Der Richterberuf. Einstieg. Tätigkeiten. Perspektiven.

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Der Richterberuf. Einstieg. Tätigkeiten. Perspektiven.
Der Richterberuf.
Einstieg. Tätigkeiten. Perspektiven.
Richter am Oberlandesgericht Ralf Neugebauer, Düsseldorf
„Disclaimer“
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Dieser Vortrag gibt meine Meinung wieder,
nicht diejenige des Justizministeriums NRW
oder der Präsidentin des OLG Düsseldorf.
Ich bin Richter in der sog. „ordentlichen
Gerichtsbarkeit“. Daher beschränke ich mich
hier auf die Tätigkeit eines Richters der
ordentlichen Gerichtsbarkeit.
Der Richterberuf.
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Einstieg:
–
Voraussetzungen
–
Einstellungsverfahren
–
der Weg zur „Planstelle“...
Tätigkeiten:
–
Tätigkeitsfelder
–
Arbeitsweise
–
Arbeitsbelastung
Der Richterberuf.
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Perspektiven:
–
Einstellungschancen
–
Karriere?
–
Richterbesoldung
Zusammenfassung
–
„Schlüsselqualifikationen“
–
Warum will ich Richter/in werden?
–
Was kann ich jetzt schon tun?
Einstieg: Voraussetzungen
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2 juristische Staatsexamen
Formelle Hürde: mindestens 7,75 Punkte in der
zweiten Staatsprüfung
Reicht das?
Realistisch ist folgende Faustformel:
2 x (9 + X)
Einstieg: Einstellungsverfahren
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Bewerbung:
Informationen über die notwendigen Unterlagen
(Lebenslauf, Foto, div. Formularerklärungen)
finden Sie auf den Internetseiten der OLGe:
–
www.olg-koeln.nrw.de
–
www.olg-hamm.nrw.de
–
www.olg-duesseldorf.nrw.de
Die Bewerbung ist an das jeweilige
Oberlandesgericht zu richten.
Einstieg: Einstellungsverfahren
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Die Einstellung erfolgt auf der Grundlage eines
„Assessment-Centers“
6-7 Bewerber ganztägig
Ziel: Nicht Auswahl, sondern Überprüfung der
persönlichen Eignung
Teilnehmer: Präsident(in) des OLG,
Personaldezernent(in), ein(e)
Landgerichtspräsident(in),
Gleichstellungsbeauftragte, ggf.
Vertrauensperson der Schwerbehinderten
Einstieg: Einstellungsverfahren
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Ablauf (typisch, nicht verbindlich):
–
Gruppengespräch über ein meist juristisches
Thema
–
Einzelgespräch (1 Bewerber(in))
–
praktischer Test (Aktenstück
oder Rollenspiel)
Ergebnis: Einstellungszusage
–
Führungszeugnis
–
Amtsärztliche Untersuchung
Ernennung!
Einstieg: Der Weg zur Planstelle
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Ernennung zum Richter auf Probe
zunächst 6 Monate: Einsatz in einer
Zivilkammer des LG:
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als vollwertiger Richter
–
mit vollem Arbeitspensum
–
auch als Einzelrichter
nach 6 Monaten: 1. dienstliche Beurteilung
dann: Zuweisung an ein Amtsgericht des
Bezirks
Einstieg: Der Weg zur Planstelle
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beim AG: Vorsitzende(r) einer Zivil- oder
Strafabteilung, seltener: Einsatz im FGGBereich
Verweildauer: Meist ca. 2 1/2-3 Jahre
Anschließend: dienstliche Beurteilung und
Bewerbung auf eine Planstelle
Ernennung zum Richter auf Lebenszeit als
–
Richter(in) am Amtsgericht oder
–
Richter(in) am Landgericht
Tätigkeiten: Tätigkeitsfelder
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jedenfalls anfangs: keine Spezialisierung
möglich
Wechsel der Tätigkeit üblich (also von der Zivilin die Strafabteilung/kammer und umgekehrt)
Selbst Mischdezernate (1/2 Zivil /1/2 Straf) sind
nicht ungewöhnlich
Das bedeutet: Sie benötigen eine gute
juristische Allgemeinbildung und die Fähigkeit,
sich auch unbekannte Materien rasch zu
erschließen!
Tätigkeiten: Tätigkeitsfelder
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Zivilrichter(in):
–
entscheidet bürgerliche Rechtsstreite
ausgenommen Familiensachen
–
typischer Zuschnitt bei einem kleinen AG:
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–
1/3 Mietsachen
1/3 Verkehrsunfälle
1/3 sonstige Sachen (Versicherungsrecht,
Arzthaftung, Nachbarstreite, Erbrecht,
Baumängel ...)
bei LG und größeren AG gibt es in der Regel
„Sonderzuweisungen“, also z.B. Baukammer...
Tätigkeiten: Tätigkeitsfelder
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Strafrichter(in):
–
entscheidet in Strafsachen
–
beim Amtsgericht:
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Strafrichter (Einzelrichter)
Vorsitzender des Schöffengerichts
Jugendrichter bzw. Vorsitzender des
Jugendschöffengerichts
Vorsitzender einer Abteilung für Bußgeldsachen
Ermittlungsrichter
Tätigkeiten: Tätigkeitsfelder
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Strafrichter(in)
–
beim Landgericht:
–
–
–
Beisitzer einer großen
Strafkammer/Jugendkammer
Beisitzer einer „großen Strafkammer als
Schwurgericht“
Beschwerden in Strafsachen
Tätigkeiten: Tätigkeitsfelder
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Familienrichter(in) – nur Amtsgericht
–
entscheidet Familiensachen
–
in der Regel kein Richter auf Probe
Tätigkeiten: Tätigkeitsfelder
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Freiwillige Gerichtsbarkeit (Amtsgericht):
–
Betreuungssachen
–
Nachlasssachen
–
Handelsregister
–
Insolvenzverfahren
beim LG:
–
Beschwerden in diesen Sachen
Tätigkeiten: Tätigkeitsfelder
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Sonstige Tätigkeiten:
–
Zwangsvollstreckungssachen (GVErinnerungen, Haftbefehle zur Abgabe der
eidesstattlichen Versicherung)
–
Rechtshilfe
–
Landwirtschaftsgericht
Tätigkeiten: Arbeitsweise
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Sitzung:
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Aktenbearbeitung:
–
kennt man
–
sieht keiner
–
macht nur einen
kleinen Teil aus
–
macht den überwiegenden Teil
aus
Tätigkeiten: Arbeitsweise
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„Dezernat“
–
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Eingehende Schriftsätze bearbeiten, Termine
bestimmen, ggf. Hinweise an Parteien
verfügen, ggf. schriftliche Urteile
(Versäumnisurteil, Anerkenntnisurteil)
Arbeit am Fall:
–
Vorbereitung der Sitzung (bei Kammer: Votum),
Überlegungen zur Sach- und Rechtslage und
zu Vergleichsmöglichkeiten
–
Abfassen der Entscheidung
Tätigkeiten: Arbeitsbelastung
„Richter ist doch eine gut bezahlte
Halbtagstätigkeit“
Wirklich?
Tätigkeiten: Arbeitsbelastung
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nach einer Untersuchung der
Beratungsgesellschaft Deloitte beträgt die
durchschnittliche Wochenarbeitszeit in NRW
ca. 50 Stunden.
Ein typischer Amtsrichter erledigt im Jahr:
–
650-700 Zivilsachen oder
–
800 Strafsachen mit Hauptverhandlung oder
–
1.800 Strafbefehlsverfahren
Perspektiven: Einstellungschancen
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Im Jahr 2008 haben
die 2. Staatsprüfung
mit vollbefriedigend
oder besser 523
Kandidaten
bestanden (von
2.035)
sehr gut
gut
vollbefr.
befr.
ausr.
jährliche
Neueinstellungen:
~150
Quelle: Jahresstatistik des LJPA
Perspektiven: Karriere?
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nur etwas mehr als 1/3 aller Richter erreicht ein
Beförderungsamt
D.H.: Karriere im Sinne von Aufstieg ist eher die
Ausnahme
Dem trägt allerdings die Besoldungsstruktur
Rechnung
Perspektiven: Richterbesoldung
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Richter werden nach der Besoldungsordnung R
besoldet
Alle Richter im Eingangsamt erhalten die
Besoldung nach R1
R2: Vors. Richter am LG/ Richter am OLG/ Dir.
d. AG
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R3: Vors. Ri. OLG
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R6: Richter am BGH
Perspektiven: Richterbesoldung
Bes.Gr.
Stufe
A13
1
2
3
4
5
6
7
8
9
10
11
12
3.074,05 €
3.224,30 €
3.374,56 €
3.524,80 €
3.675,05 €
3.775,22 €
3.875,39 €
3.975,55 €
4.075,74 €
4.175,91 €
R1
3.299,77 €
3.450,04 €
3.529,14 €
3.733,17 €
3.937,23 €
4.141,26 €
4.345,31 €
4.549,37 €
4.753,40 €
4.957,45 €
5.161,48 €
5.365,55 €
R2
4.017,57 €
4.221,62 €
4.425,65 €
4.629,71 €
4.833,76 €
5.037,80 €
5.241,85 €
5.445,88 €
5.649,93 €
5.853,94 €
Quelle: www.drb-nrw.de (ohne Gewähr)
R3
R6
6.439,99 € 7.658,57 €
Perspektiven: Richterbesoldung
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Die Werte verstehen sich Brutto.
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Abzuziehen sind Steuern
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Bei Vergleich zur Privatwirtschaft abzuziehen:
–
priv. Krankenversicherung
–
Selbstbeteiligung bei Beihilfe
Zusammenfassung:
Schlüsselqualifikationen
„Es ist besser, unvollkommene Entscheidungen
zu treffen, als stets nach vollkommenen
Entscheidungen zu streben“
Zusammenfassung:
Schlüsselqualifikationen
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Entscheidungsfreude
Fähigkeit, mit falschen Entscheidungen zu
leben
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„Teamwork“
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soziale Kompetenz:
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–
Zuhören
–
Verstehen
–
Überzeugen
Verständnis für wirtschaftliche Hintergründe
Warum Richter/in werden?
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sicherer und krisenfester Arbeitsplatz
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Vereinbarkeit von Familie und Beruf
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abwechslungsreiche Tätigkeit
das „Richtige“ tun:
–
Richterliche Unabhängigkeit bedeutet, allein auf
sachlicher Grundlage entscheiden zu können
–
Unabhängig von Vorgesetzten und vor allem
–
Unabhängig von Mandanten
Was kann ich jetzt schon tun?
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die ganze Breite abdecken, Grundlagen und
Methoden beherrschen lernen.
Über den Tellerrand schauen:
–
BWL/VWL-Grundkenntnisse
–
z.B.: Bilanzen lesen lernen
–
Rhetorik
–
naturwissenschaftliche Grundkenntnisse
Noch Fragen?
Bilder: Bilderpool des Landesjustizintranet