FOS-SUR-MER: Lügen und Illusionen

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FOS-SUR-MER: Lügen und Illusionen
FOS-SUR-MER: Lügen und Illusionen
Von Jean Duflot (Radio Zinzine), eingestellt am 29.03.2007
Frankreich besitzt mit 130 Anlagen den größten Park von Müllverbrennungsanlagen in Europa - ein trauriger Rekord, der mit 16 weiteren
geplanten Anlagen noch überboten würde. Mit der Müllverbrennungsanlage von Fos-sur-Mer ist die Einführung einer neuen Generation
hochleistungsfähiger UIOM
1 geplant, über die wir in der letzten Ausgabe des Archipels bereits berichteten sowie über den Kampf dagegen
.
Die Verarbeitungskapazität des UIOM soll bei 450.000 Tonnen jährlich liegen (300.000 t durch Verbrennung, 150.000 t durch Sortierung,
Recy-cling, Kompostierung, Verarbeitung zu Methangas). Mit einer zweiten Ausbaustufe würden dann insgesamt 600.000 Tonnen
(450.000 t durch Verbrennung) verarbeitet werden können. Warum beharrt Frankreich so darauf, Fabriken zu bauen, deren
Schadstoffausstoß sich als verheerend für die Umwelt und die Gesundheit seiner Bürger und Bürgerinnen erweist? Wie kommt es, dass
Frankreich die gegenläufigen Tendenzen in vielen anderen Industrieländern nicht berücksichtigt? Was steht auf dem Spiel, dass die Vertreter
der öffentlichen Ordnung sich über die Argumente der Müllverbrennungsgegner hinwegsetzen, die auf die ernsten Konsequenzen dieser
Technologie verweisen? Warum versuchen sie die Illusion von der Wirksamkeit und Harmlosigkeit dieser Anlagen mit Hilfe von Lügen,
Rechtsbrüchen und falschen Expertisen zur angeblichen «technischen Sicherheit» aufrechtzuerhalten?
In Albertville hat die angeblich tadellose Filtrierung von Schwermetallen zur weiteren Erhöhung der Konzentration von Dioxinen geführt. Im
Allgemeinen besteht die Taktik der Desinformation darin, die Dauer der Exposition und die Akkumulation pro Zeiteinheit von Molekülen in
lebenden Organismen (Böden, Pflanzen, Tiere, Menschen) kaum zu berechnen. Neben der spektakulären Zunahme von Krankheiten in der
Umgebung der Anlage in Savoyen, die auf die Kontaminierung von Atemluft und Nahrungsmitteln zurückzuführen ist, mussten dort 10.000
Tonnen Heu vernichtet werden, weil der Grad der Verunreinigung eine Verwendung als Viehfutter nicht mehr zuließ - Beweis genug für die
ernsthafte Untergrabung eines jeglichen Ökosystems der Umgebung. Offiziell brüstet man sich jedoch mit neuen Normen der
Schadstoffbegrenzung. Mit den Grenzwerten wurden jedoch völlig willkürliche Limiten (z.B. 0,05 mg Quecksilber pro3)
m gesetzt, und das
auch nur für etwa zwanzig Schadstoffe. Aber die Technokraten, die die Regeln aufstellen, vermeiden wohlweislich darauf hinzuweisen,
dass mit der Verbrennung von jährlich 200.000 Tonnen Müll in 20 Jahren über 20 Milliarden Kubikmeter Rauchgase ausgestoßen werden.
Sämtliche Studien belegen übrigens, dass die Effizienz der Müllverbrennung ein Lügenmärchen ist. Bei dieser Beseitigungstechnologie kann
der Ausstoß noch so sehr reduziert werden, im besten Fall (90 Prozent des Volumens und 60 Prozent des Gewichts der Abfälle) bringt eine
Tonne immer noch 300 Kilogramm von giftiger Schlacke, 30 kg hochgiftiger Asche und 600 kg krank machende Rauchgase hervor. Die
Auswirkung auf die Klimaerwärmung sei schwach, beteuert die Clique der Verbrennungsbefürworter. Falsch!
Eine Studie der «Freunde der Erde» in Großbritannien belegt, dass die UIOM 33 Prozent mehr CO
2 als die mit Gas betriebenen
Elektrizitätskraftwerke erzeugen. Will man einem Bericht der «Agentur zum Schutz der Umwelt Amerikas» Glauben schenken, so
entspräche eine Steigerung der Recyclingrate um 1 Prozent in den USA einer Vermeidung von CO
2-Emission von 1,2 Millionen Autos.
Was den weiteren angeblich völlig unbedenklichen Verbleib der Verbrennungsrückstände angeht, so übertreffen sich die Protagonisten von
UIOM (Suez, Véolia, Bouygues, EDF ?) gegenseitig in verharmlosenden Verlautbarungen. Mit Hilfe von reichlich Werbeliteratur und
Expertenmeinungen wird die schädigende Wirkung von Emissionen und Rückständen aus ihren Unternehmen banalisiert. Eine weitere
Verzerrung der Wirklichkeit ist der unglaubliche Schwindel der Industriellen, den sie mit den Kontrollgremien treiben. Es ist allgemein
bekannt, dass die Zentralen im Voraus vor «unerwarteten» Überprüfungen gewarnt werden, die zudem noch von Experten, die zumeist der
offiziellen Argumentation glauben, nachlässig durchgeführt werden. So kommt es, dass die Dioxin-Emissionen nur einmal im Jahr überprüft
werden. Die festgestellten Mengen entsprechen dann nur denen von 3 bis 6 Stunden Laufzeit gegenüber 7.500 Stunden jährlich. Eine
wirklich unabhängige Studie über die Emissionen an 15 aufeinander folgenden Tagen hat belegt, dass der Ausstoß von Dioxin um das 30bis 50-fache über dem erlaubten Wert (zwischen 0,20 und 0,25 ng/m
3) liegt. Derselbe Betrug wird mit dem Dioxingehalt in Asche und
Schlacke (bis
10 ng pro kg) getrieben. Die übrig bleibenden, hoch giftigen Rückstände, etwa 6.000 Tonnen Restauswurf, die eine Anlage von 200.000 t
Jahreskapazität in Form von «Flugasche» freisetzt, werden üblicherweise auf Hausmülldeponien verschüttet, ebenso wie ein Teil der 60.000 t
jährlich produzierten Schlacke. Darauf-hin ist es nicht mehr möglich, das Einsickern ins Erdreich und ins Grundwasser zu kontrollieren.
Den Anteil, den die Experten als ungefährlich für die Umwelt einstufen, kann für den Unterbau von Verkehrswegen eingesetzt werden, wenn
«eine Distanz von 30 Meter zu Wasserläufen» eingehalten wird. Gegen unvorhersehbare Rinnsale ist dies eine lächerliche
Vorsichtsmaßnahme. Zu diesen Risiken kommen jene hinzu, denen man die Bewohner der Dritten Welt aussetzt, wohin Abfälle und
Rückstände gewinnbringend und meist illegal exportiert und unter zweifelhaften Umständen eingelagert werden. Da 75 Prozent der
gifthaltigen Warenreste (Medikamente, elektrische Geräte, Verpackungen) nicht recycelt werden, enden sie in Flussläufen, Sümpfen und auf
wild entstandenen Müllkippen, wo sich Tausende im Elend lebende Menschen Jahr für Jahr mit dem Nötigsten versorgen. Eine exotische
Variante der NIMBY-Methode2, die den Zuständigen keinerlei Nachteile und Gewissensqualen verursacht.
Es ist klar, dass die Parteigänger der Müllverbrennung (Industrielobby und Vertreter der öffentlichen Ordnung) alles dafür tun, um die
krankmachenden und todbringenden Effekte der Müllverbrennung zu verschleiern. Entweder sie führen die Zuverlässigkeit der Technik der
Anlagen und der offiziellen Normen ins Feld, oder sie verstecken sich hinter irgendwelchen wohlwollenden Untersuchungen zu
Krankheitsrisiken, die den potentiellen Giftausstoss der im Bau befindlichen UIOM weitestgehend kleinreden. So kolportierte eine
Werbung, die Anfang 2006 im Großraum Marseille-Provence-Métropole verbreitet wurde, die zynische Bemerkung, dass eine
Müllverbrennungsanlage von EVERE
3, wie die geplante von Fos,
«keine größere Umweltverschmutzung mit sich bringt als ein Grillfest auf dem Lande.»
Und ausserdem sei sie nicht gefährlicher als eine Müllkippe, vorausgesetzt, dass im Umkreis von 10
Kilometern keine menschliche
Behausung zu finden sei. Dies ist eine offenkundige Unwahrheit: Fast der gesamte Siedlungsraum von Fos und Port-Saint-Louis (mehr
als 25.000 Einwohner) befindet sich in einem Radius von 10 Kilometern. Es besteht kein Zweifel, dass das Projekt in Fos von vielfältiger,
tendenziöser Nachsicht profitiert hat. Es sei auch nicht vergessen, dass die Baugenehmigung im Jahr 2006 erteilt wurde - drei Tage vor
der Bekanntmachung einer Untersuchung zu Krankheitsrisiken des Regionalen Gesundheitsdienstes, die sehr bedenkliche Zahlen über
die Schadstoffbelastung lieferte. Es ist klar, dass ? auch schon ohne Müllverbrennungsanlage ? die Vergiftung der Atmosphäre in dieser
Region extrem hoch ist.
Wenn es keine Umkehr in der Frage der Müllverbrennung geben sollte, werden weiterhin tausende Menschen in Frankreich an der
Umweltbelastung durch diese Art der Abfall-beseitigung sterben. Das «Komitee für Vorbeugung und Schutzmaßnahmen»
(Comité de Prévention et de Précaution),
eine dem Ministerium für Umweltschutz untergeordnete Einrichtung, gibt den Tod von 1.800 bis 5.200 Personen zu, der direkt auf durch
Dioxineinwirkung verursachten Krebs zurückzuführen ist. Zum Schluss sei hier Marc Del Corso vom «Verband zur Verteidigung und zum
Schutz des Küstenstreifens von Golfe de Fos-sur-mer» zitiert, der die Befragung eines Verantwortlichen des DRIRE
4,
Monsieur Sandon, anlässlich einer Tagung nutzte, um zu erwidern:
«Sie sagen, dass es schwierig ist, mit Normen die Industrie zu zwingen, ihre Aktivitäten zu reduzieren. Wir verstehen das
Problem, aber(?) Sie sollten ihrerseits verstehen, dass es schwierig ist, eine Bevölkerung aufzufordern, ihre Lebenserwartung zu
reduzieren.»
4. Direction Régionale de l?Industrie, de la Recherche et de l?Environnement (Regionaldirektion für Industrie, Forschung und Umwelt)
Original Author:
Jean Duflot (Radio Zinzine)
Quellen-URL (abgerufen am 2017-01-16 03:01): http://www.forumcivique.org/de/artikel/fos-sur-mer-l%C3%BCgen-und-illu
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