0138
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Senatsverwaltung für Inneres und Sport III A 1 Re – 0392/625 An den Vorsitzenden des Hauptausschusses Berlin, den 19. Juni 2007 90 27 (927) 24 97 0138 A über den Präsidenten des Abgeordnetenhauses von Berlin über Senatskanzlei - G Sen - Zusammenarbeit BBGes und Kompetenzzentrum Kriminaltechnik Kapitel 0551 – Der Polizeipräsident in Berlin - Landeskriminalamt Kompetenzzentrum Kriminaltechnik Schreiben SenInnSport – III A 1 Fl – vom 18.1.07 Rote Nummer: 0138 Vorgang: 7. Sitzung des Hauptausschusses vom 21.02.2007 Der Hauptausschuss hat in seiner o. g. Sitzung Folgendes beschlossen: Nach Aussprache wird der Zwischenbericht 0138 mit der Maßgabe zur Kenntnis genommen, dass der Folgebericht rechtzeitig zur (15.) Sitzung am 4.7.07 vorgelegt wird. Hierzu wird berichtet: 1. Vorgehen Dem Auftrag des Hauptausschusses entsprechend wurden die Kooperationsmöglichkeiten zwischen dem Polizeipräsidenten in Berlin Landeskriminalamt (LKA), dem Berliner Betrieb für Zentrale Gesundheitliche Aufgaben (BBGes) und dem Landesinstitut für gerichtliche und soziale Medizin (GerMed) im Bereich der toxikologischen Untersuchungen geprüft. Unter der Federführung der Senatsverwaltung für Inneres und Sport wurde eine ressortübergreifende Arbeitsgruppe eingerichtet, die sich aus Vertretern der beteiligten Senatsverwaltungen, des BBGes, des GerMed und des LKA zusammensetzte. Zur Bewertung der fachlichen Fragestellungen waren weitere wissenschaftliche Mitarbeiter der Institute intensiv eingebunden. Um die Ergebnisse der Arbeitsgruppe in einen überregionalen Zusammenhang stellen zu können, wurde eine Länderumfrage zu Fremdvergaben von Untersuchungsaufträgen im Bereich der Kriminaltechnik an externe Untersuchungsstellen initiiert (Anlage). Seite 1 von 5 In einem ersten Schritt wurden die spezifischen Untersuchungsspektren, die wissenschaftlichen Analysemethoden und die entsprechenden jährlichen Fallzahlen der Institute ermittelt, um mögliche Kooperationsfelder zu identifizieren. Die Gegenüberstellung der Untersuchungsfelder der Institute erbrachte drei potentielle Kooperationsmöglichkeiten: a) Substanzproben und Flüssigkeiten auf Betäubungsmittel (Btm) b) Blut auf Drogen und andere Wirkstoffe c) Urine auf Drogen und andere Wirkstoffe Im Bereich „Substanzproben und Flüssigkeiten auf Btm“ wurden vom LKA in 2006 12.229, vom GerMed ca. 250 und vom BBGes weniger als 100 Proben bearbeitet. Hier ließe sich zwar die Bündelung sämtlicher Untersuchungen im LKA KT prüfen, jedoch sind aufgrund der geringen Anzahl der im BBGes (ausschließlich Untersuchungen von Einzelproben z.B. aus dem privaten Umfeld, Funde von Eltern) und im GerMed durchgeführten Untersuchungen kaum messbare Synergien zu erwarten. Darüber hinaus müsste das LKA KT im Gegensatz zum BBGes im Falle des Nachweises von Btm umgehend entsprechende Strafverfahren einleiten. Im Bereich „Blut auf Drogen und andere Wirkstoffe“ wurden vom LKA in 2006 2.722 Proben (ca. 27.000 Analysen), vom BBGes ca. 15.000 Proben und vom GerMed 715 Proben bearbeitet. Die Zahl der daraus resultierenden Analysen wurde vom GerMed und vom BBGes nicht erhoben. Dieser Bereich ist mit jährlich ca. 27.000 Analysen der Kernkompetenz des LKA KT zuzurechnen. Bei dem Untersuchungsmaterial handelt es sich zum einen um so genannte Raumspuren, d.h. um Spurenmaterial, das an Tatorten etc. gesichert wurde und in einem räumlichen Spurenkontext zu betrachten ist. Derartiges Spurenmaterial ist Form- und Inhaltsspur und muss je nach Zusammenhang in der Regel auch weiteren Folgeuntersuchungen (Alkohol, DNA, weitere vergleichende Btm) unterzogen werden. Zum anderen bedürfen Spuren aufgrund der kriminalistischen Fragestellungen einer iterativen Betrachtung, bei der aufgrund hinzutretender Erkenntnisse weitere Untersuchungen als Folgen auftreten. Der Analysevorgang ist wegen der vielfältigen Fragestellungen komplexer in den Gesamtprozess eingebettet als beispielsweise bei Urinen. Sowohl bei den „Substanzproben und Flüssigkeiten auf Btm“ als auch bei den „Blutuntersuchungen auf Drogen und andere Wirkstoffe“ sind komplexe und vielschichtige kriminaltechnische Untersuchungsmaßnahmen erforderlich, so dass die wissenschaftlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aller drei Einrichtungen zu dem Ergebnis kamen, dass eine umfassende Bearbeitung nur von einer Institution mit einem breit gefächerten kriminaltechnischen und wissenschaftlichen Expertenwissen erfolgen kann. Ein Herauslösen würde zu Informationsverlust der aus forensischer Sicht erforderlichen Gesamtbeurteilung der Spurenlage führen. Insoweit hat sich die nähere Betrachtung der Kooperationsmöglichkeiten auf den Bereich der „Urine auf Drogen und andere Wirkstoffe“ konzentriert. In diesem Bereich liegen die Proben in entsprechend isolierter Form vor, so dass eine Auslagerung der Analysen aus kriminalistischer Sicht ohne weiteres möglich wäre. Die Arbeitsgruppe schloss sich der Einschätzung der wissenschaftlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern an. Seite 2 von 5 Im Jahr 2006 wurden 989 Urinproben durch LKA bearbeitet und hierbei 9509 Analysen durchgeführt. Der BBGes hat im gleichen Zeitraum ca. 100.000 Urinproben untersucht (Anzahl der Analysen wurden dort nicht erfasst). Zur Konkretisierung der Kooperationsvoraussetzungen, insbesondere in logistischer Hinsicht, wurden im Anschluss mehrere Abstimmungsgespräche zwischen dem BBGes und dem LKA KT geführt. Im Rahmen dieser Gespräche wurden Details zum Transport und der Kennzeichnung der Proben, der Untersuchungsfristen, der Aufbewahrung der Proben, der Rechnungslegung sowie weiterer vertraglicher Regelungen geklärt, so dass der BBGes auf dieser Grundlage ein Angebot für die Übernahme der Urinuntersuchungen auf Drogen und andere Wirkstoffe abgeben konnte. 2. Ergebnis a) Kostenangebot des BBGes Das Angebot des BBGes wurde auf Grundlage der Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ) mit entsprechenden auf den tatsächlichen Bearbeitungsaufwänden basierenden Steigerungs- und Minderungsfaktoren erstellt. Gemessen an dem Probenaufkommen aus dem Jahr 2006 des LKA KT ergibt sich ein jährlicher Auftragswert von 50.000 €. b) Ausgabenreduzierung im LKA KT Durch Wegfall der Beschaffung entsprechender Reagenzien könnten die Verbrauchsmittelausgaben haushaltswirksam um 43.180 € jährlich gesenkt werden. Die für die Urinproben bisher in Anspruch genommenen Geräte schlagen mit 6.577 € jährlich zu Buche, wobei dieser Wert nur kalkulatorisch ist, da das Gerät auch für andere Untersuchungen verwendet wird und daher lediglich die Beanspruchung reduziert wird. Die anteiligen Personalausgaben im Bereich der Urinproben betragen ca. 57.500 €. Angesichts des erhöhten logistischen Aufwandes, der durch die Verlagerung der Untersuchungen entstehen würde (Aufziehen der Urinproben auf Monovetten, Kennzeichnung mit Barcodelabel, Transport zum BBGes, Rechnungsbearbeitung), müsste die Personalausgabeneinsparung nach konservativer Schätzung um 10 % gekürzt werden, so dass sie noch bei rd. 52.000 € liegt. Übersicht wirtschaftliche Effekte: Einsparung LKA Verbrauchsmittel Personalausgaben Geräte Gesamt Davon haushaltswirksam ab 2008 43.180 52.000 * 6.577 101.757 95.180 Angebot BBGes Ergebnis * = nicht haushaltswirksam 50.000 -45.180 Seite 3 von 5 Die im Verhältnis der bisherigen Ausgaben für die Untersuchungen hohe Einsparquote ergibt sich aus der Tatsache, dass der BBGes aufgrund seines Untersuchungsvolumens (100.000 Proben jährlich) wesentlich wirtschaftlicher die entsprechenden Untersuchungsmaterialien beschaffen kann, als dies bei jährlich 989 Urinproben seitens des LKA KT der Fall ist. Zudem führt der größere Durchsatz zu einer höheren Geräteauslastung und ermöglicht in Teilbereichen eine entsprechende Automation. c) Rechtliche und organisatorische Voraussetzungen Die Frage der vergaberechtlichen Zulässigkeit einer möglichen Auftragsvergabe des LKA an den BBGes wurde im Rahmen eines rechtsanwaltlichen Gutachtens geprüft. Das Gutachten kommt zu dem Ergebnis, dass Kooperationen zwischen Behörden bzw. Eigenbetrieben des Landes Berlin nicht dem Vergaberecht unterliegen und sog. „Inhouse-Geschäfte“ darstellen. Die für die Kooperation erforderliche Akkreditierung des Institutes für Toxikologie im BBGes ist für die 2. Jahreshälfte 2007 in Aussicht gestellt. 3. Gesamtbewertung Im Ergebnis bleibt festzuhalten, dass die untersuchten medizinischen Institute trotz erheblich divergierender Aufgabenstellungen Überschneidungen in ihrem Untersuchungsportfolio aufweisen und damit Möglichkeiten zur Kooperation grundsätzlich bestehen. Die Feinanalyse durch das wissenschaftliche Personal der Institute, aber auch die Länderumfrage haben jedoch eindeutig die Grenzen der Verlagerung von Untersuchungen des LKA KT auf andere Einrichtungen aufgezeigt. So wird eine Vergabe von Untersuchungen an Dritte für das LKA immer dann nur in Betracht kommen, wenn es sich um isolierte Proben handelt, bei denen nicht die Gefahr besteht, dass für die kriminalistische Arbeit notwendige Zusammenhänge verloren gehen. Diese isolierte Untersuchung ist bei den im vorliegenden Bericht konkretisierten Urinuntersuchungen möglich. Die Einspareffekte sind hier im Vergleich zu den bisherigen Kosten erheblich. Basierend auf den Ergebnissen der Arbeitsgruppe wird das LKA ab dem 1.10.2007 den BBGes mit der Analyse sämtlicher Urinproben beauftragen. Ich bitte, den Berichtsauftrag hiermit als erledigt anzusehen. Senator für Inneres und Sport Seite 4 von 5 Anlage Kurzfassung der Ergebnisse der Länderumfrage Anfang Februar 2007 wurde eine Länderumfrage initiiert, um einen Überblick über verschiedene Fragestellungen zur Fremdvergabe von Untersuchungsaufträgen im Bereich der Kriminaltechnik an externe Untersuchungsstellen zu gewinnen. Gefragt wurde nach den in Frage kommenden Bereichen, den in Anspruch genommenen externen Dienstleistern, den zu fordernden Qualitäts- und Sicherheitsstandards sowie den im Rahmen der Fremdvergabe erzielten Erfahrungen. Es haben alle Bundesländer geantwortet. Im Bereich der Kriminaltechnik kooperieren alle Bundesländer mit Externen. In der Regel sind dies andere LKÄ und das BKA. Darüber hinaus werden auch Rechtsmedizinische Institute sowie vereinzelt privatwirtschaftliche Einrichtungen beauftragt. Die Beauftragung der Externen erfolgt mit sehr unterschiedlicher Intensität und aus abweichenden Motivationslagen. Einzelne LKÄ vergeben an Externe lediglich bei eigenen akuten Kapazitätsengpässen, andere LKÄ verzichten aus Kostengründen auf die Abdeckung des gesamten Untersuchungs-Portfolios, insbesondere bei selten auftretenden Untersuchungen. Andere LKÄ halten zwar die Untersuchungsmöglichkeiten vor, nutzen jedoch die Vergabe an Externe für eine gezielte Kapazitätssteuerung für sonstige Aufgaben. Der Bereich der DNA-Analyse von Speichelproben wird am häufigsten an Externe vergeben. Darüber hinaus werden in einzelnen Bundesländern toxikologische Untersuchungen ebenfalls an Externe vergeben (Btm in Körperflüssigkeiten, quantifizierende Btm-Untersuchungen bei Rauschpilzen und LSD, Blutproben zur Feststellung der Alkoholkonzentration und Spurenmaterial, bei dem der Verdacht der Beimengung toxischer Materialien besteht). In Frage kommende Untersuchungsgegenstände werden i.d.R. eingeschränkt auf isoliert zu betrachtende Spuren, da bei komplexen und vielschichtigen kriminaltechnischen Untersuchungsmaßnahmen eine umfassende Bearbeitung nur von einer Institution mit einem breit gefächerten kriminaltechnischen und wissenschaftlichen Expertenwissen erfolgen kann. Ein Herauslösen würde zu Informationsverlust der aus forensischer Sicht erforderlichen Gesamtbeurteilung der Spurenlage führen. Bei der Beauftragung Externer werden die Anforderungen an Qualitäts- und Sicherheitsstandards im Vorfeld definiert. Sie entsprechen i.d.R. den internen Anforderungen. Darüber hinaus wird unter anderem die erfolgreiche Teilnahme an GEDNAP-Ringversuchen (als QS-Instrument für DNA-Untersuchungen), interne Qulitätssicherungsverfahren sowie entsprechende Akkreditierungen vorausgesetzt. Die vorliegenden Antworten lassen keinerlei Probleme in Hinblick auf Qualitäts- und Sicherheitsaspekte erkennen. Konkrete Berechnungen zur Wirtschaftlichkeit liegen bei keinem Bundesland vor, da i.d.R. die internen Vergleichszahlen fehlen bzw. sich in Fällen der Erbringung der Leistung im Rahmen der „Amtshilfe ohne Verrechnung“ die Problematisierung der Wirtschaftlichkeit nicht ohne weiteres ergibt. Lediglich Hessen hält die Vergabe an Externe (hier insbesondere die DNA-analytischen Untersuchungen) für unwirtschaftlich und plant daher den Aufbau eines eigenen Hochdurchsatz-Labors für DNA-Untersuchungen. Seite 5 von 5