Von Wassermusik bis Fluch der Karibik

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Von Wassermusik bis Fluch der Karibik
BAUERN OPTIMISTISCH
Vor der Landwirtschaftlichen Woche
sieht die Branche gute Perspektiven
왘 Seite 17
VIERNHEIM
Dienstag 15. JANUAR 2008 / Seite 15
GEGEN G8 UND GR0SSE KLASSEN
Herbe Kritik an Hessens Schulpolitik
übt der neue Kreiselternbeirat
왘 Seite 18
www.morgenweb.de
SÜDHESSEN
MORGEN
STADTREPORT
Vorverkauf Frauenfastnacht
Nachdem sich die Mitglieder des Katholischen Deutschen Frauenbundes (KDFB) bereits gestern ihre Karten für die diesjährige Frauenfastnacht sichern konnten, geht heute,
Dienstag, 17 Uhr, Molitorhaus, der
freie Verkauf für die drei närrischen
Abende am 28. bis 30. Januar weiter.
Wassergymnastik: zwei Kurse
Das Gebäude in der Kettelerstraße neben dem Brundtlandbüro (links) ist schon fast verschwunden. Aber wie es auf dem Gelände dahinter weitergeht, steht noch nicht fest.
BILDER: JR
In der Kettelerstraße: Ehemaliges THW-Gelände liegt derzeit noch brach / Gespräche mit Investoren / Nachbargebäude als städtisches Ausweichquartier
Wohnbebauung soll Lücke schließen
Von unserem Mitarbeiter
Othmar A. Pietsch
VIERNHEIM. Ruhige Lage, aber zugleich unmittelbare Nähe zur Innenstadt: Das ehemalige Gelände des
Technischen Hilfswerks (THW) in
der Kettelerstraße bietet für eine
Wohnbebauung so manche Vorteile.
Eine Nutzung in dieser Richtung
lässt indes noch auf sich warten.
Das Grundstück liegt auch drei
Jahre nach dem Umzug der Hilfsorganisation in die Alfred-Nobel-Straße immer noch brach. Lediglich die
alten Anbauten wurden abgerissen,
was einen Blick auf das große Garten-Areal erlaubt. Gespräche mit Investoren haben zwar bereits stattgefunden, eine Entscheidung ist allerdings noch nicht gefallen.
Zufahrts-Pläne gibt es schon
„Wir haben uns über eine mögliche
Bebauung bereits Gedanken gemacht, beispielsweise für seniorengerechtes Wohnen, und auch Pläne
für Zufahrten zum hinteren Bereich
des Grundstücks erstellt. Das I-Tüpfelchen fehlt allerdings noch“, hofft
Erster Stadtrat Martin Ringhof auf
weitere Interessenten.
Gerade erst wurde an der Häuserfront zur Kettelerstraße ein Gebäude
auf einem Privatgrundstück abgerissen, dort dürfte demnächst mit einem Neubau begonnen werden. Das
Vorderhaus der ehemaligen THWUnterkunft, in dem einst das Viernheimer Bauamt untergebracht war,
soll dagegen erhalten bleiben.
Im Erdgeschoss befindet sich das
Brundtlandbüro der Stadt Viernheim, die Mietwohnungen in den
oberen Stockwerken stehen aber seit
kurzer Zeit leer. Dieses Gebäude soll
auch künftig für eine städtische Nutzung zur Verfügung stehen. „Wir
können hier bei Bedarf Ersatzbüros
einrichten“, will Martin Ringhof mit
Blick auf anstehende Veränderungen beim Rathaus diese Ausweichflächen als Alternativen in der Hinterhand behalten.
Lange mit Neubau geliebäugelt
Über 15 Jahre lang hatte die Ortsgruppe des THW mit dem Neubau
einer Unterkunft geliebäugelt. 2004
ging schließlich der Wunsch in Erfüllung, Helfer und Gerätschaften sind
mittlerweile in modernen Gruppenräumen und der großzügigen Fahrzeughalle hinter dem Gelände der
Viernheimer Feuerwehr untergebracht. „Die Verhältnisse in der Kettelerstraße waren katastrophal“,
blickte Ortsverbandsbeauftragter
Volker Patzwaldt beim Umzug deshalb ohne Wehmut zurück.
Knapp vier Jahre nach dem
Standortwechsel erinnert sich in Anbetracht der jetzt vorhandenen
Möglichkeiten kaum noch jemand
an die beengten Verhältnisse. Spätestens wenn das Gelände in der Kettelerstraße seine neue Bestimmung
erfüllt, dürften auch bei den langjährigen Helfern die letzten Gedanken
daran verschwinden.
Zwei Kurse bietet das Familienbildungswerk im Bereich Wassergymnastik an. „Aqua fit“ hilft Jüngeren,
fitter zu werden, Gelenke zu entlasten und die Muskulatur zu kräftigen.
„Wassergymnastik ab 50“ zielt auf
Schonung der Gelenke und Verbesserung der Gelenkbeweglichkeit.
Beide Kurse beginnen am 17. Januar
und finden jeweils zehn Mal donnerstags, ab 18 Uhr (Aqua fit) beziehungsweise von 18.45 Uhr bis 19.30
Uhr (Wassergymnastik) statt. Infos
dazu gibt’s im FBW, Telefon 72 47 1.
Heute keine Plauderstunde
Die erste Plauderstunde von St. Hildegard findet nicht – wie irrtümlich
gemeldet – am heutigen Dienstag
statt, sondern erst in einer Woche.
Alle Senioren der Pfarrei sind also
am Dienstag, 22. Januar, 14.30 Uhr,
in den Gemeindesaal eingeladen.
Kinderkirche lädt ein
Spielen, singen, beten, Geschichten
hören, basteln und eine Kleinigkeit
essen: Das können Kinder im
Grundschulalter bei der nächsten
Kinderkirche in der Friedenskirche.
Sie findet am Sonntag, 20. Januar,
zwischen 10 und 12.30 Uhr statt.
Pfarrerin Beate Schwenk bittet unter
Telefon 72 24 3 um Anmeldung bis
spätestens Donnerstag, 17. Januar.
Jugendkriminalität: Amtsgerichts-Direktor zur Debatte
Neujahrskonzert der Starkenburgphilharmoniker: Publikum genießt drei abwechslungsreiche Stunden im ausverkauften Bürgerhaus
„Problem hausgemacht“
Von Wassermusik bis Fluch der Karibik
VIERNHEIM. Die Mühlen der Justiz in
Hessen mahlen zu langsam, sagt Ministerpräsident Roland Koch und
fordert vor der Landtagswahl neben
einer Verschärfung des Jugendstrafrechts eine effektivere Arbeit der Gerichte. Die liegen laut Statistik mit
4,1 Monaten Bearbeitungszeit vier
Wochen über dem Bundesdurchschnitt. „Woran das liegt, weiß ich
nicht genau“, sagt Lothar Schwarz,
Leiter des Lampertheimer Amtsgerichts, das auch für Viernheim zuständig ist. Ihm liegen keine konkreten Zahlen vor.
Allerdings glaubt er, dass die von
Koch angesprochenen Probleme
„hausgemacht“ seien und nicht von
der Justiz mit höheren Strafen zu bekämpfen oder gar zu lösen seien.
„Vor fünf Jahren wurden im Land
120 Richter- und Staatsanwaltsstellen gestrichen, jetzt hat eine Kommission des Justizministeriums herausgefunden, dass 132 Stellen fehlen“, sagt er. Schwarz sieht den Personalnotstand als eine der Ursachen
für steigende Jugendkriminalität an.
Unter Streichungen der Etats litten
nicht nur Gerichte: „Polizei, Schulen, Ausbildungen, Sozialarbeit –
auch Bereiche, die in der Prävention
arbeiten, sind vom Stellenabbau betroffen. Man muss den Leuten doch
eine Perspektive bieten.“
In Lampertheim gibt es einen
Richter, der für Jugendstrafsachen
zuständig ist. Ein Blick in seinen Terminplaner zeigt: Aus Personalnot
muss er Arbeit von Kollegen anderer
Bereiche miterledigen. Neben Jugendsachen übernimmt er Betreuungsfälle. Diese nehmen Zeit in Anspruch, die seinem eigentlichen Bereich fehlt. „Derzeit haben wir sechs
Richter in Vollzeit und eine Teilzeitstelle. Jeder arbeitet 140 Prozent“,
sagt Schwarz.
Als er 1995 nach Lampertheim
kam, gab es sieben Vollzeitstellen.
Massiv gespart worden sei bei der
Geschäftsstelle und in der Verwaltung. „1995 waren wir 70 Mitarbeiter, heute sind wir 58. Wenn wir so
langsam arbeiten, dann deshalb,
weil uns Personal an jeder Ecke
fehlt.“
Dabei zähle man noch zu den
schnellen. „Ich zieh’ mir den Schuh
nicht an“, sagt er. Eine Verschärfung
des Jugendstrafgesetzes hält der
Amtsgerichtsleiter für „Unfug“ und
kontraproduktiv. „Ich bezweifle,
dass höhere Strafen abschrecken.“
Schwarz bedauert es, dass 50 Prozent der Bevölkerung der Ansicht
seien, dass die Jugendkriminalität
durch verschärfte Strafmaßnahmen
in den Griff zu bekommen sei.
„Warnschussarrest neben Jugendstrafe ist Unfug. Wer mit Jugendstrafe belegt wurde, hat in der Regel
schon Arresterfahrung und weiß,
was Knast bedeutet.“
Schlimm treffe es die 18 bis
21 Jahre alten Delinquenten im Jugendstrafvollzug. An eine gesellschaftliche Rehabilitation sei nicht
zu denken. Derzeit absolvierten
90 Prozent von ihnen eine Ausbildung im Vollzug. Sollten sie nach Erwachsenenstrafrecht
behandelt
werden, müssten sie Freiheitsstrafen in normalen Anstalten antreten.
„So rauben wir ihnen noch die letzte
Hoffnung auf ein geordnetes Leben.“
ocb
Von unserer Mitarbeiterin
Kathrin Miedniak
VIERNHEIM. „Es ist das untrügliche
Zeichen, dass das neue Jahr begonnen hat.“ So bezeichnete Bürgermeister Matthias Baaß das Neujahrskonzert der Starkenburgphilharmoniker. Seit ihrer Gründung im
Jahr 2003 proben die rund 50 Musiker des Orchesters nun jeden Dezember für ein neues Neujahrskonzert.
Ihr Markenzeichen ist dabei, dass
nicht nur Werke der Strauß-Familie
gespielt werden. Stattdessen steht
eine bunte Mischung der verschiedensten Komponisten auf dem Programm, und dazwischen blitzt auch
mal Filmmusik auf.
So konnten die Besucher am
Sonntag gespannt sein, was sie diesmal erwarten würde. Wie neugierig
die Viernheimer auf das Konzert waren, zeigte sich bereits im Vorverkauf. Eine Abendkasse brauchten
die Philharmoniker gar nicht einzurichten, denn die Karten waren
schon nach 14 Tagen restlos vergeben.
Das Programm in diesem Jahr
enttäuschte die Erwartungen nicht.
Im Gegenteil: Mit Stücken von Händel, Smetana, Mendelssohn Bartholdy und natürlich Johann Strauß riss
das Orchester das Publikum über
fast drei Stunden mit.
Der erste Teil des Konzerts war
ganz dem Thema Wasser gewidmet.
Die Wassermusik von Georg Friedrich Händel machte ganz gemäß
dem Thema den Auftakt. Die Musik
begeisterte mit dem Publikum im
Bürgerhaus nicht zum ersten Mal:
Bereits im Jahr 1717 war der König
Englands von der Komposition Händels derart überwältigt, dass er das
Schiff, das ihn und das Orchester auf
der Themse beförderte, drei Mal
wenden ließ, um erneut in den Genuss der Musik zu kommen.
Derartiges lässt sich mit dem Bürgerhaus nicht anstellen, daher blieb
es am Sonntag bei dem einmaligen
Spiel. Doch mit Wasser ging es weiter. Das Orchester spielte Felix Men-
delssohn Bartholdys „Meeresstille
und glückliche Fahrt“, die Vertonung der gleichnamigen Gedichte
Goethes.
Nach diesem Potpourri verschiedenster Meeres-Stimmungen wandten sich die Musiker mit dem „Karneval der Tiere“ von Camille SaintSaens dem „Schwan“ zu. Hierbei begeisterte die jüngste Philharmonikerin Magdalena Rentrup als Solistin
am Cello.
Zu den bekanntesten Stücken des
festlichen Nachmittags zählte „Die
Moldau“ von Friedrich Smetana, mit
dem das Thema Wasser zum Abschluss gebracht wurde. Doch das
Orchester steigerte den glamourösen Charakter des Konzerts noch, indem es die Sopranistin Chulkar Sabirowa und den Tenor Sung Min Lee
bei Soli und Duetten begleitete. Besonderen Applaus erhielt dabei die
berühmte, im Duett vorgetragene
Barcarole aus „Hoffmans Erzählungen“ und das Solo „La Donna è Mobile“ aus Verdis Oper „Rigoletto“, gesungen von Sung Min Lee. Allein die
Ansage dieses Stückes ließ ein andächtiges Seufzen durch den Raum
gehen.
Doch die Starkenburgphilharmoniker können auch anders. Mehr
temperamentvoll als glamourös
spielten sie den „Spanish Gipsy
Dance“ und bildeten so die Untermalung zum Paso Doble, getanzt
von Jana Kasanowski und Michael
Jutzi vom Tanzsportclub Rot-Weiss.
Viel Schwung brauchten die Musiker
auch für Strauß’ Polka „Auf der
Jagd“.
Das filmmusikalische Schmankerl kam diesmal aus dem „Fluch der
Karibik“. Die passenden Piraten
stellte die Jazz-and-Modern-DanceGruppe unter der Leitung von Gaby
Defren, ebenfalls vom TSC RotWeiss. In seiner Begeisterung entließ
das Publikum das Orchester erst
nach dreimaliger Zugabe widerwillig
von der Bühne. Und auch das wahrscheinlich nur, weil Moderatorin
Dagmar Weber angekündigt hatte:
„Wir sehen uns dann im nächsten
Jahr hier wieder.“
Kriminalität in Zahlen
쮿 2007 hat es im Zuständigkeitsbe-
reich des Amtsgerichts, zu dem Viernheim zählt, rund 200 Anklagen
gegen Jugendliche und Heranwachsende gegeben: vorrangig Diebstahl,
Körperverletzung, Drogendelikte und
typische Jugenddelikte wie Schwarzfahren und Verkehrsdelikte.
쮿 2007 gab es über 1000 Verfahren
gegen Erwachsene: 650 Anklagen
und 413 Strafbefehle. Der Großteil
resultierte aus Betäubungsmittelmissbrauch, Diebstahl, Körperverletzung und Tötungsdelikten.
쮿 Von der polizeilichen Vorführung
bis zur Bestimmung eines Termins
dauert es in der Regel vier bis sechs
Wochen. Unter dieser Frist ist es selten möglich, Termine anzusetzen.
쮿 Der überwiegende Teil der am Amtsgericht Lampertheim behandelten
Straffälle kommt aus Viernheim. ocb
Umjubelt: Die Starkenburgphilharmoniker bei ihrem fast dreistündigen Konzert im Bürgerhaus.
BILD: SCHWETASCH