nicht von einem "sehr mittelmäßigen Landeshauptmann, der im Süden bleiben soll" gesprochen, sondern hätte mich demütig verneigt mit
den Worten: Danke Jörg!
Egyd Gstättner, Schriftsteller in Klagenfurt
3.April 2001: VP-Klubobmann Andreas Khol präsentiert sein Buch "Die Wende ist geglückt - der
schwarzblaue Marsch durch die Wüste Gobi". Der schwarze Chefideologe, der früher die FPÖ außerhalb
13
eines von ihm erfundenen Verfassungsbogens fand, drückt seine Abneigung gegen Bundespräsident
Klestil aus und phantasiert lebhaft über eine SPÖ-FPÖ-Koaltion, die drohend am Horizont gestanden
sein soll. Richtig sieht Khol die österreichische Wende als Fortsetzung der konservativ-neoliberalen
Welle a la Thatcher und Reagan. Dagegen kann man nichts sagen, diese Wende muß man bloß möglichst bald wieder umwenden.
3.April 2001: In Ravensburg (BRD) wird der ehemalige SS-Unterscharführer Julius Viel wegen Mordes
an sieben Häftlingen zu zwölf Jahren Haft verurteilt. Der Verteidiger will berufen.
13
sein Bogen grenzte nämlich entgegen der Verfassungswirklichkeit auch nach links ab
16
3.April 2001: In New York wird eine weitere Klage wegen Zwangsarbeiterentschädigung abgewiesen,
bis mit der Auszahlung aus dem Zwangsarbeiterfonds begonnen wird, müssen noch drei Klagen abgewiesen werden.
Anfang April 2001: Die FPÖ will einen "Think-Tank" einrichten, um nach der schweren Wahlniederlage
in Wien wieder Aufwind zu bekommen.
Anfang April 2001: Der Welser Rechtsextremist Ludwig Reinthaler sieht sich als Opfer des Welser Bürgermeisters Koits, weil ihm dieser seinen Vertrag für die Veranstaltung von Flohmärkten nicht mehr ver14
längert hat.
3.April 2001: Die Kärntner FPÖ hatte in einer Presseaussendung einen APA-Redakteur als "Lügner und
Diffamierer" bezeichnet, wegen übler Nachrede gibt es dafür eine Strafzahlung von 50.000 öS.
4.April 2001: Haider verlangt einen ORF ohne Werbebeschränkungen, der sich dem internationalen
Markt stellen müsse. Globalisierung über alles!
4.April 2001: In Wien wird im Jüdischen Museum eine große Karl Farkas-Ausstellung eröffnet. Farkas
war bereits in der 1. Republik als "Blitzdichter", Kabarettist, Popmusik-Schreiber (Wenn die Elisabeth
nicht so schöne Beine hätt') berühmt, wegen seiner jüdischen Abkunft mußte er emigrieren, sein damaliger Doppelconférence-Partner Fritz Grünbaum wurde ermordet. 1946 kehrte er nach Wien zurück, führte
seine Revuen weiter, trat nunmehr mit Ernst Waldbrunn in den legendären Doppelconférencen auf, hatte
ab 1955 seine Fernsehsendungen (zuerst die 25 Minuten lange "Bilanz des Monats", dann vierteljährig
die abendfüllende "Bilanz der Saison"). Bis zu seinem Tode 1971 blieb er der (recht unpolitische) Spaßmacher der Nation. Auch wenn er selber nicht so sehr viel zu lachen hatte, seine Familienangehörigen
starben großteils im KZ, sein Sohn war seit früher Kindheit schwerstbehindert.
4.April 2001: Minister Haupt hat ein Problem. Seine überbezahlte Kabinettschefin, eine Frau Fabel hatte
sich den Magistra-Titel selbst verliehen.
4.April 2001: Die Staatsanwaltschaft Wien erhebt Anklage gegen den Salzburger FP-Chef Schnell we15
gen dessen Lump-Sager über Klestil.
4.April 2001: Bisher haben rund 60 NS-Opfer Schadenersatzzahlungen von je 7.000 US-$ erhalten.
5.April 2001: In einem NEWS-Interview gibt Haider der ÖVP die Schuld an den FPÖ-Problemen. Man
könne auf Dauer die Besitzansprüche der ÖVP nicht hinnehmen, die ÖVP müsse die FPÖ als gleichberechtigten Partner akzeptieren, man werde nur dann Erfolg haben, wenn man die Leistungen gemeinsam
verkaufe und nicht wenn „einer versucht, fünf Meter vor dem Ziel dem anderen ein Haxel zu stellen, um
als Erster durchs Ziel zu rennen”. Die ÖVP müsse nach 50 Jahren rot-schwarze Proporz-Politik umlernen auf Wettbewerbsorientierung, Markt, Leistung und Persönlichkeitsprofile.
Ob es sein kann, daß Leistung und Persönlichkeitsprofile im Kreis der berühmten Freunde des Herrn
Prinzhorn besonders dicht gesät sind?
5.April 2001: In Sachsen werden mehrere rechtsextremistische Splittergruppen verboten, gegen rund 80
Personen wird wegen Bildung krimineller Vereinigungen ermittelt, Waffen und Sprengstoff wurden sichergestellt.
5.April 2001: Meinungsumfrage: bei NRW könnten die Sozialdemokraten 36%, die Schwarzen 27%, die
Freiheitlichen 21% und die Grünen 13% bekommen. Die Opposition könnte knapp die Mehrheit erreichen, es brächte an Mandaten: 68, 51, 40, 24, somit Regenbogen 92 und Haselnuß 91.
5.April 2001: Die rechtsgerichtete israelische Regierung beschließt den Bau weiterer Siedlungen im
Westjordanland, mit einer Beendigung des Konfliktes mit den Palästinensern kann nicht gerechnet werden.
6.April 2001: Wie man Scheingefechte führen kann, das zeigen ÖVP und FPÖ vor: Minister Bartenstein
will eine weitere Verschlechterung der Arbeitszeiten für die Handelsangestellten, die FPÖ gebärdet sich
nun als Beschützer der VerkäuferInnen. Zwar führt man in großer Eintracht eine neoliberale Regierungs14
15.Februar 2001: Ein Relikt des stark rechtslastigen ehemaligen SPÖ-Bürgermeisters von Wels, Bregartner,
steht zur Entsorgung heran: Der jetzige Bürgermeister Koits will den Vertrag, den sein Vorgänger mit dem Flohmarktorganisator Ludwig Reinthaler abgeschlossen hat (Flohmärkte am Messegelände), kündigen, weil immer noch
Nazi-Devotionalien verkauft werden.
15
28.November 2000: Der Salzburger FP-Chef Schnell meint auf einer Parteiversammlung, die Bezeichnung
"Lump" für Klestil wäre ein harmloser Ausdruck, er nenne seinen Hund ja auch Lumpi und der sei ein lieber, netter
Falott. Der Bundespräsident hätte sich benommen als wäre er gar kein Österreicher, er habe Österreich im Ausland
schlecht gemacht.
17
16
politik, aber wenn sowieso fast ganz Österreich gegen eine weitere Änderung der Ladenschlußzeiten
ist, dann kann man wieder den Rächer der Enterbten spielen.
8.April 2001: In Wien wird bekannt, daß die berüchtigte Kartei der Wiener GESTAPO im Stadtarchiv lagert. Anschließend wird wieder herumgeredet, warum dieses zeitgeschichtliche Quellenmaterial bisher
nicht bekannt wurde. Man vertuschte eben jahrzehntelang!
9.April 2001: Ovadia Yosef, der "geistige" Führer der israelischen Shass-Partei, entwickelt sich immer
mehr zu einem gestandenen Faschisten übelster Sorte. Zum Pessachfest forderte er in einer Predigt:
”Mit den Arabern darf man kein Mitleid haben, man muß mit Superraketen auf sie einschießen, sie vernichten”.
Am 5.August 2000 war dieser Rabbiner im Rundfunk mit der Aussage aufgetreten, die Holocaustopfer
seien umgebracht worden, weil sie die Reinkarnation von Sündern gewesen wären: Nach einem ausschweifenden und sündhaften Leben seien sie wiedergeboren worden, um zu sühnen. Somit wurde erst
Hitler zum Bestrafer jüdischer Sünder befördert und damit quasi exkulpiert, dann will man selber Völkervernichter werden. Rechtsextremer Ungeist ist wahrhaftig überall zu finden!
9.April 2001: Der ehemalige Skisportler und nunmehrige FP-Nationalrat Patrick Ortlieb war Ende März
im Zusammenhang mit einer Sexgeschichte durch die Medien gewandert. Jetzt stellt man das Verfahren
ein, es war anscheinend ein One-Night-Stand mit einer Alkoholisierten, die nachher nicht mehr wußte,
was geschehen ist. Die Partei entschuldigt ihn sogleich, Ortlieb sei auch nur ein Mensch.
9.April 2001: Einen "Rückzug der Parteipolitik" verlangt Vizehaiderin Riess-Passer. Heißt das, der "Verein der Freunde des Herrn Prinzhorn", wie in den Medien die Clique genannt wird, aus der man die
staatlichen Wirtschaftspositionen zu besetzen trachtet, ist nicht parteipolitisch? Könnte sogar stimmen!
Prinzhorn und seine Freunde sehen die Sache wohl eher als privatwirtschaftlich, denn parteipolitisch
nützlich. Oder? Adressat der FP sei "jeder, der unter dem bisherigen System gelitten hat", führt RiessPasser weiter aus. Z.B. waren die Unfallrentner Opfer des alten Systems, sie durften von der Rente keine Steuern zahlen. Solche "Leiden" wurden ja einige behoben, danke, liebe Regierung!
10.April 2001: Der italienische Politiker und Medienzar Berlusconi nimmt jetzt auch das MOVIMENTO SOZIALE (die Partei der italienischen Neofaschisten) in sein Wahlbündnis auf. Da sind wir in Österreich ja
noch relativ gut dran, wir haben bloß eine Rechtsrechtsregierung. Das italienische Wahlbündnis auf Österreich umgelegt hieße: Statt Schüssel wäre Kronenzeitungseigner Dichand Bundeskanzler.
11.April 2001: Deutsche Rechtsextremistenbilanz für das Jahr 2000: rechtsextreme und fremdenfeindliche Straftaten sind im vergangenen Jahr um fast 60% auf 15.591 gestiegen.
12.April 2001: Die konservierten Kindergehirne aus der NS-Euthanasieanstalt "Am Spiegelgrund" sollen
im Juni beigesetzt werden. Rund 300 Präparate von ermordeten behinderten Kindern wurden bis heute
aufbewahrt. Österreich blieb auf diesen Gebieten voll in der NS-Erbfolge, z.B. wurden ja auch die Körper
von hingerichteten Widerstandskämpfern bis in die Fünfzigerjahre Medizinstudenten zum Sezieren überlassen.
12.April 2001: Laut einer Meinungsumfrage sind 47% der Österreicher überzeugt, die FPÖ habe sich
von ihren politischen Zielen und Versprechungen entfernt, für treu geblieben halten die FPÖ 42%.
12.April 2001: Bassam Al Taher wird in Mexiko festgenommen, er wird verdächtigt der Dritte beim An17
schlag von Ebergassing gewesen zu sein. Dieser mißglückte Sprengstoffanschlag war damals von der
KRONEN ZEITUNG und anderen rechten Kreisen als Gegenbild (als "linker Terror") oder gar als Hinter18
grund zur Briefbombenserie aufgebaut worden.
13.April 2001: Eine Erhöhung der Steuerfreibeträge für NS-Opfer, die seit 1986 nicht mehr erfolgte, wird
vom Finanzministerium abgelehnt. Wegen der "angespannten Budgetsituation". Dieser Freibetrag von
910 öS im Monat liegt unter dem Freibetrag für die Diätkosten von Zuckerkranken und beträfe etwa
16
außer Minister Bartenstein und dem STANDARD
17
20.April 1995: In Ebergassing bei Wien werden bei einem abgelegenen Strommasten zwei Leichen gefunden. Sie
werden als Gregor Thaler und Peter Konicek, zwei Aktivisten der Wiener "Autonomen" identifiziert. Allem Anschein
nach sind sie schon am 11.4. bei dem Versuch, den Masten mit Unkrautsalzbomben zu sprengen, ums Leben gekommen.
18
Beispiel: 22.April 1996: Der Kronenzeitungsreimer Wolf Martin verbreitet erstens wieder einmal die Staberl-Lüge,
der Anschlag auf den Ebergassinger Strommasten sei am 20. April erfolgt, um den Rechtsextremisten den Anschlag
(zum Hitlergeburtstag) in die Schuhe zu schieben (am 20.4. wurden die toten Möchtegernemastensprenger gefunden, der Anschlagsversuch war am 11.4.) und schlußfolgert zweitens, daß überhaupt alle rechtsextremistischen Terrorakte in Wirklichkeit von Linken inszeniert worden wären.
18
2.000 Österreicher. Der Steuerentgang macht also irgendwas zwischen 5 und 10 Millionen Schilling im
Jahr aus. Eine Erhöhung um ein paar hundert Schilling könnte finanziell keine wahrnehmbare Rolle
spielen.
13.April 2001: Der Gemeinderat von Purkersdorf lehnt das Ansinnen des Militärbefugnisgesetzes ab,
militärischen Stellen auskunftspflichtig zu sein und auf Verlangen auch falsche Urkunden auszustellen.
Im Verteidigungsministerium wittert man eine Art kommunistischer Verschwörung, weil die Initiative von
der "Liste Baum" ausging, jenes Baum, der vor vielen Jahren als Funktionär der "Demokratischen Soldaten" während seines Präsenzdienstes das Bundesheer durch Ausnutzung seiner genauen Kenntnis
der "Allgemeinen Dienstvorschrift" zur Verzweiflung trieb. Ihm wurde der "freiwillig verlängerte Grundwehrdienst" verweigert, auch zu Waffenübungen wurde er nie mehr beordert. Sein Buch "Tagwache" war
ein Hochgenuß!
15./16.April 2001: In drei deutschen Städten finden Neonazi Aufmärsche statt. Sie wurden zwar vorerst
verboten, diese Verbote aber vom Bundesverfassungsgericht aufgehoben. Da in Deutschland kein Ver19
botsgesetz besteht, können die Nazis immer wieder durchkommen. Gewerkschaft, Sozialdemokarten,
Grüne und die PDS demonstrieren gegen die Nazi-Umzüge.
17.April 2001: Vor vierzig Jahren versuchten die USA mit einer Kommandoaktion in der sogenannten
"Schweinebucht" die traditionellen neokolonialistischen Zustände in Kuba wieder herzustellen. Das Landeunternehmen wurde zu einem völligen Fiasko, Fidel Castro tauschte später die eingefangenen CIASöldner gegen Caterpillar aus. Kuba hat die vierzig Jahre seither durchgehalten und ist noch nicht zu
Kreuze gekrochen, wenn auch die Situation immer schwieriger wird.
18.April 2001: Bei einer Gerichtsverhandlung in Wien verliert Haider in letzter Instanz gegen Anton Pelinka. Dieser darf nunmehr sanktionsfrei sagen: „Haider hat in seiner Karriere immer wieder Aussagen
gemacht, die als Verharmlosung des Nationalsozialismus zu werten sind. (..) Insgesamt ist Haider verantwortlich für eine neue Salonfähigkeit bestimmter nationalsozialistischer Positionen und bestimmter
nationalsozialistischer Äußerungen”.
Laut früherer rechtsgültiger Urteile durfte Haider auch als politischer Ziehvater des rechtsextremen Terrorismus, als gefährlicher politischer Gauner und als braun-blauer Schreier bezeichnet werden.
19.April 2001: Eine chronistische Anmerkung: Jede Woche "informiert" uns NEWS lautstark über tiefgreifende Unruhen, Veränderungen, Meinungsverschiedenheiten usw. in der FPÖ. Im Rückblick gesehen handelt es sich zum Großteil um inhaltsloses Geschrei vom Kaliber so-will-Riess-Passer-die-FPÖreformieren-Kanzler-Schüssel-stürzen-und-Israel-besuchen. Oder sonst irgendwas. Wie die wöchentlich
angekündigten Regierungsumbildungen. Das Blatt ist zwar gegen die Haider-FPÖ, unter ernst zunehmendem Journalismus versteht man in der Regel aber eher was anderes.
Mitte April 2001: In Klosterneuburg soll an den baulichen Resten der ehemaligen Synagoge eine Gedenktafel angebracht werden. Der Antrag der Liste der "Bürgerunion" vom Dezember 2000 ist noch nicht
erledigt, weil sich bisher ein Stadtrat Pitschko erfolgreich dagegen wehrt. Von welcher Partei mag dieser
Pitschko sein? Nie werdet Ihr es erraten, daß es ein Freiheitlicher ist! Oder doch?
Wäre schließlich noch schöner, wenn man eine Tafel anbringt, nur weil die Aktivisten des "dritten Lagers" seinerzeit die jüdische Gemeinde (280 Mitglieder) etwas verkleinert haben.
18.April 2001: Drei 15jährige Schüler planten in Neunkirchen vier Lehrer zu erschießen. Die Schüler des
"Poly" waren wegen rechtsextremistischer Umtriebe (Hitlergrüße, Hakenkreuzschmierereien) beanstandet worden. Sie werden nach einem anonymen Hinweis festgenommen.
20.April 2001: Wie alle wissen, die ihrer Gesinnung treu geblieben sind, ist dies der Festtag für jeden Anständigen: des Führers 112.Geburtstag. In der KRONEN ZEITUNG dichtet Wolf Martin:
Fürwahr ein großer Tag ist heut!
Ich hab mich lang auf ihn gefreut,
es feiern heute Groß und Klein,
zumeist daheim im Kämmerlein,
doch manche auf der Straße auch,
den unverzichtbar schönen Brauch,
bei dem, von Weisen inszeniert,
Gesellschaft zur Gemeinschaft wird.
Ihm sei's zur Ehre, uns zum Heil:
19
es sind nur einzelne NS-Elemente verboten, wie "Volksverhetzung" oder "Aufreizung zum Rassenhass", ein Verbot wie in Österreich, sich auf "irgendeine Weise" im NS-Sinne zu betätigen, besteht aber nicht
19
- aber jetzt geht es nicht etwa so weiter:
ein Hoch dem Führer und dem Henkerbeil
sondern endet mit:
Taxi orange, der zweite Teil.
Schon vor Jahren hatte der Rassist, Antisemit und Freund aller Anständigen am 20. April auf dieselbe
Art ein Geburtstagsständchen für Adolf Schärf gesungen, der nicht nur den Vornamen, sondern auch
den Geburtstag mit Hitler gemeinsam hatte.
20.April 2001: Bei der Wiener Regierungsbildung wird Stadtschulratspräsident Kurt Scholz abgelöst und
zum Beauftragten für Restitutionsfragen bestellt.
21.April 2001: Der Schlußbericht der Wirtschaftspolizei zum FP-Spitzelskandal liegt vor. 21 Verdächtige
und 24 Tathandlungen kommen darin vor. 40 Seiten und 15 Verdächtige (darunter auch Haider) wurden
auf Weisung der Staatsanwaltschaft weg "überarbeitet". Hauptverdächtige sind nun Hilmar Kabas und
Michael Kreißl. 616.000 Schilling sollen als Entschädigungen (fingierte Kilometergeldabrechnungen) an
FPÖ-Polizisten gezahlt worden sein.
22.April 2001: Der ORF sendet den "Briefbomber", einen Film nach Motiven der Anschläge des Franz
Fuchs. Das Produkt ist absoluter Schmarrn und dient nur zur Entlastung des österreichischen Rechtsextremismus, weil der "Bomber" auch gesinnungsmäßig als Einzeltäter hingestellt wird.
23.April 2001: In 1. Instanz wird Jörg Haider wegen seiner Behauptung, das Knebel-Opfer Marcus Omofuma sei ein Drogenhändler gewesen, zum Widerruf verurteilt.
23.April 2001: In Linz wird das Buch "Oberösterreichische Gedenkstätten für KZ-Opfer" vorgestellt.
23.April 2001: Hilmar Kabas bleibt Klubobmann der Wiener FPÖ.
20
24.April 2001: Zum Kriminalfall Omofuma legt jetzt auch endlich ein weiteres (deutsches) Gutachten
vor. Demnach soll auch dieses Gutachten (wie zuvor schon das bulgarische) zum Ergebnis "Tod durch
Ersticken" kommen. Ein österreichisches Gutachten hatte ja bekanntlich entlastend auf "Herzschwäche"
als Todesursache gelautet.
24.April 2001: Der STANDARD berichtet an Hand eines konkreten Beispiels darüber, daß in Österreich
Wehrmachtsdeserteure und Wehrdienstverweigerer immer noch nicht als NS-Opfer anerkannt sind und
die Urteile gegen NS-Gegner im Gegensatz zur BRD hierzulande immer noch nicht generell aufgehoben
wurden.
Bekanntlich hatte man in Österreich in den Nachkriegsjahren sogar versucht, Widerstandskämpfer, die
Waffengewalt gegen Funktionäre des NS-Regime oder gegen Militärs, die bis zum letzten Mann kämpfen wollten, eingesetzt hatten, vor Gericht zu stellen.
24.April 2001: Die INITIATIVE W ELSER GEGEN FASCHISMUS stellt ihre Bemühungen um die Neugestaltung
des Welser Mahnmals vor (siehe Seite 11).
Zweite Aprilhälfte 2001: Die Suche nach Kriegsverbrechern ist immer noch nicht zu Ende – in den Zeiten als es noch einfacher gewesen wäre, Täter vor Gericht zustellen, hat man es eher nicht getan oder
ihnen mit zweifelhaften Freisprüchen quasi für ihre "Pflichterfüllung" gedankt. Wenn jetzt in Hamburg ein
92jähriger SSler enttarnt oder in Kärnten ein 86jähriger beschuldigt wird, dann hat dies wohl nicht mehr
viel juristischen, sondern wohl nur noch moralischen Wert.
Von Interesse wäre hier: Welche Personen und Institutionen haben sich nach 1945 um die Verschleppung von Aufklärung und Verfolgung vieler Kriegsverbrechen "verdient" gemacht. Wer waren diese
Komplizen nach der Tat in der Politik, im Polizei- und Justizwesen?
Oder: wann wird sich die katholische Kirche mit dem wichtigsten NS-Fluchthelfer, dem österreichischen
Bischof Alois Hudal, befassen, der 1945 zahllosen schweren Kriegsverbrechern zur Flucht nach Südamerika verhalf. Hudal war Träger des "Goldenen Parteiabzeichens" der NSDAP, nach dem "Blutorden"
die zweithöchste Auszeichnung der Partei, von Hitler an diejenigen verliehen, „die sich um die nationalsozialistische Bewegung und um die Erreichung ihrer Ziele besonders verdient gemacht haben”. Der Bischof im Vatikan hielt diese Verdienste für seinen Führer und dessen Bewegung über den Untergang
hinaus aufrecht.
Zweite Aprilhälfte 2001: Haider startet mit 600 Großplakaten eine große Haiderwerbeaktion: "Kärnten
blüht auf" steht auf den rosigen und bergigen Plakaten mit einem strahlenden Haider drauf.
20
1.Mai 1999: Ein abgelehnte Asylwerber aus Nigeria, Marcus Omofuma, soll über Sofia abgeschoben werden. Da
sich der 26jährige widersetzt, wird er gefesselt und von drei Polizeibeamten begleitet, da er auch schreit und beißt,
wird ihm der Mund verklebt. So die offizielle Darstellung. Als das Flugzeug in Sofia landet, ist der Nigerianer erstickt.
20
25.April 2001: Spätestens bis 2003 sollen die Untersuchungsrichter abgeschafft, ihre Aufgaben von den
Staatsanwaltschaften übernommen werden. Da diese gleichzeitig weisungsgebunden bleiben sollen, wäre die Justiz dadurch fest in der Hand der Regierung.
25.April 2001: Einen Mißgriff begeht SP-Chef Gusenbauer, Klubobmann Kostelka wird Volksanwalt,
sein Nachfolger Josef Cap. Dieser hatte seine politische Karriere als Linksblinker begonnen und war danach ganz rasch von links unten nach rechts oben gewandert, u.a. trat er als NATO-Befürworter auf, jetzt
ist er wieder nimmer für die NATO. Die Beförderung des Opportunisten Cap hätte sich Gusenbauer
wahrlich sparen können.
25.April 2001: In Kärnten rufen die Deutschnationalisten vom "Kärntner Heimatdienst" auf, bei der
Volkszählung im Mai nicht slowenisch als Muttersprache anzugeben. Red' deitsch, Tschusch!
26.April 2001: Im Wissenschaftsministerium wird überlegt, dem mutmaßlichen Kindermörder
Gross das 1975 verliehene "Ehrenkreuz für Wissenschaft und Kunst" abzuerkennen.
21
Heinrich
26.April 2001: Haider will wieder einmal den Bundespräsidenten abschaffen. Die Zustimmung dafür geht
nicht über seine Partei (die Frau Vizehaiderin hält es für eine mögliche Reform) hinaus.
26.April 2001: FP-Klubobmann Westenthaler verlangt für Zuwanderer einen Integrationsvertrag. Demnach sollen Deutschkenntnisse und Kenntnisse der Landeskunde erworben werden.
27.April 2001: In den USA werden CIA-Akte geöffnet, die auch Vermerke zu Waldheim enthalten. ÖVP
und KRONEN ZEITUNG sind wieder enthusiastisch für die Aufhebung des US-Einreiseverbotes für Waldheim, da diese Akten keine Hinweise auf Kriegsverbrechen enthalten. Als Neuigkeit kann aus den Akten
bloß entnommen werden, daß es keine Hinweise dafür gebe, Waldheim könnte von der UdSSR erpreßt
worden sein.
Es sei dazu wieder einmal erinnert: Das Hauptproblem damals war nicht, daß Waldheim ein Kriegsverbrecher sein könnte, sondern daß er in seiner Biographie hartnäckig seine Militärdienstzeit als Nachrichtendienstoffizier am Balkan verschwiegen hatte.
In der Chronik des ANTIFA-INFO-NR.28 vom April 1988 hieß es über den Brief an den US-Abgeordneten
Solarz vom 19.12.1980:
Der letzte Satz dieses Briefes übersetzt: „..ich selbst wurde an der Ostfront verwundet und nahm, untauglich für weiteren Dienst an der Front, mein Jusstudium an der Wiener Universität wieder auf, wo ich
1944 graduierte. Ihr aufrichtiger Kurt Waldheim”.
Warum er partout nicht am Balkan gewesen sein wollte, der aufrichtige Kurt, dürfte daran gelegen haben, daß die USA eine Tätigkeit als Nachrichtenoffizier am Balkan als "Beihilfe" oder sogar als "Teilnahme" bei sogenannten "Partisanenaktionen" gewertet und ihn nicht mehr UNO-Generalsekretär werden
22
lassen hätten.
28.April 2001: FORMAT veröffentlicht die Niederschrift einer Vernehmung des früheren Haider-Chauffeurs Christian Wolf, wonach er bei einer Geldübergabe von fünf Millionen Schilling des Industriellen
Turnauer an Haider mitgewirkt habe, 1996 soll in der Kanzlei Böhmdorfer wieder ein hoher Betrag übergeben worden sein, diese Parteispenden scheinen im Rechenschaftsbericht der FPÖ nirgendwo auf.
21
Letzte Jännerwoche 1998: Ein Symposium auf der Baumgartner Höhe in Wien beschäftigt sich mit dem Thema
"Zur Geschichte der NS-Euthanasie in Wien". Dort gerät die Karriere des Psychiaters Hermann Gross wieder in den
Blickpunkt. Gegen den „Mörder Gross“, wie ihn Gesundheitsstadtrat Rieder bezeichnet, wird weiter ermittelt. Nach
1945 hatte NS-treuen Elemente in der Justiz mittels verschiedener Kniffe eine rechtskräftige Verurteilung von Gross,
der der SPÖ beitrat, verhindert.
22
Was er dann auch so nicht wurde, weil die Chinesen eine dritte UNO-Periode verhinderten
21
28.April 2001: In Niederösterreich wird ein Rechtsextremist wegen NS-Wiederbetätigung angezeigt, bei
einer Hausdurchsuchung waren Hakenkreuzfahnen, Naziabzeichen und Propagandamaterial der NPD
gefunden worden.
29.April 2001: In Sussex stirbt 94jährig Marie Jahoda, die berühmte Sozialwissenschaftlerin aus Österreich. Vertrieben von den Nazis, nicht zurückgeholt von der berüchtigten antisemitischen SPÖ-Führung
23
um Adolf Schärf
durchlief sie ihre akademische und wissenschaftliche Laufbahn in den USA und in
England.
30.April 2001: Das jüngst in Deutschland eingerichtete Ausstiegsprogramm für rechtsextremistische Gewalttäter erscheint schon nach kurzer Zeit als Erfolg, in den ersten zwei Wochen haben sich über fünfzig
Ausstiegswillige gemeldet. Allerdings wird in der BRD die Zahl der gewaltbereiten Rechten auf über
50.000 geschätzt.
30.April 2001: Zum Ersten Mai labert ÖGB-Chef Verzetnitsch im ORF-Mittagsjournal: der ÖGB sei eine
Art AIR-BAG (!!). Dann sagt ein Betriebsseelsorger das, was eigentlich der ÖGB-Chef sagen hätte müssen,
wenn dieser Technokrat für bloß zehn Groschen noch ein Arbeiterbewegungsbewußtsein haben täte. Über
Globalisierung, Gewinnstreben und die Menschen, die die Arbeit tun müssen. Kein ÖGB-Vertreter, ein Kleriker, der sonst für das Wort zum Sonntag zuständig ist, sprach das Wort zum Tag der Arbeit. Vermutlich
weil der eine trotz Klerikalismus politisches Bewußtsein und der andere einen AIR-BAG hat.
1.Mai 2001: In der KRONEN ZEITUNG erscheint vorläufig zum letztenmal eine Staberl-Kolumne. Nimmerrichter geht mit achtzig Lebens- und 37 Staberl-Dienstjahren in Pension. Wie man hört, soll er sich mit
Dichand verkracht haben, weil der Zeitungseigentümer im Zusammenhang mit dem "Ariel"-Sager die bedingungslose Haider-Linie Staberls nicht mehr goutierte. Ein Beleg dafür dürfte der nur neunzeilige
Nachruf Dichands auf die Staberl-Tätigkeit sein. Staberl war der Erfinder der journalistischen Achtstundenwoche und machte den Stammtisch zum Presseprodukt. Die Nachwelt wird ihm kaum Kränze flechten, sein Buch "Unbotmäßige Gedanken" wird seit rund zwei Jahren mit 80% Preisnachlaß abverkauft.
(am 27.Mai folgt dann noch eine allerletzte Kolumne in der Nimmerrichter recht unüberzeugend seinen
Konflikt mit Dichand zu dementieren versucht, dieser habe ihm ja schließlich nochmals eine Abschiedsdoppelseite mit Abschiedsleserbriefen eingeräumt – unter den Briefen ist auch einer von ExFinanzminister Herbert Salcher, der sich als Staberl-Fan outet).
1.Mai 2001: Kanzler Schüssel weiß, was sich am "Tag der Arbeit" gehört: Er verlangt, die Österreicher
sollen bis 65 arbeiten. Die Industrie fordert sogleich höhere Abschläge für Frühpensionisten.
Wie wäre es mit folgendem Vorschlag: Alle arbeiten bis 70 und werden dann erschossen, das würde das
Pensionssystem endgültig sichern!
Anfang Mai 2001: Ein Gesetzesentwurf der Regierung sieht Haftstrafen für Journalisten vor, die aus geheimen Akten zitieren.
Anfang Mai 2001: Meinungserhebung, die Parteipräferenzen nach der Beschäftigung:
SPÖ
ÖVP
FPÖ
Grüne
Arbeiter
56%
22%
16%
6%
Angestellte
28%
28%
16%
22%
Beamte
43%
23%
11%
23%
Selbständige 14%
36%
30%
17%
Studenten
23%
28%
2%
39%
Nicht tätig
44%
24%
24%
6%
Die SPÖ hat anscheinend ihre ursprüngliche Wählerklientel wieder zurückgewonnen, die Grünen sind
eine Studenten- und Beamtenpartei, die Regierung ist (wenig überraschend) eine Regierung für die Unternehmer.
Arbeiter
Regierung
38%
23
Opposition
62%
Es sei wieder einmal an dessen Ausspruch erinnert: „Ich bin nie ein Antisemit gewesen. Aber es ist eine Tatsache, daß in der alten Partei, die Juden in der Führung und in der Presse überrepräsentiert waren. Ihr Einfluß stand
im Widerspruch zu ihrer zahlenmäßigen Stärke unter den Parteimitgliedern. Und viele jüdische Intellektuelle, von
denen die meisten aus dem wohlhabenden Großbürgertum kamen, haben die Mentalität des österreichischen Volkes, das stark geprägt ist von der bäuerlichen Herkunft, nie begriffen. Sie haben, ohne es zu wissen, Antisemitismus
gezüchtet. (..) Diese jüdischen Intellektuellen fehlen uns heute in der Partei nicht.”
22
Angestellte
Beamte
Selbständige
Studenten
Nicht tätig
44%
34%
66%
30%
48%
50%
66%
31%
62%
50%
2.Mai 2001: 38 Jahre nach einem Bombenanschlag auf eine Kirche bei dem vier farbige Mädchen getötet wurden, verurteilt jetzt ein Gericht in Alabama einen Ku-Klux-Klan-Mitglied zu lebenslanger Haft. Seinerzeit soll der damalige FBI-Chef Hoover, der inzwischen selber als Rechtsextremist gilt, die Anklage
verhindert haben.
3.Mai 2001: Die Asylanträge sind in den ersten drei Monaten in Österreich von 3778 auf 7488 gestiegen.
Hauptursache ist der enorme Zuwachs an Asylanträgen von Afghanen.
4.Mai 2001: Nachdem im Parlament keine Feier zustande gekommen war, lud Bundespräsident Klestil
anläßlich des 56. Jahrestages der Befreiung des KZ Mauthausen zu einer Gedenkveranstaltung gegen
Gewalt und Rassismus in die Hofburg. Von den 16 geladenen Regierungsmitgliedern erschienen nur
sechs - sehr aussagekräftig!
5.Mai 2001: In Antwerpen feiern die Veteranen der flämischen Waffen-SS ihr 50-Jahr-Jubiläum. Anwesend ist dabei der Innenminister Flanderns, ein gewisser Johan Sauwens von der "Volksunion". Anwesend sind auch diverse Alt- und Neonazis. So eine Art Ulrichsberg/Krumpendorf-Zusammenkunft auf
belgisch also. Der Unterschied zu Österreich zeigt sich aber rasch: Ein Minister in Belgien muß zurücktreten, wenn er mit den "Gesinnungstreuen" feiert und singt.
6.Mai 2001: Sieben- bis achttausend Menschen nehmen an der Mauthausener Befreiungsfeier teil, die
Gedenkreden werden von Innenminister Strasser und Nationalratspräsident Fischer gehalten. Siehe dazu den Bericht an anderer Stelle in Nummer 99.
Wie fast jedes Jahr geistert auch heuer wieder der Schweizer Rotkreuzmann Louis Haeflinger durch die
Medien: Haeflinger will 1945 die Amerikaner nach Mauthausen gebracht und dadurch 60.000 Häftlinge
vor der Ermordung bewahrt haben. In der Schilderung der Befreiung des KZ Mauthausen durch Hans
Marsalek spielt Haeflinger keineswegs eine so wesentliche Rolle, eine Vernichtung von 60.000 Häftlingen (durch Einschluß in Gusener Stollen, die dann angeblich gesprengt werden sollten) war weder angeordnet worden, noch wäre sie durchführbar gewesen, die SS hatte bereits zwei Tage vor dem Eintreffen der Amerikaner das Lager verlassen, die Bewachung war an eine Wiener Feuerwehreinheit übergeben worden.
7.Mai 2001: Machtkampf bei den ungarischen Rechtsextremisten, der bisherige Vorsitzende der "Partei
der Kleinen Landwirte", ein gewisser Togyán, wird aus der Parlamentsfraktion ausgeschlossen, zuvor
hatte auf einer Parteikonferenz der Vorsitzende seine Kritiker hinausgeschmissen. Die Kleinlandwirte
sind Koalitionspartner der konservativen FIDESZ in der ungarischen Regierung. Die Turbulenzen dürften
der Rechtspartei starke Stimmeneinbußen bringen.
7.Mai 2001: Wieder einmal wird die Rechtslastigkeit Haiders durch ein Gerichtsurteil bestätigt (Klage ge24
gen Christian Rainer vom PROFIL). Auch laut Oberlandesgericht Wien ist es zulässig (politische Wertung), zu schreiben, Haider verwende "Nazi-Parolen"
8.Mai 2001: Der Leibwächter von Haider, Horst Binder, kündigt ein Enthüllungsbuch über "geheime Fakten" zur Spitzelaffäre an.
8.Mai 2001: Max Koch von SOS-Mitmensch fordert die Ablöse eines gewissen Gerhard Sailer als Mitarbeiter von Infrastrukturministerin Forstinger. Sailer hatte in Mölzers Rechtsaußenblatt ZUR ZEIT antisemitische Äußerungen verströmt, etwa über Kniefälle Schüssels vor den einschlägigen Machthabern an der
Ostküste. Frau Forstinger will den ehemaligen Aktivisten der AKTION NEUE RECHTE (ANR) und früheren
Bundessekretär des Ringes Freiheitlicher Wirtschaftstreibender behalten, er habe versprochen, daß sowas nicht mehr vorkomme.
Ja immer diese Juden von der Ostküste, wie müssen die anständigen Österreicher darunter leiden!
8.Mai: In einem Dorf in der Oberpfalz beschießen amerikanische Truppen bei einer Übung irrtümlich eine
Schule. Glücklicherweise gibt es nur Sachschaden. Wozu sich wieder sagen läßt: Auf in die NATO! Damit auch in Österreich Schulen beschossen werden können!
24
Erste Instanz: 8.November 2000: Freispruch für den Journalisten Christian Rainer, der über Haider geschrieben
hatte „wer (..) auch noch über die Naziparolen (von Haider) hinwegsehen könnte...”: Das sei eine zulässige politische Wertung, urteilte der Richter.
23
10.Mai 2001: Zufriedenheitsumfrage – demnach sind 6%mit der Regierungsarbeit sehr zufrieden, 36%
zufrieden, 35% weniger zufrieden, 20% nicht zufrieden. Für die ÖVP-Minister lauten die Zahlen
6/35737/20, für die FPÖ: 8/29/28/31. Es wären also genug Unzufriedene für eine andere Regierung vorhanden!
13.Mai 2001: Wahlen in Italien. Der Pressezar Berlusconi siegt knapp mit seiner CASA DELLE LIBERTA mit
45% der Stimmen, das Bündnis Mitte-Links ULIVO kommt auf 43%. Durch die Kombination Mehrheits- mit
Verhältniswahlrecht kommt die rechte Partie allerdings auf 368 Abgeordnete gegen 250 der bisherigen
Regierung (plus 12 Rifondazione Comunista als einzige Partei, die ohne Bündnis die 5%-Hürde schafft).
Im Senat ist das Ergebnis ähnlich. Es wäre seitens der EU angebracht, zum rechtsextremen italienischen Wahlsieger entsprechend Kritisches zu äußern. Aber vermutlich hat die österreichische rechtsrechte Koalition den EU-Helden den Nerv gezogen.
14.Mai 2001: Der Jüdische Weltkongreß hatte die Regierungsbeteiligung der FPÖ kritisiert und von einer
Zunahme des Antisemitismus in Österreich –gesprochen. Die Wahrheit weiß die FPÖ: die Stellungnahme des WJC sei eine „kuriose Mischung aus Unwahrheiten, Manipulation und Verleumdung”. Immer diese Lügen von der Ostküste!
14.Mai 2001: Im STANDARD liefert Zehentmayr eine sehr treffende Karikatur zum Rücktritt des belgischen
Ministers Sauwens (siehe 5.5.):
14.Mai 2001: In FORMAT meint ein Sektionschef vom Justizministerium, die Beweislage zur Spitzelaffäre
sei gegen Kabas und Kreißl zur Anklageerhebung nicht ausreichend.
14.Mai 2001: Eine Ausstellung "Für Staat und Kirche zum Tode verurteilt" erinnert in Baden (Rolletmuseum) bis 30. Juni an den Grazer Theologen Anton Granig und seine Mitkämpfer, die 1942 die "Antifaschistische Freiheitsbewegung Österreich" begründeten. Im Todesurteil gegen Granig hieß es „Anton
Granig ist als Gründer und Leiter der in Rede stehenden Geheimorganisation zu betrachten. Wie aus
den Angaben der Mitbeteiligten hervorgeht, war er derjenige, der zum Kampf gegen den nationalsozialistischen Staat aufforderte und in seinem Haß so weit ging, seine engeren Gesinnungsfreunde zu
Brandlegungen, Sprengstoffanschlägen und Attentaten gegen die Polizei und führende Persönlichkeiten
anzustiften”. Zwar kam die Gruppe überwiegend aus dem Austrofaschismus, aber man war laut Gestapo-Bericht um eine breite Gemeinschaft bemüht: „Um auch marxistische Kreise für die staatsfeindlichen
Pläne zu gewinnen, entschlossen sich Dr. Granig und seine Mitkämpfer, die Organisation unter dem Titel
"ANTIFASCHISTISCHE FREIHEITSBEWEGUNG ÖSTERREICHS" aufzuziehen”.
65 Aktivisten wurden festgenommen, acht davon hingerichtet. Das Bemerkenswerte dazu: Die Ausstellung findet 2001 statt. Es gab ungefähr 35.000 Österreicher, die als Widerstandskämpfer gegen das NSRegime zu Tode kamen. Wo sind die Ausstellungen über ihre Tätigkeit und ihr Schicksal? Wäre es nicht
56 Jahre nach dem Ende der Hitlerei endlich Zeit, den Helden des Widerstands konkret die verdiente Ehre zukommen zu lassen? Wann gibt es zum Beispiel in Oberösterreich Ausstellungen über die Menschen, die ihr Leben riskierten, die ihr Leben verloren im Kampf gegen den Nationalsozialismus, etwa über die Partisanengruppe um Sepp Plieseis oder über die Welser Gruppe, die in den letzten Kriegstagen
ermordet wurde?
14.Mai 2001: Ein Bericht des Innenministeriums zum Rechtsextremismus beinhaltet eine Reihe von
Hinweisen in das FPÖ-Umfeld. Die sogenannten "schlagenden Verbindungen" (deutschnationale Burschenschaften) haben immer wieder Verbindungen zu deklarierten Rechtsextremisten, daher: „Der von
diesen Burschenschaften unterschwellig ausgehenden rechtsextremen Ideologieverbreitung wird im Sinne des Sicherheitspolizeigesetzes weiterhin besonderes Augenmerk zugewendet”.
24
Diesen Organisationen gehören aber auch wichtige FPÖ-Politiker an, etwa Sozialminister Haupt, der
auch sogleich meint, daß der „Extremismus von links in Österreich derzeit bedeutend gefährlicher ist”.
Wozu man zwei Fragen stellen darf: Wie äußert sich dieser "gefährliche Linksextremismus", doch nicht
etwa in der Opposition gegen die Regierung? Und ist es dem Herrn Minister überhaupt bekannt, daß in
Österreich der Rechtsextremismus durch das NS-Verbotsgesetz gesetzlich ausgegrenzt, Linksradikalismus aber legal ist?
Mai 2001: Die Ermittlungen gegen den Chile-Fascho Pinochet laufen weiter, eine Entscheidung über eine Anklage ist nicht absehbar. Man geht zur Zeit von 3.200 Ermordeten und rund 1.200 Verschwundenen aus, die als Opfer der vom amerikanischen Geheimdienst CIA inszenierten chilenischen Militärputsch von 1973 zu zählen sind.
Damals sangen die SCHMETTERLINGE:
Wer gab dem Volk zurück, was ihm gehört?
Schon reitet Jonny wieder auf dem hohen Roß
Und macht die alten Herren wieder groß.
Und daß mir keiner hier Zucht und Ordnung stört!
Die Rädelsführer wiegt der Wind am Strang,
Jonny taucht in grandiosen Sonnenuntergang.
Steht zusammen Brüder,
Jonny reitet wieder
Yippie-yippie-eh, für den SiEiÄ
Yippie-yippie-eh,, für die EiTiTi
Und noch einmal für das Kapital,
für die Oil- und die Fruit- und die Kupfercompany.
Jonny reitet heute weiterhin, obwohl die "Rädelsführer" (fast) alle gehenkt sind, die Oil-, die Fruit- und die
Kupfer-Kompanie die Sache sowieso global in der Hand haben.
16.Mai 2001: Der FPÖ-Bundesgeschäftsführer Gilbert Trattner kündigt an, nur noch bis zum Sommer im
Amte zu bleiben.
16.Mai 2001: Die rechtsrechte Regierung in Israel weigert sich nach wie vor, dem international geforderten Siedlungsstopp in den Palästinensergebieten nachzukommen. Von mehreren EU-Ländern werden Sanktionen gegen Israel gefordert.
Der um Frieden bemühte Ministerpräsident Yitzhak Rabin war am 4.11.1995 von einem rechtsextremistischen Studenten nach einer öffentlichen Friedenskundgebung ermordet worden. Dieser politische Mord
war "erfolgreich" und folgenschwer. Was die Rechtsextremisten wollten, wurde dadurch erreicht: der
Friedensprozeß in Israel ist abgebrochen, es herrscht Gewalt.
16.Mai 2001: In Steyr werden zwei Neonazis zu zwei bzw. eineinhalb Jahren bedingt verurteilt. Die beiden hatten 1995 bis 99 eine nazistische Jugendgruppe um sich gesammelt. Vor Gericht gaben sie sich
geständig und geläutert.
17.Mai 2001: Die Stadt Villach verleiht den PARACELSUS-Ring an den Mediziner Erich Loewy, der sich in
seiner Dankesrede sehr kritisch über Haider und die FPÖ äußert: „Der Wiener Stadtrat Sepp Rieder hat
in seinem Vortrag bei der Spiegelgrund-Gedenkfeier im vergangenen Jahr etwas Treffendes gesagt,
nämlich dass Haß wie eine höchst entzündbare, sich schnell ausbreitende Flüssigkeit ist. Wenn die einmal verbreitet ist, so wartet sie nur auf Brandstifter, um in Flammen aufzugehen und alles zu verbrennen.
Der grassierende Fremdenhaß, der in letzter Zeit wieder aufflackert und den gewisse Parteien schüren,
stellt eine Gefahr dar, die wir als Bedrohung unserer Gesellschaft und jedes Einzelnen von uns begreifen. Und es gibt genug Leute, die diesen Haß schüren, ausnützen und schließlich den Brandstiftern überlassen. Herrn Haider als "Ziehvater des rechtsextremen Terrorismus" zu bezeichnen ist, denke ich,
treffend. Und viele dieser Leute sind "politische Gauner" im wahrsten Sinn des Wortes. Aber es sind ja
nicht nur das "einfache Parteimitglied" oder seine Kumpel. Es sind auch diejenigen, die ihnen und ihrer
Weltanschauung aus Eigennutz, Eitelkeit oder Machtgier den Weg bahnen und ihnen den roten Teppich
ausrollen. Es sind die Zuschauer, die Wegschauer, die Mitläufer. Es sind die, denen es gut geht und denen es ganz gleichgültig ist, wie es anderen geht. Es sind, um genau zu sein, Menschen wie Bundeskanzler Schüssel, die es zusammenbringen, in einer Koalition mit Partnern zu arbeiten wie dem Dr. Haider, der heuer beim Neujahrs- und danach beim Aschermittwochtreffen der FPÖ klare antisemitische Parolen von sich gegeben hat. Es sind Menschen, die, um an der Macht zu bleiben, bereit sind, ihre Seele,
ihre Anständigkeit, ihre Humanität zu verkaufen - etwas, das in Deutschland, Frankreich oder den USA
politischer Suizid wäre. Haben wir denn kein Gedächtnis? Haben wir denn überhaupt keine Scham? Ich
fürchte, daß wir uns sehr gut erinnern, aber leider nicht schämen. Es sind, mit anderen Worten, wir
selbst. Und sollte der Spuk einmal vorbei sein - denn solche Sachen halten sich nicht -, dann werden
25
dieselben Leute nichts gewußt haben und "immer dagegen" gewesen sein! Ich sorge mich um dieses
Land. Nicht weil ich es hasse, nicht weil ich auf das Ewiggestrige pochen möchte, sondern weil ich dieses Land, von dem ich vertrieben wurde, trotzdem liebe.”
Dazu sagt der freiheitliche Kärntner Klubobmann Strutz, Loewy habe „außer ungeheuerlicher, persönlicher Diffamierungen des Kärntner Landeshauptmannes und Österreich-Beschimpfungen nicht viel
aufzubieten”.
Haider ist also Österreich und wahrscheinlich ist Loewy 1938 aus Österreich "ausgewandert", um 2001
von der Ostküste aus Beschimpfungen und Diffamierungen zu verbreiten, wenn er einen unverdienten
Preis bekommt.
17.Mai 2001: Bei einer Klubklausur der FPÖ-Abgeordneten in Bad Kleinkirchheim beschwört Haider die
"rot-schwarze Gefahr". Die alte Seilschaften funktionierten noch, die Schüssel auswechseln und zur rotschwarzen Koalition zurückkehren könnten. Man dürfe vor „der Lügenpropaganda nicht in die Knie gehen”, wobei unter Lügenpropaganda wohl jede Kritik an der FPÖ zu verstehen sein dürfte (in der Zeit der
ordentlichen Beschäftigungspolitik, nannte man sowas nicht "Lügenpropaganda", sondern "Greuelhetze").
18.Mai 2001: Ergebnis der Hochschülerschaftswahlen: Die ÖVP-nahe Aktionsgemeinschaft fällt von 20
auf 15 Sitze, die Grünen Studenten (GRAS) steigen von 6 auf 12, der VSStÖ von 7 auf 11, die Liberalen
fallen von 4 auf 2, der Ring Freiheitlicher Studenten verliert eines seiner zwei Mandate und liegt jetzt
deutlich hinter dem Kommunistischen Studentenverband (2 Sitze).
GRAS, VSStÖ und KSV wollen eine Koalition bilden (zusammen 25 Mandate) und die traditionelle Vorherrschaft der schwarzen Studenten damit beenden.
18.Mai 2001: Haider wird mit einer gerichtlichen Verfügung untersagt, zu behaupten Ariel Muzicant habe
"Dreck am Stecken".
19.Mai 2001: Der Antirassismus kann auch manchmal kindisch sein. Als der Präsident von Sturm Graz,
Kartnig, sich über einen seiner Fußballer, einen Iraner, negativ so äußert, „wenn ein Perser, dann nur einen Teppich”, wird er von den Grünen des Rassismus bezichtigt. Vielleicht sagt einmal ein rassistischer
deutscher Fußballfunktionär über einen österreichischen Kicker, „wenn schon Wiener, dann nur Würstchen”?
21.Mai 2001: In Salzburg findet an der Universität eine Veranstaltung statt, in der ein gewisser Viktor Suworow seine Thesen über einen Präventivkrieg Hitlers gegen Stalin vorträgt. Dieser rechtsextremer Russe ist ein gerne gesehener Teilnehmer diverser Nazikonferenzen, nach Salzburg wurde er von der Offiziersgesellschaft und dem Kameradschaftsbund eingeladen. Für Hitlers Präventivkrieg macht sich auch
ÖVP-Landtagspräsident Schreiner stark, der Proteste gegen das rechtsextreme Spektakel als Einschränkung der Meinungsfreiheit sehen will. Schließlich beweisen die Kriegsveteranen und anwesenden
Bundesheerler ihre Manneskraft und prügeln die bei der Veranstaltung anwesenden Protestierer hinaus.
Der Geschichtswissenschaftler Albert Lichtblau über Suworow: Dessen Thesen sind außerhalb jeglichen
geschichtlichen Diskurses und finden nur in rechten Kreisen Anklang.
Den Krieg gegen die Sowjetunion als Präventivkrieg darzustellen, bedeutet eine wesentliche Rehabilitierung des Nationalsozialismus: Demnach hätten die Nazis keine Kolonien im Osten erobern (was
Hitler bekanntlich schon in MEIN KAMPF ankündigte), sondern "Europa" vor dem Bolschewismus bewahren wollen. Daß der Kameradschaftsbund auch dieser Meinung ist, ist keine Sensation, aber der Landtagspräsident Schreiner sollte sich umschauen, in welcher ideologischen Umgebung er sich herumtreibt.
In diesem Zusammenhang ein Buchhinweis 2001: Gabriel Gorodetsky, Die Große Täuschung – Hitler, Stalin und das Unternehmen Barbarossa, Siedler Verlag 2001. Auf 510 Seiten wird nach neuestem
Quellenmaterial dargestellt, wie Stalin trotz der Informationen seines Aufklärungsdienstes über den bevorstehenden Angriff bis zuletzt auf den Vertrag mit Hitler vertraute.
21.Mai 2001: Der STANDARD schreibt, Haider habe eine Klage gegen Hans Rauscher zurückgezogen.
Die diversen Abweisungen von Haider-Klagen (siehe z.B. 7.5.) scheinen das einfache Parteimitglied jetzt
vorsichtiger zu machen.
22.Mai 2001: Der Verwaltungsgerichtshof stellt fest, daß der Präsident des Hauptverbandes der Sozialversicherungsträger, Hans Sallmutter, rechtens bis 2005 im Amt ist.
Die FPÖ will diese Niederlage nicht hinnehmen und kündigt an, dann werde man eben das Gesetz über
den Hauptverband ändern und Sallmutter auf diese Weise entfernen.
26
Interessant auch wie in Leserbriefen gegen den widersetzlichen SPÖ-Funktionär Stellung genommen
wird: Die treuen Anhänger der FPÖ sind fest überzeugt: Sallmutter verursacht die Krankenkassendefizite.
22.Mai 2001: Der Nachfolger von Horst Schender als FP-Volksanwalt wird Ewald Stadler, Haiders eins25
tiger Dobermann. Der vormalige Erfinder der christlichen FPÖ war zuerst vom Parlamentsklub in die
niederösterreichische Landesregierung abgeschoben worden, jetzt wird der große Aufdecker geheimer
Weltverschwörungen in der Volksanwaltschaft endgelagert.
22.Mai 2001: In Wien wird ein 31jähriger aus dem Umkreis des seinerzeitigen VAPO-Gründers Küssel
zu einem Jahr bedingt verurteilt, weil er eine Nazi-Homepage ins Internet stellte.
23.Mai 2001: Ein Fernsehfilm zur "Vergangenheitsbewältigung". Unter dem Titel "Edelweiß" läuft folgender Schmarrn: Die Großeltern sind alte Nazis, die ständig Nazi-Sprüche klopfen. Die Enkelin hat dies anscheinend nie mitbekommen, weil sie ist fest überzeugt, Nazi-Opa und Nazi-Oma seien keine Nazis. Sie
lernt in England einen jungen Juden kennen, der mit seinem Vater ihre Familie besucht und, wie das
Drehbuch so spielt, stammt dieser Vater aus der Familie, deren Haus seinerzeit arisiert wurde und jetzt
den Nazigroßeltern gehört. Dieser Schwarzenberger-Film ist ein völlig mißlungenes Werk des sonst ja
nicht so hanebüchen patscherten Regisseurs.
25.Mai 2001: Meinungsumfrage zum Antisemitismus. Demnach ist der Antisemitismus in Österreich von
1991 von 24% auf 13% zurückgegangen. Wir glauben das nicht. Es ist doch wohl zu vermuten, daß aktuell viele Befragte einfach vorsichtiger in ihren Antworten sind als 1991. Wer wird sich nach monatelangen öffentlichen Diskursen über den Antisemitismus dazu bekennen?
Ergebnis einer Meinungsumfrage vom Oktober 1999: Wollen Sie Juden als Nachbarn: 31% nein, 7% ja Sind Juden selber schuld an ihrer Verfolgung: rund 50% antworten "ja" - Können Sie Juden die Hand
geben: 6% nein, 37% sind sich unsicher - Erhaltung der Erinnerung an den Holocaust: 53% "nein" - Haben Juden zuviel Einfluß: ein Drittel sagt "ja" - Gibt es aus der Geschichte eine besondere Verpflichtung
gegenüber Juden: 41% "nein". Seit 1999 wird sich nicht viel geändert haben, höchstens in der Fragestellung der Umfrage.
25./26.Mai: Der bundesdeutsche Kanzler Gerhard Schröder besucht Österreich und wird sogleich von
den Heerscharen der Anständigen heftig kritisiert. Er trifft sich nämlich mit den Oppositionsparteien und
mit regierungskritischen Intellektuellen. Sowie mit Klestil und mit Schüssel, nicht aber mit FP-Ministern.
Die Sanktionen gegen die rechtsrechte österreichischer Regierung seien vergangenes Jahr kläglich geendet, belehren uns regierungsfreundliche Medien, trotzdem will sie Schröder fortsetzen. Erinnert sei an
das Gutachten der "Drei Weisen": Die Aufhebung der Sanktionen gegen die Regierung wurde nicht vorgeschlagen, weil sie ungerechtfertigt, sondern weil sie kontraproduktiv waren, sie also das fördern, was sie
verhindern sollten!
26.Mai 2001: Herbert Steiner, der Gründer und langjährige wissenschaftliche Leiter des DÖW stirbt im
79. Lebensjahr. Er hatte anfangs der Sechzigerjahre die Einrichtung eines Widerstandsarchiv angeregt
und sie 1963 auch erreicht. Das Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstandes wurde zum
Zentrum der antifaschistischen Dokumentationen.
27.Mai 2001: Haider ist schwer beleidigt, weil Schröder kein FPÖ-Freund ist und Schüssel Schröder
deswegen nicht zusammengestaucht hat.
27.Mai 2001: Der polnische Kardinal Glemp entschuldigt sich bei den Juden. Am 10.7.1941 wurden in
der Kleinstadt Jedwabne rund 1.600 Juden unter der Beschuldigung, Agenten des Bolschewismus zu
sein, zusammengetrieben und vor zuschauenden deutschen Truppen massakriert (in einer Scheune
verbrannt). Der Kardinal schränkt die Entschuldigung aber gleich ein: Die Juden müßten sich auch entschuldigen, weil sie sich durch Zusammenarbeit mit dem Bolschewismus gegenüber den Polen schuldig
gemacht hätten.
Anscheinend ist umgebracht alleine zu wenig, die Massakrierten müssen sich auch noch entschuldigen.
29.Mai 2001: Die Salzburger Freiheitlichen verlangen einen Subventionstop für die "Arge Kulturgelände
Nonntal". Diese Arbeitsgemeinschaft wird von den Freiheitlichen und der Kronenzeitung verdächtigt, gegen den Weltwirtschaftsgipfel vom Juli zu agieren.
25
Im März 1997 kündigte die FP eine ideologisch-politische Umgestaltung an. Im neuen Parteiprogramm wurde die
"deutsche Kultur- und Volksgemeinschaft" hinausgeschmissen, hineingekommen ist, daß die FPÖ christlich, sozial
und demokratisch ist. Hinter der Hinwendung zu den militanten Extremkatholiken steckte Klubobmann Ewald Stadler, u.a. Gründer des "KATHOLISCHEN KLUBS" zur Reorganisation des christlichen Abendlandes.
27
29.Mai 2001: Untersuchungsrichter Erdei vernimmt vier Stunden lang den Wiener FP-Chef Kabas zur
Spitzelaffäre. Kabas spricht von einer „inhaltslosen Intrige”, die wegen des Wiener Wahlkampfes in die
Länge gezogen worden sei.
30.Mai 2001: Ein EU-Untersuchungsausschuß stellt fest, das US-System "Echelon" spähe den internationalen Telefon-, Fax- und e-mail-Verkehr aus. Hat es da nicht einstens ein "Fernmeldegeheimnis" oder
sowas gegeben?
30.Mai 2001: In München wird ein 89jähriger ehemaliger SS-Mann wegen Mordes zu lebenslanger Haft
verurteilt.
30.Mai 2001: Der Salzburger Landtagspräsident Helmut Schreiner (ÖVP) verweigert eine Stellungnahme
zum Vortrag des rechtsextremen Russen Suworow (siehe 21.5.)
31.Mai 2001: Wahlmeinungsumfrage in NEWS: SPÖ 36%, ÖVP 26%, FPÖ 23%, Grüne 13%. Das hieße
beide Gruppierungen wären ungefähr gleich stark.
Ende Mai 2001: In Kärnten belehrt Haider den neuen Bischof Schwarz, dieser möge dafür sorgen, daß
in den zweisprachigen Gebieten keine rein slowenischsprachigen Gottesdienste abgehalten werden. Der
noch amtierende Bischof Kapellari läßt den LH wissen, daß es erstens keine nur slowenischsprachigen
Messen gebe und zweitens die Gestaltung der Liturgie nicht ins Aufgabengebiet des Landeshauptmanns
falle.
Ende Mai 2001: Der STANDARD berichtet über eine Reihe von absurden Fehlleistungen, die die Polizeibehörden bisher im Rahmen der "Rasterfahndung" erbrachten. Weil z.B. ein am Rande Verdächtiger einem
gänzlich Unverdächtigen telephonisch ein gutes Neues Jahr gewunschen hatte, wurde auch der Unverdächtige zum Verdächtigen und blieb es.
Ende Mai 2001: Außenministerin Benita Ferrero-Waldner weilt in den USA und will dort Waldheim von
der "Watchlist" herunterreklamieren. Stolz verkündet sie, die Amerikaner hätten ihr eine Überprüfung zugesagt. Die Amis dementieren, einstweilen wissen sie nix von einer Überprüfung. Kurt wird wohl "gewatch" bleiben (siehe 27.4.).
Ende Mai/Anfang Juni 2001: Verteidigungsminister Scheibner habe in Wien ein Treffen zwischen Israelis und Palästinensern arrangiert, behauptet FP-Generalsekretär Sichrovsky. Das Treffen dürfte stattgefunden haben, aber unter der Schirmherrschaft der Stiftung "Kinder Abrahams" und ohne FP-Hilfe.
Ende Mai/Anfang Juni 2001: Schüssel löst wieder einmal eine Neutralitätsdiskussion aus, indem er eine militärische Beistandspflicht bei einem Angriff auf ein EU-Land beschwört (ein ungeheuer realistisches Szenario, eventuell greift Norwegen Schweden oder Rußland Finnland an und Österreich hilft).
Pflichtgemäß reden wieder alle mit. Bei dieser ganzen Diskussion um Wege zur Beseitigung der österreichischen Neutralität wird der wesentliche Aspekt einer NATO-Mitgliedschaft geflissentlich verschwiegen: Die zu erwartende Stationierung von NATO-Truppen (US-ARMY) in Österreich!
Anfang Juni 2001: In England kommt es mehrfach zu Straßenkämpfen zwischen jugendlichen Zuwanderern und der Polizei. In den Ausländerghettos lauert viel sozialer und politischer Sprengstoff.
Anfang Juni 2001: Die Forderung, es müsse "endlich Schluss sein" mit der Beschäftigung mit der NSZeit, wie die alten Nazis und ihre Erben gerne fordern, steht im Widerspruch zum Konsumverhalten der
Österreicher: Fernsehsendungen und Bücher über diese Zeit finden immer Zuschauer- und Leserinteresse.
5.Juni 2001: Ergebnis einer Meinungsumfrage (im Auftrag des AMERICAN JEWISH COMMITTEE): Demnach
halten 49% der befragten Österreicher Jörg Haider für einen Rassisten, 51% bewundern ihn dafür, weil
er Dinge sagt, die andere Politiker nicht zu sagen wagen. Der Vereinbarung über die Entschädigung von
Arisierungsopfer stimmen 38% zu, 45% lehnen sie ab. Zur NS-Zeit sehen 45% eine österreichische Mitverantwortung, 38% Österreich als Opfer. 45% Zustimmung und 38% Ablehnung findet die Frage, ob
Juden die Erinnerung an den Holocaust für ihre eigenen Absichten ausnutzen. Obwohl dies eine mißverständliche Frage ist (für wessen Interessen sollten sie es sonst tun?), zeigt es, daß der Antisemitismus
hierzulande sehr populär ist.
5.Juni 2001: Schweiger, der Polizeichef von Salzburg, denkt laut über ein Versammlungs- und Demonstrationsverbot während des Weltwirtschaftsgipfels Anfang Juli nach. Also sind wir schon wieder soweit: Was scheißt die Bourgeoisie die Verfassung! SHAREHOLDERS VALUE statt Meinungs- und Versammlungsfreiheit. Wenn sich die Lakaien der Konzerne zusammenrotten, dann ist politisch Friedhof.
Apropos Friedhof: Der Polizeichef ist seit Jahren auch wegen seiner Rolle als Beschützer der SSKranzniederlegungen am Salzburger Friedhof verrufen.
28
5.Juni 2001: Die ÖVP will die Quote für die Familienzusammenführung senken, um dadurch ausländische Fachkräfte zuwandern lassen zu dürfen.
6.Juni 2001: Ariel Muzicant will in das NS-Entschädigungspaket noch eine Entschädigung für die Kultusgemeinde aufgenommen haben, dann wolle man sich für Rechtssicherheit einsetzen.
6.Juni 2001: Die Zuwanderung von Arbeitskräften aus den EU-Beitrittskandidaten-Staaten könnte größer werden als bisher vermutet. Ein Konfliktpotential steht bevor: Die Wirtschaft sieht eine neue Reservearmee von billigen Arbeitskräften und die Menschen in den jetzigen EU-Staaten werden die Ursache
von Lohndruck in Ausländern und nicht im Wirtschaftssystem sehen.
7.Juni 2001: Im Fernsehen wird vorgeführt, wie Polizeitruppen den Kampf gegen Proteste gegen das
Weltwirtschaftstreffen vom Juli in Salzburg vorbereiten. Mit gezogenen Waffen üben sie den Schutz der
Welt vor freier Meinungsäußerung!
7.Juni 2001: Parlamentswahlen in England, Blairs LABOUR siegt mit leichten Verlusten und bei katastrophal niedriger Wahlbeteiligung. Die Wahlmöglichkeit war gering: Die Thatcher-Konservativen oder die
Blair-Yuppies.
8.Juni 2001: Als Festredner des Burschentages 2001 der Deutschen Burschenschaft auf der Wartburg
ist Haiders Kulturbeauftragter, Andreas Mölzer, vorgesehen.
Juni 2001: Laut Politikerindex gibt es in Österreich folgende Anzahlen politischer Funktionäre: 2.681
SPÖ-Funktionäre, 2.637 von der ÖVP, 2.289 FP, 601 Grüne, sowie 105 von der KPÖ und 102 vom LiF.
8.Juni 2001: In Brüssel werden wegen Beteiligung am Völkermord in Ruanda zwei Nonnen, ein Universitätsprofessor und ein Minister aus Ruanda schuldig gesprochen.
8.Juni 2001: Ein Verfahren gegen den FP-Abgeordneten Patrick Ortlieb wegen der dubiosen Sexgeschichte am Innsbrucker Flughafen im März wird endgültig eingestellt. Vizekanzlerin Riess-Passer läßt
gleich wissen, Ortlieb sei darum wieder ein uneingeschränktes Vorbild. Wofür?
9.Juni 2001: Rudolf Burger plädiert in einem Artikel im STANDARD für "das Vergessen", „real ist die Nazizeit so versunken wie Karthago, das mumifizierende Gedenken verzaubert sie zum Mythos. So erbt sich
das Unheil fort als Kleingeld der Politik (..). Die Grenze zwischen Warnung und Werbung ist hauchdünn
und schon lange überschritten. Trauer als echtes Gefühl ist nach einem halben Jahrhundert nicht mehr
möglich (..). Wie die Dinge liegen, wäre Vergessen nicht nur ein Gebot der Klugheit, sondern auch ein
Akt der Redlichkeit (...).”
Herr Rudolf Burger versteht wohl alles miss. Das "Nichtvergessen" ist keine moralische Frage, sondern
eine politische: Es geht nicht nur darum, dass um Opfer getrauert, sondern auch darum, dass politisch
Position bezogen wird. Wie unsere, das heißt die antifaschistischen, linken Vorfahren gegen Seipel, gegen Dollfuß, gegen Schuschnigg, gegen Hitler, gegen Mussolini, gegen Franco waren, so sind wir Antifaschisten, wir Linken von heute gegen die Rechten von heute!
Das ist die Tradition, die Linie, die unvergesslich und nachdrücklich weitergeht! Vastehst!
9./10.Juni 2001: Zum 1. Geburtstag von EDDA, der national-freiheitlichen Frauengilde zur Pflege deutschnational-freiheitlichen Gedankengutes, ist der Frauenminister Haupt der Hauptredner.
Juni 2001: Die anständigen Gesinnungstreuen haben wieder einen Märtyrer. Ein gewisser Oddo Bergmair, von Beruf Abt des Stiftes Kremsmünster, hatte sich bei einer Firmungspredigt darüber beklagt,
dass es heutzutage nur Individualismus gebe, im Gegensatz dazu hätte es in der NS-Zeit Begeisterung
und Gemeinschaft gegeben. Vom Sachlichen wird er durchaus recht haben, das Zeitalter der Globalisierung hat als ideologische Existenzgrundlage die Fiktion vom selbstbestimmten Individuum, während es
bis 1945 hieß, du bist nichts, dein Volk ist alles. Gemeinschaft ließe sich jedoch auch anders darstellen
als in NS-Volksgemeinschaft, etwa in der solidarischen Gemeinschaft, wie sie früher in der Arbeiterbewegung vertreten wurde.
Abt Bergmair versucht sich nachher zu rechtfertigen, er sei kein Nazi gewesen, sondern damals beinahe
selber verfolgt worden. Im FORMAT-Interview meint er, „ein sensibler Bereich ist es heute insofern, als nur
die negativen Seiten des Nationalsozialismus aufgezählt werden. Es wird über Stalin nichts gesagt, der
was weiß ich wie viele Millionen umgebracht hat. Man soll objektiv reden können. Es wird ja alles leider
nur emotionell und verzerrt dargestellt. Über die Nazis darf man schimpfen, da ist alles schlecht. Und das
anderen wird nicht objektiv dargestellt. Da kann man narrisch werden”.
Eine Aussage, die man wörtlich von einem vorsichtigen alten Nazi genauso hören könnte. Einerseits die
reichlich absurde Behauptung, über Stalin werde "nichts gesagt", andererseits würden bei den Nazis nur
die "negativen Seiten" aufgezählt. Nazipositiv wohl nach dem Motto "Hitler war ein böser Mann, doch
29
baute er die Autobahn". Und außerdem baute der Führer die berühmte Volksgemeinschaft, die der Herr
Abt unter seinen Firmlingen so sehr zu vermissen scheint.
Eurem Chronisten fällt zum Kremsmünsterer Abt darum nur ein: Entweder ist das ein bodenloser Dummkopf, der nicht weiß, was er daher redet, oder auf äbtische Art ein Bestandteil der Volksgemeinschaft von
anno nazimal, die hingebungsvoll und mit katholischem Gottessegen gegen den gottlosen Stalinismus
gekämpft hat.
In Österreich war die Reaktion wie zu erwarten: Der törichte und/oder treuhitlerdeutsche Abt wurde nach
kurzer Zeit und einer halben Entschuldigung nimmer kritisiert, die alten Nazis schrieben sich die Finger
wund für die Leserbriefseiten der Zeitungen mit gesinnungstreuer Leserschaft. Wir erfuhren vielfältig, der
Nationalsozialismus war eine höchst notwendige Prophylaxe gegen den Stalinismus und der brave Abt
selber ein Opfer.
9./10./11./12./usw.Juni 2001: Die Forderung von Haider nach einer Volksbefragung zur EU-Erweiterung
wird von Vizekanzlerin Riess-Passer unterstützt, was zu Kontroversen in der Regierung führt. Die ÖVP
agiert ganz wie es Haider wohl erwarten konnte, sie ist gegen eine Befragung. Bei den nächsten Wahlen
wird sich die FPÖ wohl als besonders demokratische Partei präsentieren, die (im Gegensatz zu allen
anderen) die ÖsterreicherInnen mitentscheiden lassen will.
Eurer Chronist ist der Meinung, es sollte auf die Forderung der FPÖ eingegangen werden. Aus zwei
Gründen: Erstens kann man damit vermeiden, dass der FP auf Jahre hinaus das Argument bleibt, die
Erweiterung wäre gegen die Mehrheit der Österreicher von oben verordnet worden, zweitens wäre es
doch interessant zu beobachten wie in der Agitation für oder gegen die Erweiterung die Regierungsparteien gegeneinander auftreten werden.
Vom Sachlichen her: Es wird doch möglich sein, dass SPÖ, ÖVP und Grüne für die Osterweiterung eine
Mehrheit zustande bringen.
10.Juni 2001: In Irland findet ein Referendum über den EU-Vertrag von Nizza statt, die Mehrheit lehnt
den Vertrag ab, was zu schweren Verunsicherungen in der EU führt. Gilt der Vertrag jetzt oder gilt er
nicht?
Nicht vergessen soll werden, dass die EU als Institution ja keine Ausgeburt der Interessen der Völker Europas ist, sondern der Anpassung der staatlichen Organisationen an die Bedürfnisse der Konzerne. Die
EU ist kein Europa der Europäer, sondern ein Großwirtschaftsgebilde der Multis. Nicht ein demokratisches Zusammenwachsen, sondern das Globalisierungsstreben ist die Ursache der EU.
Aber dieser Gesichtspunkt spielt in der Diskussion keine Rolle. Dabei könnten ja zumindest die alten
Achtundsechziger noch ein bisschen marxistische Gesellschaftsanalyse betreiben: Die Ökonomie bestimmt die Gesellschaftsverhältnisse!
26
12.Juni 2001: In den USA wird der Oklahoma-Attentäter Timothy McVeigh hingerichtet. Die Diskussion um die Todesstrafe wird auch hierzu geführt. Wohl am eher ungeeigneten Objekt.
13.Juni 2001: In einem Gespräch in NEWS kritisiert der ehemalige Generalsekretär der Industriellenvereinigung, Herbert Krejci, die Regierung, weil sie die Einrichtungen der Sozialpartnerschaft gefährde und
„alle Lebensbereiche unter die Gesetze der Ökonomie” stelle. Den selbst dieser ehemalige Funktionär
der Wirtschaft meint, „wenn man alles nur den Gesetzen der Effizienz und Profitabilität unterordnet, legt
man die Axt an das gesellschaftliche Fundament eines Landes”.
14.Juni 2001: Hubert Markl, der Präsident der deutschen Max-Planck-Gesellschaft, entschuldigt sich für
das Mitwirken führender deutscher Wissenschaftler an der Vorbereitung des Holocaust, es lägen nun
Befunde vor, dass „die NS-Rassengesetzgebung und ihre praktische Anwendung unterstützt, teilweise
sogar angeregt, Euthanasieverbrechen begangen, vorgeblich wissenschaftliche Forschungsmöglichkeiten in NS-Zwangsanstalten genutzt” wurden.
15./16./17.Juni 2001: Beim EU-Gipfel in Göteborg gibt es massive Protestdemonstrationen, die Polizei
greift zur Schusswaffe.
Von der Polizei wird ein "Schwarzer Block" von gewaltbereiten Autonomen, Spontis und Anarchisten als
Feindbild präsentiert. Angeblich zentral gesteuert soll dieser Block Steine werfend, Auto anzündend und
Geschäfte plündernd durch die Welt ziehen. Es soll unbestritten sein, dass bei den Antiglobalisierungsdemos immer wieder auch Demonstranten mit einem Hang zu Ausschreitungen dabei sind und dadurch
26
18.April 1995: Eine Autobombe explodiert in Oklahoma City vor einem öffentlichen Gebäude und fordert 168 Todesopfer. Zuerst wird vermutet, es habe sich um einen Anschlag arabischer Terroristen gehandelt, dann werden jedoch sehr rasch Täter aus amerikanischen Rechtsextremistenkreisen ermittelt.
30
für verstärktes Medieninteresse sorgen. Aber gleichzeitig nutzt dies die Staatsmacht zum Konstrukt einer
umstürzlerischen Verschwörung vor der man die Gesellschaft schützen müsse. Man kann wieder nach
"Rädelsführern und Drahtziehern" fahnden.
17.Juni 2001: Groteske zum ORF: man diskutiert über die ORF-Reform. Cap setzt sich für Qualitätsprogramme ein, als Beispiel nennt er den Musikantenstadel. Westenthaler ist deshalb in der Folge in der
Lage, den Qualitätsaspekt durchaus vernünftig zu artikulieren.
17.Juni 2001: In Bulgarien glaubt man an Wunder. Die erst jüngst gegründete Partei des ehemaligen
bulgarischen Königs Simeon erreicht die Hälfte der Mandate. Simeon hatte im Wahlkampf Milch und Honig versprochen. Die bulgarischen Gesichter werden lang sein.
17.Juni 2001: Die Bürgermeisterwahl von Berlin im September könnte interessant werden. Der ehemalige PDS-Vorsitzende Gregor Gysi kandidiert für dieses Amt. Gysi ist sicherlich der eloquenteste Politiker
Deutschlands, ihm in Diskussionen zuzuhören, ist ein politischer Genuss.
18.Juni 2001: Meinungsumfrageergebnis zur Osterweiterung: 43% dafür, 41% dagegen, ausreichend
informiert fühlen sich 35%, für eine Volksabstimmung sind 53%.
Könnte man sagen: Haider liegt mit seiner Forderung im Trend. Und nochmals: Die Osterweiterung ist
keine Maßnahme, um den ehemaligen Staaten des Realsozialismus Wohltaten zu verabreichen, son27
dern um den Konzernen auf Kosten der Allgemeinheit
die Geschäftstätigkeit zu erleichtern. Ohne in
der EU gleichzeitig politische Maßnahmen in Gang zu bringen, die die Interessen der arbeitenden Bevölkerung gegen die Geschäftsinteressen stärken, wird die Osterweiterung im Sinne der Stärkung von Konzerninteressen wirken. Dagegen wird auch ein Haider nix sagen, aber die FPÖ kann in der Folge alle
negativen Aspekte auf "die Ausländer" schieben und sich als Dissidentenbewegung darstellen, die eh
immer schon dagegen war. Und die notwendige gesellschaftspolitische Diskussion über den Kapitalismus des 21. Jahrhunderts muss wieder ausfallen, weil die Rechtsrechten via Fremdenfeindlichkeit einen
Nebenaspekt zur Hauptfrage machen und gesellschaftskritische Kräfte damit auf die andere Seite der
gesellschaftspolitischen Barrikade bringen werden. "Wir" sind dann gegen die Fremdenfeindlichkeit, dadurch jedoch zwangsläufig auf der Seite der Shareholders!
18.Juni 2001: Erinnern wir uns an den unsäglichen Welser Bürgermeister Bregartner, der ein unsäglicher Fan der Deutschen Turner vom ÖTB war. Nach langen innerparteilichen Debatten rang sich die
SPÖ am 3.Oktober 1995 zu einem Parteitagsbeschluss durch: Subventionsverbot für den ÖTB durch
SP-Funktionäre. Diesen Beschluss hat man wohl inzwischen schon verschwitzt. In Salzburg subventioniert man mit SPÖ-Zustimmung das Bundesturnfest der deutschen Turner, Sportlandesrat Raus (SPÖ)
und Bürgermeister Schaden (SPÖ) übernehmen den Ehrenschutz.
19.Juni 2001: Das Wirtschaftsforschungsinstitut rechnet durch die Osterweiterung mit einem "Wachstumsschub" von 0,15% pro Jahr. Von solch einem "Riesenschub" werden die Haiderianer tief beeindruckt sein.
19.Juni 2001: Verschiedentlich wird die Lage von Flüchtlingen in Österreich kritisiert. Josef Weidenholzer
von der Volkshilfe beanstandet die mangelhafte ärztliche Betreuung, AMNESTY INTERNATIONAL bezeichnet
die Situation als "barbarisch und rechtswidrig", Küberl von der Caritas bemängelt die restriktive Bundesbetreuung, diese sei "ein Glücksspiel". Das geplante neue Asylgesetz wird kritisiert, weil für den Status
eines "sicheren Drittstaates" hinkünftig deutlich weniger vorausgesetzt werden soll.
19.Juni 2001: Turbulenzen in der KRONEN ZEITUNG. Vermutlich wegen Meinungsverschiedenheiten
betreffend die Erbfolge auf Hans Dichand durch Christoph Dichand oder über die Gestaltung der Schlagzeilen, verabschiedet sich Chefredakteur Friedrich Dragon.
19./20./21.Juni 2001: Skurrilität über die österreichischen Abfangjäger. Das Bundesheer will wieder
neue Flieger, der Finanzminister hat kein Geld, daher zwei Optionen: Man bestellt jetzt und bezahlt später oder man leiht sich Abfangjäger aus. Die Groteske wird durch Aussagen über sogenannte Kompensationsgeschäfte ins Unendliche gesteigert. Angeblich würde der Abfangjägerkauf so viele zusätzliche
Geschäftsmöglichkeiten bringen, dass Österreich enorm profitieren täte. Wenn's eh so einfach ist: Warum saniert man nicht gleich das ganze Budgetdefizit mit solch sagenhaft lukrativen Gegengeschäften?
Dumme Frage: Was passiert, wenn Österreich gar keine Abfangjäger hat? Dumme Antwort: Dann können wir die NATO-Flieger nimmer abschießen, die jetzt von der BRD nach Italien und zurück fliegen!
20.Juni 2001: Auf Staatsbesuch in Wien äußert sich der luxemburgische Premierminister Juncker, ein
Christdemokrat, ablehnend über die FPÖ-Regierungsbeteiligung und die von der FPÖ geforderte Abstimmung über die Osterweiterung.
27
Die EU finanziert die Kosten der Osterweiterung, die Gewinne der Osterweiterung werden privat bleiben
31
Juni 2001: Die deutsche Wehrmacht hatte für Truppenübungsplätze in Tirol landwirtschaftlichen Boden
zwangsweise enteignet, nach 1945 konnten die Bauern ihren Grund gegen eine eher symbolische Pacht
wieder nützen. Jetzt kämpft die Regierung mit den Nulldefizit und vervielfacht deshalb die Pacht. Dem
Protest der Bauern entgegnet man kalt, sie seien ohnehin in der NS-Zeit entschädigt worden. Wahrscheinlich konnten sich die Bauern 1945 mit den Reichsmark die Stube tapezieren oder den Kachelofen
heizen.
23.Juni 2001: Haider will in Klagenfurt Grußworte an ein Jazzfestival richten. Das misslingt ihm, er
kommt gegen die ihn lautstark auspfeifenden und ausbuhenden Zuschauer selbst mit einer mehrere tausend Watt starken Verstärkeranlage nicht zu Wort. Jazz war zur Zeit der ordentlichen Beschäftigungspolitik wohl mit Recht sehr übel beleumundet gewesen!
24.Juni 2001: FPÖ-Konvent in Vösendorf, Einfachmitglied Haider macht sich für die Erhaltung der Koalition mit der ÖVP und die Durchführung einer Volksbefragung zur Osterweiterung stark.
2.Junihälfte 2001: Der BUND SOZIALISTISCHER AKADEMIKER hat Erklärungsbedarf. Nicht nur fand der
mutmaßliche Kindermörder Gross viele Jahre dort unbeanstandete politische Zuflucht, als jetzt für ein
Buch über Gross recherchiert wurde, verweigerte der BSA den Zugriff auf seine Unterlagen.
Der BSA war nach 1945 eine wichtige Zufluchtstätte für antikirchlich eingestellte (darum CV-untaugliche)
NS-Intellektuelle - was seinerzeit zum Witz führte: BSA? Was SA heißt wissen wir ja noch, aber was
heißt das B?
27.Juni 2001: Die ORF-Redakteure der Sendung ZEIT IM BILD legen eine Interventionsliste von FPKlubobmann Westenthaler und Bundeskanzler Schüssel vor. Sie sehen eine „über das bisherige Maß
hinausgehende Bedrohung”. Insgesamt funktioniert dieses Interventionssystem. Der ORF wird wenn
auch noch nicht direkt zum Regierungsfunk, so doch der Regierung gegenüber immer vorsichtiger und
damit unkritischer.
28
27.Juni 2001: Der Großerzbischof der ukrainisch unierten Kirche entschuldigt sich für das Unrecht,
das Mitglieder der Kirche „absichtlich ihren Nächsten angetan” hätten. Diese Kirche war nämlich wegen
ihrer nationalistisch-ukrainischen Haltung und ihrer Nähe zu den deutschen Besatzern nach dem Krieg
mit den Orthodoxen zwangsvereinigt und erst 1989 wieder zugelassen worden.
27.Juni 2001: Nachdem die Absetzung des Präsidenten des Hauptverbandes der Sozialversicherungsträger, Hans Sallmutter, legal nicht möglich war, legt die Regierung ein Gesetz vor, das den Verband neu
organisiert, Sallmutter unzulässig macht und für eine haselnußfarbige Mehrheit sorgt.
28.Juni 2001: Der Mörder und ehemalige Spezi einiger SP-Funktionäre, Udo Proksch, stellt im Häfen
die Patsch'n auf. Ewig schad' um ihn.
Juni/Juli 2001: In der Türkei sterben dutzende politische Häftlinge an Hungerstreiks, über 200 Personen
protestieren auf diese Art gegen die politischen Inhaftierungen in der Türkei. Wie schon früher ruft dies in
unseren Breiten sehr wenig Echo hervor. Erstens ist die Türkei ein braver NATO-Staat und zweitens sind
die Opfer Linke.
Anfang Juli 2001: Vier der sieben freiheitlichen Landtagsabgeordneten in Tirol verweigern dem Landesparteiobmann hinkünftig die Gefolgschaft.
Anfang Juli 2001: Der Skiort St. Anton erfuhr seinerzeit durch den langjährigen Obmann des Skiklubs
Arlberg, Rudolf Gomperz, die Weichenstellung für den Aufstieg zum weltberühmten Fremdenverkehrsort.
Seit 1995 erinnert ein Denkmal an den Pionier, während der Ski-WM 2001 tat man ihm aber keine Erwähnung. Der Skisportler Gomperz war nämlich Jude und wurde 1941 ermordet. Und das hat man ihm
in St. Anton bis heute nicht so recht verziehen. Die Arlberger Kulturtage befassen sich heuer mit Gomperz, um diese mehr als beschämende Situation aufzuarbeiten.
Anfang Juli 2001: Peter Sichrovsky tritt als Präsident des "Bundes der gesetzestreuen Juden Deutschlands", einer Art jüdischen Krenn-Sektion, zurück.
1.Juli 2001: In der KRONEN ZEITUNG erscheint folgender Leserbrief:
28
unieren = vereinigen, die ukrainisch unierte Kirche ist zwar selbständig, unterstellt sich aber dem Papst
32
Damit beschreibt sich die österreichische Medienlandschaft trefflich. Zur Weltwirtschaftskonferenz wurde
in den österreichischen Massenmedien hauptsächlich über (drohende) gewalttätige Ausschreitungen berichtet. Etwa aus der KRONEN ZEITUNG oder den OÖNACHRICHTEN erfuhren die Leser nie, warum und wozu jemand gegen die Globalisierung sein könnte. Herr Polegeg in Leoben schloss deshalb messerscharf
von seiner eigenen Unwissenheit auf die Unwissenheit aller.
Die Meinungsfreiheit hat bekanntlich auch ihre Tücken. Es geht ja nicht nur darum, was die Medien
schreiben dürfen, sondern was sie schreiben wollen - gegen die Globalisierung wollen viele eben nicht.
Zur Salzburger Konferenz konnte man sich z.B. in Ö1 zweimal nach 22 Uhr informieren oder bei einer
Pro-und-Kontra-Diskussion um 18h20 zuhören. Im STANDARD gab es auch einige kürzere Statements, aber von einer wirklichen Information für die österreichische Bevölkerung konnte keine Rede sein. Wenn
es um das Geld der Spekulanten und Konzernherrn geht, dann gibt es im Österreich des Jahres 2001
nicht viel objektive Information, bloß noch eine Art von Wahrheit. In der PRAWDA steht dasselbe wie in
der ISWESTIJA.
30.Juni bis 4.Juli 2001: In Salzburg tagt das Weltwirtschaftsforum. Globalisierungsgegner demonstrieren dagegen, es bleibt relativ friedlich, obwohl sich Einsatzkräfte der Polizei redlich um Eskalierung bemühen, wie eine ORF-Reportage belegt, die gegen Ende August (!!) gesendet wird. Der Einsatzkommandant stellt sich bei dieser Sendung als rastloser Haudrauf vor, der unbedingt einen (nicht vorhandenen) "schwarzen Block" zerschlagen will.
Anfang Juli 2001: Westenthaler droht dem ORF mit einer Milliardenklage, weil ein Abkommen mit dem
Verband der Zeitungsherausgeber den ORF geschädigt habe. Haider stellt sogleich richtig: Westenthaler
habe nicht die Absicht, den ORF zu klagen, Riess-Passer weiß es noch besser, eine solche Klage sei überhaupt nie angekündigt worden. Das lässt sich der Westenthaler auch nicht so sagen, am 4.7. wiederholt er (in abgeschwächter Form) seine Klagedrohung. Er soll sogar mit seinem Rücktritt gedroht haben,
weil ihn die Partei im Regen stehengelassen habe. Aber das ist wahrscheinlich auch gar nicht passiert,
weil in der FPÖ ist ja sowieso immer alles in Butter.
29
von Haider ist keine Verhetzung im Sinne des Strafgesetzbuches, die
3.Juli 2001: Der Ariel-Sager
Anzeige wird zurückgelegt, die Privatklage von Ariel Muzicant bleibt.
4.Juli 2001: Eine deutsche Expertenkommission empfiehlt der Regierung der BRD einen Zuzug von
jährlich 50.000 Einwanderern. Dazu soll ein Auswahlsystem nach kanadischem Vorbild mit Berücksichtigung von Alter, Bildung, Sprachkenntnis und Integrationsbereitschaft angewendet werden.
5.Juli 2001: Die oö. Landesregierung plant das Schloss Hartheim zu renovieren. Zum Gedächtnis der
Behinderten, die dort in der NS-Zeit ermordet wurden, soll eine Gedenkstätte eingerichtet werden.
29
28.Februar 2001: Haider in Ried im Innkreis auf seiner traditionellen Aschermittwoch-Rede: „Ich verstehe nicht,
wie einer, der Ariel heißt, so viel Dreck am Stecken haben kann”.
33
5.Juli 2001: Rund 30.000 Gewerkschafter demonstrieren in Wien gegen die Maßnahmen der Regierung
in Sachen Sozialversicherung. Zu einem klaren gewerkschaftlichen Weg in der Auseinandersetzung mit
der Regierung kann man sich aber immer noch nicht entschließen, man treibt nicht, sondern wird weiterhin getrieben. Im STANDARD fasst Günter Traxler das ÖGB-Problem in einem Satz zusammen: „Als sublimierter Klassenkampf wurde die Sozialpartnerschaft solange gefeiert, bis die Sublimation alles überlagerte”. Unter Sublimation versteht man einerseits "Erhöhung, Verfeinerung" und andererseits den unmittelbaren Übergang von einem festen in einen gasförmigen Zustand.
9.Juli 2001: Wegen Altersdemenz wird in Chile das Verfahren gegen den faschistischen Exdiktator Pinochet eingestellt. Die Angehörigen der tausenden Opfer der Pinochet-Herrschaft fordern Entschädigungen vom Staat.
10.Juli 2001: Nach der recht eigenartigen
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30
Entschuldigung der polnischen Kirche, entschuldigt sich der
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den Juden von Jedwabne begonnen hatten. Die Bevölkerung des Ortes verdrängt das Verbrechen
mehrheitlich nach wie vor.
11.Juli 2001: Das Strafverfahren gegen drei 15jährige Schüler, die geplant hätten, 4 Lehrer zu erschießen, weil sie wegen rechtsextremistischer Auftritte angezeigt worden waren, werden eingestellt, laut
Psychologen waren sie nicht reif genug, „das Unrecht der Tat einzusehen”. Auch eine interessante Feststellung, 15jährige sähen das Erschießen von Menschen nicht als Unrecht ein. Könnte man sich fragen:
Braucht der Psychologe einen Psychiater?
12.Juli 2001: Ergebnis einer Wahlumfrage: SP 36, VP 28, FP 21 und Grüne 12%. Hochgerechnet auf
Mandate: 68, 53, 40, 22, also 93 Haselnuß, 90 Regenbogen.
Juli 2001: Eine tolle Groteske in der Steiermark. Ein Menschenrechtspreis sollte zuerst u.a. an den ehemaligen kommunistischen Landtagsabgeordneten Franz Leitner verliehen werden, weil er seinerzeit
im KZ Buchenwald viele (jüdische) Kinder vor der Vernichtung rettete und dafür 1999 auch von Israel als
"Gerechter unter den Völkern" ausgezeichnet wurde. Jetzt sind SPÖ und Grüne (!!!) dagegen, einem
Kommunisten einen Menschenrechtspreis zu verleihen, ÖVP und FPÖ (!!!) sind dafür, können sich aber
abstimmungsmäßig nicht durchsetzen, Leitner bekommt den Preis erst als von der schwarzen Landeshauptfrau Klasnic das Preisgeld aufgestockt wird. Manchmal fragt man sich schon, ob manche Leuten
noch richtig ticken: Wenn VP und FP die Ehrung eines Widerstandskämpfers und KZlers gegen SP und
Grüne durchsetzen müssen!
13.Juli 2001: Bürgermeister Häupl sagt in einem Interview, die VP breche alle Brücken ab und verbrenne auch gleich die Schiffe. VP-Klubobmann Khol und Kanzler Schüssel ließen nur noch die Option FPVP offen.
14.Juli 2001: Eine wunderbare Zehentmayr-Karikatur im STANDARD:
15.Juli 2001: Der Papst läßt bekannt geben: Die Güter der Erde seien für alle Menschen bestimmt, nicht
nur für die Reichen, die Globalisierung bedürfte der Gerechtigkeit und der Solidarität. Ist es nicht mehr
als beschämend, wenn solche Aussagen von der Kirche und nicht von den im Gütezeichen von Gerechtigkeit und Solidarität gegründeten politischen Organisationen kommen? Wieso meldet sich zu solchen
30
27.Mai 2001: Der polnische Kardinal Glemp entschuldigt sich bei den Juden. Am 10.7.1941 wurden in der Kleinstadt Jedwabne rund 1.600 Juden unter der Beschuldigung, Agenten des Bolschewismus zu sein, zusammengetrieben und massakriert. Der Kardinal schränkt die Entschuldigung aber gleich ein: Die Juden müssten sich auch entschuldigen, weil sie sich durch Zusammenarbeit mit dem Bolschewismus gegenüber den Polen schuldig gemacht
hätten.
34
Dingen nicht beispielsweise die SOZIALISTISCHE I NTERNATIONALE mit entsprechender Deutlichkeit zu
Wort? Keine Signale zu hören!
16.Juli 2001: Die Turngemeinde Jahn Wels-Neustadt ist nicht mehr Mitglied des ÖTB: „Die Modernisierung schreitet nicht so voran, wie sie vor Jahren versprochen wurde. Die Leute wollen aber keine Politik
mehr im Sport. Beim ÖTB geht nichts weiter. Mehrere Angebote und Bewerbe sind nicht mehr zeitgemäß. Dazu kommen finanzielle Gründe", gab Jahn-Obmann Helmut Aichbauer gegenüber der W ELSER
RUNDSCHAU die Gründe für den Austritt aus dem ÖTB bekannt.
Dr. Robert Eiter von der INITIATIVE W ELSERINNEN GEGEN FASCHISMUS begrüßt den Schritt: „In den Leitsätzen 1996 des ÖTB ist immer noch das Bekenntnis zum deutschen Volkstum verankert." Laut Aichbauer
sei nun sogar eine Fusion mit dem SV Flic-Flac Wels denkbar. Dieser spaltete sich im Jahr 1993 von der
TG Jahn ab.
18.Juli 2001: Mittels der geplanten Urabstimmung will der ÖGB im Herbst die politische Lage destabilisieren, man habe den Bundespräsidenten eingeweiht, der dann Neuwahlen ausschreiben soll. Aufgedeckt hat dieses Komplott, richtig geraten, Jörg Haider!
31
20.Juli 2001: In erster Instanz wird Lumpi-Spezialist Schnell zu einer Geldstrafe von 100.000 öS verurteilt. Er beruft und will bis zum europäischen Gerichtshof gehen.
20.Juli 2001: Von der ÖVP wird die FPÖ-Forderung, Interessenvertreter aus dem Nationalrat auszuschließen, abgelehnt. Angesichts der geplanten ÖGB-Urabstimmung war FPÖ-Generalsekretärin Zierler
der Ansicht, man sollte die „Unvereinbarkeitsbestimmungen neu überdenken”. Vielleicht sollten der Einfachheit halber Regierungskritik und Nationalratsmandat überhaupt unvereinbar werden?
20.-22.Juli 2001: G8-Gipfel in Genua, große Demonstrationen der Globalisierungsgegner. Bis zu
150.000 Menschen aus der ganzen Welt nehmen daran teil. Die Polizei riegelt die Innenstadt hermetisch
ab, es kommt dabei zu gewalttätigen Auseinandersetzungen zwischen der Polizei und Autonomen, am
Freitag wird ein junger Italiener, der einen Feuerlöscher auf ein Polizeifahrzeug wirft, erschossen.
32
23.Juli 2001: FORMAT berichtet, dass in Tirol nach wie vor vom rechtsextremen Kaplan Melzer und vom
33
Engelswerk-Theologen Prantner der antisemitische Kult um das "Anderl von Rinn" weitergeführt wird.
Prantner steht auch mit Krenn und mit FP-Stadler in Beziehung.
23.Juli 2001: In Italien wird eine Anzahl von Globalisierungsgegner festgenommen, die verdächtigt werden, zu einem gewaltbereiten "Schwarzen Block" zu gehören, darunter 16 österreichische Angehörige
der VOLXTHEATERKARAWANE, einer Gruppe, die bei den Demonstrationen mit Pantomimen und artistische Einlagen auftrat.
Zweite Julihälfte 2001: Vermeintlich als originell wähnt sich eine Initiative in Berlin: Mit dem PlakatSlogan „den Holocaust hat es nie gegeben”, will ein Förderkreis zur Errichtung des Berliner Holocaust34
Mahnmals Aufsehen erregen und Spenden sammeln . Neonazis verzieren die Plakate mit zustimmenden Aufklebern, daraufhin besinnt man sich doch eines Besseren und zieht diese Art von Werbung zurück.
24.Juli 2001: Seitens des Innenministeriums heißt es vorerst, die Festgenommenen der
VOLXTHEATERKARAWANE gehörten „nicht zu den amtsbekannten Randalierern aus der autonomen Szene”.
31
28.November 2000: Der Salzburger FP-Chef Schnell meint auf einer Parteiversammlung, die Bezeichnung
"Lump" für Klestil wäre ein harmloser Ausdruck, er nenne seinen Hund ja auch Lumpi und der sei ein lieber, netter
Falott. Der Bundespräsident hätte sich benommen als wäre er gar kein Österreicher, er habe Österreich im Ausland
schlecht gemacht.
32
12.Oktober 1995: Bei der Staatsanwaltschaft Innsbruck wird Strafanzeige gegen Kaplan Gottfried Melzer erstattet. Der Geistliche ist der Organisator der jährlichen Wallfahrten zum "Anderl von Rinn". Seit 1985 sind kirchlicherseits die antisemitischen Wallfahrten untersagt. 2.März 1999: In Steyr wird ein pensionierter Priester, Gottfried Melzer wegen Verhetzung zu sechs Monaten bedingt verurteilt. Er hatte in einer Broschüre alte christliche antisemitische Hetze (Ritualmorde und Hostienschändungen) losgelassen.
33
Der Haller Arzt Hippolyt Guarinoni schuf im Jahre 1619 in Anlehnung an andere Ritualmordlegenden für die Diözese Brixen ein Beispiel für ein "Opfer des jüdischen Christenhasses". Der Name "Andreas" ist eine Erfindung, die
Jahreszahl des angeblichen Mordes erschien Guarinoni "im Traum". Bis zum Ende des 18. Jahrhunderts entstanden
im deutschen Sprachraum über 150 ähnliche Legenden, die längst erloschen sind, in Tirol blieb die "Anderl"Verehrung bis in die Gegenwart erhalten. Erst 1994 wurde der Kult von Bischof Stecher kirchenrechtlich verboten.
34
Der Zweck des Plakates steht im Kleingedruckten: "Es gibt immer noch viele, die das behaupten (...) spenden Sie
deshalb für das Denkmal für die ermordeten Juden in Europa".
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25.Juli 2001: Schwere Vorwürfe werden gegen die italienische Polizei wegen ihres Vorgehens gegen
die Globalisierungsgegner in Genua erhoben, die Österreicher bleiben in Haft.
26.Juli 2001: Josef Klaus, von 1966 bis 1970 Kanzler der einzigen ÖVP-Alleinregierung, stirbt 90-jährig.
Er hatte im Wahlkampf 1969/70 versucht, auf Antisemitismus zu setzen, indem er sich als "echten Österreicher" plakatieren ließ, im Gegensatz zum dann wohl "volksfremden" Juden Bruno Kreisky.
27.Juli 2001: Die VOLXTHEATERKARAWANE bleibt in Italien in Untersuchungshaft, ihre Theaterrequisiten
werden ihnen als Beweise für die Zugehörigkeit zum "Schwarzen Block" vorgehalten. Das Innenministerium hat inzwischen verlautet, einige Mitglieder der Karawane seien "polizeibekannt" und die Außenministerin verkündet grinsend, diese dürften sich dann nicht wundern, wenn sie festgenommen werden. Die
Außenministerien anderer Staaten setzen sich im Kontrast dazu für die Freilassung ihrer in Italien festgenommenen Staatsbürger ein.
28./29.Juli 2001: Kritik an Außenministerin Ferrero-Waldner, sie setze sich nicht für die in Italien einsitzenden Österreicher ein und habe datengeschütztes Material weitergegeben. Darauf grinst sie ein bisschen weniger und "weist zurück".
30.Juli 2001: Österreich wollte an diesem Tag mit den Zahlungen an ehemalige Zwangsarbeiter beginnen. Jetzt will man noch die Ausfertigungen der letzten Klagsabweisungen in den USA abwarten.
30.Juli 2001: Da sich das Außenamt nicht gerade pflichteifrig für die VOLXTHEATERKARAWANE einsetzt,
reist der Grüne EU-Abgeordnete Voggenhuber nach Italien und kümmert sich um die Verhafteten.
31.Juli 2001: In Klagenfurt läßt LH Haider die Personalvertretung der Lehrer zwangsdelogieren, weil
Schulreferent Haider deren bisherige Räumlichkeiten in der Schulabteilung der Landesregierung für zwei
neue Unterabteilungen benötigt.
31.Juli 2001: Voggenhuber berichtet von polizeilichen Übergriffen gegen die in Italien inhaftierten Österreicher, das Außenamt fängt an, sich bemüht zu zeigen. Die meisten Festgenommenen aus anderen
EU-Staaten (England, BRD) sind inzwischen schon wieder daheim, in diesen Ländern hatte sich das
Außenministerium für seine Staatsbürger eingesetzt, statt den italienischen Behörden dubiose staatspolizeiliche Vormerkungen zu übermitteln.
Interessant ist, dass nach den Ereignissen in Italien sich nunmehr in Österreich doch mehr Medien dazu
bequemen, sich auch kritisch mit der Globalisierung auseinander zu setzen. Selbst die neoliberalen Extremisten in den OÖN lassen jetzt zumindest in der Leserbriefspalte fallweise auch von der Blattlinie abweichende Meinungen zu.
In der KRONEN ZEITUNG wimmelt es klarer Weise wieder von Kolumnen und Leserbriefen, in denen es eine klare Sache ist, dass die Inhaftierten gewalttätige Anarchisten sind, die eh schon längst hinter Gittern
gehört hätten. So dichtet etwa der Herr Martinek.: „...drum tarnt sich manche Terrorgruppe, zum Beispiel
als Theatergruppe, und denkt sich, sie wäre so immun und könnte alles Böse tun. Doch nützt es ihnen
nicht mehr viel, durchschaut ist heut ihr böses Spiel”.
1.August 2001: Die katholische Kirche beruft sich bei der Ablehnung der Homosexualität auf die Bibel,
ein Funktionär der jüdischen Loge Bnei Brith weist darauf hin, dass in der Bibel z.B. die Arbeit am Sab36
bat sogar mit der Todesstrafe bedroht gewesen sei, deswegen aber heute auch niemand totale SabbatArbeitsverbote verlange.
Wozu Eurem Chronisten einfällt, dass es laut Alten Testament beispielsweise auch verboten war, gegen
eine Wand zu pissen. Auf ihr Bischöfe, verurteilt die Wandpisser!
2.August 2001: In Auschwitz wird eine Dauerausstellung zum Gedenken an die dort ermordeten Roma
und Sinti eröffnet.
3.August 2001: In Italien wurde wegen diverser Übergriffe bei den Demos in Genua gegen die dort eingesetzten Polizeikräfte ermittelt. Mehrere Polizeioffiziere, die als verantwortlich dafür gesehen wurden,
werden von ihren Funktionen abberufen, darunter der Polizeichef und der Chef der "Antiterroreinheit".
Die österreichischen VOLXTHEATER-Leute bleiben in Haft, staatspolizeiliche Vormerkungen wegen "Gewaltbereitschaft" waren an die italienischen Behörden weitergegeben worden, diese dubiosen, rechtlich
bedeutungslosen Vormerkungen sind jetzt das Hauptbelastungsmoment.
3.August 2001: Dem US-Präsidenten Bush wird ein Intelligenzquotient von nur 91 zugeschrieben. Irgendwie merkt man dies an seiner Praxis.
5.August 2001: FP-Generalsekretär Peter Sichrovsky nennt in einem Interview mit der NEUEN ZÜRCHER
ZEITUNG Ariel Muzicant ein „nichtarisches Rumpelstilzchen”. Er darf das sagen, weil als "Alibi-Jude" der
FPÖ kann er ja kein Antisemit sein...
6.August 2001: Die Anklage im Fall Omofuma
Gefangenen mit Todesfolge" ist rechtskräftig.
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gegen drei Fremdenpolizisten wegen "Quälen eines
6.August 2001: Israel wird (was verständlich ist) der jetzigen österreichischen Regierung weiterhin distanziert gegenüber stehen. Warum aber meint Außenminister Peres, der ebenfalls extrem rechtslastigen
italienischen Regierung nicht kritisch gegenüber stehen zu müssen?
8.August 2001: Die Regierung senkt auf Wunsch der FPÖ die Zuwandererquote für 2002, nur noch höher qualifizierte Ausländer sind erwünscht.
8.August 2001: Im "Salzburger Nachtstudio" strahlt der ORF eine Sendung über Konrad Lorenz an. Der
Graugansverhaltensforscher war bekanntermaßen ein Nazi gewesen, jetzt sind über ihn neue Dokumente
aufgetaucht. Zitat: „Mich selbst ärgert nur, rein rassenbiologisch, dass die zwei ersten und besten Germanenvölker der Welt (er meinte damit Deutsche und Engländer) sich gegenseitig schwer beschäftigen, während die ganze nichtweiße, schwarze, gelbe, jüdische und gescheckte Welt daneben steht und sich freut”.
Warum sagt einer so was? Weil er keine Nazi war, aber dazu gezwungen wurde?
9.August 2001: In einem NEWS-Interview sagt Haider nach den nächsten Wahlen ein blauer oder ein
parteifreier Kanzler Schüssel ablösen könnte. Die europaweite Kandidatur einer "Haider-Partei" bei den
nächsten EU-Wahlen hält er für denkbar.
9.August 2001: Er hat einen weiten Weg zurückgelegt: Günter Schabosvsky, der 1989 als Mitglied des
Politbüros der SED die Öffnung der Mauer bekannt gab, unterstützt jetzt die CDU.
Erste Augusthälfte 2001: Weil vier der 17 Hausparteien gegen eine Gedenktafel am Haus der ehemaligen Synagoge in Klosterneuburg sind, verhindert die FPÖ die Anbringung: Ohne 100%ige Zustimmung
wäre es "Zwangsbeglückung" und die Gedenktafel dürfte sich nicht auf die jüdischen Opfer beschränken.
Ist ja klar, wo doch seinerzeit auch die freiheitlichen NS-Opfer immer in der Synagoge saßen!
36
10.August 2001: Umvolkervordenker Mölzer wird mit Jahresende seine Funktion als "Kulturberater"
Haiders zurücklegen. Wahrscheinlich verbreitet er als KRONEN ZEITUNG-Kolumnist eh schon genug volkstreue Kultur.
10.August 2001: Barbara Rosenkranz, die FPÖ-Klubobfrau im nö. Landtag, gebiert ihr zehntes Kind.
Nach Hedda, Horst, Arne, Mechthild, Hildrun, Volker, Sonnhild, Alwine und Ute ist es diesmal ein Wolf.
Das nenne ich ein volkstreues Verhalten, ein Mutterkreuz mit Brillanten und Schwertern wäre fällig (das
in Gold hätte es ja schon beim Kind Nr.8 gegeben).
35
1.Mai 1999: Ein abgelehnte Asylwerber aus Nigeria, Marcus Omofuma, soll über Sofia abgeschoben werden. Da
sich der 26jährige widersetzt, wird er gefesselt und von drei Polizeibeamten begleitet, da er auch schreit und beißt,
wird ihm der Mund verklebt. So die offizielle Darstellung. Als das Flugzeug in Sofia landet, ist der Nigerianer erstickt.
36
11.Februar 1992: In Graz spricht FP-Grundsatzreferent Andreas Mölzer zum Thema: "Nationale Identität und multikulturelle Gesellschaft, eine Schicksalsfrage unseres Volkes". Er meint u.a., bisher sei die "biologische Potenz der
Deutschen immer stark genug gewesen, um der assimilierende Faktor zu bleiben. Jetzt droht aber die "Umvolkung",
Mölzer sieht einen "überalteten und schwächeren Volkskörper, der dynamischeren Zuwanderer gegenübersteht."
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10.August 2001: Der venezianische Sozialstadtrat Peppe Caccia bezeichnet die VOLXTHEATERKARAWANE
als sympathische und kreative Gruppe, von der Zugehörigkeit zu einem "schwarzen Block" könne keine
Rede sein.
14.August 2001: Zu einer sommerlichen Bilanzpressekonferenz von Susi und Strolchi fällt Hans Rauscher im STANDARD folgende höchst gehässige Glosse ein: Dauerwerbesendung Sie haben schon Kultstatus - diese „Dauerwerbesendungen" in den Morgenstunden auf deutschen Privatsendern. Schlecht
synchronisierte amerikanische C-Schauspieler kriegen wegen irgendwelcher Haushaltsgeräte multiple
Orgasmen („Mit diesem Steam Buggy kannst du deine Toilette perfekt sauber machen, Martha!" - „Auch
an den Stellen, die niemand gerne anfasst, Bob?" - „Natürlich, auch dort Martha! Steam Buggy gibt den
Keimen. einfach keine Chance!" - „Oh Bob, das ist einfach unglaublich!" - „Rufen Sie jetzt an und
bestellen Sie Steam Buggyl"). So etwas haben wir jetzt auch. Es sind die gemeinsamen Auftritte von
Wolfgang Schüssel und Susanne Riess-Passer im ORF.
„Wolfgang, warum zeigen wir nicht, wie fantastisch der Black & Blue Clean Boy funktioniert?" - „Ja, Susi,
Clean Boy ist wirklich sensationell!" - „Richtig, Wolfgang, denn der Clean Boy säubert nicht nur rote Gewerkschafter aus heiklen Ecken, sondern er senkt auch die Zuwanderungsquote!" - „Mein Gott, Susi, ich
hätte es nicht gedacht, aber Clean Boy hält unerwünschten Zuzug von Ausländerfamilien fern. Rufen Sie
jetzt an! Black & Blue Clean Boy gibt es mit Garantie für weitere vier Jahre!"
14.August 2001: In Bad Arolsen in Hessen besteht das größte Archiv über die NS-Zeit, Dokumente über
17 Millionen NS-Opfer sind dort aufbewahrt.
15.August 2001: Die VOLXTHEATERKARAWANE kann nach Hause zurückkehren, die Untersuchungshaft
wurde aufgehoben. Die U-Haft, so wird geäußert, sei auf Grund der vom österreichischen Innenministerium übermittelten Stapo-Vormerkungen verhängt worden. Die Oppositionspartei fordern Untersuchungen.
17.August 2001: In der BRD stiegen auch heuer rechtsextremistische Gewalttaten leicht an, Innenminister Schily will diese Entwicklung mit präventiven und repressiven Mitteln bekämpfen.
18.August 2001: In Wunsiedel halten rund 800 junge und alte Nationalsozialisten unter Polizeischutz (!)
einen Gedenkmarsch zum Todestag (17.8.1987) von Hitlerstellvertreter Rudolf Heß ab. Warum diese
Kundgebung heuer erlaubt wurde, war den Medien nicht zu entnehmen. Auch nicht, ob es ein präventives oder ein repressives Mittel gegen den Rechtsextremismus war.
19.August 2001: Im ÖGB baut sich ein Problem auf. Die oberste Ebene der Postgewerkschaft probierte,
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sich selber mit maßlosen Gehaltserhöhungen zu versorgen, zeigte aber nach Meinung vieler Postgewerkschaftsmitglieder kein so großes Engagement für die Probleme der Postangestellten. Für die Opposition sind diese unerwarteten Posthorntöne frostig. Zwar wird (als die Sache in der Zeitung steht) der
Vorsitzende, ein gewisser Dörfler, umgehend zurückgetreten, aber die FP hat wieder einen Hochgenuss
und kann sich als Bekämpfer von Partei- und Gewerkschaftsbonzen aufspielen. Geldgier und politische
Dummheit erleichtern der Regierung den Umgang mit der Opposition.
19.August 2001: In London stirbt 67jährig der bekannte Apartheidgegner Don Woods, er war vor allem
durch die Aufdeckung des Mordes am südafrikanischen Bürgerrechtler Steve Biko 1977 bekannt geworden.
August 2001: An Hitlers Wohnsitz auf dem Obersalzberg in Berchtesgaden soll ein Hotel errichtet werden, was zu entsprechenden Diskussionen führt. Wer einmal in Berchtesgaden war, kennt ja die zutiefst
widerliche Nazi-Anbiederung der dortigen Fremdenverkehrseinrichtungen. Alles ist auf die Besichtigung
des ehemaligen Hitlerhauptquartiers eingerichtet, ohne dass dieses direkt beim Namen genannt wird. Aber die einschlägigen Besucher wollen ES besichtigen und Berchtesgaden versteht sich blendend darauf, ES zu präsentieren.
20.August 2001: Der Anwalt der VOLXTHEATERKARAWANE wirft dem Innenminister und der Außenministerin Missbrauch der Amtsgewalt vor, weil interne geheime Polizeiinformationen weitergegeben wurden
(man könnte dazu sagen: österreichische Regierungsmitglieder haben Oppositionelle im Ausland vernadert). Medienrechtlich Klagen gegen Riess-Passer werden ebenso angekündigt wie Klagen gegen italienische Polizisten. Gegen das verhängte Aufenthaltsverbot für Italien werden Rechtsmittel ergriffen.
20.August 2001: Ein gewisser Markus Mitterrutzner, bisher Referent bei Riess-Passer, soll statt des zurückgetretenen Gilbert Trattner neuer FPÖ-Bundesgeschäftsführer werden.
Zweite Augusthälfte 2001: Ein seltsames Inseratenkonglomerat entdecken die Grünen: In Mölzers
rechtem Blatt ZUR ZEIT stehen nebeneinander: Das nö. Landhaus, die Kärntner Landesausstellung und
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Einstufung in etwa wie Ministerial- oder Hofräte der höchsten Dienstklasse
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die Zeitschrift "Nation Europa", die sich Sorgen macht. wem Deutschlands Zukunft gehört, den herzigen
Arierkinderlein oder diesem Untermenschennachwuchs?
21.August 2001: In der Ukraine beginnen die Auszahlungen der Entschädigungen für Zwangsarbeiter.
22.August; Günter Traxler zur Gehaltsaffäre in der Postgewerkschaft: „Nicht um die bis ins Verleumderische spielenden Tiraden von FP-Trommlern geht es, die wieder einmal einen billigen Triumph bis zur
Neige auszukosten entschlossen sind, sondern um die Frage: Was reitet organisatorisch erfahrene, politisch wache (?) Spitzenfunktionäre des Gewerkschaftsbundes, den deklarierten Erzfeinden ihrer Organisation einen solch billigen Triumph zu verschaffen? Was reitet sie, es sich selber in einer Zeit zu richten,
in der Postämter geschlossen werden und Kollegen, deren Interessen sie zu vertreten haben, finanzielle
Einbußen hinnehmen, wenn nicht gar um ihre Posten bangen müssen? Stellt sich bei ihnen schon nicht
reflexartig so etwas wie die viel beschworene Solidarität ein, wieso dann nicht wenigstens jenes Minimum an politischem Verstand, das man sich aus der täglichen Zeitungslektüre zusammenkratzen kann?”
22.August 2001: Die FPÖ fordert auch den Rücktritt von ÖGB-Chef Verzetnitsch, der, zur Postgewerkschaft schweigend, in Kanada urlaubt. Die ÖGB-Führung managt die Sache überhaupt sehr dürftig - die
dann doch erfolgte Offenlegung der exorbitanten Bezüge der ÖGB-Spitze steigert das Image nicht, dazu
gibt Vizechefin Csörgits auch noch ihr Nettoeinkommen absurd falsch an.
23.August 2001: Die frühere Leitung der Grazer Hochschülerschaft (schwarzblaue Koalition) soll rund
1,2 Millionen öS Beitragsgelder für Privatzwecke verjuxt haben. Von ÖVP und FPÖ wird diesmal keine
Skandalaufklärung verlangt.
27.August 2001: Haider kündigt einen "Kärntner Ehrenkodex" an, der "Privilegienwirtschaft und Missbrauch öffentlicher Funktionen" verhindern soll. Auch der FP-Sozialfond soll offengelegt werden. Seit
März 2000 haben die FPÖ-Regierungsmitglieder 782.300 öS darauf eingezahlt. Das sind 6209,20 öS pro
Minister und Monat. Na bumm!
28.August 2001: Die Fragen zur Urabstimmung hat man im ÖGB gut durchdacht: Stärkung der Sozialpartnerschaft (gegen die Regierungsalleingänge), Beibehaltung der Pflichtversicherung (gegen Tendenzen zur privatisierten Versicherungspflicht), Lohnerhöhungen auf Kollektivvertragsbasis (gegen Verlagerung auf Betriebsebene), Anspruch der Abfertigung vom ersten Tag und auch bei Selbstkündigung (weitergehend als der Regierungsentwurf), offener Bildungszugang (gegen Studiengebühren), Aufrechterhaltung der Funktionsfähigkeit des öffentlichen Dienstes (gegen Auslagerungen & Privatisierungen), gegen den Ausverkauf öffentlichen Eigentums (gegen die völlige Privatisierung von Staatsbetrieben). Das
Argument der Regierung, es wären Nona-Fragen trifft nicht (siehe o.a. Kommentare). Die Frage nach der
Bereitschaft für etwaige gewerkschaftliche Kampfmaßnahmen, das ist die wirkliche Nona-Frage.
30.August 2001: In letzter Minute sagen die USA und Israel doch noch ihre Teilnahme an der Antirassismuskonferenz in Durban (Südafrika) zu. Die beiden Staaten wollten wegen der Rassismusvorwürfe
gegen den Zionismus (laut arabischer Demonstranten: "NaZionismus") ihre Mitwirkung absagen.
Die Konferenz wird sich besonders auch mit den Fragen des Kolonialismus und der Ausbeutung der
DRITTEN W ELT auseinander setzen müssen.
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29./30./31.August 2001: Die Weitergabe von staatspolizeilichen Vormerkungen an die italienische Polizei veranlasst anonyme Witzbolde zur Aussendung eines "Fragebogens des Innenministeriums" an "einschlägig vorgemerkte Personen aus Gründen der Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit".
31.August 2001: Der Chef der Eisenbahnergewerkschaft Wilhelm Haberzettl soll als Arbeitnehmervertreter in das neue Konstrukt im Sozialversicherungshauptverband einziehen. Nach dem Gesetz der Regierung ist dies unzulässig, nach Meinung der Opposition ist das Gesetz verfassungswidrig.
Juni/Juli/August 2001: Zur FP-Polizeispitzelaffäre hört man kaum mehr was, der Untersuchungsrichter
hat einen anderen Arbeitsplatz erhalten, zur Freude der FPÖ entwickelt sich nichts weiter. Wie das wohl
kommt?
Anfang September 2001: Nach Herrn Nimmerrichters Pensionierung ist das Staberl-Buch, das schon
seit zwei Jahren verramscht wird, noch einmal im Wert gesunken: Statt 248.- verkaufte man es zuerst
um 49,-, jetzt ist es fast schon zum Altpapierpreis erhältlich.
Anfang September 2001: Der Bund Sozialdemokratischer Akademiker (BSA) beauftragt Wolfgang
Neugebauer vom DÖW die unrühmliche Affäre um die langjährige Mitgliedschaft des mutmaßlichen Behindertenmörders Gross zu untersuchen.
Erster Septemberwoche 2001: In Arabischen Emiraten kreist ein Flugblatt mit Hitler drauf: "Was, wenn
ich gewonnen hätte? Die guten Sachen: es gäbe kein Israel und kein Blutvergießen unter den Palästinensern, die schlechte Sachen: ich hätte die Entwicklung des neuen VW-Käfers nicht erlaubt".
was wäre wenn ... VW-Käfer statt Palästina-Konflikt?
1.September 2001: In einem ORF-Interview äußert ÖGB-Chef Verzetnitsch, er erwarte zur Urabstimmung die Zustimmung von mehr als der Hälfte der ÖGB-Mitglieder. Zur Debatte über die Einkommen der
Gewerkschaftsführung meint er, die Bevölkerung werde seine Bezüge als ÖGB-Präsident und Abgeordneter von zusammen brutto 192.000 öS als angemessen sehen. Da sollte er sich besser nicht so sicher
sein. Die FPÖ beginnt umgehend mit einer Inseratenkampagne, in welcher die Bezüge der ÖGB-Spitze
dem österreichischen Durchschnittseinkommen gegenüber gestellt werden.
1.September 2001: In Leipzig wird ein Naziaufmarsch, der zuerst erlaubt worden war, polizeilich aufgelöst, weil die Teilnehmer "Sieg Heil" riefen und die SS hoch leben ließen.
2.September 2001: In einem KURIER-Interview bezeichnet sich Jörg Haider für die Kandidatur bei den
nächsten NRW als "Sonderangebot aus Kärnten".
2.September 2001: Kritisch zur Gagenaffäre der Postgewerkschaft und ihrer Behandlung durch den
ÖGB äußert sich SP-Chef Gusenbauer.
2.September 2001: Auf der Weltkonferenz gegen Rassismus wird von den NGOs eine Resolution verabschiedet, die Israel wegen seiner Politik gegenüber den Palästinensern als "rassistischen Apartheidstaat" verurteilt. Der deutsche Außenminister Fischer versucht zu vermitteln.
2.September 2001: Nicht zu blöd ist es dem Kardinal Schönborn jetzt jede Woche in der Sonntagsbeilage der KRONEN ZEITUNG eine Predigt zu halten. Dass dies bisher auch schon der Krenn unter dem
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Künstlernamen "Christianus" und der gewendete Großchrist Günter Nenning getan haben, passte ja zur
Blattgrundlinie, warum es jedoch das Oberhaupt der katholischen Kirche in Österreich nötig hat, gemeinsam mit dem rechtsextremistischen "Poeten" Martinek, dem Rechtsaußen Mölzer und anderen heftigen
Vordenkern der volksdümmlich-anständigen Gesinnungstreuen zu publizieren, dürfte nicht so allgemein
verständlich sein.
3.September 2001: In einem PROFIL-Interview fordert Rudolf Nürnberger, der Fraktionsvorsitzende der
SP-Gewerkschafter, von Verzetnitsch mehr Entscheidungsfreudigkeit. Die Demontage des nicht selten
unglücklich agierenden ÖGB-Chefs könnte damit begonnen haben.
3.September 2001: NRW-Umfrage: SPÖ 34%, ÖVP 26%, FPÖ 25%, Grüne 12%, andere 3%. Mandatshochrechnung: 65, 49, 47, 22, das wäre 96 zu 87 für die Regierung.
3.September 2001: Der schwarze Vizechef der Postgewerkschaft, ein gewisser Wiedner, hat Reisekosten von 400.000 öS nachbezahlt bekommen, der Anspruch darauf ist sehr umstritten, mit einem weiteren Rücktritt daher zu rechnen.
3.September 2001: SPÖ-Chef Alfred Gusenbauer war bisher ein gelegentliches Witzobjekt, weil er eher
keine Yuppie-Schönheit ist, jetzt hat er sich eine Frisur zugelegt als hätten ihn über den Sommer die
Mäuse angefressen. Wäre vielleicht besser, er täte sich statt haarig politisch etwas mehr profilieren.
4.September 2001: Das Gericht in Genua veröffentlicht seine Entscheidung in Angelegenheiten
VolxTheaterKarawane: Von den Vorwürfen der Staatsanwaltschaft sei keiner beweisbar gewesen.
6.September 2001: In einem Bierzelt in Ried i.I. ist Jörg Haider in seinem Element, die Gagenaffaire bei
der Postgewerkschaft gibt ihm Möglichkeiten zum verbalen Rundumschlag, die Missstände bei der Post
seien keine Einzelstörung, eher ein Serienunfall, die SPÖ hätte das Skandalmonopol.
Was in der Folge verblüfft: Die FPÖ hört ziemlich rasch auf, die Sache propagandistisch auszuschlachten, obwohl genügend Material für populistische Schlammschlachten vorhanden wäre.
Euer Chronist vermutet, dass der Prinzhorn-Verein für Ruhe gesorgt hat, um die Gewerkschaft nicht zu
provozieren. Denn sonst könnte sich in einer Reaktion der ÖGB womöglich stärker für die Interessen
seiner Mitglieder engagieren, was sich in der Renditen-Aufbringung der Milliardäre bemerkbar machen
würde. Also kein Aufsehen mehr über den Kauf von Betriebsräten durch die Konzernleitung.
7.September 2001: Im Stadtteil Wien-Margareten wird eine Parkanlage nach der Architektin und Widerstandskämpfern Margarete Schütte-Lihotzky benannt.
7.September 2001: Franz Muhri, von 1965 bis 1990 Vorsitzender der KPÖ, stirbt wenige Wochen vor
seinem 77.Geburtstag. Er war in Graz Mitglied der Widerstandsgruppe um den Lehrer und Dichter Richard Zach (1943 hingerichtet) gewesen, desertierte 1943 aus der deutschen Wehrmacht, um sich der
Widerstandsgruppe auf der Koralpe anzuschließen. Er folgte Johann Koplenig als KPÖ-Vorsitzender
nach und blieb bis zu seinem Tode politisch aktiv und der Idee des Sozialismus verbunden, schätzte aber die Periode des "realen Sozialismus" der Sowjetunion recht kritisch ein. Zuletzt hatte er an einem
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Buch über die österreichischen Opfer des Stalinismus mitgearbeitet.
8.September 2001: STANDARD-Interview mit dem Regierungsvizekakadu. Sie meint, Gewerkschaften
wären „in ihrer jetzigen Form nicht mehr zeitgemäß”. Den FPÖ-Spitzenkandidat für die nächsten NRW
will sie nicht nennen, denn in der FPÖ sind viele zum Kanzler oder zur Kanzlerin fähig und „es ist legitim,
dass die FPÖ einmal den Kanzler stellt”.
9.September 2001: Die UNO-Rassismus-Konferenz in Durban endet mit einem Kompromiss, eine Verurteilung Israels unterblieb, auf die "Leiden der Palästinenser" wird hingewiesen, die Sklaverei wird als
"Verbrechen gegen die Menschlichkeit" und als Tragödie verurteilt, weitere Erklärungen dazu (etwa Entschuldigungen der Täterstaaten! ) unterbleiben.
10.September 2001: (aus dem STANDARD)
ANTONIO FIAN Die Leiden des Wolf Martin
(Büro. An seinem Schreibtisch der Herausgeber der KRONEN ZEITUNG Hans Dichand, arbeitend. Es
klopft.) DICHAND: Komm rein. (Der Dichter Wolf Martin tritt ein.) DICHAND: Vorlesen. WOLF MARTIN
(aus einem Manuskript lesend): Erbittert fordert, nie ich sehe, der "Forschritt" nun die Homo-Ehe. Doch
schert von den Human-Gesellen sich keiner um die Bisexuellen So lange dicht' ich schon für Dich and
did you kümmer dich um mich? Hier wäre doch die Bigamie nun einzufordern - oder wie?
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Walter Baier, Franz Muhri, Stalin und wir, Stalinismus und die Rehabilitierung österreichischer Opfer, Globus
Verlag 2001, 208 Seiten
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(Pause. Sie blicken einander in die Augen. Pause.) DICHAND (wendet sich wieder seiner Arbeit zu):
Gut, bis auf ... Du weißt schon. WOLF MARTIN: Du meinst ... ? DICHAND: ja. WOLF MARTIN: Streichen
wie immer? DICHAND: Streichen wie immer. (Pause. Wolf Martin enttäuscht ab. Pause.) DICHAND (zu
sich): Wenn er so weitermacht... Eines Tages setze ich ihn vor die Tür ... Schreibe ich mir die Gedichte
halt auch selber ... Wird ja keine Kunst sein ... Schließlich komme ich von der Lyrik ... (Vorhang)
Material: Wolf Martin, In den Wind gereimt, KRONEN ZEITUNG; 8. 9. 2001
11.September 2001: Barbara Coudenhove-Kalergi im STANDARD über die KRONEN ZEITUNG: „Ich bin persönlich der Meinung, dass die Macht und der Einfluss und die Verbreitung dieser Zeitung für das Klima in
Österreich verhängnisvoller sind als die ganze FPÖ. Mit der FPÖ gibt es eine politische und mediale
Auseinandersetzung, mit der Kronen Zeitung gibt es eine solche Auseinandersetzung außer im Standard
und im Falter so gut wie nicht, um die Krone wird gebuhlt, auch vonseiten vieler Oppositionspolitiker, weil
ihr jeder, der etwas werden will, huldigen muss, und wer es nicht tut, damit rechnen muss, dass er früher
oder später "abgeschossen" wird.”
11.September 2001: In New York und Washington führen Selbstmordkommandos mit entführten Flugzeugen Anschläge auf das W ORLD TRADE CENTER bzw. das Pentagon durch. Als Drahtzieher wird der ehemalige CIA-Verbündete Osama Bin Laden in Afghanistan vermutet. Euer Chronist verzichtet darauf,
hier die Ereignisse im Detail zu schildern, da diese als bekannt vorausgesetzt werden können. Übrigens:
schon im Oktober 1996 wurden in der ANTIFA-INFO-Chronik die Taliban als Haufen mörderischer islamfa39
schistischer Fundamentalisten bezeichnet, was wohl nicht so sehr daneben gelegen sein dürfte.
12.September ff 2001: Während erst Horrormeldungen von bis zu 50.000 Toten verbreitet werden (un40
ter denen angeblich 4.000 Israelis gewesen sein sollen), stellt sich in der Folge heraus, dass um die
5.000 Opfer zu beklagen sind. Präsident Bush wird glücklicherweise von seinem Beraterteam an die kurze Leine genommen und nur zum Beten und Verkünden verwendet, dem Terrorismus wird aber der
Krieg erklärt.
Rasch wird auch das Schlagwort vom "Antiamerikanismus" unter die Leute gebracht. Seinerzeit als es
noch einen "realen Sozialismus" gab, wies dieser gern Kritik als "Antikommunismus" zurück. Jetzt versucht man Kritik an der amerikanischen Politik auch so kurz abzufertigen. Die USA, das ist der große
demokratische Staat, wo alles edel, hilfreich und gut ist.
Aber so ist es dann doch nicht.
Dass die USA als "Hassobjekt" einen solchen Anschlag auf sich ziehen, hat eine Menge Gründe, die
nicht (nur) im islamischen Fundamentalismus zu finden sind, meiner Meinung hat MUCH den zentralen
Aspekt im folgenden Cartoon absolut genial zusammengefasst:
September 2001: Islamischen Organisationen fürchten allenthalben Übergriffe gegen ihre Anhänger.
Daher bemüht man sich überall, die Anschläge zu verurteilen und den Islam als gewaltfreie Religion darzustellen.
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Anfang Oktober 1996: Die Asylpraxis in Österreich ist weiterhin skandalös. Obwohl die neuen Machthaber in Afghanistan, ein Haufen mörderischer islamfaschistischer Fundamentalisten, ihre tatsächlichen und vermeintlichen politischen Gegner reihenweise umbringen, besteht man in Österreich auf der Abschiebung Asylsuchender, z.B. von
Anhängern der seinerzeitigen kommunistischen Regierung.
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Wohl eine antisemitische Groteskmeldung: massenhaft Juden im World Trade Center!
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Dem Chronisten sei dazu seine Meinung gestattet: Religiöse Organisationen sind häufig keine Organisationen, die sich nur mit ihren jeweiligen Göttern, heiligen Büchern und Gottesdiensten befassen, sondern
sich durchaus auch im weltlichen Dasein bemerkbar machen. Man erinnere sich nur an die "Grauen
Wölfe" aus der Türkei, eine straffe rechtsextremistische Organisation, die lautstark die Fahne des Propheten schwenkt. Wenn man solchen Gruppierungen ablehnend entgegensteht, dann ist das weder religiöse Diskriminierung, noch Fremdenfeindlichkeit, sondern Antifaschismus. Es geht schließlich (politisch
eingeschätzt) um die gleiche Bagage wie sie seinerzeit unter den Führung von Franco, Dollfuß, Tiso oder Pavelic mit dem katholischen Klerikalfaschismus aufgetreten ist.
Dollfuß: wäre er ein Mohammedaner gewesen, dann hätte er für einen Gottesstaat mit islamischem Recht gekämpft
14.September 2001: Die Regierung beschließt, dass die Verfassung nicht mehr gilt: Das Neutralitätsgesetz wird nicht mehr beachtet, die US-Luftwaffe darf Österreich im Kriegseinsatz überfliegen, wie häufig
das dann passiert, das hören u.a. die Umwohner des Hörschinger Flughafens.
Dazu passen auch die NATO-Manöver die Mitte September in der Steiermark ablaufen. Wie lange wird
es dauern bis wir wieder als NATO-Truppen bezeichnete US-Besatzer in Österreich haben?
15.September 2001: Die KRONEN ZEITUNG ist mutig und traut sich auch, die Vereinigten Staaten zu kritisieren. Schließlich waren ja auch die Anständigen und die Gesinnungstreuen keine so ausgeprägten
Freunde der USA.
Rechtsaußenkolumnist Andreas Mölzer sieht den 11.9.2001 in einer Linie mit welthistorischen Ereignissen: mit Sarajevo 1914, mit Gleiwitz 1939, Pearl Harbour 1941 etc. Was war doch gleich 1939 in Gleiwitz? Achja, der Führer musste ab fünfuhrfünfundvierzig zurückschießen, weil „reguläre polnische Einheiten erstmals auch auf deutschem Boden” geschossen hätten. So hat es der Führer zumindest am 1.
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September 1939 dem deutschen Reichstag dargestellt und Mölzer glaubt dem Führer auch heute noch
und darf es in der KRONEN ZEITUNG schreiben. Wolf Martin formuliert antikapitalistisch:
Die doppeltürmige, zentrale,
globalisierte Kathedrale
stand für den Glauben unserer Welt.
Sein Gott und Götze ist das Geld.
New York ist seiner Kirche Nabel.
Dort stand der neue Turm zu Babel.
Den Turm zu Babel
sich nicht wundern.
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musste Gott schließlich ohnedies irgendwann einstürzen lassen, darum sollte man
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Der berühmte Herr Robert Prantner , nahestehend dem Bischof Krenn und der FPÖ, wäre womöglich
beinahe selber gegen die USA geflogen, weil von dort alles Böse kommt: „US-Amerikaner haben uns in
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Der Krieg gegen Polen wurde unter dem Vorwand vom Zaune gebrochen, Polen habe den deutschen Rundfunksender Gleiwitz überfallen (ein von der SS organisiertes Manöver).
42
Turmbau zu Babel: AT, Moses, 1.Buch, 11. Kap.
43
18.Dezember 1997: FP-Klubobmann Stadler fragt empört bei Minister Einem an, warum dem Theologen Robert
Prantner die Prüfungsvollmacht an der katholisch-theologischen Universität Wien entzogen wurde. Die Uni Wien erklärt, daß der Entzug vom Fakultätskollegium mit Zweidrittelmehrheit wegen der fehlenden wissenschaftlichtheologischen Qualifikation erfolgte. Prantner war jüngst durch die Aufwärmung der dummen Tiroler Ritualmordlegende vom "Anderl von Rinn" aufgefallen, das DÖW hat gegen ihn wegen antijüdischer Ausfälle Anzeige erstattet.
Prantner ist der religiöse Berater von Stadler, er hatte auch bei der Umgestaltung der FPÖ in eine christliche Partei
seine Finger im Spiel.
43
den zurückliegenden 50 Jahren viele Verirrungen ins Haus getragen (...) den rabiaten Feminismus, den
legalisierten Massenmord am ungeborenen Leben, den "Schwulismus", und die Akzeptanz dieser Unsäglichkeit durch den immer breiter werdenden Flügel der römisch-katholischen und der evangelischlutherischen Kirchen (..). Keiner empört sich, wenn das, was seit Beginn der Zivilisation als pervers galt,
nun für "gut so" eingeschätzt wird und wenn der deutsche Bundestag die von Gott geschaffene Ordnung
auf "demokratischen Wege" durcheinanderbringt (...)” usw. Im Grunde genommen halten diese "wahrhaft
Gläubigen" über alle Religionsgrenzen hinweg zusammen und sind eine allgemeine Gefahr. Denn Gott,
der HErr kann sich nicht alles gefallen lassen, BIN LADEN & CO wachen UNLIMITED darüber.
Mitte September 2001: Die Terroranschläge in den USA ermuntern zu Zugriffen auf die Bürgerrechte.
Unter dem Titel der Terrorbekämpfung wird in vielen Staaten über erhebliche Einschränkungen der Verfassungsrechte diskutiert.
Diese Überlegungen finden viel Zustimmung. Jedoch nicht beachtet wird dabei, dass fürderhin unter dem
Oberbegriff "Terrorbekämpfung" allerlei subsumiert werden kann. Etwa "terroristische" Protestdemonstrationen gegen die neoliberale Globalisierung. Könnte eine Verordnung zum Schutz von Volk und Staat
44
manchen Politikern nicht als gute und historisch bewährte Idee erscheinen?
16.September 2001: Die USA fordern die Taliban-Regierung in Afghanistan auf, den Tatverdächtigen
Osama Bin Laden binnen dreier Tage auszuliefern. Die amerikanische Wortwahl "crusade" (Kreuzzug)
bringt die islamitische Welt auf: die christlichen Kreuzzüge sind dort nicht sehr positiv besetzt. In den
USA und in Deutschland werden Spuren der Attentäter und der Mittat Verdächtige ermittelt.
16.September 2001: Gerüchte über den Milzbranderreger Anthrax tauchen auf, Bin Laden soll im Besitz
der entsprechenden biologischen Kampfstoffe sein.
20.September 2001: Die USA starten die Operation "Grenzenlose Gerechtigkeit": Einen Krieg gegen ihre ehemaligen Verbündeten im Kampf gegen die UdSSR, die Taliban in Afghanistan. Während sich die
meisten NATO-Regierungen (und natürlich der Gouverneur von Österreich) bedingungslos auf die Seite
der amerikanischen Regierung stellen, taucht doch verstärkt auch Kritik auf. Ob ein Bombenkrieg gegen
die Afghanen die richtige Maßnahme ist? In Afghanistan verstärken sich die Flüchtlingsströme nach Persien und Pakistan. Als sich dann Schüssel als Flüchtlingshelfer wichtig machen will und in einer innenpolitischen Debatte sagt, in Österreich werde kein Flüchtling abgewiesen, stürmen tausende Afghanen die
österreichische Botschaft in Pakistan. Dort sitzt ein ehemaliger FPÖ-Funktionär als Botschafter, der
sogleich die Luken dicht macht.
September 2001: Absolut nervtötend das NEWS-Geschrei - man hat zwar im Prinzip nix zu berichten,
enthüllt aber laufend in schrillsten Tönen alle Geheimnisse der Taliban, Osama Bin Ladens, des Pentagon und der restlichen Menschheit.
20.September 2001: Der FPÖ gelingt es, sich wieder einmal durchzusetzen. In der ÖIAG wird der ehemaligen ÖVP-Minister Johannes Ditz in seinen Funktionen abgelöst. Was diesmal aber einmal als positive Leistung gerühmt werden muss, Ditz war ein Gemisch aus neoliberalem Fanatismus und äußerst
kärglicher Kompetenz!
Zweite Septemberhälfte 2001: Auch bei den Grünen gibt es Neutralitätsdebatten. Der EU-Abgeordnete
Voggenhuber ist plötzlich gegen das Neutralitätsbekenntnis der Parteiführung.
23.September 2001: In Polen wird der "Bund der demokratischen Linken" Sieger der Parlamentswahlen,
die
Nachfolgepartei der (kommunistischen) "Polnischen Vereinigten Arbeiterpartei" verfehlt die absolute
H I J K J I LM N O P Q Q R S L I K I T J M U V I K L T J M I M I W X Y LZ P K O X [ \ ] ^ _ ` a b c de f g _ h i f j k c l l i m j ` a i l f a h j m n o _
rlament.
23.September 2001: Bei den Wahlen in den Hamburger Senat erreicht der populistische Law-andOrder-Mann Schill bei seinem ersten Antreten 19,4% der Stimmen, die Koalition SPD-Grüne verliert die
Mehrheit. Die ausufernde Kriminalität bewegte in Hamburg die Wähler besonders.
24.September 2001: Zwischendurch wieder einmal eine Wahlmeinungsumfrage: SPÖ 35%, ÖVP 26%,
FPÖ 24%, Grüne 11%, Kleinparteien 4%. Rechnen wir wieder hoch: 67/49/46/21, also 95:88 für die Regierung.
25.September 2001: In den USA gibt es weitere Hinweise auf drohende Anschläge mit biologischen
Waffen. So sollen sich verdächtige Personen mit Sprühflugzeugen beschäftigt haben.
26.September 2001: Die FPÖ (Westenthaler) fordert die Erfassung der Fingerabdrücke der Bevölkerung
und ist damit in bester Gesellschaft: die englischen und deutschen Sozialdemokraten überlegen das
auch. Ein geplante Ausländerintegrationsvertrag soll verpflichtende Deutschkurse für alle Ausländer vor44
vom Hitlerregime nach dem Reichstagsbrand im Februar 1933 erlassen.
44
schreiben. Haider verlangt eine Verschärfung des Asylrechtes, es sollen keine Asylwerber aus anderen
Kontinenten akzeptiert werden.
27.September 2001: Ihr bekanntes "Feingefühl" beweisen wieder einmal die OÖN durch das Untereinandersetzen der folgenden zwei Sterbeanzeigen:
Anna Gröblinger, Widerstandskämpferin (und Schwiegermutter des 1997 verstorbenen Schriftstellers
und damaligen Obmannes des KZ-Verbandes, Franz Kain) und darunter Sepp Holzinger, deutscher Turner, Gauoberturnwart in OÖ., Gründungsmitglied der inzwischen wegen NS-Betätigung aufgelösten NDP
Norbert Burgers und deren "Zweiter Bundessprecher" und "Erster Landessprecher" für Oberösterreich.
28./29./30.November 2001: Die heurigen Braunauer Zeitgeschichtetage befassen sich mit den Roma
und Sinti. Während der NS-Zeit sind ungefähr eine halbe Million "Zigeuner" aus rassistischen Gründen
ermordet worden. Da es bis in die jüngere Vergangenheit kaum Organisationen der Roma und Sinti gegeben hat, wurden Wiedergutmachungsansprüche so gut wie nie gestellt, geschweige denn erreicht.
Auch heute gibt es Probleme im Zusammenleben, die beispielsweise auf der nicht sesshaften Lebensweise von Teilen der Roma und Sinti beruhen und dann etwa zu Auseinandersetzungen auf überbelegten Campingplätzen führen.
45
1.Oktober 2001: Der ORF-Journalist Hans Christian Scheid stellt ein Buch über offen gebliebene Fragen der Causa Briefbomben vor. Nach Meinung des Autors blieb eine Reihe von Fragen ungeklärt: war
der stark fehlsichtige Fuchs überhaupt in der Lage den kniffligen Bombenbau zu bewerkstelligen, woher
hatte er das Detailwissen über private Verhältnisse seiner Opfer, woher erlangte er interne Polizeiinfos?
Scheid vermutet insbesondere, dass die Bekennerbriefe von anderen Personen stammen könnten.
1.Oktober 2001: Empörung ruft die Äußerung von Bischof Krenn hervor, der Islam sei von einem gewissen Fanatismus und Nationalismus geprägt und widerspräche den Menschenrechten.
Anzumerken sei dazu, dass viele der islamischen Staaten tatsächlich die Aufklärung ausgelassen haben
und noch immer religiös bestimmte Gesellschaften ohne Aussichten auf eine säkulare Entwicklung sind.
Aber müsste dies nicht mit der Welt des Herrn Krenn kompatibel sein? Er hätte doch auch gerne wieder
einen römisch-katholischen Staat von Gnaden der Kirche. Oder?
1.Oktober 2001: Der niederösterreichische FPÖ-Landesparteisekretär Marchat nutzt die Krenn-Meldung
gleich praktisch: Er ist gegen die Errichtung einer alewitischen Moschee in St.Pölten. Der dortige Bürgermeister lässt ihn wissen: Die türkischen und kurdischen Alewiten sind die "weltlichste" Richtung im
Islam. Ursprünglich eine schiitische Splittergruppe, die sich auf den Kalifen Ali ibn Abi Talib, den Schwie-
45
Hans Christian Scheid, Franz Fuchs - Doch kein Einzeltäter?, Styria-Verlag
45
gersohn Mohammeds, beruft - in der Türkei unterstützte diese Richtung (mit jetzt immerhin 23 Millionen
46
Anhängern) die Säkularisierungsschritte Kemal Atatürks . Dieser setzte ab 1923 als Staatspräsident
grundlegende Reformen durch: tatsächliche (nicht wie bei uns bloß formale) Trennung von Staat und
Religion, Ersatz des islamischen Rechtes durch eines, das sich an der Schweiz orientierte, die Einehe,
gleiches Recht für Frauen, Verbot des Schleiers etc.
2.Oktober 2001: Der Ministerrat beschließt die Einführung obligatorischer Deutschkurse für Ausländer.
Wozu Eurem Chronisten wieder der kanadische Eishockeyprofi einfällt, der anfangs der Sechzigerjahre
zwecks Steigerung der Schlagkraft der österreichischen Eishockeynationalmannschaft flugs eingebürgert
wurde und dann in den Achtzigerjahren als Trainer bei Interviews immer noch einen Dolmetscher
brauchte.
2.Oktober 2001: In Bangladesch siegen bei den Parlamentswahlen die Rechtsparteien und die Islamisten. Die unterlegene linksgerichtete Awami-Liga spricht von Wahlbetrug.
3.Oktober 2001: Ein Komitee legt ein Volksbegehren vor, dass den Sozialstaat in der österreichischen
Verfassung festschreiben soll, jeder Gesetzentwurf soll vor Beschluss zwingend auf seine soziale Verträglichkeit geprüft werden müssen. Siehe dazu Seite 3 in dieser Nummer.
4.Oktober 2001: Der deutsche Verfassungsgerichtshof in Karlsruher akzeptiert die Verbotsklage gegen
die "mutmaßlich" nazistische NPD. Wahrscheinlich wird das Verfahren noch heuer eröffnet.
4.Oktober 2001: Die Türkei läßt die bisher verbotene kurdische Sprache zu, insoweit sie nicht für "separatistische Propaganda" verwendet wird.
5.Oktober 2001: Die Journalisten Benedikt Föger und Klaus Taschwer stellen das Buch "Die andere
Seite des Spiegels, Konrad Lorenz und der Nationalsozialismus" (Czernin Verlag) vor. So hatte das
NSDAP-Mitglied Lorenz in der Nazi-Zeit nicht nur vom "Verfall der Rassen", sondern auch von der
"Ausmerzung ethisch Minderwertiger" geschrieben: Eine "Lebensgeschichte voll von Widersprüchen".
5.Oktober 2001: Im 94. Lebensjahr stirbt die Witwe von Oskar Schindler ("Schindlers Liste"). Sie stand
immer im Schatten ihres Mannes, obwohl sie seinerzeit an der Rettung der rund 1.700 "Schindler-Juden"
entsprechend mitgewirkt hatte.
6./7./8.Oktober 2001: Die Amerikaner beginnen mit ihren militärischen Angriffsoperationen auf das Taliban-Regime in Afghanistan. Wie nicht anders zu erwarten, wird dadurch vorerst nichts bewirkt. Das Land
ist seit vielen Jahren durch Krieg und Bürgerkrieg ohnehin weitgehend verwüstet, einige zusätzliche
Bomben und Granaten ändern nichts und suchen in erster Linie die Zivilbevölkerung heim, was wieder
Flüchtlingsströme in die Nachbarstaaten auslöst.
Auf einem anderen Schauplatz könnte sich doch eine Entwicklung anbahnen: Bin Laden sagt in einer Videoaussendung, die USA würden nicht in Frieden leben können solange kein Frieden in Palästina wäre.
Damit versucht er wohl einerseits sein Handeln als "Befreiungskampf" zu legitimieren und sich Solidarität
zu sichern und andererseits Israel im Wege der USA unter Druck zu setzen. Denn die rechtsextreme israelische Regierungspolitik bringt die USA tatsächlich unter Zugzwang: Sie müssen sich, um ihren Einfluss in den arabischen Staaten einigermaßen zu sichern, um eine Nahostentspannung bemühen.
8.Oktober 2001: Bundespräsident Klestil spricht sich in einer gemeinsamen christlichen-jüdischen-islamischen Gedenkfeier für die Terroropfer für einen "Dialog der Religionen, Kulturen und Zivilisationen"
aus, Bischof Schönborn betont die Verantwortung der Religionen für Gerechtigkeit und Frieden, Oberrabbiner Eisenberg hält religiösen Fanatismus für Unheil stiftend und das Islamisten-Oberhaupt Shakfeh
ist für eine Kultur der gegenseitigen Toleranz.
8.Oktober 2001: Nach der wenig professionellen Bewältigung der Affäre mit den von der Betriebsführung außergewöhnlich großzügig entlohnten Spitzenfunktionären der Postgewerkschaft erlebt Gewerkschaftschef Verzetnitsch einen weiteren Misserfolg: Die Gewerkschaften der Metaller und der Privatangestellten planen am ÖGB-Chef vorbei ihre Fusion.
8.Oktober 2001: In Florida tauchen erste Hinweise auf Anschläge mit Milzbrand auf. Diese hochgradig
47
gefährlichen Bakterien werden in der Form von Pulver in Briefen verbreitet. Eine rechtzeitige antibiotische Behandlung des besonders gefährlichen Lungenmilzbrandes kann die ansonsten tödliche Krankheit
46
Kemal Atatürk, "Vater der Türken", eigentlich Kemal Mustafa Pascha, 1881-1938, Begründer der modernen Tür-
kei
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Bacillus anthracis, auf Menschen übertragbare Krankheit von Rind, Schaf, Schwein und Pferd, je nach dem Ort
der Infektion: Hautmilzbrand, Lungenmilzbrand und Darmmilzbrand, letztere Formen sind absolut lebensbedrohend der Name "Milzbrand" stammt von der brandigen Verfärbung der Milz bei den Erkrankten
46
heilen. In den USA wird (seit die ehemals staatliche Erzeugerfirma privatisiert wurde) kein Impfstoff gegen Milzbrand mehr hergestellt.
9.Oktober 2001: Josef Cap zur Neutralität und zur NATO: „NATO, das bedeutet Zinksärge, Neutralität
bedeutet keine Zinksärge”.
9.Oktober 2001: FPÖ-Volksanwalt Stadler will wieder in die Politik zurück: Als Spitzenkandidat bei den
nö. Landtagswahlen 2003.
9.Oktober 2001: Am Linzer Stadtfriedhof in St.Martin werden islamische Grabsteine umgeworfen, als
Täter kann nach einiger Zeit ein Skinhead ausgeforscht werden.
9.Oktober 2001: Das Wiener Oberlandesgericht beschließt die Auslieferung von Peter Paul Rainer nach
Italien. Rainer war in Italien wegen des Mordes an seinem ehemaligen Parteifreund, dem freiheitlichen
Südtiroler Abgeordneten Waldner, nach insgesamt fünf Verfahren zu 20 Jahren Haft verurteilt worden.
10.Oktober 2001: Die Terrorhysterie erleichtert der Regierung die Anschaffung von neuen Abfangjägern, 24 Jets werden ausgeschrieben, sie sollen rund 25 Milliarden Schilling kosten.
Super, jetzt wo für das "Null-Defizit" überall einschneidend gespart wird, kann man endlich Geld für so
wichtige Dinge wie Abfangjäger ausgeben. Wenn dann entführte Passagierflugzeuge auf den Stephansdom losfliegen, werden sie von unseren Lufthelden zum Landen gezwungen. Und die NATO-Überflüge
werden überwacht. Oder so.
10.Oktober ff 2001: Die Anschläge mit Anthrax-Bazillen in den USA führen zu Verunsicherung und
Angst, immer mehr Fälle werden bekannt, einige Infizierte sterben, überall auf der Welt verbreiten diverse "Spaßvögel" mit versendetem oder verstreuten weißen Pulver Schrecken. Zahllos sind die Fehlalarme. Bin Laden kündigt weitere Anschläge an.
11.Oktober 2001: Der österreichische Verfassungsgerichtshof hebt erstmals ein Verfassungsgesetz wegen Verfassungswidrigkeit auf und dokumentiert damit, dass sich auch Gesetze im Verfassungsrang an
höherrangigen Verfassungsbestimmungen zu orientieren haben.
Wozu Eurem Chronisten einfällt, dass eine solche Vorgangsweise im Deutschland von 1933 gegen das
damalige "Ermächtigungsgesetz" notwendig gewesen wäre: Auch dieses Gesetz wurde als Verfassungsgesetz beschlossen und war extrem verfassungswidrig, weil es die Hitlerregierung über die bestehende Verfassung hob. In Österreich führte die Dollfuß-Diktatur 1934 auch eine verfassungswidrige neue
Verfassung ein, diese blieb unaufgehoben, weil die damalige klerikalfaschistische Regierung durch nicht
erfolgte Richterernennungen den Verfassungsgerichtshof beschlussunfähig gemacht hatte.
12.Oktober 2001: Nachdem die FPÖ bei den Gemeinderatswahlen in St. Pölten (7.10.) recht ordentlich
verloren hatte (von 18,1 auf 12,6%) wird in der Partei über die Schuldigen gestritten. Mit dem Erfolg,
dass die neu gewählten FPÖ-Gemeinderäte aus der Partei austreten. Die FPÖ ist damit im St.Pöltner
Gemeinderat nicht mehr vertreten.
13.Oktober 2001: Leserbrief in der KRONEN ZEITUNG. Seinerzeit beim Führer hätt's das ned geb'n, damals z.B. hatte der Kamerad Skorzeny von der SS 1943 den "Duce" (Mussolini) aus seiner Festungshaft
in den Abruzzen herausgeholt. Warum holen sich die Amis nicht einfach den Ben Laden? Der Führer
und seine SS hätt'n das längst gemacht! Kein Mumm bei den Amis!
13./14.Oktober 2001: Neue Milzbrandfälle in den USA, zu Afghanistan heißt es, fast alle Ziele seien
durch die Luftangriffe zerstört worden.
15.Oktober 2001: Antworten auf die "Sonntagsfrage" (Wahlabsichten für Nationalratswahlen): SP 34%,
VP 27%, FP 26%, Grüne 11%. Das würde hochgerechnet auf Mandate ergeben: 99 zu 84 für die Regierung. Die US-Maßnahmen gegen Afghanistan sehen 59% als "maßvoll und berechtigt" an, 32 % halten
sie für "übertrieben und ungerechtfertigt".
16.Oktober 2001: Schwer gestraft wird die (schwarze) Gewerkschaft der Öffentlich Bediensteten. Frau
Vizekanzler sagt ihr Erscheinen dort ab, weil sie sich vom (schwarzen) Funktionär Fasslabend als beleidigt betrachtet. Der schon längere Zeit politisch hilflos herumirrende ÖAAB-Obmann hatte versucht, sich
gegenüber seiner Basis mit der Bemerkung zu profilieren, die Arbeit Riess-Passers bezüglich der Verwaltungsreform sei „nicht auf Kooperation und Verständnis” ausgerichtet. Was zweifelsohne keine falsche Feststellung war, weil die Frau Vizehaider mit den Beamten nicht anders umspringt wie mit unbotmäßigen FP-Funktionären. Ob allerdings ihr Nichterscheinen am Gewerkschaftstag von den Delegierten
als Strafe aufgefasst worden sein könnte, darf man stark bezweifeln.
Das Verhältnis der FPÖ zur Demokratie wird damit aber wieder einmal glänzend belegt. Demokratische
Meinungsäußerung ist es, wenn die FP austeilt, unverantwortlich ist es, irgendwas Freiheitliches zu kritisieren.
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17.Oktober 2001: Der US-Kongress muss geschlossen werden, weil durch Zusendung von MilzbrandErregern an einen Senator 29 Bedienstete infiziert worden sind.
17.Oktober 2001: In Israel spitzt sich die innenpolitische Situation weiter zu, als der am 15. Oktober zurückgetretene Tourismusminister Seevi, ein erklärter Rechtsextremist, von Palästinensern ermordet wird.
Premier Sharon macht Arafat für den Mord verantwortlich. Die rechte israelische Regierung hat weiterhin
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Probleme, die Realität zu erfassen. Die jetzigen Spannungen waren durch einen provokanten Besuch
Sharons auf dem Tempelberg ausgelöst worden, eine Eskalation der Situation widerspricht auch den
US-Interessen. Denn selbst die USA können keinen "Zweifrontenkrieg" wider den Islam riskieren. Da
hätten die Ölmultis was dagegen!
18.Oktober 2001: Die FPÖ verlangt ein "Überdenken" der Flüchtlingskonvention, eine Verschärfung des
Asylrechtes und die "Rückführung" von Einwanderern. Die Anbringung von Fingerabdrücken auf Ausweisen wird weiterhin gefordert.
19.Oktober 2001: Die FPÖ versucht sich einmal mehr als Sicherheitspartei. Neben den schon bekannten Forderungen will man
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49
die verstärkte Überwachung extremistischer Organisationen ,
Stilllegung von Terrorfinanzquellen,
Kooperation der Nachrichtendienste (schönen Gruß vom CIA?)
Ausbau von Objekt- und Katastrophenschutz und der ABC-Abwehr,
europaweiter Ausstieg aus der Atomkraft.
Mit dem letzten Punkt trifft man die Grünen ins Knie, damit versucht die FPÖ, die Grünpartei auf ihrem
Fachgebiet zu überholen: Kein EU-Beitritt der Tschechen ohne Temelin-Abschaltung.
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bringt folgendes Resultat, 806.545 ÖGB-Mitglieder
19.Oktober 2001: Die ÖGB-Urabstimmung
stimmten ab, zu den einzelnen Fragen wurde mit 88,5 bis 97% mit JA gestimmt, die Frage nach der Ergreifung von Kampfmaßnahmen erhielt eine Zustimmung von 88%. Was aber wohl auch wurscht ist, weil
sich der ÖGB vermutlich weiterhin kampflos das Wasser wird abgraben lassen.
21.Oktober 2001: In Tirol lässt sich der frühere Tiroler FPÖ-Obmann Eberharter trotz eines verhängten
Funktionsverbotes in seinem Heimatbezirk als Bezirksobmann bestätigen. Daraufhin wird er von der Frau
Parteiobfrau aus der Partei ausgeschlossen. Auch in anderen Parteiorganisationen der FPÖ dürften ähnliche Konflikte drohen.
21.Oktober 2001: Wahlen in Berlin. Die CDU fährt eine Niederlage von ungeahnten Dimensionen ein:
Ein Minus 17,1% hat seit 1945 noch keine deutsche Partei in irgendeinem Ort geschafft (es bleiben
23,7%). Stärkste Partei mit 29,7% ist jetzt die SPD (plus 7,3%), mit 22,6% (+4,9) wird die PDS Dritte, die
FDP steigert sich um 7,7% (!) auf 9,9%, die Grünen werden Fünfter (nur noch 9,1%). Keinerlei erklärenden Kommentare löst der Umstand aus, dass die PDS im ehemaligen Ostberlin mit 48,1% fast die absolute Mehrheit erreicht. Wozu Eurem altlinken Chronisten die Anmerkung gestattet sei: Haben dort weder die Missstände im "realen Sozialismus", noch die Segnungen des realen Kapitalismus die sozialistische Gesinnung zu vermindern vermocht? Der Spitzenkandidat der PDS in Berlin, Gregor Gysi, ist auf
alle Fälle eine Schau für sich.
21.Oktober 2001: Die FPÖ-Generalsekretärin Zierler gibt bekannt, dass sie aus familiären Gründen ihre
Funktion zurücklegen und nur noch FP-Abgeordnete sein will. Was für ein Verlust für die Menschheit, wir
werden ihren Klugschiß ganz bestimmt vermissen!
Als Nachfolger wird der ehemalige Bundesgeschäftsführer Karl Schweitzer
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designiert.
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September/Oktober 2000: Ariel Sharon hatte es für dringend notwendig befunden, sich demonstrativ auf den
zwischen Israelis und Palästinensern umstrittenen Tempelberg zu begeben und damit den Anlass für heftige Unruhen geliefert, die nun mit gnadenlosem Militäreinsatz niedergeschlagen werden, zahlreiche Tote verschärfen in der
Folge die Situation zunehmend, der brüchige Frieden im Nahen Osten schwindet dahin.
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Wer das dann wohl kategorisiert, was eine "extremistische Organisation" ist? Westenthaler?
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28.August 2001: Die Fragen zur Urabstimmung hat man im ÖGB gut durchdacht: Stärkung der Sozialpartnerschaft, Beibehaltung der Pflichtversicherung, Lohnerhöhungen auf Kollektivvertragsbasis, Anspruch der Abfertigung
vom ersten Tag und auch bei Selbstkündigung, offener Bildungszugang, Aufrechterhaltung der Funktionsfähigkeit
des öffentlichen Dienstes, gegen den Ausverkauf öffentlichen Eigentums.
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Einige Chronik-Berichte zur bisherigen Karriere von Karl Schweitzer, denn wir vergessen nicht so schnell, darum
wissen ANTIFA-INFO Leser mehr: 15.März 1996: Haider gestaltet wieder einmal seine Mannschaft um. Statt Gernot
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22.Oktober 2001: Kärnten is lei anders: Die ÖVP kündigt die Koalition mit der FPÖ und diese flirtet ab
sofort mit der SPÖ. Was wiederum die SPÖ gar nicht schlimm findet. Aber vielleicht ist das (ideologisch
betrachtet) in Hitlers treuestem Gau sowieso wurscht.
26.Oktober 2001: Bundeskanzler Schüssel deklariert sich offen als Kontrahent der gültigen Verfassung:
Die österreichische Neutralität ist für ihn eine "alte Schablone" wie "Lipizzaner und Mozartkugeln". Ob
der Herr Kanzler seinen Diensteid auf die Verfassung samt dem Neutralitätsgesetz oder auf Lipizzaner
und Mozartkugeln abgelegt hat? Erfreulich, dass nunmehr Schüssel den Leserzorn der Kronen-ZeitungLeser auf sich zieht. Und natürlich den Zorn von Dichand vermehrt.
26.Oktober 2001: In Kärnten wird erstmals vom MEMORIAL KÄRNTEN bei der Gedenkstätte auf dem Annabichler Friedhof eine Gedenkfeier der Opfer-, Widerstands- und Partisanenverbände durchgeführt.
Zweite Oktoberhälfte 2001: Das gespannte Verhältnis zwischen Bundespräsident Klestil und der ÖVP
eskaliert. Man streitet auch öffentlich über Auslandsreisen, gegenseitige Information und Begleitung. Die
vom Ehrgeiz besonders geplagte Außenministerin Ferrero-Waldner verträgt sich mit Klestil (und dessen
Gattin Klestil-Löffler) besonders schlecht.
29.Oktober 2001: Das FPÖ-Mitglied Jörg Haider verlangt eine Volksabstimmung über die EU-Osterweiterung und die Neutralität.
Gegen Ende Oktober 2001: Gusenbauer hatte sich in einem Interview mit einer israelischen Zeitung
kritisch über die FPÖ geäußert. Die FPÖ-Führung findet solches als unzumutbar. ”Im Ausland sind wir
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Österreicher und sonst nichts”, wird diktiert , und daher gehe es nicht an, im Ausland zu behaupten, die
FPÖ verwende im Wahlkampf Antisemitismus. Also pure Verleumdung, dass Haider gesagt hätte, "Ariel"
habe "Dreck am Stecken" und SPÖ-Wahlkampfberater Greenberg "von der Ostküste" könne nicht mit
dem Wiener Herz harmonieren.
Ende Oktober / Anfang November 2001: In den USA verbreiten sich Vermutungen, hinter den Milzbrand-Anschlägen könnten auch amerikanische Extremisten stecken. Eine Kommission fordert die Produktion von Impfstoffen gegen Biowaffen.
31.Oktober 2001: NEWS druckt ein "Geheimpapier" aus dem Außenministerium ab, demzufolge es eine
lange Reihe von Querelen und Pannen gegeben habe, Schüssel hätte ausländische Gäste vergrämt,
Ferrero-Waldner sich quasi als Staatsoberhaupt aufgespielt. Was sofort zurückgewiesen wird, allerdings
eher nicht inhaltlich, sondern dass es sich um kein echtes Schriftstück aus dem Ministerium handle. Die
Präpotenz der Außenministerin ist ja unübersehbar und Schüssels Undiplomatie nicht unbekannt. Das
schon lange gespannte Verhältnis der ÖVP zu ihrem seinerzeitigen Kandidaten Klestil verschärft sich
weiter. Gusenbauer meint, Neuwahlen wären jetzt die einzige Chance, „diesen Laienschauspielern ist
meiner Meinung nicht mehr zu helfen”.
1.November 2001: In Salzburg entfällt heuer die SS-Provokation zu Allerheiligen. Die ewig ehrsamtreuen Kameraden sind (biologisch bedingt) nicht mehr gut genug zu Fuß, um Kränze niederzulegen.
Außerdem wurde für heuer polizeiliches Einschreiten nach dem Abzeichengesetz (Verbot von Hakenkreuzabzeichen) angekündigt. So beschränkt sich der Auftritt von Gesinnungstreuen heuer darauf, die
Schleife am Kranz zum Gedenken der ermordeten Deserteure zu entwenden.
2.November 2001: Schüssel kann jubeln, er, der kleine Kanzler, beim großen Bush. Fast eine Stunde
redet der amerikanische Präsident mit ihm! Nur zu schade, dass die US-Medien dieses große Ereignis
völlig ignorieren.
Rumpold wird Karl Schweitzer Bundesgeschäftsführer. 12.August 1996: PROFIL berichtet, daß die kürzlich ermittelten
Verdächtigen der Schändung des Jüdischen Friedhofs in Eisenstadt, Funktionäre oder Mitglieder des Ringes Freiheitlicher Jugend (RFJ) waren. Am 14.12.91 war die Bezirksgruppe Oberwart des RFJ in Anwesenheit des neuen
FP-Bundesgeschäftsführers Karl Schweitzer gegründet worden, der damals bestellte 2. Obmannstellvertreter Wolfgang T. hat inzwischen die Teilnahme an der Friedhofsschändung gestanden, der an der Gründung der RFJBezirksgruppe beteiligte Student Christian Wilhelm Anderle wird mit Haftbefehl gesucht. Die FPÖ hatte ja die längste
Zeit behauptet, die Eisenstädter Friedhofsschändung sei eine "linksextreme Provokation" gewesen. 12.September
1996: Der FP-Bundesgeschäftsführer Schweitzer hatte behauptet, mit den der Friedhofsschändung Verdächtigen
seit 1992 keinen Verbindung mehr gehabt zu haben. Jetzt wird nachgewiesen, daß er mindestens bis Juni 1995 mit
Anderle in Kontakt stand. 19.September 1996: NEWS berichtet über weitere Beweise über die Kontakte des FPGeschäftsführers Schweitzer zu den mutmaßlichen Friedhofsschändern von Eisenstadt. So hat er diese z.B. in einer
Rede am 19.6.95 gegen die polizeilichen Ermittlungen in Schutz genommen, wobei er sie ausdrücklich als „Mitglieder unserer Bewegung“ bezeichnete. 19.November 1996: Der Freund der mutmaßlichen Eisenstädter Friedhofsschänder, FP-Geschäftsführer Karl Schweitzer tritt zurück und wird "EU-Koordinator".
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Hier schlägt wieder das eigenartige Selbstverständnis der FPÖ durch: Wir sind die Regierung und die Regierung
ist Österreich!
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4.November 2001: Die ARABISCHE LIGA weist den Aufruf Osama Bin Ladens zum "Heiligen Krieg" gegen
den Westen zurück, Bin Laden spreche nicht für die Araber und die Muslime.
4.November 2001: In Kärnten löst auf einem Landesparteitag Martin Strutz den bisherigen FPÖLandesobmann Freunschlag ab. Ein einfaches Parteimitglied namens Haider liefert einen zweistündigen
Redebeitrag, in dem er unter anderem seine im Zusammenhang mit Temelin schon wiederholt geäußerte Vetodrohung gegen Tschechien bekräftigt.
Bekanntlich ist Jörg Haider auch Präsident des FC Kärnten (vormals "Austria Klagenfurt"), der Bundesligaaufsteiger hält sich heuer recht gut, verliert aber an diesem Sonntag gegen die Wiener Austria 0:2.
Weil der Schiedsrichter den Kärntnern wegen OFFSIDE drei Tore nicht anerkannte. Darauf bezeichnet
Haider am Parteitag die Schiedsrichter als "Ganoven", die offenbar käuflich wären, weil Stronach mit
seiner Austria unbedingt gewinnen müsse, die Vizekanzlerin (und Sportministerin) Riess-Passer solle
dies überprüfen.
4.November 2001: In Nicaragua verlieren die Sandinistas wiederum die Präsidentenwahlen gegen die
regierenden Liberalen.
5.November 2001: Die seinerzeitige Kabinettschefin von Minister Haupt und selbsternannte Magistra
Ute Fabel hatte im Jänner 2001 einen Bezug von 113.000 und Überstunden von 164.000. Das heißt, sie
muss 168 Überstunden geleistet haben. Was pro Tag fast acht Stunden wäre. Eine feine Leistung bei einem Bruttostundenlohn von 652 Schilling. Mit ca. 157.500 öS netto lässt sich schon was anfangen! Die
FPÖ tut was für die kleinen Leute!
5.November 2001: Wiederum eine Wahlumfrage: SPÖ 36%, ÖVP 27%, FPÖ 24%, Grüne 11% - hochgerechnet in Mandate: 95:88 für die Regierung. Es schaut trotz aller gravierender Schnitzer der Regierung immer noch schlecht für die Opposition aus. Auch dieser Punkt lässt sich der Globalisierung zuordnen: "Linken Populismus" will man keinen betreiben, aber die "Sachzwänge" der Profitoptimierung
scheinen für "seriöse" Parteien keine Alternativlösungen zuzulassen. Für die Grünen wird der AntiTemelin- und Anti-Osterweiterungskurs der FPÖ zum Problem und die SPÖ probiert es erst gar nicht, die
Interessen der arbeitenden Bevölkerung zu artikulieren. Mit einem Wort gesagt: Scheiße.
Eine Studie des deutschen Wahlforschers Andreas Kohlsche bestätigt: „Erfolge rechtspopulistischer
Parteien deuten immer auf Versäumnisse der etablierten Politik hin, und da muss man sagen, dass das
Regierungs- und Oppositionsparteien umfasst”. Er sieht bei einer längeren Regierungsbeteiligung der
FPÖ auch Chancen für eine neue populistische Partei in Österreich.
6.November 2001: Die FPÖ verkauft einen Erfolg: Das Null-Defizit für 2001 sei gesichert. Nicht so wichtig erscheint es dem Finanzminister, dass dies erstens durch eine weitere Erhöhung der Staatsquote und
durch unerwartet hohe Steuervorauszahlungen gelang. 2002 wird die Sache schwieriger.
7.November 2001: Die BRD macht 3.900 Soldaten für den Afghanistankrieg marschbereit. Die Grünen
haben damit ein weiteres Problem gegenüber ihren Wählern. Ein Ende der rotgrünen Koalition erscheint
als möglich. Auch in Österreich fangen die Grünen an, die Meinung zu wechseln: Pilz ist für ein Österreich ohne Bundesheer und ohne Neutralität.
9.November 2001: Eine Vertreterin des "Revolutionären Verbandes der Frauen Afghanistans", einer Organisation aus der Zeit der afghanischen Linksregierung ab 1978, schildert in Wien die Zustände unter
den Taliban und den Widerstandskampf der Frauen dagegen.
9.November 2001: Zum Jahrestag der "Reichskristallnacht" veranstaltet die INITIATIVE W ELSERINNEN
GEGEN FASCHISMUS eine Gedenkveranstaltung mit einem Referat des Linzer Historikers Michael John über die Methoden mit denen das NS-Regime zuerst jüdische Einrichtungen zerstörte und dann Versicherungsentschädigungen kassierte. Als Gedenkredner sprechen der Welser Bürgermeister Koits, der Wiener Politologe Bunzl und Robert Eiter.
10.November 2001: Ergebnis einer Studie der Universität Innsbruck: 22% der Österreicher zeigten eine
hohe, 26% eine sehr hohe Fremdenfeindlichkeit, knapp ein Viertel ist etwas rechtsextrem, 6% sind es
mehr, 3% sehr. Aber die 27% FPÖ-Wähler sind staatsoffiziell überhaupt nicht rechtsextrem.
10./11.November 2001: Auf der Burg Kranichberg versammelt das Rechtsaußenblatt ZUR ZEIT des vormaligen FP-Ideologen und jetzigen Kronenzeitungskolumnisten Andreas Mölzer Gustostückerl der europäischen Rechten: Megret von einer Abspaltung der französischen FRONT NATIONAL, Dewinter vom
VLAAMS BLOK und den ungarischen Antisemiten Istvan Csurka. Aus Österreich: Lothar Höbelt, Volksanwalt Ewald Stadler, die nö. FP-Klubobfrau Rosenkranz, Bundesrat Gudenus. Bewacht von Skins kämpfen diese anständig Gesinnten gemeinsam gegen die Weltherrschaft des Linksradikalismus und der politischen Correctness und singen das Deutschlandlied.
50
Auf einer Pressekonferenz weist Schüssel Kritik an der Veranstaltung ("Walhalla-Gruft") als "Diffamierung gegen Personen, die sich im demokratischen Spektrum bewegen", zurück. Muss er wohl, seine Regierung bewegt sich schließlich in diesem Spektrum.
12.November 2001: FORMAT berichtet über die Bemühungen der Regierung, den ORF nicht nur über
den Stiftungsrat, sondern direkt durch entsprechend eingefärbtes Personal in den Griff zu bekommen.
Leute, freut Euch, bald gibt es nur mehr objektive Wahrheit und keinen Rotfunk mehr!
12.November 2001: Der Absturz einer Passagiermaschine in New York wird vorerst für einen möglichen
neuen Terroranschlag gehalten, dann doch als Absturz wegen eines technischen Gebrechens eingeschätzt.
12.November 2001: In Afghanistan rücken die Truppen der Nordallianz in die von den Taliban beherrschten Gebiete vor. Die USA sehen das mit Besorgnis, da sie (wohl mit Recht) auch dieser Gruppierung kein allzu großes Vertrauen entgegen bringen.
13.November 2001: Die afghanische Nordallianz rückt in Kabul ein, das anscheinend von den Taliban
geräumt worden war. Die Fundis zogen sich in die Berge zurück, um von dort einen Guerillakrieg zu führen. Gegenüber der ähnlichen Situation in der Zeit der sowjetischen Besetzung haben die Taliban jetzt
den Nachteil, dass sie keinen Verbündeten haben, der sie massenhaft mit Waffen beliefern kann und
wird. Die von Osama Bin Laden verbreitete Drohung, im Besitz von Atomwaffen zu sein und diese einzusetzen, wird als unwahrscheinlich bezeichnet.
13.November 2001: In Deutschland zeichnet sich ein Regierungskonflikt ab, Kanzler Schröder will die
Vertrauensfrage stellen, um die Grünen zur Zustimmung für die Truppenentsendung nach Afghanistan
zu zwingen.
Erste Novemberhälfte 2001: In Kärnten wird die Zeitung der Landesregierung mittels einer Sonderausgabe an alle Bauern zum Kampfblatt der Freiheitlichen für die Landwirtschaftskammerwahlen. Hilft nix,
die FPÖ-Bauern fahren eine Niederlage ein.
14.November 2001: Zur Zeit gibt es offiziell 730.200 Ausländer in Österreich, davon 110.000 den Inländern gleichgestellte aus der EU. Der Ausländeranteil an der österreichischen Gesamtbevölkerung ist seit
1991 von 6,6 auf 9,1% gestiegen.
14.November 2001: Die Staatsanwaltschaft Klagenfurt legt die Anzeige gegen Mitglieder des Kärntner
Kameradschaftsbundes zurück, die im Oktober 2000 ein Spruchband "Unsere Ehre heißt Treue" mit sich
geführt hatten. Begründung: Die treuen Kameraden hätten nicht gewusst, dass dies ein SS-Spruch sei.
Nächstens wird in Kärnten mit "Heil Hitler" zu grüßen auch nimmer verboten sein, weil dies ja nur ein Ruf
nach ärztlicher Hilfe für den kranken Herrn Hitler sein dürfte. Dazu das Argument der Staatsanwaltschaft,
die beim Kameradschaftsbundumzug anwesenden Politiker hätten auch keinen Anstoß am Transparent
genommen. Wahrscheinlich haben die auch eine Ehre, die Treue heißt! Wozu ist man schließlich Politiker in Hitlers treuestem Gau!
Mitte November 2001: Personalvertretungswahlen bei den Eisenbahnern, die Sozialdemokraten besetzen nun alleine alle Mandate im Zentralausschuss (fast 90% Stimmen), die Schwarzen und die Kommunisten verlieren stark, die Freiheitlichen werden förmlich zertrümmert.
Mitte November 2001: Mölzers Rechtsaußenblatt ZUR ZEIT resümiert das Treffen (siehe 10.-11.11.) der
europäischen Rechtsaußen und fordert dazu, es dürfe nicht von allen Medien der „gesamte linke
Mainstream jeden Tag über die Leute” ergossen werden, die „Diktatur der linken Journaille” werde aber
ohnehin zwangsläufig verfallen. Die seltsame Meinung, dass Österreich (außer ZUR ZEIT) lauter linke
Medien hätte: Das zeigt wie rechtsextrem das Mölzerblatt ist. Aber zum Glück haben wir ja jetzt eine anständige Regierung, die auch dieses Blatt ordentlich subventioniert.
Mitte November 2001: In Afghanistan ist die Nordallianz überall im Vormarsch, die Taliban verlieren
rasch ihre Einflußgebiete. Da hinter ihnen jetzt keine Weltmacht mehr steht (wie seinerzeit die USA als
die Taliban gegen die Sowjettruppen kämpften), scheint ihr Schicksal besiegelt. Ob die islamischen Fundis noch in der Lage sein werden, einen Guerillakrieg zu führen, steht in den Sternen. Den auf Talibanseite kämpfenden ausländischen Fanatikern ergeht es meist schlecht, sie werden oft einfach erschossen.
19.November 2001: Der ehemalige Vorsitzende der inzwischen spurlos verschwundenen FPÖ-Gewerkschaft, Josef Kleindienst, wird wieder einmal zur Spitzelaffäre vernommen und sagt nachher, die Spitzelaffäre sei tot, es werde nur noch zu unbedeutenden Randfragen und nur noch gegen einen einzigen
bekannten FP-Funktionär (Hilmar Kabas) ermittelt.
20.November 2001: Parlamentswahlen in Dänemark. Im Wahlkampf hatte die Auseinandersetzung über
die "Ausländerfrage" dominiert, die Wahl bringt den ausländerfeindlichen Parteien starke Gewinne. Die
51
dänische Volkspartei gewinnt 4,6% hinzu (jetzt 12%) und wird drittstärkste Partei, am stärksten werden
mit 31,3% die Rechtsliberalen, die Sozialdemokraten verlieren 6,8% und werden mit 29,1% Zweiter. „Die
Somalier, die Iraner, die Iraker, die Libanesen, die arbeitslosen Gastarbeiter, die kriminellen Ausländer
und ihre Familien müssen raus!”, so die Vorsitzende der Volkspartei, Pia Kjaersgaard.
In Dänemark gibt es deutlich weniger Gastarbeiter, Zuwanderer und Asylanten als in Österreich (Anteil
der Ausländer unter 5%), trotzdem reagiert die Bevölkerung heftig. Was Euren Chronisten zur Meinung
verleitet, dass dieser Fragenkomplex wohl weder ein österreichisches Problem ist, noch mit Appellen zu
lösen sein wird. Der Ethnozentrismus existiert!
23.November 2001: Die SPÖ stellt im Parlament Antrag auf Neuwahlen. Keine so gute Idee. Eine bessere Idee wäre es wohl, wenn man sich endlich zu einer greifbaren, handfest strukturierten Alternativpolitik entschließen könnte. Nur zu jammern und Regierungsmaßnahmen lautstark zu beklagen wird zuwenig sein. Schließlich gibt es genug Problemfelder, wo man konkret eine andere Vorgangsweise anbieten
könnte. Oder etwa doch nicht?
25.November 2001: Auf einem Tiroler FP-Landesparteitag wird ein gewisser Wilfried Tilg zum neuen
Obmann gewählt. Der bisherige FP-Chef Eberharter war am 21.10.2001 aus der Partei ausgeschlossen
worden.
26.November 2001: Auf einer Tagung der Landeshauptleute einigt man sich auf eine Schadenersatzzahlung von 250 Millionen Schilling an die israelitische Kultusgemeinde für die Zerstörungen in der NSZeit. Der Bund soll weitere 350 Millionen beisteuern, dann soll auf die Rücknahme aller in den USA vorliegenden Sammelklagen gedrängt werden. Haider hatte vor der Sitzung gemeint, es sei ohnehin schon
genug bezahlt worden, stimmt aber dann dem Abkommen mit der Begründung zu, es sei ihm bei der
Restitution um deren Festlegung auf konkrete Forderungen gegangen.
26.November 2001: Zum zweiten Mal verleiht die WELSER INITIATIVE
Grünberg-Preise. Auch das ANTIFA-INFO wird davon tangiert.
GEGEN
FASCHISMUS die Elfriede-
26.November 2001: Der STANDARD berichtet über ein weiteres kurioses Urteil des bekannten 53 Richters
Ernest Maurer. Demnach wurde eine Redakteurin zu einer bedingten Geldstrafe verurteilt, weil sie ge53
27.Juli 2000: NEWS berichtet über interessante juridische Zusammenhänge: In Medienverfahren klagt die
FPÖ mittels der Kanzlei des Justizministers, ein wesentlicher Richter in Medienangelegenheiten, Ernest Maurer, wurde von der FPÖ ins ORF-Kuratorium entsandt. Österreichische Medienurteile werden daher zwangsläufig häufiger vor dem europäischen Gerichtshof landen. 11.Dezember 2000: Dem Medienrichter Maurer,
bekannt durch eigenwillige Urteile im FP-Sinne, bescheinigt die Sprachwissenschaftlerin Ruth Wodak, daß er
„nicht jene Distanz zu NS-Ideologismen aufweist, die von einem Richter, der sich mit politischen Fragen auseinander setzt, zu erwarten ist.” Maurer meint, dies sei eine „ungeheuerliche Unterstellung”, will sich aber we-
52
schrieben hatte, Haider sei in erster Instanz verurteilt worden, weil er versuchte habe, den guten Ruf und
54
die Zukunftschancen eines Menschen zu ruinieren. Im Urteil sei es nämlich um den "Versuch der üblen Nachrede" gegangen und daraus dürfe nicht obige Schlußfolgerung gezogen werden. Was ist dann
eine "üble Nachrede" - Karriereförderung?
26.November 2001: FORMAT berichtet, dass Jörg Haider in den USA ein TV-Team mietete und Haider
selbst ein Interview mit Haider produzierte, das dann anstandslos vom ORF im Kärntner Lokalfernsehen
gesendet wurde.
Bekanntlich werden mit Jahresende die Belangsendungen der politischen Parteien im Fernsehen eingestellt. Haider hat schon Ersatz dafür bereit, innovativ der Mann!
27.November 2001: Die ORF-Redakteure verurteilen die Ausstrahlung eines selbst fabrizierten HaiderInterviews im Kärntner Regionalfernsehen (siehe 26.November).
55
28.November 2001: Die neu gestaltete Ausstellung über die Verbrechen der deutschen Wehrmacht
wird in Berlin vorgestellt. Das hervorstechenste Merkmal der neuen Schau ist, dass Dokumente und
Texte die Bilder dominieren. Die Ausstellungsbesucher müssen eine intensivere Auseinandersetzung mit
dem Thema auf sich nehmen.
Gegen Ende November 2001: In der Spitzelaffäre hatte die FPÖ den ehemaligen Vorsitzenden der
FPÖ-Gewerkschaft, Josef Kleindienst, mit insgesamt 23 Klagen zum Schweigen zu bringen versucht.
Bisher obsiegte Kleindienst in allen Verfahren, trotzdem stellt die Staatsanwaltschaft die Ermittlungen
Fall um Fall ein: Sogar in Fällen, in denen sich Kleindienst selbst beschuldigt hatte und geständig war!
Kleindienst erhielt außerdem irrtümlich ein Fax übermittelt, in dem die Anwältin Gneneff-Fürst (aus der
Kanzlei Böhmdorfer) an den Pressesprecher Haiders schrieb, ein Beweis, dass Kleindienst wissentlich
die Unwahrheit aussage, sei nicht zu erbringen, das Verfahren sei ein Mittel zum Zweck.
56
Gegen Ende November 2001: In zweiter Instanz wird ein Urteil gegen das Rechtsaußenblatt ZUR ZEIT
aufgehoben, einen Journalisten Menschenhatz vorzuwerfen, der zum Tode des Gehetzten geführt habe,
sei freie Meinungsäußerung.
gen der „Freiheit der Wissenschaft” nicht dagegen wehren. Oder will er keine Erörterungen davon vor Gericht
(Wahrheitsbeweis).
54
Versuch deswegen, weil es um den nicht gesendeten Widerruf im Fall Doralt ging (7.Juni 1994: Die Attacke Haiders gegen den Innsbrucker Finanzrechtler Doralt von 1992 (im Zusammenhang mit dessen Bewerbung um den Rechnungshofpräsidenten) endet damit, daß Haider im Fernsehen in einer FP-Belangsendung eine Ehrenerklärung gegenüber dem Angegriffenen abgeben muß. 2.Oktober 1998: Im seit Jahren laufenden Verfahren in der Causa Doralt gibt es ein weiteres Urteil gegen Haider. Da der vom obersten Gerichtshof verordnete Widerruf durch Haider wieder Beleidigungen enthielt, gibt es eine Geldstrafe von 257.400
Schilling.)
55
Zweite Oktoberhälfte 1999: Die Ausstellung "Vernichtungskrieg - Verbrechen der Wehrmacht 1941-1944"
gerät ins Sperrfeuer der alten Nazis und ihrer Verteidiger. Rund ein Dutzend der ca. 1.400 Ausstellungsfotos
hatten "falsche Beschriftungen". Es waren nicht Opfer der Wehrmacht, sondern Opfer des stalinistischen
NKWD darauf zu sehen, bzw. waren abgebildete Täter keine Deutschen, sondern stammten aus mit
Deutschland verbündeten Staaten. Die schriftlichen Ausstellungsdokumente (Befehle, Berichte, Meldungen)
boten keinen Grund zu Beanstandungen. Die Ausstellung wird bis auf weiteres zurückgezogen und soll neu
gestaltet werden.
56
20.März 2001: Mölzers ZUR ZEIT muß dem Journalisten Karl Pfeifer eine Entschädigung von 50.000 Schilling zahlen, weil ihm das Blatt vorgeworfen hatte, den rechtsextremen Politologen Pfeifenberger "in den Tod
gehetzt" *) zu haben, so im Ehrenbeleidigungsprozeß-Urteil der 1. Instanz.
*) Jetzt braucht auch die Fußnote eine Fußnote: 13.Mai 2000: Der bekannte rechtsrechte Publizist Werner
Pfeifenberger soll Selbstmord verübt haben, aber auch von einem Bergunfall ist die Rede. Zur Vorgeschichte,
Pfeifenberger hatte 1995 im FPÖ-Jahrbuch für politische Erneuerung 1995 u.a. geschrieben: „Immer mehr
Proletarier fielen vom internationalistischen Sozialismus ab und liefen zum Nationalsozialismus über - eine
unerhörte ideologische Kränkung, die das Volk den Internationalsozialisten zufügte. Es sollte diese seine Dreistigkeit nach dem Zweiten Weltkrieg als 'Kollektivschuld' bitter zu büßen haben. (..) Dieser Krieg brach nicht im
September 1939 aus und endete nicht im Mai 1945. Er ist viel älter und wird als allgegenwärtiger Nachkriegskrieg bis zum heutigen Tag ausgetragen, mit anderen Mitteln, auf anderer Ebene, aber nicht weniger haßerfüllt
und nicht weniger verderblich als vor einem halben Jahrhundert.“ - Karl Pfeifer schrieb damals in einem Artikel, Pfeifenberger habe die alte Nazi-Mär von der jüdischen Weltverschwörung wieder aufgewärmt. Pfeifenberger klagte und verlor (1997). Pfeifer hat laut Gerichtsurteil den Wahrheitsbeweis erbracht. Im Jahre1998
wurde das durch das letztinstanzliche Urteil des Oberlandesgerichts Wien bestätigt. Für 26. Juni 2000 wurde
doch noch ein Wiederbetätigungsprozeß gegen Pfeifenberger angesetzt, nachdem die Staatsanwaltschaft die
53
Wann wird ein Richter auf die Idee kommen, das NS-Verbotsgesetz beeinträchtige die freie Meinungsäußerung? Das tut dieses Gesetz nämlich wirklich, die Nationalsozialisten dürfen ihre Meinung nicht frei
äußern. Aber das ist gut und nicht schlecht. Der Anwalt des Journalisten Pfeifer, dessen Klage zurückgewiesen worden war, wendet sich mit einer Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes an die
Generalprokuratur.
29.November 2001: In New York werden die Opferzahlen vom 11.9. auf 3.478 Tote korrigiert, Vermißte
sind wieder aufgetaucht, erste "Todesopfer" (Lebensversicherungsbetrüger) werden festgenommen.
Später senkt man die Angaben über die Opferzahlen nochmals auf ca. 3.000.
November/Dezember 2001: Die FPÖ breitet ihr neues Kampfmittel aus: Gegen das Atomkraftwerk Temelin. Grüner als die Grünen sind nunmehr die Freiheitlichen (d.h. Jörg Haider) um die Sicherheit der
Österreicher besorgt, man will durch ein Veto gegen den EU-Beitritt Tschechiens ein Schließen Temelins
erzwingen. Wobei aber vermutlich auch dem politisch Unbedarften klar ist: Es geht weniger um atomare
Gefahren als um die Fortsetzung des Feldzuges gegen die verhassten Tschechen, die schon in der Monarchie nicht spurten, sich nach 1918 die deutschsten Gaue (nach Kärnten), das Sudetenland, einverleibten und 1945, nachdem der Führer den Krieg verloren hatte, die Sudetendeutschen entschädigungslos vertrieben. Das muss gerächt werden. Mit Temelin.
Die Grünen wissen nicht recht, was sie tun sollen, die Schwarzen sind für Temelin, die SPÖ schlägt sich
vorsichtshalber auf die Seite der FPÖ, man kann schließlich nicht wissen, wohin das noch führen wird.
Vielleicht sollte man mit der FPÖ gegen die Regierung kooperieren?
1.Dezember 2001: Gegen die renovierte Wehrmachtsausstellung demonstrieren in Berlin unter Polizeischutz die Neonazis von der leider noch nicht verbotenen NPD.
demonstrierende Nazis und die Polizei im Einsatz gegen Antifaschisten, die dagegen demonstrieren
2.Dezember 2001: Im Nahen Osten eskaliert der Konflikt, Selbstmordanschläge extremistischer Palästinenser fordern 27 Menschenleben. Die Extremisten in der israelischen Regierung tun daraufhin ebenfalls
alles, etwa durch Angriffe auf den Amtssitz von Arafat, um jede Entspannung der Situation zu vermeiden.
Nach den problemlosen Siegen über die Taliban in Afghanistan brauchen die USA nunmehr auch auf die
übrigen islamischen Staaten wenig Rücksicht zu nehmen, sie verzichten vorerst daher darauf, sich für
eine Beruhigung der Lage in Israel einzusetzen.
3.Dezember 2001: Das Oberlandesgericht Wien bestätigt das Erstinstanzurteil gegen den Salzburger
57
FP-Chef Schnell: Geldstrafe von einhunderttausend Schilling wegen Beleidigung des Bundespräsidenten.
7.Dezember 2001: Im STANDARD erscheint der folgende "Blattsalat" von Günter Traxler:
Die Erweckung des Deutschen
Es gibt nichts Schlechtes, das nicht auch sein Gutes hätte. Das gilt sogar für den Terroranschlag vom
11. September, man muss es nur zu entdecken wissen. Dieser Aufgabe hat sich ein nicht näher defiErmittlungen schon eingestellt hatte. Blättern wie ZUR ZEIT war zu entnehmen, der Dahingeschwundene sei
dadurch ein Opfer von "Denk- und Diskussionsverboten" geworden. Die "antifaschistische Jagdgesellschaft"
habe ihn in den Tod getrieben.
57
28.November 2000: Der Salzburger FPÖ-Chef Karl Schnell meint auf einer Parteiversammlung, die Bezeichnung "Lump" für Klestil wäre ein harmloser Ausdruck, er nenne seinen Hund ja auch Lumpi und der sei
ein lieber, netter Falott. Der Bundespräsident hätte sich benommen als wäre er gar kein Österreicher, er habe
Österreich im Ausland schlecht gemacht.
54
nierter Helmut Müller in der letzten Ausgabe der Mölzer-Postille ZUR ZEIT unterzogen und sie im Sinne
der Redaktion befriedigend gelöst. Noch können wir zuversichtlich sein: Unter den Trümmern des World
Trade Centers liegen schließlich auch die multi-kulturellen Träume Amerikas begraben. Na wenn das
nicht ein ausgesprochener Glücksfall ist! Danke, lieber Osama Bin Laden, für diesen Beitrag zur Erhaltung einer deutschen Leitkultur, geeignet, dem großen Werk die Krone aufzusetzen: Der Deutsche, ob in
Wien oder Berlin, wie der Europäer insgesamt muss daher neu erweckt und es muss ihm wieder Mut
eingeimpft werden.
Derzeit hat nämlich der Deutsche, vor allem wenn er in Wien sein Deutschtum gegen das Vordringen einer willkürlich zusammengewürfelten Vielvölkergesellschaft verteidigen soll, eher das Herz in der Hose.
Es rücken die Einwanderer, unterstützt von Landesverrätern und Kollaborateuren, unbehelligt vor, stecken wie jedes soziale Wesen ihr Territorium ab, um dann, durch Geburten- und Zuwandererschub begünstigt, erneut ein Stück vorzurücken - und so fort.
Traditionelle Leitkultur oder multikulturelle Beliebigkeit? ist der Titel des sich über eine Doppelseite hinschleppenden Pamphlets für germanophile Beliebigkeit und traditionelle Ausländerfeindlichkeit. Zwar
führte die hauptsächlich von den USA ausgehende Globalisierung mit ihrer durchaus auch kulturenzerstörerischen Herausforderung - da weiß sich der artreine Wiener mit dem islamistischen Wüstenfundi
eins - zu Gegenbewegungen, aber leider nur in engen Grenzen, wie in New York bewiesen ward: So
wenig wie vielen marionettenhaft Bewegten der geistig-moralische Verfall der Gesellschaft eine Überlegung wert zu sein scheint. Im Gegenteil, ein gewisses Morschsein bis in die Knochen wird wie ein Markenzeichen auch abseits unappetitlicher "Love"- und Schwulenparaden stolz vor sich her getragen.
Ganz leicht ist es nicht zu verstehen, wie es mit dem Deutschtum so weit kommen konnte. Sind Fleiß
und Ordnungssinn, Redlichkeit und Tapferkeit, Verläßlichkeit und Gerechtigkeitssinn neben anderen
nicht typisch deutsche Tugenden? Fleißig und redlich, tapfer und verlässlich mögen ja andere, von den
Deutschen nicht zu weit abgelegene Völker auch sein, aber es ist eben doch nicht jene typisch deutsche
Redlichkeit und Tapferkeit, um die es dem typischen Rassisten geht, sondern höchstens eine degenerierte Ausformung von Tugenden, auf die allein der Deutsche abonniert ist.
Aber natürlich auch Selbsthaß und Fernstenliebe gehört zu den deutschen Tugenden, wird uns verraten,
und kaum ein Volk hat für andere mehr getan als das Deutsche. Millionen Juden, Russen, Polen, etc.
werden das gerne bestätigen - Kinder lernt Geschichte, kann man da nur sagen. Dies auch an die Adresse von protegierten politischen Vorzugsschülern und Bücklingen, die liebend gerne Aufträge ausführen, ohne nach dem Auftraggeber oder dem Warum zu fragen.
Da ist eben der Herr Müller aus ganz anderem Holz geschnitzt. Er hat nicht nur Geschichte gelernt, sondern auch Anthropologie, und zwar bei der Koryphäe dieses Faches, einem gewissen Professor Johann
Szilvassy, Experte für "Die Endlösung der Rassenfrage". Der warnte schon in der „Aula" vor bevölkerungsbiologischen Problemen der europäischen Integration und vor Mischehen - Erkenntnisse, die er
aus der Vermessung der Geschlechtsteile Hunderter Afrikaner im Auftrag österreichischer Gerichte gezogen hat. So lange, bis er seine Tätigkeit als "Sachverständiger" aufgeben musste, als der Humanbiologe Harry Seidler vor seinen Methoden warnte.
Und weil es so nahe liegt, greift Müller einen Artikel Szilvassys auf, der sich erst unlängst, am 29. August
1993 in den „ Kurier" regelrecht verirrt hatte. Darin machte der Genforscher Prof. Johann Szilvassy nämlich unmißverständlich darauf aufmerksam, dass „auf lange Sicht, nach zwei oder drei Generationen, das
Erscheinungsbild des Österreichers, aber auch dessen psychischen und geistigen Eigenschaften (sic!)
sich ändern" könnten.
Zu dieser wissenschaftlichen Quelle von ZUR ZEIT sagte im Mai 2000 Dekan Wolfgang Schütz: "Szilvassy steht in keinerlei Dienstverhältnis zur Universität. Wie immer damals seine Habilitation zustande gekommen ist, distanziere ich mich als der derzeitige Repräsentant der Medizinischen Fakultät und damit
auch in ihrem Namen von allen offiziellen und veröffentlichten Texten von Herrn Szilvassy." Aber das
wird die psychischen und geistigen Eigenschaften des Herrn Müller auch nicht mehr ändern können.
7.Dezember. In Linz werden vier Mühlviertler Skins, die von 1995 bis 1997 nicht nur in Nazimanier, sondern bei zahlreichen Zeltfesten auch als Stänkerer und Schläger in Erscheinung getreten waren, zu
Geld- und Haftstrafen verurteilt.
8.Dezember 2001: Die GRÜNEN verleihen den "Preis für Zivilcourage" an Mathilde Willburger. Anlass war
das seit den Achtzigerjahren andauernde Engagement der "Oma Courage" gegen den nazistischen
"Dichterstein Offenhausen". Sie hat mit ihrem Einsatz wesentlich dazu beigetragen, dass die traditionell
58
rechtsblinden Behörden endlich ihrer Aufgabe nachkamen und den Dichtersteinverein auflösten .
58
27.Oktober 1999: Die Auflösung des nazistischen Vereines "Dichterstein" in Offenhausen ist jetzt endlich
rechtskräftig. Auf dem Stein würden Literaten geehrt, „die im Sinne der NS-Ideologie tätig waren”.
55
10.Dezember 2001: Für drei Jahre zieht Günther Reinthaller wieder in die "Pension Gitter". Er konnte
59
trotz einschlägiger Vorstrafe seine fortgesetzte NS-Wiederbetätigung nicht lassen und wurde neuerlich
verurteilt.
10.Dezember 2001: Aktuelle Wählerstimmung: SPÖ, 36%, ÖVP, 24%, FPÖ, 26%, Grüne 12%, das ergebe an Mandaten 89 zu 94 für die Regierungskoalition. Die FP liegt wegen ihres Auftretens gegen Temelin und gegen die EU-Osterweiterung vor den Schwarzen. Die KRONEN ZEITUNG unterstützt massiv
das geplante Anti-Temelin-Volksbegehren der FPÖ.
12.Dezember 2001: In der BRD wird vom Innenminister Otto Schily der in Köln ansässige rechtsextremistische islamisch-fundamentalistische "Kalifatstaat" verboten. Der Anführer der "Kalif von Köln", Metin
Kaplan hatte u.a. zu einem islamitischen Umsturz in der Türkei aufgerufen. Im Zuge der Terrorbekämpfung im Gefolge des 11. September war in Deutschland das "Religionsprivileg" im Vereinsrecht, das bisher religiöse Vereinigungen Sonderrechte eingeräumt hatte, aufgehoben worden.
12.Dezember 2001: Das Buch "Unser Wien - 'Arisierung' auf österreichisch", erschienen im AufbauVerlag, wird vorgestellt. 90% der österreichischen Juden hatten 1938 in Wien gelebt, der Wiener Antisemitismus gilt als der rabiateste im ganzen seinerzeitigen "Großdeutschland".
13.Dezember 2001: In Kärnten hatte ein Kärntner Slowene eine Verkehrsstrafe benutzt, um gegen die
Regelung zu klagen, dass für zweisprachige Ortstafeln ein 25%iger Anteil slowenischsprachiger Einwohner nötig ist. Er bekam vom Verfassungsgerichtshof Recht, der urteilte, ein Anteil von 10% sei ausreichend für einen Anspruch der Minderheit auf zweisprachige Aufschriften.
Der Artikel 7
60
des Staatsvertrages von 1955 wurde bisher noch immer nicht vollständig umgesetzt
13.Dezember ff 2001: Ein Anschlag mutmaßlicher islamistischer Fundamentalisten auf das indische
Parlament bei dem 12 Polizisten und die Angreifer getötet wurden, führt zu gespannten Verhältnissen
zwischen Indien und Pakistan. Die rechtsnationalistische indische Regierung gibt sich kriegsbereit und
verlangt ein Vorgehen Pakistans gegen die Fundis in ihrem Land.
14.Dezember 2001: Jörg Haider ist empört über das Urteil des Verfassungsgerichtshofes und bezeichnet
es als Faschingsscherz, will es nicht zur Kenntnis nehmen und eine Volksbefragung zum Thema Ortstafeln durchführen. Er droht alle Unterstützungen für die slowenische Volksgruppe einzustellen und sich
nur noch "sklavisch" an das Volksgruppengesetz zu halten.
15.Dezember 2001: In Kärnten stellt sich der Vorsitzende der SPÖ, Peter Ambrozy, wild entschlossen
Jörg Haider zur Seite und sieht das Ortstafelurteil des Verfassungsgerichtshofes als von außen aufgezwungen. Wobei einem wieder einfällt, dass auch die Kärntner SP 1945 ein Erbe des Kärntner Deutsch59
30.Juni 1993: Gerichtsverhandlung gegen den 'Gaubeauftragten der VAPO für Salzburg und Oberösterreich', Günther Reinthaller und seinen Stellvertreter Jürgen Lipthay wegen NS-Wiederbetätigung in Salzburg.
Die Angeklagten geben sich sehr zahm. Hakenkreuzfahnen und NS-Materialien habe man aus Sammlergründen gehortet, die Wehrsportübungen seien Sanitätsübungen gewesen, die VAPO sei eine Bürgerprotestbewegung. 5.Juli 1993: Urteile in Salzburg, wegen Verstöße gegen das NS-Verbotsgesetz werden Günther
Reinthaler zu vier Jahren und Jürgen Lipthay zu 18 Monaten unbedingter Haft verurteilt. »Diesen Umtrieben
wurde zuwenig Augenmerk geschenkt. Es ist an der Zeit, das ernst zu nehmen.«, sagt Richter Ziesel.
60
Artikel 7 des Staatsvertrages 1955:
1. Österreichische Staatsangehörige der slowenischen und kroatischen Minderheiten in Kärnten, Burgenland
und Steiermark genießen dieselben Rechte auf Grund gleicher Bedingungen wie alle anderen österreichischen Staatsangehörigen einschließlich des Rechtes auf ihre eigenen Organisationen, Versammlungen und
Presse in ihrer eigenen Sprache.
2. Sie haben Anspruch auf Elementarunterricht in slowenischer oder kroatischer Sprache und auf eine verhältnismäßige Anzahl eigener Mittelschulen; in diesem Zusammenhang werden Schullehrpläne überprüft und
eine Abteilung der Schulaufsichtsbehörde wird für slowenische und kroatische Schulen errichtet werden.
3. In den Verwaltungs- und Gerichtsbezirken Kärntens, des Burgenlandes und der Steiermark mit slowenischer, kroatischer oder gemischter Bevölkerung wird die slowenische oder kroatische Sprache zusätzlich zum
Deutschen als Amtssprache zugelassen. In solchen Bezirken werden die Bezeichnungen und Aufschriften topographischer Natur sowohl in slowenischer oder kroatischer Sprache wie in Deutsch verfaßt.
4. Österreichische Staatsangehörige der slowenischen und kroatischen Minderheiten in Kärnten, Burgenland
und Steiermark nehmen an den kulturellen, Verwaltungs- und Gerichtseinrichtungen in diesen Gebieten auf
Grund gleicher Bedingungen wie andere österreichische Staatsangehörige teil.
5. Die Tätigkeit von Organisationen, die darauf abzielen, der kroatischen oder slowenischen Bevölkerung ihre
Eigenschaft und ihre Rechte als Minderheit zu nehmen, ist zu verbieten.
56
nationalismus war. Dieser ist immer antiklerikal gewesen, der Weg von der NSDAP führte also kaum zur
ÖVP, sondern außer zur FPÖ (bis 1955 zum VdU) fast nur zur SPÖ, die Schwarzen lagen bei Landtagswahlen (außer 1945, wo die Nazis noch nicht wählen durften) meist nur knapp über 30% während
SPÖ und FPÖ (VdU) in traulich deutscher Eintracht zusammen zwei Drittel der Wähler erreichten. Die
Kärntner Slowenen sind mehrheitlich ÖVP-nahe.
16.Dezember 2001: In Afghanistan erobert die Nordallianz die Zentrale von Bin Ladens Al-Qa'ida in Tora Bora. Mangels Verbündeter geht die Herrschaft der Taliban rasch dem endgültigem Aus entgegen.
16.Dezember 2001: Bei Parlamentswahlen in Chile kann die Mittelinksregierung ihre Mehrheit gegen die
rechte Opposition knapp verteidigen, verliert aber ihre Mehrheit im Senat.
16.Dezember 2001: In Portugal verlieren die Sozialisten bei den Gemeinderatswahlen massiv an die
sogenannten "Sozialdemokraten", die aber eine weit rechts stehende Partei sind. Mit Parlamentsneuwahlen wird gerechnet.
16.Dezember 2001: Stefan Heym stirbt im 89. Lebensjahr auf einer Israelreise. Der Schriftsteller jüdischer Abkunft war in der NS-Zeit in die USA emigriert, kehrte als Angehöriger des US-Army 1945 zurück
und übersiedelte als Linker 1951 in die DDR wo er als Journalist und Romanautor erfolgreich war, alsbald aber mit den Betonköpfen der SED-Führung in Konflikt geriet. In den Siebziger- und Achtzigerjahren
erschienen seine Bücher zum Teil mit Verspätung zum Teil gar nicht in der DDR, nach dem Ende des
"Realsozialismus" wirkte Heym in der PDS und als Alterspräsident des ersten Bundestages nach der
Eingliederung der "neuen Bundesländer". Sein letztes Buch hieß "Pargfrider" und befasst sich mit dem
kuriosen Leben des Gründers des "Heldenberges" in Kleinwetzdorf in Niederösterreich.
17.Dezember 2001: Vorarlberg sollte eine der Station der neu gestalteten Wehrmachtsausstellung sein.
Da die Kosten von rund 2 Millionen Schilling für den Veranstalter (eine Gesellschaft von Zeitgeschichtlern) zu hoch sind, wurde um Subventionen nachgesucht: Abgelehnt. Die Schwarzen sagen, es gebe eh
genug andere Orte, wo die Ausstellung zu sehen sein wird und die FPÖ ist wie immer auf Seite der
Wehrmacht und spricht von "verhetzerischer Darstellung".
17.Dezember 2001: In der Steiermark werden die 2001 erstmals verliehenen Menschenrechtspreise übergeben, unter den Preisträgern ist auch der ehemalige kommunistische Landtagsabgeordnete Franz
61
Leitner, dessen Preisbeteilung von ÖVP und FPÖ gegen SPÖ und Grüne durchgesetzt wurde.
Mit der Preisübergabe hat das unwürdige Spiel um Leitner, einen "Gerechten unter den Völkern" ein Ende
17.Dezember 2001: Haider verlangt den Rücktritt des Verfassungsgerichtshofpräsidenten Ludwig Adaq r s tu v w x t y z y { v | } y
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Ortstafelfrage gesprochen. Was Adamovich dementiert, aber Haider weiß es (wie immer) besser. Adamovich war in den Siebzigerjahren Mitglied der Ortstafelkommission und damit an der Entstehung des
61
Juli 2001: Eine tolle Groteske in der Steiermark. Ein Menschenrechtspreis sollte zuerst u.a. an den ehemaligen kommunistischen Landtagsabgeordneten Franz Leitner verliehen werden, weil er seinerzeit im KZ Buchenwald viele (jüdische) Kinder vor der Vernichtung rettete und dafür 1999 auch von Israel als "Gerechter
unter den Völkern" ausgezeichnet wurde. Jetzt sind SPÖ und Grüne (!!!) dagegen, einem Kommunisten einen
Menschenrechtspreis zu verleihen, ÖVP und FPÖ (!!!) sind dafür, können sich aber abstimmungsmäßig nicht
durchsetzen, die schwarze Landeshauptfrau Klasnic muss das Preisgeld aufgestocken, um den Preis auch an
Leitner verleihen zu können.. Manchmal fragt man sich schon, ob manche Leuten noch richtig ticken: Wenn
VP und FP die Ehrung eines Widerstandskämpfers und KZlers gegen SP und Grüne durchsetzen müssen!
57
nun vom Verfassungsgerichtshof aufgehobenen Gesetzes beteiligt, er durfte deswegen an der jetzigen
Entscheidung gar nicht mitwirken.
18.Dezember 2001: Erste Bilanz des Versöhnungsfonds: An 48.180 ehemalige Zwangsarbeiter wurden
bisher 1,5 Milliarden Schilling (das sind im Schnitt rund 31.000 öS pro Person) ausbezahlt, 13.838 Auszahlungen erfolgten nach Polen, 14.599 in die Ukraine, 9.339 nach Tschechien, in andere Länder waren
es 4.595. Rund einhunderttausend Zwangsarbeiter gelten noch als anspruchsberechtigt.
19.Dezember 2001: Haider wirft dem Verfassungsgerichtshofpräsidenten Adamovich "unwürdiges Verhalten"
vor, weil sich dieser "unwürdig und unpatriotisch" verhalten habe, indem er den slowenischen
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entscheidung konsultiert habe.
Adamovich weist diese Vorwürfe zurück und beantragt selbst die Einleitung eines Amtsenthebungsverfahrens. Von verschiedener Seite werden selbstverständlich nutzlose Rücktrittsaufforderungen an Haider
gerichtet.
Zwar ist der Brauch, Richter der obersten Gerichtshöfe durch Proporzvorschläge zu besetzen, sicherlich
nichts, was nicht kritisiert werden dürfte, aber wie sähen die Alternativen aus? Die FPÖ verlangt ein
"Objektivierungsverfahren" für die Einsetzung von Höchstrichtern. Die Objektivierungsverfahren der FPÖ
sind bekannt. Man verlegt die Entscheidungsbefugnis von der Partei auf ein von der Partei eingesetztes
Gremium, dann ist der objektivste Befähigungsnachweis ein Naheverhältnis zur FPÖ, insbesondere die
Zugehörigkeit zu den Freunden des Herrn Prinzhorn oder ein Naheverhältnis zu einem einfachen Parteimitglied in Kärnten. Bestimmt wären z.B. Helene Partik-Pablé, Harald Ofner und Presserichter Ernest
Maurer überaus befähigte Verfassungsrichter, FPÖ-objektiv gesehen.
22.Dezember 2001: Ein britischer Muslem-Fundi versucht mit in den Schuhen verstecktem Sprengstoff
eine American-Airlines-Maschine während des Fluges zu sprengen, er wird überwältigt und behauptet
bei seiner Einvernahme, alleine gehandelt zu haben.
23.Dezember 2001: Der zweite Nationalratspräsident Prinzhorn (FPÖ) bezeichnet die ÖVP als "Bremsklotz" und meint, man sollte die Reformkraft der SPÖ nicht unterschätzen. Wozu man alsbald ein Echo
hört, der bekannte Freiheitlichenfreund in der SP, der frühere Innenminister Schlögl spricht sich für eine
Koalition SPÖ-FPÖ aus.
24.Dezember 2001: Wieder eine Wahlstimmungsumfrage: SP 37%, VP 26%, FP 23%, Grüne 11%. Das
könnte an Mandaten ergeben: SP 70, VP 49, FP 43 und Grüne 21, somit nur noch 92:91 für die Regierung.
27.Dezember 2001: Haider legt dem Verfassungsgerichtshof eine Sachverhaltsdarstellung zu seinen
Anschuldigungen
gegen Adamovich vor. Als "Delikt" wirft er dem Gerichtspräsidenten "unwürdiges Ver› œ  ž Ÿ ¡ ¢ £ ¤ ¥ ¦ œ § ¨ ž © ª « ›  ¬ « › ­ Ÿ › ž Ÿ © ® œ ¤ § ¯ ° ® œ © © ± ® œ ¯ £ ¢ ¬ « › ¯ ¬ž ® Ÿ ¯ ©  £ ² Ÿ ¬ © « › Ÿ ³ ¤ ª © ¬ ® Ÿ ž Ÿ ´ § µ œ ü¶ · ¸ ¹ º » ¼ · ¸ ½ º ¾ ¸ · ¿ À · » Á ¸  à ¾ · ¿ ¾ º ¶ · ¿ » Â Ä Ä Å Æ ¶ Ç Â ¾ Ä » Â Ç Â ¾ Ä È ¹ º É Â Ê Ëà ¾ º Ä» º Ì Ã ¾ Í Ì Î º ¿ ¹ Ë · » ¹ · É · ¿ Ï Ë · ¸ · ¿ Ð
bleibt Haider bei seiner Behauptung. Gegen eine Haiderwahrheit hilft nix!
29.Dezember 2001: SPÖ-Justizsprecher Jarolim fordert wegen der Angriffe auf den Verfassungsgerichtshof den Rücktritt Haiders als Landeshauptmann. Haider verlangt eine geheime Minderheitenfeststellung in Kärnten, „niemand weiß, wieviele Slowenen es gibt und wo sie zu finden sind”.
Gegen Ende Dezember 2001: Der EXTRADIENST interviewt den ehemaligen Kronenzeitungschefredakteur Dragon über sein urplötzliches Ausscheiden im Juni: Demnach musste er gehen, weil er kritisierte,
dass die Redakteure „primär für Herrn Dichand schreiben, nicht mehr für den Leser”, er meint, Dichand
habe sich noch nie stark in die redaktionellen Belange eingemischt wie in den letzten zwei Jahren, Haider sei Dragon nie sympathisch gewesen, „er war mir unheimlich”.
Dezember 2001: Im ORF wird eine neue Chefin, Monika Lindner installiert. Der bisherige ORF-Boss
Gerhard Weis galt als Schwarzer, aber mit Abneigung gegen die FPÖ. Man will jetzt gründlicher (d.h.
bläulicher) umfärben. In den Medien wird der ORF-Redakteur Seledec als von der FPÖ für den Posten
62
ORF-Informationschef forciert bezeichnet, Seledec scheint in unserem Chronikarchiv einmal auf . Frau
Lindner stellt sich schützend vor Seledec und redet von Tatarenmeldungen, Gerüchten und der Diffamie-
62
18.Oktober 1995: In Wien wird in der Alpenmilchzentrale im 4.Bezirk, Weyringergasse 34-36 die Ausstellung Vernichtungskrieg, Verbrechen der Wehrmacht 1941 bis 1944 eröffnet. Als Partisanenbekämpfung
getarnte Ausrottung der Zivilbevölkerung, im besonderen der jüdischen, Liquidierung der Kriegsgefangenen
durch mangelnde Versorgung - das wollen wieder so manche nicht wahrhaben, sie wehren sich gegen die
"Kollektivschuld", offenbar sind sie für die kollektive Unschuld. Neben Gudenus tritt auch der ORF-Redakteur
Seledec als Wehrmachtsbeschützer in Erscheinung.
58
63
rung von Personen. Man kann gespannt sein, wie weit die Haider-Vorsorge jetzt im ORF Einzug halten
wird, noch wehrt man sich. Dass auch Weis keine regierungsfeindliche Berichterstattung pflegte, ergibt
sich aus der Nachrichtenstatistik für 2001: In den Ö1-Journalen wurde im Verhältnis 72% Regierung gegen 28% Opposition gesendet, auch in allen ZiB-Sendungen lag die Regierung weit vor der Opposition.
Haider hätte dazu "Regierungsrundfunk" und "Regierungsfernsehen" gesagt...
31.Dezember 2001: Gusenbauer fordert ebenfalls den Rücktritt Haiders, wenn das Enthebungverfahren
gegen Adamovich mit einem Freispruch endet.
31.Dezember 2001: Der jüdische FPÖ-EU-Abgeordnete Peter Sichrovsky wird ausgeladen: Am Treffen
jüdischer Parlamentarier in Israel wird aus Österreich nur die Stadträtin Pittermann (SPÖ) teilnehmen.
Ende Dezember 2001, Anfang Jänner 2002: In Kärnten gibt es wiederholt Beschmierungen von Ortstafeln mit slowenischen Losungen. Ob diese allerdings immer von Slowenen stammen?
Beschmierte Ortstafel: Viva ist nicht slowenisch, sondern spanisch und Slowenien heißt auf slowenisch
Slovenija - mangelhafter zweisprachiger Unterricht?
2002
1.Jänner 2002: Ein neues Jahr fängt an. Falls es noch irgendwer nicht bemerkt hat: Man zahlt jetzt mit
Rubel, nimmer mit Forint! Eine Schlagzeile dazu, wie sie leider doch nicht im KURIER stand:
2.Jänner 2002: Argentinien war ein Land, dass voll auf die "Globalisierung" setzte und offenbar deswegen jetzt pleite ist. Der neue Präsident Duhalde kündigt die Abkehr vom Neoliberalismus an. In unseren
Breiten schweigt man eher betreten dazu, bisher war das liberale Wirtschaften ja vehement als das Nonplusultra und der Wirtschaftsweisheit höchster Wert gehandelt worden.
4.Jänner 2002: Wieder eine Haider-Wahrheit: In Slowenien gibt es nach seiner Meinung keine Wegweiser, die die international vorgeschriebenen Hinweise in der jeweiligen Landessprache enthalten, man
werde daher in Zukunft in Kärnten auch Schilder mit Laibach statt Ljubljana aufstellen. Das Fernsehen
zeigt zwar sofort slowenische Schilder, auf denen etwa Villach sehr wohl in deutscher Sprache angeschrieben ist. Aber was hilft ein tatsächlicher Wegweiser gegen die Haiderfeststellung, es gebe ihn gar
nicht!
5.Jänner 2002: In den USA versucht sich ein 15jähriger als Bin-Laden-Anhänger und Terrorflieger, er
rammt in Florida mit einem entwendeten Kleinflugzeug ein Bankhochhaus. Er ist tot und hat ein Bekennerschreiben in der Tasche, weitere Opfer gibt es nicht.
63
Wenn er einmal was reden hätte, werde er dafür sorgen, dass in den Redaktionen "weniger gelogen" wird,
versprach er uns schon im Jänner 1993
59
5.Jänner 2002: Der STANDARD veröffentlicht eine Meinungsumfrage über die Kompetenzen der einzelnen Parteien. Dabei schneidet die SPÖ sehr gut ab, sie wird als Interessensvertreter der Arbeiter, der
Arbeitslosen, der Angestellten, der Senioren, der Autofahrer und der Kulturschaffenden gesehen, sowie
als kompetente Partei für die Staatswirtschaft, die Schaffung von Arbeitsplätzen, die Neutralität, die Alterssicherung, die Allgemeinbildung, den sozialen Frieden, niedrige Mieten, Chancengleichheit, Medienfreiheit, mehr Lebensqualität und noch einer Reihe von Gebieten wahrgenommen. Die ÖVP steht als Interessensvertreter der Kirche, der Bauern, der Unternehmer, der Aktionäre, der Manager, der Konzerne,
der Beamten, der Freiberufler. Am kompetentesten ist die ÖVP für einen NATO-Beitritt, einen starken
Euro, Brauchtumspflege, unternehmerische Freiheiten, Steuererhöhungen, Hausbau, Familie und die
Leistungsgesellschaft. Die FPÖ hat die Spitzenstellung bei Abbau von Freunderlwirtschaft (der Aufbau
des Kreises "Freunderl des Herrn Prinzhorn" dürfte sich noch nicht so recht herumgesprochen haben),
Entpolitisierung des öffentlichen Dienstes (Ersatz der Proporzes mittels unpolitischer Freiheitlicher?), der
Beseitigung von Verschwendung, Senkung der Kriminalität, Recht und Ordnung. Die Fähigkeiten der
FPÖ zur Einschränkung der persönlichen Freiheit werden auch hoch bewertet. Die Grünen stehen für
Natur- und Umweltschutz, Menschenrechte, Interessen der sexuellen Minderheiten, Ausländerinteressen, sichere Lebensmittel und Lebenslust. Bleibt dazu die Frage: Warum regieren FPÖ und ÖVP, wenn
die SPÖ für die Lebensfragen des Großteils der Bevölkerung als weitaus kompetenter angesehen wird?
7.Jänner 2002: Meinungsumfrageergebnis im FORMAT: Demnach wünschen sich 52%, Schüssel möge
eine weniger wichtige Rolle spielen, 49% wollen das beim Vizekakadu und gleich 58% beim einfachen
Parteimitglied. In derselben Nummer wird auch eine Regierungsbilanz gezogen. Demnach war die Regierung im "Entpolitisieren" genannten Umfärben am erfolgreichsten. In nahezu allen staatlichen, staatsnahen und öffentlich-rechtlichen Institutionen wurde rot-schwarz durch blau-schwarz ersetzt.
7.Jänner 2002: Der Verfassungsgerichtshof stellt auf Antrag des Generalprokurators fest, es gibt keine
Anhaltspunkte für ein "unwürdiges Verhalten" des Gerichtspräsidenten Adamovich. Für Haider ist der
Fall klar, ein Fehlurteil. Auch behauptet er sogleich, dieses Urteil sei mit nur einer Stimme Mehrheit gefällt worden und ein "sozialistisches Mehrheitsurteil". Wie bei zwölf Richtern eine Stimme Mehrheit zustande kommen soll und woher er seine Weisheit über das Abstimmverhalten haben will, bleiben Haiders
Geheimnis. Ist aber ohnedies einerlei: was er sagt, das ist wahr, was wirklich ist, ist egal.
Über die von Haider vorgelegten "Beweise" sagen die Höchstrichter: „Die (...) Vorwürfe haben weder das
Gewicht, das für einen Amtsenthebungsgrund vorauszusetzen ist, noch eine hinreichende faktische Untermauerung”. Was in Normalsprache heißt, die Anwürfe sind bedeutungslos und nicht belegbar.
Haider kommt alsbald mit neuen Vorwürfen: Der Verfassungsgerichtshof fälle durch kleine Senate (vier
Richter) gesetzwidrige Urteile. Auch hier bleibt es eine Haider-Wahrheit, Entscheidungen solcher Senate
sind seit den Zwanzigerjahren gesetzlich zulässig.
Ab erste Jännerhälfte 2002: Eine Menge Ärger handelt sich die SPÖ-Organisation im oö. Bezirk Perg
ein. Da das dortige Volksheim gerade renoviert wird, hat man nichts Dümmeres zu tun als den heurigen
SPÖ-Ball in den Hallen des Deutschen Österreichischen Turnerbundes abhalten zu wollen. Obwohl seit
64
1995 ein eindeutiger Beschluß besteht, findet man nix dabei, den rechten Turner wieder einmal Geschäft und Zuneigung zu widmen.
10.Jänner 2002: Die FPÖ entwickelte sich zu einer überparteilichen Partei: ihr Volksbegehren sei nämlich "überparteilich". Schüssel schickt jetzt einen Brief aus, in dem er zur Nichtteilnahme am Anti-Tschechien (vulgo Anti-Temelin)-Volksbegehren der Freiheitlichen aufruft. Was natürlich eine "Bevormundung
der Bürger" ist. Die KRONEN ZEITUNG will ihre Wirkungsmacht sehen und trommelt für das Volksbegehren, dabei werden auch Prominente gegen ihren Willen als Unterstützer aufgelistet.
10.Jänner 2002: Die USA verbringen die ersten (als besonders gefährlich eingestuften) gefangenen Taliban in ihren Militärstützpunkt Guantanamo auf Kuba. Die Haftbedingungen rufen alsbald Proteste hervor. Die kahl geschorenen Gefangenen werden mit verdecktem Haupt kniend festgehalten und sind für
die USA keine Kriegsgefangene sondern festgesetzte Terroristen.
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Klagenfurter Subventionsbericht: Stadtfest der KRONE, 75.760
11.Jänner 2002: Aus dem
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Faschingsgilde: 119.160
rungstreuen Einrichtungen.
64
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Der SPÖ-Parteitag beschließt am 3.10.1995 „Alle sozialdemokratischen Funktionäre und Mandatare sind verpflichtet,
auf allen Ebenen (Bund, Land, Gemeinde) gegen jede wie auch immer geartete, unmittelbare oder mittelbare Subventionierung des Österreichischen Turnerbundes aufzutreten. (..) Alle sozialdemokratischen Funktionäre und Mandatare sind
verpflichtet, auf allen Ebenen (Bund, Land, Gemeinde) jede wie auch immer geartete sonstige öffentliche Unterstützung
des Österreichischen Turnerbundes (z.B. die Übernahme von Ehrenschutz) abzulehnen.”
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11.Jänner 2002: Die Staatspolizei soll auf neun Büros reduziert (jetzt 24) und zu einem "Verfassungsschutz" nach deutschem Vorbild umgebaut werden.
11.Jänner 2002: Weiter Groteske um die Spitzelaffäre. Kleindienst obsiegte bisher in 19 Verfahren mit
der FPÖ. Zu dem Geständnis von Kleindienst, er habe 270.000 Schilling für seine Spitzeldienste bekommen, glaubt die Staatsanwaltschaft dem Hilmar Kabas, das dies Kilometergeld gewesen sei, das Finanzamt glaubt es nicht, dort will man Steuernachzahlungen von Kleindienst.
Übrigens: Der neue Pressesprecher von Justizminister Böhmdorfer, ein gewisser Waitz, ist Mitglied bei
der Burschenschaft "Brixia", die in der Vergangenheit mehrfach in Verbindung mit rechtsextremen Vorgängen erwähnt wurde.
11.Jänner 2002: Wieder einmal vor Gericht steht Walter Ochensberger, mittlerweile schon 60 und wieder vertreten von seinem Anwalt Schaller, der wegen nazistischer Äußerungen fünf Jahre als Anwalt gesperrt war. Ochensberger hatte jetzt in seinen Publikationen die "Auschwitzlüge" folgend praktiziert: „Wir
glauben an den Holocaust (..), weil wir das österreichische und deutsche Gesetz nicht verletzen wollen”.
Der Staatsanwalt sieht dies als sarkastisch und höhnend und nicht als Distanzierung.
11.Jänner 2002: Die CDU-Chefin Angelika Merkel verzichtet zugunsten von CSU-Chef Edmund Stoiber
auf die Kanzlerkandidatur bei den heurigen deutschen Bundestagswahlen. Wenn schon rechts dann
gleich richtig, hat man sich wohl dabei gedacht.
12.Jänner 2002: EU-Ratsvorsitzender Pique kritisiert die Maßnahmen Israels gegen die Palästinenser
als „in keiner Weise zu rechtfertigen”.
13.Jänner 2002: In inbrünstiger Zuwendung strahlt "sein Volk" beim Neujahrstreffen der Freiheitlichen in
Linz ihr Idol an. Die Kameraschwenks über die versammelten Menschen sprachen Bände. Haider wendet sich an „mein Volk” und verlangt: Ohne Temelinstilllegung kein EU-Beitritt Tschechiens. Das Verfassungsgericht will er in die Schranken weisen und zurechtstutzen. Das Recht geht vom Volk aus und Haider ist das Volk, daher geht das Recht von Haider aus. Oder?
15.Jänner 2002: Der tschechische Premierminister Miloš Zeman (Sozialdemokrat) sagt zum seit 14.1.
laufenden Anti-Tschechien-Volksbegehren der FPÖ, „je früher Österreich den Herrn Haider und seine
postfaschistische Partei los wird, desto besser”. Große Aufregung in Österreich, die Außenministerin läßt
via Botschaften protestieren: Das sei eine „unzulässige Einmischung in innere Angelegenheiten”. Was
wollte Frau Benita Ferrero-Waldner damit klarstellen? Dass die postfaschistische FPÖ keine internationale, sondern eine innerösterreichische Angelegenheit ist? Von der Sprachlogik her muss es wohl so
sein. Aber warum koaliert die ÖVP mit den Postfaschisten?
15.Jänner 2002: Die drei Kärntner Landtagsparteien wollen das Verfassungsgerichtshofurteiles zu den
zweisprachigen Ortstafeln auf "Nichtigkeit" überprüfen. Vielleicht von überparteilichen Verfassungsrichtern, die auf unabhängiges, jedoch ordentliches Haiderrecht spezialisiert sind? Vorschlag dazu: Gesetze
und Gerichtsentscheidungen sind nichtig, wenn sie dem gesunden Volksempfinden Jörg Haiders und
seiner Anhänger widersprechen, eine Haiderentscheidung entzieht sich jedweder rechtlicher Beurteilung
und hat Gesetzeskraft.
15./16.Jänner 2002: Die Äußerungen von Zeman gegen Haider und die FPÖ (Postfaschist, Experte
nicht für Atomenergie, sondern für Populismus, politisches Tschernobyl) werden von verschiedener Seite
als kontraproduktiv gesehen, da dadurch der Zulauf zum Anti-Tschechien-Volksbegehren erhöht werde.
Haider nennt Zeman einen Kommunisten und auch andere FPÖ-Funktionäre sind ganz empört usw.
17.Jänner 2002: Die italienische Rechtsrechtsregierung hat nicht nur ständig Troubles mit der italienischen Justiz, sie wiederbetätigt sich auch: Zum Regierungsberater für Südtirol wird der Altfaschist Pietro
Mitolo, ein Erzfeind der Südtiroler Regierung, bestellt. Salve Duce.
17.Jänner 2002: Ein echter Spaß: Haider belegt mit einer Fernsehaufzeichnung von 1992, dass ausgerechnet VP-Klubchef Andreas Khol den Kärntner Slowenen den Tipp gegeben hatte, eine Geschwindigkeitsübertretung für eine Verfassungsklage gegen das Ortstafelgesetz zu nutzen. Haider meint dazu,
Khol solle zurücktreten, was er dann relativiert, er habe dies nur in Wechselbeziehung zu den gegen ihn
gerichteten Rücktrittsaufforderungen gesagt.
17.Jänner 2002: In Dänemark will die neue Rechtsregierung das Ausländerrecht massiv verschlechtern,
was heftige innenpolitische Diskussionen hervorruft.
17.Jänner 2002: In Berlin tritt die linke Koalition SPD-PDS ihr Regierungsamt an. Der große Erfolg der
PDS in Ostberlin (fast 50% der Stimmen) ermöglichte diese Regierungsbildung, die Rechten und die
Springer-Zeitungen protestieren. Sie fassen es nicht, da hat man die Ostberliner vom Bolschewismus
befreit und die Leute sind nicht für die CDU!
61
17.Jänner 2002: Der italienischer Nobelpreisträger Dario Fo schreibt in LE MONDE von einem „Faschismus á la Berlusconi“ in Italien, die Regierungsparteien bedienten sich immer mehr der Ausdrucksweise
und der Methoden wie sie auch in den Zwanzigerjahren des letzten Jahrhunderts üblich waren.
18.Jänner 2002: Durch den exorbitanten Andrang von Asylanträgen aus Afghanistan ist die Zahl der in
Österreich Asylsuchenden im Jahre 2001 auf über 30.000 gestiegen.
18.Jänner 2002: Nix genutzt hat dem alt gewordenen Neonazi Ochensberger sein Trick mit der "Distanzierung" (siehe 11.1.), wieder gibt es eine (einstimmige!) Verurteilung durch einen Geschworenensenat
wegen NS-Wiederbetätigung: zwei Jahre (davon 16 Monate bedingt). Walter O. nimmt Bedenkzeit und
verspricht nie wieder über diese Themen zu schreiben.
19.Jänner 2002: Traxler im STANDARD zu Zeman und Haider: Dass Österreich Haider loswerden sollte,
wissen wir, wie wir ihn loswerden, sagt uns auch Zeman nicht.
19.Jänner 2002: In Italien demonstrieren 150.000 gegen die neuen Fremdengesetze, die illegale Einwanderung zu einem Verbrechen machen.
21.Jänner 2002: Weiterhin geht Israel mit Brachialgewalt gegen palästinensische Einrichtungen vor. Der
von israelischen Militäreinheiten in seinem Hauptquartier eingeschlossene Yassir Arafat wendet sich an
Rußland und an den UNO-Sicherheitsrat um Hilfe.
21.Jänner 2002: Der Verfassungsgerichtshof weist Gerüchte zurück, man sei dabei ein Verbot der FPÖ
vorzubereiten. Wer wird solch dumme Gerüchte verbreiten? Eine Vermutung liegt nahe ...
65
21.Jänner 2002: Das Ergebnis des Volksbegehrens gegen Temelin liegt vor. 915.220 Wahlberechtigte
haben es unterschrieben. Die FPÖ hatte sich offiziell ein Ziel von 500.000 gesetzt, aber auf eine Million
gehofft. Die KRONEN ZEITUNG widmete schon seit längerer Zeit täglich viele Seiten dem Volksbegehren,
aber schaffte trotzdem nicht mehr. Die Motivation für Krone-Chef Dichand war wohl seine Aversion gegen Schüssel, dem er eine politische Niederlage bereiten (und wohl auch die Koalition in Schwierigkeiten
bringen) wollte. Angeblich war das Volksbegehren SPÖ-intern ebenfalls mit dem Ziel unterstützt worden,
FPÖ und ÖVP gegeneinander auszuspielen.
Die FPÖ hatte allerdings den Inhalt des Volksbegehrens ohnehin so formuliert, dass ein Erfolg gar nicht
möglich sein kann: Dazu müsste das Parlament nämlich mit Zweidrittelmehrheit ein Verfassungsgesetz
beschließen, was aber weder FPÖ und ÖVP, noch FPÖ und SPÖ alleine schafften, selbst FP, VP und
Grüne haben ohne SPÖ keine zwei Drittel.
Aber das ist ohnehin egal, weil Schüssel ja im Dezember einen nach Völkerrecht verbindlichen Vertrag
mit Tschechien unterzeichnet hat.
21.Jänner 2002: Der Zeitgeschichtler Walter Manoschek beschäftigt sich mit österreichischen Deserteuren der deutschen Wehrmacht, 2.300 Männern aus den Akten erbrachten um die 800 Opfer, die den
Krieg überlebten, davon sind 56 noch am Leben, aber nur sechs waren bereit, darüber zu sprechen: Die
soziale Ächtung der "Verräter" ist noch aufrecht ...
21.Jänner 2002: Die Präparate aus Körperteilen von über 400 behinderten Kindern, die in der NS-Zeit
im "Kinderheim AM SPIEGELGRUND" ermordeten wurden, sollen am 28. April in einem Ehrengrab am Wiener Zentralfriedhof beigesetzt werden, die Grabplatten sollen die Namen der Opfer tragen. Eine erstaunliche Entwicklung humanistischer Gesinnung: Schon 57 Jahre nach Ende des NS-Regimes sieht man die
Präparate als Produkte eines Massenmordes und nimmer als Ergebnis ärztlichen Forschens.
21.Jänner 2002: Angeblich wolle der Verfassungsgerichtshof die FPÖ verbieten, solche Gerüchte sollen
in der letzten Zeit in Umlauf gesetzt worden sein (von wem?). Der Verfassungsgerichtshof stellt dazu
fest: Der Gerichtshof habe überhaupt keine Kompetenz, Parteiverbote zu erlassen.
Zur Erinnerung: Als in den Achtzigerjahren alle damals ungehindert existierenden Nazi-Parteien (NDP,
ANR usw.) aufgelöst wurden, geschah dies folgend: Der VfGH hatte in einem Verfahren klargestellt,
dass das NS-Verbotsgesetz unmittelbar anzuwendendes Recht ist. Daraufhin stellte das Innenministerium fest, die Nazi-Parteien hätten daher mit ihrer Parteienanmeldung gar keinen Parteienstatus erlangen
können, weil dies für NS-Parteien rechtlich ausgeschlossen ist. Damit waren NDP usw. als Parteien nicht
existent, bestehenden Vereine mit gleicher Gesinnung wurden verboten.
22.Jänner 2002: Der große Schweiger Schüssel taktiert ziemlich schlau: Nachdem das Anti-TemelinVolksbegehren kein umwerfendes Ergebnis brachte, sagt er nach dem Ministerrat, die EUOsterweiterung sei ein Herzstück der Koalitionsregierung und eine Verhinderung der Erweiterung sei das
Ende der Koalition, führe zu Neuwahlen. Der Vizekakadu steht im doppelten Wortsinne daneben und
65
bzw. gegen Tschechien (FPÖ-Variante) – gegen Schüssel (Dichand-Variante)
62
schweigt. Erst als ein einfaches FPÖ-Mitglied aus Kärnten Rabatz macht, lässt Westenthaler sie dazu
sagen: Wenn die von den Medien kolportierten Drohungen Schüssels der Wahrheit entsprechen, dann
könne Schüssel das Ende der Koalition haben. Ob die Medien der Vizekanzlerin die Wahrheit über einen
Vorgang mitteilen, bei dem sie selber dabei war?
23.Jänner ff 2002: Probleme hat der deutsche Innenminister Schily mit seinem Antrag auf Verbot der
NPD. Im Laufe der Zeit tauchen immer mehr NPD-Funktionäre auf, die Mitarbeiter des deutschen Verfassungsschutzes waren. Was den deutschen Nazis wahrscheinlich helfen wird: Die von den Undercover-Agenten stammenden Beweise könnten als Provokationen des Verfassungsschutzes zurückgewiesen werden. Die Staatssicherheitsdienste sind eben überall auch stark mit Idioten durchsetzt. Im gegenständlichen Fall hätte man eben gegenüber dem Innenministerium die eigenen Agenten nicht geheim
halten und zu Belastungszeugen werden lassen dürfen.
23.Jänner 2002: Der Wirtschaftsnobelpreisträger Joseph Stiglitz sagt bei einem Vortrag in Wien, die
Globalisierung mache die Kluft zwischen arm und reich immer größer. Als Regulativ schlägt er vor, die
Geldpolitik in das demokratische System einzubinden.
Derzeit sind wir völlig auf dem Gegenweg: Das demokratische System wird in die Geldpolitik eingebunden, die demokratischen Institutionen dürfen den Wirtschaftsbeschlüssen zustimmen. Weil wenn die Aktionäre nicht glücklich sind, dann werden alle Menschen unglücklich, so lesen wir es wenigstens auf den
Wirtschaftseiten der Zeitungen.
24.Jänner 2002: Wahlumfrage nach dem Volksbegehren: SPÖ 35%, ÖVP und FPÖ je 25, Grüne 13%.
Daraus hochgerechnete Mandate: 65/47/47/24, somit 94:89 für die Regierung.
Vorübergehend wird wieder lautstark über ein Ende der Regierung debattiert. Aber sowohl ÖVP als auch
FPÖ wissen, dass sie sich gegenseitig ausgeliefert sind. Die FPÖ mehr als die ÖVP, die letztere
bräuchte ja nur Schüssel und Khol auswechseln, um wieder mit der SPÖ in einer Großen Koalition unterzukommen.
In diesen Tagen verschwindet auch das Problem Temelin heimlich, still und leise aus der Politik. Die
FPÖ weiß, dass damit momentan nicht mehr viel zu holen ist.
24.Jänner 2002: Peter Pilz, Der Herr der "Krone" im Rausch der Sinne im STANDARD:
Ja auch das kommt vor: Peter Ulram und Wolfgang Schüssel haben Recht. Politologe Ulram warnt vor
der Krone-Partei, die die Politik mit Volksbegehren vor sich hertreibt. Und Kanzler Schüssel zeigt Hans
Dichand seinen schönsten Teil: den Hintern.
Die Anti-Temelin-Kampagne war der Versuch zweier Parteien, wieder einmal gemeinsam die Machtprobe zu wagen. Alle zwei Jahre findet man sich, einmal gegen "Neger" und andere Ausländer, dann gegen
Staatskünstler und nun gegen Tschechen.
Krone und FPÖ sind blutsverwandt. Der alte Monopolist und der alternde (De-facto-) Parteichef sehen
die Welt durch dasselbe Zerrglas. Das steht ihnen auch zu; Zeitungszaren und Parteiführer haben das
Recht auf Marotten und Hirngespinste jedweder Art. Man muss sie ja nicht wählen. Am Kiosk und in der
Wahlzelle wird entschieden, welches Gewicht das Ewiggestrige in Osterreich hat. Wenn Neue Kronen
Partei und Freiheitliche Zeitung ihr Volk aufmarschieren lassen, geht es aber noch um etwas anderes:
Beide stellen gemeinsam in der Tat eine einzige Frage (Ulram): Wer hat die Macht im Staat? Berlusconi
hat die Frage für Italien beantwortet. Bei uns bleibt sie noch offen.
In seinen Memoiren bat Hans Dichand einem Raum im Hotel Bristol einen Namen gegeben: „Vorhof der
Macht". Ab und zu erhalten österreichische Politiker eine Vorladung. Dichand befragt sie und prüft zweierlei: die Übereinstimmung mit seinen Plänen und Ansichten und ihre Bereitschaft, vor seiner Zeitung zu
knien. Wie jeder Potentat unterscheidet der Herr der Krone genau zwischen Kameraden und Dienern.
Mit den Blutsverwandten wird marschiert. Die Diener weiß man zu gebrauchen.
Die Macht der Krone hängt vor allem von einem ab: von der Größe des Glaubens an sie. Wer fest an die
Allmacht des Blattes glaubt, wird sich ihr um keinen Preis entgegenstellen. Über Jahrzehnte hat der Krone-Glaube seine tiefsten Wurzeln in der SPÖ geschlagen. Michael Häupl betet seiner Partei vor, und Alfred Gusenbauer weiß, dass er erst dann mit einem Haustier auf die Titelseite kommt, wenn ihn der Krone-Chef als verlässlichen Diener erkannt hat.
Die Krone war immer gefährlich. Wer schwul, schwarz oder fremd war, musste sich vor ihr fürchten. Sie
bedrohte bisher vor allem Minderheiten. Mit ihrem Kreuzzug gegen den Osten geht sie einen Schritt
weiter. Es ist vorstellbar: dass Krone und FPÖ noch heftiger gegen "die Tschechen" und damit gegen die
Osterweiterung mobilisieren; dass neben Landeshauptmännern der ÖVP auch gewerkschaftsnahe Teile
der SPÖ einschwenken; dass Berlusconi das Veto als Waffe übernimmt; und dass eine nationalistische
Kettenreaktion zur Blockade führt.
Die Möglichkeit, mediale Übermacht zu missbrauchen, ist damit längst nicht mehr nur eine Frage reiner
Medienkultur. Es geht um mehr. Wer ein demokratisches und offenes Europa verteidigen will, muss die
Macht der Krone einschränken. Das heißt für eine Regierung: l. Zerschlagung der Mediaprint durch ein
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scharfes Medienkartellrecht; 2. Aberkennung der Presseförderung für die Krone; 3. Verbot aller .KroneBeteiligungen an elektronischen Medien.
Welche Partei kann sich das leisten? Schon viel weniger wäre für Hans Dichand ein hinreichender
Grund, den totalen Krieg zu erklären. Wer sich darauf vorbereitet, muss genau wissen, was droht. Und
das ist weit weniger als die meisten glauben:
Die Macht der Krone ist punktuell. Sie kann immer dann mobilisieren, wenn es um ein konkretes Problem geht: den Sternwartepark, das Konferenzzentrum, die Ausländer, das Atomkraftwerk. Je allgemeiner
die Fragen werden, desto mehr schrumpft ihre Macht. Die Kronen Zeitung kann Referenden entscheiden
- aber keine Wahlen. Wem das immer noch zu riskant ist, der kann dazu noch das beste Datum wählen:
die ersten Monate nach einer Nationalratswahl. Ein ohnmächtig tobender .Krone-Chef ist auszuhalten das demonstriert Wolfgang Schüssel sogar in einer Zeit, in der bald gewählt werden kann.
Ich habe noch einen weiteren, ganz konkreten Grund, alles gegen den Machtmissbrauch der Kronen
Zeitung einzusetzen. Als wieder einmal gegen Schwarzafrikaner gehetzt und der Tod von Marcus Omofuma verharmlost! wurde, blätterte ich mir den hinteren Teil der Zeitung durch. In einem Kleininserat
wurde eine schwarze Frau zum Geschlechtsverkehr angeboten. Ihr Gewicht wurde mit 47 kg angegeben. Der .Krone-Leser, der sich auf die Gastarbeiterin legt, sollte wissen, wie viel Fleisch er über sein
Leibblatt erwarten darf. Prostitution bringt Geld - in der Liebe und in der Politik. Mit Volksbegehren und
mit Frauen wird letztlich Geschäft gemacht.
Nur der Gesetzgeber hat die Möglichkeit, die miesesten Geschäfte zu verderben. Das erwarte ich mir
von einer Regierung, die sich einfach etwas traut.
24.Jänner 2002: Die US-Rüstungsindustrie hat einen epochalen Erfolg: Die Anschläge des 11.9.2001
dürften zu einem Rekordrüstungsbudget der USA führen. Bush will 379 Milliarden Dollar für 2003.
America, the pride – der US-Imperialismus rechnet anscheinend damit, sich gegen mit Waffengewalt den Rest der Welt durchsetzen zu müssen
24.Jänner 2002: Am 1.5.1999 kam Marcus Omofuma gefesselt und geknebelt bei der Abschiebung zu
Tode. Zwei Jahre und neun Monate später liegt dazu "schon" eine rechtliche Entscheidung vor: Der Unabhängige Verwaltungssenat Wien entscheidet: die Vorgangsweise der Fremdenpolizei war rechtswidrig.
24.Jänner 2002: Obwohl der Einfluss der Regierung auf den ORF ohnehin beängstigend groß ist, muss
Westenthaler immer noch nachlegen. Er mag nämlich den Moderator der Sendung "Betrifft", Fischer,
nicht. Also erklärt er, er werde an dieser Sendung nicht teilnehmen, wenn Fischer moderiere, später
meint er, wenn die Sendung ohne ihn zustande komme, gebe es Stunk. In bewährter Manier wird später
daraus eine Trunk. Er habe keinen Stunk angekündigt, sondern die Teilnahme der SP-Bundesrätin
Trunk. Na sowas! Ein Hump, der sich dabei was denkt!
27.Jänner 2002: ORF-Pressestunde, diesmal mit keinem Parteivorsitzenden, sondern mit einem einfachen Mitglied der FPÖ. Dieses Mitglied meint großzügig, er werde sich einmal anschauen, ob die Regierungskoalition fortzusetzen sei. Dem Verfassungsgerichtshof wirft er zur Abwechslung vor, "politisch korrumpiert" zu sein. Die Verfassungsrichter Adamovich und Holzinger hätten an der Ausarbeitung der Bezugsregelung für Höchstrichter mitgewirkt. Was aber wieder einmal eine Wahrheit von Haiders Gnaden
ist, sie haben nicht mitgewirkt.
27.Jänner 2002: Das seit 1996 in der BRD zum Gedenktag für die NS-Opfer erklärte Datum der Befreiung der Häftlinge des KZ Auschwitz wird durch verschiedene Veranstaltungen begangen, im ehemaligen
KZ Sachsenhausen wird die Ausstellung "Befreier, Befreite, Besiegte" eröffnet.
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Zweite Jännerhälfte 2002: In Salzburg hatte man eine Tafel, auf der der Vater des Zionismus, Theodor
Herzl mit „In Salzburg brachte ich einige der glücklichsten Stunden meines Lebens zu” zitiert wird, angebracht, der deutsche Aktionskünstler Wolfram Kastner hatte das aus dem Zusammenhang gerissene Zitat vervollständigt: „Ich wäre auch gerne in dieser schönen Stadt geblieben, aber als Jude wäre ich nie
zur Stellung eines Richters befördert worden”. Jetzt läuft gegen Kastner ein Strafverfahren wegen
schwerer Sachbeschädigung.
Zweite Jännerhälfte 2002: In Israel veröffentlichen eine Anzahl von Reserveoffizieren Zeitungsinserate
in denen sie die Politik der israelischen Regierung kritisieren und der Armee unnötiges Blutvergießen
und Kriegsverbrechen vorwerfen. Die rechtsnationalistische Regierung reagiert mit Degradierungen.
Gegen Ende Jänner 2002: Die Rückgabe des 1938 enteigneten Sportplatzes des jüdischen Wiener
Sportvereins Hakoah scheint geklärt, ein Sportplatz im Prater soll als Ersatz zur Verfügung gestellt werden. In der 1. Republik war Hakoah ein erfolgreicher Verein, 1924 sogar Fußballmeister.
der bekannte Hakoah-Fußballer Bela Gutmann, später ein berühmter Trainer (in den Sechzigerjahren auch des österreichischen Nationalteams)
30.Jänner 2002: Über die Menschenversuche der SS im KZ Auschwitz berichtet der Sachbuchsautor
Ernst Klee in einem Vortrag in Wien. So z.B. über die Versuche des berüchtigten Arztes Mengele, der
Methoden zur Veränderung der Augenfarbe suchte und auch dafür Menschen umbringen ließ.
Ende Jänner 2002: Zwei Jahre Haselnuß: laut einer Meinungsumfrage - wie hat die Regierung gearbeitet? - bescheinigen 23% gute Arbeit, 29% schlechte Arbeit, der Rest hat anscheinend keine Meinung.
31.Jänner 2002: Ein Haider-Spruch, der vergangenes Jahr außergewöhnliche Popularität entwickelte,
war dieser überaus witzige Sager vom Ariel, der Dreck am Stecken habe. Da haben sie sich gefreut darüber, die Freunde deftiger Politik und die Antisemiten. Jetzt ist Jörg Haider ziemlich still zu Kreuze gekrochen und hat mittels fünf Ehrenerklärungen vierzehn Klagen von Ariel Muzicant beenden dürfen. In
einer Presseerklärung muss Haider einbekennen„die Gefährlichkeit bestimmter Andeutungen und Wortspiele, aber auch von Unterstellungen erkannt zu haben”.
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Euer Chronist hatte alsbald das Vergnügen, Reaktionen von gesinnungstreuen Anständigen dazu zu hören: "Was willst machen, gegen einen Juden kommst nicht auf", lauteten die Stellungnahmen sinngemäß, der Antisemitismus hat allezeit recht, der antisemitische Wahrheitsbeweis lautet immer noch, die
Juden sind schuld und regieren die Welt. Was die Juden und ihre Knechte natürlich abstreiten. Also ist
es wahr. Und wer kommt an gegen volksdümmliche ewige Wahrheiten?
Um Ende Jänner 2002: In der FPÖ tauchen Vermutungen auf, Haider könnte ins Parlament zurückkehren, was Westenthaler für gut fände. Freilich wird nichts daraus.
1.Februar 2002: Der Vizekakadu kündigt an, die FPÖ werde die EU-Erweiterung zum Wahlkampfthema
machen, die Österreicher hätten ein Recht darauf, zu wissen, was auf sie zukomme. Und die FPÖ
braucht schließlich ein wirksames Wahlkampfthema.
Wozu Euer Chronist anmerken muss: Die Konzerne bauen ihre Jagdgründe aus und die Rechten manifestieren sich als Kritiker. Zeiten und Sitten sind das, hätten nicht die Linken auch was dazu zu sagen?
3.Februar 2002: Die KRONEN ZEITUNG beginnt eine Serie über die Vertreibung der Sudetendeutschen
und die Benes-Dekrete. Sofort ist klar, dass es dabei um keine umfassende Darstellung der Geschehnisse geht, sondern um Unterstützung der Anti-EU-Osterweiterungsstrategie der FPÖ.
Es sollen hier keineswegs die Verbrechen beschönigt werden, die nach Kriegsende 1945 an Volksdeutschen verübt wurden, aber es ist alles andere denn zielführend, wenn die Zusammenhänge so dargestellt werden wie in der KRONEN ZEITUNG: Demnach hat es in der Zeit der Monarchie nur einen nicht näher erklärten "Streit zwischen Deutschen und Tschechen" gegeben, kein Wort über den jahrzehntelangen vergeblichen Kampf der Tschechen um nationale Selbstbestimmung. Aber nach 1918 wurde mit der
Angliederung der Sudetendeutschen Gebiete an die CSR das "Selbstbestimmungsrecht der Völker"
verletzt. Dann wieder kein Wort darüber, dass die Sudetendeutschen fast geschlossen den Nationalsozialismus unterstützten (über 90% wählten vor dem Münchner Abkommen von 1938 die Sudetendeutsche
Nazipartei Henleins). Auch während der NS-Zeit scheint es den Tschechen gut gegangen zu sein, als
Opfer werden nur die Erschossenen von Lidice angeführt, was aber durch den Verweis auf das Attentat
auf Reichsprotektor Heydrich relativiert wird. Und 1945 bricht aus heiterem Himmel und aus unerkennbaren Gründen massakrierend der tschechische Nationalismus über die offenbar bisher außerhalb der Geschichte unbeteiligt dahinlebenden Sudetendeutschen los. Ebenfalls unerwähnt zu bleiben hat, dass die
Vertreibung der sogenannten Volksdeutschen allerorts in Absprache und mit dem Einverständnis aller
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Alliierten
erfolgte, also auch England und die USA diese "ethnischen Säuberungen" als Teil der
Kriegsziele sahen und billigten!
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Potsdamer Konferenz der USA, der UdSSR und Englands 17.7.-2.8.1945, das Potsdamer Protokoll vom 2.8.45 sanktionierte die
Vertreibungen der außerhalb Deutschlands lebenden "Volksdeutschen"
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Aufhebung der Benesdekrete – sollen auch die alliierten Kriegsziele der "ethnischen Säuberungen" der Volksdeutschen aufgehoben werden?
Das Unterfangen Nazideutschlands (mit breiter Zustimmung und größtem Einsatz der Bevölkerung) ein
"Großdeutsches Reich" zu errichten und die "slawischen Untermenschen" ins Joch zu spannen, hat
scheinbar gar nicht stattgefunden.
Was soll mit einer Schilderung der Geschehnisse in dieser Form erreicht werden? Aufarbeitung des Geschehens? Darstellung der Folgen des Nationalismus? Oder nicht doch viel eher das Weiterdrehen der
nationalistischen Schraube? Bis 1918 haben es die Deutschen den Tschechen gezeigt, bis 1938 die
Tschechen den Deutschen, ab 1938 die Deutschen den Tschechen, 1945 die Tschechen den Deutschen
und 2002 zeigen es die Deutschen wieder den Tschechen, in dem sie deren EU-Beitritt blockieren!
Übrigens: In den Siebzigerjahren wurde zwischen Österreich und der damaligen CSSR ein Abkommen
abgeschlossen, das denjenigen Vertriebenen, die vor dem "Anschluss" von 1938 österreichische Staatsbürger waren, Entschädigungen gewährte, in bis zu fünf Jahresraten wurden damals maximal 75.000 öS
an Abfindungen für verlorenen Besitz an diese vertriebenen Österreicher geleistet.
4.Februar 2002: In einem PROFIL-Artikel werden die Interventionen Westenthalers beim ORF zusammengestellt, Westenthaler ist empört und droht mit Klage. Ex-ORF-Chef Weis stellt sich als Zeuge für die
Zeitschrift zur Verfügung.
5.Februar 2002: Irgendwas wird man 2003 den Wählern als Regierungserfolg verkaufen müssen. FPWestenthaler fordert daher einmal mehr eine Steuerreform für das Wahljahr.
5.Februar 2002: Im STANDARD erscheint die folgende Veenenbos-Karikatur:
sie sagt mehr über die Weltordnung aus als dicke Bücher
6.Februar 2002: In London stirbt 88jährig Nobelpreisträger Max Perutz, Hämoglobinforscher und einer
der Begründer der Strukturbiologie. Er stammte aus Wien und wurde wegen seiner jüdischen Herkunft
1938 von den Nazis vertrieben.
7.Februar 2002: FP-Klubobmann Westenthaler dürfte wegen seiner undiplomatischen Art gegenüber dem
ORF innerparteilich gerügt worden sein. Er habe die Neubesetzung "vergeigt". Nun ist er beleidigt und tagelang nicht erreich- und bemerkbar.
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9.Februar 2002: Die ORF-Stiftungsräte bestellen das neue Chefitäten-Team. Durch die Spekulationen in
den Medien über die Einflussnahme durch die FPÖ bleiben die extremsten Varianten (wie die Installierung des rechtsrechten Betonkopfes Seledec) aus: Aber Haiders Liebling, der Kärntner ORF-Landeschef
Draxler wird Informationsdirektor. Was sogleich wahrnehmbar sein wird: Die FPÖ wird im Zweifelsfall
zarter behandelt und kann sich noch mehr inszenieren.
9.Februar 2002: In der Spitzelaffäre steht die FPÖ vor einem fast vollständigen Erfolg. Die Staatsanwaltschaft will nur gegen den Aufdecker Kleindienst und den Wiener FP-Landesparteisekretär Kreißl Anklage erheben. Peter Pilz von den Grünen spricht davon, dass „eine Viererkette aus Justizminister, Sektionschef, Oberstaatsanwalt und Staatsanwalt” gelungen sei „die Spitzenfunktionäre der FPÖ vor der
Justiz zu schützen”.
Wir erlauben uns daher hier nochmals Auszüge zum Thema Spitzelaffäre aus dem Buch von Kleindienst
"Ich gestehe" wiederzugeben:
„Nun sind wir bei der heikelsten Spielart des Themas "Datenklau": den Informationsflüssen aus der Polizei in die Politik. Ob es nun aus ideologischen oder persönlichen Gründen, aus Frustration oder ganz banal materiellen Gründen
passiert - dass politische Fraktionen verschiedener Coleurs regelmäßig mit Infos aus dem Exekutivbereich versorgt
werden, ist aufmerksamen Beobachtern längst klar.
Der Zweck - Oppositionspolitik, Regierungskritik, Parteipolemik oder politisches Kleingeld - ist ebenso unterschiedlich wie die Anwendungen. Ob es nun als Argument dient, das den politischen Gegner in der TV-Diskussion
mundtot machen soll. Ob der Polizeicomputer missbraucht wird, um vor den Wahlen persönliche Adressen für ein
Directmailing als "Wahlerinnerung" zu bekommen. Oder ob ganz einfach eine Original-Anzeige gegen einen hohen
Funktionär in eine Zeitungsredaktion gefaxt wird. Was aber allen diesen Handlungen gemeinsam ist, ist der schon
ganz normale Datenklau.
Durch ein Netzwerk von Polizisten. Einem Netzwerk, dessen sich Politiker skrupellos und immer häufiger bedienen.
Zur Überprüfung und Ausspionierung von unliebsamen, politischen Gegnern, zum Sammeln belastenden Materials.
Treffen kann es alle. Und es betrifft auch alle: von Personen des öffentlichen Lebens über karitative Organisationen
bis zum kleinen Mann; von Andre Heller bis Helmut Zilk; von Josef Broukal bis Marcus Omofuma.
(...)
In allen Bundesländern arbeiten Exekutivbeamte für eine Partei, teils werden sie bezahlt, teils mit politischen Mandaten und Funktionen belohnt oder geködert, teils geschieht es aus Ideologie, Idealismus oder auch einfach aus
Wichtigtuerei. Wer profitiert?
Die Informationen gehen an verschiedene Stellen in der Partei und ihren Organisationen. Aber auch das Büro des
Chefs hat stapelweise Papiere und Dossiers gebunkert. Der Parlamentsklub ist eine weitere Anlaufstelle für Informanten, in den geschäftsführenden Stellen sind heikle, personenbezogene Auskünften gern gesehen. Und es werden auch immer wieder Daten aus dem Polizeicomputer diverser ideologischer Gegner erbeten.
(..)
In Wien werden mindestens fünf Polizisten seit Jahren regelmäßig von Geldern einer Partei bezahlt. Was von ihnen
erwartet wird, liegt auf der Hand. Und selbstverständlich erfolgt die Abrechnung nicht direkt über die Partei selbst.
(..)
Und es ist nicht ohne, was man über jemanden so aus Polizeianfragen erhält, wenn man es nur darauf anlegt. Angefangen von den genauen Personendaten über geheime Telefonnummern, Suchtgift- und Waffenvormerkungen;
Vorstrafen, die Gerichtsverfahren in den letzten zehn Jahren, welche Fahrzeuge im Besitz der überprüften Person
stehen, den Wohnort, frühere Wohnorte und den Wochenendwohnsitz, Informationen, ob Geisteskrankheiten oder
Selbstmordabsichten vorliegen, Vormerkungen in der Fremdendatei, ob eine Aufenthaltserlaubnis oder ein Aufenthaltsverbot besteht, ob es einen Abschiebebeschluss gibt, eine Arbeitsbewilligung, ob jemand als Zeuge oder Auskunftsperson gesucht wird, ob Unterhalte bezahlt werden...”
11.Februar 2002: Die Wiener Grünen machen den Vorschlag im Augarten-Flakturm (11geschossig) das
schon seit Jahren geplante Zeitgeschichtemuseum einzurichten. In Wien stehen immer noch sechs
Flaktürme, bei denen sich wegen ihrer massiven Bauweise ein Abriss nicht rechnet. Bisher werden diese
Bauten aber auch nicht genutzt.
11.Februar 2002: Kärntens Landeshauptmann Haider trifft zu einem Besuch im Irak ein. Der für die freiheitliche Außenpolitik zuständige Peter Sichrovsky meint, dieser Besuch sei eine große Chance für eine
Vermittlung. Auch das Außenministerium hat vorerst keine Probleme mit der Haider-Reise
Bald darauf wird aus der Vermittlungsmission aber ein bloßer Privatbesuch werden.
12. Februar 2002: Die ersten Reaktionen auf die Irak-Reise Haiders sind moderat und eher innenpolitisch ausgerichtet, z.B. schreibt Hans Rauscher im STANDARD:
Nicht ernst nehmen
Jörg Haider im Irak ist "eine ganz große Chance für eine Vermittlung" weiß Peter Sichrovsky, zuständig für die Abteilung "Absurdes aus aller Welt" in der FPÖ. Ja, sicher, wahrscheinlich wird Jörg
die beiden zerkrachten Freunde George W. und Saddam wieder zusammenbringen. Nebenbei wird
Haider wahrscheinlich irakische Waisenkinder auf einen Urlaub in Kärnten einladen.
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Sein Sekretär wird ein Video machen und vielleicht sendet es der ORF - so wie das "Selbstinterview" aus New York, das vom damaligen Kärntner ORF-Landesintendanten Gerhard "Haider war für
mich" Draxler, heute Chef der ORF-Information, als "journalistisch einwandfrei" bezeichnet wird.
Jetzt wird es wieder heißen, man möge Haider und seine Eskapaden nicht ernst nehmen. Aber wie
komisch - und wie irrelevant - ist z.B. ein Politiker, der den ORF-Informationsdirektor bekommt, den
er sich wünscht? Oder der seinen Leibanwalt als Justizminister einsetzt? Oder der die Regierung mit
einem Volksbegehren gegen die EU-Erweiterung gefährdet?
Und: Wie ernst ist ein Land zu nehmen, in dem ein angeblich nicht ernst zu nehmender Politiker all das
durchsetzt?
12.Februar 2002: In Linz stirbt unser Freund der Liedermacher Gust Maly nach langem Leiden 53jährig
an Lungenkrebs, siehe Nachruf an anderer Stelle.
August Maly, hier in Mauthausen im Mai 2001
12.Februar 2002: Peter Westenthaler steckt in der Krise, die Partei droht mit Liebesentzug, Gerüchte über die Ablöse zirkulieren durch die Medien. Haider in Bagdad, Riess-Passer in Salt Lake City, der arme
Westi ganz alleine gelassen! Traurig, traurig!
13.Februar 2002: Zu Haiders Irak-Besuch tauchen erste Einzelheiten auf. Aus den irakischen Medien.
Z.B. dass sich Haider und der Vizepremier Tarek Aziz über die „internationale Lage und die Verschwörung der USA und des Zionismus gegen Irak” unterhalten hätten. Dem Staatschef Saddam Hussein
richtet Haider Grüße der Österreicher aus.
13.Februar 2002: Haider redet aschermittwochs wie immer in Ried, witzig wie immer. Zu Adamovich fällt
ihm ein, ob der ob seines nicht entsprechend deutsch klingenden Namens überhaupt eine Aufenthaltsbewilligung habe.
Da haben sie wieder gelacht, die Freunde des Jörg-Haider-Humors, so eine Gaudi. Auch sein eigener
Parteifreund Westenthaler bekommt Haiders Scherze: Der Struwwelpeter habe Herzeleid oder so.
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Das macht ihm erkennbar immer noch das größte Vergnügen: mit plumpen Witzen über jemanden herziehen. Auch heuer gibt es in Ried wieder Gegenveranstaltungen und eine Demonstration, Bericht dazu
siehe an anderer Stelle in dieser Ausgabe.
1938 Gründe gegen Haider
13.Februar 2002: Hilfe für den leidenden Westenthaler: Riess-Passer verkündet, er sei ein hervorragender Klubobmann. Bekanntlich haben die Freiheitlichen ja überhaupst nur lauter hervorragende Leute, die
ständig exzellente Arbeit leisten.
14.Februar 2002: Westenthaler wird übermütig. Er verlangt, die FPÖ müsse Politik aus einem Guss machen und „selbständig ohne Haider laufen lernen”, sich endlich zwischen Regierungs- oder Oppositionspolitik entscheiden. Uih, sowas sollte man in der FPÖ nicht sagen!
14.Februar 2002: Internationale Reaktionen auf Haiders staatsmännische Privatrundreise weiten sich
aus. Die USA meinen, der Besuch sei unangebracht und kontraproduktiv gewesen. Haider selbst war
nunmehr nicht mehr auf einer Vermittlungsreise, sondern auf einen humanitären Fahrt, über die er das
Außenministerium informiert habe, dort sei positiv reagiert worden.
Die Außenministerin widerspricht: Sie habe nicht davon gewusst. Haider stuft weiter zurück: Er war nur
auf einen Privatbesuch als Jörg Haider in Bagdad. Die irakischen Medien hatten berichtet, Haider habe
die Solidarität des österreichischen Volkes versichert, er relativiert, es sei die Solidarität des österreichischen Volkes mit dem irakischen Volk gewesen, die er auf seiner Privatreise aus humanitären Gründen
ausgerichtet habe.
Für die Außenministerin ist die Fahrt „klar entbehrlich und nicht hilfreich”.
ein ganz seltener Anblick: Außenministerin Ferrero-Waldner ohne Grinsen im Gesicht!
Die Außenministerin war längere Zeit als Kandidatin für die Nachfolge Klestils im Gespräch gewesen, in
denen Meinungsumfragen erzielte sie gute Werte. Damit halten aber ihre Leistungen längst nicht Schritt.
Voriges Jahr wusste sie zu verkünden, die USA hätte auf Grund ihrer Fürsprache eine Prüfung des Ein70
reiseverbotes für Waldheim zugesagt, was die Amerikaner umgehend dementierten. Unvergessen ist
auch ihre Befassung mit den in Genua nach Antiglobalisierungsdemos inhaftierten Österreichern von der
VOLXTHEATERKARAWANE, die sie als "einschlägig vorgemerkt" diffamierte und grinsend verkündete, diese
dürften sich nicht wundern, wenn sie festgenommen werden, eine Unterstützung des Außenministeriums
für die grundlos eingesperrten Österreicher erfolgte erst durch öffentlichen und medialen Druck. Unvergessen sind ihre Konflikte über Auslandsreisen, die sie mit dem Bundespräsidenten austrägt. Jetzt zur Irak-Reise Haiders verlautete das Außenministerium vorerst, Haider sei über die österreichischen Positionen informiert und man begrüße allfällige lösungsorientierte Gespräche. Dann wusste Ferrero-Waldner
plötzlich nichts, obwohl die österreichischen Botschaften bei der UNO und im Irak informiert waren. Als
nun die Kritik an Haider immer höhere Wellen schlägt, schickt sie ein Rundschreiben an alle Landeshauptleute, sie sollten ihre Auslandreisen mit ihr koordinieren, was u.a. zum Hinweis des Wiener Bürgermeisters (und Wiener Landeshauptmanns) Häupl führte, sie solle sich ihre Probleme mit Haider abmachen, aber die anderen Landeshauptleute in Ruhe lassen.
Aber es ist eben so: Lauter exzellent arbeitende hochqualifizierte Fachleute überall in der Regierung.
14./15.Februar 2002: Jörg "Ich Bin Schon Weg" Haider ist schwer beleidigt. (siehe 14.2., Westenthaler)
Er gibt seinen vollständigen und endgültigen Rückzug aus der Bundespolitik bekannt, legt seinen Sitz im
Koalitionsausschuss zurück, will sich an keinen Wahlkämpfen mehr beteiligen und nur noch als Kärntner
Landeshauptmann wirken. Er will auch "Haider-lastige" Minister mitnehmen. Dies ist seine siebte Rücktrittsandrohung.
„Ich bin schon weg!”, weil jetzt samma beleidigt
Erste
Februarhälfte 2002:
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wiederum attackiert die Maßnahmen der NATO in Serbien massiv.
16.Februar 2002: Die Irak-Reise Haiders kommt auch bei den Wählern nicht gut an, laut Meinungsumfrage wollen nur 12% einen Haider in der Bundespolitik.
Mitte Februar 2002: Die internationalen Reaktionen auf die die Sanktionsbeschlüsse der UNO ignorierende Irak-Reise Haiders, deren humaner
Inhalt sich zunehmend als recht dürftige Sache herausstellt
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(Wert angeblich bloß rund 10.000
Dass der FPÖler Ewald Stadler der Vorsitzende der Gesellschaft Österreich-Irak ist, könnte man auch
mit einem historischen Hintergrund sehen. Im Irak putschte sich im April 1941 der deutschfreundliche Ali
el Ghailani an die Macht, laut einer Weisung Hitlers sollten die arabischen Unabhängigkeitsbewegungen
gegen England verstärkt unterstützt werden, speziell dem Irak käme dabei besondere Bedeutung zu. Die
neue antibritische und deutschfreundliche Regierung im Irak wurde freilich nach zwei Monaten wieder
gestürzt. Aber die Bezüge der Deutschnationalen zu den Arabern blieben freundschaftlich. Nach 1945
durften sich entwichene Kriegsverbrecher frohgemut im Nahen Osten weiterhin einschlägig betätigen,
gemeinsam ging es gegen die Juden. Die Achse der FPÖ zum Irak steht damit zwar in keinem direkten
Zusammenhang, zwangsläufig aber in einer bedenklichen Tradition.
17.Februar 2002: Tritratralala, er ist wieder da. Bundesparteivorstandssitzung der FPÖ. Haider tritt von
seinem endgültigen Bundesrücktritt zurück, nur das Ausscheiden aus dem Koalitionsausschuss bleibt
(hier folgt der Vorarlberger Landeschef Hubert Gorbach nach). Westenthaler muss Buße tun, widerrufen
und Besserung geloben, dann darf er Klubobmann bleiben, der Vizekakadu erhält mehr Vollmachten.
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die zweitgrößte FPÖ-Goschen: stark angeschlagen
der Vizekakadu: noch bissiger und quasseliger
In der Fernsehsendung "Betrifft" diskutieren gleich drei FP-Funktionäre (Haider, Scheibner,
Westenthaler) gegen SPÖ und Grüne (die ÖVP nimmt nicht teil). Zuwas hat man schließlich den ORF
renoviert oder reformiert oder wie das heißt.
wenig Freude leuchtet bei der Fernsehdiskussion aus den Gesichtern von Petrovic und Cap
18.Februar 2002: Laut einem Bericht der NEW YORK TIMES soll das OFFICE OF STRATEGIC INFLUENCE (Amt
für strategischen Einfluss) die Medien der Welt gezielt mit politisch-strategischen Echt- und Falschmeldungen versorgen. Auch nix Neues. Im Kalten Krieg hatte man ja auch in der ganzen Welt CIAausgebildete Journalisten am Werk, die allenthalben als HIS MASTERS VOICE fungierten.
19.Februar 2002: Wegen einer Herzkrankheit wird der FPÖ-Defraudant Rosenstingl vorzeitig aus der
Haft entlassen. Er sieht sich immer noch als unschuldiges Opfer seines Bruders.
19.Februar 2002: Nachdem Riess-Passer die besonders bewährte Infrastrukturministerin Forstinger erfolgreich zurückgetreten hat, gelobt der Bundespräsident im fast fliegenden Wechsel den Nachfolger an:
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Mathias Reichhold . Der angeblich spontane Wechsel verblüfft auch, weil der neue Minister sofort irgendwelche Konzepte aus dem Hut zieht, also bereits Vorlaufzeit für die Funktion gehabt haben muss.
Die Forstinger erzählt alsbald auch, wie sie abhanden kam: Der Vizekakadu fragte sie, was sie später
einmal machen wolle, sie antwortete, in die Privatwirtschaft zurückzukehren und war mit einem "mach
ma's gleich", das sei besser für die Partei, auch schon abserviert. Dabei war die Forstinger laut RiessPasser sowas von einer tüchtigen Ministerin gewesen, die bloß immer nur von Medien ungerecht heruntergemacht worden war.
20.Februar 2002: Plötzlich findet die Kärntner FPÖ keine "gravierenden Fehler" mehr im Ortstafelurteil
des Verfassungsgerichtshofes. Vom Kuriosum einer "Volksbefragung" zu einem Verfassungsgerichtshofurteil ist auch keine Rede mehr und Haider schließt die Aufstellung weiterer zweisprachiger Ortstafeln
nicht mehr aus. Nach ausländischen Modellen sollen Initiativen von einer bestimmte Anzahl Gemeindebürger berechtigt sein, zweisprachige Tafeln einzufordern.
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zu Reichhold stand in unserer Chronik: 1992: Mitglied der Kärntner Landesregierung nach der Abwahl Haiders. 13.Oktober 1994: Der angekündigte Umbau der FREIHEITLICHEN PARTEI in eine Wahlbewegung beginnt: Das Generalsekretariat wird aufgelöst. Haider wird vom FP-Parlamentsklub mit 98% zum Klubobmann gewählt, Stellvertreter werden M. Reichhold, E. Stadler und H. Partik-Pablé. - 1999: 1. Landeshauptmannstellvertreter in Kärnten. 12.März 2001: Der Kärntner LH-Stellvertreter Mathias Reichhold (FPÖ) gibt nach 23 Jahren Tätigkeit für Jörg
Haider seinen Rückzug aus der Politik bekannt. Reichhold war hauptsächlich als Platzhalter und Einspringer tätig
gewesen.
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20./21.Februar 2002: Im Salzburger Landtag verlangen die Grünen die Rücknahme der Anzeige gegen
Wolfram Kastner und die Anbringung des vollständigen Salzburg-Zitates von Theodor Herzl (siehe
"zweite Jännerhälfte", nach 27.1.). Der Antrag wird von VP, FP und SP abgelehnt. Man bekennt sich
weiterhin zu einer österreichischen Lüge über die Vergangenheit.
21.Februar 2002: Die Liberalen im Prager Parlament wollen einen Misstrauensantrag gegen Ministerpräsident Zeman einbringen: Wegen dessen Äußerungen während einer Israelreise, auf der er Arafat mit
Hitler verglichen und die Vertreibung der Palästinenser empfohlen hatte.
21.Februar 2002: Das Kindergeld hat einstweilen keinen Erfolg gebracht, die Geburten sind in den letzten Monaten stark zurückgegangen. Eigentlich müsste man wissen: Die Einrichtung von ausreichenden
Kinderbetreuungseinrichtungen fördert am ehesten, wie man aus den skandinavischen Ländern weiß.
21.Februar 2002: NEWS-Meinungsumfrage-Ergebnis zum Wahlverhalten: 37% SPÖ, 28% ÖVP, 20%
FPÖ, 14% Grüne. Könnte an Mandaten sein: 68, 52, 37, 26, das wären glatte 94:89 gegen die Regierung. Laut der gleichen Umfrage sind 80% der Wähler überzeugt, dass Haider keine Kanzler-Chancen
mehr hat. Die KRONEN ZEITUNG war früher Hauptsprachrohr für die Haider-Politik gewesen. Da KRONEEigentümer Dichand von Anfang an wenig Freude mit der Schüssel-Regierung hatte, ging das Blatt
langsam auf Distanz. Schüssel wurde zur Negativfigur und auch der Stern Haiders sank allmählich. Jetzt
wird daraus ein Sturzflug, Dichand geht auf Abstand zu Haider und entzieht ihm Liebe und mediales
Wohlwollen. Ob dies auch schon zum Rückgang der FP-Wähler geführt hat?
22.Februar 2002: In Kärnten beschließen SPÖ und ÖVP
(letztere sehr zum Unwillen Schüssels) die Einsetzung eines
Landtagsuntersuchungsausschusses zur Irak-Reise Jörg
Haiders. Riess-Passer meint sogleich, ein solcher Ausschuss
sei "außerhalb des Verfassungsbogens". Was das wohl heißen
mag? Schlägt die Verfassung einen schützenden Bogen über
das Tun Haiders? Dieser vermutet überhaupt einen Verfassungsbruch. Er tut was er will und das ist gültiges Verfassungsrecht. Oder so. Schließlich war seine Reise eine private
und seine Privatreisen gehen den Landtag nichts an.
Privatreisender Privatlandeshauptmann Haider im Privatgespräch in den
Privatgemächern einer privaten Reisebekanntschaft, einem Privatmann namens Saddam Hussein
23.Februar 2002: Als auch vom ungarischen Premierminister Orbàn die Abschaffung der Benes-Dekrete
verlangt wird (aus der Slowakei waren 1945/46 Angehörige der ungarischen Minderheit vertrieben worden, Ungarn war ja ein Verbündeter Hitlerdeutschlands gewesen), platzt das geplante Treffen der sogenannten Visegràd-Gruppe (Tschechien, Slowakei, Ungarn, Polen). Vom Vorsitzenden der tschechischen
DEMOKRATISCHEN BÜRGERPARTEI, Vàclav Klaus, wird die Verankerung der Benes-Dekrete im EU-Beitrittsvertrag gefordert.
Eine Frage, die Eurem Chronisten dazu einfällt: Die Vertreibung von sogenannten "Volksdeutschen" aus
den Ländern außerhalb der deutschen Grenzen vor Kriegsbeginn galt als Teil der alliierten Kriegsziele
und wurde mit dem Potsdamer Protokoll vom August 1945 von den Alliierten sanktioniert. Deutschland
hatte bedingungslos kapituliert. Könnte man nicht auch einmal darüber nachdenken wie sich daraus die
Situation jetzt völkerrechtlich darstellt? Die Vertreibungen aus Polen, Rumänien und Jugoslawien erfolgte auf dieser Basis, ohne "Benes-Dekrete". Eine Aufhebung der Teile dieser Dekrete, die Verbrechen
gegen die Vertriebenen straffrei stellten, kann Tschechien jedenfalls zugemutet werden.
24.Februar 2002: In Angola wird der Kommandant der UNITA, Jonas Savimbi erschossen. Ursprünglich
ein maoistisch orientierter Guerillaführer wandelte er sich nach der Unabhängigkeit des Landes unter der
von Augosthino Neto geführten MPLA zum bewaffneten Interessensvertreter der Amerikaner und Südafrikas und setzte den Kampf nun für neokolonialistische Interessen fort. Seit dem Ende des Ostblocks änderte sich auch die ehemals marxistische MPLA und der Westen brauchte die UNITA nicht mehr, Savimbi
kämpfte nun nur noch um die Macht für sich und seine Diamantengeschäfte.
25.Februar 2002: Ergebnis einer weiteren Wahlmeinungsumfrage: SP 35%, VP 28%, FP 21%, Grüne
14%. Das könnte an Mandaten ergeben: 66, 52, 39, 26 und 92:91 gegen die Regierung.
27.Februar 2002: Die Schweiz ist mit über 20% das Land mit den meisten ansässigen Ausländern. Die
Italiener sind darunter die stärkste Gruppe, gefolgt von Menschen aus dem ehemaligen Jugoslawien und
aus der Türkei (25%, 14%, 6%), die Anteile von EU-Ausländern (außer Italiener) ist eher gering.
27.Februar 2002: Die SPÖ spricht sich entschieden gegen den Ankauf von Abfangjägern aus. Das
könnte ein tragender Punkt für die Nationalratswahlen werden. Alle Österreicher müssen sparen, damit
73
die Regierung zwei Milliarden
Kopf.
B C D E F E GH I J J K GH LM H N I
O N J I H P H Q R O Q Q S T O J U GE P E O N V W H Q U GH H GQ X Y V W GZ
Gegen Ende Februar 2002: In Italien bemüht sich Regierungschef Berlusconi intensiv darum, neben
seinen drei Privatfernsehkanälen auch die drei Kanäle des staatlichen Fernsehens RAI unter seinen Einfluss zu bekommen. Er scheint dabei zu sein, dies zu schaffen. Wenn in Österreich die Medienkonzentration längst bedrohlichen Charakter angenommen hat, so zeigt uns Italien noch weitere Steigerungsmöglichkeiten. Die Meinungsfreiheit als Publikationsmonopole für die Herren Dichand und Berlusconi?
28.Februar 2002: Der neue Infrastrukturminister Mathias Reichhold scheint keine Ambitionen oder keine
Hoffnungen auf eine Fortdauer der jetzigen Regierung zu haben. Auf eine Journalistenfrage, was er nach
der nächsten Nationalratswahl machen werde, meinte er, er werde seine Hühner betreuen.
28.Februar 2002: Zwischenbilanz des Angriffs auf das World Trade Center vom 11.9.: 733 Leichen wurden identifiziert, für 1.939 weitere Personen wurden Todesurkunden beantragt, 166 Menschen gelten als
vermisst.
Ende Februar 2002: Nach zehn Jahren wird ein Presseprozess vom Europäischen Gerichtshof abge68
schlossen. Das TATBlatt hatte 1992 geschrieben, das Ausländervolksbegehren der FPÖ (dessen Vorbreitung damals gerade lief) sei "rassistische Hetze". Der Gerichtshof stellt fest, das „stellt keine grundlose persönliche Beleidigung dar, da sie in einer speziellen politischen Diskussion über ein Thema von öffentlichem Interesse gemacht wurde. Die Aussage war Teil einer politischen Diskussion, die von Haider
und anderen Mitgliedern der FPÖ selbst provoziert wurde, indem sie das Ausländervolksbegehren initiierten.” Es handle sich um „einen zulässigen Kommentar”. In den Medien schlägt dieses Urteil keinerlei
Wellen, das TATBlatt gilt ja als gefährlich linksradikal.
Februar 2002: Kanada galt die längste Zeit als sicheres Land für geflüchtete NS-Kriegsverbrecher, erst
in den Achtzigerjahren begann man sich um diesen Bereich zu kümmern, bisher wurde aber in keinem
einzigen Verfahren eine Verurteilung erreicht. Was auch in Kanada nicht so gerne gesehen wird.
Februar 2002: In Griechenland fordern 65.000 Hinterbliebene von NS-Opfern Entschädigungen von der
BRD. Ein Gerichtsurteil aus dem Jahre 1997 hat Hinterbliebenen der Opfer eines Massakers in der Ortschaft Distomon rund 57 Millionen DM zugesprochen. Seither droht die Pfändung deutschen Staatseigentums in Griechenland.
1.März 2002: Bundeskanzler Schüssel fordert nun auch von Tschechien die Rücknahme der BenešDekrete. Für die Sudetendeutschen sieht er eine Entschädigungsregelung wie für die NS-Zwangsarbeiter als angemessene Lösungsmöglichkeit.
1.März 2002: Der aus Lienz stammende Architekt Raimund Abraham übernimmt die US-Staatsbürgerschaft und legt aus Protest gegen die jetzige österreichische Regierung seine österreichische Staatsbürgerschaft zurück.
2.März 2002: Die neue Organisationsstruktur des Sozialversicherungshauptverbandes kostet rund um
80% mehr als die von der Regierung zerschlagene. Aber es ging ja auch nicht um Kostenersparnis, sondern um eine politische Umfärbung. Mach blauschwarz aus rotschwarz.
3.März 2002: Der neue SPÖ-Vorsitzende der Steiermark, Franz Voves, sagt am Parteitag u.a.: „Wir
wollen keine Knechtschaft im Dienste der Märkte sein, wir brauchen eine Begrenzung des Liberalismus,
des freien Marktes”. Die Frage der Zeit wäre damit wohl erkannt, das sollte sich in der Sozialdemokratie
durchsetzen.
3.März 2002: Kommunalwahlen in Bayern. Während sich die SPD in den Städten behaupten kann, wird
am Land die CSU stärker.
4.März 2002: Die Regierung legt das Gesetzespaket zum Ausländerrecht vor. Debatten erwecken die
vorgeschriebenen Deutschkurse, wobei die Argumente sich zum Teil widersprechen. Einerseits wird kritisiert, dass Deutschlernen mit Strafandrohungen vorgeschrieben wird, andererseits, dass es viel zuwenig Deutschkurse gebe und die verordnete Kursdauer zum Spracherlernen zu gering wäre. Die AK in Oberösterreich belegt durch eine Umfrage, dass unter den Ausländern ohnehin eine sehr hohe Bereitschaft zum Erlernen der deutschen Sprache vorliege.
68
1.Februar 1993: Das Ergebnis des Anti-Ausländervolksbegehrens der FPÖ liegt vor. 417.278 Österreicher, das sind rund 7,4%
haben unterschrieben. Eine schwere Niederlage für Haider, der diese Aktion als Katapult für seinen weiteren Höhenflug geplant
hatte und deutlich unter seinem selbstgesetzten Minimum von 500.000 Unterschriften blieb. Auch die massive Unterstützung durch
die Kronenzeitung hat letztlich nicht entscheidend geholfen. Meinungsumfragen hatten dem Volksbegehren ein Potential von bis zu
einer Million Unterschriftswilligen zugerechnet.. Die Österreicher, bei aller Unzufriedenheit mit verschiedenen Zuständen, bei einer
durchaus weit verbreiteten Fremdenfurcht und -ablehnung, haben sich aber weitgehend nicht für die Selbstdarstellung Haiders und
seine Machtambitionen einspannen lassen.
74
Weniger Kritik findet vorerst die neue Regelung der Saisonarbeitskräfte. Diese dürfen sechs Monate arbeiten, eine Verlängerung um weitere sechs Monate ist möglich, dann muss zwei Monate pausiert werden. Der Wirtschaftsminister kann die Zahl von Saisonarbeitern branchenweise per Verordnung festlegen. Hier tun sich Möglichkeiten zur Installierungen neuer Reservearmeen an Arbeitskräften auf. Was in
den letzten Wochen am Sektor der Speditionen aufgedeckt wurde, könnte für andere Branchen zur zulässigen Norm werden: Den Unternehmen ziemlich ungeschützt ausgelieferte Ausländer, die zur Umgehung der inländischen arbeitsrechtlichen und sozialen Normen eingesetzt werden.
4.März 2002: Früher verteilte man die Förderungsmittel für die Jugendorganisationen über den Bundesjugendring in dem Gruppierungen des rechtsextremen Randes nicht vertreten waren. Wie FORMAT berichtet, verteilt der Sozialminister diese Mittel nun direkt und dadurch wird bis in den rechtsextremen Bereich staatlich gefördert.
Dafür wurden die beantragten Mittel für MAUTHAUSEN AKTIV um die Hälfte gekürzt.
Säbelschwingende Burschenschaftler stehen der FPÖ eben weitaus näher.
geförderter Jugendlicher
5.März 2002: In Korneuburg beginnt der Prozess gegen drei Fremdenpolizisten wegen des Todes von
Marcus Omofuma, der bekanntlich am 1. Mai 1999 während eines Abschubfluges zu Tode kam als die
drei Polizisten den protestierenden Ausgewiesenen stramm fesselten und ihm mit Klebestreifen den
Mund zuklebten.
6.März 2002: In Holland gewinnt bei den Kommunalwahlen die rechtspopulistische Liste "Lebenswerte
Niederlande" stark, in Rotterdam wird sie schlagartig stärkste Fraktion im Gemeinderat, auch in Eindhoven erreicht sie fast 20%.
6.März 2002: Ein weiteres Fettnäpfchen für die Frau Außenminister: Ein österreichischer UNO-Polizist
wird beschuldigt im Kosovo einen verdächtigen Albaner gefoltert zu haben. Vor Beginn einer Untersuchung durch die UNO wird der Polizist nach Wien zurückgeflogen. Zuerst dementiert man, dann bekennt
das Ministerium ein, der laut Ferrero-Waldner lebensgefährlich erkrankter Polizist sei heimgeflogen worden. Der lebensgefährlich Erkrankte kann nach der Heimkehr sogleich in häusliche Pflege entlassen
werden.
In der Folge taucht die Meldung auf, Österreich habe in diesem Zusammenhang mit dem Abbruch der
UNO-Friedensmission gedroht, was von der Außenministerin dementiert wird.
6.März 2002: Ein Gutachten des Verfassungsrechtlers Heinz Mayer vertritt die Ansicht, der Landtagsuntersuchungsausschuss über die Auslandsreisen von Landeshauptmann Haider sei verfassungswidrig,
weil sich ein solcher Ausschuss mit den „Angelegenheiten des selbständigen Wirkungsbereichs des
Landes” befassen und seinen Gegenstand „genau bezeichnen” müsse. Mittels dieses Gutachtens erklärt
Haider den Untersuchungsausschuss flugs für nichtig und verweigert dem Ausschuss die Infrastruktur
und das Personal des Landes. Eine bemerkenswerte Rechtsauffassung, sollte man auch auf anderen
Gebieten ausprobieren. Z.B. könnten Autofahrer die Bezahlung von Verkehrsstrafen mit dem Hinweis
verweigern, sie hätten die Gutachten in Kleindiensts Buch "Nie wieder Strafe zahlen" gelesen.
Zum Gutachten von Mayer meinen andere Verfassungsexperten, Auslandsreisen eines Landeshauptmannes beträfen sehr wohl „Angelegenheiten des selbständigen Wirkungsbereichs des Landes” und die
"genaue Bezeichnung" eines zur Untersuchung gestellten Sachverhaltes könne nicht vor der Untersuchung eingegrenzt werden.
6.März 2002: Der Wahlforscher Peter Ulram sagt, bei den NRW 1999 hätten die Wähler unter 30 zu 35%
FPÖ gewählt (25% SPÖ, 17% ÖVP, 13% Grüne), seit damals hätte die FPÖ bei diesen Wählern die
Dominanz verloren, die Grünwähler wären deutlich stärker geworden.
7.März 2002: Drei Linzer Neonazis aus der schon 1999 aufgedeckten Linzer Naziszene werden nach
dem Verbotsgesetz verurteilt. Es gibt bedingte und teilbedingte Strafen bis zwei Jahre.
7.März 2002: NEWS druckt zwei Rechnungen über ein Abendessen Haiders mit Funktionären der irakischen Botschaft vom 7.2. ab. Zuerst war die Rechnung auf die Kärntner Landesregierung ausgestellt
75
und auch von dort bezahlt worden, dann wurde nach der Haiderreise eine Zweitrechnung auf den Namen eines FP-Funktionärs
erstellt. Schließlich soll es eine Privatreise gewesen sein, da kann eine Rech[ \ ] ^ _ ` a bc] ^ d ` e f g h d g h i ` bg \ j ` j _ ` a d ` h k
nung über 2.500
8.März 2002: Hans Rauscher schreibt im STANDARD zum von der Regierung vorgelegten Ausländerintegrationsvertrag, dass die Entstehung von abgeschotteten Parallelwelten und Subgesellschaften in denen Frauenrechte, Familiengesetzgebung und Religionsfreiheit nicht gelten, nicht zugelassen werden
kann. Aber die Absicht der Regierung dagegen einen verpflichtenden Deutschkurs von 100 Stunden einzusetzen, sei weitgehend untauglich.
9.März 2002: Interessante Diskussion in Ö1 bei der vehement auch die These vertreten wird, der Aufstieg der Rechtspopulisten hänge mit der Abkehr der ehemaligen Arbeiterparteien von der Forderung
nach gesellschaftlicher Gerechtigkeit ab. Sagt das ANTIFA-INFO auch immer!
9.März 2002: Die LOS ANGELES TIMES berichten, dass die USA folgende Angriffsziele mit Atomwaffen
festgelegt hätten: China, Russland, Irak, Iran, Nordkorea, Libyen und Syrien. Was tut man nicht alles für
die Freiheit. Für die sonst immer so dringend geforderte Freiheit im Welthandel braucht man selber eine
Ausnahme: Auslandsstahl wird im März mit 30% Zoll belegt. Weil die Freiheit im Welthandel heißt, dass
USA-Konzerne ihre Freiheit haben. Die anderen sollen scheißen gehen.
Steht zusammen Brüder,
Jonny reitet wieder
Yippie-yippie-eh, für den SiEiÄ
Yippie-yippie-eh,, für die EiTiTi
Und noch einmal für das Kapital,
für die Oil- und die Fruit- und die Kupfercompany.
Wenn's hilft: auch mit Atombomben. Wozu hat man schließlich den imperialistischen Endsieg errungen.
9.März 2002: Die USA beginnen in Afghanistan mit einer Offensive gegen die sich neu formatierenden
Taliban. Mit dem Einsatz schwerster Sprengmitteln gegen Höhlenbastionen sollen die letzten Stützpunkte zerstört und die verbliebenen Gotteskämpfer getötet werden.
10.März 2002: In der KRONEN ZEITUNG wiehert Nenning wieder einen besonderen Stuss daher. Elfriede
Jelinek hatte in der SÜDDEUTSCHEN in einem satirischen Text über die Medienkonzentration in Österreich
u.a. geschrieben: „Im Anfang war das Wort und das Wort war bei Dichand und Dichand war das Wort.
Dasselbige war am Anfang bei Dichand”. Nenning therapiert Jelinek: Vor lauter verzweifelten DichandHass halte sie diesen wirklich für Gott. Er vermutet auch, Elfriede Jelinek könnte wahnsinnig geworden
sein, schreibt aber, dass er nicht schreibt, sie sei wahnsinnig geworden. Wir machen es auch so und
schreiben mit gebotener Ernsthaftigkeit nicht, dass Nenning ein Arschloch ist.
Erste Märzhälfte 2002: Wie das Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstandes (DÖW) den
Medien mitteilt, intensiviert die rechtextreme Szene ihre Aktivitäten auf mehreren Schienen, im Zentrum
steht dabei die "Arbeitsgemeinschaft für demokratische Politik", von dieser Organisation existiert seit
kurzem in Marchtrenk eine Jugendgruppe, die die Zeitung „Jugendecho“ herausgibt; ihr Verantwortlicher
heißt Markus Knoll - ein bisher unbeschriebenes Blatt.
Die rechtsextreme "Arbeitsgemeinschaft für demokratische Politik" (AFP) existiert unter sich abwandelnden Bezeichnungen seit 1963, bekannt sind die "Kommentare zur Zeitgeschehen".
8./9./10./11. März 2002: Im Nahen Osten eskaliert der Konflikt zwischen der israelischen Staatsmacht
und den Palästinensern. Selbstmordattentäter sprengen sich und ihre Umgebung in die Luft, die israelische Armee beschießt und bombardiert die Palästinensergebiete und besetzt Flüchtlingslager, was zu
einer weiteren Eskalierung der Gewalt mit täglichen Dutzenden Toten führt.
Die USA sind offenbar zur Zeit dabei, eine arabische Front gegen Saddam Hussein zu formieren und
können daher eine Ausweitung dieses Konfliktes nicht brauchen. Israel wird darum zur Mäßigung gedrängt, was am 11.3. zur Aufhebung des Hausarrestes gegen Yassir Arafat führt.
Die rechtsgerichtete israelische Regierung hatte bisher Arafat persönlich für den Terror verantwortlich
gemacht und die massiven Regierungsmaßnahmen als Kampf gegen den Terror deklariert. Aber auch
diese Regierung wird zur Kenntnis nehmen müssen, dass auf Dauer die Frage eines palästinischen
Staates gelöst werden muss. Der saudiarabische Vorschlag der Bildung eines unabhängigen PalästinaStaates und eine Anerkennung Israels in den Grenzen von 1967 durch die arabischen Staaten, kommt
als Lösung des Problems immer mehr ins Gespräch. Die Nahostfrage schien ja bereits gelöst zu sein.
76
Bis im November 1995 Yitzhak Rabin von einem Rechtsextremisten ermordet wurde und seine Nachfolger statt den Weg der Kompromisse fortzusetzen wieder auf eine rechtsnationalistische Politik der Stärke
setzten.
11.März 2002: Staatsbesuch des iranischen Präsidenten Khatami in Wien. Zahlreiche Exiliraner demonstrieren gegen den Besuch und bezweifeln die Rolle Khatamis als gemäßigten Fundi.
12.März 2002: Doch noch einen Chefposten errennt sich die FPÖ in der neuen ORF-Führung: Leiter des
ORF-Online-Dienstes wird der ehemalige FPÖ-Gemeinderat von Nenzing in Vorarlberg, Ronald
Schwärzler.
soll mit einem Begegnungszentrum für junge Menschen
13.März 2002: Das ehemalige KZ lMauthausen
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ausgestattet werden. 11 Millionen
gers vorgesehen. Der Vorsitzende von MAUTHAUSEN AKTIV, Willi Mernyi, sagt, dass viele der rund 70.000 jungen
Besucher (von 190.000 Besuchern der Gedenkstätte im Jahr) nicht ausreichend vorbereitet und informiert sind, das Zentrum soll zur besseren Information beitragen
Hans Marsalek, Vorsitzender der Mauthausner Lagergemeinschaft, und Willi Mernyi
13.März 2002: Noch ein Indiz dafür, dass Haider als Landeshauptmann im Irak war: Üblicherweise meldet ein Landeshauptmann bei Privatreisen dem Bundeskanzler seine dienstliche Abwesenheit, Haider tat
es nicht.
14. März 2002: Im Zeitgeschichtemuseum Ebensee, Kirchengasse 5, wird eine große Ausstellung zur
"Wannseekonferenz" eröffnet (am 20. Jänner 1942, diente der Organisation der Judenvernichtung durch
die NS-Führung) eröffnet. Die Ausstellung
ist bis 7. April täglich außer montags von 10.00 bis 17.00
Uhr
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zu sehen (Eintrittspreise: Erwachsene 3
nnen mit Betreuung 2,20
Um Mitte März 2002: In Leonding soll das ehemalige Wohnhaus der Familie Hitler generalrenoviert
werden. Hitlers Vater Alois hatte das Haus 1898 gekauft, nach seinem Tod im Jahre 1903 musste die
Witwe das Gebäude wieder veräußern, die Familie zog 1904 nach Linz.
Das Haus hatte jetzt jahrzehntelang als Sarglager (eine durchaus assoziative Verwendung!) gedient und
ist völlig heruntergekommen.
Statt die Hitt'n jetzt aber wegzureißen, will man sie mit einem Aufwand von
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über 300.000
eße sich aber wohl auch eine Neuerrichtung des Sarglagers samt Werkstatt und Warteraum finanzieren
und der heimliche NS-Wallfahrtsort fiele weg. In Leonding existiert auch noch das Grab der Eltern Adolf
Hitlers, 2001 ist in Linz Frau Raubal, eine letzte Verwandte der Hitlers, gestorben, ob die Grabstätte
weiter noch instandgehalten werden wird?
77
hier ruht in Gott der seinerzeitige Hausbesitzer
Sieht man in diesen Stätten Attraktionen für eine gewisse Art von Fremdenverkehr? Wie auf dem Obersalzberg in Berchtesgaden – dorthin wallten in den vergangenen Jahrzehnten Millionen alter und neuer
Nazis, Berchtesgaden lebt gut davon. Weiterhin: Auf nach Leonding, zum Hitlergrab und zum Hitlerhaus?
14.März 2002: Unter starker Polizeibedeckung beginnt in Barcelona eine EU-Konferenz zur Modernisierung der EU, die Gegendemonstrationen bleiben diesmal friedlich.
Interessant ist in dieser Zeit auch die Frage, was ist eine "Modernisierung", was ist modern? Wenn man
es kurz mit "zeitgemäß" übersetzt: Was ist das, "zeitgemäß", wem ist die Zeit gemäß? Wessen Zeit ist
die Zeit?
Mitte März 2002: Der Islam-Verein MILLI GÖRÜS will nach dem 2001 erfolgten Abriss seiner Behelfsmoschee in Traun binnen der nächsten fünf Jahre in Linz ein islamitisches Zentrum mit Moschee, Geschäften und Gymnasium errichten. MILLI GÖRÜS ist der Auslandsverein der rechtsextremistischen türkischen
Tugend- bzw. Wohlfahrtspartei, die einen islamischen Staat anstrebt und in der Türkei deswegen regelmäßig behördlich aufgelöst (und unter einem neuen Namen wieder gegründet) wird. In der BRD wird
MILLI GÖRÜS verschiedenen Orts vom Verfassungsschutz überwacht, es besteht keinerlei Anlass, diese
Extremisten in irgendeiner Weise zu unterstützen. Das sei hier schon im Vorhinein festgehalten, falls
diese Fundis wieder unter einer falschen Flagge als "unerwünschte Ausländer" auftreten wollen. Rechtsextremisten sind immer unerwünscht.
15.März 2002: Die Dokumentation "Im toten Winkel" von Andre Heller und Othmar Schmiderer läuft in
den österreichischen Kinos an. Hitlers letzte Sekretärin, die zum Zeitpunkt der Filmaufnahmen 81-jährige
Traudl Junge, erzählt wie sie über Jahrzehnte versuchte sich mit dem damaligen Geschehen und ihrer
Mitwirkung in der Zentrale der Macht auseinander zusetzen und damit fertig zu werden, dass sie so naiv
und unbedarft dem "Führer" von 1942 bis 1945 als Sekretärin diente.
Frau Junge als Sekretärin Hitlers und als selbstkritische alte Dame, sie ist kurz nach der Fertigstellung des Filmes
im Jänner 2002 verstorben
17.März 2002: Der Leiter der katholischen Kirche in Österreich, Christoph Schönborn verurteilt das Buch
"Das Leben des Jesus" in welchem der Karikaturist Gerhard Haderer sich (wie er sagt) über die HerzJesus-Bildchen lustig macht und Jesus als einen Weihrauch schnüffelnden Hippie zeichnet, der von einer Mannschaft geschäftstüchtiger Jünger zielsicher vermarktet wird.
78
Gerhard Haderer und Jesus als exhibitionistischer Surfer
Dem Schönborn seine treuen Jünger verstehen das Urteil ihres Vorbeters als Aufforderung zur Randale,
der Ueberreuter Verlag schaltet wegen anonymer Bedrohungen die Polizei ein, die KRONEN ZEITUNG
(und besonders den Nenning) zerreißt es vor Empörung, bei der Staatsanwaltschaft Wien stapeln sich
die Anzeigen (§ 188, Herabwürdigung religiöser Lehren). Die Grünen beantragen daraufhin im Parlament, diesen anachronistischen Zensurparagrafen aufzuheben.
Für Haderer und seinen Verlag ist die Sache extrem geschäftsfördernd, bis Ende April sind über 100.000
Bücher abgesetzt. Ein weiteres Kuriosum: Die katholischen Privatschulen werden von ihrem Eigentümer
angewiesen, keine Schulbücher aus dem Ueberreuter Verlag mehr zu beziehen. Da dort ohnehin kaum
noch Schulbücher produziert werden, erstellt man auch gleich Vorschläge zu einer Liste "unerwünschten
Schrifttums" aus diesem Verlag: Eines der drei darin aufgelisteten Bücher entstand unter der Mitwirkung
von Wolfgang Schüssel.
69
die
17.März 2002: In Portugal gewinnen die weit rechts stehenden sogenannten Sozialdemokraten
Parlamentswahlen gegen die Sozialisten. Mit der dito rechtskonservativen Volkspartei ist eine rechte Mehrheit für einen Regierungswechsel gegeben.
19.März 2002: Bildungsministerin Elisabeth Gehrer geht die Diskussion um ein "Haus der Zeitgeschichte" im Ministerrat so an: Eine Kommission soll eingesetzt werden, bestehend aus zwei den Schwarzen
Nahestehenden (Karner und Rauchensteiner), dem Freiheitlichen Brauneder und dem vom rechten SPRand kommenden Scholz. Die österreichischen Zeitgeschichtler, die sich seit Jahrzehnten (lange vergeblich) um eine Aufarbeitung der mehr als zwiespältigen österreichischen Zeitgeschichte bemühen,
werden ignoriert. Aber dafür ist die Kommission ausgewogen: Die Regierungsparteien dominieren 3 zu 1
und unabhängige Fachleute können sich nicht dreinmischen.
19.März 2002: Haider taucht in Berlin bei der INTERNATIONALEN TOURISMUSBÖRSE auf der Pressekonferenz der ÖSTERREICH W ERBUNG auf. Über 100 Journalisten sind anwesend. Kein Einziger davon fragt
Jörg Haider irgendwas.
20.März 2002: Der Verein ZARA (Zivilcourage und Antirassismus-Arbeit) präsentiert den RassismusReport 2001. Darin sind 150 Fälle österreichischen Alltagsrassismus dargestellt. Von Hakenkreuzschmierereien, Anpöbelungen von Ausländern bis zu massiven Drohungen und handgreiflichen Attacken
reicht der Bogen der beispielhaft festgehaltenen Vorfälle.
20.März 2002: Im Zusammenhang mit der Affäre um den heimgeflogenen österreichischen UNO70
Polizisten
war seitens des Außenministeriums angedeutet worden, man müsse ja nicht an UNOEinsätzen mitwirken. Die UNO ließ nun wissen: Auf den Einsatz von Österreichern könne verzichtet werden.
Zweite Märzhälfte 2002: Die Regierung weiß inzwischen zwar, dass sie eine rechtliche Abschaffung der
österreichischen Neutralität gegen den erklärten Willen der Mehrheit der Österreicher nicht durchsetzen
wird können, sie hat sich aber eine andere Methode ausgedacht: Durch Änderungen in anderen gesetz69
Im April 1974 war durch einen Putsch linker Militärs die jahrzehntealte Rechtsdiktatur beseitigt worden, daraufhin
siedelte sich die Parteienlandschaft stark links an, deshalb nahmen sich die Rechtskonservativen scheinheilig den
Namen "Sozialdemokraten".
70
6.März 2002: Ein österreichischer UNO-Polizist wird beschuldigt im Kosovo einen verdächtigen Albaner gefoltert
zu haben. Vor Beginn einer Untersuchung durch die UNO wird der Polizist nach Wien zurückgeflogen. Zuerst dementiert man, dann bekennt das Ministerium ein, der laut Ferrero-Waldner lebensgefährlich erkrankte Polizist sei
heimgeflogen worden. Der lebensgefährlich Erkrankte kann nach der Heimkehr sogleich in häusliche Pflege entlassen werden.
79
lichen Bestimmungen soll die Verletzung der Neutralität außer Strafe gestellt und damit praktisch zulässig werden.
22.März 2002: Es sind ohnehin bloß 57 Jahre vergangen seit das Nazireich unterging. Mit der hierzulande üblichen Geschwindigkeit "entsorgt" man ein weiteres Stückchen Vergangenheit. 1.377 Leichen von
Hingerichteten hatten man damals an die Uni Wien für Sezierkurse der Medizinstudenten, für Erstellung
von Präparaten und als Vorlage für einen Anatomieatlas geliefert. 200 Präparate davon lagerten bis
heute! Sie wurden jetzt im jüdischen Teil des Wiener Zentralfriedhofes beigesetzt. Wobei man auch bei
dieser Beisetzung weiter heuchelte. Sie erfolgte in einer sogenannten ökumenischen Feier der jüdischen, katholischen und evangelischen Glaubensgemeinschaft. Die Hingerichteten waren zu 80 bis 90%
Kommunisten gewesen, die keiner dieser Gemeinschaften angehörten oder nahe standen. Wie wir auf
Nachfrage von der KPÖ erfuhren, wurde die Partei weder zur Beisetzung eingeladen noch auch nur darüber informiert.
Es gehört anscheinend zum österreichischen Stil der "Vergangenheitsbewältigung" über die politischen
Opfer des NS-Regimes zu schweigen, weil diese weitaus überwiegend der radikalen ("bolschewistischen") Linken angehörten. Der bekannteste Widerstandskämpfer gegen den Nationalsozialismus in
Österreich ist Franz Jägerstätter, ein hingerichteter Katholik, der völlig atypisch für seine Gesinnungsgemeinschaft und für den antifaschistischen Widerstand war.
Das waren typische Widerstandskämpfer, wie hier auf Polizeifotos der Gestapo:
Der Mühlviertler Siegfried Köll, 1938 als Funktionär des Kommunistischen Jugendverbandes ins KZ gesteckt, er hatte Glück und überlebte (er war nach 1945 ein bekannter Rechtsanwalt in Linz) und der auch
den jungen Antifaschisten bestens bekannte Leo Kuhn. Ihre Genossen und Kampfgefährten, die 1938
bis 1945 nicht mit dem Leben davon kamen, dienten bis 2002 als medizinische Lehrpräparate und sind
bis heute "verdächtig" geblieben.
22.März 2002: Eine Schweizer Historikerkommission stellt dem Land kein gutes Zeugnis für das Verhalten während der NS-Zeit aus: Eine harte Asylpolitik (z.B.: der Juden-Stempel in den deutschen Pässen wurde von Schweizer Behörden angeregt!), Verletzung der Neutralität durch intensiven (auch
kriegswichtigen) Handel mit Großdeutschland, Gold- und Devisenhandel und speziell die Methoden der
Banken im Umgang mit den "nachrichtenlosen Vermögen" von NS-Opfern.
25.März 2002: Nur noch 18% der Österreicher wollen wieder eine Beteiligung der FPÖ an der nächsten
Regierung, 45% wollen keine mehr. Wäre ja an sich kein Problem, die Leute müssen ja bloß nimmer
FPÖ und ÖVP wählen, dann kommt das eh von selber.
71
25.März 2002: Die Sache mit der Herzl-Tafel in Salzburg ist immer noch nicht ausgestanden, Landeshauptmann Schausberger besteht weiterhin auf der Anzeige gegen Kastner.
71
Zweite Jännerhälfte 2002: In Salzburg hatte man eine Tafel, auf der der Vater des Zionismus, Theodor Herzl mit
„In Salzburg brachte ich einige der glücklichsten Stunden meines Lebens zu” zitiert wird, angebracht, der deutsche
Aktionskünstler Wolfram Kastner hatte das aus dem Zusammenhang gerissene Zitat vervollständigt: „Ich wäre auch
80
die Tafel mit dem vervollständigten Zitat
25.März 2002: Typisch: In der Steiermark wird ein umfangreiches Waffenlager ausgehoben. Obwohl dabei auch NS-Material samt Hitlerbüsten sichergestellt wird, beeilt sich die steirische Sicherheitsdirektion,
sofort um eine "Klarstellung": reine Sammler, kein politischer Hintergrund, keine Nazis.
Zweite Märzhälfte 2002: Unmut bei den Opfern des Faschismus ruft der Plan der Regierung hervor, zukünftig die NS-Opfer von derselben Stelle in den Bundessozialämtern versorgen zu lassen wie die ehemaligen Wehrmachtsangehörigen.
Für 62.000 Wehrmachtsangehörige und -hinterbliebene ist ein Auf¤ ¥ ¦ § ¨ © ª © « © ¬ ­ ® ¯ § ° ±° ² ² ³ ´ µ ¶ · ® © § ¸ ¹ ­ º » ¼ ½½ ¼¦ ¬ © ¬ ± ¾ ¿ ª ¿ À Á «  © ¼¨ à ­ Ä ¿ ª ª Ä © § Å § ¦ µ
wand von 386 Millionen
¤
Kopf-Versorgungsaufwand für die Verfolgten nur mäßig über dem für die Pflichterfüller liegt (um ca. 30
pro Monat).
27.März 2002: Asylantenstatistik 2001: 30.135 ersuchten in Österreich um Asyl (davon 5.622 im Ausland
auf österr. Botschaften), 1.113 Anträge wurden bewilligt, 3.643 abgewiesen, 5.640 Asylwerber sind zur
Zeit in Bundesbetreuung, der Rest in privater Betreuung, in Schubhaft oder untergetaucht. Von den
Zahlen her ist anzunehmen, dass der Großteil der offenen Fälle den "Untergetauchten" zuzurechnen
sein dürfte. In der gesamten EU wurden vergangenes Jahr 384.334 Asylanträge gestellt.
29.März 2002: Der Nahostkonflikt erreicht einen neuen Höhepunkt, israelische Militäreinheiten stürmen
das Hauptquartier Arafats und schließen den Palästinenserchef dort ein. Die Selbstmordanschläge palästinensischer Fanatiker beantwortet man mit Ausweitung der Kampftätigkeit, was die Attentäter nicht
entmutigt, sondern noch mehr motiviert.
Ende März 2002: Der Nahostkonflikt weitet sich aus: In verschiedenen europäischen Städten werden eine Reihe von Anschlägen auf israelische und jüdische Einrichtungen verübt. Der Widerstand der Palästinenser und der Antisemitismus in Europa sind im Effekt nicht mehr unterscheidbar.
März/April 2002: Æ Ç È Ç É Ê Ë Ç Ì Ë Ë Ì É Í Î Ï Ì Ð Ñ Ê Ò Ë Ò Ì ÏÍ Ó Ô Õ Ç Î Ö Ì Ë Ì × Ò Í Ï É Ø Ì ÏÍ Ó Ù Ê Ë Í Ì Ï Ð Ú Û Æ Ü Ý Þ ß à á â ã ä å æç è á è à é é à å á
István Csurka mit antisemitischen, nationalistischen und anderen rechtsextremistischen Äußerungen
immer mehr Aufsehen. Bei den letzten Wahlen überschritt die Partei gerade noch die 5%-Klausel und
wird jetzt vom Regierungschef Orbán (FIDESZ) für eine Koalition nach den kommenden Wahlen warm
gehalten.
1.April 2002: Ergebnis einer Meinungsumfrage über den Einsatz für die "Modernität Österreichs". Es
wird allerdings nicht angegeben, was unter dieser "Modernität" zu verstehen sein soll, darum ist auch
das Resultat sehr zwiespältig. Hier die "Hitparade":
1. Banken und Versicherungen
gerne in dieser schönen Stadt geblieben, aber als Jude wäre ich nie zur Stellung eines Richters befördert worden”.
Jetzt läuft gegen Kastner ein Strafverfahren wegen schwerer Sachbeschädigung.
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2. große Industriebetriebe
3. Tageszeitungen
4. ORF
5. SPÖ
6. Gemeinden
7. Wirtschaftskammer
8. Arbeiterkammer
9. Grüne
10. Klein- und Mittelbetriebe
11. FPÖ
12. Bundesregierung
13. Industriellenvereinigung
14. ÖVP
15. Landeshauptleute
16. Sozialpartner
17. ÖGB
... am Ende der Liste (wohl als "Bewahrer von Hergebrachtem") Landwirtschaftskammer, Katholische
Kirche und KPÖ.
1.April 2002: Die Projektgruppe, die ursprünglich auch für das "Haus der österreichischen Zeitgeschichte" vorgesehen gewesen wäre, erklärt nun selbst, sich nur mit dem Projekt "50 Jahre Staatsvertrag" im Jahre 2005 zu befassen (siehe 19.3.).
2.April 2002: Haider, der Friedensbotschafter? Einen neuen Zweck seiner (offiziell privaten) Irakreise
enthüllt der Kärntner Landeshauptmann: Der Irak wolle mit Kuwait (möglichst in Österreich) Friedensgespräche führen, unter anderem über einen Gefangenenaustausch. Im Kuwait weiß man nichts von solchen Gesprächen. War wohl nur warme Luft.
5.April 2002: Der FPÖ-Landesparteisekretär von Wien, Michael Kreißl, gibt seinen Rücktritt von diesem
Amt und von seinem Wiener Mandat bekannt. Der ehemalige Polizist will einer "selbständigen Beschäftigung" nachgehen. In Sachen Spitzelaffäre ist er einer der wenigen FP-Funktionäre, gegen den noch ermittelt wird.
5.April 2002: Zur für den 13. April geplanten Demonstration von rechtsextrem Kreisen gegen die Wehrmachtsausstellung in Wien, soll eine Protestplattform gebildet werden. Jetzt steigt die israelitische Kultusgemeinde aus dieser Plattform aus, weil daran auch "antizionistische Organisationen" beteiligt seien.
8.April 2002: In der Regierungskoalition gibt es wieder Zores. Seitens der FPÖ gab
es Attacken auf EU-Kommissar Fischler, die nun seitens der ÖVP zurückgewiesen werden. Eine Menge Scherereien hat man sich da eingetreten, nur damit der klane Woifi auch einmal Bundeskanzler sein darf.
Besonders Riess-Passer hat Verständnisprobleme, ihr ist nicht klar,
dass Franz Fischler EU-Kommissar ist und nicht österreichischer Agent
in Brüssel.
Erste Aprilhälfte 2002: Der steirische ÖVP-Abgeordnete Miedl ermittelt im Raume Gralla, er glaubt
nicht, dass Franz Fuchs als Alleintäter die Brief- und Rohrbombenanschläge beging und vermutet weitere Täter in der Wiener Gegend.
Erste Aprilhälfte 2002: Der Verein Memorial Kärnten / Koroška will die Opfer der NS-Zeit dem Vergessen entreißen und sie im Sinne des Wortes "namhaft" machen, das Mahnmal in Annabichl soll neu gestaltet und mit den Namen der Opfer versehen werden.
10.April 2002: Das Sozialstaatsvolksbegehren erreicht nur 717.314 Unterschriften. Obwohl das anfänglich als unabhängig initiierte Begehren von SPÖ und ÖGB unterstützt wurde, wurde das Ziel von einer
Million Unterschriften deutlich verfehlt. Eine Ursache könnte darin liegen, dass der ÖGB aus der Urabstimmung vom Oktober 2001 letztlich überhaupt nichts gemacht hat und deshalb jetzt nicht viel Motivation für eine ähnliche Aktion vorhanden war.
10.April 2002: Das Statut über einen internationalen Gerichtshof zu Kriegs- und Völkermordsverbrechen
hat genügend Unterzeichner, um den UN-Gerichtshof einzurichten. Nicht dabei sind die USA. Der Weltgendarm ist nicht bereit, sich internationalem Recht zu unterwerfen.
10.April 2002: Haider muss in der ZiB2 seine Behauptung widerrufen, die Zeitschrift DER FALTER habe
ein Interview mit ihm erfunden. Dazu zwingt ihn ein Gerichtsurteil.
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hlenden Werbezeiten
10.April 2002: Der Leiter des Wiesenthal-Zentrum in Jerusalem stellt fest, dass Österreich das Land mit
den geringsten Ambitionen zur Verfolgung von Kriegsverbrechen ist. Die Öffnung von Archiven in Osteuropa habe zu keinerlei Ermittlungsfortschritten in Österreich geführt.
11.April 2002: Peter Pirker im STANDARD zur immer noch andauernden Diskriminierung von Deserteuren
der Hitlerwehrmacht in Österreich: Verziehen wurde nach dem Krieg ganz schnell den Nazis: Sie hätten
es eigentlich gut gemeint, aber das Falsche getan. Den Deserteuren hingegen wurde im Heimatland der
Opferthese nie verziehen – nämlich weil sie das Richtige getan haben. Sie müssen bis heute dafür büßen.
11.April 2002: In der KRONEN ZEITUNG wird zur Eröffnung der neu gestalteten Wehrmachtsausstellung
schon zum drittenmal ein "Gedicht" des Holocaust-Leugners Paul Beuthe veröffentlicht, in welchem
Wehrmachtskritiker als "Halunken" bezeichnet werden.
12.April 2002: Die GRÜNEN schlagen Alarm. Im Euroteam-Untersuchungsausschuss sitzt jetzt als sogenannter "Experte" ein gewisser Martin Hobek, bekannt als Autor diverser rechtsextremistischer Zeitschriften wie der AULA und dem ECKARTBOTEN. In den Unterlagen des Untersuchungsausschuss finden
sich auch Angaben über 250 Vereine, die von 1995 bis 1999 Förderungen vom Sozialministerium erhalten haben. Hobek hat in der rechtsextremen Szene einen Namen als Schnüffler über Linke und Alternative.
13.April 2002: Nazis dürfen sich in Österreich wieder legal betätigen, einschlägig bekannte Figuren riefen für den 13. zu einer Demonstration gegen die Wiener Wehrmachtsausstellung auf, Staatspolizei und
Innenministerium erlaubten den Freunden der deutschen Wehrmacht und des Dritten Reiches eine
Kundgebung ausgerechnet auf dem Heldenplatz.
Zwar kamen nicht ganz so viele wie 1938 um Hitler zuzujubeln, aber 120 Neonazis (meist Skins) versammelten sich, um ihre Großväterhelden zu beweihräuchern und Naziparolen zu brüllen. Einer brüllte
gar: „Der heldenhaften deutschen Wehrmacht haben wir zu verdanken, dass wir heute hier stehen dürfen, dass unsere geliebte Heimat nicht den Bolschewiken zum Opfer gefallen ist. Männer, das Volk wird
es euch ewig danken!” Hat wohl im Geschichtsunterricht nicht gut aufgepasst, der Nachwuchsnazi. Die
Bolschewisten hatten nämlich gewonnen. Dass die Nazis 2002 am Heldenplatz die Wehrmacht begrölen
durften, das verdanken sie den Behörden, die das Verbotsgesetz eklatant missachten, nicht ihren Nazigroßvätern.
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Gegenkundgebungen werden zwar erlaubt, aber die Polizei schützt verfassungswidrig den Aufmarsch
der Neonazis.
Was zu Auseinandersetzungen führte – 4.000 österreichischen Antifaschisten müssen wieder einmal das
österreichische Verfassungsrecht gegen die Behörden verteidigen – zuletzt war dies in den Achtzigerjah72
ren notwendig gewesen, die HASELNUSS macht es wieder erforderlich.
Zur Erinnerung: laut Verfassungsgerichtshof ist das NS-Verbotsgesetz unmittelbar anzuwendendes
Verfassungsrecht. Es ist in Österreich verboten, sich auf irgendeine Art im NS-Sinne zu betätigen und
die Behörden haben dieses Verbot ständig zu beachten. Es gibt in diesem Bereich keine Auseinandersetzung zwischen "Rechten" und "Linken", das geltende Verfassungsrecht verbietet die rechtsextreme
Betätigung nationalsozialistischer Art, linke Betätigung per se ist in keiner Weise verboten.
14.April 2002: Günther Nenning stellt in der Sonntagsfarbbeilage der KRONEN ZEITUNG jeweils einen von
ihm geschätzten Autor vor, also meist irgendeinen hingebungsvollen Strengkatholischen. Dabei charakterisiert er sich zwangsläufig selber. Wie heute: Vorgestellt wird Friedrich von Schlegel (1772-1829).
Zwar war dieser im Gegensatz zu Nenning bekannt für seine geschliffene Ausdrucksweise, aber im Alter
wurde auch Schlegel immer konservativer und katholischer, bei seinen Zeitgenossen hatte der lange im
Dienste des zutiefst reaktionären österreichischen Staatskanzlers Metternichs Stehende den Ruf eines
reaktionären Arschloches. Für Nenning ist sowas natürlich ein Verdienst und er hat dafür auch einen
passenden Zeugen: den von extremen Rechtskonservativen schon lange als Vordenker gerühmten
Gerd-Klaus Kaltenbrunner.
Schlegel, Kaltenbrunner, Nenning. Das passt zusammen!
14.April 2002: Bezeichnend auch der ORF, in einer Fernsehdiskussion zum 13.4. in der Sendung BETRIFFT hatte man zwar einige antifaschistisch gesinnte Persönlichkeiten, aber niemanden von den
Kundgebungsteilnehmern gegen den Aufmarsch der ewiggestrigen Freunde der Hitlerwehrmacht, eingeladen, aber einer der fanatischsten (sogar noch als "Zeitzeuge" bezeichneten) Hetzer gegen die
Wehrmachtsausstellung hätte seine Ansichten vortragen dürfen, dass er sprachlich nicht in der Lage
war, sich verständlich zu artikulieren, ist kein Verdienst des ORFs.
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Vorsichtshalber zur Erläuterung: Schwarzblau ist die Haselnuss ... oder so ähnlich geht das bekannte Volkslied
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er ist ein hehrer Freund der deutschen Wehrmacht
15.April 2002: Urteil im Omofuma-Prozess. In erster Instanz werden die drei Fremdenpolizisten, die am
1.5.1999 dem Schubhäftling Marcus Omofuma im Flugzeug den Mund und den Oberkörper verklebten
und ihn tot in Sofia ablieferten, zu je acht Monaten bedingter Haft verurteilt. Die Verurteilung erfolgte
nicht wegen "Quälen eines Gefangenen", sondern wegen "fahrlässiger Tötung unter besonders gefährlichen Umständen". Was somit heißt, dass die drei Polizisten ohne Haftstrafe davonkommen und weiter
im Dienst bleiben.
15. April 2002: Innenminister Strasser erklärt zur Neonazidemonstration vom 13. 4., seine Aufgabe sei
es nicht, Kundgebungen politisch zu werten. Offenbar hat der Innenminister keine Ahnung von den geltenden Verfassungsgesetzen.
Im §3 des NS-Verbotsgesetzes heißt es: Es ist jedermann untersagt,
sich (..) für die NSDAP oder ihre Ziele irgendwie zu betätigen. Dieses Verbot ist laut Urteil des Verfassungsgerichtshofes von 1986 ein
unmittelbar wirksames, von jedem Staatsorgan im Rahmen seines
Wirkungsbereiches zu beachtendes Verbot. Gesetz und Urteil gelten
auch für Herrn Strasser, er HAT daher zu WERTEN und dafür zu sorgen, dass das NS-Verbotsgesetz beachtet wird.
16.April 2002: Hans Rauscher nimmt im STANDARD zu den Demos vom
13.4. und den Reaktionen der Regierung Stellung:
Fernseher einwerfen Herbert Krejci, Exgeneralsekretär der Industriellen-Vereinigung, möchte „etwas in den Fernseher hineinwerfen”, wenn
er das Duo Khol-Westenthaler auftreten sieht. Spätestens seit der geheuchelten Empörung des schwarzblauen Koalitionsduos wegen der
Krawalle rund um die Wehrmachtsausstellung kann man es ihm nachfühlen. Die Rollenverteilung der beiden ist ja nun schon bekannt.
Andreas Khol als Pater Filuzius, der die Augen gen Himmel verdreht
und die Sünde beklagt: Ein Abgeordneter! der Grünen! demonstriert!
gemeinsam mit linken Anarchos! gegen die Neonazis am Heldenplatz!
Strasser figuriert gerne als Liberaler – zu Nazis liberal zu sein,
ist in Österreich freilich verfassungswidrig
Ing. Peter Westenthaler wiederum in Seiner Rolle als forscher Saalschutzbeauftragter beim Ball der
Simmeringer Kampfhundezüchter: Mir wem scho dafür sorgen, dass do kane unerwünschten Elemente
hereinkommen!
Der Witz dabei ist, dass die Polizei selbst zugibt, Fehler gemacht zu haben: hundert Naziparolen brüllende Skinheads sind ihr entwischt. Wobei ein Blinder mit einem Krückstock hätte ertasten können, dass eine solche Demo unter den Wiederbetätigungsparagrafen fällt und daher zu verbieten gewesen wäre. Aber anscheinend nicht unter Blau-Schwarz.
Am selben Tag im selben Blatt: Günter Traxler zur "Sozialschmarotzer-Serie", die zur Zeit in der KRONEN
ZEITUNG erscheint, Stellung. Zu einem Beispiel über angebliche Millionäre, denen es Spaß mache, den
Staat zu betrügen und die Notstandshilfe bezögen, hat er einen sehr passenden Vergleich mit „Milliardären, die Presseförderung kassieren, nicht, weil sie eine solche Hilfe brauchen würden, sondern weil es
ihnen halt Spaß macht, Politiker zu lenken, die zu feig sind Widerstand zu leisten”.
16.April 2002: Zwischenergebnis der Volkszählung von 2001: Die Kärntner Slowenen sind laut Erhebung der häuslichen Umgangssprache auf 12.586 zurückgegangen. In zwölf Gemeinden mit 197 Ortschaften liegt der Anteil über den vom Verfassungsgerichtshof empfohlenen 10% als Grenze für die
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zweisprachigen Ortstafeln. Und wegen dieser zwölf Gemeinden geruht der Herr Landeshauptmann einen
Zirkus zu machen.
16.April 2002: Wieder im üblichen Stil: Der Justizminister gibt bekannt, er wolle den Wiener Jugendgerichtshof auflösen. Protest wird laut, Gespräche und Diskussionen werden gefordert. Unter Diskussionen
und Gesprächen versteht der Böhmdorfer (wie auch die meisten anderen Regierungsmitglieder) bekanntlich: ich sage es euch und ihr hört zu.
17.April 2002: Im Parlament wird über die Naziaufmärsche vom 13.4. und die Gegendemonstrationen
geredet. Partik-Pablé von der FPÖ ist sowas von empört – nicht über die Nazis, sondern über die Antifaschisten – dass ihr der SPÖ-Nationalrat Edlinger zuruft, jetzt fehlt nur noch Sieg Heil!
Abgeordneter Edlinger
Na das haben sie gebraucht, die Freiheitlichen sind ja bekanntlich immer schon heftige Antifaschisten
gewesen: das sei Wiederbetätigung! Leider ist die SPÖ dumm genug, sich für diesen sarkastischen Zwischenruf wirklich zu entschuldigen!
Das zweite "Opfer" der Regierung ist der grüne Abgeordnete Öllinger, der an der Antifa-Demo teilnahm
und darum jetzt taxfrei zum gewaltbereiten Chaoten ernannt wird.
die FPÖ verteilt Fotos mit eingeringeltem Öllinger
Die FPÖ versucht ein Szenarium von Gewalt und Chaos darzustellen – ein historisch bewährtes System,
die Rechten und Rechtsextremisten haben bekanntlich immer versucht, durch die Behauptung von drohender Revolte und drohender Anarchie die Einschränkung demokratischer Rechte zu fordern und
durchzusetzen. Jetzt nimmt man sich der "vermummten Demonstranten" an, die sich vermummten, um
Polizisten mittels Pflastersteine zu zerschmettern.
Euer Chronist ist über Jahrzehnte von der Staatspolizei bespitzelt worden (wahrscheinlich wird er es
auch heute wieder) weil er unvermummt an linken Aktionen teilgenommen hat. Euer Chronist hat keine
Pflastersteine geschmissen und war trotzdem Stapo-Ziel: Weil er sein Verfassungsrecht auf Meinungsund Versammlungsfreiheit wahrgenommen hat. Das zum Vermummungsverbot, weil es ja auch noch
andere Vermummungsgründe gibt als Pflastersteine.
Im Parlament gibt es noch eine ungewöhnliche dämliche Meldung von VP-Klubobmann Khol: Edlinger
habe mit seiner "Sieg-Heil"-Meldung die „Ehre des Hohen Hauses beleidigt” und „die Demokratie als teils
nationalsozialistisch denunziert”. Wenn eine FPÖ-Abgeordnete eine rechtsrechte Hetzrede hält, ist das
Demokratie. Wenn ein Sozialdemokrat dazu eine passende sarkastischen Ergänzung anbringt: dann
beleidigt er diese Demokratie. Jawoll!
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19.April 2002: Für den 8. Mai sind am Wiener Heldenplatz mehrere Demonstrationen angemeldet.
Nachdem der Naziaufmarsch am 13.4. so klanglos und unter Polizeibeschützung über die Bühne ging,
wittern weitere Vorgestrige frische Politluft. Von den Antifaschisten werden vorsorglich Gegendemonstrationen angemeldet.
19.April 2002: Die Grünen stellen klar: Der Naziaufmarsch am 13. April hätte verboten werden müssen.
Öllinger sagt zur Anzeige gegen ihn wegen "Widerstandes gegen die Staatsgewalt: „Ich habe weder
Steine noch Latten geworfen, ich habe keine Amtshandlung behindert, ich bin nicht der Meinung, dass
man Steine werfen darf. Aber ich bin der Meinung, dass man demonstrieren darf. Nicht aber dürfen Neonazis demonstrieren”. Alles klar, Herr Innenminister? Klar ist, dass die Spitzelaffäre immer noch lebt: Die
Anzeige gegen Öllinger kennt die FPÖ vor diesem.
19.April 2002: Im ORF-TV läuft die Dokumentation "Kärntner Partisanen. Geschichte der Ausgrenzung
der Kärntner Slowenen". Die alten Nazis, die sogenannten Heimattreuen, die FP und Jörg Haider sind
furchtbar empört. Denn die Doku sah die Geschichte nicht mit Kärntner Heimatdienstaugen und sowas
kann nicht sein, das ist eine Verletzung der Objektivitätspflicht!
heimattreuer Deutschkärntner, sölcherne lassen sich die deitschkärntna Heimat nicht diffamieren
"Bandengebiet" in Großdeutschkärnten
"Banditenbande" vorm Kompf gegns deidsche Votalond
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sogar heimatuntreue Flintenweiber zeigte der ORF
a Dengmoi hobns a de Bandidn
und dos im schenen Kärndnalond
20./21.April 2002: Der Gedenkdienst feiert mit einem Fest sein zehnjähriges Bestehen, seit 1992 ist es
möglich den Zivildienst im Ausland in einer Gedenkstätte oder einem zeitgeschichtlichen Museum abzuhalten.
21.April 2002: In Frankreich geht der erste Durchgang der Präsidentenwahlen völlig daneben. Auf der
linken Seite hatten sich gleich sieben Kandidaten beworben, was dazu führte, dass zwar einige Trotzkisten achtbare Erfolge erzielen, der Kandidat der Sozialisten, Jospin, aber nur auf dem dritten Platz landet und ausscheidet. Den ersten Durchgang gewinnt der Gaullist Chirac, Zweiter wird der Rechtsextremist Le Pen. Daher geht es im zweiten Wahlgang nunmehr rechts gegen rechtsextrem.
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Le Pen erreicht 17,1%
Typisch die Reaktionen in Österreich. Schüssel gibt das Ergebnis "zu denken" – dass er von einer Partei, die in Österreich dasselbe Politspektrum abdeckt wie Le Pen in Frankreich, zum Kanzler gekürt wurde, das gab und gibt ihm nicht zu denken. Viele Stimmen aus der rechten Ecke frohlocken, dass das
Österreich-kritische Frankreich nun selber ein veritables Rechtaußenproblem habe. Man wird sogar witzig und meint, wie es da mit EU-Sanktionen ausschaue. Übersehen wird mit Vorbedacht die kleine Kleinigkeit, dass in Österreich die FPÖ Regierungspartei, in Frankreich die NATIONALE FRONT Le Pens eine
Außenseiterpartei ist mit der man nicht zusammenarbeiten kann und will.
Jörg Haider freut sich im STANDARD über den "Sieg der Demokratie" und sagt auf die Frage: "Sie werden immer wieder mit Le Pen verglichen, stört Sie das?", antwortet er: "Wenn schon, dann bin ich das Original, Wir sind aber in Stil und Inhalt schwer vergleichbar. Ich mache keine Verbalexzesse wie er." Wer
hätte das gedacht? Zu den Wahlen selbst meint Haider: "Das ist ein Sieg der Demokratie und eine
schallende Ohrfeige für die etablierten Parteien Frankreichs. Die Bürger akzeptieren nicht mehr, dass
man die Probleme überbordender Ausländerzuwanderung, des Asylmissbrauchs, der Ausländerkriminalität, der inneren Sicherheit nicht in Angriff nimmt".
21.April 2002: Ungarische Wahlprognosen prophezeiten der FIDESZ des konservativen Ministerpräsidenten Orbán 48%, den Sozialisten mit Peter Medgyessi 39%. Im ersten Wahldurchgang am 7.4. zeigte
sich diese Voraussage als sehr daneben, die Sozialisten wurden stärkste Partei.
FIDESZ versuchte für den zweiten Durchgang einen besonders nationalistischen Wahlkampf zu führen,
nachdem schon im ersten Durchgang ihr Bündnispartner verloren gegangen war - die rechtsextreme
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nichts.
Der Kandidat der Sozialisten, Peter Medgyessy wird mit der linksliberalen SZDSZ eine Koalitionsregierung bilden.
21.April 2002: Noch eine Wahl gibt es: In der BRD, im "neuen Bundesland" Sachsen-Anhalt wird ein
neuer Landtag gewählt. Auch hier ist das Ergebnis höchst ungewöhnlich. Bisher regierte die SPD mittels
Duldung seitens der PDS. Die SPD streift eine fürchterliche Schlappe ein und fällt von 35,9% auf 20%!
Die CDU steigt um 15,3% auf 37,3%, auch die FDP fährt eine gewaltige Steigerung ein: von 4,2 auf
13,3%. Die PDS legt geringfügig (0,8%) auf 20,4% zu und wird damit Zweiter. Was nichts daran ändert,
dass CDU und FDP die Mehrheit haben. Daneben geht es für die Grünen (2%), die "Schill-Partei" (nach
dem Hamburger Recht&Ordnung-Populisten Ronald Schill) scheitert mit 4,5% knapp an der 5%-Grenze.
Und zum Schluss die wirklich gute Nachricht: Die DEUTSCHE VOLKSUNION (DVU), die 1998 fast 13% der
Stimmen bekam, hat es zerbröselt. Die Rechtsextremisten unter Führung des NationalzeitungsHerausgebers Frey hatten sich zerstritten und kommen nun nicht mehr vor.
22.April 2002: Laut einer Meinungsumfrage wären die Österreicher eher für einen Bundeskanzler Häupl
als für einen Bundeskanzler Gusenbauer (35 zu 24%). Was irgendwie nicht überrascht, da Gusenbauer
immer noch mit seinem Image ringt. Er ist nicht fesch, er ist nicht elegant, also probiert er herum mit und
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ohne Brille, mit und ohne Haare, er hält es auch für notwendig, sich durch frommes Ministrantengetue
bei vermeintlich katholischen Wählermassen einzuschleimen. Als ob er solche Kasperliaden nötig hätte.
In der Folge tauchen jedenfalls innerparteiliche Diskussionen auf, ob man Gusenbauer nicht durch ein
Team ersetzen sollte.
22.April 2002: Für die Fernsehnachrichten wird eine wichtige Entscheidung getroffen: Die Chefredaktion
der Fernsehinformation geht an die ÖVP, nicht an die FPÖ (Mück, nicht Seledec) – wer hätte das gedacht, dass man einstens schon froh sein kann, wenn ein Schwarzer was wird?
23.April 2002: Bürgermeister Häupl verlangt ein Verbot für die am 8. Mai am Heldenplatz aus Anlass der
Kapitulation Nazideutschlands geplanten Trauerkundgebungen. Vergebens.
24.April 2002: Seit 2000 stand am Ballhausplatz Ecke Heldenplatz die "Botschaft besorgter Bürger" als
Treffpunkt für Kritiker der herrschenden Koalition, als Anlaufstelle für die immer noch aktiven Donnerstagsdemonstrierer.
Nun wurde sie von der sogenannten Burghauptmannschaft als "herrenloses Gut" weggeräumt. Wird das
die Position der Regierung sichern!
Kundgebungen von Rechtsextremisten, Deutschnationalen und Wehrmachtsnostalgikern steht man behördenseitig viel freundlicher gegenüber. Ob das damit zusammenhängt, dass Rechtsextremisten,
Deutschnationale und Wehrmachtsnostalgiker der Regierung auch viel freundlicher gegenüber stehen?
ein Protestplakat gegen den entfernten Protest
24.April 2002: Jörg Haider ist weiter beim Aufbau seiner Nahost-Connections tätig. Heute lässt er sich
von einem großen arabischen TV-Sender 90 Minuten lang interviewen.
25.April 2002: Nachdem sich die FPÖ bei der ORF-Reform benachteiligt gefühlt hatte, weil bisher nur
ÖVP-Leute zum Zug kamen, erhält die Partei doch noch einen großartigen Posten: Der schon dauernd
für alle möglichen Funktionen genannte Walter Seledec, Reserveoffizier, eifriger Verteidiger der deutschen Wehrmacht und bekennender FPÖler wird mit Wirkung vom 1. Mai 2002 zum "Zentralen Chefredakteur in der ORF-Generaldirektion" befördert, zuständig für: Führung und Koordination der Auslandskorrespondenten, Koordinierung der Berichterstattung über Großereignisse und (jetzt kommt es) Kontrolle der Informationsangebote auf Einhaltung der Bestimmungen des ORF-Gesetzes.
Was heißt das? Aktuelles Beispiel: Dieser Tage beschwerten sich Haider und die FPÖ über eine Fernsehdokumentation über die Kärntner Partisanen im Zweiten Weltkrieg, die Dokumentation war ihnen zu
einseitig und zu wenig kärntnerdeutsch, die Verletzung des ORF-Gesetzes wurde reklamiert. Jetzt sitzt
Walter Seledec von der FPÖ auf dem Posten, der für die Kontrolle der Informationsangebote auf Einhaltung der Bestimmungen des ORF-Gesetzes zuständig ist. Kann leicht sein, dass nunmehr die FPÖ
nimmer so oft ihre Befürchtungen wegen der Einhaltung des ORF-Gesetzes äußern wird müssen, weil
jetzt eh der Walter aufpasst.
Früher gab es auf den Comics ("Schundheftln" genannt) zur Vermeidung von Verbreitungsbeschränkungen einen stempelförmig aufgedruckten Vermerk, dass das jeweilige Heft der "Freiwilligen Selbstkontrolle" der Heftverlage unterworfen worden sei.
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Bekommen wir jetzt auch auf die ORF-Informationssendung den Stempel?
25.April 2002: Landeshauptmann Jörg Haider wird Präsident der neu gegründeten ÖsterreichischLibyschen Gesellschaft.
25.April und 4.Mai 2002: Von den Medien wurde die neue Salzburger SP-Vorsitzende Gabi Burgstaller
als der neue Shooting-Star gepriesen. Jetzt lehnt sie sich gleich zweimal zu weit aus dem Fenster, zum
Einen meint sie, Gusenbauer brauche Hilfe, zum Anderen hält sie eine SPÖ-FPÖ-Koalition für denkbar.
Kurz hintereinander erhält sie zwei laute Zurückpfiffe.
26.April 2002: Von den FPÖ-Politikern gilt Finanzminister Karl-Heinz Grasser mit 43% Zustimmung als
der geeignetste Kanzler-Kandidat, das ergibt eine Meinungsumfrage. Jörg Haider fällt durch, er erhält
nur 15%. Recht bekannt scheint es nicht zu sein, dass das so gerne als Großerfolg verkündete Nulldefizit ein Produkt von Steuer- und Abgabenerhöhung und Einführung von neuen Gebühren ist. Die angekündigte "Reform" in der staatlichen Verwaltung ist bisher ausgeblieben, da man dazu ja ein Konzept
bräuchte, wo man was wie anders verwalten sollte. Beamte in die Frühpension zu schicken, freut zwar
die Frühpensionisten, das ist jedoch noch keine Reform.
26.April 2002: Es ist fix, die Staatsanwaltschaft erhebt in der Spitzelaffäre nur zwei Anklagen: Gegen
den kürzlich zurückgetretenen Wiener FPÖ-Parteisekretär Kreißl und gegen den Aufdecker der Angelegenheit Kleindienst. Der Vizekakadu kräht, dass damit die FPÖ reingewaschen wäre. Ist ja auch nicht
unpraktisch, wenn der FPÖ-Parteianwalt Justizminister ist.
27.April 2002: Der französische Geheimdienst lässt wissen: Nach seinen Ermittlungen könnte Le Pen im
2. Wahlgang mit 42% der Stimmen rechnen.
27.April 2002: Einigkeit der drei Kärntner Landtagsparteien: es werde keine Prozentregelung bei den
zweisprachigen Ortstafeln geben. LH Haider sagt, der Verfassungsgerichtshof habe Kärnten nachhaltig
Schaden zugefügt, er habe nicht Politik zu machen und der Regierung nicht vorzuschreiben, was sie in
Gesetze aufnehmen müsse.
28. April 2002: Die Überreste der ermordeten behinderten Kinder vom "Spiegelgrund" werden beigesetzt.
Gegen den tatverdächtigen NS-Arzt Dr. Heinrich Gross wird das Verfahren nicht mehr fortgesetzt.
28.April 2002: Gerade noch war Finanzminister Grasser als besonderer Vif-Zack vorgeführt worden (laut
Meinungsumfrage bester FPÖ-Kanzler-Kandidat) als er öffentlich seine Inkompetenz vorführt: Er setzt
sich lautstark dafür ein, dass der österreichische EU-Beitrag von 1,27 auf 1,1% des Bruttoinlandsprodukts gesenkt werde. Aber Österreich hat niemals 1,27% Beitrag bezahlt, 2001 macht der Beitrag 1,07%
aus. Ein Superfinanzminister, der von all dem keine Ahnung hat. Typische FPÖ-Spitzenkraft!
29.April 2002: Das rechtsrechte Mölzer-Blatt ZUR ZEIT hat Sorgen. Der von Sudetendeutschen abstammende Tennis-Blondschopf Boris Becker betreibt fortgesetzt Rassenschande. Upps, neiiiin! Rassenschande schreibt das Blatt nicht, es kreidet ihm bloß an, seine Frauenbekanntschaften seien stets Exotinnen. Alles Farbige, Slawinnen, Südamerikanerinnen. Ungeheuerlich!
30.April 2002: In Ö1-Radio wird ein ausführlicher Bericht über die Wehrmachtsausstellung in Wien gesendet, bis 26. Mai ist diese noch zu sehen.
April 2002: In den Palästinensergebieten versucht das israelische Militär massive Säuberungen nach
denen es zu massiven Protesten wegen Übergriffen kommt, besonders in Jenin soll es schwerwiegende
Vorfälle gegeben haben Die rechtsnationalistische Regierung Israels lehnt in der Folge Untersuchungen
durch die UNO ab und ruft damit erst recht den Eindruck hervor, man habe etwas zu verbergen.
Zum Nahostkonflikt stellte der französische Nationalist Le Pen übrigens in einem Interview mit einer israelischen Zeitung unabsichtlich einen wirklich treffenden Vergleich an: er wünsche niemanden die Lasten, die
die jetzige israelische Regierung zu tragen habe und verglich den Kampf Sharons gegen die Palästinenser
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mit dem Kampf französischer Truppen gegen die algerische Befreiungsbewegung. Rechts & rechts versteht sich!
1.Mai 2002: Auf der Wiener Maikundgebung der SPÖ fordern Parteichef Gusenbauer und Bürgermeister
Häupl ein Verbot von rechtsextremen Kundgebungen am 8. Mai auf dem Heldenplatz.
Innenminister Strasser beweist sogleich wieder seine Unkenntnis: „Weder Parolen von links noch Parolen von rechts dürfen hier bei einer Entscheidung für den Rechtsstaat eine Rolle spielen”, behauptet er
entgegen der Verfassungswirklichkeit: Es gibt keine gleiche Distanz nach links und rechts, das Verbotsgesetz als Bestandteil der österreichischen Verfassung zieht klar nach rechts eine Abgrenzung, die es
nach links überhaupt nicht gibt! Und wenn es ihm auch nicht passt: Das gilt auch für den Innenminister!
3.Mai 2002: Die Freundschaft zwischen Khol und Westenthaler ist vorbei, die beiden Klubchefs können
nimmer miteinander, Westenthaler sagt die gewohnten Doppelconferencen ab! Vorerst wird vermutet, er
sei beleidigt, weil der ORF großteils in ÖVP- statt in FPÖ-Besitz übergegangen ist.
3.Mai 2002: Ein Leserbrief im STANDARD bringt einen Aspekt des Vermummungsverbotes auf den praktischen Punkt: „Die Angehörigen der Volxtheater-Kulturkarawane hätten sich vorigen Sommer einen langen und völlig ungerechtfertigen Gefängnisaufenthalt ersparen können, wenn sie sich vorher in Österreich öfter vermummt hätten”. Das Recht auf freie Meinungsäußerung steht zwar in der österreichischen
Verfassung aber wenn man Meinung äußert, steht eben doch häufig die Staatspolizei dabei.
4.Mai 2002: Ergebnis einer Meinungsumfrage mit dem Thema "Wer hat klare Vorstellungen, wie die Zukunft des Landes aussehen soll". Es siegt Finanzminister Grasser mit 68% vor Schüssel mit 54%, Strasser mit 53%, Riess-Passer mit 52%, Pröll mit 51%, Häupl mit 50%, Van der Bellen mit 45%, Molterer
(42%), Scheibner (30%), Gusenbauer (30%), Haider (30%). Mich hat leider keiner gefragt und dabei
hätte ich 100% Vorstellungen über die Zukunft!
4.Mai 2002: Bekannt wird erst jetzt, dass schon im April der Versuch gestartet wurde, die in den Achtzigerjahren aufgelöste NDP wiederzugründen. Als NPÖ (Nationaldemokratische Partei Österreichs) hat
sich eine Ablegerpartei der deutschen NPD konstituiert. Das Innenministerium hat bisher keine Veranlassung gefunden, dies rechtlich zu beeinspruchen. Bei der inzwischen bekannten Einstellung Innenminister Strassers zum NS-Verbotsgesetz keine Überraschung. Die letzten fünfzehn Jahre brachten die
Nazis in Österreich kein Bein auf den Boden, viele Nazis wanderten ins Häf'n. Die jetzige RechtsrechtsRegierung aber entfaltet keine Bemühungen gegen die Neonazis. Erst als auf der NPÖ-Homepage ein
Rudolf-Heß-Zitat auftaucht, überlegt das Innenministerium zaghaft eine rechtliche Prüfung.
4. Mai 2002: In Wels versuchen sich einige Neonazis bei den großväterlichen Helden zu bedanken, diese Kundgebung wurde auf Intervention von Dr. Eiter (Welser gegen Faschismus) von der Polizei dann
doch noch aufgelöst. Dieselbe Kundgebung soll vorher in Linz in der Fußgängerzone stattgefunden haben. Hinter diesen Aufmärschen soll eine Marchtrenker Neonazi-Blase stecken.
5.Mai 2002: An der Gedenkkundgebung im ehemaligen KZ Mauthausen nehmen heuer rund 9.000 Menschen aus 40 Ländern teil, siehe Bericht an anderer Stelle.
5.Mai 2002: In Frankreich trägt die breite antifaschistische Bewegung mit ihren Manifestationen Früchte.
Im zweiten Durchgang der Präsidentenwahlen bleibt Le Pen meilenweit vom gesetzten 30%-Ziel. Die
Bürgerlichen und die Linken wählen Chirac, die Rechtsextremisten bleiben bei rund 18% stehen und
weiterhin politisch ausgegrenzt. Eine demokratische Masseninitiative, wie sie in Österreich absolut unvorstellbar wäre, sorgte dafür.
92
6.Mai 2002: Für die Parlamentswahlen in den Niederlanden macht ein Rechtspopulist Furore, der
54jährige Pim Fortuyn rechnete mit seiner Liste bei den Wahlen am 15.5. zweitstärkste Partei werden zu
können. Er führte seinen Wahlkampf hauptsächlich gegen die Zuwanderung von Moslems.
Ein militanter Tierschützer, der nach seiner Festnahme jede Aussage verweigert, ermordet den Politiker
mit sechs Schüssen. In den für ihr tolerantes politisches Klima berühmten Niederlanden herrscht Fassungslosigkeit und Entsetzen.
Pim Fortuyn – nicht das populistische "Das Boot ist voll", sondern das Bekenntnis zur Pelztierzucht dürfte sein Todesurteil gewesen sein
6.Mai 2002: Haider ist wieder im Irak. Er holt dort zwei kranke Kinder ab, die in Österreich behandelt
werden sollen und vermutlich nur von ihm persönlich transportiert werden können. Zu seinem höheren
Ruhm im Morgenland. Selbstverständlich war das eine weitere Privatreise, wie er gleich nach der Rückkehr versichert, auch den irakischen Außenminister hat er privat getroffen.
7.Mai 2002: Aus dem STANDARD: HANS RAUSCHER Die Katastrophe des 8. Mai 2002
Grölende Neo-Nazis auf den Plätzen von Wien sind, so widerlich sie auch sein mögen, nicht das wirkliche Problem.
Sondern das Einsickern von deutschnationalen, burschenschaftlichen, gerade noch den Anschein von Wiederbetätigung vermeidenden, letztlich aber in den Gedankenwelt des NS-Regimes verhafteten Kadern ins Zentrum der Republik. Was bisher am Rande der politischen
Institutionen wirkte, wenn auch, wie etwa in den Bundesländern ziemlich stark, rückt nun ins Zentrum der Macht.
Die Verantwortung dafür trägt die Führung der ÖVP.
Kristallisationspunkt ist der 8. Mai, der Tag der bedingungslosen Kapitulation Hitler-Deutschlands. Auf der Basis
des tausendfach abgesicherten Wissens über das Dritte Reich ist es für intelligente Menschen und echte Demokraten unmöglich, ausgerechnet am 8. Mai sich als trauernde Hinterbliebene dieses größten Verbrecherregimes der Geschichte zu geben.
Genau das tun aber Leute, die als wichtige Funktionäre der FPÖ an Schlüsselstellen des Staates sitzen. Der Abgeordnete Wolfgang Jung ist hoher Geheimdienstoffizier des Bundesheeres, der Abgeordnete Martin Graf für die FPÖ
mit der Universitätsreform beschäftigt. Sie behaupten, an diesem Tag ganz allgemein „die Toten" des Zweiten
Weltkrieges zu betrauern. Ihr Hintergrund als Mitglieder äußerst rechts stehender schlagender Burschenschaften,
ihre Sprache (Jung: „Natürlich war das eine totale Niederlage") und der Kontext ihrer ganzen politischen Sozialisie93
rung machen aber klar, dass dies nur Schutzbehauptungen sind. In Wahrheit betrauern diese Mitglieder einer Partei,
die die Hälfte der österreichischen Bundesregierung stellt, den Untergang des Großdeutschen Reiches und der entsprechenden „Volksgemeinschaft" (Jung: „Ich glaube nicht an die österreichische Nation. Ich bin abstammungsmäßig Deutscher"). Der Abgeordnete Martin Graf ist sogar ganz offen dafür, nationalsozialistische Wiederbetätigung
nicht mehr unter gesetzliches Verbot zu stellen.
Diese Leute wollen also am 8. Mai in der Krypta des Denkmals am Heldenplatz trauern.
Dass sie das Recht dazu haben, machten soeben ihre schlagenden Bundesbrüder und Mit-Regierer Haider, Stadler,
Waneck und Haupt in einem offenen Brief klar.
Verteidigungsminister Scheibner wird das genehmigen. Bundeskanzler Schüssel will und/oder muss das offenbar
dulden.
In Österreich gibt es in der politischen Szene noch immer eine starke Minderheit, die diesen Tag als Trauertag empfindet. Nämlich nicht so sehr um das Hitler-Regime (obwohl es das natürlich auch gibt), sondern davon gedanklich
irgendwie abstrahiert als Tag des Zusammenbruchs eines Großdeutschen Reiches, eines mächtigen Deutschland,
inklusive Österreich natürlich.
Einzelne mögen vielleicht sogar meinen, man könne das trennen. Diese Leute können und wollen nicht erkennen,
dass dieses Reich auf von Anfang an auf ungeheuerliche Verbrechen ausgerichtet war: Die vollkommene Ausrottung der Juden, die systematische Ermordung der polnischen Intelligenz, der Vernichtungskrieg im Osten (mit der
Wehrmacht als ein wichtiges Instrument), an dessen Ende die teilweise Ausrottung und Versklavung der "russischen Untermenschen" stand.
Die Herren Haider, Jung & Co. trauern an dem Tag, an dem eine mörderische Wahnidee in der totalen Niederlage
endete. Sie finden, diese Katastrophe sei Anlass zur „Selbstachtung, nicht Selbsthass". Sie haben immer so gedacht,
aber nun stehen sie im Machtzentrum der Republik. Das ist die Katastrophe des 8. Mai 2002.
8.Mai 2002: Mit dem Segen der Behörden gedenken die großdeutschen Burschenschaftler der deutschen Kapitulation vom 8.5.1945 und des Unterganges Großdeutschlands.
die Burschenschaftler rotten sich zusammen
und ziehen im Fackelmarsch zum Gedenken an Großdeutschland durch Großwien
einer der unleidigsten deutschnationalen Fanatiker, Volksanwalt Stadler bei seiner Hetzrede gegen den "linken Mob
94
das antifaschistisch-demokratische Österreich protestiert gegen die Großdeutschen
Fest der Demokratie
Der Siegfried-Kopf an der Wiener Uni ist ein traditionelles Symbol, um das sich die Großdeutschen Burschen jeweils mittwochs zu versammeln pflegen.
Eine Straftat (boshafte Sachbeschädigung mittels eines Stemmeisens) beraubt den großdeutschen
Siegfried seiner großdeutschen Nase, auf den einschlägigen Leserbriefseiten der einschlägigen Blätter
detonieren alsbald die Einschläge der Einschlägigen ob dieses Terroranschlages
9.Mai 2002: Eine Podiumsdiskussion mit dem Thema "Selbstachtung statt Selbsthass" veranstalten die
in 57jähriger Kapitulationstrauer befindlichen großdeutschen Burschenschaftler und Freiheitlichen Studenten. Allein die Wahl des Titels ist völlig entlarvend: Ein Antinazi hasst sich ja nicht selbst, er hasst
den Nationalsozialismus. Wenn die Großdeutschen "Selbstachtung statt Selbsthass" verlangen, dann
95
heißt dies logischerweise, dass mit dem "Selbst" nur die Identität mit dem Nationalsozialismus gemeint
sein kann. Was sich konkret auch dadurch belegt, dass einer der Diskussionsteilnehmer der südafrikanische Rechtsextremist Nordbruch ist, der u.a. die Meinung vertritt, die SS hätte für „ein freies, das heißt
nichtbolschewistisches Europa” gekämpft.
9.Mai 2002: Sogar in der KRONEN ZEITUNG erfährt der FPÖ-Nationalrat Jung eine Abfuhr:
Österreichischer Angeordneter bekennt der Nationalität nach Deutscher zu sein
Wien. (d. k.) - Der FPÖ-Abgeordnete Jung sollte vom österreichischen Nationalrat in den deutschen
Bundestag übersiedeln, schlägt die SPÖ vor. Denn er hat in der ZiB 2 wissen lassen, "der Nationalität
nach Deutscher" zu sein. Dass es eine österreichische Nationalität gäbe, glaube er nicht. Man könne
"eine Nation nicht konstruieren". Wolfgang Jung ist nicht nur FPÖ-Abgeordneter, sondern auch Brigadier
des Bundesheeres. Als solcher hat er ein Gelöbnis auf die Republik Österreich geleistet. Bei der umstrittenen Kranzniederlegung nationaler Burschenschaften in der Krypta des Heldentores hielt er die
"Totenrede". Verfassungsrechtler Mayer räumte ein, dass der Begriff Nation juristisch nicht definiert sei.
Es sei bemerkenswert, dass ein Nationalratsabgeordneter die österreichische Nation nicht anerkenne.
Die FPÖ hat vor Jahren jeder Deutschtümelei eine Absage erteilt und das Motto geprägt: „Österreich zuerst". Wie verträgt sich das mit Jungs Haltung?
10.Mai 2002: Rauscher faßt die Sache mit der Nation im STANDARD auch sehr prägnant zusammen:
„Österreich fühlte sich lange Zeit "deutsch", aber seit mindestens 30 Jahren fühlen sich 90% als Angehörige einer österreichischen Nation. Wir wollen eine österreichische Nation sein, also sind wir sie. Mit idiotischen Theorien von "Blut" und "Abstammung" oder "Jahrhunderten" hat das nicht zu tun.”
Und in derselben Ausgabe: Günter Traxler, Maienzeit der Geschichtsverfälscher
Das war eine gesinnungsmäßig eindrucksvolle Doppelseite in der „Kronen Zeitung" vom Dienstag, wo aus Anlass
des 8. Mai Andreas Mölzer sich abrackerte, die Trauer der Rechtsextremen über den Untergang des Nazi-Regimes
in eine allgemeine Fähigkeit zu trauern umzumünzen, und gleich daneben der Herausgeber in seiner schwer konfusen Art versuchte, die Maienzeit 1945 im Vergleich zum Mai 2002 als die gute alte darzustellen: Vor 57 fahren gab
es bei uns mehr Solidarität und vor allem Toleranz. Obwohl er sich doch heute so sehr darum bemüht!
Den Deutschen und damit auch den Österreichern - weil Österreicher und Deutsche eh dasselbe sind - ist nach
1945 "die Unfähigkeit zu trauern" vorgeworfen worden, verdreht Mölzer rotzfrech die Bedeutung eines Wortes von
Alexander Mitscherlich in ihr Gegenteil, um denen besondere Fähigkeiten anzudichten, die da seit Jahren trauern,
nämlich farbentragende Kooperationsstudenten (sic!), Burschenschafter, Leute, die sich selbst als konservativ bezeichnen, die man von linksaußen selbstverständlich als "Rechtsextremisten" diffamiert. Und um dann scheinheilig
die Frage anzuhängen: Darf am 8. Mai getrauert werden?
Jetzt gilt es, sich gekonnt zu verrenken. Zweifellos war Freude angebracht, dass die NS-Tyrannei, die Gestapo und
dergleichen am 8. Mai 1945 verschwanden. Und dergleichen? Was kann Mölzer damit meinen? Den "Völkischen
Beobachter"? Der ist ja wieder auferstanden. Den dicken Süchtler in der weißen Marschallsuniform, der unter einem Westenthaler sofort im Häfen gelandet wäre? Verbrecher der Wehrmacht kann er nicht meinen, denn dort
dienten durch die Schlachtbank respektable Persönlichkeiten. Na ja, vielleicht diese Lager für ordentliche Beschäftigungspolitik in Mauthausen oder Auschwitz, aber da wurde viel übertrieben.
Ob aber der Einmarsch der Roten Armee beispielsweise für die Zehntausenden vergewaltigten Frauen ein Grund
zur Freude war, darf denn doch bezweifelt werden. Gewiss. Aber nicht bezweifelt kann werden, dass keine einzige
Frau von Soldaten der Roten Armee vergewaltigt worden wäre, hätte Hitler nicht die Sowjetunion überfallen oder
hätte er nicht zulasten der vielen Frauen auf dem Endsieg beharrt, statt rechtzeitig zu kapitulieren.
Gewiss, die Soldaten, die damals in deutscher Uniform kämpften, waren zweifellos froh, dass die Waffen endlich
schwiegen und dass sie überlebt hatten, was ihrem Führer zu der Erkenntnis verhalf, dass sie seiner nicht wert waren. Mehrheitlich aber waren sie gewiss auch bedrückt über die Niederlage der eigenen Einheiten und fürchteten nicht unbegründet, wenn man an die Rote Armee denkt - die Vergeltung der Sieger nach der bedingungslosen Kapitulation. Nicht unbegründet, ja, vor allem, wenn man an die Ausplünderungen, Zerstörungen und an die Massenmorde denkt, die deutsche Wehrmacht, SS und andere Helden in deutscher Uniform in den von ihnen überfallenen
Ländern angerichtet hatten.
Ob also die Zeitzeugen in ihrer Mehrheit heute den 8. Mai als Jubeltag begehen würden, darf auch bezweifelt werden, verrenkt Mölzer abschließend nicht mehr nur sich selbst, sondern auch die Geschichte, indem er die damals
Lebenden für seine heutige Gesinnung vereinnahmt. Zwar sind die Nazis mit dem 8. Mai 1945 nicht alle ausgestorben, aber dass die große Mehrheit der Zeitzeugen von ihnen die Nase voll hatte und diesen 8. Mai als einen Tag
der Befreiung empfand, kann nicht bezweifelt werden. Trauer muss also möglich sein, beharrt Mölzer. Und wie! Kriegt er doch Presseförderung für derlei Mist.
Wo Mölzer Mitscherlich verdreht, reißt sich Hans Dichand für seine Zwecke Sören Kierkegaard unter den Nagel.
Hoffentlich hat er in seinem Alter nicht zu lange im "Tagebuch eines Verführers" geblättert. "Das Leben wird vor96
wärts gelebt und rückwärts verstanden", hat Kierkegaard gesagt, versucht Österreichs existenzphilosophischer
Feuergeist seine Leser zu beeindrucken. Im O-Ton Dichand lautet das dann so: Erinnerungen an den Krieg vergilben nicht, es wird nur der Zeitenwandel deutlich, dem alles unterworfen ist. Man kann die Geschehnisse von gestern nicht mit den Wertmaßstäben von heute messen. Schon gar nicht, wenn man die eingeschränkte Wahrnehmungsmöglichkeit in einer Diktatur bedenkt.
So lässt sich rechtfertigen, dass man das Heute noch immer mit den Wertmaßstäben von gestern misst. Fronten bildeten sich, jammert er, die Kommunisten, auch Postkommunisten nennt man sie heute, sind bei den Grünen oder
linken Magazinen untergeschlüpft. Sie meinen, überzeugen zu können dass "die Rote Armee für die Freiheit Österreichs marschiert ist", und tun so, als müsste man ihnen, den Räubern und Vergewaltigern endlich zujubeln.
Da jubelt er schon lieber dem Schicksal zu, das haben große Führer so an sich. "Kein Kampf zwischen zwei gleich
starken Mächtegruppen kann entstehen, wenn nicht beide Teile wollen", kommt das Ewiggestrige im Herausgeber
von heute hervor. "Die Auseinandersetzung zwischen Hitler-Deutschland und Stalins Sowjetunion musste kommen.
Dieser Krieg ist unausweichbares Schicksal geworden." Oder kurz: Man muss Hitler nicht gerade zujubeln, aber
schuld an allem ist doch die Rote Armee.
10.Mai 2002: Fröhliche Diskussion zwischen Gusenbauer und Riess-Passer in FORMAT. Gusenbauer
zeigt sich dabei als recht witzig und der Vizekakadu ist unsympathisch wie immer.
13.Mai 2002: In Graz sorgt sich die FPÖ um die Sicherheit der Bürger. Weil die Stadt mit über 200.000
Einwohnern von Drogendealern, undisziplinierten Radfahrern und randalierenden Straßenbahnbenützern
terrorisiert wird und die Polizei damit nicht fertig wird, begeben sich nun uniformierte Zivilstreifen der freiheitlichen Bürgerwehr auf Zivilfahndung. Probeweise wieseln zwei uniformierte Zweiergruppen mit Videokamera und Handy durch die Stadt und beobachten die Grazer. Eine Schule, die sie sich als erstes
Ziel ihrer G'schaftlhuberei ausgesucht hatten, verbietet sich diese Zuwendung. Der Widerspruch dagegen ist auch sonst breit, außer der FPÖ sind alle Parteien dagegen und verabschieden auch im Grazer
Gemeinderat einen entsprechenden Beschluss. Die Freiheitlichen überlegen, ob sie diese Einrichtung
nicht auch in anderen Städten einführen sollten.
Bürger Schutz Sicherheit – BSS, be-es-es, aber noch viel schöner wäre Bürgerschutzstaffel
Verein der Bürger für Schutz und Sicherheit nennt sich die Staffel, die nun die Grazer schützt. Ihr
Häuptling, ein gewisser Helge W. Endres, ist einschlägig vorgebildet, er gehört dem Veteranenverband
einer anderen Schutzstaffel an, der Kameradschaft IV, dort sind in Ehren die zusammengeschlossen, die
seinerzeit dem Führer in der SS treu gedient haben. Nicht bekannt wurde bisher, wie der Kommandant
der Bürgerschutzundsicherheitstruppe korrekt anzureden ist, Höherer Schutz und Sicherheitsführer? Aber das ist wohl derzeit noch zu hoch gegriffen, BSS-Unterscharführer würde eher zum Personalstand
passen.
Die Aufstellung einer uniformierten Parteitruppe, die sich anmaßt, Überwachungsfunktionen ausüben zu
müssen, erntet Spott (wer z'teppert is zum Bundesheer, der geht zur Grazer Bürgerwehr) und Widerstand. Sind wir schon so weit, dass eine der Regierungsparteien ihre ambulanten Blockwarte zur Bespitzelung der ÖsterreicherInnen ausschicken kann?
13.Mai 2002: Im israelischen Likud-Block setzt sich der rechtsextreme Flügel durch und verweigert die
Anerkennung eines zukünftigen Palästinenserstaates. Sharons Vorgänger Netanyahu hat sich damit
durchgesetzt.
In Israel nimmt die Zahl der Kriegsdienstverweigerer, der "Refusniks", die die extremistische Politik der
jetzigen Regierung ablehnen, ständig zu.
14.Mai 2002: Der Bundesasylsenat ist völlig überlastet, er ist nicht mehr in der Lage, in angemessener
Frist Entscheidungen zu fällen.
97
Mitte Mai 2002: ÖVP-Mann Werner Mück, der neue TV-Info-Chef, ließ einen Abfangjäger-kritischen
Beitrag aus dem Programm streichen. Zur Kritik daran lässt er verlautbaren: der ORF sei unabhängig.
Der TV-Zuschauer kommt immer mehr zur Überzeugung, dass der ORF hauptsächlich von der Opposition unabhängig ist.
15.Mai 2002: Schüssel redet über die Lage der Nation und die ÖVP. Die rechte ÖVP ist plötzlich eine
Partei der Mitte, arm sind die, die sich bei der Bekenntnis zur österreichischen Nation verhaspeln und als
erwähnenswerten FP-Minister fällt ihm nur Grasser ein. Das wird der Koalition nicht gut tun.
15.Mai 2002: Der Tätigkeitsbericht des Verfassungsgerichtshofes beinhaltet eine Kritik an Haider und
der FPÖ, ein Verfassungsgerichtshofurteil als "politisch nichtig" zu bezeichnen, könne „genauso gut als
Theorie für einen Staatsstreich dienen”. Die FPÖ heult auf und auch VP-Khol heult mit, er ahnt, dass der
Koalitionspartner nimmer bester Stimmung ist.
15.Mai 2002: Der Innenminister plant eine komplette Umstrukturierung seines Ministeriums – Grundprinzip auch hier: rot raus, schwarz rein und wenn man dazu neue Sektionen und Frühpensionierungen
braucht!
15.Mai 2002: Riess-Passer hält nach einem Gespräch mit Gusenbauer eine FPÖ-SPÖ-Koalition für
möglich, allerdings ohne Gusenbauer. Sie hält auch Westenthaler als für jedes Ministeramt geeignet –
stimmt! Dem ist alles zuzutrauen!
15.Mai 2002: Der venezolanische Präsident Hugo Chavez erklärt, warum im April ein Militärputsch gegen ihn scheiterte: Er sei vorgewarnt worden, dass die USA einen Putsch vorbereiten und hätte darum
Gegenmaßnahmen treffen können. Dass die USA fremde Regierungen zu stürzen versuchen, ist kein
Thema für die Medien, Chavez werden 10-Zeilen-Meldungen gewidmet.
15.Mai 2002: In Kärnten werden jetzt tatsächlich die Autobahnschilder ausgetauscht (mit "Slowenien"
statt "Ljubljana", "Italien" statt "Udine"). Obwohl dies seinerzeit aus Wut über das Ortstafelurteil angekündigt worden war, geschieht es jetzt wegen der besseren Verständlichkeit.
15.Mai 2002: Wahlen in den Niederlanden, Sieger sind die Christdemokraten, Verlierer die Sozialdemokarten, die rechtspopulistische Partei des ermordeten Pim Fortuyn wird mit rund 17% der Stimmen tatsächlich zweitstärkste Partei. Der Unterschied zwischen der Fortuyn-Partei und der FPÖ: der Nachfolger
Fortuyns als Listenerster ist ein farbiger Einwanderer, die holländischen Rechtspopulisten sind vornehmlich gegen assimilationsunwillige Neueinwanderer und haben keine rassistischen Burschenschaftler in ihren Reihen.
16.Mai 2002: Haider und Westenthaler eröffnen den Wahlkampf. Das
Problem sei nicht die Opposition, sondern die ÖVP, die als
Bremsklotz für die Reformvorhaben wirke, es müsse daher „viel
deutlicher gemacht werden, wer in Österreich den Ton angibt”.
Westenthaler ersucht Haider um bundespolitische Unterstützung, die
Haider sofort zusagt – was eine Umkehrung von Frage und Antwort
vermuten lässt!
der FP-Führer und Tonangeber und sein Stabschef
17. Mai 2002: Echo von der ÖVP: Klubobmann Khol versucht sich als Edelschleimer, er spricht gar vom
"Staatsmann" Haider! Denn wenn Haider es nun wieder als Opposition versuchen will, hat der dabei nix
zu verlieren, aber der Schüssel und der Khol müssen sich warm anziehen, sie hängen ja völlig von Haiders Befindlichkeiten ab. Wenn der Haider nimmer WILL, dann KÖNNEN die zwei nimmer! Weil eine
SPÖ-ÖVP-Koalition wird es kaum mit Schüssel und Khol geben!
manchmal vergebt ihm das Lachen
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17.Mai 2002: SPÖ und Grüne erklären sich als für Herbstwahlen gerüstet.
17.Mai 2002: FORMAT lässt wissen: Stanley Greenberg wird SP-Chef Gusenbauer coachen. Man erinnert
sich: 21.02.2001: Haider bei der Eröffnung des Wiener Wahlkampfs „Der Häupl hat einen Wahlkampfstrategen, der heißt Greenberg. Den hat er sich von der Ostküste einfliegen lassen. Liebe Freunde, ihr
habt die Wahl zwischen Spindoctor Greenberg oder dem Wienerherz zu entscheiden! Wir brauchen keine Zurufe von der Ostküste!
18.Mai 2002: Doch nicht so gemeint hatte es Grinskopf Christoph Leitl, der sich zuerst auch für eine
Bürgerwehr ausgesprochen hatte, weil es in der Linzer Altstadt wie in Chikago ausschaue. Er nimmt zurück und behauptet das Gegenteil.
18.Mai 2002: Jan Philipp Reemtsma erklärt in einem STANDARD-Interview den Unterschied in den Reaktionen auf die Wehrmachtsausstellung in der BRD und in Österreich so: In der BRD wären nur die Nazis
(NDP u.a.) dagegen aufgetreten, in Österreich auch die Veteranenverbände.
18.Mai 2002: Im ORF funktioniert die neue VP-Schiene bestens. Im Mittagsjournal darf Schüssel ausführlich und ohne alle für ihn peinliche Fragerei Staatsmännisches von sich geben, in ZiB ist die Koalitionskrise kein Thema, die Regierung leistet ausgezeichnete Arbeit! Wir brauchen in Österreich keinen
Berlusconi, die politische Zensur klappt auch so.
19. Mai 2002: Haider beabsichtigt bei den nächsten EU-Wahlen mit einer Jörg-Haider-eigenen EUweiten Liste "Europa der Bürger" anzutreten.
Zweite Maihälfte 2002: Am Ende der letzten ANTIFA-INFO-Chronik hatten sich Khol und Westenthaler
zerstritten, aber bald folgte nun das FP-VP-Happy-Zwischen-End - Sie haben sich wieder lieb! Verursacht hat dies der (laut Khol) "Staatsmann" Jörg Haider, der Westenthaler anwies, das Kriegsbeil zu begraben. Offenbar hat man in den letzten Wochen seitens der FPÖ abgetestet, wie weit man die ÖVP ins
Eck drängen und wie laut man sie quietschen lassen kann. Und die ÖVP hat gequietscht, weil man dort
die unabdingbare völlige Abhängigkeit von der FPÖ kennt. Ohne Haiders Segen kein Schüssel und kein
Khol! Also kniet Euch nieder, Ihr Schüssels und Khols, und leckt den Haiders und Westenthalers in ewiger Dankbarkeit die Zehenspitzen!
Bemerkenswert: In den Zeit-in-Bild-Sendungen wurde der ÖVP-FPÖ-Konflikt in seiner Hauptphase völlig
totgeschwiegen. So einfach geht das, wenn eine Partei die Redaktion in der Hand hat. ÖVP-Mück als
Chef der TV-Information ordnet eben das "Schweigen im Walde" an, wenn er seinem Parteichef damit
helfen kann. Und die ÖsterreicherInnen sind damit zwangsweise lauter SCHWARZSEHER, weil die ÖVP
den ORF nach dieser Farbe ausrichtet! Ab sofort heißen Nachrichten "Nachrichten", weil sie sich nach
der ÖVP richten!
18.Mai 2002: In einem Leserbrief in der PRESSE beschwert sich FPÖ-Generalsekretär Schweitzer, die
FPÖ würde ungerechtfertigt in die Nähe von rechtsextremen Gruppierungen wie der FRONT NATIONAL oder dem VLAAMS BLOK gerückt, dabei gebe es weder inhaltliche noch sonstige Berührungspunkte der
FPÖ mit solchen Gruppierungen. Wozu ein Blick in die Chronik genügt: 10./11.November 2001: Auf der
Burg Kranichberg versammelt das Rechtsaußenblatt ZUR ZEIT des vormaligen FP-Ideologen und jetzigen
Kronenzeitungskolumnisten Andreas Mölzer Gustostückerl der europäischen Rechten: Megret von einer
Abspaltung der französischen FRONT NATIONAL, Dewinter vom VLAAMS BLOK und den ungarischen Antisemiten Istvan Csurka. Aus Österreich: FP-Historiker Lothar Höbelt, FP-Volksanwalt Ewald Stadler, die
nö. FP-Klubobfrau Rosenkranz, FP-Bundesrat Gudenus.
Also rundherum überhaupst keine Nähe nicht von den europäischen Rechtsextremisten zu den Freunden in der FPÖ!
19.Mai 2002: In einem Interview mit einer italienischen Zeitung bekräftigt Jörg
Haider seine Absicht für die EU-Wahlen 2004 mit einer europaweiten Liste
kandidieren zu wollen.
Was in der Folge zu verschiedenen Vermutungen über mögliche HaiderPartnerparteien führt. Z.B. tauchte im März in Sachsen-Anhalt das folgende
Plakat einer (erfolglosen) rechtsextremen "Freiheitlichen Deutschen Volkspartei" auf:
FP-seitig redet man sich aus: Haider würde eben ständig irgendwo zusammen mit irgendwelchen Leuten fotografiert. Die Frage, warum aber eine
rechtsextreme Partei gerade ihn aufs Plakat drucke, wird nicht gestellt.
20.Mai 2002: Von sieben Prozent der Befragten wurde die FPÖ-Bürgerwehr
in Graz als "sehr sinnvoll" bezeichnet.
99
20.Mai 2002: In einer Analyse des DOKUMENTATIONSARCHIV DES ÖSTERREICHISCHEN W IDERSTANDES
(DÖW) heißt es über die Rede von FPÖ-Volksanwalt Ewald Stadler, die dieser am 8. Mai zum Gedenken
an die Kapitulation Hitlerdeutschlands hielt, Stadler habe sich mit seiner Aussage, die Deutschen seien
mit historischen Hypotheken und Selbsthass belastet und diesem Selbsthass sei ein „enttabuisierter
Umgang mit unserer Geschichte” gegenüberzustellen, ausdrücklich auf den NPD-Funktionär Horst
Mahler berufen.
Horst Mahler, früher "Rote Armee Fraktion", jetzt NPD und Ideengeber für FPÖ-Stadler
21.Mai 2002: Stimmungslage für Parlamentswahlen: SPÖ 37%, ÖVP 29%, FPÖ 22%, Grüne 10%, andere 2%. Das wären an Mandaten ungefähr 70 für die SPÖ, 54 ÖVP, 41 FPÖ, 18 Grüne, somit 95 zu 88
für die Regierung.
21.Mai 2002: Der Vize-Vorsitzende des Zentralrates der Juden in Deutschland, Michel Friedman, fordert
von der FDP den Parteiausschluss des Vizeparteichefs Möllemann, weil dieser die antiisraelischen Attacken des ehemaligen Grünen Abgeordneten Jamal Karsli und die palästinensischen Selbstmordattentate
unterstütze. Karsli zieht in der Folge seinen Aufnahmeantrag in die FDP zurück.
22.Mai 2002: Sogar Otto Keimel, der Obmann des Kameradschaftsbundes, spricht sich dafür aus, die in
Österreich immer noch bestehenden Benachteiligungen für Deserteure der deutschen Wehrmacht auszugleichen. Bekanntlich werden zwar Dienstzeiten in der SS auf die Pension angerechnet, immer noch
nicht aber Haftzeiten wegen Fahnenflucht. Womit sich die Republik Österreich allem Anschein nach
auch 57 Jahre nach Kriegsende eher zur SS als zur Nichtpflichterfüllung für Nazideutschland bekennt.
Heil Hitler, liebe Bundesregierungen von 1945 bis 2002!
Pensionszeiten nur für Führer, Volk und Vaterland?
22.Mai 2002: Die Regierungsparteien bringen im Parlament einen Initiativantrag zum Vermummungsverbot ein. Als Höchststrafe ist ein Jahr Haft vorgesehen.
22.Mai 2002: In Birmingham, Alabama wird der 71jährige Ku-Klux-Klan-Funktionär Robert F. Cherry zu
einer lebenslangen Haftstrafe verurteilt. Er war einer der "Bomber von Birmingham", die 1963 bei einem
Anschlag auf eine von Farbigen besuchte Kirche vier Kinder töteten und zahlreiche Menschen verletzten.
Seinerzeit waren die Ermittlungsergebnisse des FBI auf Befehl des berüchtigten FBI-Chefs J. Edgar
Hoover vertuscht worden. Hoover war selbst ein Sympathisant der rechtsextremen Rassisten.
23.Mai 2002: US-Präsident Bush verliest auf seinem Staatsbesuch in der BRD eine gemäßigtere Rede
als man von ihm erwartet hatte. Wenigstens seine Redenschreiber sind also keine Idioten.
24.Mai 2002: Die Eintragungswoche für das Volksbegehren gegen den Ankauf von Abfangjägern für das
Bundesheer wird mitten in die Ferien gelegt: 29.7. bis 5.8.
24.Mai 2002: Die von der FPÖ mitbeschlossene Quotenregelung für ausländische Saisoniers hält Jörg
Haider für bereits überschritten, es sollen schon 26.000 statt der genehmigten 8.000 Ausländer in Öster100
reich befristet beschäftigt sein. Diese Quotenregelung dient vor allem im Fremdenverkehr als Lohndrücker.
25.Mai 2002: Günter Traxler im STANDARD (siehe dazu auch 20.5.):
Von mehreren Seiten wurde in den letzten Tagen gefordert, Ewald Stadler möge zurücktreten, weil er zuletzt am 8. Mai - öffentlich demonstriert hat, dass er zwischen den Verpflichtungen eines österreichischen Volksanwaltes und denen eines Anwaltes der Deutschvölkischen nicht zu unterscheiden weiß.
Das ist freundlich ausgedrückt. Im Prinzip ist die Forderung natürlich berechtigt, unter den obwaltenden
Umständen freilich reine Zeitverschwendung. (..)
Viel produktiver sollte es sein, Stadler als das vorzuführen, was er objektiv auch ist, nämlich nicht nur der
Transporteur einer Gesinnung, die dem offiziellen Grundkonsens der demokratischen Republik Österreich bis zur Bildung dieser Regierung diametral entgegengesetzt war, sondern auch das Maß dafür,
wie viel die einstmalige Österreich-Partei ÖVP von diesem Grundkonsens über Bord zu werfen bereit ist,
um sich den Bundeskanzler zu erhalten.
Ewald Stadler hat am 8. Mai nach einem "enttabuisierten" Umgang mit der Vergangenheit gerufen, wobei kein Zweifel offen blieb, dass die Enttabuisierung darin bestehen soll, dem Nationalsozialismus mit
Achtung zu begegnen. (..)
Für diesen "enttabuisierten Umgang mit der Geschichte" hat er sich, um jede Unklarheit zu beseitigen,
auf den Deutschen Horst Mahler berufen, einen pathologischen Antisemiten, der schon das "Verbot jüdischer Gemeinden" gefordert hat, von "Ausplünderungsfeldzügen der US-Ostküste" (eine Gegend, dem
österreichischen Ohr wohl bekannt) gegen die Völker Europas spricht und Terroranschläge daher schon
einmal als "eminent wirksam und deshalb rechtens" bezeichnete.
Außer vielleicht ein kaum vernehmbares Gegrummel war dazu vonseiten der ÖVP kein Wort zu vernehmen, auch nur annähernd so klar, dass man die Andeutung einer Aufforderung zum Rücktritt als Volksanwalt heraushören konnte. Auch jene, die sich sonst gern überkugeln vor österreichischem Patriotismus
und angeblich gar nicht so große Freunde der schwarz-blauen Koalition sind, gingen in Deckung, Wenn
der Volkspartei die Wende irgendwo gelungen ist, dann in der Abwendung von den Werten ihrer Gründer. (..)
Und sollte es in der SPÖ noch immer ein paar Opportunisten geben, die in einer rot-blauen Koalition den
Ausweg aus einer Sackgasse nach den Wahlen sehen wollen: Nur oft an Stadler denken. Das gibt heilsame Schocks.
26.Mai 2002: Die neue Version der Ausstellung "Vernichtungskrieg - Verbrechen der Wehrmacht" in
Wien wird beendet, seit April wurde sie von fast 30.000 Menschen besucht.
26.Mai 2002: Wie am 14.4. mit Friedrich Schlegel stellt Nenning in seiner Sonntagsdichterecke ein weiteres reaktionäres Arschloch aus der Zeit der Metternich-Herrschaft vor: Adam Müller, einen zutiefst vernagelten katholischen Staatsphilosophen. Und wieder beruft sich Nenning dabei auf Gerd-Klaus Kaltenbrunner, den extrem rechtskonservativen "Vordenker" aus der BRD, der es auch im österreichischen
Rechtsextremismus-Handbuch immerhin auf vier Erwähnungen bringt.
27.Mai 2002: In einer Zeitungskommentar im PDS-Blatt NEUES DEUTSCHLAND bezeichnet FDP-Vizechef
Möllemann Jörg Haider als Vorbild, die Partei des ermordeten Holländers Fortuyn nennt er als weiteres
Beispiel dafür, „die Probleme der Menschen ohne ideologische Scheuklappen zu erkennen und in der
Sprache des Volkes zu nennen”. Die Attacken Möllemanns auf Friedman vom Zentralrat der Juden
Deutschlands führt zu einer Steigerung des Wählerinteresses für die FDP.
27.Mai 2002: Die Grazer FPÖ-Bürgerwehr wird weiter ausgebaut, bereits 30 freiwillige Blockwarte beobachten die Bürger, strafbare Tatbestände wurden dabei aber noch nicht aufgeklärt.
28.Mai 2002: Die politische Umfärbung geht weiter, die Zusammenlegung der Pensionsversicherungen
der Arbeiter und der Angestellten zu einer einheitlichen Einrichtung macht es wieder möglich rot raus
und schwarz und blau hinein zu drängen. Der Generaldirektor wird schwarz, der Vizegeneral ein Freiheitlicher. Aber bekanntlich ist die FP-Decke an Fachleuten sehr dünn, darum wird dafür Reinhard
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Gaugg serviert, dessen bekannteste Qualifikation die NAZI-Definition mit "Neu Attraktiv Zielstrebig Ideenreich" war. Auch jetzt werden ihm zielstrebig und ideenreich einige neue und attraktive Wünsche zu
diesem Posten einfallen. Die Frau Vizekakadu sagt, Gaugg werde sein Mandat im Nationalrat zurücklegen, er sei qualifiziert und es könne kein Berufsverbot für Freiheitliche geben - ob alle, für die es kein Berufsverbot geben könne, deswegen Generaldirektorsposten erhalten?
73
10.November 1993: Der Kärntner FPÖ-Geschäftsführer Reinhart Gaugg soll nach einem Bericht der KÄRNTNER
TAGESZEITUNG auf die Frage, was ihm das Wort NAZI sage, geantwortet haben: „Neu, attraktiv, zielstrebig, ideenreich.“
101
29.Mai 2002: In Riva am Gardasee scheitert ein "Dreier-Landtag" von Tirol, Südtirol und Trentino. Die
Tochter des ehemaligen Südtirol-Terroristen Georg Klotz, Eva Klotz (Abgeordnete der "Union für Südtirol") hatte eine Amnestie für die rechtsextremistischen Bombenleger der Sechzigerjahre gefordert, der
Antrag wurde von ÖVP, SPÖ, FPÖ und der Südtiroler Volkspartei unterstützt, die Grünen verlangten individuelle Entscheidungen im Einzelfall, die Trentiner Abgeordneten waren gegen eine Amnestie. Daraufhin platzte die Versammlung. Aus dem fraglichen Personenkreis ist de facto niemand in Haft, die Attentäter waren seinerzeit in Italien in Abwesenheit zu langjährigen bis lebenslangen Haftstrafen verurteilt,
in Österreich aber freigesprochen worden. Bekannteste Figur war Peter Kienesberger, in Italien als vierfacher Mörder verurteilt.
30.Mai 2002: In der BRD gibt es nach dem "Fall Möllemann" eine weitere Antisemitismus-Debatte. Der
Schriftsteller Martin Walser hat einen Roman geschrieben, "Tod eines Kritikers", der sich als Attacke auf
den Literaturpapst Marcel Reich-Ranicki versteht. Da Reich-Ranicki jüdischer Abkunft ist, erhebt sich die
Frage, ob mit dem Buch nicht "antisemitische Klischees" bedient würden. Euer Chronist hat das Buch
(noch) nicht gelesen, nur Serien von total gegensätzlichen Meinungsäußerungen, in denen dieser Vorwurf lautstark bekräftigt und ebenso lautstark zurückgewiesen wird, ohne dass dabei klare politische Zuordnungen der einen oder der anderen Stimmen möglich wären. Daher lässt der Chronist dieses Thema
im Weiteren unberücksichtigt.
31.Mai 2002: Der israelische Universitätsprofessor Moshe Zuckermann über die Situation in Israel und
die Politik der jetzigen israelischen Regierung: „Israel ist in seiner Existenz schon seit Jahrzehnten nicht
mehr bedroht. Schon gar nicht ist es, wie von der staatlichen Propaganda immer wieder verbreitet, von
den Palästinensern in seiner Existenz bedroht. Man muss sich klar darüber werden, dass Israel heute
eine der stärksten Armeen der Welt besitzt. Niemand kann heute ernsthaft Israels Existenz bedrohen,
ohne dabei den eigenen Untergang zu riskieren. (..) Es gibt zischen Israel und Palästina kein symmetrisches Kräfteverhältnis, was sich in den Entwicklungen der letzten Wochen nur wieder bestätigt hat. Die
Palästinenser können Israel zwar schmerzhafte Nadelstiche und seiner Bevölkerung Schmerzen zufügen, es belästigen, nicht aber in seiner Existenz bedrohen”.
31.Mai 2002: In einem STANDARD-Interview bezeichnet der Kärntner ÖVP-Chef Wurmitzer Haider und
die FPÖ als unfähig zur Partnerschaft, es sei das Bestreben der FPÖ in alle Lebensbereiche einzudringen und sie mit ihr genehmen Leuten zu besetzen.
31.Mai 2002: Bei einer europaweiten "Aktion scharf" wurden in vier Wochen auf den Flughäfen 4.600
Personen festgenommen, die im Verdacht der illegalen Einreise in die EU standen.
Ende Mai 2002: Die Zuweisung des Vizegenerals der Pensionsversicherung an FP-Gaugg war vor der
offiziellen Vergabe bereits abgesprochen worden. Sozialminister Haupt bestreitet dies zwar, aber ein Sitzungsprotokoll beweist das Gegenteil.
Mai 2002: Im Auftrag des Innenministeriums soll der Zeitgeschichtler Gerhard Botz bis März 2003 weltweit achthundert Interviews mit den letzten noch lebenden Zeitzeugen aus dem KZ Mauthausen organisieren. Von den mehr als zweihunderttausend Mauthausen-Häftlingen hatte ungefähr die Hälfte die KZHaft überlebt, in den 57 Jahren seit 1945 sind naturgemäß weitaus die meisten davon inzwischen schon
verstorben. In Österreich und Deutschland sollen noch ca. 90 ehemalige Mauthausen-Insassen leben.
Österreicher gab es in Mauthausen relativ wenige, weil die Nazis üblicherweise die KZ-Häftlinge weit
entfernt von ihren Wohnorten unterbrachten. Antinazistische "Ostmärker" landeten eher in Dachau, Flossenbürg oder Buchenwald. Ungefähr 1.600 Österreicher waren Häftlinge in Mauthausen, weniger als
1.000 überlebten die Haft.
Einer der Überlebenden: Hofrat Hans Marsalek,
Obmann der Lagergemeinschaft Mauthausen
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1.Juni 2002: Aus dem 1995 eingerichteten Entschädigungsfonds für NS-Opfer wurden bisher 5,78 Millionen Euro ausgezahlt, bisher wurden 28.055 Anträge anerkannt.
2.Juni 2002: Auf dem Parteitag der SPD in Berlin stellt Parteichef und Bundeskanzler Schröder die Regierungsfähigkeit der FDP in Frage, die Partei müsse sich entscheiden, ob sie sich ihrer liberalen Tradition oder dem antisemitischen Kurs Möllemanns verpflichtet fühle.
3.Juni 2002: Wie uneffektiv die Verwaltungsreform der Regierung ist, belegt ein Sprecher der Beamtengewerkschaft im Finanzministerium: In den letzten 16 Monaten sind die Steuerschulden der Unternehmen von 2,2 auf 5,15 Milliarden Euro gestiegen: vornehmlich infolge Personaleinsparung.
4.Juni 2002: Die FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG lädt Jörg Haider von einer Diskussionsveranstaltung beim Europaforum in Berlin wieder aus, weil sich Haider „auf unakzeptable Form über den deutschen Außenminister Fischer geäußert” habe.
5.Juni 2002: Auf Anregung von Dr. Eiter wandte sich der Leiter des DÖW, Prof. Dr. Neugebauer, brieflich an Bundespräsident Dr. Klestil und ersuchte ihn, sich für die offizielle Ergänzung der HerzlGedenktafel in Salzburg und für die Einstellung der Strafverfahrens gegen den Aktionskünstler Prof.
Kastner einzusetzen. Der Bundespräsident hat schnell reagiert, was zu einem vollen Erfolg führte: Das
Strafverfahren wurde eingestellt, die Gedenktafel wird von der Stadt ergänzt werden!!! So erfreulich die
antifaschistische Haltung des Bundespräsidenten ist, so traurig ist es, dass sein Eingreifen notwendig
war. SPÖ und ÖVP hätten sonst unterlassen, was für demokratische Parteien selbstverständlich sein
müsste.
Zur Erinnerung 2002: In Salzburg hatte man im Jänner 2002 eine Tafel, auf der der Vater des Zionismus, Theodor Herzl mit "In Salzburg brachte ich einige der glücklichsten Stunden meines Lebens zu" zitiert wird, angebracht, der deutsche Aktionskünstler Wolfram Kastner hatte das aus dem Zusammenhang
gerissene Zitat vervollständigt: "Ich wäre auch gerne in dieser schönen Stadt geblieben, aber als Jude
wäre ich nie zur Stellung eines Richters befördert worden". Deswegen lief gegen Kastner ein Strafverfahren wegen schwerer Sachbeschädigung. Die Intervention des Bundespräsidenten führte nun bei unter
schweren Vernunftbeschädigungen leidenden Lokalpolitikern zum Einlenken.
6.Juni 2002: Im STANDARD findet sich ein ausführlicher Bericht über
Leo Kuhn. Der mittlerweile 94jährige ist der letzte der überlebenden
Mauthausen-Häftlinge, der immer noch Führungen durch das ehemalige KZ macht. Jede Woche führt er einmal Schulklassen durch die
Gedenkstätte. Mit Jahresende will er damit aufhören, dann ist er 95.
Leo Kuhn, wegen "Hochverrates" am 15.11.1938 verhaftet, weil er zusammen mit rund zwanzig Kollegen Flugzettel gegen die Nazis verbreitete. Aus einem sogenannten "Arbeitserziehungslager" bei Tulln
wurde er nach Mauthausen überstellt, wo er durch einen von der Widerstandsgruppe im Lager organisierten Identitätstausch mit einem
verstorbenen Häftling vor der Ermordung bewahrt wurde. Seit Mitte der
Siebzigerjahre stellt er sich als Zeitzeuge zur Verfügung.
6.Juni 2002: In Kärnten findet eine öffentliche Sitzung des Untersuchungsausschusses des Landtages über Haiders "private" Auslandsreisen statt.
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6.Juni 2002: FDP-Vizechef Möllemann entschuldigt sich für seine Behauptung, Michel Friedman sei
schuld am Antisemitismus, er sagt allerdings dazu, bei Friedman selbst entschuldige er sich nicht, dem
er einen "unerträglichen Habitus" (was das auch immer sein mag) ankreidet.
6.Juni 2002: In Graz wacht die Bürgerwehr. Drogendealer, Randalierer und Verwüster öffentlicher Einrichtungen werden beobachtet. Bisher hat man allerdings vom Bürgerwehrverein keine einzige Erfolgsmeldung erhalten. Eine solche wäre allerdings möglich gewesen, wenn die Damen und Herren Bürgerwächter ihren Chef, den Bundesheerobersten und das SS-Kameradschaftsmitglied Helge Endres im Auge behalten hätten. Kamerad Endres verursachte nämlich einen nächtlichen Verkehrsunfall mit zwei
Verletzten - er stand dabei unter Drogen. Auch wenn es sich "nur" um die beliebte Droge Alkohol handelt, besoffen darf man eben kein Kraftfahrzeug lenken. Der selbsternannte Verteidiger von Ruhe, Recht
und Ordnung, der nach eigener Aussage mit den Kameraden ein paar Biere zuviel getrunken hatte, zieht
sich daraufhin aus der Politik (Grazer FPÖ-Gemeinderat) zurück, von seinem Bürgerwachtverein hört
man in der Folge nichts mehr.
Much stellt in NEWS den Einsatz der Grazer Bürgerwehr wahrhaft überzeugend dar
Erste Junihälfte 2002: In Polen findet die rechtsextreme und antisemitische Partei namens "Samoobona" ("Selbstverteidigung") immer mehr Zuspruch in der Bevölkerung, bei den letzten Wahlen erhielt sie
über 10%, jetzt hat sie angeblich schon 17% Anhänger. Unterstützt wird die Partei durch den rechtsextremistischen katholisch-fundamentalistischen Sender RADIO MARYJA.
7.Juni 2002: Weil der österreichische Gendarmeriechef Strohmeyer nicht derselben Meinung war wie
Innenminister Strasser und dies auch öffentlich äußerte, wird er jetzt zur Flugpolizei strafversetzt.
9.Juni 2002: Bundesparteitag der FPÖ in Salzburg. Frau Vizekakadu lobte fast eineinhalb Stunden die
Politik der FPÖ und der Regierung, Kindergeld, Abfertigung neu und Nulldefizit, gefordert wird für 2003
eine Steuerreform. Haider verspricht in seiner Rede „weiter Zurufe aus dem Süden”, denn er wolle „zur
freiheitlichen Handschrift” beitragen, für die NRW 2003 setzt er ein Wahlziel von 25% für die FPÖ. Bei
den Parteivorstandswahlen erhält die von Haider hoch gelobte Riess-Passer 90,8%, Westenthaler nur
magere 73%.
9./10.Juni 2002: Bei Kommunalwahlen in Italien verliert die Regierungskoalition, die linken Oppositionsparteien gewinnen dazu. Die Opposition spricht von einer Trendumkehr.
10.Juni 2002: Für heute wäre in St. Pölten ein Zivilprozess Haider gegen Kleindienst angesetzt gewesen. Haider hatte wegen Ehrenbeleidigung und Rufschädigung geklagt, weil Kleindienst von einer Verwicklung Haiders in die Spitzelaffäre gesprochen hatte. Nun zieht Haider die Klage zurück, eine gerichtliche Erörterung der Vorwürfe von Kleindienst gegen Haider findet nicht statt.
10.Juni 2002: Weitere Umfärbung im Innenministerium, Strasser versetzt den SPÖ-nahen Stapo-Chef
Heindl zur EDV und holt sich dafür den schwarzen Bundesheergeheimdienstler Gert Polli, er soll die
Staatspolizei in ein "Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung" umwandeln.
11.Juni 2002: Die Forderung der FPÖ, hinkünftig den Funktionären von Sozialpartnerschaftseinrichtungen und Beschäftigten der Sozialversicherungseinrichtungen das passive Wahlrecht zum Nationalrat zu
verwehren, wird auch von der ÖVP abgelehnt.
12.Juni 2002: Ein Vertrag der Bundesländer mit der Israelitischen Kultusgemeinde über die Entschädigung für das während der NS-Zeit geraubte oder zerstörte Eigentum der jüdischen Gemeinden wird in
Gmunden unterzeichnet. Demnach erhält die Kultusgemeinde in den kommenden fünf Jahren insgesamt
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Entschädigungen in der Höhe von 18 Millionen Euro. Damit der Vertrag wirksam wird, müssen noch zwei
laufende Gerichtsverfahren in den USA beendet werden.
12.Juni 2002: Gegen den Gründer der NPÖ (Nationaldemokratische Partei Österreichs), einen gewissen
Gregor Maierhofer leitet die Grazer Staatsanwaltschaft Vorerhebungen wegen des Verdachtes des Verstoßes gegen das NS-Verbotsgesetz ein. Von der NPÖ wurde inzwischen ein VVN gegründet: "Verein
verfolgter Nationalisten". In der BRD heißt VVN "Verband der Verfolgten des Naziregimes" und ist eine
ähnliche Organisation wie in Österreich der KZ-Verband. Der mutmaßliche Neonazi Maierhofer will wohl
auch noch witzig sein.
13.Juni 2002: Die Gewerkschaft der Gemeindebediensteten schließt den mutmaßlichen Behindertenmörder Dr. Heinrich Gross aus.
16.Juni 2002: Im zweiten Durchgang der französischen Parlamentswahlen baut die Rechte ihren Wahlsieg weiter aus und erreicht durch das Mehrheitswahlrecht eine Mehrheit von 400 der 577 Sitze. Die
FRONT NATIONAL von Le Pen allerdings scheitert völlig, sie war nur in wenigen Wahlkreisen in die Stichwahl gekommen und brachte keinen einzigen Kandidaten durch.
16.Juni 2002: Wahlen in Tschechien. Die Sozialdemokraten erreichen 30,2% (-2,1), die rechtsliberale
Demokratische Bürgerpartei erhält 24,5% (-3,3), Dritter werden die Kommunisten mit 18,5% (+7,5), die
christlich-liberale Wahlkoalition sank auf 14,3% (-3,4%) - das Wahlergebnis lässt weder für Temelin noch
für die Benes-Dekrete eine Veränderung in der zukünftigen Politik erwarten.
18.Juni 2002: Günter Traxler verweist im STANDARD auf die Internetdiskussionsseite der PRESSE, dort
sind serienweise engagierte Lesermails zu finden. Engagiert im Sinne der NS-Wiederbetätigung - warum
es (die sich als bürgerlich-demokratisch verstehende) Zeitung für angebracht hält, dümmstes deutschnationales, minderheitenfeindliches und antisemitisches Geschmiere ins Internet zu stellen, ist nicht recht
nachvollziehbar. Oder entsprechen diese Ansichten eben der Leserschaft?
18.Juni 2002: Otto Molden stirbt 84jährig, er war eine der führenden Personen unter den spärlichen bürgerlichen Hitlergegnern und in der Widerstandsgruppe "05" engagiert.
19.Juni 2002: Haiders Absicht zur Einrichtung einer Flugverbindung von Klagenfurt nach England dorthin zu fliegen, veranlasst den englischen GUARDIAN zu folgendem Artikel über Haider.
Jörg Haider, der notorische Rechtsaußen der österreichischen Politik, will kommende Woche Großbritannien besuchen. In seiner Eigenschaft als Kärntner Landeshauptmann hofft er offenbar, sein Land
promoten zu können - gemeinsam mit der Billigfluglinie Ryanair, die eine Direktverbindung von Stansted
nach Klagenfurt eröffnet. Den Vorinformationen zur Pressekonferenz entnehmen wir u.a. den Slogan
"Kärnten, wo Wachstum und Wohlstand Hand in Hand gehen", der Bilder von Unternehmern in Lederhosen und Kniestutzen herbeizaubert, die á la Julie Andrews
durch blühende Alpenwiesen hüpfen.
In seiner Eigenschaft als Hitler-Apologet, Waffen-SS-Bewunderer und hinterhältiger Antisemit aber wird Haider wohl nicht
überrascht sein, wenn die Anti-Nazi-Liga bei seiner Ankunft
gegen ihn demonstriert. So wie sich auch Ryanair über den einen oder anderen Protestbrief nicht wundern dürfte. Schließlich
hat es die Firma zugelassen, dass ihr Name mit Haider in Verbindung gebracht und von ihm beschmutzt wird. Jetzt sagt ein
Sprecher blauäugig: "RyanAir kümmert sich nicht um Politik."
Angesichts der Ignoranz und Naivität, die solche Erklärungen
dokumentieren, hat es manchmal den Anschein, als hätte Geschichte nie stattgefunden, als wäre das Dritte Reich nie in
Schutt und Asche gelegt worden, als hätte in Südafrika nie die
Apartheid regiert oder als hätte es am Balkan nie einen Genozid gegeben. Solche Verhaltensweisen legen den Gedanken
nahe, die fortlaufenden Attacken gegen jüdische Minderheiten
in Wien, Berlin und anderswo in Europa seien egal. Tatsächlich
ist das ganz und gar nicht egal. Und der widerliche Herr Haider
ist ein Teil dieses Problems. Er ist hier nicht willkommen. Sein
Besuch gefährdet die öffentliche Ordnung und sollte verboten
werden.
allzu freundlich sieht der Guardian-Karikaturist Haider nicht
21./22.Juni 2002: Beim EU-Gipfel in Sevilla bereiten die EU-Staaten eine einheitliche Regelung für die
Einwanderung in die "Festung Europa" vor. In den letzten zehn Jahren stammten die Asylwerber in den
EU-Staaten überwiegend aus Jugoslawien, gefolgt von Rumänien und der Türkei (Kurden), auch aus
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dem Irak und Afghanistan suchten viele Asyl in Europa. Eine einheitliche Regelung der Zuwanderung
kann sicherlich nicht generell kritisiert werden, eine rechtliche Klarstellung (wie etwa bei der Einwanderung nach den USA oder nach Kanada) der Voraussetzungen würde diesen Konfliktbereich sicherlich
ordnen und entspannen. Die rechten Hardliner, die Sanktionen gegen die Herkunftsstaaten der Auswanderer forderten, setzen sich nicht durch. Rund 20.000 Globalisierungskritiker demonstrierten gegen das
Treffen.
20.Juni 2002: In Wien stirbt der Zeitgeschichteprofessor Michael Weinzierl, Sohn von Erika Weinzierl
und Mitbegründer des "Republikanischen Clubs Neues Österreich".
21.Juni 2002: In der BRD stimmt der Bundesrat der in Bundstag gegen die Stimmen von CDU/CSU und
FDP beschlossenen Aufhebung aller Urteile der NS-Zeit gegen Homosexuelle und Deserteure zu. Im
Bundestag hatte die CDU kritisiert, diese Regelung stelle eine "Verklärung der Fahnenflucht" dar, es
werde der Eindruck erweckt, wer nicht desertiert sei, habe unwürdig gehandelt. Man hat also in der BRD
ein ähnliches Problem wie in Österreich: Für Nazideutschland gekämpft zu haben, ist ehrenhaft, Widerstand Verrat an Führer, Volk und Vaterland. Heil Hitler liebe Kameraden!
21.Juni 2002: Die Kärntner Slowenenorganisationen verlangen im Sinne des Verfassungsgerichtshofurteils zu den zweisprachigen Ortstafeln 394 zusätzliche solche Aufschriften, was von Haider und der
Landesregierung als "völlig unakzeptabel" zurückgewiesen wird. In der Folge einigt man sich allerdings
darauf, dass ein Kompromiss über die Anzahl ausgehandelt werden soll.
unser Vorschlag - in Kärnten wären dreisprachige Ortstafeln zu empfehlen: österreichisch, slowenisch, kärntnerdeutsch
Um den 21.Juni 2002: Nach altem Brauch feiern in Busch und Feld die Deutschnationalen mit Sonnwendfeiern und Sonnwendfeuern den Sommerbeginn und geben dortselbst ihre Meinungen kund. So
feuerredete am Kobenzl ein gewisser Schmidt aus dem Altreich bei der Burschenschaft Olympia, über
die Feinde, „vor allem jene, die an der amerikanischen Ostküste mit Feder und Mikrophon gewirkt haben
und noch immer wirken” seien „zutiefst erschrocken über die ungeheure Kraftentfaltung zu der unser
Volk in zwei Weltkriegen fähig war”. Daher habe man versucht „diesem Volk das geistige und seelische
Rückgrat zu brechen durch das, was sie anmaßend Umerziehung nannten”. Mit der Wehrmachtsausstellung werde versucht „die Toten unseres Volkes im Nachhinein um den Sinn ihrer Opfer zu betrügen”.
Womit der NS-geistige Burschenschaftler offenbar davon ausgeht, dass die Opfer des NS-Imperialismus
im Vornhinein einen Sinn gehabt hätten. Wenn bloß der Führer den Krieg gewonnen hätte!
In Seebarn (NÖ.) versammeln sich die Olympen ebenfalls, dort brandredet der Herr Volksanwalt Ewald
Stadler (siehe dazu: 4./5.Juli).
24.Juni 2002: "Zeugnis" für die Regierung im STANDARD. Nach der Meinung der ÖsterreicherInnen ist
Finanzminister Grasser das beste Regierungsmitglied, er bekommt 2,34 als Note, Riess-Passer bekommt 2,88, Schüssel 3,13, Haupt 3,44, Böhmdorfer 3,79, Reichhold 4,28.
24.Juni 2002: Im Nahen Osten eskaliert der Konflikt weiter, palästinensische Selbstmordattentäter sind
der Anlass für eine neuerliche Besetzung von Arafats Amtssitz durch israelisches Militär, gegen 500.000
Palästinenser wird eine Ausgangssperre verhängt.
24.Juni 2002: Der Verfassungsgerichtshof hebt die diskriminierenden Bestimmungen über das Schutzalter für homosexuelle Sexualkontakte auf.
Zweite Junihälfte 2002: Die Affäre um den Waffenhändler Schreiber in der BRD hat immer noch eine
starke österreichische Komponente. Bundeskanzler Schüssel hat bisher in Sachen Bundesheerradar106
systeme zum Ankauf der Produkte des Drittgereihten keine Stellungnahme abgegeben. Die Andeutungen des inhaftierten Waffenhändlers lassen die Motive für diese Anschaffung offen.
27.Juni 2002: Der 86jährige Michael Gruber wird aus den USA nach Österreich ausgewiesen, er soll
seinen Dienst in der SS gegenüber den Einwanderungsbehörden 1956 verschwiegen haben.
27.Juni 2002: Deutsche Wahlumfrage: CDU/CSU 40%, SPD 38%, FDP 8% (nach einem antisemitischen
Höhenflug auf 12%!), Grüne 8% und PDS 6%.
28.Juni 2002: Ein Entwurf für den Dienstvertrag des Nazibuchstabierers Gaugg als Vizegeneral bei der
Pensionsversicherung enthält einige Annehmlichkeiten: Unkündbarkeit von Anfang an, massive Vordienstzeiten und Verzicht auf die für andere obligate Dienstprüfung (über die der Gewerkschaftler Sallmutter sagt, dass Gaugg sie niemals schaffen würde).
30.Juni 2002: Die Grünen weisen auf einen Skandal in Graz hin, am Grazer Zentralfriedhof prangt auf
dem Grab eines SA-Sturmbannführers, der beim Naziputsch von 1934 erschossen wurde, die Aufschrift
"er fiel im Kampfe für Großdeutschland" samt Hakenkreuz. Das Abzeichengesetz und das Verbotsgesetz
gelten in der "Stadt der Volkserhebung" anscheinend nicht.
Heil Hitler, liebe Friedhofsverwaltung!
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30.Juni 2002: Die schon lange angenommene Nazisympathien des britischen Kurzzeitkönigs Edward
VIII. und seiner Gattin Wallis Simpson erhält neue Belege: Das FBI will ermittelt haben, dass Mrs. Simp75
son ein Verhältnis mit dem damaligen deutschen Botschafter in London, Joachim von Ribbentrop gehabt habe. Der ehemalige König hatte 1937 Hitler in München besucht und war später von Churchill als
Gouverneur nach Panama abgeschoben worden, als das Ehepaar von dort Kontakte in die USA aufnahm, wurde es vom FBI überwacht.
1.Juli 2002: Westenthaler verlangt, dass künftig Einwanderer in Österreich nur Anspruch auf Sozialleistungen auf dem Niveau ihrer Herkunftsländer haben sollen. Ein Münchner Wirtschaftsforschungsinstitut
habe nämlich festgestellt, dass die „attraktiveren sozialen Sicherungssysteme in Westeuropa” wichtige
Ursachen für Zuwanderung sind.
1.Juli 2002: Die extrem teuren Coaching-Kosten für die ehemalige Infrastrukturministerin Forstinger beschäftigen jetzt die Staatsanwaltschaft. Die Innenrevision des Ministeriums hat ihren Prüfbericht wegen
des Verdachtes der rechtswidrigen Auftragsvergabe an die Staatanwaltschaft übermittelt. Aufträge über
rund eine Million Euro sollen ohne entsprechende Ausschreibungen vergeben worden sein.
2.Juli 2002: Die jetzige Regierung hat sich immer gerne als Staatsausgabensanierer darzustellen versucht, massive Ausgabenkürzungen und Abgabenerhöhungen sollen den Staatshaushalt ins Plus bringen. Damit das doch nix wird, beschließt der Ministerrat einstimmig die größten Ausgabe, die je von einer Regierung für ein Projekt aufgewendet wurde: Man kauft um 2 Milliarden Euro 24 Abfangjäger des
teuersten Typs.
das brauchen wir ganz dringend: 24 Eurofighter
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er trat wegen seiner Ehe mit der Mrs. Simpson, einer geschiedenen Amerikanerin, 1936 zurück
75
nachmaliger deutscher Außenminister und enger Vertrauter Hitlers
107
2.Juli 2002: Der chilenische Massenmörder und vormalige Diktator von USA Gnaden, Augusto Pinochet
ist jetzt endgültig sicher vor der verdienten Strafe, er wird nicht am Halse aufgehängt bis der Tod eintritt,
sondern kann seinen Lebensabend in Ruhe verbringen, der oberste Gerichtshof Chiles hat die Verfahren
gegen ihn endgültig eingestellt, Pinochet legt darauf seinen Senatssitz zurück, der ihm bisher als Immunitätssicherung diente.
2.Juli 2002: Die Forderung Westenthalers über Einschränkungen von Sozialleistungen an Einwanderer
wird auch vom Koalitionspartner zurückgewiesen. Ausländer sind bei den Sozialleistungen Nettozahler.
3.Juli 2002: Angestelltengewerkschaftschef Sallmutter sagt, der ÖGB müsse künftig stärker auftreten,
indirekt übt er massive Kritik an Verzetnitsch, der als ÖGB-Chef ja wirklich ein hoffnungsloser Fall ist.
Vielleicht gelingt im Zuge der geplanten ÖGB-Reform ein Austausch.
4.Juli 2002: Das DÖW stellt fest, dass die Behauptung des Innenministeriums gegen den aus den USA
ausgewiesenen SS-Mann Gruber (siehe 27.6.) lägen seitens des Dokumentationsarchivs keine Bedenken vor, nicht zutreffe. Gruber sei KZ-Wächter gewesen und daher bestünde "zumindest ein Anfangsverdacht".
4.Juli 2002: Gaugg besteht darauf als künftiger Vizegeneraldirektor der Pensionsversicherung sein Nationalratsmandat zu behalten.
4.Juli 2002: Die Historikerkommission, die seit 1998 den österreichischen Umgang mit der Bewältigung
der NS-Zeit erforscht, legt einen 4.000 Seiten dicken Zwischenbericht vor: Die Republik Österreich hat
den Opfern den „Zugang zu Gerechtigkeit und Entschädigung nicht leicht gemacht”.
4./5.Juli 2002: Der Text der Sonnwendfeierrede von FP-Volksanwalt Ewald Stadler wird öffentlich bekannt, er sagte am 21.6. unter anderem:
"Das Feuer, das Kelten und Germanen zur sommerlichen Sonnenwende entzündet haben, galt zunächst
der Fruchtbarkeit, und dem Dank für reiche Ernte. Reiche Ernte hat auch der Tod im vergangenen Jahrhundert unter unserem Volk gehalten. Und es war nicht immer eine Befreiung, wie es uns die gnadenlosen Gutmenschen und Tugendterroristen, die heute Wehrmachtsveranstaltungen und Wehrmachtsausstellungen gestalten, einreden wollen, die unser Volk im vergangenen Jahrhundert erfahren hat. 1918
sind wir angeblich von der Tyrannei der Monarchie befreit worden 1934 wurden wir angeblich vom Chaos der Demokratie befreit, 1938 wurden wir angeblich vom Kleriko-Faschismus befreit, und 1945 - und
das ist zur Staatsideologie geworden - sind wir angeblich vom Faschismus und von der Tyrannei
befreit worden, und in die nächste Tyrannei geraten, insbesondere hier auf diesem Boden, auf dem
wir uns heute befinden. Und letztlich, 1994, sind wir von der Selbstständigkeit befreit worden, als unser
Land entschieden hat, in die Europäische Union mit 1.1.1995 einzutreten". Aus allen politischen Lagern
wird Kritik an Stadler laut - was Stadler nicht stört.
Nun kann man sicherlich darüber unterschiedlicher Meinung sein, ob 1945 Österreich befreit oder besiegt wurde. Befreit wurde eine Minderheit von Antinazis, besiegt wurde die Mehrheit unserer ach so
braven Eltern und Großeltern, denn der Nationalsozialismus war in Österreich eine Regierungsform, die
von der Mehrheit der Bevölkerung unterstützt wurde.
Stadler machte in seinen Ausführungen den Kniff, dass er formal auch den Nationalsozialismus ablehnte, um dafür die Sieger über den Nationalsozialismus mit diesem auf die gleiche Stufe stellen zu können
(siehe Artikel dazu an anderer Stelle).
5.Juli 2002: In Hamburg wird ein 93jähriger SS-ler zu sieben Jahren Haft wegen Geiselmord verurteilt.
5.Juli 2002: Bisher wurden vom österreichischen Versöhnungsfonds an 71.435 ehemalige NS-Zwangsarbeiter Entschädigungen ausgezahlt, das sind knapp die Hälfte der erwarteten Anspruchsberechtigten.
5.Juli 2002: Unmut beim Cartellverband. Bei der Generalversammlung war ein Bekenntnis der katholisch-schwarzen Elitenvereinigung zur souveränen, demokratischen Republik Österreich beschlossen
worden. Die zahlreichen Anhänger der Monarchie in den Reihen des CV sind seitdem beleidigt. Sie wollen immer noch ihren Kaiser zurück, der unrechtmäßig gestürzt worden sei.
5./6./7.Juli 2002: Stadler erfährt vermehrt Kritik und Zuwendung, seine Parteifreunde Windholz und Haider begegnen seinen Äußerungen mit vollstem Verständnis, der Vizekakadu versteht die Aufregung nicht
und hält die Diskussionen für überflüssig, der Rest der Welt haut ihn nieder.
8.Juli 2002: Pech für Gaugg, er fällt mit seinen Forderungen gegenüber seinem künftigen Dienstgeber
Pensionsversicherungsanstalt durch, auch die Dienstprüfung muss er machen.
8.Juli 2002: Die Staatsanwaltschaft prüft die Stadlerrede auf den Verdacht der NS-Wiederbetätigung.
9.Juli 2002: Nachdem auch Haider seine schützende Hand über Gaugg abgezogen hat und ihm der Vizekakadu mit Parteiausschluss drohte, bequemt sich der zielstrebige Postensammler nun doch zur Zusage eines Mandatsverzichtes.
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Erste Julihälfte 2002: Das Mauthausenkomitee plante die Errichtung eines Begegnungszentrums für
die jugendlichen Besucher der Gedenkstätte im ehemaligen KZ Mauthausen und führte darüber Gespräche mit dem Innenministerium. Nachdem es vorerst schien als ob diese Pläne durchgeführt werden
könnten, stellt sich das Innenministerium nun quer und errichtet selbst ein Besucherzentrum.
Helmut Edelmayer vom Mauthausen-Komitee schildert im Regionalfernsehen die Problematik - auch im Fall der Gedenkstätte
Mauthausen geht die schwarze Parteipolitik vor
9.Juli 2002: Der Leiter des Pariser Simon-Wiesenthal-Zentrums, Shimon Samuels, sagt, dass sowohl in
den USA als auch in Europa die Zahl der antisemitisch bedingten Gewalttaten gestiegen sei.
9.Juli 2002: Die Zahl der Asylanträge ist im ersten Halbjahr 2002 in Österreich im Vergleich zu 2001 um
rund 2.000 auf 17.000 gestiegen.
Erste Julihälfte 2002: Zu Haiders "Privatbesuch" im Irak tauchen Unterlagen auf, die eine Einladung an
den (nicht privaten) Landeshauptmann von Kärnten (Governor of Carenthia) belegen.
Haider hält weiterhin intensiven Kontakt mit dem Irak
10.Juli 2002: Volksanwalt Kostelka und Volksanwältin Bauer und distanzieren sich von Volksanwalt
Stadler, von der Opposition wird eine gesetzliche Regelung über die Abberufung von Volksanwälten gefordert.
Bauer und Kostelka bei ihrer Pressekonferenz
109
Stadler will Volksanwalt bleiben und bei den nächsten Landtagswahlen in Niederösterreich wieder kandidieren
Unerwartete Unterstützung erhält Stadler von Moishe Arye Friedman, einem ziemlich weit nach rechts
gerichteten Rabbiner, der seit längerer Zeit vergeblich versucht, in Wien eine zweite Kultusgemeinde
einzurichten, Friedman meint, die Angriffe auf Stadler seien ungerechtfertigt. Woraus man wieder einmal
lernt: Rechts und rechts gesellt sich gern.
10. Juli 2002: In Argentinien erlässt ein Richter überraschend 42 Haftbefehle gegen ehemalige Angehörige der Militärjunta (1976-1983), obwohl nach Ende der Diktatur etliche Amnestiegesetze erlassen wurden. Der Bundesrichter Claudio Bonadio ist der Ansicht, dass sich diese Amnestien nicht auf Kindesraub
und das Verschwindenlassen von Menschen beziehen können. Am 11.7. wird einer der berüchtigtsten
Juntaführer, Leopoldo Galtieri, festgenommen.
10.Juli 2002: Manchmal fällt sogar dem Schüssel was auf, er meint nun, es seien immer wieder die selben Leute, die mit missverständlichen Äußerungen auffielen. Nicht fällt ihm anscheinend dabei auf, dass
es lauter Leute aus der FPÖ sind, die so sehr unter diesem Missverständnissyndrom leiden und vergessen hat er wohl auch, dass es diese Missverständnisser waren, die ihn zum Regierungschef machten.
10.Juli 2002: Erste Runde der neuen Bundesligafußballmeisterschaft, Pasching gegen den Jörg-HaiderVerein FC Kärnten 3:0! Super!
11.Juli 2002: Auf Druck der Opposition gibt es im Parlament vor der Sommerpause doch noch eine Debatte über die rechtsextremistischen Ausfälle des freiheitlichen Volksanwaltes Stadler. Wobei vor allem
Schüssel durch seine Zurückhaltung auffällt, ohne Stadler namentlich auch nur zu erwähnen, meint er,
man sollte „Opfer nicht ausspielen” , es könne keinen Vergleich der Zeit vor und nach 1945 geben. Für
Westenthaler ist Stadler ein „lupenreiner Demokrat”, was nicht so sehr wundert.
van der Bellen schätzt Stadler anders ein
Auch ÖVP-Klubchef Khol sagt, Stadlers Sonnwendfeier-Rede hätte nicht gehalten werden sollen.
Ariel Muzicant verlangt eine Neuordnung der Zuständigkeiten der Volksanwälte, viele Angehörige der Israelitischen Kultusgemeinde hätten kein Vertrauen zu Volksanwalt Stadler.
Lieber Muzicant, nicht nur die Angehörigen der Kultusgemeinde! Auch z.B. die LeserInnen des ANTIFAINFO entbehren eines solchen Vertrauens!
110
11.Juli 2002: Als "letzter Kriegsheimkehrer" wird in allen Medien der ehemaliger Österreicher Franz
Steeg bezeichnet, der in sowjetischer Gefangenschaft eine Sowjetbürgerin geheiratet und die sowjetische Staatsbürgerschaft angenommen hatte und jetzt nach Österreich zurückkehrte.
14.Juli 2002: Ein Kommunal-Kandidat der Liste Mégret (einer Abspaltung von Le Pens FRONT NATIONAL,
mit Kontakten zur FP, siehe 18.5.) versucht während einer Parade zum Nationalfeiertag ein Gewehrattentat auf den französischen Präsidenten Chirac, schießt fehl und wird festgenommen.
15.Juli 2002: Meinungsumfrage zur Stadleraffäre: 37% sind für einen Rücktritt Stadlers, 59% sehen das
Jahr 1945 als Jahr der Befreiung, 29% als Jahr der Besetzung. Gleichzeitig wurde dabei auch gefragt, in
welchen historischen Zeiten Österreich frei gewesen sei. Wo sich zum Teil auch die Unwirksamkeit des
Zeitgeschichteunterrichts zeigt, wenn zwischen Monarchie, 1. Republik, Austrofaschismus, Nationalsozialismus und Besatzungszeit fast gleiche Freiheits- oder Unfreiheitsquoten genannt werden.
15.Juli 2002: Bis Jahresende will die EU-Kommission EU-Normen zur Abschiebung von Ausländern
ausarbeiten.
16.Juli 2002: In Graz wurde eine Affäre um den FPÖ-Gemeinderat Spielberger bekannt, er soll zwei
Mitarbeiterinnen längere Zeit sexuell belästigt haben, worüber seinerzeit in Anwesenheit vom damaligen
steirischen FP-Chef Schmid und Mares Rossmann ein Protokoll angefertigt wurde, wovon auch an
Riess-Passer eine Kopie erhielt. Als der STANDARD jetzt darüber berichtete hieß es erst, Spielberger trete
zurück, jetzt dementiert er, er tritt nicht. Die Stadtpartei kündigt ein Ausschlussverfahren an.
16.Juli 2002: Der STANDARD meldet, dass in der nö. FPÖ die Absicht bestünde, für die Landtagswahl im
Frühjahr 2003 statt Windholz Volksanwalt Stadler als Spitzenkandidaten aufzustellen. Wofür auch
spricht, dass Stadler in einem Fernsehinterview meinte, der Volksanwaltsposten habe bisher als eine Art
Ausgedinge für ältere Politiker gewirkt, er habe mit seinen 41 Jahren aber noch andere Absichten.
16.Juli 2002: Bis zur UNO-Menschenrechtskommission zog der Linzer Türke Mümtaz Karakurt und bekommt dort Recht: das Verbot als Ausländer Betriebsrat werden zu dürfen, ist eine unzulässige Diskriminierung.
17.Juli 2002: Justizminister Böhmdorfer sagte immer, er habe mit seiner früheren Rechtsanwaltskanzlei
nichts mehr zu tun. Jetzt wird bekannt, dass er die Kanzlei "Böhmdorfer-Gheneff KEG" gegen einen Betrag von monatlich netto 100.000 Schilling (!!!) verpachtet hat. Böhmdorfer meint dazu nur, dass der
Pachtvertrag dem parlamentarischen Unvereinbarkeitsausschuss vorgelegt worden sei. Für einen Nettoertrag von 100.000 sind um die 200.000 brutto erforderlich, bemerkenswert, dass eine gut gehende
Kanzlei einen derartigen Ertrag abwerfen kann, die Gebührenordnung für anwaltliche Dienstleistungen
steht offenbar in keiner Weise unter einem Druck von Konkurrenz.
18.Juli 2002: Auch im zweiten Versuch lehnt der zuständige Ausschuss einen Sondervertrag (Extragage, Unkündbarkeit, keine Dienstprüfung) für den designierten Vizegeneraldirektor der Pensionsversicherung, Reinhard Gaugg, ab. In der FPÖ ist man darüber zutiefst empört, mit „brutalen Methoden” werde
versucht „ein freiheitliches Kontrollorgan von dieser schwarz-roten Machtzentrale fern zu halten”, empört
sich Klubobmann Westenthaler. Immerhin auch eine interessante Auffassung, ein stellvertretender Generaldirektor sei ein Kontrollorgan.
19.Juli 2002: Zu Gaugg legt Westenthaler nochmals nach, Generaldirektor Wetscherek (ÖVP) sei unfähig und fehl am Platz, wenn er den Sondervertrag mit Gaugg nicht durchbringe, es gehe jetzt in der Pen76
sionsversicherung um einen „Kampf gegen die rot-schwarzen Lemuren” (eine schwarze Lemure hatte
im Ausschuss gegen Gaugg gestimmt).
21.Juli 2002: Nach Berichten amerikanischer Zeitungen wurden von den US-Truppen in Afghanistan in
den letzten sechs Monaten rund 800 Zivilisten durch ungerechtfertigten Waffeneinsatz und militärische
Fehlgriffe getötet. Solche Dinge sind in unseren Medien selten zu lesen und wenn dann nur als Zehnzeilennotiz. Euer Chronist erinnert sich noch sehr gut an die Berichterstattung in der Zeit der Indochinakriege der USA (Vietnam, Kambodscha), damals gab es in den allermeisten Medien auch nur die Aussendungen der US-Propaganda zu hören und zu lesen.
22.Juli 2002: Im Nahen Osten erwägt die radikal islamitische HAMAS einen Stopp der Terroranschläge.
23.Juli 2002: Haider verlangt zum Fall Gaugg die FPÖ-Minister sollten einen Sonderministerrat einberufen lassen, „um in dem Stall kräftig auszumisten”. Ist ja schließlich eine Gemeinheit, wenn der rotschwarze Proporz solange funktioniert hat und jetzt der schwarzblaue nicht funktioniert. Wozu von SPÖSeite folgender trockener Einwurf kommt, es stimme, dass es rot-schwarzen Proporz gegeben habe, aber die dadurch eingestellten Leute hätten wenigstens von der Sache was verstanden.
76
Lemure, biologisch: Halbaffenart, mythologisch: Geist eines Verstorbenen, Gespenst
111
23.Juli 2002: Die Staatsanwaltschaft Wien stellt fest, der Grünabgeordnete Öllinger
rer.
77
ist kein Randalie-
23./24./25.Juli 2002: In der ÖVP wird um den Wahltermin für die nächste Nationalratswahl gestritten.
Der Wahlmanager Strugl hatte den Sommer 2003 vorgeschlagen und wird jetzt heftig zurückgepfiffen.
24.Juli 2002: Der israelischen Ministerpräsidenten Ariel Sharon schlägt in einer Fernsehsendung vor,
die diplomatischen Beziehungen zu Österreich wieder zu normalisieren 78.
Aus Oppositionskreisen in Israel kommt Kritik am Vorschlag Sharons und die Feststellung, die jetzige israelische Regierung wolle die "Normalisierung" der Beziehungen zu Österreich, weil sie selber ihre "Haiders" habe.
Was nicht danebenliegt und eher eine ziemliche Untertreibung ist: Am 22.7. kam von der HAMAS, die für
die meisten Selbstmordanschläge verantwortlich ist, das Angebot eines Stopps weiterer Anschläge. Sofort reagierten Sharon und seine Gesinnungsfreunde mit einem Raketenangriff, der zwar gegen einen
der HAMAS-Kommandanten gerichtet war, aber zahlreiche zivile Opfer, darunter auch Kinder, forderte.
Damit waren die Tendenzen zur Entspannung vom Tisch, mit weiterem Terror ist zu rechnen. Die
Rechtsextremen in der Sharon-Regierung wollen offensichtlich den Konflikt unbedingt mit Gewalt lösen.
Das Angebot an Österreich könnte wohl auch so verstanden werden: Als Versuch, Rechtsregierungen
anderswo für sich zu gewinnen.
25.Juli 2002: Heftige Attacke Haiders auf seine Minister, er frage sich, wofür er Jahre geopfert habe,
„wenn der Weg der Sauberkeit nicht auch von meinen Nachfolgern ernst genommen wird. (..) Wer als
Minister wegschaut, toleriert Privilegien. Wer nicht zu 100% den Weg einer privilegienfreien Gesellschaft
zu gehen bereit ist, kann für die FPÖ so ein wichtiges Amt nicht ausführen”.
Was er unter "Privilegien" versteht, erklärt Haider allerdings nicht - ein PVA-Sondervertrag für Gaugg ist
wohl keines.
25./26.Juli 2002: Jörg Haider konferiert in Kärnten mit Funktionären diverser rechtspopulistischen Parteien über eine gemeinsame Kandidatur bei EU-Wahlen. Für Vlaams-Blok und Lega Nord ist die HaiderPartei ein Vorbild.
Vlaams-Blok, Haider & Co
26.Juli 2002: Die Staatsanwaltschaft stellt die Ermittlungen wegen des Verdachtes auf Verstoß gegen
das NS-Verbotsgesetz gegen Volksanwalt Ewald Stadler ein, die Aussage, Österreich sei 1945 "angeb79
lich vom Faschismus" befreit worden, sei keine Wiederbetätigung und keine NS-Verharmlosung.
Ist irgendwie richtig: Die Stadlers sind 1945 sicherlich nicht befreit, sondern besiegt worden.
77
17.April 2002: Im Parlament wird über die Naziaufmärsche vom 13.4. und die Gegendemonstrationen geredet.
(...) Das zweite "Opfer" der Regierung ist der grüne Abgeordnete Öllinger, der an der Antifa-Demo teilnahm und
darum jetzt taxfrei zum gewaltbereiten Chaoten ernannt wird.
78
25.Jänner 2000: Israel kündigt für den Fall einer FP-Regierungsbeteiligung den Abzug des Botschafters an.
Nach Antritt der FPÖ-ÖVP-Regierung fungiert in Wien statt eines Botschafters ein Geschäftsträger.
79
21.Juni 2002: Stadler auf einer Sonnwendfeier: "Das Feuer, das Kelten und Germanen zur sommerlichen Sonnenwende entzündet haben, galt zunächst der Fruchtbarkeit, und dem Dank für reiche Ernte. Reiche Ernte hat auch
der Tod im vergangenen Jahrhundert unter unserem Volk gehalten. Und es war nicht immer eine Befreiung, wie es
uns die gnadenlosen Gutmenschen und Tugendterroristen, die heute Wehrmachtsveranstaltungen und Wehrmachtsausstellungen gestalten, einreden wollen, die unser Volk im vergangenen Jahrhundert erfahren hat. 1918
sind wir angeblich von der Tyrannei der Monarchie befreit worden 1934 wurden wir angeblich vom Chaos der
Demokratie befreit, 1938 wurden wir angeblich vom Kleriko-Faschismus befreit, und 1945 - und das ist zur
Staatsideologie geworden - sind wir angeblich vom Faschismus und von der Tyrannei befreit worden, und in die
nächste Tyrannei geraten, insbesondere hier auf diesem Boden, auf dem wir uns heute befinden. Und letztlich,
1994, sind wir von der Selbstständigkeit befreit worden, als unser Land entschieden hat, in die Europäische Union
mit 1.1.1995 einzutreten".
112
27.Juli 2002: Haider lässt die Öffentlichkeit wissen, sein Treffen mit den europäischen Rechten wäre
auch der Parteivorsitzenden Riess-Passer nicht bekannt gewesen, er pflege seine Entscheidungen
selbst zu treffen. Für den FP-Generalsekretär war das Treffen ein - erraten! - privates!
27.Juli 2002: Nationalratspräsident Fischer hält den Vorschlag von Parteiobmann Gusenbauer, als
Maßnahme gegen den Rechtspopulismus ein Mehrheitswahlrecht einzuführen, für keine so gute Idee.
Gusenbauer bewies mit dieser Schnapsidee wirklich wenig politisches Gespür. Eine Partei wie die FPÖ,
die gleich stark wie die ÖVP ist, mittels eines Mehrheitswahlrechtes austricksen zu wollen, zeigt schon,
dass es an der Fähigkeit des Kopfrechnens mangelt und in erster Linie damit die Grünen zu Schaden
kämen.
29.Juli 2002: Beginn der Eintragungsfrist für das Volksbegehren gegen die Abfangjäger - auch bemerkenswert: Das Volksbegehren wurde von einer Privatperson, einem gewissen Fussi initiiert. Die Oppositionsparteien haben diese politisch ungeheuer ausschlachtbare Sache faktisch verschlafen, statt eine
Haupt- und Staatsaktion aus dem Protest dagegen zu machen.
Abfangjäger über alles: Maria Rauch-Kallat, leitende ÖVP-Funktionärin, als Fachfrau über den dringend
notwendigen Abfangjägerkauf: Wir brauchen Abfangjäger, weil wir sonst "nicht nur unsere Souveränität
gefährden, sondern auch illegale Machenschaften wie Drogenhandel und Menschenschmuggel etc. Tür
und Tor öffnen, weil wir gegen nicht identifizierbare Flugzeuge nichts unternehmen können". Man stelle
sich vor, dauern kommen Dealer und Menschenhändler geflogen und die österreichische Luftwaffe kann
sie nicht identifizieren, geschweige abschießen! Wofür seinerzeit die Radaranlage "Goldhaube" angeschafft wurde? Ach, damit hat in der Zeit des Kalten Krieges die neutrale Republik Österreich ein bisschen bei der NATO mitgeholfen - aber jetzt können die Österreicher damit plötzlich keine Flugbewegungen mehr verfolgen. Und das ständige Starten und Landen von illegalen nicht identifizierbaren Drogendealern und Menschenhändlern gefährdet die Souveränität!
Gut dass wir so scharfsichtige Politiker haben wie Frau Rauch-Kallat! Vielleicht helfen Abfangjäger auch
gegen Terroristen? Hätte es eine Bajuwarische Befreiungsarmee mit ihren Bomben je gegeben, wenn
wir damals schon Euro-Fighter gehabt hätten? Bestimmt nicht! Franz Fuchs wäre identifiziert und abgeschossen worden! Jawoll!
30.Juli 2002: Vizekakadu Riess-Passer sieht „keine Gemeinsamkeiten” der FPÖ mit dem Vlaams-Blok,
bei dem Treffen in Kärnten mit Haider sei keine Kooperation oder sonst konkrete Dinge vereinbart worden. Haider hält hingegen eine Kooperation für „sehr vernünftig”, der von Filip Dewinter vorgeschlagenen
rechten Internationalen steht er nicht ablehnend gegenüber. Vom Rechtsaußenflügel der Partei kommt
ebenfalls Zustimmung, Ewald Stadler verlangt „mehr Rückgrat in weltanschaulichen Fragen” und Andreas Mölzer erwartet ein Einschwenken von Riess-Passer.
Von den europäischen Parteien der (extremen) Rechten ist die FPÖ mit 27% die erfolgreichste, gefolgt
von der Schweizer SVP Blochers mit 23%, der Front National Le Pens mit 18% bei den Präsidentenwahlen in Frankreich, der niederländischen Partei von Fortuyn mit 17%, der belgische Vlaams-Blok erhielt bei den letzten Wahlen 15% der Stimmen, ebenso die norwegischen Fortschrittspartei, dann kommt
die italienischen Alleanza Nazionale mit 12%, gleich viel hat die dänische Volkspartei, auf 9% kam die
portugiesische Partido Popular und die italienische Lega Nord erhielt 4%.
31.Juli 2002: Eine der übelsten Figuren der Gegenwart feiert seinen 90. Geburtstag: Milton Friedman,
80
das Haupt der berüchtigten CHICAGO SCHOOL OF ECONOMICS, der Theoretiker des Neoliberalismus . Pinochet, Thatcher, Reagan, das ist die Reihe seiner treuesten Gefolgsleute. Wenn heute weltweit der
Markt des Profites die Politik völlig dominiert, hat dies zwar nicht die Ursache allein in Milton Friedman,
aber er hat mit seinem "Monetarismus" tatkräftigst dazu beigetragen. Möge diesen Scheißkerl der Teufel
holen!
31.Juli 2002: Aus dem Sicherheitsbericht 2001: Wegen NS-Wiederbetätigung gab es 24 Verurteilte, wegen Verhetzung 11.
1.August 2002: Zu den Bundestagswahlen in der BRD tritt die neonazistische NDP in allen Wahlkreisen
an, die Recht&Ordnung-Partei des Hamburgers Schill nur in Sachsen-Anhalt nicht.
80
Vertreter des klassischen Kapitalismus, des sog. Monetarismus, einer Wirtschaftstheorie, derzufolge die Volkswirtschaft primär
über die umlaufende Geldmenge gesteuert werden soll. Friedman ist seit den 60er Jahren einflussreicher Berater des rechten Flügels der Republikaner, glaubt im Gegensatz zu J. M. Keynes an die Selbstheilungskräfte des Marktes und plädiert für eine weitgehende Abstinenz des Staates sowie die Abschaffung des Wohlfahrtssystems in seiner gegenwärtigen Form. Die vordergründige
Aufgabe sieht er in der Inflationsbekämpfung durch Geldmengenpolitik; Arbeitslosenquote und Zinssätze hingegen seien als natürliche und instabile Größen langfristig nicht zu beeinflussen.
113
Einen herben Verlust erleidet die PDS - der Berliner Wirtschaftssenator Gregor Gysi tritt wegen seiner
Verwicklung in die Bonusmeilen-Affäre (dienstliche Flugkilometergutschriften wurden privat verbraucht)
zurück.
Gysi - der linke Populist mit den listigen Sprüchen kneift
1.August 2002: NEWS ist inzwischen das Zentralorgan des Jörg Haider - das Blatt schreibt zwar nicht
besonders freundlich über ihn, gibt ihm aber jederzeit ein Forum für die Verkündigung seiner Sprüche,
auch am Titelblatt ist er fast jede zweite Woche zu finden. In dieser Woche ist er wieder einmal wegen
der Kritik an seinem Rechtsextremistentreff in der letzten Juliwoche beleidigt und teilt mit, er sei nicht der
Klempner der FPÖ und will wieder einmal den nächsten Bundeswahlkampf nicht unterstützen.
1.August 2002: Aber nach dem Schimpf kommt die öffentliche Versöhnung - zumindest mit Vizekakadu
Riess-Passer, laut Haider sein „einziges unbeflecktes Lamm”, unter den anderen FPÖRegierungsmitgliedern gibt es auch weiter schwarze Schafe, die sich zuwenig dem Privilegienabbau und
dem Trockenlegen von Sümpfen widmen.
das unbefleckte Lamm
Anfang August 2002: Wahlumfrageergebnis: 37% SPÖ, 27% ÖVP, 21% FPÖ, 12% Grüne - das könnte
an Mandaten sein: 92 zu 91 gegen die Regierung.
2.August 2002: Interessant eine Analyse im STANDARD über die Zusammensetzung der FPÖ-Anhänger
(nach den Rohdaten zu Umfragen nach dem Wahlverhalten): Altersmäßig gibt es keine besonderen
Präferenzen, steigende Bildung bedeutet fallende FPÖ-Nähe, die meisten FPÖ-Fans gibt es in Salzburg
und Kärnten, die wenigsten in Oberösterreich! Berufsmäßig dominiert der "Geschäftsführer" - 19% der
Befragten mit dieser Tätigkeit sind für die FPÖ! Darauf folgen kleine Geschäftsleute, einfache Arbeiter
und Arbeitslose, am wenigsten Wähler haben die Freiheitlichen unter Studenten und höheren Beamten.
2.August 2002: In der NATIONAL-ZEITUNG des berüchtigten Rechtsextremisten Gerhard Frey erscheint
ein Leserbrief zum "Fall Stadler", der Roten Armee für ihren Beitrag zur Zerschlagung des Nazi-Regimes
Dank und Anerkennung auszusprechen sei eine Verhöhnung "unseres Volkes". Der Briefschreiber ist ein
gewisser Bernhard Blochberger, früher leitender Funktionär der NDP, jetzt Bezirksobmann der FPÖ in
Wiener Neustadt.
4./5.August 2002: Ein überaus vielseitig befähigter FP-Politiker erleidet einen ziemlichen Rückschlag.
Für den Posten als stellvertretender Generaldirektor der Pensionsversicherung war er auf Grund des
Gutachten eines ÖVP-freundlichen Personalberaters derart gut qualifiziert, dass er keine Dienstprüfung
mehr brauchte und diese Stelle mit einer außergewöhnlichen Gage und einem unkündbaren Vertrag anzutreten beabsichtigte.
Jetzt scheiterte er nicht an der Dienstprüfung, sondern an einer Prüfung des Alkoholgehaltes in der Atemluft, die er mit dem Ruf „Ich bin ein Abgeordneter im Dienst und habe keinen Alkohol getrunken” ebenfalls absagen wollte. Funktionierte nicht, für Gaugg war damit der Führerschein weg und die politische Laufbahn vorbei. Nicht uninteressant, dass nach seinem Rücktritt die Meldung durch die Medien
geisterte, die Alkoholprobleme Gauggs seien ja bekannt gewesen. Interessant auch der Anzeiger des
sich schlangenlinig fortbewegenden Autofahrers: Ein Taxifahrer und früherer FP-Funktionär, der Gaugg
persönlich kannte.
114
so führte sich Gaugg seiner Selbsterledigung zu
5.August 2002: 70% der Befragten sind nicht der Meinung, dass es eine gute Idee ist, wenn Haider andere europäische Rechtsausleger um sich versammelt.
7.August 2002: Das Ergebnis des Antiabfangjägervolksbegehrens liegt vor. Trotz der Urlaubszeit und
trotz der mangelhaften Unterstützung durch die Opposition (schwindlicher Gusenbauer!) unterschrieben
624.720 Wahlberechtigte. Oberösterreich erreichte mit einem Anteil von 13,25% der Wahlberechtigten
die höchste Quote. Kein Wunder, denn auch das in Oberösterreich beheimatete ANTIFA-INFO hat das
Volksbegehren unterstützt (kleiner Scherz).
In der Regierung will die ÖVP um jeden Preis an dieser sinnlosen Ausgabe festhalten, in der FPÖ wird
darüber nachgedacht, weniger als 24 Stück Teurofighter zu kaufen.
8.August 2002: Jörg Haider macht der Regierung Vorschläge: Kein Nulldefizit, weniger Abfangjäger,
dafür Pensionssicherung, Ausgaben zur Wirtschaftsankurbelung und eine Steuerreform 2003. Die freiheitlichen Regierungsmitglieder sind von diesen Vorschlägen (die auch von der Opposition stammen
könnten) nicht so sehr angetan.
Ab 8.August 2002: In Österreich verursachen anhaltende Regenfälle schwerste Überschwemmungen.
9.August 2002: Von echten NS-Kameraden hat man in Österreich in den letzten Jahren weniger gehört.
Ziemlich saftige Strafen für NS-Wiederbetätigung hielten die Nachwuchsnazis im Zaume. Nun hebt die
Staatspolizei bei mehreren Hausdurchsuchungen ein Waffenlager aus und nimmt drei mutmaßliche NSWiederbetätiger fest. Sie waren öffentlich nicht in Erscheinung getreten, hatten "nur" konspirativ ein größeres Waffen-, Munitions- und Sprengstofflager angelegt. Genannt haben sich die Kameraden SSKAMPFGEMEINSCHAFT PRINZ EUGEN.
Der Name stammt vermutlich von der SS-Division Prinz Eugen, diese sollte Anfang 1942 auf Befehl
Himmlers aus Volksdeutschen in Serbien gebildet werden und war als siebte Division der Waffen-SS die
erste, die überwiegend nicht aus Reichsdeutschen bestand. Da sich recht wenige der dafür vorgesehenen Banater-Deutschen freiwillig meldeten, wurden sehr viele Banater zwangsweise zu dieser Einheit
eingezogen. Die festgenommenen drei SS-Kampfgemeinschaftskameraden haben sich aber sicherlich
freiwillig gemeldet. Eingezogen wurden sie jetzt von der Polizei.
umfangreiches Waffenlager der Nachwuchs-SSler
10.August 2002: Der aus Linz stammende Stefan Topitz verletzt sich in Südtirol bei der Explosion einer
selbstgebastelten Bombe schwer. Er war den italienischen Behörden bereits als Rechtsextremist und
Waffenfanatiker aufgefallen. Durch die Einlieferung in ein Innsbrucker Krankenhaus wird er den italienischen Behörden entzogen.
11.August 2002: In einem KURIER-Interview sagt Jörg Haider an, was der FPÖ zu den nächsten Nationalratswahlen bevorsteht: Er werde nur schauen, dass die FPÖ in Kärnten gut abschneide, Riess-Passer
müsse sich selbst als Kanzlerkandidatin um ihr Wahlkampfprofil bemühen, bei den Wahlen müssten 25%
der Stimmen und mit der ÖVP eine Mehrheit erreicht werden. „Wenn es ganz schlecht ausgeht und die
FPÖ aus der Regierung fliegt, erwarte ich, dass sich die Verantwortlichen vertschüssen, weil sie gescheitert wären. (..) Dann wäre eine völlige Neukonstruktion der FPÖ erforderlich”.
115
Haider ist also immer noch beleidigt, weil sich Vizekakadu Riess-Passer vor dem letzten Parteitag geweigert hatte, ihm die Parteiführung zurückzugeben. Man kann vermuten, dass er im Wahlkampf quertreiben und nach einer Wahlschlappe seine Unentbehrlichkeit feststellen wird.
12.August 2002: Der Innenminister erklärt, die drei am 9.8. festgenommenen Mitglieder einer SS81
KAMPFGEMEINSCHAFT PRINZ EUGEN hätten Verbindungen zur verbotenen VAPO Küssels
und zur auf82
gelösten ANR gehabt. Gründer der "Kameradschaft" sei der im Frühjahr an Leberzirrhose verstorbene
Georg G., der auch eine Autofahrerpartei gründen wollte und als eifriger rechtsextremer Leserbriefschreiber (vor allem in der FPÖ-Zeitung NFZ) in Erscheinung trat. Das DÖW sagt zur aktuellen Entwicklung in der rechtsextremen Szene, dass es einerseits die Jungnazi um die Skinheadbande "Blood and
Honour" gebe und andererseits die "Alten", die sich in Organisationen wie der AFP (Arbeitsgemeinschaft
für demokratische Politik) zusammenschließen, Berührungspunkte untereinander gebe es aber immer
mehr.
14. August 2002: In der aktuellen Ausgabe des Mölzer-Blattes ZUR ZEIT darf sich der "orthodoxe Rabbi83
ner" Moishe Ayre Friedman äußern. Er verurteilt den Zionismus und beschuldigt Zionisten mit den Nazis zusammengearbeitet zu haben, jetzt hätten die Zionisten wieder größtes Interesse, den Antisemitismus anzuheizen. Zur FPÖ hat er hingegen sehr gute Beziehungen, eine Delegation der Wiener FPÖ mit
Hilmar Kabas habe sogar bei der Beschneidung seines sechsten Kindes in seiner Synagoge teilgenommen.
14.August 2002: Hitlers seinerzeitige Propagandafilmerin Leni Riefenstahl wird durch ein Gerichtsurteil
gezwungen, ihre Behauptung zu wiederrufen, „alle Zigeuner die in "Tiefland" mitgewirkt haben nach dem
Krieg wiedergesehen” zu haben. Sie hattefür den Film 1944 KZ-Insassen als Komparsen zugeteilt erhalten.
14./15./16.August 2002: Angesicht der horrenden Hochwasserschäden sollen nun nicht mehr 24, sondern nur noch 18 Jagdflieger bestellt werden, die Rückzahlung soll ein Jahr später beginnen, die für
2003 als Wahlzuckerl geplante Steuerreform muss verschoben werden. Bundeskanzler Schüssel versteigt sich gar zur Aussage, man müsse zum "Wiederaufbau" schreiten (wie nach 1945).
Mitte August 2002: Im Zusammenhang mit den durch das Hochwasser in Salzburg, Ober- und Niederösterreich entstandenen Milliardenschäden gerät die geplante Bestellung der Abfangjäger verstärkt unter
Beschuss. Die Forderung, das dafür vorgesehene Geld zur Katastrophenhilfe zu verwenden, wird von
der ÖVP vorerst mit dem geradezu idiotischen Argument zurückgewiesen, die Fliegerbezahlung begänne ja ohnedies erst 2005, das Geld stünde dafür heute gar nicht zur Disposition. Geradezu als könnte
man heute die Katastrophenhilfe aus vorhandenem Geld bestreiten und müsste nicht jetzt Geld aufnehmen, das man dann statt der Raten für die Teurofighter zurückzahlen könnte. Das Rüstungslobby haut
sich jedenfalls auf die Schienen, besonders tut sich dabei Christian Ortner im FORMAT hervor, keine
mehr als zwei Milliarden
dieser Aufrüstung sind für ihn verantwortungslos und dumm. Im Interview mit Riess-Passer am 23.8.
spricht er das Thema nicht weniger als siebenmal an! Sehr merkwürdig! Falsches Wort, bemerkenswert,
nicht merkwürdig!
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Mitte August 2002: Anlässlich des Besuches von Papst Johannes Paul II. in Polen wird auch in Österreich über die Rolle des Rechtskatholizismus in Polen berichtet. Um den Sender RADIO MARYJA entwickelte sich eine rechte, nationalistische, EU-kritische und antisemitische Bewegung. Während der kommunistischen Zeit war es z.B. den polnischen Bauern gelungen, alle Versuche einer Kollektivierung der
Landwirtschaft, wie sie sonst in allen Ostblockstaaten durchgeführt wurde, zu verhindern. Allerdings sind
die polnischen Kleinbetriebe am freien EU-Markt nicht lebensfähig und werden vom "freien Markt" großteils liquidiert werden. Mit rechtskatholischem Extremismus wird man auch nicht viel dagegen ausrichten
können.
16.August 2002: FORMAT berichtet ausführlich über die Organisation DIE INITIATIVE FÜR AUTOFAHRER RECHTE (DIAR) aus der die jüngst aufgeflogene SS-Kampfgemeinschaft Prinz Eugen hervorgegangen
81
Ende 1991 forderte Gottfried Küssel, Gründer der VAPO (Volkstreue außerparlamentarische Opposition) in TVInterviewes die Zulassung der NSDAP als Wahlpartei, da konnten selbst die österreichischen Behörden nicht mehr
umhin, einzuschreiten, Küssel wurde 1992 festgenommen und 1994 zu elf Jahre Haft verurteilt.
82
Der Verfassungsgerichtshof entschied im November 1985 folgendermaßen: Der § 3 des NS-Verbotsgesetzes enthält ein "unmittelbar wirksames, von jedem Staatsorgan im Rahmen seines Wirkungsbereiches zu beachtendes Verbot". Damit war klar,
jedes Amt und jede Behörde hat ohne weitere Weisungen oder Durchführungsbestimmungen das NS-Verbotsgesetz zu beachten.
Die NDP (Nationaldemokratische Partei), die ANR (Aktion Neue Rechte) und alle diese NSDAP-Ersatzvereine wurden nunmehr
behördlich aufgelöst, ihre Neubildung unterbunden.
83
Im Juli erhielt auch Ewald Stadler unerwartete Unterstützung von diesem Friedman, der seit längerer Zeit vergeblich versucht, in
Wien eine zweite Kultusgemeinde einzurichten.
116
war. Auf der DIAR-Homepage wurde zur Gewalt gegen Grünpolitiker aufgerufen („Auch Gaspistolen haben ihre Wirkung. Das grüne Pack wird mitunter sehr aggressiv”), ausländerfeindliche Aufkleber wurden
verbreitet (man müsse verhindern, dass die Oberökobolschewisten neue Kanakentreffpunkte einrichten),
in internen Unterlagen wurde das Ausschalten von Polizisten mit schusssicheren Westen beschrieben.
Von den Behörden werden die drei Festgenommenen als gefährlich eingestuft.
16.August 2002: Haider erklärt eine Steuerreform im Jahre 2003 für unverzichtbar. Er will dafür Teile
der Währungsreserven der Nationalbank verwenden, über diese Mittel kann aber im Rahmen der EU von
Österreich nicht frei verfügt werden.
16. August 2002: Die Regierung senkt die Zahl der zu bestellenden Abfangjäger von 24 auf 18 Stück.
18.August 2002: Wider den fundamentalistischen Islam wandte sich in einem Interview mit der OÖ.
Rundschau Bischof Krenn. Der Islam sei eine aggressive Religion, es habe keinen Sinn, einem Moslem
schöne Worte zu sagen, man müsse sich ganz hart damit auseinandersetzen. Die muslimischen Religionslehrer würden zu ihren Schülern sagen, die Christen stürben wegen ihrer geringen Kinderzahl aus,
die Moslems wären die Erben. Krenn fasst zusammen: "Zwei Türkenbelagerungen waren schon, die
dritte haben wir jetzt".
Krenn war ja schon immer die katholische Ausgabe vom Haider - wobei man ihm diesmal nicht nur widersprechen muss: Weite Teile der islamischen Welt sind immer noch dort, wo Europa vor der Aufklärung war. Die religiöse Narretei ist in diesem Bereich noch weitaus größer als in der römischkatholischen Kirche, die vielfach ja doch einigermaßen Frieden mit der Realität der aufgeklärten Welt
gemacht hat und (außerhalb St. Pöltens) die Einbringung des vergangenen religiösen Mittelalters ins
Alltagsleben nicht mehr ganz so intensiv versucht. Aber Krenn ist selber Fundamentalist und darum in
der Hauptsache nicht Kritiker des islamischen Fundamentalismus, sondern katholischer Konkurrent.
Und der katholische Fundamentalismus der Krenns und Konsorten ist ebenfalls mehr als entbehrlich.
Apropos katholische Kirche: Weil das Sozialministerium eine Broschüre zur sexuellen Aufklärung im
Schulunterricht auflegt, melden sich reihum die katholischen Funktionäre zu Wort und sind empört, dass
es sie fast zerreißt. Den Fundi-Vogel schießt auch hier Krenn ab, der hinter der Broschüre "irgendwelche
übriggebliebene klassenkämpferische Menschen" vermutet. Sein Kollege Laun meint, es wäre unverständlich, dass ein freiheitlicher Minister eine "tiefrote Broschüre" finanziere. Da hat man endlich wieder
einen tiefschwarzkatholischen Bundeskanzler und der greift nicht durch!
19.August 2002: Erste Hinweise auf einen Fraktionskampf in der FPÖ tauchen auf. Nachdem sich Vizekakadu Riess-Passer am Parteitag geweigert hatte, Haider wieder das Amt des Vorsitzenden zurückzugeben, soll dies jetzt gegen ihren Willen erreicht werden.
21.August 2002: Die Meinungsverschiedenheiten in der FPÖ weiten sich aus, es geht vor allem um den
Verschub der Steuerreform auf 2004. In Kärnten wird die Forderung nach Abhaltung eines Sonderparteitages laut. ÖVP-Wirtschaftsminister Bartenstein meint, dass die Steuerreform 2003 auch ohne Hochwasserschäden geplatzt wäre. Haider bleibt bei seiner Forderung nach der Steuerreform 2003.
22.August 2002: Hitlers seinerzeitige Propagandafilmerin Leni Riefenstahl wird 100 Jahre alt. Dazu gibt
es einen Beitrag an anderer Stelle. Die Staatsanwaltschaft Köln eröffnet im Zusammenhang mit der
Leugnung von Massenmorden an Sinti und Roma (siehe 14.8.) ein Strafverfahren gegen die Filmerin.
22.August 2002: Die zuerst von den Behörden nicht zugelassene Demonstration gegen das Weltwirtschaftforum in Salzburg am 15.9. wird nun doch genehmigt. Eilfertig hatte man den wirklich Mächtigen
der Welt einen widerspruchsfreien Gipfel in Aussicht zu stellen versucht, was dann rechtlich doch nicht
so einfach war. Aber die Kontrollen an den österreichischen Grenzen werden wieder eingeführt - damit
keine "gewaltbereiten Chaoten" einreisen könnten.
22.August 2002: Die ÖVP lässt wissen, dass die Koalition hält, die FPÖ-Minister lassen wissen, es gäbe
keinen Aufstand in der FPÖ.
23.August 2002: FPÖ-Klubobmann Westenthaler meint, es sei müßig „über einen FPÖ-Sonderparteitag
nachzudenken”, der Vorarlberger FP-Chef Gorbach sagt, Haider würde nie gegen Riess-Passer putschen.
24./25./August 2002: Der Konflikt, den es nicht gibt, eskaliert: Riess-Passer und Haider drohen gegenseitig mit Rücktritt. Wenn es 2003 keine Steuerreform gibt, will sich Haider „aus dem politischen Leben
vollkommen zurückziehen”. Riess-Passer sieht keine Notwendigkeit für einen Sonderparteitag und stünde nach einem solchen nicht mehr als Parteichefin zur Verfügung. Sie hat allerdings die schlechteren
Chancen, in der Regierungsmannschaft wird sie von Grasser, eventuell von Reichhold und Scheibner
unterstützt, von den Landesorganisationen von den Tirolern, den Burgenländern und vielleicht den Vorarlbergern. Haider hat neben den Kärntnern die Oberösterreicher, Niederösterreicher und Wiener hinter
sich, verlassen kann er sich auch auf die Minister Böhmdorfer und Haupt.
117
26./27. August 2002: Haider droht der Regierung mit einem Volksbegehren: für eine Steuerreform 2003
und für den Verzicht auf die Eurofighter. Haider weiß was Wähler wünschen! Vizekakadu Riess-Passer
hat aber auch dazugelernt und schlägt selber eine Volksbefragung über die Steuerreform vor. Die Steuereinnahmen 2002 werden um 1,9 Milliarden
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Es ist auf alle Fälle eine Weltneuheit, wenn eine politische Partei sowohl regiert (oder was tut, das sie für
"regieren" hält) und gleichzeitig ihre eigene Opposition ist. Weil das Werken der rechtsrechten österreichischen Regierung trotz höchster Steuern und wildem Dreinhauen nicht so recht fruchtbar war und
durch das Hochwasser noch mehr aus dem Gleis kam, sieht Haider die Felle davonschwimmen: All diese braven kleinen Männer, die den großen Haider gewählt hatten, zeigen Tendenzen, sich aus dem
Wählerreservoir der FPÖ zu verabschieden. Also macht Haider das, was er wirklich kann, er geht in Opposition.
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Die Parteichefin hatte im Februar eine "Generalvollmacht" erhalten, „Riess-Passer kann jetzt die Linie
vorgeben, ohne jemand fragen zu müssen, wer sich nicht an die Vorgaben hält, wird mit Konsequenzen
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rechnen müssen” , diese Vollmacht gilt offenbar hinsichtlich des einfachen Parteimitgliedes Jörg Haider
nicht.
27.August 2002: Nachdem ein türkischer Staatsbürger bis vor die UNO-Menschenrechtskommission
gezogen war und dort endlich Recht bekommen hatte, verlangen die Grünen nun die entsprechende
rechtliche Umsetzung: Das passive Wahlrecht bei Betriebsratswahlen für Ausländer.
27./28.August 2002: Die Minister Haupt, Reichhold und Böhmdorfer fahren zu Haider und erreichen,
dass dieser seine Drohung, ein Steuerreform-Volksbegehren einzuleiten, zurücknimmt.
29.August 2002: Nichts genutzt haben die Verhandlungen in der FPÖ. Haider beharrt weiterhin auf der
Steuerreform 2003. Riess-Passer sagt, wenn sich der Parteivorstand für die Haiderlinie entscheide, trete
sie als Parteichefin und Vizekanzlerin zurück. In den Medien ist der innerparteiliche Konflikt überall die
Nummer 1 in der Berichterstattung - nur im Fernsehen nicht, hier erreicht der schwarze Chefredakteur
Mück durch geschicktes Verschieben von Berichtsschwerpunkten, dass der Regierungspartner der ÖVP
nicht zu kritisch beleuchtet wird.
30.August 2002: Weil ein Linzer Discobesitzer einem Farbigen den Zutritt in sein Lokal verwehrte, wird
er zu einer Strafe von 750
igerianer) war 2001 der Eintritt mit der Begründung verwehrt worden, Farbige seien nicht zugelassen.
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30.August 2002: Laut Meinungsumfrage sind über 70% der Österreicher angesichts der Hochwasserschäden damit einverstanden, die Steuerreform auf 2004 zu verschieben. Ein Gespräch Riess-Passer
und Haider bleibt ohne Einigung.
31.August 2002: Der STANDARD stellt durch Vorabdrucke ein interessantes Buch vor:
Victor Trimondi und Victoria Trimondi 2002: Hitler, Buddha, Krishna; Eine unheilige Allianz vom Dritten
Reich bis heute. Wien, Ueberreuter 2002, 640 Seiten, ISBN 3-8000-3887-0, EUR 29.90
Der Nationalsozialismus war nicht nur eine "politische Bewegung", sondern entwickelte sich zunehmend zu einer
"politischen Religion". Vor allem in Heinrich Himmlers SS-Ahnenerbe diskutierten namhafte faschistische Kulturwissenschaftler offen über mögliche Inhalte und Formen einer zu gründenden "NS-Religion". Dabei blickten die NSMythenmacher mit besonderer Faszination nach Osten: Dort hofften sie - mehr als in den kulturellen Wurzeln Europas
-, die Grundlagen für eine "politische Theologie" zu finden, aus der heraus sich das gigantische Regime des Dritten
Reichs metaphysisch begründen ließ. In den Philosophien, Mythologien, Visionen und Dogmen, in den sakralen Praktiken und Texten der spirituellen Traditionen Asiens fanden sie Modelle für die Verherrlichung des Krieges, für die
Vergöttlichung des "Führers" und der weißen Rasse. Sie entdeckten in Tibet und Indien die geistigen Überreste einer
versunkenen indo-arischen und antisemitischen Urreligion, die sie nun im Zeichen des Hakenkreuzes rekonstruieren
wollten. Mit einer beachtlichen Fülle von neuen Quellen aus Archiven und NS-Schriften stellen Victor und Victoria
Trimondi in spannenden Porträts die "NS-Kirchenväter" vor, die an diesem ehrgeizigen Religionsprojekt mitgewirkt
haben. Sie eröffnen mit ihrem Buch eine längst fällige kulturkritische Debatte über die unheilige Allianz zwischen
dem "faschistischen Westen" und dem "fundamentalistischen Osten" im Dritten Reich und heute.
Bezug wird im STANDARD auch auf eine im Oktober geplante Aktion in Graz genommen. Der Dalai-Lama
wird dort ein buddhistisches Ritual abhalten, das den Namen "Kalachakra" trägt - es handelt es sich dabei um einen höchst seltsamen Kriegsritus der Buddhisten gegen den Islam.
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17.Februar 2002: Mit der Generalvollmacht hat Riess-Passer ein volles Pouvoir für personelle Entscheidungen in
Regierung und Parlamentsklub, ohne den Vorstand zu befragen." Haider nach der Parteivorstandssitzung auf der er
von seinem Rücktritt zurücktrat.
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Haider am 18.2.2002
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31.August 2002: In Klagenfurt wird ein 22jähriger Bombenbastler mit Verbindungen zur Skinheadszene
festgenommen, bei einer Hausdurchsuchung werden Rohrbomben und brisante Sprengmittel sichergestellt. Der Festgenommene ist der Sohn des Kärntner Landesschulratspräsidenten Zechmann. Dieser
FP-nahe Funktionär war während seiner Lehrertätigkeit mehrmals dadurch aufgefallen, dass Schüler über seine rechten Sprüche berichteten.
August 2002: US-Präsident Bush propagiert den Krieg gegen den Irak, Saddam Hussein wird zu einer
Bedrohung der ganzen Welt stilisiert. Ohne zweite Weltmacht können die USA allem Anschein nach tun,
was beliebt, auch wenn die meisten Länder skeptisch bis ablehnend zu den Projekten Bushs stehen - die
amerikanische Regierung signalisiert, dass sie sich um die Meinungen im Rest der Welt nicht scheren
wird.
Im Bundestagswahlkampf in der BRD setzt Kanzler Schröder (SPD) auf die Karte gegen die kriegslüsternen USA: Er werde nicht zulassen, dass die BRD in einen Krieg gegen den Irak verwickelt werde.
Worauf die US-Schleimer in den Medien zutiefst entrüstet sind ob dieses unerhörten Antiamerikanismus.
Georg W. Bush ist bekanntlich recht knapp mit geistigen Kräften gesegnet, daher bestens geeignet, die Interesse
der Rüstungs- und Erdölindustrie in der Praxis zu vollstrecken
Ende August/Anfang September 2002: Haider zieht sich wieder endgültig aus der Bundespolitik zurück, was den Unmut seiner treuen Anhänger hervorruft, besonders in Oberösterreich werden Stimmen
gegen Riess-Passer laut, der oö. Parteichef Achatz will bei der Parteivorstandssitzung am 3.9. eine Resolution für die Steuerreform 2003 einbringen.
September 2002: Die Grazer Bürgerwehr der FPÖ tritt mit Ende August aus der Öffentlichkeit ab. Seit
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dem Unglück mit ihrem besoffenen Gründer waren diese freiheitlichen Ordnungswarte noch an Freitagen durch Parks gestreift. Als sie dann aber der FANCLUB SICH BESCHÜTZT FÜHLENDER BÜRGER dabei begleitete und bejubelte, „Dank unserer guten Bürgerwehr gibt's keine bösen Bürger mehr”, gab man auf.
keine FPÖ-Cops mehr
2.September 2002: Neue Ergebnisse von Wahlmeinungsumfragen: SPÖ 36%, ÖVP 29%, FPÖ 20%,
Grüne 12%, die Regierung läge mandatsmäßig damit vermutlich 93:90 vorne. Dass die Oppositionsparteien kein besseres Resultat erzielen, liegt sicherlich nicht an der Regierung.
2.September 2002: Ralf Dahrendorf, ehemaliger Rektor der LONDONER SCHOOL OF ECONOMICS, in einem
Beitrag im STANDARD über den "Niedergang der Parlamente": „Entscheidungen sind aus jenen Räumen
abgewandert, für die Parlamente gewählt werden. Sie finden in abgelegenen und oft unbekannten Orten
statt. Dies können Vorstandsetagen von Unternehmen sein oder private internationale Treffen führender
Köpfe oder sonstige Ereignisse, die sich jeglicher Kontrolle entziehen.”
Im Zuge der Globalisierung ist es eben allein die Wirtschaft, die die Politik bestimmt.
2.September 2002: Gegen die Forderungen nach Einberufung eines FPÖ-Sonderparteitages wenden
sich Parteichefin Riess-Passer und Generalsekretär Schweitzer. Der 2. Nationalratspräsident Prinzhorn
ist für einen Parteitag und für eine Steuerreform 2003 statt Abfangjägern. Auch die FP-NÖ will einen
Sonderparteitag.
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6.Juni 2002: In Graz wacht die Bürgerwehr. Drogendealer, Randalierer und Verwüster öffentlicher Einrichtungen
werden beobachtet. Ihr Erfinder und Leiter, der Bundesheeroberst und das SS-Kameradschaftsmitglied Helge Endres verursacht einen nächtlichen Verkehrsunfall mit zwei Verletzten - er stand dabei unter Drogen. Auch wenn es
sich "nur" um die beliebte Droge Alkohol handelt, besoffen darf man eben kein Kraftfahrzeug lenken. Der selbsternannte Verteidiger von Ruhe, Recht und Ordnung, der nach eigener Aussage mit den Kameraden ein paar Biere zuviel getrunken hatte, zieht sich daraufhin aus der Politik (Grazer FPÖ-Gemeinderat) zurück.
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3.September 2002: Mehrere FP-Landesorganisationen sammelten bei den Parteitagsdelegierten Unterstützungsunterschriften zur Einberufung eines Sonderparteitages. Auf der Bundesvorstandssitzung werden nun Unterschriften von 380 der 750 Delegierten vorgelegt, die Parteivorsitzende Riess-Passer
meint, sie habe kein Problem mit einem Sonderparteitag, sie hatte am 24.8. mit Rückzug gedroht, wenn
ein Parteitag einberufen werde, Haider verlangt weiterhin eine Steuerreform 2003. Die Sitzung des Parteivorstandes dauert bis 6 Uhr früh.
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3.September 2002: Das Problem mit der Herzl-Tafel in Salzburg ist gelöst. Auf Intervention des Bundespräsidenten wird das Verfahren gegen Wolfram Kastner eingestellt und die Tafel entsprechend ergänzt.
4.September 2002: Haider will mit Schüssel einen Alternativplan zur Steuerreform 2003 ausgehandelt
haben. Schüssel dementiert.
Die Auseinandersetzungen um einen Sonderparteitag der FPÖ halten an, besonders in Ober- und Niederösterreich werden weitere Unterstützungserklärungen gesammelt. Riess-Passer hofft auf ein Einlenken der Haider-Fraktion.
symptomatisch bei der Pressekonferenz der FPÖ-Parteiführung: das Parteilogo stürzt auf die Parteiführung
5.September 2002: Der Konflikt in der FPÖ eskaliert mit persönlichen Attacken, so wird in Umlauf gesetzt, Michael Passer, der Ehemann der Vizekanzlerin, habe einen Posten im Stronach-Konzern in Aussicht, der mit den Gegengeschäften zu den Eurofightern zu tun habe, das Ehepaar Passer wolle in Wien
eine extrem teure Wohnung kaufen, obwohl Passer nach einem Konkurs mittellos sei. Andererseits heißt
es, Jörg Haider habe seit Februar 2000 von der FPÖ Spesen in der Höhe von 20 Millionen Schilling kassiert. Was ein offenbar nicht sehr geschickter Kärntner Funktionär gleich dementiert: Es wären "nur" 8,5
Millionen gewesen. Also rund 9000 öS pro Tag oder 270.000 im Monat, typische Spesen für "kleine
Männer" also.
Als "Hilfeschrei der Basis" bezeichnet die Haider-Fraktion die Forderung nach einem Parteitag. Haider
will am 7.9. die Unterzeichner der Forderung nach Knittelfeld zu einer Konferenz einladen, um ihnen dort
die Einberufung eines Sonderparteitages auszureden. Aber er übt weiterhin Kritik an seinem Regierungsteam: „Wir können uns nicht von unserer Philosophie verabschieden, die uns groß gemacht hat.
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Man muss die Menschen wieder mit der FPÖ-Politik identifizieren können. Es kann nicht sein, dass Finanzminister Grasser sagt, sein höchstes persönliches Ziel ist es, Chef eines internationalen Konzern zu
werden, er muss sagen, dass sein größtes Ziel eine starke FPÖ ist”. Die ÖVP wolle die Kernkompetenzen der FPÖ, den Privilegienabbau und das Soziale zerstören, seine Minister in Wien würden dabei tatenlos zusehen. Auf einen Sonderparteitag könne verzichtet werden, wenn sich die FPÖRegierungsmitglieder mit ihm darauf einigten, im Sinne des Parteiprogramms zu agieren.
Riess-Passer will an der Knittelfelder Delegiertenkonferenz nicht teilnehmen.
In der ÖVP glaubt man nicht, dass Haider Neuwahlen wolle, sollte aber Riess-Passer zurücktreten, dann
sei die Koalition am Ende.
6.September 2002: Die Fraktionen in der FPÖ sind ungleich verteilt, das Haiderlager hat unter den parteitragenden Funktionären eine deutliche Mehrheit, auf der Seite der Parteivorsitzenden steht nicht einmal die Mehrheit des FPÖ-Regierungsteams. Rücktritte von Riess-Passer, Grasser und Westenthaler
dürften bevorstehen. Am Abend trifft sich der Vizekakadu mit dem Chef - Riess-Passer unterbreitet Haider eine Resolution, sie verlangt die Zurücknahme der Unterschriften für einen Sonderparteitag, sonst
trete sie zurück, Haider meint, er hätte die Situation nicht mehr unter Kontrolle. Die beiden einigen sich
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Zweite Jännerhälfte 2002: In Salzburg hatte man eine Tafel, auf der der Vater des Zionismus, Theodor Herzl mit
„In Salzburg brachte ich einige der glücklichsten Stunden meines Lebens zu” zitiert wird, angebracht, der deutsche
Aktionskünstler Wolfram Kastner hatte das aus dem Zusammenhang gerissene Zitat vervollständigt: „Ich wäre
auch gerne in dieser schönen Stadt geblieben, aber als Jude wäre ich nie zur Stellung eines Richters befördert worden”. Jetzt läuft gegen Kastner ein Strafverfahren wegen schwerer Sachbeschädigung.
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die Menschen, das sind hier die Regierungsmitglieder
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über die Resolution und erstellen ein Szenario für Knittelfeld, Haider soll als Erster reden, die Resolution vorlegen und die Versammelten zum Verzicht auf den Sonderparteitag auffordern. Riess-Passer
vermeint die Lage gerettet zu haben.
7.September 2002: Mehr als 400 FP-Parteitagsdelegierte versammeln sich in Knittelfeld, Riess-Passer
und Westenthaler sind nicht dort. Haider redet nicht als Erster, OÖ-Parteiobmann Achatz, der Wiener
Kabas und der Niederösterreicher Windholz fordern weiterhin einen Sonderparteitag, dann redet Haider,
er legt die Resolution nicht vor und ruft auch nicht auf, die Unterschriften für den Sonderparteitag zurückzuziehen. Die mit Riess-Passer von ihm vereinbarte Resolution kursiert im Saal, der Kärntner
Scheuch zerreißt sie unter dem Beifall der Delegierten. Von Scheibner wird als "Kompromiss" eine Verschiebung der Einberufung des Sonderparteitages auf Neujahr vorgeschlagen, was dann zusammen mit
den Forderungen gegen Temelin und gegen die Benes-Dekrete vereinbart wird.
8.September 2002: Nachmittags tagt der FPÖ-Vorstand. Riess-Passer akzeptiert die Knittelfeld Beschlüsse nicht, erklärt ihren Rücktritt und sagt, dass dies das Ende der Regierung bedeute, Haider ist überzeugt, Schüssel werde auch mit anderen FPÖ-Ministern weitermachen, weil er sonst ebenfalls weg
wäre. Dann einigst man sich auf Scheibner als vorläufigen Nachfolger von Riess-Passer.
Um 21 Uhr geben auf einer Pressekonferenz Vizekanzlerin Riess-Passer,
Finanzminister Grasser und Klubobmann Westenthaler ihre Rücktritte von
den Regierungs- und Parteifunktionen bekannt.
Nun ist das Lamm
nicht.
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geschlachtet, das Opfer ist vollbracht. Direkt vermissen werden wir den Vizekakadu
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RESOLUTION der Teilnehmer der Veranstaltung in Knittelfeld am 7. September 2002
Die Unterzeichner anerkennen, daß es seit Beginn der Regierungstätigkeit am 4. Feber 2000 der Freiheitlichen Regierungsmannschaft unter der Leitung der Vizekanzlerin Dr. Susanne Riess-Passer und unter maßgeblicher Unterstützung des freiheitlichen Landeshauptmannes Dr. Jörg Haider sowie des freiheitlichen Parlamentsklubs, der freiheitlichen Funktionäre und der Mitarbeiter bereits gelungen ist, jahrelang geforderte wesentliche freiheitliche Vorhaben umzusetzen, wie z.B. stabilitätsorientierte Finanzpolitik, Einführung des Kinderbetreuungsgeldes, Ermöglichung des Abfertigung für alle, Verwaltungsreform, Gleichstellung von Arbeitern und Angestellten, Behindertenmilliarde, Einführung der Familienhospizkarenz, Schaffung des Integrationsvertrages, Abbau von Gewerkschaftsprivilegien im öffentlichen Bereich und vieles andere mehr.
Die Unterzeichner erachten eine freiheitliche Regierungsbeteiligung für die Zukunft unseres Landes und seiner
Menschen für erforderlich, um aus Österreich einen sozial gerechten. schlanken, modernen, zukunftsorientierten
und wirtschaftlich leistungsfähigen Staat zu formen Ziel dieser Politik muß Gerechtigkeit für die Menschen dieses
Landes sein. Daher sind alle Anstrengungen zu unternehmen, den Menschen als solchen zum tatsächlich Begünstigten des österreichischen Sozialsystems zu machen und an der Umgestaltung des bisherigen ungerechten und ineffizienten sozialistischen Systems, bei dem die Institutionen und nicht die Menschen im Mittelpunkt gestanden sind.
weiter zu arbeiten.
Den Unterzeichnem ist bewusst, daß die erfolgreiche Arbeit der freiheitlichen Funktionäre und insbesondere jene
der Regierungsmitglieder durch die in der Öffentlichkeit ausgetragenen Meinungsverschiedenheiten verschiedener
freiheitlicher Funktionäre maßgeblich gefährdet wurde.
Die Unterzeichner erachten eine reibungslose Zusammenarbeit der freiheitlichen Regierungsmitglieder, Landeshauptmann Dr. Jörg Haider. aller neun Landesorganisationen sowie des freiheitlichen Parlamentsklubs und aller
freiheitlichen Mandatare und Funktionäre in Zukunft für unabdingbar, denn nur dadurch kann eine freiheitliche Reformpolitik auf allen Ebenen gewährleistet werden.
Die Unterzeichner vertreten die Auffassung, daß alle offenen Fragen m Zukunft ausschließlich in den dafür vorgesehenen Gremien offen und ohne Einschränkung diskutiert und abgestimmt werden müssen. um dadurch der Partei
ein geschlossenes Erscheinungsbild nach außen sichern zu körnen.
(Text, Interpunktion und Grammatik wie im Original)
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das unbefleckte Lamm (siehe 1.8.)
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Karl-Heinz Grasser war der populärste FPÖ-Minister, sein Nulldefizit 2001, entstanden aus hoher Steuerquote, dem Ausräumen aller irgendwo vorhandenen Rücklagen und einer unerwarteten Steuervorauszahlungswelle Ende letzten Jahres, kam den Ansichten der sparsam gesinnten Österreicher sehr entgegen.
Peter Westenthaler war seit dem Winter
hen.
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mit Haider über Kreuz, auch sein Gebell wird uns nicht abge-
9.September 2002: Gertrud Fussenegger erhält zu ihrem 90. Geburtstag das Große Goldene Ehrenzeichen mit Stern - die Schriftstellerin kam im ANTIFA-INFO schon mehrmals vor: Sie war fast bis Kriegsende
regelmäßige Mitarbeiterin im NSDAP-Zentralorgan VÖLKISCHER BEOBACHTER und hat nach 1945, ohne
sich irgendwann selbstkritisch und glaubwürdig zu distanzieren, auf katholische Schriftstellerin umgelernt.
9.September 2002: Schüssel reagiert anders als Haider erwartet hat. Um 15 Uhr gibt er bekannt, er
werde dem ÖVP-Parteivorstand ehest mögliche Neuwahlen vorschlagen. Nach den Umwälzungen in der
FPÖ sei eine sachliche Regierungsarbeit nicht mehr möglich. Infrastrukturminister Reichhold gibt ebenfalls seinen Rücktritt bekannt, die übrigen FPÖ-Minister wollten im Amt bleiben.
In der FPÖ gibt es aus der Riess-Passer-Fraktion massive Kritik an den Exponenten des Haider-Flügels,
besonders Ewald Stadler und Hans Achatz werden attackiert.
Der als "FPÖ-Historiker" bekannte Lothar Höbelt bezeichnet Haider als "nützlichen Idioten der Linken":
„Der Nutznießer der mutwillig und sinnlos vom Zaune gebrochenen Krise dieser Tage kann nur die politische Linke sein”.
Hoffentlich! Die Oppositionsparteien SPÖ und Grüne haben die ÖVP-FPÖ-Regierung jedenfalls bei weitem nicht so in Bedrängnis gebracht wie Jörg Haider, der "Erfinder" der Regierungskoalition. Vielleicht
sollten Gusenbauer und seine Leute irgendwo einen Kursus "Wie machen wir uns oppositionell bemerkbar" besuchen.
diese Frage blieb weitgehend ungelöst - dann half Haider
10.September 2002: Erste Wahlumfragen erbringen folgende Parteienprozente: SPÖ 37, ÖVP 29, FPÖ
19, Grüne 12 - hochgerechnet auf Mandate: SPÖ 70 (+5), VP 55 (+3), FP 36 (-16), Grüne 22 (+8), das
wäre immer noch nur ein knappes 92:91 gegen die Regierung.
10.September 2002: Haider zeigt das 1. Wahlplakat vor:
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14.Februar 2002: Westenthaler wird übermütig. Er verlangt, die FPÖ müsse Politik aus einem Guss machen und
„selbständig ohne Haider laufen lernen”, sich endlich zwischen Regierungs- oder Oppositionspolitik entscheiden.
17.Februar 2002: Bundesparteivorstandssitzung der FPÖ. Haider tritt von seinem endgültigen Bundesrücktritt zurück, nur das Ausscheiden aus dem Koalitionsausschuss bleibt. Westenthaler muss Buße tun, widerrufen und Besserung geloben, dann darf er Klubobmann bleiben.
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Der FPÖ-Minister Scheibner leitete die umstrittene Abfangjägerbeschaffung in die Wege und war für die
Bestellung der 24 Teurofighter verantwortlich - und jetzt rettet Haider Österreich vor seiner eigenen Partei! So eine Demagogie zusammenzubringen, das ist wirklich eine Leistung!
10.September 2002: In der ÖVP zeichnet sich die Strategie ab: Schüssel will die ÖVP als Nummer 1
platzieren und damit weiterhin Kanzler bleiben. Die schlechten Umfragewerte für SP-Chef Gusenbauer
lassen diese Absicht durchaus nicht aussichtslos erscheinen.
10.September 2002: Achatz und Stadler werden in der FPÖ als die Schuldigen am Zusammenbruch der
Regierungskoalition ausgemacht, Haider redet sich heraus, er habe die Sachlage nicht mehr in der Hand
gehabt und sei quasi selber getrieben worden. Allerdings hat er sich gerne dieser Entwicklung angepasst
und keine Gegenmaßnahmen zu setzen versucht.
10.September 2002: Im Wahlkampf in der BRD ist es der SPD gelungen die Stimmung zu ihren Gunsten zu drehen. Die Hochwasserkatastrophe und die kritische Haltung gegenüber den Kriegsabsichten
der USA lassen die lange vorne liegende CDU/CSU zurückfallen.
11.September 2002: Diese hündische Betroffensheitsscheiße, die von allen Medien abgesondert wurde,
war einfach nicht zum Aushalten. Wo waren Sie am 11.9.2001? Sind Sie eh auch 2002 noch ganz betroffen? Vermissen Sie das World Trade Center? Wie werden wir Amerikaner dieses unendliche Unglück
je bewältigen? Sollen wir sammeln gehen? Tritt Österreich der NATO bei und kauft Abfangjäger um die
Amerikaner zu rächen und zu beschützen? Bauen auch wir genug Bürgerrechte ab, um die Globalisierer
vorm Terror zu beschützen? Fliegen wir mit Bush in den Irak und bomben die dortigen Ölquellen für die
Multis frei?
Wie früher die Staaten des Ostblocks ihre Servilität vor dem Big Boss im Kreml darlegten und das NEUE
DEUTSCHLAND und RUDE PRAVO der PRAVDA nachjubelten - das war eigentlich recht dürftig im Vergleich
zur europäischen Unterwürfigkeit gegenüber dem US-Imperialismus. Wenn Bush einen Schas lässt,
dann stinkt es durch alle europäischen Zeitungen und Fernsehanstalten und viele schreiben über den
herrlicher Duft! Eines der übelsten Institute dazu: der ORF. Ein Schröder, der die USA kritisiert, der wird
im ORF des neutralen Österreichs niedergemacht als sei man der Regierungsfunk des Pentagon.
Weil in den USA 2001 ein Terroranschlag knapp 3.000 Opfer forderte, das stürzt die Medien der Welt in
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fortdauernde Trauer, für all die Opfer des US-Imperialismus (Unzählige, nicht Tausende!!!!) haben diese Betroffenheitsjammerer noch nie auch nur eine Gedenksekunde eingelegt.
11.September 2002: Haider will wieder Parteiobmann werden - als Spitzenkandidat für die Nationalratswahlen am 24.11. schlägt er jedoch Sozialminister Herbert Haupt vor, gerade den Minister, bei dem
am meisten danebengegangen ist. Erste Überlegungen, welche Abgeordnete wieder kandidieren dürfen,
werden angestellt, die Auseinandersetzungen in der FPÖ gehen noch weiter.
11.September 2002: Die SPÖ plakatiert auch die Abfangjäger als Wahlschlager: "Entweder 1 Abfangjäger oder soundso viele Wohnungen, Kindergärten, Arbeitsplätze" - für die Aufrüstung Österreichs will die
SPÖ kein Geld ausgeben.
12.September 2002: US-Präsident Bush stellt vor der UNO-Vollversammlung dem Irak ein Ultimatum, er
droht auch der UNO: wenn sie nicht handle, dann werden es die USA tun. Vielleicht sollte er auch gleich
die UNO bombardieren lassen, wenn sie nicht spurt.
12.September 2002: In Italien droht Lega-Nord-Chef Umberto Bossi mit einem Austritt aus der Regierungskoalition, wenn kein schärferer Kurs gegen illegale Einwanderer gefahren werde.
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Robert Kurz, Schwarzbuch Kapitalismus, Eichborn Verlag 1999
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12.September 2002: In Kärnten geht VP-Chef Schüssel auf Wahlreise und sagt, Haider sei schuld am
Ende der Koalition, außerdem beschuldigt er ihn, zu feig zu sein, selber als Spitzenkandidat aufzutreten.
12.September 2002: Die Wiener Donnerstagsdemonstranten hatten das Motto: Wir gehen so lange bis
ihr geht: Jetzt ist es vollbracht, sie sind gegangen!
Jetzt geht es darum, vorzusorgen, dass sie nicht wieder kommen!
12.September 2002: US-Präsident Bush stellt vor der UNO-Vollversammlung dem Irak ein Ultimatum, er
droht auch der UNO: wenn sie nicht handle, dann werden es die USA tun. Vielleicht sollte er auch gleich
die UNO bombardieren lassen, wenn sie nicht spurt.
12.September 2002: In Italien droht Lega-Nord-Chef Umberto Bossi mit einem Austritt aus der Regierungskoalition, wenn kein schärferer Kurs gegen illegale Einwanderer gefahren werde.
12.September 2002: In Kärnten geht VP-Chef Schüssel auf Wahlreise und sagt, Haider sei schuld am
Ende der Koalition, außerdem beschuldigt er ihn, zu feig zu sein, selber als Spitzenkandidat aufzutreten.
14.September 2002: Die Wahlumfragen mehren sich, die aktuelle vom Tage lautet: SPÖ 39%, ÖVP
33%, FPÖ 14%, Grüne 12% - dazu unsere Hochrechnung auf Mandate: 73, 62, 26, 22, also 95 zu 88
gegen die jetzige Regierung.
14.September 2002: FPÖ-Spitzenkandidat Haupt in einem Zeitungsinterview: „Es ist unübersehbar,
dass er (Haider) mit seinen Gedanken sehr viele der eigenen Funktionäre und viele Wähler so klar überrollt, dass manche Mühe haben, ihm in seinen Gedanken zu folgen.” Das hat er schön gesagt! Ein so
gescheiter Haider und so dumme FPÖler! Haupt erwartet sich 20% FPÖ-Stimmenanteil bei den Nationalratswahlen.
14. September 2002: Aussendung des FPÖ-Landtagsklubs Kärnten vom 14. September 2002,14 Uhr 39
Erklärung von Landeshauptmann Haider
"Da in den letzten Tagen für mich klar wurde, dass die wirtschaftlichen Interessen mit der Abfangjägeranschaffung die FPÖ in ihrer politischen Handlungsfähigkeit offenkundig lähmt und eine Rückkehr zu der von
mir vertretenen Linie, wonach eine Steuersenkung für die Arbeitnehmer und Gewerbebetriebe Vorrang vor
allem anderen haben müsse, um die Arbeitsplätze zu sichern und die Wirtschaft zu beleben, ziehe ich die
Konsequenzen und verzichte auf eine Kandidatur beim kommenden Bundesparteitag. Die bisherigen Regierungsmitglieder und die sie umgebenden Lobbys und Interessengruppen haben nun die Möglichkeit, ihre Linie in der Gesamt-FPÖ durchzusetzen und einen für die ÖVP maßgeschneiderten Koalitionspartner
darzustellen.
Über Hintergründe und Details dieser Erklärung wird in absehbarer Zeit ausführlich zu diskutieren sein. Als
langjähriger Obmann der FPÖ wollte ich sicherstellen, dass die FPÖ ihre Glaubwürdigkeit gegenüber den
Wählern - insbesondere in den Fragen Steuersenkung für den kleinen Mann, österreichverträgliche EUOsterweiterung, Pensionsgarantie, Privilegienabbau sowie eine restriktive Ausländerpolitik - weiter erhalten
kann."
Dr. Jörg Haider betonte, dass er weiterhin einfaches Mitglied der FPÖ bleiben werde. Als Landeshauptmann von Kärnten werde er auch in Zukunft zeigen, was Inhalte einer glaubwürdigen freiheitlichen Reformpolitik auch für Österreich sein könnten.
Diese Aussendung ließ Vermutungen über eine Korruptionsaffäre aufsteigen, was heißt: "die wirtschaftlichen Interessen mit der Abfangjägeranschaffung" und "die bisherigen Regierungsmitglieder und die sie umgebenden Lobbys und Interessengruppen haben nun die Möglichkeit, ihre Linie in der Gesamt-FPÖ durchzusetzen und einen für die ÖVP maßgeschneiderten Koalitionspartner darzustellen"? Man konnte vermuten, Jörg Haider unterstelle damit dem Schüssel-Riess-PasserKabinett massive Korruption im Zusammenhang mit der Eurofighter-Anschaffung. Gespannt wartet auch
Euer Chronist darauf, dass „Hintergründe und Details dieser Erklärung in absehbarer Zeit ausführlich” diskutiert würden.
15.September 2002: In Salzburg wird gegen die Tagung des Weltwirtschaftsforums demonstriert. Die
Behörden hatten massive Restriktionen gegen die verfassungsmäßig garantierten Freiheitsrechte gesetzt, die Einreise nach Österreich war nur nach Kontrolle möglich, ganz Salzburg war von schweren Polizeieinheiten durchsetzt. Nur gegen 5.000 Demonstranten versammelten sich unter diesen Bedingungen, um gegen den Globalisierungsterror zu protestieren.
15.September 2002: Parlamentswahlen in Schweden, die Meinungsumfrager hatten ein Kopf-an-KopfRennen zwischen der Regierungskoalition und der Opposition angesagt. Ganz gestimmt hat das nicht,
die Sozialdemokraten bekommen 40%, die Linkspartei erhält 8,4%, die Grünen erreichen 4,6%, somit
hat die Regierungskoalition 53% der Stimmen.
124
15.September 2002: Nach dem Rücktritt Haiders als designierter Nachfolger Riess-Passers, fragt man
in der FPÖ die Letztere nach ihrer Bereitschaft von ihrem Rücktritt zurückzutreten. Sie lehnt ab.
16.September 2002: Als absurde und jämmerliche Seltsamkeit entpuppt sich der Grund für den neuerlichen Haider-Rückzug: Keine Enthüllung dubioser Machenschaften, sondern eine "weche G'schicht" - mit
"Herr Doktor Haider, behindern Sie den Kauf der Abfangjäger nicht und passen Sie auf Ihre Familie auf",
habe ihn ein Unbekannter bedroht, deswegen wolle er nicht mehr Parteiobmann werden.
Merkwürdiger Weise soll nur Haider, der in Sachen Abfangjäger als Randgestalt figuriert, bedroht worden sein, aber keiner der Hauptgegner eines Abfangjägerkaufs, kein Gusenbauer, kein Pilz, kein Fußi?
Aber wir glauben alles, weil der Jörg hat uns ja noch nie belogen!
17.September 2002: Pech hat der oö. FPÖ-Chef Hans Achatz. Er hat sich für Haider und gegen RiessPasser zu weit aus dem Fenster gelehnt. Jetzt nachdem auch Haider wieder einmal abhanden gekommen ist, steht er plötzlich allein im Regen und wird von der ehemaligen Riess-Passer-Fraktion zum
Rücktritt gezwungen.
17.September 2002: Die FPÖ braucht ganz schnell eine neue Parteiführung. Nach einigem Hin und einigem Her ist Mathias Reichhold, der eben noch seinen völligen Rückzug aus der Politik bekannt gegeben hatte, bereit, die Funktion des FPÖ-Obmannes zu übernehmen. Über ihn fanden wir im ChronikArchiv: 1992 2002: Mitglied der Kärntner Landesregierung nach der Abwahl Haiders. - 13.Oktober 1994 2002:
Der angekündigte Umbau der FREIHEITLICHEN PARTEI in eine Wahlbewegung beginnt: Das Generalsekretariat wird
aufgelöst. Haider wird vom FP-Parlamentsklub mit 98% zum Klubobmann gewählt, Stellvertreter werden M.
Reichhold, E. Stadler und H. Partik-Pablé. - 1999 2002: 1. Landeshauptmannstellvertreter in Kärnten. - 12.März
2001 2002: Der Kärntner LH-Stellvertreter Mathias Reichhold (FPÖ) gibt nach 23 Jahren Tätigkeit für Jörg Haider
seinen Rückzug aus der Politik bekannt. Reichhold war hauptsächlich als Platzhalter und Einspringer tätig gewesen.
19.Februar 2002 2002: Nachdem Riess-Passer die besonders bewährte Infrastrukturministerin Forstinger erfolgreich zurückgetreten hat, gelobt der Bundespräsident im fast fliegenden Wechsel den Nachfolger an: Mathias
Reichhold. Der angeblich spontane Wechsel verblüfft auch, weil der neue Minister sofort irgendwelche Konzepte
aus dem Hut zieht, also bereits Vorlaufzeit für die Funktion gehabt haben muss. 28.Februar 2002 2002: Der neue
Infrastrukturminister Mathias Reichhold scheint keine Ambitionen oder keine Hoffnungen auf eine Fortdauer der
jetzigen Regierung zu haben. Auf eine Journalistenfrage, was er nach der nächsten Nationalratswahl machen werde,
meinte er, er werde seine Hühner betreuen.
17.September 2002: Urteile im Polizeispitzelprozess, die beiden übrig gebliebenen Angeklagten, der
Aufdecker der Affäre und ehemalige FP-Polizeigewerkschafter Josef Kleindienst und der ehemalige
Wiener FP-Landessekretär Michael Kreißl werden wegen Verletzung des Amtsgeheimnisses in erster Instanz zu je sechs Monaten bedingt verurteilt. Diese Urteile sind sicherlich der größte Erfolg der Ministertätigkeit von FPÖ-Justizminister Böhmdorfer. Die weisungsgebundene Staatsanwaltschaft hat alle anderen Ermittlungsverfahren eingestellt. Kleindienst hatte anno 2000 von einem Netzwerk gesprochen, „dessen sich Politiker skrupellos und immer häufiger bedienen. Zur Überprüfung und Ausspionierung von unliebsamen,
politischen Gegnern, zum Sammeln belastenden Materials. Treffen kann es alle. Und es betrifft auch alle: von Personen des öffentlichen Lebens über karitative Organisationen bis zum kleinen Mann; von Andre Heller bis Helmut
Zilk; von Josef Broukal bis Marcus Omofuma. (...) In allen Bundesländern arbeiten Exekutivbeamte für eine Partei,
teils werden sie bezahlt, teils mit politischen Mandaten und Funktionen belohnt oder geködert, teils geschieht es aus
Ideologie, Idealismus oder auch einfach aus Wichtigtuerei”. Geblieben ist justizmäßig davon so gut wie nichts.
17.September 2002: Keine Freude haben die USA mit dem Einverständnis Saddam Husseins, wieder
UNO-Inspektoren ins Land zu lassen, das sei nur Taktik, Bush bleibt dabei, er will Krieg gegen den Irak
führen.
18.September 2002: Der designierte FP-Chef Mathias Reichhold gibt sich vorerst als Vertreter der
Riess-Passer-Linie: Verschieben der Steuerreform, Ankauf von Abfangjägern, Zustimmung zur EU-Osterweiterung, keinen Ewald Stadler im Nationalrat und keine öffentlichen Zurufe mehr. Im Weiterregieren
sieht Reichhold sein politisches Hauptziel.
18. September 2002: Interessant ein Fax, das der STANDARD erhält: ein angeblicher Augenzeuge der
angeblichen Bedrohung Haiders will folgenden Dialog gehört haben: "Herr Landeshauptmann, Sie sind
doch der Vater der Partei, passen Sie gut auf Ihre Parteifamilie auf und gefährden Sie uns nicht durch
die Ablehnung des Abfangjägerkaufs, und bitte auch keine Beleidigungen wertvoller Parteimitglieder
mehr". Hört sich interessant an - und ganz anders als das, was Haider erzählt hat. Der angebliche Zeuge
tritt in der Folge jedoch nicht mehr in Erscheinung. Die Polizei, die mittels eines Phantombildes nach
dem angeblichen Haider-Bedroher sucht, kommt zu keinen Ergebnissen.
18.September 2002: 1998 wurde Maurice Papon wegen seiner Beteiligung an den Judendeportationen
aus Frankreich zu 10 Jahren verurteilt. Jetzt wird er aus Gesundheitsgründen aus der Haft entlassen.
125
Der Prozess gegen Papon war nach Jahrzehnten das einzige Verfahren gegen einen Beamten der seinerzeitigen Vichy-Regierung, der an den Verbrechen der NS-Besatzer mitgewirkt hatte.
19.September 2002: Gänzlich unspektakulär wird die Nachfolge von Reinhart Gaugg als Vizegeneraldirektor der Pensionsversicherung abgewickelt: Einstimmig bestellt der Überleitungsausschuss einen gewissen Reinhard Ammer, Betriebswirt und Inhaber eines Uni-Lehrstuhles für Krankenhausökonomie.
Ammer gilt als parteiloser Fachmann. Die FPÖ war nicht in der Lage gewesen, Kandidaten namhaft zu
machen, ihre Personalreserve ist mit Gaugg erschöpft gewesen. Zum Proporzwesen gehört aber auch
ein gewisses Maß an befähigten Leuten, FPÖler sind zwar oft zu allem fähig, aber häufig zu nichts zu
gebrauchen.
19.September 2002: Von den anderen Volksanwälten wird FP-Volksanwalt Stadler heftig kritisiert, weil
er seine Tätigkeiten im FP-internen Fraktionskampf vom Dienstbüro aus führte.
19.September 2002: Der Psychologe Christoph Landerer im STANDARD über Jörg Haider: „Die Freiheit,
die er meinte, war 16 Jahre lang eine Freiheit von störenden politischen Festlegungen: Flat Tax und
"kleiner Mann", Deutschnationalismus und Österreichbewusstsein, Amerikanisierung und Traditionsverhaftung, Antiklerikalismus und "wehrhaftes Christentum", und und und.”
20.September 2002: Durch die hilflose Performance der SPÖ hat die Schüssel-Strategie schon Erfolg:
Die ÖVP gewinnt Anhänger hinzu, während die SPÖ stagniert. Schüssel bezeichnet eine Rückkehr zu
rot-schwarz als Stillstand. Wählerstimmung: SPÖ 39%, ÖVP 35%, FPÖ 13%, Grüne 12% - die Mehrheit
gegen die bisherige Regierung läge etwa bei 94 zu 89.
20.September 2002: Die amerikanische Regierung legt ihre neue "Sicherheitsstrategie" vor. Die Vorherrschaft des US-Imperialismus wird darin festgeschrieben, durch "vorbeugende Militärschläge" soll in
Hinkunft vermieden werden, dass von den USA nicht gewünschte Entwicklungen stattfinden. Wobei als
Begründung der "Kampf der freiheitsliebenden Nationen gegen den Terrorismus" herhalten muss. Wobei
wohl "Freiheitsliebe" die Unterordnung unter die USA bedeutet. Wenn man die Weltpolitik auch im Stil
einer Marktwirtschaft sieht: Seit es keinen Konkurrenzkampf zwischen Supermächten mehr gibt, wird der
verbliebene Monopolist immer unverschämter. Was sich immer mehr verschärft, weil ein Simpel wie dieser Bush seine primitive Weltsicht zur Doktrin machen kann: Wer nicht für die USA ist, wird bombardiert.
21.September 2002: Das Buch "Grüß Gott und Heil Hitler" über die katholische Kirche in der NS-Zeit erscheint, es räumt gründlich mit der Heuchelei auf, die Kirche wäre ein Opfer des Nazismus gewesen, akribisch belegt der Autor die tiefgehende Übereinstimmung und Zusammenarbeit mit dem Nationalsozialismus.
21.September 2002: Wahlen in der Slowakei, stärkste Partei wird die HZDS Meciars mit 19,5%, gefolgt
von den Christdemokraten mit 15,1%, der linkspopulistischen Smer (13,5%), der Ungarnpartei mit
11,2%, der zweiten christlichen Partei KDH (8,3%), den Wirtschaftsliberalen mit 8% und den Kommunisten, die mit 6,3% neu ins Parlament einziehen. Die beiden christlichen Parteien, die Ungarnpartei und
die Wirtschaftsliberalen dürften eine Rechtsregierung bilden.
21.September 2002: Parteitag der FPÖ, Mathias Reichhold wird von über 92% der Delegierten zum
Nachfolger von Riess-Passer als Parteichef gewählt. Sein Team setzt sich überwiegend aus Funktionären der Haider-Fraktion zusammen, als seine Stellvertreter präsentiert er Thomas Prinzhorn, Herbert
Haupt, Magda Bleckmann und Max Walch. Frau Bleckmann ist nicht nur durch ihre absonderliches Lebensschicksal (ihr Ehemann wurde als Bankräuber erschossen) bekannt, sondern auch als Repräsentantin deutschnationalen "Urgesteins", die Bleckmanns (Schöller-Bleckmann!) sind in dieser Hinsicht berüchtigt.
Auch inhaltlich präsentiert Reichhold - entgegen seinen ersten Äußerungen nach der Nominierung - die
Haiderlinie - was vor dem Rücktritt Riess-Passers von den Forderern eines Sonderparteitages vertreten
wurde, vertritt er jetzt auch: Aufschub des Kaufes der Abfangjäger, ehest mögliche Steuerreform, keine
EU-Osterweiterung ohne Zusperren von Temelin, Aufhebung der Benes-Dekrete.
22.September 2002: Die KRONEN ZEITUNG, die lange Zeit sehr FPÖ-freundlich gewesen war, sieht den
neuen FP-Chef Reichhold als Kasperlpuppe von Jörg Haider. Und das gleich am Titelblatt!
126
22.September 2002: Bundestagswahlen in der BRD. Nach einem zügigen Aufholkampf siegt rot-grün
knapp gegen die Herausforderer CSU und CDU. Das Resultat: SPD 38,5% (-2,4%), CDU/CSU auch
38,5% (+3,4%), Grüne 8,6% (+1,9%), FDP 7,4% (+1,2%), PDS 4% (-1,1%) und andere Parteien 3% (3%). Die PDS scheitert an der 5%-Klausel und ist nur noch mit zwei Direktmandaten im Bundestag, wohl
auch eine Folge des Rückzuges von Gregor Gysi. Die FDP blieb mit dem Anspruch, 18% zu erreichen,
liegen, der Versuch des Vizeparteichefs Möllemann, durch Antisemitismus Stimmen zu lukrieren, mag
zwar Erfolge gehabt haben, aber wiederum Stimmen aus dem liberalen Wählerbereich gekostet haben.
Der halbherzige Rechtspopulismus von Teilen der FDP ist jedenfalls gescheitert, Möllemann muss als
Vizeparteichef gehen. Der schwarze Spitzenkandidat Stoiber hatte sich nach ersten Hochrechnungen,
die CDU/CSU noch vorne zeigten, schon als Wahlsieger feiern lassen, aber die SPD wird dann doch mit
wenigen tausend Stimmen Vorsprung stärkste Partei. Der ORF hatte ebenfalls schon den Stoiber als
Sieger verkündet, ORF-Korrespondent Schulmeister hatte in der Wahlberichterstattung ständig gegen
rot-grün agiert, er weiß, TV-Chefredakteur ÖVP-Mück sieht gern schwarz.
Keine Freude hat die USA-Regierung am deutschen Wahlausgang, sie führt sich auf wie von ihr zu erwarten: Wie der Kolonialherr gegen aufmüpfige Kolonialgebiete. Berlin zu bombardieren, plant allerdings
vorläufig noch nicht.
23.September 2002: Die längste Zeit begehrten Wirtschaftsfunktionäre eine Senkung der Lohnnebenkosten, was sogar bei den Unselbständigen oft gut ankam - man war sich nicht darüber klar, was Lohnnebenkosten sind: Urlaubs- und Weihnachtsgeld, die Arbeitgeberanteile an Kranken-, Arbeitslosen-,
Unfall- und Insolvenzfondsversicherungen. Also Leistungen, die den Beschäftigten direkt oder indirekt
zugute kommen. Entscheidend sind aber für die Leistungsfähigkeit nicht die Lohnnebenkosten, sondern
die Lohnstückkosten - und da liegt Österreich deutlich hinter Ländern wie Deutschland, Schweiz, Japan
und den USA. Die Lohnstückkosten haben sich in Österreich in den letzten zehn Jahren im Vergleich zu
den wichtigsten Exportmärkten um 10% verbessert. Das heißt: die Ausbeutung hat zugenommen.
23.September 2002: Gaugg steht wieder in der Zeitung: Für seine treuen Dienste soll ihn jetzt Haider für
den Posten als Chef der Kärntner Pensionsversicherung ins Auge gefasst haben.
23.September 2002: Karl Danninger in den OÖN zum FPÖ-Parteitag: Von Innsbruck 1986 bis Oberwart
2002 hat sich Haider in seiner Partei so stark substanzialisiert, dass er auch bei körperlicher Abwesenheit stets präsent ist, wenn Freiheitliche sich zu irgendeinem Anlass versammeln.
Wenn sich zwei oder drei von Euch versammeln, werde ich mitten unter Euch sein?
24.September 2002: Gegen eine Kandidatur Jörg Haiders für die Nationalratswahl auf der Kärntner FPListe wendet sich Parteivorsitzender Reichhold. Das ist ein neues Problem für Haider: wenn Reichhold
die NR-Wahl verliert und Haider in Kärnten die Landtagswahl, dann wird es für den Letzteren eher
schwierig, dass er wiederholen kann: "ich bin sicherlich ein Sisyphus der FPÖ, der bereit ist, den Stein
wieder nach oben zu bringen", wie er vor Kurzem eine seiner zahlreichen Rückkehren in die Bundespolitik abkündigte.
24.September 2002: In Bozen wurde es zur Zeit der Faschismus der "Siegesplatz" mit einem bombastischen Denkmal eingerichtet. Im Zuge der Südtirolautonomie benannte man den Platz in "Friedenplatz"
um. Jetzt wollen die italienischen Neofaschisten, die Alleanza Nazionale, wieder zurück zum "Siegesplatz".
Was anderes noch zu Südtirol: Als dieser Tage Bundespräsident Klestil in Italien weilt, setzt er sich für
eine Amnestie für die Südtirolterroristen der Sechzigerjahre ein. Davon sitzt zwar keiner mehr, aber ge127
gen einige laufen immer noch Haftbefehle und sie können daher nicht nach Italien einreisen. In der ORFBerichterstattung wurden aus diesen Bombenlegern ganz harmlose "Südtirolaktivisten".
24.September 2002: Nicht ganz in der Zeit ist die FPÖ mit ihrer Forderung nach einem Mindestbruttoeinkommen von 1.000
es das längst.
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24.September 2002: Die Medien meinen nun müssten sich in der BRD Schröder und Außenminister Fischer um "Schadensbegrenzung" in den Beziehungen zu den USA bemühen. Sonst könnten die USA ihre Truppen aus der BRD abziehen. Ach du mein Schreck! Keine US-Truppen in der BRD! Da marschierten bestimmt sogleich die Chinesen ein. Oder die Österreicher.
Die USA sind in erster Linie deswegen eine Supermacht, weil sie von lauter devoten Schleimscheißern
umgeben sind. Die USA ohne Europa wären wesentlich beschissener dran als Europa ohne die USA.
Das müsste einmal irgendwer dem Herrn Bush erklären.
25. September 2002: Norman Mailer in einem Interview mit den OÖN: „Ich glaube, es ist möglich, dass
Bush weniger intelligent ist als Ronald Reagan. Und das ist eine außergewöhnlich dramatische Bemerkung. Kaum zu glauben für jeden der Reagan kennt.”
25.September 2002: Die SPÖ protestiert gegen die laufenden Personalmassnahmen der Regierung.
Die ÖVP bemüht sich nämlich durch Zwangspensionierungen und rasche Postenvergaben unter den Ministerialbeamten noch schnell die Umfärbung von ROT auf SCHWARZ abzuschließen.
25.September 2002: Vorerst ignoriert der israelische Premier Sharon die UNO-Resolution, die Israel
auffordert, die zur Zeit laufende Belagerung des Amtssitzes von Yassir Arafat zu beenden. Vor zwei Jahren hatte es der damalige Oppositionspolitiker Ariel Sharon für dringend notwendig befunden, sich demonstrativ auf den zwischen Israelis und Palästinensern umstrittenen Tempelberg zu begeben und damit
den Anlass für heftige Unruhen zu liefern, die mit gnadenlosem Militäreinsatz niedergeschlagen wurden,
zahlreiche Tote verschärften in der Folge die Situation zunehmend, der brüchige Frieden im Nahen Osten schwand dahin. Die zweite Intifada der Palästinenser begann - Anlass und Auslöser war der nationalistische Extremist Sharon.
25.September 2002: Die ÖVP stellt das erste Wahlplakat vor, es setzt den geplanten Schwerpunkt der
ÖVP-Propaganda um:
Als Antwort dazu fiele uns ein: NICHT ER
Die SPÖ inseriert bald in parodistischer Art: ”Wer ist verantwortlich für das Chaos um die Ambulanzgebühr - wer, wenn nicht er”. Was die ÖVP sehr ärgert.
Zweite Septemberhälfte 2002: Von einem Mitarbeiter der Welser Initiative gegen Faschismus wurde
auf einem öffentlich einsehbaren Balkon des Gasthauses Löcker in der steirischen Gemeinde Perchau
am Sattel ein großes Schild mit der Aufschrift "Ein Volk - ein Reich - ein Führer" entdeckt. Nach Telefonaten der Welser mit dem Perchauer Bürgermeister (und der Drohung mit einer Anzeige nach NSVerbotsgesetz gegen die Gasthausbesitzerin) soll diese Aufschrift nun entfernt worden sein - mit 57 Jahren Verspätung.
26.September 2002: In Kärnten werden künftig durch eine sogenannte Sockelförderung hauptsächlich
rechte und rechtsextreme Organisationen gefördert: Heimatdienst, Abwehrkämpferbund, Ulrichsberggemeinschaft, Kameradschaftsbund. Das Kulturzentrum UNIKUM protestierte gegen die neue Subventionspolitik mit "Goldhauben" in Fäkalienform vor dem Landhaus.
26.September 2002: Frau Bleckmann, neue Rechtsaußen im FPÖ-Vorstand, ist, wie sie erklärt, keine
Historikerin, sie kann daher nicht sagen, ob Österreich 1945 vom Faschismus befreit wurde. Das heißt in
Klarsprache: Der Bleckmann-Clan wurde bestimmt nicht befreit, er wurde besiegt.
27.September 2002: Wahlumfrage: SPÖ und ÖVP mit je 37%, FPÖ 13, Grüne 12 - was heißt, dass damit die bisherige Regierung wieder in Front läge. Aus der SPÖ kommen schon weinerliche Töne, weil
außer von 1971 bis 1979 ÖVP und FPÖ immer die Mehrheit gehabt hätten. Wäre daher der SPÖ zu
128
empfehlen, weniger jetzt schon vorbeugend zu jammern und zu seufzen, sondern sich entsprechend auf
die Schienen zu hauen!
27.September 2002: Meinungsumfrage mit Wahlmöglichkeit zwischen einer rot-grünen und einer VPFP-Regierung: rot-grün liegt mit 44:40 vorne, zwei weitere Wahlumfragen bringen SP zu VP 38 zu 33
bzw. 37 zu 36. Also wieder rot-grüne Mehrheiten.
28.September 2002: Neuer FPÖ-Obmann in OÖ. ist Günther Steinkellner. Verblüffend sein Auftreten im
Fernsehen: ein derartig dilettantischer Phrasendrescher ist heutzutage eine Sehenswürdigkeit!
28.September 2002: In Hartheim werden Überreste von Opfern des Massenmordes an Behinderten
symbolisch beigesetzt. Gegen 30.000 Menschen sind in der NS-Zeit dort ermordet worden. 2003 wird die
Gedenkstätte Hartheim fertiggestellt werden.
29.September 2002: Die USA können zu ihrem geplanten Krieg gegen den Irak keinen zweiten akuten
Kriegsbereich im Nahen Osten brauchen, daher wird Israel zum Abbruch der Belagerung von Arafats
Quartier gezwungen.
29.September 2002: In der KRONEN ZEITUNG beschwert sich Kardinal Schönborn über die Bücher "Grüß
Gott und Heil Hitler" und "Die katholische Kirche und der Holocaust" (Goldhagen) - er sieht entgegen den
Darstellungen in den Büchern die katholische Kirche weiterhin als NS-Opfer und bezieht zur Unzahl der
konkreten Vorwürfe nicht Stellung. In der BRD wird zum Goldhagen-Buch vom Vorsitzenden der Bischofskonferenz, Karl Lehmann, gar die absurde Behauptung aufgestellt, die Kirche hätte 80% der
900.000 Juden gerettet, die im deutschen Machtbereich die NS-Zeit überlebt hätten. Abgesehen von den
Davongekommenen in den KZs überlebten Juden weit überwiegend, weil sie mit "arischen" Partnern in
sogenannten "privilegierten Mischehen" lebten - diese Gruppe und die "jüdischen Mischlinge" waren von
den Nazis auf der Wannsee-Konferenz 1942 von der "Endlösung der Judenfrage" zurückgestellt worden.
29.September 2002: Jörg Haider wollte auf der Kärntner Liste für die Nationalratswahlen kandidieren.
Parteiobmann Reichhold ist dagegen und soll sogar mit Rücktritt gedroht haben. Darauf verzichtet Haider auf einen Listenplatz. Was er leicht tun kann, Reichhold ist vermutlich das Wahlrecht nicht ganz klar,
dieses ermöglicht nämlich auch den Einzug von Nichtkandidaten, wenn alle Kandidaten auf der Liste auf
ein Nachrücken verzichten. Nach den nächsten Kärntner Landtagswahlen ist es recht wahrscheinlich,
dass Haider nimmer Landeshauptmann sein wird, seine Rückkehr in die Bundespolitik und die von
Reichhold auf seinen Bauernhof daher zu erwarten.
30.September 2002: Eine Zusammenfassung über die Parteienpräsenz im Fernsehen im September
zeigt wie wichtig es ist, wenn politische Parteien im staatlichen Fernsehen ihren Einfluss einbetonieren
können. Unter dem TV-Chefredakteur Mück von der ÖVP kommen die Oppositionsparteien in der Berichterstattung fast gar nimmer vor. Von den Politiker-Originaltönen sind unter den ersten Zehn vier von
der FPÖ, drei von der ÖVP, der Bundespräsident und je einer von SPÖ und den Grünen.
30.September 2002: Das Gutachten von Jochen Frowein zu den Benes-Dekreten sieht diese als obsolet, da kein Bezug zu den EU-Verträgen besteht, erwartet wird von der tschechischen Regierung allerdings eine Behandlung der Frage des Amnestiegesetzes, das während der Vertreibungen begangene
Verbrechen straffrei stellte.
30.September 2002: Der Personenschutz für Jörg Haider wird beendet, eine "Neuberwertung der Situation" habe ergeben, dass die "Gefährdung nicht mehr als akut eingestuft" werden müsse. Schrecklich
diese Polizei! Wenn die Rüstungsfirmen erfahren, dass der Stopper der Abfangjäger (siehe Plakat vom
10.9.) nicht mehr beschirmt wird, gleich werden sie ihn niederstechen!
30.September 2002: Außer den Parlamentsparteien wollen für die Wahlen am 24.11. auch das Liberale
Forum und die Kommunisten kandidieren.
30.September 2002: In Wien beginnen die Gespräche über die UNO-Inspektionen im Irak.
Ende September 2002: Die Unterbringung von Asylanten stößt an die Grenzen der Kapazitäten, der Innenminister will vermehrt abschieben, in Traiskirchen beginnen 300 Asylsuchende einen Hungerstreik.
Ende September 2002: In der SPÖ fürchtet man die Wahlen und beugt vor: Eine Mehrheit gegen die
politische Rechte hätte es in Österreich nur bei den Wahlen 1971, 1975 und 1979 gegeben. Für den Fall
der Fälle hat man also schon zwei Monate vorher eine Ausrede. Die schwachen Leistungen der SPÖ als
Oppositionspartei werden dabei allerdings nicht angesprochen.
1.Oktober 2002: Günter Wallraff ist 60. Im Satire-Blatt PARDON begann er in den Sechzigerjahren mit
seinen verdeckt ermittelten Reportagen "Wallraff was here" über die reale Arbeitswelt zu berichten. Damals ging es politisch ja auch noch darum, die Arbeitswelt zu demokratisieren. Jetzt sind wir im Endstadium der Entwicklung, dass die Politik kommerzialisiert wird. Günter Wallraffs Aufdeckungsjournalismus
hätte heute keinen politischen Hintergrund mehr. Man hört heute auch nichts mehr von Wallraff.
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Anfang Oktober 2002: In Salzburg steht das Antifa-Denkmal vor der Fertigstellung. Während man der
Helden der Hitlerwehrmacht seit Jahrzehnten gedenkt, hat es die Stadt bisher nicht geschafft gehabt, der
NS-Opfer zu gedenken. Was weiter nicht wundert: Auch in Salzburg gab es weit mehr Nazis als Antifaschisten.
Anfang Oktober 2002: Bekanntlich gibt es unter der jetzigen Regierung nur noch objektive Postenvergaben an die objektiv am besten Geeigneten. Darum wurde jetzt von Sozialminister Haupt seine interimistische Kabinettschefin Christine Weber zur Geschäftsführerin der AGENTUR FÜR GESUNDHEIT UND
ERNÄHRUNG bestellt. Sie war die letztgereihte Bewerberin gewesen.
Anfang Oktober 2002: Der italienische Faschistenführer Gianfranco Fini hatte während eines Staatsbesuches von Bundespräsident Klestil das "Große Goldene Ehrenzeichen am Bande" erhalten. Für seine
Kampagne zur Rückbenennung des jetzigen "Friedensplatzes" in Bozen in "Siegesplatz" brüstet er sich
nun mit dem Orden. Die Südtiroler Volkspartei ist über diese Art von Unterstützung aus Österreich sehr
ungehalten. In Österreich werden die Schuldigen für die Verleihung gesucht: Bundespräsident? Außenministerin? Vizekanzlerin?
1.Oktober 2002: Laut Meinungsumfrage sind 75% der ÖsterreicherInnen gegen einen Jörg Haider in der
Bundespolitik.
2.Oktober 2002: Leopold Figl, ÖVP-Politiker, Nachkriegskanzler und als Außenminister Staatsvertragsverhandler wäre heute 100 Jahre alt geworden. In Österreich wird eifrig gedacht und gewürdigt. Solange
Figl lebte (gestorben 1965), war man ihm gegenüber nicht so lieb. Der Politiker war schwerer Alkoholiker
und wurde deswegen Zug um Zug vom Bundeskanzler zum Landeshauptmann von Niederösterreich degradiert. In Niederösterreich durfte er weitersaufen
2.Oktober 2002: Asylantenstatistik: Vom 1.1. bis zum 31.8.2002 wurden in Österreich 23.231 Asylanträge gestellt, davon 664 positiv erledigt, 2.231 abgewiesen. 16.230 "sonstig erledigt", was heißt, dass die
Antragsteller nicht mehr auffindbar waren. Vermutlich leben die Schlepper davon, dass eine Einwanderung mittels Untertauchens so problemlos funktioniert.
Innenminister Strasser ist für ein Asylantenkurzverfahren, während in Deutschland heuer die Zahl der Asylwerber um 17% gesunken ist, stieg sie in Österreich um 25%.
3.Oktober 2002: Hat Haider bei seiner Visite in Bagdad nur einen Doppelgänger von Saddam Hussein
getroffen? Ein Gesichtvermesser verglich mit alten Saddam-Fotos und ist überzeugt davon. Aber vielleicht war auch Haider nicht echt? Wer weiß?
4.Oktober 2002: Wenn die FPÖ weniger als 15% der Stimmen bekommt, will Parteivorsitzender Reichhold abtreten.
4.Oktober 2002: Die aktuellen Meinungsumfragen zeigen die ÖVP auf der Überholspur. Zur SPÖ gibt es
das nicht unberechtigte Bonmot, zuerst habe die Partei keine Oppositionspolitik gemacht, jetzt führe sie
keinen Wahlkampf.
6.Oktober 2002: Der Papst spricht einen gewissen Josemaria Escrivá heilig. Der Mann war ein Parteigänger der spanischen Franco-Faschisten und gründete den Orden OPUS DEI, "Werk Gottes". In der
Franco-Diktatur bestellte der Orden bis zu zehn Minister. Mit Escrivá wird also wohl auch der Klerikalfaschismus geheiligt.
6.Oktober 2002: Zum letzten Mal findet am Kärntner Ulrichsberg unter der Patronanz Jörg Haiders und
der Kärntner Landtagsparteien das Treffen der Veteranen der Naziwehrmacht in der bisherigen Form
statt. Das Gelände wurde an einen Deutschen verpachtet, der darauf ein Wildgehege einrichten will. Wo
und wie der Ulrichsbergsverein seine Treffen zukünftig abhalten will, ist noch unbekannt. Der neue Obmann, ein gewisser Peter Steinkellner, gibt sich kritisch: man könne nichts gegen das jeweils gleichzeitig
stattfindende Treffen der Waffen-SS in Krumpendorf machen, leider könne man auch am Ulrichsberg
nicht verhindern, dass „sich extreme Rechte oder Linke einschleichen”. Na sowieso, bekanntlich marschieren ja immer die extremen Linken am Ulrichsberg auf mit ihren Regimentsfahnen und Naziorden.
Wahrscheinlich von der bolschewistischen SS.
6.Oktober 2002: Gemeinderatswahlen im Burgenland. Die SPÖ steigerte ihre Mandate von 1.386 auf
1.547, die ÖVP von 1.275 auf 1.341, die FPÖ sinkt von 204 auf 96. Die Grünen kandidierten nur in wenigen Gemeinden und erreichen 13 (bisher 3) Sitze.
Auch in Krems (NÖ) wird der Gemeinderat gewählt:, die FPÖ verliert mehr als die Hälfte der Stimmen
und sinkt auf 7,41%.
93
1.Oktober 1999: In Salzburg soll am Bahnhofvorplatz ein Denkmal für die Opfer des Nationalsozialismus aufgestellt werden,
"Den Toten zur Ehre - den Lebenden zur Pflicht". Die FPÖ ist naturgemäß dagegen: „Dubios, fragwürdig und teuer”.
130
6.Oktober 2002: Sieg der Neofaschisten in Bozen. Mit einer Mehrheit von 62% spricht sich die Bozener
Wählerschaft für eine Rückbenennung des FRIEDENSPLATZES in SIEGESPLATZ aus. 1927 hatten die italienischen Faschisten auf diesem Platz ein Denkmal errichtet und dem Platz diesen Namen gegeben. Hierzulande hatte man eilfertig der ALLEANZA NAZIONALE einen Persilschein als gewendete Exfaschistenpartei
gegeben. War wohl etwas voreilig, die Partei ist immer noch mussolinitreu und faschismusbewusst.
Aber Italien hat ja eine einschlägige Rechtsrechtsregierung.
Das faschistische Siegesdenkmal in Bozen - ein typischer Protzbau im Faschistenstil, der Entwurf könnte
auch von Hitler sein. In Italien blieben nach 1945 solche Gebilde stehen.
8.Oktober 2002: In Traun wird ein Waffennarr festgenommen, der in seiner Wohnung eine Waffensammlung aufbewahrte und Gendarmen mit einer Handgranate bedrohte. Nazimaterialien werden ebenfalls gefunden. Der mutmaßliche Täter ist im Sinne des Wortes "auf den Kopf gefallen", er hat vor
Jahren einen Unfall mit schwersten Kopfverletzungen erlitten und zeigte seither bisweilen ein eigenartiges Verhalten.
9.Oktober 2002: Innenminister Strasser spricht sich für die rasche Abschiebung von Wirtschaftsflüchtlingen aus dem Kosovo aus. Mehrere Schlepperbanden "versorgen" Österreich zur Zeit mit Zuwanderern. Da es wohl keine Zukunft hat, Österreich auf diese Art mit Einwanderern zu versorgen, bleiben
nicht viele Möglichkeiten über. Es wird hierzulande wohl nicht ausbleiben, über die Einwanderung endlich eine klare gesetzliche Regelung zu erstellen. Und es soll auch nicht so getan werden als gebe es
den Missbrauch des Asylrechtes nicht. Wenn heuer schon über 16.000 Asylwerber nicht mehr auffindbar
sind (siehe 2.10.) dann funktioniert doch offenbar das ganze System nicht mehr.
10.Oktober 2002: Die sogenannte Staatsquote beläuft sich 2001 in Österreich auf 45,7%. Der als eine
Art fiskalisches Wundertier gehandelte Finanzminister Grasser hat sein "Nulldefizit" also durch eine der
höchsten Staatsquoten der Welt erreicht. Das hätte wohl jeder andere Finanzminister auch zusammengebracht.
10.Oktober 2002: In Tirol muss Wilfried Bader, Leiter der dortigen Grünen Bildungswerkstatt, zurücktreten. Er habe „palästinensische Selbstmordanschläge nicht eindeutig verurteilt”, wird ihm vorgeworfen,
deswegen sei Kritik laut geworden, die Grünen agierten antisemitisch.
Die nationalistisch-rechtsextreme israelische Regierung zu kritisieren, ist aber wohl kein Antisemitismus.
94
Es muss dazu wieder daran erinnert werden, dass seinerzeit Rabin mit Arafat ein Abkommen ausgehandelt hatte. Rabin wurde von einem fanatischen Rechtsextremisten ermordet, seither setzen sich die
israelischen Nationalisten immer mehr in Szene und die Situation scheint nur noch gewaltsam lösbar zu
sein. Was heißt: sie bleibt ungelöst.
11.Oktober 2002: Den Friedensnobelpreis 2002 erhält der ehemalige US-Präsident Jimmy Carter für
seine vielseitigen und vielfältigen Friedensmissionen. Der Friedensnobelpreis für Altpräsident Carter war
wohl auch als Denkhilfe für den jetzigen Präsidenten Bush zu verstehen - der hat dies aber bestimmt
nicht verstanden.
11.Oktober 2002: Das italienische Parlament verabschiedet ein Gesetz, das es Angeklagten ermöglicht,
ein Gericht wegen vermuteter Befangenheit der Richter abzulehnen. Ministerpräsident Berlusconi will
94
4.November 1995: Die Allgegenwart des Faschismus beweist sich in Israel. Ministerpräsident Yitzhak Rabin wird von einem
rechtsextremistischen Studenten nach einer öffentlichen Friedenskundgebung ermordet. Der Täter, ein gewisser Yigal Amir, wird
zuerst als Einzeltäter und Einzelgänger beschrieben. Die Sicherheitskräfte bemühen sich, genau wie bei uns, solange es irgendwie
geht, Rechtsextremismus und Faschismus zu verharmlosen, insbesondere organisierte Strukturen zu verleugnen. Erst nach einigen Tagen gibt man zu, daß dieser Amir kein Einzeltäter, sondern Mitglied einer rechten Terrorgruppe ("Jüdische Kampforganisation") ist, die außerdem über höchst eigenartige Verbindungen zum israelischen Geheimdienst und zur Polizei verfügt.
131
sich auf diese Weise laufender Strafverfahren entziehen. Üblicherweise gibt es in Rechtsstaaten gesetzliche Richter, welcher Angeklagter wegen welcher Delikte welche Richter erhält, ist geregelt. In Mafiatien
regelt dies ab sofort der Angeklagte.
Österreich hat auch eine wenig erfreuliche Regierung. Aber im Vergleich zu Italien steht Österreich
hochweiß da.
12.Oktober 2002: Auf der Ferieninsel Bali tötet ein Bombenanschlag islamistischer Fundis mindestens
182 Menschen, hauptsächlich betroffen sind australische Touristen.
Was früher unter "antiimperialistischer Befreiungskampf" firmierte, politisch linksgerichtet war und sich
gegen konkrete Einrichtungen des Imperialismus und Kapitalismus richtete, ist mit dem Ende des "Realsozialismus" untergegangen. Als zweifelhafter Ersatz verbreitet sich rechter Terror: religiös, statt politisch, blind gegen alles "Fremde", statt politisch konkret gegen imperiale Institutionen. Den Schaden für
die Welt, der durch die Abschaffung statt die Reform des "Realsozialismus" gestiftet wurde, ist zwar allgemein, aber er wird politisch nirgendwo deutlich. Weil der kapitalistische Sieg als "Sieg der Demokratie"
verkauft wurde.
12.Oktober 2002: Der ORF präsentiert die Nestroy-Preise 2002. Einer der Preisträger ist Claus Peymann, die Verleihungsrede für ihn hält Andre Heller. Wie nicht sehr überraschend redet Heller politisch.
Die ÖVP, die ja mit einer gewissen Berechtigung davon ausgehen kann, dass das Fernsehen sich recht
fest in Parteihand befindet, ist zutiefst empört. Da redet einer im Fernsehen live schlecht über Schüssel!
Eine solcherne Majestätsbeleidigung hätte es zu Nestroys Zeiten bestimmt nicht gegeben!
Wegen des folgenden Textes plärrte die ÖVP nach Zensur: Andre Heller (12.10.2002):
Nehmen wir an, und ich bitte Sie, mir zu glauben, dass ich hier nur einen Theaterstoff, ein Märchen im
Sinne Nestroys entwickle - nehmen wir an, lieber Claus Peymann, es gäbe einen Parteiobmann, der vor
den Wahlen verkündet, man solle ihn wählen, um eine rechtsextreme Dilettantentruppe zu verhindern,
aber wenn er bei den würde dann Dritter und bräche sein Wahlkampfdoppelversprechen und würde sich
durch und mit Figuren zum Kanzler erheben, die Hitlers Beschäftigungspolitik als erstklassig fänden und
die österreichische Nation eine Missgeburt und die alten SS-Kameraden als die wahren Anständigen im
Lande preisen und Churchill mit Stalin gleichsetzen, und die, in der Öffentlichkeit, mit Wohlwollen des
Justizministers forderten, man solle die Opposition für allzu kritische Äußerungen einsperren dürfen, bespitzelt habe man sie ohnehin schon, und Privilegienabbau müsse man mit Lichtgestalten, wie Reinhart
Gaugg betreiben und geistige Aufforstung mit Schmissvisagen wie Mölzer und Stadler.
Und diese Regierung, unter einem Kanzler, dessen rückgratloses Motto „Die Wahrheit ist eine Tochter der Zeit" von
seinem Kohlkopf stammt, erlitte, in unserem Märchen, nach 30 Steuererhöhungen und der höchsten Arbeitslosigkeit
und der grausamen Senkung der Unfallrenten und der restlosen Ungleichstellung Ärmerer, bei der medizinischen
Versorgung und beim Studium, um nur ganz wenig von dem Abscheulichen aufzulisten, selbst verschuldeten, kläglichen Schiffbruch.
Und dieser Kanzler, der Österreich die größte Beschädigung im internationalen Ansehen in der Geschichte der
Zweiten Republik beschert hätte, würde also, in unserem Märchen, mit seiner Idee vom Regieren, Konkurs - oder
schlimmer noch: fahrlässige Krida machen, und nun verhielte er sich in die Kameras lächelnd, als hätte dieses Debakel nicht er zu verantworten, sondern er wäre gewissermaßen die einzige Rettung vor sich selbst. Aus seinem
Unsinn der Vergangenheit und Gegenwart käme der einzig achtbare Sinn für die Zukunft, und er wolle dementsprechend seinen zynischen Egotrip fortsetzen und plakatiert folgerichtig im Wahlkampf: „Schüssel - wer, wenn nicht
er". Lieber Claus Peymann, liebe Zuhörer: welch ein Stoff. Sie müssten ihn inszenieren, und Franz Morak müsste
den Kanzler spielen. Er hatte ja genügend Zeit, das Original unter der Lupe zu beobachten...
13.Oktober 2002: Kardinal Schönborn predigt jeden Sonntag in der KRONEN ZEITUNG. Für heute hat er
Matthäus 22, 1-10 gewählt, eine der übelsten antisemitischen Passagen des Neuen Testamentes. Die
Juden werden in einem Gleichnis als frevelhafte Verweigerer des Messias Jesus dargestellt, denen Gott
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strafweise Mord und Brand schickt . Anfang Oktober hatte sich der Salzburger Weihbischof Laun im
Namen der Kirche entschieden vom Antisemitismus distanziert, ohne allerdings auf die antisemitischen
christlichen Traditionen einzugehen, ja er ordnete den Antisemitismus kurzerhand den "Gottlosen" zu.
14.Oktober 2002: Laut Meinungsumfrage steht die FPÖ für folgende politische Anliegen: Weniger Ausländer in Österreich, Steuerreform, weniger SPÖ-Einfluss, mehr Familienpolitik, ausgeglichenes Budget,
Gegengewicht gegen linke Politik, gegen Privilegien.
95
Jesus erzählte ihnen noch ein anderes Gleichnis: Mit dem Himmelreich ist es wie mit einem König, der die Hochzeit seines Sohnes vorbereitete. Er schickte seine Diener, um die eingeladenen Gäste zur Hochzeit rufen zu Tassen. Sie aber wollten nicht kommen. Da schickte er noch einmal Diener und trug ihnen auf: Sagt den Eingeladenen: Mein Mahl ist fertig, die Ochsen und das
Mastvieh sind geschlachtet, alles ist bereit. Kommt zur Hochzeit! Sie aber kümmerten sich nicht darum, sondern der eine ging auf
seinen Acker, der andere in seinen Laden, wieder andere fielen über seine Diener her, misshandelten sie und brachten sie um. Da
wurde der König zornig; er schickte sein Heer, ließ die Mörder töten und ihre Stadt in Schutt und Asche legen. Dann sagte er zu
seinen Dienern: Das Hochzeitsmahl ist vorbereitet, aber die Gäste waren es nicht wert. Geht also hinaus auf die Straßen und ladet
alle, die ihr trefft, zur Hochzeit ein.
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15.Oktober 2002: Seit die Schwarzen mittels ihres getreuen Herrn Mück die Lenkung der Fernsehnachrichten übernommen haben, hatte ein Unschwarzer wie der Josef Broukal dort nimmer viel zu lachen.
Das mag die Entscheidung begünstigt haben: Gusenbauer präsentiert Broukal als SPÖ-Kandidaten.
Broukal geht für die SPÖ in den Nationalrat Mück bleibt für die ÖVP in Zeit im Bild
15.Oktober 2002: In Klosterneuburg kommt die Gemeinde doch zu einem Beschluss: Gegen den mas96
siven Widerstand der FPÖ wird vorm Gebäude der ehemaligen Synagoge ein Gedenkstein aufgestellt
(siehe dazu Seite 12 bis 16).
15.Oktober 2002: Nestroy-Preisträger Claus Peymann zu den Zensurrufen der ÖVP: „Unter dem Eindruck des unwürdigen Schauspiels und provinziellen Gezeters, das um die Nestroy-Preisverleihung an
mich ausgebrochen ist, bitte ich heute die geschätzte Jury, den mir verliehenen "Nestroy" zurückzunehmen. Ich verzichte! Ich möchte nunmehr endgültig in dieser Stadt und in diesem Land nichts mehr entgegennehmen und von niemand geehrt werden. Nestroy, der sein Leben lang unter den Zensurmaßnahmen der österreichischen Administrationen gelitten hat und deswegen sogar mit Kerker bestraft wurde, dient ausgerechnet jetzt der rechtskonservativen Partie als Vorwand, Zensur auszuüben.”
16.Oktober 2002: In den Niederlanden zerbricht die Regierung. In der Partei des von einem Tierschüt97
zer ermordeten Rechtspopulisten Fortuyn herrscht Streit und Chaos, zwei Minister der Liste Fortuyn
treten zurück, Neuwahlen sind zu erwarten.
18.Oktober 2002: Immer wieder wird im Zusammenhang mit Kritik an der Politik der rechtsextremnationalistischen israelischen Regierungsparteien der Vorwurf des "Antisemitismus" erhoben. Wobei es
zwar klar ist, dass auch Antisemiten die Sachlage als Vorwand für sich benutzen, aber als Kritikzurückweisung eignet sich der Vorwurf des "Antisemitismus" nicht. Im STANDARD fasst der Historiker John Bunzl
zusammen, was nach seiner Ansicht als Antisemitismus zu bezeichnen ist, er versteht darunter eine
Weltanschauung, die zumindest die folgenden Komponenten enthalten muss:
♦ Hass auf Juden als solche, unabhängig von ihrer Persönlichkeit oder Tätigkeit
♦ Imagination einer jüdischen Weltverschwörung
♦ Verachtung von Juden als rassisch minderwertig.
18.Oktober 2002: Das DÖW erstattet Anzeige gegen den Kärntner Abwehrkämpferbund wegen des
Verdachtes der NS-Wiederbetätigung. In einem Flugblatt hat der Verein: über „die Zuwanderung artfremder, fremdrassiger Menschen” verbreitet, dass das „erbmäßig festgelegte Anderssein dieser Fremden bedingt, dass diese Menschen nie und nimmer in das Wirtsvolk passen”.
18.-20.Oktober 2002: In Offenhausen tagen wieder die Rechtsextremisten, die "Arbeitsgemeinschaft für
demokratische Politik" veranstaltet ihre "politische Akademie". Eine Protestdemonstration findet statt.
Siehe dazu Seite 8-11 in dieser Nummer.
19.Oktober 2002: Rechtsextreme Skins attackieren in Wien-Floridsdorf die Teilnehmer einer Geburtsfeier im Lokal der Sozialistischen Jugend. Zwei Jugendliche werden ins Krankenhaus eingeliefert, vier
Skins festgenommen. Laut Ludwig Dvorak, dem Wiener SJ-Vorsitzenden stünden solche Attacken auf
der Tagessordnung, die Skins grüßten mit "Heil Haider" und bezeichnen die FPÖ als "Hort des nationalen Widerstandes". Die Polizei werde wegen personeller Unterbesetzung mit der wachsenden rechtsextremen Szene nicht mehr fertig.
19./20..Oktober 2002: ÖVP-Obmann Schüssel setzt sich auf dem Parteibundeskongress in Alpbach das
Ziel: Erster werden. Was als größenwahnsinnig erscheint.
19.-21.Oktober 2002: In Graz findet das tibetisch-buddhistische Kalachakra-Tantra statt, unter der Anleitung des Dalai Lama versammeln sich einige tausend Buddhisten aus aller Welt (weit weniger als erwartet) und begehen dieses nunmehr sehr umstrittene Ritual. Im kürzlich erschienenen Buch von Victor
und Victoria Trimondi, Hitler, Buddha, Krishna; Eine unheilige Allianz vom Dritten Reich bis heute wird die
ideologische Verbindung zwischen Heinrich Himmlers SS und "urarischen" tibetischen und buddhistischen
Religionsvorstellungen geschildert, demnach besteht der Ruf des Buddhismus als friedfertige Weltan-
96
Mitte April 2001: In Klosterneuburg soll an den baulichen Resten der ehemaligen Synagoge eine Gedenktafel angebracht werden. Der Antrag der Liste der "Bürgerunion" vom Dezember 2000 ist noch nicht erledigt, weil sich bisher FPÖ-Stadtrat Pitschko
erfolgreich dagegen wehrt.
Wäre schließlich noch schöner, wenn man eine Tafel anbringt, nur weil Aktivisten des "dritten Lagers" seinerzeit die jüdische Gemeinde (280 Mitglieder) etwas verkleinert haben.
97
6.Mai 2002: Für die Parlamentswahlen in den Niederlanden macht ein Rechtspopulist Furore, der 54jährige Pim Fortuyn rechnete mit seiner Liste bei den Wahlen am 15.5. zweitstärkste Partei werden zu können. Er führte seinen Wahlkampf hauptsächlich
gegen die Zuwanderung von Moslems.
Ein militanter Tierschützer, der nach seiner Festnahme jede Aussage verweigert, ermordet den Politiker mit sechs Schüssen.
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schauung großteils zu Unrecht, der sogenannte "esoterische Hitlerismus", eine in einschlägigen Kreisen
verbreitete Spinnerei, ist damit stark verbunden.
20.Oktober 2002: Bei den Kommunalwahlen in Ungarn verlieren die rechtsgerichteten Jungdemokraten
(FIDESZ), die rechtsextremen "Kleinlandwirte" stürzen völlig ab.
98
21.Oktober 2002: Der Beschwerde der FPÖ gegen die Fernsehdokumentation "Die Kärntner Partisanen" wurde in einem Punkt Recht gegeben: Der Titel sei irreführend gewesen, weil er eine breiter angelegte Doku erwarten ließ.
22.Oktober 2002: Ein Film über die KRONEN ZEITUNG wird vom ORF nicht gezeigt, er läuft nur (am
25.10.) im deutsch-französischen Kultursender ARTE und zweimal im Wiener Stadtkino. Die belgische
Journalistin Nathalie Borgers hatte rund ein Jahr recherchiert und ausgiebige Gespräche mit Dichand
und Mitarbeitern der KRONEN ZEITUNG geführt. Die sind entlarvend genug, die abschließend im Film getätigten zusammenfassenden negativen Aussagen über die (im Verhältnis zu den Einwohnern) größte
Zeitung der Welt waren eigentlich überflüssig, diese Schlussfolgerungen müsste der Filmbetrachter
schon aus den Aussagen der Interviewten von alleine ziehen können.
u.a. wird auch der Krone-"Dichter" Martinek, genannt Wolf Martin, in seiner ganzen persönlichen und ideologischen
Schönheit vorgeführt
22.Oktober 2002: Im Juli war der "letzte Kriegsgefangene" aus Russland nach Österreich "heimgekehrt". So stand es zumindest in den Zeitungen. Der schwer kranke Franz Steeg, der in sowjetischer
Gefangenschaft eine Sowjetbürgerin geheiratet und die sowjetische Staatsbürgerschaft angenommen
hatte, kehrt jetzt wieder nach Weißrussland zu seiner dortigen Familie zurück. Ist er jetzt wieder in
"Kriegsgefangenschaft"?
23.Oktober 2002: Die Stadt Salzburg streicht dem "Salzburger Wehrgeschichtlichen Museum" die Subventionen. Das ist jetzt die Schlussfolgerung zum Vortrag des russischen Rechtsextremisten Suworow
99
vom Mai 2001, der vom Museum über den mittlerweile verstorbenen Landtagspräsidenten Schreiner
(ÖVP) mitorganisiert worden war.
Zweite Oktoberhälfte 2002: Aufregung in Oberösterreich unter den Goldhaubenfrauen. Auf einem Bild
in einer Broschüre über das Goldhaubenwesen ist eine Goldhaubenträgerin mit afroamerikanischen Vater abgebildet. Da sind sie entsetzt, die Ordentlichen und Heimattreuen!
98
19.April 2002: Im ORF-TV läuft die Dokumentation "Kärntner Partisanen. Geschichte der Ausgrenzung der Kärntner Slowenen".
Die alten Nazis, die sogenannten Heimattreuen, die FP und Jörg Haider sind furchtbar empört. Denn die Doku sah die Geschichte
nicht mit Kärntner Heimatdienstaugen und sowas kann nicht sein, das ist eine Verletzung der Objektivitätspflicht!
99
21.Mai 2001: In Salzburg findet an der Universität eine Veranstaltung statt, in der ein gewisser Viktor Suworow seine Thesen über einen Präventivkrieg Hitlers gegen Stalin vorträgt. Dieser rechtsextremer Russe ist ein gerne gesehener Teilnehmer diverser
Nazikonferenzen, nach Salzburg wurde er von der Offiziersgesellschaft und dem Kameradschaftsbund eingeladen. Für Hitlers Präventivkrieg machte sich auch ÖVP-Landtagspräsident Schreiner stark, der Proteste gegen das rechtsextreme Spektakel als Einschränkung der Meinungsfreiheit sehen will. Schließlich beweisen die Kriegsveteranen und anwesenden Bundesheerler ihre Manneskraft und prügeln die bei der Veranstaltung anwesenden Protestierer hinaus.
Der Geschichtswissenschaftler Albert Lichtblau über Suworow: Dessen Thesen sind außerhalb jeglichen geschichtlichen Diskurses
und finden nur in rechten Kreisen Anklang. Den Krieg gegen die Sowjetunion als Präventivkrieg darzustellen, bedeutet eine wesentliche Rehabilitierung des Nationalsozialismus: Demnach hätten die Nazis keine Kolonien im Osten erobern (was Hitler bekanntlich schon in MEIN KAMPF ankündigte), sondern "Europa" vor dem Bolschewismus bewahren wollen.
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24.-27.Oktober 2002: In Moskau wird ein Theater, das von islamitischen Terroristen besetzt worden
war, mittels Einsatzes von Gas gestürmt. Der Großteil der Terroristen aber auch viele Geiseln kommen
ums Leben.
26.Oktober 2002: In Salzburg wird am Bahnhofsvorplatz das Denkmal für die Opfer des Nationalsozialismus enthüllt.
27.Oktober 2002: Linker Sieg bei den Präsidentenwahlen in Brasilien. Lula de Silva von der Arbeiterpartei gewinnt in der Stichwahl mit 61%
28.Oktober 2002: FPÖ-Obmann Reichhold ist krank, FPÖ-Funktionäre versuchen daher, Jörg Haider zu
einer Rückkehr in die Bundespolitik zu überreden.
29.Oktober 2002: Gusenbauer stellt seine zukünftige Staatssekretärin für Sozialpolitik vor, die bisherige
evangelische Superintendentin im Burgenland, Gertraud Knoll. Im Gegensatz zu Broukal wird allerdings
Knoll nicht durch einen Parlamentssitz abgesichert, sie gibt aber ihren Posten in der Kirche auf.
29.Oktober 2002: Man durfte glauben, die FPÖ hätte nach ihren blamablen Erfahrungen mit der Grazer
Bürgerwehr genug von diesem Thema. Gefehlt! Man fühlt sich immer noch zum "Bürgerschutz" berufen
und bezahlt dort jetzt einen privaten Sicherheitsdienst für Streifendienste.
30.Oktober 2002: Lange hat er nicht gehalten, der neue Parteivorsitzende der FPÖ. Mathias Reichhold
liegt im Krankenhaus und teilt von dort aus mit, dass er aus gesundheitlichen Gründen seine Funktion
zurücklegen müsse. Der doch ziemlich unbedarfte Kärntner Landwirt dürfte erst im Laufe der Zeit überrissen haben, worauf er sich da eingelassen hatte und gibt schon nach 40 Tagen auf. Nachfolger wird
Herbert Haupt, der sogleich Jörg Haider auf die Bundesliste der FPÖ setzt. Er verstärkt auch bald die
Kritik an Bundeskanzler Schüssel.
30.Oktober 2002: Meinungsumfrage: 54% der Wählerschaft wollen weiterhin Schüssel als Bundeskanzler. Zu den Parteipräferenzen werden wechselnd Vorteile für die SPÖ oder die ÖVP ermittelt, die
beiden Großparteien sollen jeweils um die 37-38% liegen.
30.Oktober 2002: In Israel ist die Arbeiterpartei endlich einsichtig und tritt aus der rechtsextremen Regierung aus. Sie muss allerdings bei den kommenden Parlamentswahlen mit einer schweren Niederlage
rechnen, denn in Israel ist die Stimmung extrem nationalistisch aufgeheizt und neigt sich den rechtsextremen Parteien zu.
30.Oktober 2002: Peter Pilz (Grüne) wirft der FPÖ-ÖVP-Regierung vor, in Österreich Rechtsextremismus zu fördern und zu schützen: Im Verfassungsschutzbericht für das Jahr 2001 sind alle Stellen gestrichen worden, die auf Verbindungen zwischen der rechtsextremen Szene und der FPÖ hinweisen. So
kommen etwa Mölzer und sein Rechtsrechtsblatt ZUR ZEIT nicht mehr vor, ursprünglich hatte es im Bericht geheißen, im Blatt würden die "Gräueltaten der NS-Zeit beschönigt und die Kriegsschuld geleugnet". Das Blatt wurde nicht nur vom Innenministerium reingewaschen, es erhält auch 78.000 Euro Presseförderung. Im Innenministerium wird nun gegen Staatspolizisten ermittelt, die den Rechtsextremismus
beobachten und dokumentieren. Weil der unzensierte Bericht an Pilz weitergegeben wurde.
31.Oktober 2002: Ehemalige Wehrmachtsdeserteure veranstalten in Wien-Kagran eine Gedenkfeier.
Das durch den Wiener Richard Wadani initiierte Personenkomitee "Gerechtigkeit für die Opfer der NSMilitärjustiz" fordert von der Republik Österreich die bis heute verweigerte (!!!) Rehabilitierung der Wehrmachtsdeserteure: Aufhebung der Urteile der Wehrmachtsjustiz, Berücksichtigung der Haftzeiten in KZs
und Gefängnissen bei der gesetzlichen Pension, Aufnahme der Betroffenen und ihrer Hinterbliebenen in
das Versorgungs- und Entschädigungsrecht sowie staatliche Förderung der geschichtlichen und politischen Aufarbeitung der NS-Militärjustiz. Wer das Personenkomitee mit seinem Namen (oder auch sonst)
unterstützen will, kann per E-Mail [email protected] oder per Telefon ( 0664 / 5453441 ) Kontakt
aufnehmen!
31.Oktober 2002: Die ÖVP präsentiert die Fernsehmoderatorin Ingrid Wendl als Kandidatin.
Ende Oktober 2002: In Südtirol soll ein Gedenkstein für jüdische NS-Opfer errichtet werden, dazu wird
um Spenden ersucht. Die Generalsekretärin der Freiheitlichen Partei in Südtirol, Ulrike Mair
macht dazu folgende Aussendung: "Es ist nicht nachvollziehbar, dass rechtschaffende und arbeitsame
Südtiroler für einen jüdischen Gedenkstein Geld spenden sollen, Südtirol hat wichtigere Probleme als
immer wieder und immer wieder den Juden Gehör zu verschaffen, die ohnehin überall auf der Welt
Machtpositionen innehaben. Es muss endlich Schluss gemacht werden mit den Schuldzuweisungen aus
der
Vergangenheit,
wo
immer
nur
die
Juden
als
Opfer
dargestellt
werden."
Als diese Aussendung in den Medien und von anderen Parteien kritisiert wird, stellt sich der Parteiobmann Pius Leitner vor seine Funktionärin: Es wehre sich gegen den Presseterror, die Partei stünde für
freie Meinungsäußerung und könne nicht ins antisemitische Eck gerückt werden. Eine klare Klarstellung.
Der freiheitliche Antisemitismus ist nicht antisemitisch!
135
Ende Oktober / Anfang November 2002: In Baden bei Wien war man sich vorerst darüber einig, die
verfallende Synagoge zu renovieren. Aber so schnell kann das nicht gehen, eine Partei verlangt jetzt eine Volksbefragung dazu. Welche Partei mag das sein? Euer Chronist schreibt es nicht, sondern lässt
Euch raten!
2.November 2002: Aktuelle Meinungsumfrage: 38% SPÖ, 36% ÖVP, 13% FPÖ, 11% Grüne. Die Rohdaten der Umfrage: 29% ÖVP, 21% SPÖ, 6% FPÖ, 8% Grüne, 35% Nichtwähler, Unentschlossene und
Antwortverweigerer.
3.November 2002: Jörg Haider besucht wieder Saddam Hussein, was ihm diesmal sogar die sofortige
Kritik von Bundeskanzler Schüssel einbringt.
Auch innerhalb der FPÖ regt sich Kritik an den Staatsbesuchen Haiders im Irak. Peter Sichrovsky, im
September zurückgetretener FPÖ-Generalsekretär für internationale Verbindungen, sagt, er verstehe,
dass Haider zu Hussein fahre, er wüsste sonst keinen Politiker, der Haider offiziell empfangen würde.
3.November 2002: Eine Demonstration von Roma erzwingt die Abreise der Nazi-Propagandafilmerin
Leni Riefenstahl von einem Festival im spanischen Sevilla.
4.November 2002: Meinungsumfrage: 74% der Wählerschaft ist für das Nulldefizit.
4.November 2002: AMNESTY INTERNATIONAL wirft der israelischen Armee Kriegsverbrechen während der
Offensive gegen das Westjordanland im Frühjahr vor.
5.November 2002: Der Großteil der Verfahren gegen die Teilnehmer des Naziaufmarsches
wird eingestellt, da man den Teilnehmern keine NS-Betätigung nachweisen könne.
100
vom April
5.November 2002: Haider sieht sich als Friedensengel: Saddam Hussein habe ihm zugesagt, die UNOInspektionen zuzulassen. Der irakische Diktator würde wohl auch ohne den Besuch Haiders zugesagt
haben. Was bliebe ihm schließlich sonst übrig? Dass der Irak wirklich eine Bedrohung für die USA sei, ist
absurd, aber die Kriegsdrohungen der Bush-Administration muss Hussein ernst nehmen.
5.November 2002: Die rechtsextreme amerikanische Terrorhysterie bringt den Rechten Wahlsiege. Die
Republikaner haben nun nach den Zwischenwahlen in beiden Häusern des Kongresses eine Mehrheit.
Seit den Anschlägen vom 11. September 2001 geistert ein militanter Patriotismus durch die Vereinigten
Staaten, der Anlass dafür sein muss, den USA sehr kritisch gegenüber zu stehen.
5.November 2002: In Italien legt Ministerpräsident Berlusconi das Rechtssystem endgültig lahm, das
neue Gesetz, welches Angeklagten gestattet, Richter wegen vermuteter Befangenheit abzulehnen, wird
das Führen von Strafprozessen unmöglich machen. Berlusconi entzieht sich auf diese Weise selbst der
Strafverfolgung.
7.November 2002: In einem NEWS-Interview sagt Jörg Haider, wenn die FPÖ unter 15% Stimmenanteil
falle, stünde eine Neugründung der Partei zur Debatte.
Ein altes Versatzstück der Rechtsrechten ist es, im Bedarfsfall Verschwörungen zu entdecken. Die FPÖ
ist zur Zeit ziemlich am Semmerl. Das kann nicht davon kommen, dass die Partei kaum Personal hat,
100
13.April 2002: Nazis dürfen sich in Österreich wieder legal betätigen, einschlägig bekannte Figuren riefen zu einer Demonstration gegen die Wiener Wehrmachtsausstellung auf, Staatspolizei und Innenministerium erlaubten den Freunden der deutschen
Wehrmacht und des Dritten Reiches eine Kundgebung ausgerechnet auf dem Heldenplatz. Zwar kamen nicht ganz so viele wie
1938 um Hitler zuzujubeln, aber 120 Neonazis (meist Skins) versammelten sich, um ihre Großväterhelden zu beweihräuchern und
Naziparolen zu brüllen. Einer brüllte gar: „Der heldenhaften deutschen Wehrmacht haben wir zu verdanken, dass wir heute hier
stehen dürfen, dass unsere geliebte Heimat nicht den Bolschewiken zum Opfer gefallen ist. Männer, das Volk wird es euch ewig
danken!” Hat wohl im Geschichtsunterricht nicht gut aufgepasst, der Nachwuchsnazi. Die Bolschewisten hatten nämlich gewonnen.
Dass die Nazis 2002 am Heldenplatz die Wehrmacht begrölen durften, das verdanken sie den Behörden, die das Verbotsgesetz
eklatant missachten, nicht ihren Nazigroßvätern.
136
dass in einer Regierung zu brauchen ist und dafür einen ehemaligen Parteivorsitzenden, der immer noch
egomanisch durch die Gegend tobt. Nein, das liegt an einer geheimen Verschwörung, wie in einem anonymen Rundschreiben vermutet wird: In der Partei kursiert ein 8seitiges Pamphlet in dem ein angeblicher Insider heftige Kritik an der bisherigen Regierungsmannschaft übt und parteifeindliche Komplotte
vermutet.
8.November 2002: Der Exgeneralsekretär und "token Jew" Haiders, Peter Sichrovsky, konstatiert bei
seinem Exparteichef Antisemitismus. Haider hatte auf die Kritik von Finanzminister Grasser an seiner Irakreise gesagt, Grasser sei auf Jobsuche und buhle mit seiner Aussage „um das Wohlwollen der Ostküste”. Unter "Ostküste" versteht man in der FP heutzutage das, was zur Zeit der "ordentlichen Beschäftigungspolitik" womöglich unter der Bezeichnung "jüdische Plutokratie" firmierte. Aber selbstverständlich
gibt es in der FPÖ keinen Antisemitismus, das versichert eilfertig Generalsekretär Schweitzer.
8.November 2002: „Der Beginn ist schleichend und man spricht von "kultureller Vielfalt". Das Ziel und
das Ende ist eine Slowenisierung Unterkärntens mit slowenischen Ortstafeln und Schaffung eines ge101
schlossenen slowenischen Territoriums”, so warnt ein Flugblatt in Wabelsdorf . Was ist passiert? In
der Zwergschule von Wabelsdorf (25 SchülerInnen) machten Eltern vom Minderheitenrecht auf zweisprachigen Unterricht Gebrauch: Ein Schüler erhält in Wabelsdorf zweisprachigen Unterricht und die
Folge? Unterkärnten wird slowenisch!
8.November 2002: Ziemlich aufklärungsbedürftig erscheint nach Medienberichten die Angelegenheit der
Abfangjägerbeschaffung. Der Finanzminister war vorerst für gebrauchte F-16, das Bundesheer war für
die schwedischen Gripen. Dann soll am Tag vor der überraschenden Entscheidung für den
(T)Eurofighter eine Zusammenkunft von Magna-Chef Wolf, Verteidigungsminister Scheibner, dem Ehepaar Riess-Passer, Westenthaler und Prinzhorn stattgefunden haben. Die Stronach-Firma Magna soll
von den angebotenen Eurofighter-Gegengeschäften sehr profitieren.
8.November 2002: Nicht ganz unerwartet präsentiert Schüssel die Absicht, den Freiheitlichen Karl-Heinz
Grasser als seinen Kandidaten für das Amt des Finanzministers aufzustellen. In Österreich hat Sparsamkeit einen hohen Stellenwert, das Defizit des Staatshaushaltes wird als große Belastung gesehen.
Grasser werkte nach dem Motto, fescher Bursch mit Nulldefizit. Keine Rolle spielt es dabei, dass das
Nulldefizit von 2001 daraus entstand, dass Staatsbesitztümer verschleudert, alle irgendwo vorhandenen
staatlichen Rücklagen eingesammelt wurden, dass Steuer und Abgaben eine bisher unerreichte Höhe
erklommen haben und Steuervorauszahlungen das Steueraufkommen 2001 in die Höhe trieben. Für
2002 und 2003 besteht trotz höchster Abgabenquote keine Chance auf ein Nulldefizit, schließlich kann
man die Fonds nur einmal schröpfen und den Staatsbesitz auch nur einmal verkaufen.
Grasser will noch über das Angebot nachdenken.
8.November 2002: In der Auslage einer Wiener Galerie hängt seit Anfang September das folgende Bild:
101
Wabelsdorf: Gemeinde Poggersdorf, Post 9121 Tainach, Bezirkshauptmannschaft Klagenfurt Land
137
Jetzt hat es endlich ein FPÖ-Funktionär gesehen und kann darüber Empörung äußern! Noch dazu, wo
auch der Spruch falsch ist - "ich werde niemand mehr stören" wurde inzwischen mehrfach widerrufen "bin schon auferstanden", müsste draufstehen.
9.November 2002: Auch in Vorarlberg hat sich die Treue zur Hitlerei lange gehalten: In Sattein (Bezirk
Feldkirch) gab es seit Anfang der Achtzigerjahre Versuche, für den 1942 hingerichteten sozialistischen
Widerstandskämpfer Johann August Malin eine Gedenktafel zu installieren. Nach 20 Jahren vergeblicher
Bemühungen kann diese Tafel jetzt enthüllt werden.
9.November 2002: Wahlumfrage: SPÖ 39%, ÖVP 38%, FPÖ 10%, Grüne 11%. Rohdaten: 21% SPÖ,
32% ÖVP, 5% FPÖ, 10% Grüne und 31% Unentschlossene und Nichtwähler.
9./10.November 2002: In Florenz findet das europäische Sozialforum statt. Bis zu einer Million Menschen, so wird geschätzt, nehmen am 9.11. an einer globalisierungskritischen Großkundgebung teil,
Hauptkritikpunkt sind die Kriegspläne der USA. Die italienische Regierung hatte versucht, eine Terrorhysterie zu verbreiten, zu Fleiß blieben die Kundgebungen friedlich.
10.November 2002: Gusenbauer schließt eine Koalition mit der ÖVP und einem Finanzminister Grasser
aus. Man habe in der SPÖ mindestens fünf bessere Kandidaten. Eine gute Ansage mit dem "kleinen"
wahltaktischen Fehler, dass er nicht einmal einen der fünf Kandidaten nennt.
10.November 2002: Der Vorsitzende der israelitischen Kultusgemeinde, Ariel Muzicant, fürchtet um den
Bestand der Kultusgemeinde. Sie habe nur noch 7- 8000 Mitglieder und würde ohne Zuzug in absehbarer Zeit zu existieren aufhören.
10.November 2002: In Italien tritt die Bestimmung außer Kraft, die den männlichen Nachkommen des
vormaligen italienischen Königshauses Savoyen die Einreise nach Italien verbat. Vittorio Emanuele Savoyen gibt aus diesem Anlass eine Erklärung ab, in der er sich für die Mitwirkung seines Großvaters
Viktor Emanuel III. am Erlass antisemitischer Gesetze durch Mussolini im Jahre 1938 entschuldigt.
11.November 2002: Der amerikanische Soziologe Richard Sennett im STANDARD über die derzeitige
US-Regierung: „Es wird mehr als nur einen einzigen Krieg geben. Es geht nicht um Bush, der kennt sich
ja selbst gar nicht aus. Aber seine Berater wie Paul Wolfowitz, Richard Perle, Dick Cheyney oder Donald
Rumsfeld, die interessieren sich nicht mehr für "Terrorismus", sondern nur noch für die "Schurkenstaaten". Und wenn die Europäer sich nicht auf eine eigene Politik einigen, dann werden sie zu Komplizen
des amerikanischen Imperialismus”.
11.November 2002: FP-Chef Haupt warnt: Schüssel solle nicht bei der FPÖ wildern und nicht versuchen
einen Wähleraustausch von der FPÖ zur ÖVP voranzutreiben, das könnte ihm die Mehrheit und den
Kanzlerposten kosten.
12.November 2002: Grasser erklärt seine Bereitschaft als ÖVP-Finanzminister zu fungieren. Er sagt, er
wolle dafür sorgen, dass in Österreich keine "deutschen Verhältnisse" (also eine rotgrüne Regierung)
einkehren. In der BRD sieht sich die Regierung jetzt zu Steuererhöhungen veranlasst, über die vor der
Wahl keine Rede war. Allerdings bleibt die Staatsquote dort trotzdem deutlich niedriger als sie in Österreich zur Zeit schon ist - Grasser hatte also schon längst für "deutsche Verhältnisse" gesorgt! Man
möchte fast meinen, es wären vergleichsweise "großdeutsche Verhältnisse". Seitens der Opposition gibt
es keine brauchbaren Reaktionen dazu.
14.November 2002: Der Justizminister bestätigt, dass die Wiener Staatsanwaltschaft Ermittlungen im
Zusammenhang zur Typenentscheidung beim Abfangjägerkauf eingeleitet hat. Näheres wird nicht ver138
lautbart, die Grünen fordern einen parlamentarischen Untersuchungsausschuss, sonst bleibt die Angelegenheit aber wahlkampfmäßig unbeachtet.
Erste Novemberhälfte 2002: Im Iran kommt es nach dem Todesurteil gegen einen Schriftsteller, der islamische Reformen befürwortet hatte, zu massiven Protestdemonstrationen. Das Urteil wird darauf sistiert. Mit solchen Ereignissen in islamischen Ländern zeigt sich immer wieder, welch ungeheure Bedeutung die europäische Aufklärung für die Entwicklung der menschlichen Gesellschaft hatte. Die Dominanz
von Religion über die Menschen zu überwinden, ist eine unabdingbare Voraussetzung für die Entwicklung einer zivilisierten Kultur. Religion mag ja in bestimmten Situationen Einzelnen Hilfe geben, gesellschaftliche Dominanz von Religion ist jedoch immer eine schreckliche Geisel.
14.November 2002: Zu DDR-Zeiten gab es dort den folgenden Witz: In der Sowjetunion erscheint eine
Schriftenreihe über den Sowjetelefanten. 1. Band: Der Sowjetelefant und die Oktoberrevolution, 2. Band:
Der Sowjetelefant im Großen Vaterländischen Krieg, 3.Band: Der Sowjetelefant am Weg zum Kommunismus. Diese Werke erscheinen selbstverständlich in deutscher Übersetzung in der DDR. Die drei Bände
werden durch einen vierten Band ergänzt: Der DDR-Elefant, der beste Freund des Sowjetelefanten.
Der beste Freund des USA-Elefanten ist jetzt der deutsche CDU/CSU-Elefant: Wolfgang Schäuble,
Fraktionschef der CDU/CSU-Elefanten wirft der rotgrünen Regierung vor „in unverantwortlicher Weise
Kriegsangst und Antiamerikanismus” geschürt zu haben, damit sei Deutschlands Rolle in der Allianz geschwächt und jeder Einfluss auf die Irak-Krise verloren worden.
Die USA mit ihrem schwach belichteten Präsident-Elefanten handeln mit ihrer Kriegstreiberei vermutlich
verantwortlich.
15.November 2002: Auf Antrag der Erben des Heinrich Rieger wird im Wiener Dorotheum das SchieleBild "Bildstock, Häuser und Bäume" beschlagnahmt. Dem 1942 in Theresienstadt umgekommen Zahnarzt Dr. Rieger war das Bild von NS-Stellen geraubt, nach 1945 war dieses und andere Bilder von der
Salzburger Landesregierung einem Arisierer belassen worden.
15./16.November 2002: In Italien finden Protestkundgebungen statt: Die italienische Rechtsregierung
hatte nach den friedlich abgelaufenen Kundgebungen am Sozialforum zwanzig führende Globalisierungskritiker unter dubiosen Vorwänden festnehmen lassen. Die Demonstrationen waren friedlich, die italienische Regierung ist es nicht. Globalisierungskritik, so scheint es, soll zu einem Delikt zu werden.
16.November 2002: Nachdem sich Gusenbauer in der Fernsehdiskussion am 14.11. gegen Schüssel
zwar nicht gut, aber besser als erwartet in Szene setzen konnte, hofft die SPÖ jetzt auf eine Aufholjagd.
Zur Zeit liegt aber die ÖVP voran - Meinungsumfrage zur Wahl: 39% ÖVP, 37% SPÖ, 11 % FPÖ, 10%
Grüne. Rohdaten: 40% ÖVP, 23% SPÖ, 7% FPÖ, 8% Grüne, 20% sonstige, Nichtwähler, Unentschlossene und Antwortverweigerer.
16.November 2002: In einem STANDARD-Interview spricht sich Jörg Haider für einen Gang in die Opposition aus. Schüssel bezeichnet er als eiskalten Spieler, dem es nur darum ginge, das Spiel zu gewinnen.
16.November 2002: Jörg Haider meldet sich im Wahlkampf zurück und befürchtet eine Rückkehr der
großen Koalition. Die FPÖ könne man aber nicht kaputtmachen, er habe nicht 15 Jahre Aufbauarbeit
geleistet, damit jetzt Rot-Schwarz die Früchte ernten könne.
18.November 2002: In Italien gibt es nach dem überraschenden Urteil gegen Giulio Andreotti große Aufregung: Der ehemalige Chef der Christdemokraten wird in einem Berufungsverfahren zu 24 Jahren Haft
verurteilt, weil er (nach Aussagen reumütiger Mafiosi) 1979 einen kritischen Journalisten umbringen habe lassen. Besonders aufgeregt ist man im Vatikan, wo sich die Kardinäle Silvestri und Angelini dazu
verstiegen, zu verkünden, Andreottis Leidensweg erinnere an Jesus. Wozu die Frage zu stellen sein
müsste, ob dieser Jesus auch wegen Verbindungen zur Mafia verfolgt worden sei?
18.November 2002: Die FPÖ Kaumberg (NÖ) ruft in einer Postwurfsendung zur Solidarität mit den Arabern im Kampf gegen den Zionismus auf.
18.November 2002: In Wien meint der deutsche EX-SSler und Republikaner-Gründer Franz Schönhuber auf einer Veranstaltung der Sudetendeutschen im "Haus der Heimat": „Kärnten war für uns deutsche
Patrioten immer das gelobte Land, Haider der unumstrittene Führer”. Aber als er meint, er wolle nicht über Österreich sprechen, weil er ja Deutscher sei, erklärt ihm das Publikum „Wir sind auch Deutsche”.
Das "Haus der Heimat" wurde von der Regierung mit 7,2 Millionen Euro subventioniert. Fehlen darf in
Schönhubers Redefluss natürlich auch die amerikanisch-israelische Weltherrschaft nicht. Bush, ein jüdisches Komplott? Das wäre ein ziemlich schlimmer Vorwurf!
20.November 2002: 1918 wurde in Österreich die Republik ausgerufen. Die Monarchie, die seit Joseph
II. (1741-1790) keinen brauchbaren Regenten mehr hervorgebracht hatte, war beendet, die Damen und
Herren Habsburger wurden des Landes verwiesen. Der letzte Kaiser versuchte sich noch ein bisschen
139
als Putschist in Ungarn, dann hatten die Herrschaften ausgespielt, der Adel wurde aufgelöst und gesetzlich verboten. Aber man wollte dies immer noch nicht wahrhaben: Als in der Zeit des Klerikalfaschismus
der Druck auf Österreich seitens Nazideutschlands zunahm, bot sich Otto Habsburg als Helfer an: Er
wolle sein "legitimes" Herrscherrecht zurück. Aber sogar Schuschnigg wusste, dass dadurch nur ein
schnellerer Griff nach Österreich ausgelöst würde. Also ging Otto Habsburg ins Exil in die USA und warb
dort für ein unabhängiges Österreich. Mit ihm als Kaiser.
Aber diesen Film spielten sie nicht und der Möchtegernkaiser musste auch nach 1945 im Exil bleiben, er
konnte der Republik keinen kaiserlichen Schaden stiften.
"Wer für Habsburg ist, ist gegen Österreich", viele Österreicher waren gegen eine Rückkehr des Habsburgers
In den Sechzigern durfte er dann nach Verzichtserklärung einreisen und betätigte sich politisch am äußersten rechten Rand der bayrischen CSU.
Heute wird Otto Habsburg 90. Schüssel gratuliert seinem Gesinnungsgenossen überschwänglich. Und
Otto Habsburg gab zum runden Fest dem Rechtsrechtswochenblatt ZUR ZEIT ein Interview. Er fand die
für dieses Blatt passenden Worte: "Das Pentagon ist heute eine jüdische Institution".
Vielleicht war ja auch schon der Sturz der k.u.k. Monarchie 1918 eine jüdische Verschwörung?
Schüssel bejubelt den Reaktionär Otto Habsburg
20.November 2002: FP-Chef Haupt legt die Latte für eine Regierungsbeteiligung der FPÖ auf 15% und
meint, die Tage für VP-Chef Schüssel wären gezählt, falls er nicht Erster wird.
Zweite Novemberhälfte 2002: Nachdem der KÄRNTNER HEIMATDIENST seinerzeit so beleidigt über die
ORF-Sendung "Kärntner Partisanen. Geschichte der Ausgrenzung der Kärntner Slowenen" gewesen war
(siehe auch 21.10.), ließ man jetzt von Rechtsrechtsvorleger Andreas Mölzer und seinen Kameraden ein
Video erstellen, das den Widerstand der Kärntner Slowenen gegen den Nationalsozialismus als kommunistischen Aufstand für ein Großslowenien darstellt. Das Video soll in Schulen eingesetzt und vom ORF
gesendet werden.
21.November 2002: Letzte Meinungsumfragen, der STANDARD ist teilweise recht optimistisch: 39% SPÖ,
38% ÖVP, 11 %FPÖ, 9% Grüne, damit wäre zwar die SPÖ stärkste Partei, die bisherige Koalition hätte
aber eine an Mandaten wahrscheinlich eine knappe Mehrheit. Die Rohdaten: ÖVP 33%, SPÖ 23%, FPÖ
5%, Grüne 6%, andere, Nichtwähler, Unentschlossene und Antwortverweigerer: 33%. Würde man diese
Rohdaten ohne weitere Bearbeitung in Mandate hochrechnen, wäre dies 91 für die ÖVP, 63 SPÖ, 13
FPÖ, 16 Grüne. Die Rohdaten lassen also einen deutlichen Wahlsieg der ÖVP befürchten.
21.November 2002: In Wien stellt die Tochter des ehemaligen Südtirol-Terroristen Georg Klotz ein Buch
über ihren Vater vor. Bemerkenswert, dass all die Leute, die schon einen vermummten Demonstranten
140
für einen gefährlichen Terroristen halten, den Sprengstoffattentäter Klotz als "Freiheitskämpfer" bejubeln:
Bacher, Dichand, Molden.
22.November 2002: Wenn Österreich noch eine Monarchie wäre, der Fernsehbericht zum 90. Geburtstag von einem Kaiser Otto I. wäre kaum schleimiger ausgefallen als der über Otto Habsburg. Der ORF
fungierte wie ein Hoflieferant in intensiver Hofberichterstattung. Es war sehr schön und hat uns sehr gefreut, wir haben nie einen Kaiser Otto gehabt - da ist uns was erspart geblieben! Ein Hoch der Republik!
22. November 2002: Die sogenannten Internet-Wahlbörsen, denen man nachsagt, genauer zu sein als
die Meinungsumfragen, schließen mit folgender Bilanz: SPÖ 36,08%, ÖVP 35,67%, Grüne 12,33%, FPÖ
12,11%, andere 3,7%. Das wären auf Mandate hochgerechnet: 69 SPÖ, 68 ÖVP und je 23 für FPÖ und
Grüne, also eine Mehrheit von 1 Mandat gegen die bisherige Regierung.
24.November 2002: Die Kritiker der bisherigen Regierung waren sehr optimistisch gewesen. Nach den
Ereignissen des laufenden Jahres schien es klar zu sein, dass ÖVP und FPÖ die Regierungsbank räumen müssten. Während des Wahlkampfes zeigten allerdings die Meinungsumfragen, dass nur die Freiheitlichen Stimmen verlieren, die ÖVP aber deutlich dazugewinnen würde.
Es wurde noch viel schlimmer: Die Stimmenverluste der FPÖ kamen weitaus überwiegend nur der ÖVP
zugute. Die SPÖ gewann ein bisschen, die Grünen gewannen ein bisschen, sogar die KPÖ gewann ein
bisschen. Die Schwarzen sackten hunderttausende bisherige FPÖ-Wähler ein und wurden zum ersten
Mal seit den Wahlen von 1966 wieder stärkste Partei. Seit 1970 waren die Sozialdemokraten durch 32
Jahre die stimmenstärkste Partei gewesen.
Hier das Ergebnis (bereits inklusive der Wahlkartenwähler - bei der Auszählung am 24.11. hatte die FPÖ
noch 1 Mandat mehr, das dann zu den Grünen wanderte).
Stimmen
%
Mandate
ÖVP
2.076.831 42,30
79
SPÖ
1.792.499 36,51
69
FPÖ
491.328 10,01
18
Grüne
465.021
9,47
17
LIF
48.085
0,98
0
KPÖ
27.567
0,56
0
sonstige
8.354
0,17
0
Im Jahre 1999 war das Ergebnis so gewesen:
ÖVP
SPÖ
FPÖ
Grüne
LIF
KPÖ
sonstige
Stimmen
1.243.672
1.532.448
1.244.087
342.260
168.612
22.016
46.943
%
26,91
33,15
26,91
7,40
3,65
0,48
1,02
Mandate
52
65
52
14
0
0
0
Zu- und Abgänge in Stimmen, in Prozentanteilen und gegenüber den eigenen Stimmen von 1999
ÖVP
SPÖ
FPÖ
Grüne
LIF
KPÖ
sonstige
Plus/Minus
+/- % % von1999
833.159 15,39%
166,99%
260.051
3,36%
116,97%
-752.759 -16,90%
39,49%
122.761
2,07%
135,87%
-120.527 -2,67%
28,52%
5.551
0,08%
125,21%
-38.589 -0,85%
17,80%
Derselbe Vergleich noch zur Wahl 1995:
ÖVP
SPÖ
FPÖ
Grüne
Plus/Minus
706.321
-50.975
-569.049
231.813
+/- % % von1995
14,00 151,54%
-1,59
97,23%
-11,89
46,34%
4,67 199,40%
141
LiF
KPÖ
sonstige
-218.941
13.629
-44.822
-4,52
0,26
-0,93
18,01%
197,78%
15,71%
Und zuletzt noch eine Gegenüberstellung der Stimmen "Regenbogen" gegen "Haselnuss"
Regenbogen
Haselnuss
Prozent
2002
1999
2.305.605 2.043.320
2.568.159 2.487.759
89,78%
82,13%
1995
2.343.708
2.430.887
96,41%
Was also heißt, dass die Stimmenanteile die SPÖ, Grüne und LiF 1995 zusammen hatten, bei der heurigen Wahl nicht erreicht wurden.
Die Mandatsverteilung hat sich zwischen rot-grün und schwarz-freiheitlich zwar leicht gebessert, aber
von einer Brechung der Mehrheit der bisherigen Regierung kann keine Rede sein. 104 zu 79 war der
Stand 1999, jetzt ist er 97 zu 86, 1995 war er noch 93 zu 90 gewesen.
Die Meinungsumfrager lagen ungewöhnlich weit daneben. Das Geheimnis wie die Rohdaten, die schon
längere Zeit einen deutlichen Vorsprung für die ÖVP zeigten, auf ein Kopf-an-Kopf-Rennen hochgerechnet wurden, wird nicht enthüllt.
24.November 2002: Ganz knapp mit einer 50,1%-Mehrheit lehnen die Schweizer in einem Referendum
die Verschärfung der Asylgesetze ab, wie sie von der rechtspopulistischen Schweizer Volkspartei beantragt worden waren.
24./25.November 2002: Die Reaktionen der Parteien auf die NRW sind resultatsgemäß. Die ÖVP feiert
ihren Schüssel, der die ÖVP wieder zur stärksten Partei machen konnte, die FPÖ turbolenziert, Haider
tritt wieder einmal zurück und gleich wieder vor, für den 8.12. wird ein FPÖ-Sonderparteitag angesetzt,
die SPÖ kündigt vorerst an, in Opposition zu gehen, ebenso die grüne Partei, in den Oppositionsparteien
werden verschiedene Wahlkampfmaßnahmen kritisiert.
Für die ÖVP erklärt Generalsekretärin Rauch-Kallat den Erfolg: Gott hat Schüssel die Kraft zu siegen
gegeben. Ja dann...
25.November 2002: Die Welser vergeben ihre Grünberg-Preise, die OÖN berichten:
26.November 2002: FP-Chef Haupt lässt fünf Kritiker der aktuellen FP-Linie ausschließen: Westenthaler, Grasser, Haigermoser, Pumberger, Kreßl. Aber nur für einen Tag. Dann nimmt er die Maßnahmen zurück und bezeichnet sie als Fehler. Die schwere Niederlage der FPÖ (man büßte über 60% der
Stimmen von 1999 ein) ist das einzig positive an der Nationalratswahl. Die FPÖ ist weiterhin zu einer
Koalition mit der ÖVP bereit. Was auch berechtigt ist, denn die Leute, die 1999 ÖVP und FPÖ wählten,
taten dies auch 2002, wenn auch unterschiedlich verteilt.
27.November 2002: Der deutsche Philosoph Peter Sloterdijk über die Terrorhysterie in den USA: „Die
Amerikaner erleben seit dem 11. September massive Selbstgleichschaltung der Medien, permanente
Kriegsberichterstattung. Man darf nicht vergessen, Amerika lebt im Krieg gegen die eigene Bevölkerung.
Propaganda bedeutet immer Informationskrieg gegen die eigene Bevölkerung, eine bösartige Version
von Public-Relations-Effekten. Was derzeit auf amerikanischen Universitätscampus passiert, ist ein
Wahnsinn: Regierungskritische Äußerungen werden als vaterlandsverräterisch indiziert. Das sind ungeheuerliche Vorgänge, protofaschistische Vorgänge, die im Großen zu einem Realfaschismus zusammengesetzt werden. (...) Ich glaube, dass die ganze westliche Welt politisch akut gefährdet ist von diesen
propagandistischen Umtrieben”.
142
27.November 2002: Die UNO-Waffeninspektoren beginnen ihre Kontrollen im Irak.
27.November 2002: Das hätte sich Euer Chronist auch nicht gedacht, dass er einmal mit dem Rechtsrechtsblatt des Herrn Mölzer übereinstimmen könnte, aber gegen die dortige Einschätzung von Finanzminister Grasser gibt es nicht viel einzuwenden: „Das jugendliche Finanzgenie entpuppt sich als Fassade, wenn man sich von Experten sagen ließ, daß sein primärer Werbegag, das Null-Defizit des Jahres
2001, nur durch Steuererhöhungen, Voraus- und Nachzahlungen ermöglicht wurde. Ein Blender, so liest
man. Und der gefragte Manager mit zahllosen Angeboten aus der Wirtschaft kocht auch nur mit sehr
lauwarmem Wasser, wenn man bedenkt, daß er bislang nach einigen Seminaren für "positives Denken"
in der Privatwirtschaft eigentlich nur als eine Art besserer Pressesprecher von Frank Stronach tätig war.
27./28./29.November 2002: In Antwerpen (Belgien) hatte ein vermutlich geistig Abnormer seinen aus
Nordafrika stammenden Nachbarn erschossen. Aktivisten der ARABISCHEN EUROPÄISCHEN LIGA provozieren daraufhin Unruhen, die auch zu Ausschreitungen gegen jüdische Geschäfte und deren Plünderung
führen.
28.November 2002: In der FPÖ vermehren sich die Fraktionskämpfe. In Niederösterreich machen die
scharfen Extremisten um und mit Stadler und Windholz Jagd auf Kritiker, in Oberösterreich kritisieren die
102
vorübergehend Ausgeschlossenen weiter und Norbert Gugerbauer
meldet sich mit einer eigenen
Fraktion zurück. Die Medien sprechen von einem Kampf der "Putschisten" mit den "Rebellen".
28.November 2002: Der FPÖ-Historiker Lothar Höbelt hält die "Ära Jörg Haider" für beendet.
28./29.November 2002: Im Wahlkampf brachten es SPÖ und Grüne nicht zusammen, ein rot-grünes
Konzept zu erstellen. Dafür ist man jetzt in beiden Parteien erstaunlich schnell entschlossen, doch mit
der ÖVP über Koalitionen zu verhandeln. Da "freuen" sich alle ÖsterreicherInnen, die sich im Wahlkampf für eine rotgrüne Alternative engagiert haben. Werden sie das nächste Mal wahrscheinlich
bleiben lassen.
Anfang Dezember 2002: In der FPÖ kursiert das von der Gugerbauer-Fraktion aufgelegte FREIHEITLICHE
MANIFEST 2002:
Die Unterzeichneten treten im Bewusstsein der Bedeutung eines starken Dritten Lagers für die demokratische Entwicklung Österreichs für die konsequente Umsetzung folgender Forderungen ein:
Wir fordern eine Politik, die sich auf die national-liberalen Wurzeln der freiheitlichen Idee seit 1848 stützt und die Freiheit des
♦
Einzelnen als Maxime in den Vordergrund stellt, jegliche Verteidigung oder Relativierung autoritärer oder diktatorischer Ideen wird
nicht nur abgelehnt, sondern bekämpft, weil sie den freiheitlichen Grundwerten diametral entgegensteht.
Wir fordern ein starkes Europa der Vaterländer und sprechen uns gegen die Zementierung der Spaltung Europas aus. Europa
♦
muss eine Wertegemeinschaft sein, die auf Demokratie, Freiheit und Toleranz basiert.
Wir fordern eine Weltordnung freier selbstbestimmter Völker und sprechen uns gegen die Unterstützung menschenverachten♦
der Diktaturen (wie jene im Irak und Nordkorea) aus.
Wir fordern eine Fortsetzung der Reformpolitik zur Überwindung des österreichischen Verbändestaates um Österreich poli♦
tisch zu erneuern. Alle politischen Verantwortungsträger müssen sich dieser Aufgabe bewusst sein und haben ihre persönlichen
Befindlichkeiten in den Hintergrund zu stellen.
Wir treten für die steuerliche Entlastung kleiner und mittlerer Einkommensbezieher ein und sprechen uns gegen einen ver♦
schwenderischen Umgang mit Steuergeld aus. Politische Verantwortungsträger haben dem Staat zu dienen und haben mit Spesenbudgets, die aus Steuergeld finanziert werden, sorgsam umzugehen.
Wir treten für eine offene innerparteiliche Diskussion und Mitbestimmung über die Lage und den weiteren Weg der Freiheitli♦
chen ein. Wir fordern eine Diskussion ohne Tabus und lehnen eine Diskussionsverweigerung durch das Instrument des Personenkults ab.
Wir treten für einen glaubwürdigen Neubeginn der FPÖ und gegen das beharrliche Ignorieren der Motive jener hunderttau♦
sender Wähler, die der FPÖ am 24.11.2002 den Rücken gekehrt haben ein.
Innerhalb kurzer Zeit sollen es über tausend FPÖ-Funktionäre unterschrieben haben. Die ursprüngliche
Absicht, Gugerbauer gegen Haupt für die Obmannwahl aufzustellen, wird bald aufgegeben, die haidertreue "Knittelfeld-Fraktion" ist nicht auszuheben. Unterhaltsam in diesen Auseinandersetzungen ist, dass
sich Susanne Riess-Passer, Vizekakadu a.D., die die längste Zeit als böser Drache die Haider-Höhle
hütete, plötzlich als liberal gibt.
1.Dezember 2002: Im April war ein von den USA inszenierter Putschversuch gegen den linken Präsidenten Venezuelas, Hugo Chavez, misslungen, jetzt versucht man es ähnlich wie in Chile 1973 durch
innere Unruhen und mittels von rechten Gewerkschaften arrangierten Streiks.
3.Dezember 2002: Das Bezirksgericht Purkersdorf lehnte die Bestellung eines Sachwalters für Heinrich
Gross - den mutmaßlichen Behindertenmörden ab - er sei "voll rechtsfähig". Damit könnte der wegen
102
Er hatte sich vor mehr als zehn Jahren unfreiwillig aus der Politik verabschiedet: 4.März 1992: Die Sitzung der erweiterten FPBundesleitung in Neuhofen bei Ried i.I. wird zum erwarteten Triumph für Haider, die Partei steht ge- und entschlossen hinter ihm,
(..) Norbert Gugerbauer wird als FP-Klubobmann abserviert, was ja bekanntlich voriges Jahr auch schon versucht, aber nicht geschafft worden war. Er legt alle Parteifunktionen zurück und wird mit Jahresende auch aus dem Parlament ausscheiden (dann hat
er zehn Dienstjahre und bekommt mit 55 eine Monatspension von rund 70.000 Schilling, typisches Bonzen-Privilegium hieße das,
wenn es Politiker anderer Parteien beträfe).
143
Verhandlungsunfähigkeit des Angeklagten vertagte Prozess wegen der Taten im NS-Kinderheim "Am
Spiegelgrund" wieder aufgenommen werden.
3.Dezember 2002: Erste Verhandlungsrunde über eine große Koalition. Die SPÖ sieht sich als gefrotzelt. Ihr Wunsch nach einem "Kassasturz" wird von der ÖVP mit einem Kaszettel beantwortet, auf dem
lediglich die Summen der laufenden Einnahmen und Ausgaben gegenüber gestellt werden. Die Zahlen
für das Defizit 2002 in der Höhe von 1,3% des BIP werden SP-seitig überhaupt angezweifelt. Die gemeinsamen Bemühungen von Klestil, KRONEN ZEITUNG und den vereinten Großkoalitionären in VP und
SP erleiden einen Rückschlag.
4.Dezember 2002: In Linz werden ein 23jähriger und eine 22jährige zu bedingten Haftstrafen verurteilt,
sie hatten im Mühlviertel eine Bande von rechtsextremistischen Skins organisiert. Vor Gericht geben sie
sich geständig, einsichtig und reuig.
4.Dezember 2002: Die FPÖ signalisiert laut und deutlich ihre Bereitschaft, die Koalition fortzusetzen, die
ÖVP will vorher sichergestellt haben, dass Haider der Bundespolitik fernbleibt.
5.Dezember 2002: Erste Koalitionsgespräche VP-FP. Die Schwarzen loben die konstruktiven Gespräche und die Freiheitlichen sehen sich auf einem positiven Weg.
5.Dezember 2002: Frank Stronach, Eigentümer der österreichischen Fußballbundesliga, bestimmt den
ehemaligen FPÖ-Klubobmann Westenthaler zum Vorstand der Liga.
6.Dezember 2002: Die Grünen sind mit der ersten Runde der Gespräche mit der ÖVP zufrieden und
wollen die Verhandlungen fortsetzen. Anscheinend haben die Grünen bei der Wahl zu viele Stimmen bekommen und wollen sie wieder anbringen.
6.Dezember 2002: Trotz des entsprechenden Höchstgerichtsurteils will die FPÖ alles daran setzen, die
Aufstellung weiterer zweisprachiger Ortstafeln in Kärnten zu verhindern.
7.Dezember 2002: Im STANDARD kritisiert Traudl Brandstaller die Politik der Oppositionsparteien, besonders die der SPÖ: „Schon als Schüssel mit der Haider-FPÖ seinen Pakt schloss, war die SPÖ sprachund hilflos. Statt die Ursachen für ihre ständigen Stimmenverluste (..) zu analysieren, flüchtete sie in moralische Empörung. Statt die unbewältigten Probleme der Globalisierung und die unkritische Übernahme
neoliberale Positionen zu thematisieren, malte sie das Schreckgespenst eines "drohenden Faschismus"
an die Wand”.
7.Dezember 2002: Die USA halten trotz der laufenden UNO-Inspektion und der Bereitwilligkeit des Iraks
dazu an ihren Kriegsabsichten fest, die europäischen NATO-Staaten werden weiter massiv unter Druck
gesetzt, die Schröder-Regierung in der BRD bleibt weiterhin ablehnend gegen die Anmaßungen der USImperialisten.
8.Dezember 2002: Heute wäre der Verfasser des "Dachau-Liedes", Jura Soyfer neunzig Jahre alt geworden. 27jährig starb er 1939 an einer im KZ zugezogenen Typhusinfektion. Als russisch-jüdisch-österreichisch-sozialistisch-kommunistischer Kabarettist, Schriftsteller, und Dichter ist er bis heute unvergessen.
Zu seinem runden Geburtstag erscheinen eine Werkausgabe in vier Bänden und aus seiner Abrechnung
mit der Sozialdemokratie, dem Romanfragment "So starb eine Partei", eine Lesung Qualtingers auf CD.
8.Dezember 2002: Sonderparteitag der FPÖ. Als die Gugerbauer-Fraktion bemerkt haben dürfte, dass
sie eine Kampfabstimmung gegen die Knittelfelder und die Partie um Herbert Haupt nicht gewinnen
könne, wurde ein Machtkampf am Parteitag der FPÖ abgesagt und als einziger Tagesordnungspunkt
des dritten FPÖ-Parteitages 2002 blieb die Bestätigung Haupts als Obmann, mit 87,8% Zustimmung fiel
diese für ihn zufriedenstellend aus. Wie das Verhältnis zu Haider sein und welche Rolle dieser in der
Bundespolitik spielen wird, blieb ungeklärt. Eine Fortsetzung der Haider-Spiele ist eher wahrscheinlich.
Haupt wiederholte seine Bereitschaft, mit der ÖVP eine weitere Koalition einzugehen, was die Zustimmung der Delegierten fand. Was auch eine vernünftige Sache wäre: Die bisherige Regierungsparteien
hatten eine Stimmenmehrheit von 53,82%, jetzt kommen ÖVP und FPÖ zusammen auf 52,31% und
vertreten zum Großteil dieselben Wähler wie vorher. Und was diese beiden Parteien angefangen haben,
das sollten sie auch ausbaden.
Anfang Dezember 2002: ATTAC erhält einen neuen Präsidenten: Jacques Nikonoff, einen marxistischen französischen Wirtschaftsprofessor.
6.Dezember 2002: Der Kärntner FPÖ-Obmann Martin Strutz sagt, dass seine Partei alles daran setzen
werde, dass keine zusätzlichen zweisprachigen Ortstafeln in Kärnten aufgestellt werden. Offenbar miss-
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achten die Kärntner Freiheitlichen den österreichischen Rechtsstaat planmäßig, das Urteil des Verfas103
sungsgerichtshofes
wird einfach ignoriert.
7.Dezember 2002: Verhandeln will der Wiener SP-Stadtrat für Finanzen, Sepp Rieder, über eine Änderung der Geschäftsöffnungszeiten. Die SPÖ wurde irgendwann vor vielen Jahrzehnten als Partei der
kleinen Leute gegründet. Sie wird immer mehr zur Partei der großen Konzerne. Weil wenn die Geschäfte
rund um die Uhr offen sind, haben die Leute zwar nicht mehr Geld zu Einkaufen, aber die Handelsangestellten noch schlechtere Arbeitsbedingungen und nur die großen Ketten können längere Öffnungszeiten
nutzen.
7.Dezember 2002: In einem STANDARD-Interview sagt der Wirtschaftsnobelpreisträger von 2001, Joseph
Stiglitz, die neue Verhandlungsrunde über den Welthandel werde wieder zuungunsten der Entwicklungsländer ausfallen, sich blind auf das Funktionieren des Marktes zu verlassen hätte zu den Problemen in Afrika, Asien und jüngst in Argentinien geführt.
8.Dezember 2002: Mit 87,8% Zustimmung wird Herbert Haupt in Salzburg am 3. FPÖ-Parteitag des
laufenden Jahres als Obmann bestätigt. Haupt gibt sich selbstkritisch: „die größte Niederlage haben wir
uns selbst zugefügt, wir Spitzenfunktionäre haben versagt”. Der zuerst als Gegenkandidat angekündigte
Norbert Gugerbauer verzichtete auf die Teilnahme am Parteitag. Volksanwalt Stadler erntet starken Applaus für die Feststellung, die FPÖ werde die Partei Jörg Haiders bleiben.
Interessant auch wie es am 24.11. die FPÖ-Parlamentsmandatare abgeräumt hat: Wien 2 (vorher 8),
NÖ. 2 (7), Stmk. 2 (8), Krtn. 3 (5), OÖ. 3 (8), Sbg. 1 (3), Tirol 1 (4), Vbg. 1 (2), Bundesmandate 3 (6).
10.Dezember 2002: Die Pensionsexpertenkommission sieht die Pensionen auch 2030 gesichert, allerdings mit deutlichen Abschlägen und mit einem Pensionsantritt ab 65. Interessanterweise werden zwei
Aspekte überhaupt nicht ins Spiel gebracht:
1. wenn 2030 durch niedrigere Geburtenraten weniger junge und immer mehr ältere Menschen in Österreich leben: bedarf es dann nicht einer höheren Erwerbsquote oder der Zuwanderung von jungen
beitragszahlenden Arbeitskräften?
2. Was ist mit der Wertschöpfungsabgabe, darüber wurde schon vor 20 Jahren geredet?
10.Dezember 2002: In Venezuela erreichen die Auseinandersetzungen einen neuen Höhepunkt, die generalstreikende Opposition bringt die Erdölförderung zum Erliegen. Staatschef Chavez will weiter im Amt
bleiben, er hatte sich den Zorn der USA, der einheimischen Bourgeoisie und der Arbeiteraristokratie
(Erdöl) zugezogen, da er für eine Umverteilung des Reichtums eintritt. Es wird mit denselben Methoden
wie 1973 in Chile gearbeitet, allerdings schlug ein von den USA inszenierter Militärputsches im April
2002 fehl.
10.Dezember 2002: In Bregenz melden rechtsextreme Skinheads für den 14.12. eine Demonstration an.
12.Dezember 2002: Vorerst von der Tagesordnung genommen wird im Wiener Gemeinderat die Subvention des "Hauses der Heimat" des Verbbandes der Volksdeutschen Landsmannschaften, einer
stramm rechtsnationalistischen Organisation. Die FPÖ hatte Zahlungen aller Bundesländer an den Verband in die Wege geleitet.
13.Dezember 2002: Eine Rüge des US-Präsidenten zieht sich der Fraktionsführer der Republikaner im
US-Kongress, Trent Lott zu. Er hatte auf der Feier zum 100. Geburtstag von Senator Strom Thurmond
gesagt, dieser wäre 1948 der bessere Präsident gewesen, weil er weiterhin die Rassentrennung befürwortet hätte.
13.Dezember 2002: Eine interne SPÖ-Studie dringt ans Licht der Öffentlichkeit, demnach war schon im
Sommer bekannt, dass der SPÖ-Wahlkampf in falsche Richtungen zu gehen drohte, trotzdem wurde er
in diese Richtungen geführt.
13.Dezember 2002: In Graz kommt es bei einem Einsatz der Dogen-Soko zu Übergriffen gegen einen
Computertechniker aus Ghana.
13.Dezember 2002: Die Skinheads-Demo in Bregenz wird von den Behörden verboten. Einige Skins, die
sich am 14. 12. doch zusammenrotten, werden von der Polizei zerstreut.
15.Dezember 2002: Im indischen Bundesstaat Gujarat erreicht die dort besonders rechtsextreme HinduPartei BJP die Zweidrittelmehrheit.
103
13.Dezember 2001: In Kärnten hatte ein Kärntner Slowene eine Verkehrsstrafe benutzt, um gegen die Regelung zu klagen,
dass für zweisprachige Ortstafeln ein 25%iger Anteil slowenischsprachiger Einwohner nötig ist. Er bekam vom Verfassungsgerichtshof Recht, der urteilte, ein Anteil von 10% sei ausreichend für einen Anspruch der Minderheit auf zweisprachige Aufschriften.
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15. Dezember 2002: Der Herr der Welt, US-Präsident George W. Bush, der nach Aussagen von Kennern intellektuell noch deutlich hinter dem schlichten Gemüt Ronald Reagan einzureihen ist, geht davon
aus, dass sein Wille weltweit Gesetz ist. Er lässt eine Liste von gesuchten Terroristen erstellen und verfügt, seine Geheimdienste seien berechtigt, diese Leute überall in der Welt umzulegen.
Was sogar dem ORF sauer aufstieß. Im Mittagsjournal am 16.12. wurde die Ansicht geäußert, ein solcher Auftrag an Geheimdienste sei Anstiftung zum Mord. Würde eine solche Tat in Österreich ausgeführt, könne selbstverständlich keine Rede davon sein, dass dies straffrei geschehen dürfe, die Täter
seien festzunehmen und vor Gericht zu stellen. Gegen den Auftraggeber müsste ein internationaler
Haftbefehl erlassen werden.
16.Dezember 2002: Die Behörden zerschlagen in Südafrika eine rechtsextremistische Terrorgruppe, die
Sprengstoffanschläge durchgeführt und weitere vorbereitet hatte. Zwölf Verdächtige werden festgenommen, eine Tonne Sprengstoff wird sichergestellt.
17.Dezember 2002: Nach dem Sieg seiner Liste bei den Kultusgemeinde-Wahlen an 24.11. wird Ariel
Muzicant als Präsident der israelischen Kultusgemeinde einstimmig bestätigt.
17.Dezember 2002: Die SPÖ ärgert sich über die ÖVP und fühlt sich bei den laufenden Verhandlungen über eine Regierungsbeteiligung gedemütigt, Konsequenzen werden aber keine gezogen und VP-Chef
Schüssel behält das Heft völlig in der Hand. Zweifel an den Fähigkeiten Gusenbauers und seiner Leute
nehmen zu.
18.Dezember 2002: Der Nürnberger Historiker Egon Fein glaubt Spuren dafür gefunden zu haben, dass
Hitler nicht in Braunau, sondern in Simbach zur Welt kam: Er soll durch eine Sturzgeburt das Licht der
Welt erblickt haben als seine Mutter seinem Vater Alois, einem Zollbeamten, das Essen über die Grenze
brachte. Um behördliche Scherereien zu vermeiden, hätte man das Kind zurück über die Grenze gebracht. Und wenn es so gewesen wäre: Ändert wohl auch nichts mehr an der Zeitgeschichte.
19.Dezember 2002: Die FPÖ nominiert nach einer Kampfabstimmung Prinzhorn als Kandidaten für den
Dritten Nationalratspräsidenten, Haupt hatte Scheibner dafür vorgesehen gehabt.
19.Dezember 2002: Laut Polizeibericht haben westafrikanische Tätergruppen den Handel mit harten
Drogen in Österreich fest im Griff, im Laufe der Neunzigerjahre hätten diese Gruppen durch Ausschaltung des Zwischenhandels das Geschäft an sich gerissen.
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20.Dezember 2002: In Graz beginnt die Gerichtsverhandlung gegen den ehemaligen FPÖ-Stadtrat
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Spielberger, dem sexuelle Nötigungen vorgeworfen
werden.
20.Dezember 2002: Innenminister Strasser setzt seine Personalpolitik fort: Der Wiener Polizeigeneral
Schnabl wird als Generalinspektor der dortigen Sicherheitswache abgezogen, seinen Posten soll ein
Gendarmeriegeneral bekommen. Schnabl war von einer Personalbegutachtungskommission als "bestgeeignet", der Gendarm als "ungeeignet" beurteilt worden. Aber was hilft das, der Polizist ist ein Roter,
der Gendarm ein Schwarzer.
Die SPÖ ist voller Zorn, für kurze Zeit schaut es aus als habe die ÖVP damit die Gesprächsbereitschaft
der SPÖ ruiniert. Aber in kürzester Zeit ist man wieder lieb zu den Schwarzen. Eine höchst einseitige
Liebe, man kommt irgendwie zur Überlegung, dass das Bonmot, die Zusammensetzung der Führung der
SPÖ orientiere sich am Gesetz des monoton absteigenden Mittelmasses eine wahre Erkenntnis ist.
20.Dezember 2002: Konstituierung des neu gewählten Nationalrates, Andreas Khol wird zum Ersten,
Heinz Fischer zum Zweiten und Thomas Prinzhorn zum Dritten Präsidenten des Nationalrates gewählt.
20.Dezember 2002: Um zwölf Stimmen zuwenig hat der FP-Bezirksobmann von Gänserndorf, ein gewisser Wentrich, gesammelt: Der von ihm geforderte Sonderparteitag der nö. Freiheitlichen wird nicht
einberufen. Wentrich wollte auf dem Sonderparteitag Änderungen in der Parteiführung erreichen.
23.Dezember 2002: Nach einem Pressebericht in den USA werden von den US-Streitkräften unter den
600 am Militärstützpunkt Guantanamo festgesetzten mutmaßlichen Al-Qa'ida-Terroristen auch offensichtlich Unbeteiligte festgehalten. Für die Internierung genügt der Verdacht "gefährlich für die nationale
Sicherheit" der USA zu sein.
23.Dezember 2002: Brigitte Bierlein, die neue Vizepräsidentin des Verfassungsgerichtshofes, meint,
dass es in Österreich eine Vielzahl von entbehrlichen Bestimmungen im Verfassungsrang gebe, ein
Drittel dieser Gesetze könnte ersatzlos gestrichen werden.
Zweite Dezemberhälfte 2002: Die USA trommeln ständig für einen Krieg gegen den Irak. Dazu setzen
sie auch (wie seinerzeit im Vietnamkrieg) ausländische Journalisten als Propagandisten ein. Besonders
ist man zur Zeit daran interessiert, zu vermeiden, dass allzu viel darüber geredet und geschrieben wird,
im Irak ginge es weniger um die Bedrohung durch Massenvernichtungswaffen und die Beseitigung eines
Diktators als um die Sicherung der irakischen Erdölquellen für die US-Multis, eifrig schreiben auch Journalisten in Österreich für diese Propagandawelle.
Wozu sich resümieren lässt: die Anschläge in den USA vom 11.9.2001 erfolgten ohne Beteiligung von Irakern, der Großteil der Terroristen stammte aus Saudi-Arabien, einer Diktatur, die mit den USA eng be105
freundet
ist. Irgendwelche Massenvernichtungswaffen aus dem Irak spielen keinerlei Rolle, die Behauptung, dass der Irak die USA mit solchen Waffen bedrohte, ist ein reiner Vorwand. In der STRATEGISCHEN RESOLUTION („To defend freedom, democracy and free trade” - Zur Verteidigung von Freiheit,
Demokratie und freien Handel - der Handel ist bekanntlich dann ganz besonders frei, wenn sich die Konzerne ungestört bedienen können) der USA vom 17.9.2002 wird Erdöl so definiert: „Oil equals freedom
and must be guaranteed for every American” (Öl ist gleich Freiheit und muss für jeden Amerikaner gesichert werden). Der direkte Zugriff der USA auf das irakische Öl durch Besetzung dieses Landes würde
diese Art von Freiheit sehr, sehr fördern. Und vielleicht auch die Familie Bush, die selbst im Erdölgeschäft tätig war, zudem haben die Ölfirmen Bush im Wahlkampf massiv unterstützt. Das muss sich ja
schließlich auch irgendwann einmal irgendwie rechnen, oder?
Die USA-Apologeten verurteilen jede Kritik am US-Imperialismus als "Antiamerikanismus", der Schriftsteller Karl-Markus Gauß schreibt dazu am 31.12. im STANDARD: „Das mag manchem nicht gefallen, zumal ein Gespenst in Europa umgeht; aber selbst jene, denen das Gespenst des Antiamerikanismus ein
lieber Hausgeist ist, den sie gerne aufrufen, um Kritik an Amerika als antiamerikanisches Ressentiment
zu geißeln, wissen natürlich, dass die USA und Europa einander so fremd sind wie noch nie seit 1945.
Das hat auch mit der rabiaten Regierung Bush zu tun, die der Weltgemeinschaft ein ums andere Mal
demonstriert, dass ihr internationales Recht nichts bedeutet und sie sich selbstherrlich vorbehält, ihre
nationalen Interessen als vermeintliche Anliegen der Menschheit durchzusetzen.
Doch reicht der Prozess, der die Unterschiede zwischen Europa und den Vereinigten Staaten schärft,
viel weiter zurück. Dass die USA, was Bildung, Gesundheit, Wohlfahrt und Justiz betrifft, derzeit keine
Aussicht hätten, der EU beizutreten, hat nicht nur mit der Regierung Bush, sondern mit jenem amerikani104
16.Juli 2002: In Graz wurde eine Affäre um den FPÖ-Gemeinderat Spielberger bekannt, er soll zwei Mitarbeiterinnen längere
Zeit sexuell belästigt haben, worüber seinerzeit in Anwesenheit vom damaligen steirischen FP-Chef Schmid und Mares Rossmann
ein Protokoll angefertigt wurde, wovon auch an Riess-Passer eine Kopie erhielt.
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15 von 19 der Attentäter waren Saudis, bei den restriktiven Massnahmen gegen arabische Bürger in den USA sind die Saudis
trotzdem ausgenommen, was deutlich den Stellenwert von Ölgeschäft und Terrorbekämpfung zeigt
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schen Weg zu tun, den in Europa kaum jemand gehen will; und selbst die neoliberalen Ideologen innerhalb der Union werden diesen Weg nur einschlagen können, wenn es ihnen gelingt, die soziale Verwüstung Europas als überfällige Modernisierung auszugeben.”
An der Verwüstung Europas wird ja herzhaft gearbeitet. In Österreich wüstet die Schüssel-Regierung
und es gelang ihr bisher dies tatsächlich als "Modernisierung" zu verkaufen.
Aus den gegebenen Anlässen sei hier wieder das Lied der Schmetterlinge angestimmt:
Steht zusammen Brüder,
Jonny reitet wieder
Yippie-yippie-eh, für den SiEiÄ
Yippie-yippie-eh,, für die EiTiTi
Und noch einmal für das Kapital,
für die Oil- und die Fruit- und die Kupfercompany.
Ende Dezember 2002: Die FPÖ soll finanziell ziemlich am Semmerl sein, so überlegt der frühere FPÖBundesgeschäftsführer und jetzige Inhaber einer für die FPÖ arbeitenden Werbeagentur, Rumbold, eine
Klage einzubringen: Die Partei ist ihm 250.000 Euro schuldig und macht bisher keine Anstalten zu zahlen.
30.Dezember 2002: Dr. Ella Lingens, Ehrenpräsidentin der Lagergemeinschaft Auschwitz, stirbt im 95.
Lebensjahr, sie war als junge Ärztin ins KZ verbracht worden, weil sie Juden geholfen hatte.
ENDE BAND 4 der CHRONIK
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