Hartz IV: Beschlossene Änderungen im Fortentwicklungsgesetz zum

Transcription

Hartz IV: Beschlossene Änderungen im Fortentwicklungsgesetz zum
Hartz IV: Beschlossene Änderungen im Fortentwicklungsgesetz zum SGB II
Hartz IV ist zum zweiten Mal in diesem Jahr zum Gegenstand von Reformen geworden. Auf das 1. Änderungsgesetz zum SGB II folgte das "Gesetz zur Fortentwicklung
des SGB II". Es befindet sich noch im Gesetzgebungsverfahren. Das Gesetz sollte in
erster Linie das Leistungsrecht und die Verwaltungspraxis verbessern und den Leistungsmissbrauch bekämpfen. Es soll zu einer Haushaltsentlastung beim Bund in Höhe von 1,2 Mrd. Euro und bei den Gemeinden von rund 0,3 Mrd. Euro jährlich führen.
Bereits im Vorfeld des Gesetzesvorhabens hatte der DCV den aus seiner Sicht relevanten Änderungsbedarf benannt.
Der Ausschuss für Arbeit und Soziales führte am 29.05.2006 eine öffentliche Anhörung von Sachverständigen durch, bei der die BAG FW durch den Generalsekretär
des DCV, Herrn Professor Dr. Georg Cremer, vertreten wurde. Unter Federführung
des DCV hatte die BAG FW eine gemeinsame Stellungnahme zum Gesetzentwurf
erarbeitet. Der Ausschuss schlug in seinen Beschlussempfehlungen weitere Änderungen vor. Das Gesetz ist mit diesen Änderungen am 1. Juni im Bundestag und am
7. Juli 2006 im Bundesrat beschlossen worden.
Doch anscheinend sind die vorgesehenen Änderungen noch nicht genug: Eine Arbeitsgruppe der CDU/CSU-Fraktion beschäftigt sich derzeit mit der Frage einer Generalrevision des SGB II. Eine entsprechende Debatte wird für Herbst diesen Jahres
erwartet. Entsprechende Empfehlungen zur Überarbeitung des SGB II enthält auch
eine Entschließung des Bundesrates vom 7.7.2006, die er mit dem SGB IIFortentwicklungsgesetz verabschiedet hat (s. Anlage).
Im einzelnen sieht das Fortentwicklungsgesetz folgende wesentliche Änderungen
vor:
¾ Außendienste und private Call-Center werden zur Bekämpfung von Leistungsmissbrauch eingeführt
¾ Bedarfsgemeinschaften: Partnerschaftsähnliche Lebensgemeinschaften werden Teil der Bedarfsgemeinschaften
¾ Beweislastumkehr bei ehe- und partnerschaftsähnlichen Gemeinschaften. Eine derartige Gemeinschaft wird vermutet,
• wenn die Partner länger als ein Jahr zusammenleben oder
• mit einem gemeinsamen Kind zusammenleben oder
• Kinder oder Angehörige im Haushalt versorgen oder
• befugt sind, über Einkommen oder Vermögen des anderen zu verfügen.
¾ Änderung bzgl. des Ausschlusses von Personen in stationären Einrichtungen
(§ 7 Abs. 4). Grundsätzlich sind alle Personen,
• die in einer stationären Einrichtung oder
• die in einer Einrichtung zum Vollzug richterlich angeordneter Freiheitsentziehung untergebracht sind oder
• die Rente wegen Alters oder ähnliche öffentlich-rechtliche Leistungen erhalten,
vom SGB II ausgeschlossen. Ausnahmen bestehen für
• Personen, die für voraussichtlich weniger als sechs Monate in einem Krankenhaus untergebracht sind (nach der Gesetzesbegründung sind Einrich1
•
tungen zur medizinischen Rehabilitation nach § 107 Abs. 2 SGB V gleichgestellt)
Personen, die in einer stationären Einrichtung untergebracht sind und unter
den üblichen Bedingungen des Arbeitsmarktes mindestens 15 Std. wöchentlich erwerbstätig sind.
¾ Einkommensanrechnung auf nicht leibliche Kinder in der Bedarfsgemeinschaft: Das Einkommen von Partnern, die mit nicht leiblichen Kindern in einer
Bedarfsgemeinschaft leben, wird auf den Bedarf der Kinder angerechnet.
¾ BaföG- und BAB-Empfänger erhalten Unterkunftszuschüsse nach dem SGB II
¾ Einkommensermittlung: Zahlungen des SGB-II-Beziehers aufgrund titulierter
Unterhaltsansprüche oder notariell beurkundeter Unterhaltsvereinbarungen
werden bei der Einkommensermittlung berücksichtigt
¾ Pflegegeld: Der Erziehungsbeitrag bleibt als Teil des Pflegegeldes bei den
ersten beiden Pflegekindern als Einkommen unberücksichtigt. Beim 3. Pflegekind wird es zu 75% und beim vierten und jedem weiteren Kind in voller Höhe
berücksichtigt.
¾ Altersvorsorge: Die Freibeträge für die Altersvorsorge werden von 200 Euro
auf 250 Euro pro Lebensjahr angehoben.
¾ Grundfreibeträge: Die Grundfreibeträge werden von 200 Euro auf 150 Euro
pro Lebensjahr abgesenkt. Der Grundfreibetrag für Kinder sinkt von 4.100 Euro auf 3.100 Euro;
¾ Sofortangebote: Personen, die innerhalb der letzten zwei Jahre weder ALG I
noch ALG II bezogen haben, werden Sofortangebote zur Eingliederung in Arbeit gemacht;
¾ Vermittlung wird Pflichtleistung im SGB II;
¾ Haushaltsenergie: Es wird klargestellt, dass sie vom Regelsatz abgedeckt ist
und keine Leistung zur Unterkunft ist;
¾ Umzüge aus angemessenem Wohnraum sind nur noch möglich, wenn der
neue Wohnraum nicht teurer ist. Jugendliche U 25 dürfen das Zusicherungserfordernis nicht dadurch umgehen, dass sie vor Stellung des Leistungsantrags
umziehen;
¾ Umzüge/Frauenhäuser: Zuständigkeitsprobleme bei Umzügen und Aufenthalten in Frauenhäusern werden beseitigt;
¾ Durchreisende Wohnungslose: Zuständig ist der Träger, bei dem die Leistungen beantragt werden;
¾ Erstausstattung bei Geburt wird als einmalige Leistung eingeführt;
2
¾ Kranken- und Pflegeversicherung: Personen, die allein aufgrund ihrer Beiträge
zu diesen Versicherungen bedürftig werden, erhalten hierzu einen Zuschuss;
¾ Mehrbedarfe für behinderte Menschen werden in der Höhe an die des SGB XII
angeglichen;
¾ Sanktionen:
•
Eine wiederholte Pflichtverletzung liegt schon dann vor, wenn die
erste Pflichtverletzung weniger als ein Jahr zurückliegt
•
Bei Jugendlichen unter 25 kann der Sanktionszeitraum von 3 Monaten auf 6 Wochen verkürzt werden
•
Ab der 3. Pflichtverletzung nach Abs. 1 innerhalb eines Jahres entfällt das gesamte ALG (also auch Unterkunft etc.) Die Kürzung kann
auf 60% begrenzt werden, wenn der Leistungsberechtigte nachträglich seinen Pflichten nachkommt
•
Bei Jugendlichen wird bei Pflichtverletzung nach Abs. 1 oder 4 in der
ersten Stufe weiterhin die Leistung bis auf Unterkunft und Heizung
gekürzt und bereits ab der 2. Pflichtverletzung die Leistung gänzlich
gestrichen. Wenn Betroffene sich nachträglich bereit erklären, können wieder Unterkunftsleistungen erbracht werden.
¾ Kinderzuschlag: Ein Wahlrecht zwischen Kinderzuschlag und befristetem Zuschlag wird eingeführt;
¾ Gemeinsame Einigungsstelle: Die Krankenkasse kann der Entscheidung über
die Erwerbsfähigkeit widersprechen und die gemeinsame Einigungsstelle anrufen;
¾ Daten: Sozialdaten können unter den zuständigen Trägern übermittelt werden.
Es werden automatisierte Datenabgleiche durchgeführt. Der Grundsicherungsträger kann über Antragsteller beim Bundeszentralamt für Steuern, beim Zentralen Fahrzeugregister, beim Melderegister und Ausländerzentralregister Auskunft einholen;
¾ Reha-Trägerschaft der BA: Es wird klargestellt, dass die BA Rehabilitationsträger ist;
¾ Mietschuldenübernahme ist möglich für Personen, die nicht hilfebedürftig sind;
¾ Öffnungsklausel ausgeschlossen: Eine abweichende Bedarfdeckung wird ausdrücklich gesetzlich ausgeschlossen;
¾ Verfügbarkeit des Arbeitssuchenden: Der Leistungsberechtigte muss sich innerhalb des zeit- und ortsnahen Bereichs, wie er in der ErreichbarkeitsAnordnung definiert ist, aufhalten. Bei Verstoß entfällt der Anspruch völlig;
¾ Bewilligungszeitraum: er kann auf bis 12 Monate verlängert werden (v. a. bei
Grundsicherung im Alter);
¾ Existenz-Gründungszuschuss wird im SGB III eingeführt.
3
Clarita Schwengers, RA
4

Documents pareils