Der Biberpelz
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Der Biberpelz
Gerhart Hauptmann Der Biberpelz Eine Diebeskomödie Rollen Frau Wolff, eine Waschfrau Julius Wolff, ein Fährmann Leontine, ihre ältere Tochter Adelheid, ihre jüngere Tochter von Wehrhahn, der Amtsvorsteher Doktor Fleischer Philipp, sein Sohn Herr Krüger, Rentier Herr Motes Frau Motes Herr Wulkow, Schiffer Herr Glasenapp, Amtsschreiber Herr Mitteldorf, Amtsdiener Der Biberpelz • Seite1 Erster Akt Küche der Familie Wolff. Es ist Winter. Leontine Wolff ist eingeschlafen. Jemand ist bemüht ist, von außen die Tür aufzuschließen, in der jedoch von innen der Schlüssel steckt. Dann klopft es. Frau Wolff (von außen) Adelheid! Adelheid! (Stille, dann wieder) Wirst du wohl aufmachen! Leontine (im Schlaf) Nein, nein, lassen Sie mich in Ruhe... Frau Wolff Mach auf, Mädel, sonst komm´ ich durch ’s Fenster. (sie trommelt gegen die Tür) Leontine (aufwachend) Was? Ach, du bist es, Mama! Ich komm` ja schon! (sie öffnet die Tür) Frau Wolff (trägt einen Sack auf der Schulter) Leontine, was machst du denn noch hier? Du weißt wohl nicht, wie spät es schon ist? Mach´ bloß, dass du fort kommst zu deiner Herrschaft. Leontine Wenn ich da man nicht ein bisschen zu spät komme! Frau Wolff Sieh´, dass du fort kommst. Leontine Ich geh da nicht mehr hin, Mama! Frau Wolff Ach, das Fräulein geht da nicht mehr hin. Na, das ist ja ganz was Neues. Leontine Na, muss ich mich immer rumkommandieren lassen? Frau Wolff (zieht ein Stück Rehwild aus dem Sack) Was? Rumkommandieren tun sie dich also bei den Krügers? Nein, so ein armes Kind aber auch! Und so was hab ich aufgezogen! So ein faules Frauenzimmer! Los, hilf mir mal! (sie hängen gemeinsam das Rehwild auf) Aber bei mir hast du damit kein Glück! Also, Ich sag es dir zum letzten Mal... Leontine Ich geh nicht mehr zu den Krügers. Lieber geh ich ins Wasser! Frau Wolff Na, dass du bloß keinen Schnupfen kriegst. Leontine Ich tu's wirklich! Ich spring ins Wasser! Frau Wolff Dann ruf´ nach mir, hörst du! Ich werde dir ´nen Schubs geben, damit du auch ja nicht daneben fliegst. Leontine Muss ich mir das denn gefallen lassen, dass ich abends noch Holz reinschleppen muss? Frau Wolff Nee! Nicht möglich! Holz sollst du reinschleppen! Nee, diese Leute aber auch! Leontine Und zwanzig Taler krieg ich auf ´s ganze Jahr. Und nicht mal satt Kartoffel und Hering? Der Biberpelz • Seite2 Frau Wolff Achso, Hunger hast Du. Dann red doch nicht erst lange drum herum, dummes Mädel. Da hast du ein Messer, schneid dir 'n paar Scheiben Brot ab und Pflaumenmus steht in der obersten Reihe. Leontine (tut es) Die Juste von Schulzens kriegt vierzig Taler... Frau Wolff Du wirst bei den Leuten ja nicht ewig bleiben. Meinetwegen geh´ zum ersten April. Aber so lange bleibst du an Ort und Stelle! Du willst doch nicht auf das schöne Weihnachtsgeschenk verzichten, hm? Fortlaufen willste? Das ist nicht in Mode! Ich geh bei den Leuten aus und ein. Das will ich nicht auf mir sitzen lassen! Leontine Und das Gelumpe, das ich anhabe? Frau Wolff Ist auch Geld. Leontine Ja! Ganze sechs Märker! Frau Wolff Geld ist Geld. Leontine Aber wenn ich aber mehr verdienen kann!? Frau Wolff Mit ´m Maul? Leontine Nee, mit der Nähmaschine. Ich geh´ nach Berlin und nähe Mäntel. Stechowns Emilie macht das auch seit Neujahr! Frau Wolff Komm´ mir bloß nicht mit dieser Schlampe! Die soll mir unter die Finger kommen! Das wär´ was für dich, was? Mit einem Kerl die Nacht durchmachen. Nee, Mädel, wenn ich bloß daran denke: ich hau dich, dass du nicht mehr aufstehst. Jetzt gib Ruh und nimm dich in acht, der Papa kommt. Leontine Wenn der mich haut, dann lauf ich fort. Frau Wolff Jetzt maul nicht! Geh und fütter die Ziegen. Die sind heute Abend auch noch nicht gemolken worden. Und gib den Karnickeln eine Hand voll Heu. Leontine (trifft in der Tür auf ihren Vater) N'Abend, Vater. (an ihm vorbei) Julius N'Abend. (er stellt zwei lange Ruder, die er auf der Schulter getragen hat, in die Ecke und wirft sein Schiffszimmergerät schweigend ab) Frau Wolff Hast du den Schiffer-Emil getroffen? (Julius brummelt vor sich hin) Kannst du nicht reden? Ja oder nein? Julius Schrei mich nicht an. Frau Wolff Und die Tür zuzumachen hast Du auch vergessen. Julius (schließt die Tür) Was ist´n mit Leontine? Frau Wolff Ach, gar nichts! Was hat denn der Emil geladen? Der Biberpelz • Seite3 Julius Wie immer Klinker. Was soll er sonst geladen haben? Also: Was ist mit dem Mädel? Frau Wolff Die Kurzfassung oder die ganze Geschichte? Julius (jähzornig, aufwallend) Was mit dem Weibstück schon wieder los ist, will ich wissen! Frau Wolff (ihn überbietend) Und was Emil geladen hat, will ich wissen. Einen halben oder einen ganzen Kahn? Julius Einen ganzen Kahn. Und was ist nun mit dem Mädel los? Frau Wolff Davon verstehst du. Lass du mich nur für die Mädels sorgen. Das gehört nicht zu deiner Konferenz. In meine Konferenz gehört das. Bei Jungen wäre das was ganz anderes. Da würde ich dir auch niemals reinreden. Jeder hat seine Konferenzen! Julius Dann soll sie mir auch nicht über den Weg laufen. Frau Wolff Von Bildung ist bei dir wirklich keine Spur. (es klopft) Wenn ich nicht gewesen wäre, was wär´ dann bloß aus den Mädels geworden? Ich hab sie gebildet erzogen, verstehste? Bildung ist heutzutage nämlich das Wichtigste. Und das geht nicht so auf einen Schlag. Immer schön eins nach dem anderen, pö a pö. (es klopft wieder) Jetzt soll sie erstmal lernen zu arbeiten. Es klopft stärker an der Tür. Adelheid Mama! Mama! Mach doch bloß mal auf! (Frau Wolff öffnet, Adelheid kommt herein) Warum machst du mir denn nicht auf, Mama? Ich hab mir ja Hände und Füße erfroren. Frau Wolff Red´ nicht erst lange so'n Blech zusammen. Mach lieber Feuer im Ofen, dann wird dir schon warm werden. Wo steckst denn du überhaupt so lange? Adelheid Ich hab doch die Stiefel geholt, für Vater. Frau Wolff Und dafür bist du zwei Stunden weggeblieben? Adelheid Na, ich bin ja erst um sieben losgegangen. Frau Wolff Um sieben bist du losgegangen? So. Und jetzt ist es halb elf. Da bist du ja bloß viereinhalb Stunden unterwegsgewesen, das ist ja nicht viel, was? Nun hör mir mal gut zu, Frollein: Bleibst du mir noch mal so lange fort und dann auch noch bei dem lausigen Fielitzschuster – dann pass mal auf, was dir dann passiert. Adelheid Ich soll wohl immer zu Hause bleiben... Frau Wolff Bist du wohl still! ich will keinen Ton mehr hören! Adelheid Nur weil ich mal kurz zu Fielitzen gehe.... Der Biberpelz • Seite4 Frau Wolff Ob du wohl still bist! Und erzähl mir nichts über Fielitz! Dessen Handwerk ist nicht nur Schuhe flicken. Wenn einer schon zweimal im Zuchthaus war... Adelheid Er hat mir gesagt, das ist nicht wahr. Das ist alles zusammen gelogen! Frau Wolff Ach, das weiß doch das ganze Dorf, dumme Gans! Adelheid Er verkehrt sogar beim Amtsvorsteher. Frau Wolff Na freilich doch. Der Spitzel! Ein Denuntiant ist er obendrein. Adelheid Was ist denn das, ein Denuntiant? Julius (aufbrausend) Noch ein Wort... Adelheid wird bleich und geht gleich stumm daran, Feuer im Ofen zu machen. Julius geht nach nebenan. Leontine kommt herein. Frau Wolff (hat den Rehbock aufgebrochen, Herz, Leber usw. herausgenommen und übergibt es Leontine) Da! Schnell, wasch ab! (Leontine begibt sich an die Arbeit, die Mädchen flüstern, zu Julius) Hast Du Dich schon um das Brett gekümmert? Julius Was denn für ´n Brett? Frau Wolff Hinten am Ziegenstall. Der Wind hat ´s doch losgemacht gestern Nacht. Sieh zu, dass du raus kommst zum Nageln. Julius Morgen früh ist auch noch ein Tag. Frau Wolff Nee, Nee, daran verschwende keinen Gedanken! Mit so was wollen wir bei uns gar nicht erst anfangen. Hier nimm dir einen Hammer, da hast du Nägel und nun sieh zu, dass du fort kommst. Julius Gehst du mir auf die Nerven. (ab) Frau Wolff Und was sag ich dem Wulkow, wenn er kommt? Julius (draußen) Zwölf. Frau Wolff Und Ihr seht zu, dass Papa sein Essen kriegt, ja? Adelheid (auf das Reh blickend) Was ist denn das, Mama? Frau Wolff Ein Klapperstorch! (beide Mädchen lachen) Adelheid Ein Klapperstorch mit Hörnern? Das ist doch ein Rehbock, oder, Mama? Frau Wolff Na, wenn du´s weißt, warum fragst du dann? Adelheid Hat Papa den geschossen? Der Biberpelz • Seite5 Frau Wolff Wieso? Willste durchs Dorf rennen und schreien: Papa hat ´nen Rehbock geschossen, ja!? Adelheid Ich werd´ mich schön hüten. Frau Wolff Wenn ein Reh einen Schuss abgekriegt hat und ist am Verenden und kein Mensch findet es, dann fressen ´s die Raben. Ob wir´s nun fressen oder die Raben, gefressen wird’s ja doch. Sag mal, Leontine: Hattest Du vorhin gesagt, du solltest Holz schleppen? Leontine Ja, und das bei der Kälte! Um halb zehn spät abends! Frau Wolff Und nun? Leontine Nun liegt das Holz noch auf der Straße. Vorm Jachtentor. Frau Wolff Und wenn nun einer das Holz klaut? Was ist dann? Leontine Mir egal. Ich geh da nicht mehr hin zu den Krügers. Frau Wolff Sind es grüne Knüppel oder trockene? Leontine Das sind richtig schöne trockene Knüppel. (gähnt) Ich bin so müde. Ich hab mich so abrackern müssen. Frau Wolff Meinetwegen bleibste heute Nacht bei uns. Und morgen früh sehen wir weiter. Leontine Mir ist schon alles eingeschlafen. Frau Wolff Na, dann mach und geh schon mal schlafen, rauf in die Kammer, Leontine Danke, Mama. (im gehen) Ach, der Motes ist übrigens auch fort von den Krügers. Der Krüger hat ihn rausgeschmissen,´s wär´ so ´n verlogener, windiger Kerl, sagt er. Und immer so hochmütig zu Herrn Krüger. Frau Wolff Wenn ich Herr Krüger gewesen wäre, hätte ich ihn gar nicht so lange behalten. Leontine Und mit dem Dr. Fleischer hat er sich auch gezankt. Frau Wolff Na, wer sich mit dem zankt...! Leontine Er darf gar nicht mehr zu Fleischers hinkommen. Leontine geht. Es klopft. Frau Wolff Immer rein in die Bude! Wulkow tritt ein. Wulkow Ich wünsche schönen guten Abend. Frau Wolff Na, sieh mal einer an, Adelheid, da kommt doch wieder einer an, die Wolffen ein bisschen übers Ohr zu hauen. Der Biberpelz • Seite6 Wulkow Umgekehrt wird ´n Schuh draus! Frau Wolff Aber, aber, Wulkow. Hier, sehen Se mal. (zeigt auf das Reh) Das ist doch ein Kapitalhirsch, hm? Was wollen Sie geben? Wulkow (das Reh befühlend) Ich hab schon vier Böcke auf meiner Zille liegen. Frau Wolff Wegen dem da geht sie nicht unter. Wulkow Nee. Aber was, wenn ich nun liegen bleibe? Ich muss mit den Dingern doch rein nach Berlin. Bei dem Eis ist eh schlechtes Fortkommen auf der Spree und wenn es die Nacht so weiter geht, dann sitz ich fest mit meinem Kahn und hab´ die Dinger am Hals. Frau Wolff Na, Adelheid, dann spring mal rüber zu Wachtmeister Schulzen. Sag ihm nen schönen Gruß, und er soll mal rauf kommen, die Mutter hätte was zu verkaufen. Wulkow Hab´ ich gesagt, ich will es nicht kaufen? Frau Wolff Mir ist das doch ganz egal, wer es kauft und wer nicht will, der lässt ´s halt bleiben. Wulkow Ich kaufe das Stück! Was soll er denn bringen? Frau Wolff Dreißig Pfund. Aber gut und gerne, kann ich Ihnen sagen. Adelheid und ich konnten´s kaum auf einen Nagel heben, was? Adelheid Ja...ich hab´ mir richtig was ausgerenkt. Wulkow Schön. Mit dreizehn Mark ist er bezahlt. Da verdiene ich nicht mal zehn Pfennige bei. Frau Wolff Na, dann wünsche Ihnen eine glückliche Reise nach Berlin. Wulkow Mehr wie dreizehn kann ich wirklich nicht geben. Frau Wolff Ja, ja, lassen Sie man gut sein. Wulkow Ich kann nicht mehr geben. Gott soll mich strafen! So wahr, wie ich hier stehe. Und wenn ich auch sagen wollte: vierzehn, dann setz ich zu, dann habe ich Verlust von einer Mark. Aber gut, damit Ihr meinen guten Willen seht: Vierzehn Mark. Frau Wolff Lassen Sie's gut sein! Das Reh werden wir schon los, da warten wir nicht mal bis morgen früh. Wulkow Ich hab doch schon vier Stück liegen. Sonst würd ich ja mehr bieten. Frau Wolff Nee, Wulkow, heute kommen wir eben nicht ins Geschäft. Gehen Sie ruhig ein Haus weiter, wir haben uns geschunden hier über den See. Um ein Haar saßen wir fest im Eis, konnten nicht vorwärts und nicht rückwärts. Nach so was kann man den nicht wegschenken. Der Biberpelz • Seite7 Wulkow Na, hab ich etwa groß was davon? Seit vierzig Jahren plag´ ich mich nun die Spree rauf und runter. Und was hab´ ich davon? Das Reißen hab ich. Wenn ich morgens früh aufstehe, schrei ich wie ein junger Hund. Ich will mir schon seit vielen Jahren einen Pelz kaufen, dass haben mir alle Ärzte geraten. Aber ich hab mir noch keinen kaufen können, Bis heute noch nicht, so wahr, wie ich hier stehe! Adelheid (zur Mutter) Hat Leontine 's dir erzählt? Wulkow Na, gut, ich sag mal: Sechzehn Mark! Frau Wolff Nee, is nich! Achtzehn! (zu Adelheid) Was soll Leontine mir erzählt haben? Adelheid Na, Frau Krüger hat sich doch einen Pelz gekauft. Fünfhundert Mark hat der gekostet. Ein Biberpelz. Wulkow Ein Biberpelz? Frau Wolff Die Krüger? Adelheid Ja. Für Herrn Krüger zu Weihnachten. Wulkow Das Mädchen ist wohl bei Krüger im Dienst? Adelheid Ich nicht. Meine Schwester. Wulkow Ja, wenn ich so was haben könnte. Um so etwas bemüh ich mich schon lange. Da gäb ich auch sechzig Taler für. Das Doktor- und Apothekergeld, das geb´ ich doch lieber für einen Pelz aus, was? Frau Wolff Gehen Se doch mal rüber, Wulkow, zu Krüger. Vielleicht verschenkt er ihn ja. Wulkow Nee, freiwillig bestimmt nicht. Aber wie gesagt: Für so was interessiere ich mich sehr. Frau Wolff Ja, so einen Pelz möchte ich auch mal haben. Wulkow Also, was ist denn nu mit dem Bock? Sechzehn? Frau Wolff Unter achtzehn ist nicht. Nicht unter achtzehn, hat Julian gesagt. Mit sechzehn Mark darf ich dem gar nicht erst kommen. Wenn der sich was in den Kopf setzt... (Julius kommt herein) Julius, du hast doch gesagt: Achtzehn Mark? Julius Was hab´ ich gesagt? Frau Wolff Du hörst wohl wieder mal nicht gut! Du hast doch gesagt, nicht unter achtzehn. Für weniger soll ich den Bock doch nicht hergeben. Julius Achtzehn? Das hab ich gesagt? Ja...! So! Hm! Nee, achtzehn ist nicht zu viel. Wulkow (nimmt Geld heraus und zählt) Also, damit das nu mal ein Ende hat: Siebzehn Mark, ja? Der Biberpelz • Seite8 Frau Wolff Ihr seid schon ein beschissener Kerl. Ich hab ´s ja gesagt, wie er zur Tür rein kam: Der braucht bloß über die Schwelle zu treten, da hat er einen schon über ´s Ohr gehauen. Wulkow Ja, ja... (holt einen Sack hervor) Nu helft mir mal, ihn hier rein zu bugsieren. (Frau Wolff ist behilflich, das Reh in den Sack zu stecken) Und wenn Sie mal was zu Hören kriegen sollten von so was...von so ´nem Pelz beispielsweise. So sechzig, siebzig Taler, würde ich dafür hinlegen. Frau Wolff Ihr seid wohl nicht recht bei Trost! Wir sollen wir denn zu so einem Pelz kommen? Mitteldorf (ruft von draußen) Frau Wolffen! Frau Wolffen! Sind Sie noch wach? Frau Wolff (erschrocken, heftig, gepresst) Fix. Alles wegstecken! Und da rein, alle Mann. (sie löscht das Licht, drängt alle in das Hinterzimmer und schließt die Tür) Mitteldorf Frau Wolffen! Frau Wolffen, sind Sie noch wach? (die Stimme entfernt sich singend) Morgenro-ot, Morgenro-ot, leuchtest mir zum frühen To-od... Frau Wolff (horcht eine Weile, öffnet dann leise die Tür und horcht wieder, dann schließt sie sie beruhigt und zündet das Licht an. Hierauf lässt sie die andern wieder herein) Das war bloß Amtsdiener Mitteldorf. Wulkow Zum Teufel, ihr habt ja schöne Bekannte! Frau Wolff Nun sehen Sie zu, dass Sie fortkommen, Wulkow. Aber hinten raus durch den Gemüsegarten. Julian, geh ihm aufmachen. Wulkow Und wie gesagt, wenn so was mal wär wie so´n Biberpelz... Frau Wolff Na freilich, jetzt macht! Wulkow Wenn die Spree nicht zufriert, dann bin ich in drei, vier Tagen wieder zurück von Berlin. Dann liege ich mit meinem Kahn wieder unten. Adelheid An der großen Brücke? Wulkow Wo ich immer liege. Wulkow und Julius ab. Ein lang gezogener Ruf aus der Ferne: „Hol über!“ Adelheid Da will jemand über die Spree, Mama. Frau Wolff Na, dann geh mal, Papa ist ja unten am Wasser. Trag die Ruder zu Papa. Er soll bloß erst Wulkow ein Stück fortlassen. Adelheid ab mit den Rudern. Frau Wolff ist eine Weile, eifrig arbeitend, allein. Adelheid kommt wieder. Adelheid Papa hatte die Ruder schon unten im Kahn. Frau Wolff Wer will denn so spät noch übers Wasser? Der Biberpelz • Seite9 Adelheid Ich glaube, Mama, es ist der dämliche Motes. Frau Wolff Was? Wer? Der Motes? Adelheid Ich glaube, es war seine Stimme. Frau Wolff Geh schnell runter, lauf! Papa soll rauf kommen. Der dämliche Motes soll drüben bleiben. Der braucht mir nicht erst im Haus rumschnüffeln. Adelheid ab. Frau Wolff versteckt und räumt alles beiseite, was an die Rehbockepisode erinnern könnte. Adelheid kommt zurück. Adelheid Zu spät, Mama, ich hör sie schon reden. Frau und Herr Motes erscheinen nacheinander in der Tür. Er trägt über dem linken Auge eine schwarze Binde. Julius hinterher. Frau Motes Meine Nase ist ganz blau gefroren... Frau Wolff Warum gehen Sie spazieren in der Nacht. Sie haben doch am Tage Zeit genug. Motes Schön warm ist ´s hier. Wer hat Zeit am Tage? Frau Wolff Na Sie! Motes Und ich lebe wohl von meiner Rente, was? Frau Wolff Weiß ich ja nicht, von was Sie leben. Frau Motes Na, Mutter Wolffen, nun sein Sie man nicht so glupsch. Wir wollten nach unserer Rechnung fragen. Wir müssen doch endlich mal bezahlen. Frau Wolff (erstaunt) Bezahlen wollen Sie? Motes Sie dachten wohl, wir würden Ihnen durchbrennen, was? Frau Wolff Nee, so was werd´ ich doch wohl nicht denken. Wenn Sie so gut sein wollen: Es sind also elf Mark und dreißig Pfennige. Motes Frau Wolff Das riecht ja hier so nach Hasenbraten. (er will den Deckel von der Kasserolle nehmen) (verhindert es) Nee, nee, Topfgucken is nich! Frau Motes Wir haben was gefunden, Mutter Wolffen. Frau Wolff Ich hab´ nichts verloren. Frau Motes Da, sehen Sie mal. (sie zeigt ihr zwei Drahtschlingen) Frau Wolff (ohne aus der Fassung zu geraten) Das sind Schlingen. Aus Draht. Frau Motes Die haben wir ganz in der Nähe gefunden. Kaum zwanzig Schritte von Ihrem Garten. Der Biberpelz • Seite10 Frau Wolff Kinder, was heutzutage bloß gewilddiebt wird! Frau Motes Wenn Sie aufpassen, Mutter Wolffen, dann können Sie den Wilddieb sicher fassen. Motes Wenn ich so´n Halunken treffe, der kriegt zuerst´n paar hinter die Ohren und dann bring ich ihn zur Anzeige. Förster Seidel hat wieder ´n Wilddieb gefasst. Wird morgen nach Moabit gebracht. Hat Schneid, der Kerl, das muss man sagen. Ich hab´ auch schon so ´n paar denunziert. (Frau Wolff und ihren Mann abwechselnd scharf fixieren) Und die anderen, die laufen mir schon auch noch in die Hände. Die Schlingenleger sollen nur nicht denken, dass ich sie nicht kenne. Ich kenn sie genau! Frau Wolff Ich dachte, Sie wollten die Rechnung ausgleichen. Frau Motes Sonnabend, Mutter Wolffen. Wir haben's im Moment nicht so dicke. Frau Wolff Na ja, da weiß ich schon, was das heißt. Frau Motes Wir sind ja von Krüger auch schon weggezogen. Frau Wolff Weil Sie mussten Frau Motes Wir mussten? Du, Männe, hör doch mal! (sie lacht gezwungen) Frau Wolff sagt, wir mussten von Krüger fortziehen! Motes Der Mann ist ein Wucherer und ein Halsabschneider. Ich warte nur, bis ich Beweise habe. Der soll sich vor mir nur ja in acht nehmen. Der und sein Busenfreund Dr. Fleischer. Der ganz besonders. Wenn ich bloß wollte: ein Wort genügte, da säß´ der Mann hinter Schloss und Riegel. Also, Nacht. (ab) Frau Motes (scheinbar vertraulich) Mit meinem Manne ist nicht zu spaßen. Wenn der sich was vornimmt, der lässt nicht locker. Er steht auch sehr gut mit ´n Herrn Amtsvorsteher. Haben Sie 'n paar Eier für mich, Mutter Wolffen? Frau Wolff Was? Mitten im Winter? (widerwillig) Na, fünfe hab ich grad noch liegen. (Frau Motes packt die Eier ein) Sind Sie nu zufrieden? Frau Motes Gewiss doch. Freilich. Es sind doch gute Eier? Frau Wolff So gut, wie sie meine Hühner gelegt haben. Frau Motes (hastig, um ihrem Mann nachzukommen) Na, dann: Gute Nacht! Bis nächsten Sonnabend. Wegen dem Geld! (ab) Frau Wolff Ja doch, ja doch! (schließt die Tür) Bei allen Leuten bloß nichts wie Schulden. Was geht´s die bloß an, was wir essen? Die sollen doch in ihre eigenen Töpfe gucken. Geh´ schlafen, Adelheid. Adelheid Gute Nacht, Mama. (gibt ihr einen Kuss und will gehen) Frau Wolff Na, gibst du Papa keinen Gutenachtkuss? Der Biberpelz • Seite11 Adelheid Gute Nacht, Papa. (küsst ihn, er brummt, Adelheid ab) Frau Wolff Dass man das immer erst extra sagen muss... Julius Musstest du denen denn alle Eier geben? Frau Wolff Ich soll mir den Kerl wohl zum Feind machen? Mach du ihn dir lieber auch nicht zum Feind, Julian. Ich sag dir, das ist ein ganz gefährlicher Kerl. Der hat nichts zu tun wie auf Leute aufpassen. Komm, setz dich und iss was. Hier hast du ´ne Gabel. Und die Schlingen legst du am besten gleich hinten in den Garten. Das waren doch deine? (Julius brummt) Dass ausgerechnet der dämliche Motes sie finden muss. Hier in der Nähe, am Haus, verstehste, da legst du mir keine Schlingen mehr. Nachher heißt es noch, wir haben sie gelegt. Julius Hör bloß mit dem Gequassel auf. Beide essen. Frau Wolff Holz ist auch alle. Julius Ich spür die Knochen schon gar nicht mehr. Frau Wolff Am besten wär ´s, wir machen ´s gleich. Julius Soll gehen, wer will, mir isses egal! Frau Wolff Ihr Männer habt immer ein großes Maul, und wenn´s drauf ankommt, dann könnt ihr nix. Ich arbeite euch dreimal in den Sack und wieder raus, euch alle miteinander. Wenn du heute nicht mehr raus willst, hilft es nix: Morgen musst du. Wenn du bloß nicht auch noch so feige wärst - dann hätten wir schon schnell ein paar Meter Holz – dann bräuchten wir uns gar nicht erst so zu schinden – dann bräuchten wir auch gar nicht erst weit zu gehen. Julius Jetzt lass mich wenigstens essen, ja!? Frau Wolff Julius Na, ich will mal nicht so sein, pass mal auf! (eine Flasche Schnaps hervorholend) Hier! Siehste, das hab´ ich dir mitgebracht. Nu machste auch gleich ein freundlicheres Gesicht! (gießt ihm ein) (trinkt) Das ist...bei der Kälte...tut das gut! Frau Wolff Na, siehste woll! Sorg ich nu für dich? Julius Gut war der. Der war ganz gut! (er gießt sich ein und trinkt. Frau Wolff Der Wulkow – das ist ein richtiger Halunke. Er tut immer so, als würd's ihm schlecht gehen. Julius Der soll mal still sein, der, mit seinem Handel.– Frau Wolff Hast du das gehört mit dem Biberpelz? Julius Ich hab überhaupt nichts gehört. Der Biberpelz • Seite12 Frau Wolff 'S Mädel hat von Frau Krüger erzählt, sie hat dem Krüger einen Pelz geschenkt. Julius Na, die haben ´s ja... Frau Wolff Und Wulkow meinte, wenn er so einen Pelz auch mal kriegen könnte, würde er sechzig Taler dafür geben. Julius Der soll sich mal selber die Finger verbrennen. Frau Wolff (ihrem Manne eingießend) Na, komm, trink man noch einen! Frau Wolff holt ein Oktavbüchelchen hervor und blättert darin Julius Wie viel haben wir denn? Frau Wolff Dreißig Taler sind abbezahlt. Julius Dann bleiben noch äh – äh...? Frau Wolff Siebzig. Man kommt halt auf die Art nicht weiter. So fünfzig, sechzig Taler auf einmal, wenn man die auf einmal so hinlegen könnte. Da wär der Grund und Boden bezahlt. Da könnte man so hundert bis zweihundert wieder aufnehmen und vielleicht ein paar hübsche Zimmer einrichten. Einen Sommergast können wir doch so nicht aufnehmen, und Sommergäste, die bringen´s... Julius Ich arbeite doch... Frau Wolff Mit dem bissl Arbeiten wirste weit kommen... Julius Ich soll wohl umfallen, was? Frau Wolff Wer nicht wagt, der gewinnt auch nicht. Und wenn du erst reich bist, Julian, und kannst in der ersten Reihe sitzen, dann fragt dich kein Mensch mehr, wo du ´s her hast. Ja, wenn man ´s von den armen Leuten nähme! Aber wenn wir nun zu den Krügers gehen würden und das Holz auf einen Schlitten laden und es einfach bei uns in den Schuppen stellen...dann sind die Leute noch lange nicht ärmer. Julius Holz? Was denn für'n Holz? Frau Wolff Du kümmerst dich eben um rein gar nichts. Deine Tochter, die sollte Holz schleppen, abends um zehn, und deswegen ist sie davongelaufen. Nu liegt das Holz auf der Gasse draußen. Na, wenn ich nun sagen würde, wenn du meine Tochter zum Holzholen jagst und sie fortläuft, dann nehm ich eben dein Holz... Julius Und was könnt ich mir dafür kaufen. Ich kann doch nicht mehr wie Brot essen. Frau Wolff Nu rede nicht lange und hol deine Strippen. Zeig den Leuten, dass du Mumm hast. In einer Stunde ist alles gemacht. Dann geh´n wir schlafen, und damit gut. Und morgen brauchste nicht in den Wald, dann haben wir mehr Holz wie wir brauchen. Der Biberpelz • Seite13 Julius Von mir aus. (steht auf, ab) Frau Wolff Und weck bloß die Mädel nicht auf. Mitteldorf (von draußen) Frau Wolffen, Frau Wolffen, sind Sie noch wach? Frau Wolff Na freilich, Mitteldorf, kommen Sie doch rein! (sie öffnet die Tür) Mitteldorf (tritt ein, im abgetragenen Dienstanzug und Überzieher) Guten Abend, Frau Wolffen. Frau Wolff Gute Nacht, wollten Sie wohl sagen. Mitteldorf Ich bin schon vorhin mal hier gewesen. Erst war es mir so als sähe ich Licht, dann war es mit einmal ganz dunkel. Es hat mir auch weiter keiner geantwortet. Nu hab´ ich es aber ganz deutlich gesehen, dass diesmal Licht an war, und da dachte ich mir, ich komm mal rein zu Ihnen. Frau Wolff Und? Was bringen Sie mir, Mitteldorf? Mitteldorf (hat sich gesetzt) Deswegen bin ich ja hergekommen. Ich hab´ was von der Frau Amtsvorsteher. Frau Wolff Ich soll wohl waschen kommen, hä? Mitteldorf Jawoll! Frau Wolff Wann denn? Mitteldorf Morgen. Morgen früh. Frau Wolff Und deswegen kommen Sie zur mir? Nachts um zwölf? Mitteldorf Es ist morgen Waschtag bei der Frau Amtsvorsteher und ich hatte es sonst wieder vergessen. Mir geht so viel im Kopf herum, dass ich sowas auch mal leicht verschwitze. Und wenn Sie morgen nicht kommen, Mutter Wolffen, dann geht es mir madig schlecht morgen früh. Frau Wolff Ich werd´ schon kommen, lassen Sie ´s gut sein. Da, trinken Sie einen! Sie können ´s gebrauchen. (schenkt ihm ein) Ich bin gekündigt, wissen Sie's schon? Der Amtsvorsteher hat mir gekündigt. Ich ginge am liebsten gar nicht nach Hause; denn wenn ich komme, dann gibt es Zank. Dann weiß ich mich nicht zu retten vor lauter Vorwürfen. Mitteldorf Frau Wolff Halten Sie sich einfach die Ohren zu! Mitteldorf Und nur, weil man mal n bisschen ins Wirtshaus geht, dass die Sorgen einen nicht ganz unterkriegen. Ja, nichts darf man! Nu war ich heute wieder da, einer hat ´n Fässchen aufgemacht – Frau Wolff Sie werden sich doch vor einem Weib nicht fürchten. Wenn se halt schimpft, dann schimpfen Se wieder, und wenn sie haut, denn hauen Sie wieder. Nu kommen Sie mal her, Sie sind größer Der Biberpelz • Seite14 wie ich. Nun langen Sie mal die Strippen da runter. Mitteldorf holt von einem hohen Wandbrett Strippen und Zugstricke herunter. Julius (erscheint in der Tür) Ich kann den Schlitten alleine nicht rauskriegen. N'Abend, Mitteldorf. Mitteldorf Guten Abend. Julius Es liegt alles drunter und drüber da draußen. Und ohne Licht geht es schon gar nicht. Frau Wolff Du weist dir nur wieder mal keinen Rat. Na, warte, ich werd´ dir helfen kommen. Dort die Laterne, Mitteldorf! (Mitteldorf nimmt mühsam eine Laterne herunter und gibt sie Frau Wolff) So, danke schön! (sie steckt das Licht in die Laterne) Das stecken wir hier rein, und nu helf ich dir, den Schlitten raus zuziehen. (sie geht mit der Laterne los, in der Tür, bleibt sie stehen, geht zu Mitteldorf und gibt ihm die Laterne) Sie können uns ein bisschen leuchten! Mitteldorf (leuchtend und vor sich hin singend, ab) Morgenro-ot, Morgenro-ot.... Der Biberpelz • Seite15 Zweiter Akt Amtszimmer beim Amtsvorsteher von Wehrhahn. Es ist ein heller Wintervormittag. Der Schreiber Glasenapp sitzt kritzelnd auf seinem Platz. Amtsvorsteher von Wehrhahn tritt ein. Wehrhahn Moin! Glasenapp (steht auf) Moin, Herr Amtsvorsteher. Wehrhahn Was vorgefallen, Glasenapp? Glasenapp Herr Amtsvorsteher – zuerst war da der Gastwirt Fiebig. Er bittet um die Erlaubnis, am nächsten Sonntag Tanzmusik abhalten zu dürfen. Wehrhahn Fiebig? Hat einer doch neulich den Saal für die Freisinnigen hergegeben? Glasenapp Ja, Herr Amtsvorsteher. Wehrhahn Dann werden wir den mal ein bisschen an die Kandare legen! Amtsdiener Mitteldorf tritt ein. Mitteldorf Moin, Herr Baron! Wehrhahn Hören Sie, Mitteldorf, ein für allemal: Im Dienst bin ich der Herr Amtsvorsteher. Mitteldorf Jawohl. Zu Befehl, Herr Baron. Herr Amtsvorsteher. Wehrhahn Dass ich Baron bin, ist Nebensache. Also, es ist natürlich nicht wirklich nebensächlich, aber es kommt hier jedenfalls nicht in Betracht. (zu Glasenapp) Bitte, Glasenapp, weiter. War der Motes da? Glasenapp Jawohl, Herr Amtsvorsteher. Wehrhahn So. Da bin ich doch außerordentlich neugierig. Wollte er wiederkommen? Glasenapp Gegen halb zwölf will er wieder hier sein. Wehrhahn Hat er Ihnen gesagt, worum es geht, Glasenapp? Glasenapp Er kam in Sachen des Dr. Fleischer. Wehrhahn Dr. Fleischer? Glasenapp Er wohnt seit zwei Jahren in der Villa Krüger und nennt sich Provatgelehrter. Wehrhahn Pri! Pri! Nicht Pro! Privatgelehrter. Der Biberpelz • Seite16 Glasenapp Der Briefträger meint, er liest zwanzig Zeitungen. Auch demokratische. Wehrhahn Hat Motes etwas Bestimmtes gesagt, Glasenapp? Glasenapp Bestimmtes hat er mir nicht gesagt. Er meinte, der Herr Vorsteher wüsste schon... Wehrhahn Ich hatte den Mann ja schon länger im Auge. Ich meine Dr.Fleischer. Was hat denn Motes so für einen Leumund? (Glasenapp und Mitteldorf sehen einander an) Pumpt sich wohl rum, was? Glasenapp Er sagt, er hat ja seine Pension. Wehrhahn Pension? Glasenapp Er hat doch ´n Schuss ins Auge bekommen. Wehrhahn Wohl so eine Art Schmerzensgeld. Glasenapp Sie werden verzeihen, Herr Amtsvorsteher. Ich glaube, der Mann hat wirklich Schmerzen. Von Geld hat noch keiner bei dem was bemerkt. Wehrhahn Haben Sie vielleicht mal was läuten hören, dass Fleischer die Zunge nicht recht im Zaum hält? Glasenapp Nicht dass ich grade im Augenblick wüsste. Wehrhahn Man hat mir das nämlich zugetragen. Er führte ungesetzliche Reden über alle möglichen hohen Personen. Na, wir werden ja sehen. Haben Sie etwa noch was? Mitteldorf Es soll heute Nacht ein Diebstahl verübt worden sein. Wehrhahn Ein Diebstahl? Wo? Mitteldorf In der Villa Krüger. Wehrhahn Was ist denn gestohlen worden? Mitteldorf Holz. Wehrhahn Von wem haben Sie ´s denn? Mitteldorf Ich...habe es...von... Wehrhahn Na, von wem? Mitteldorf Ich habe...es von Herrn Dr. Fleischer gehört. Wehrhahn So! Mit dem Mann unterhalten Sie sich? Mitteldorf Herr Krüger hat es auch selber erzählt. Der Biberpelz • Seite17 Wehrhahn Der Mann ist der reine Querulant, schreibt mir wöchentlich drei Briefe. Mal hat ihn einer übers Ohr gehauen, dann hat ihm einer den Zaun zerbrochen oder seine Grenze verrückt. Nur Scherereien. Motes (tritt ein) Moin, Herr Amtsvorsteher. Wehrhahn Da sind Sie ja, Motes. Sagen Sie, in der Villa Krüger soll was gestohlen worden sein? Motes Ich wohne nicht mehr in der Villa Krüger. Wehrhahn Und Sie haben auch nichts davon gehört? Motes Nein. Aber als ich heute morgen bei der Villa vorbeikam, da suchten Herr Krüger und Doktor Fleischer nach Spuren im Schnee. Wehrhahn So? Dr. Fleischer ist ihm behilflich – da sind sie wohl ziemlich dick befreundet? Motes Ein Herz und eine Seele, Herr Vorsteher. Wehrhahn Ja, was nun den Fleischer anbelangt – da haben Sie mir einen Brief geschrieben, der mich außerordentlich aufgeregt hat. Ich habe die halbe Nacht nicht geschlafen. Meine Aufgabe hier ist: Mustern und säubern. – Was hat sich im Schutze meines Herrn Vorgängers nicht alles für Kehricht hier angesammelt! Dunkle Existenzen, politisch verfemte, reichs- und königsfeindliche Elemente. Aber jetzt kriegen es diese Leute mit mir zu tun. Herr Motes, Sie sind Schriftsteller? Motes Für forst- und jagliche Sachen, jawohl. Wehrhahn Und davon können Sie leben? Motes Ich hab´ Gott sei Dank mein Auskommen. Wehrhahn Sie sind gelernter Forstmann? Motes Ich habe in Eberswalde studiert. Kurz vor dem Examen traf mich dann das Unglück. Auf der Jagd verlor ich ein Auge, Herr Baron. Ich bekam ein Schrotkorn ins rechte Auge, von wem, war leider nicht zu ermitteln. Da musste ich denn die Karriere aufgeben. Wehrhahn Deshalb tragen Sie die Binde. Verstehe. Und eine Pension bekommen Sie nicht? Motes Nein. Ich habe mich nun auch so ziemlich durchgefressen. Mein Name ist doch nun schon ziemlich genannt. Wehrhahn Gut. Sie schrieben mir also in Ihrem Briefe, Sie hätten Gelegenheit gehabt, Dr. Fleischer zu beobachten. Erzählen Sie doch mal, was Sie wissen. Motes Als ich vor ungefähr einem Jahr die Villa Krüger bezog, Herr Baron, da hatte ich keine Ahnung davon, mit wem ich zusammengeraten würde. Der Biberpelz • Seite18 Wehrhahn Sie kannten weder Krüger noch Fleischer? Motes Nein, wie das so ist... Wehrhahn Was kamen denn da so für Leute ins Haus? Motes Ach...Krethi und Plethi...Demokraten... Wehrhahn Gab es regelmäßig Zusammenkünfte? Motes Alldonnerstäglich, soviel ich weiß. Wehrhahn Da wollen wir doch mal ein Augenmerk drauf haben. Und jetzt verkehren Sie nicht mehr mit den Leuten? Motes Es war mir zuletzt nicht mehr möglich, Herr Vorsteher. Wehrhahn Es war Ihnen widerwärtig, was? Motes Es war mir gänzlich zuwider geworden. Wehrhahn Das ganze ungesetzliche Wesen, das freche Gespött über hohe Personen, das konnten Sie alles zuletzt nicht mehr anhören, was? Motes Genau. Und da bin ich weggezogen, Herr Baron. Aber ich habe es für meine Pflicht gehalten. Wehrhahn ....die Behörde davon zu unterrichten. Das ist sehr ehrenwert von Ihnen. Er hat also so ein Wort gesagt - auf eine Persönlichkeit bezüglich, die uns allen Ehrfurcht gebietend hoch steht. Motes Genau, Herr Baron, das hat er gesagt. Wehrhahn Das würden Sie eventuell beeiden? Motes Das würde ich eventuell beeiden. Wehrhahn Sie würden es auch beeiden müssen. Motes Jawohl, Herr Baron. Wehrhahn Das beste wäre ja allerdings, wir könnten noch einen Zeugen bekommen. Motes Ich müsste mich umsehen, Herr Baron. Nur wirft der Mann so mit Geld herum, dass... Krüger tritt ein. Krüger Ach Gott! Ach Gott! Guten Tag, Herr Vorsteher. Ich bin... Wehrhahn Moment. (zu Motes) Ich bin Ihnen jedenfalls sehr dankbar, dass Sie mich so tatkräftig unterstützen. Man ist darauf geradezu angewiesen, wenn man heutzutage was ausrichten will. Entschuldigen Sie einen Augenblick! (zu Krüger) Was wünschen Sie denn? Der Biberpelz • Seite19 Krüger (voll Ärger) Bestohlen worden bin ich, Herr Amtsvorsteher. Wehrhahn Bestohlen, hm? Krüger Jawohl, bestohlen. Ich bin bestohlen worden. Zweit Meter Holz hat man mir entwendet. Wehrhahn Und Ihr Name? Krüger Mein Name? Wehrhahn Ja, wie Sie heißen? Krüger Ist Ihnen mein Name noch nicht bekannt? Ich denke, wir hatten schon das Vergnügen. Wehrhahn Bedaure. Ich wüsste mich kaum zu erinnern. Krüger Ich heiße Krüger. Wehrhahn Rentier vielleicht? Krüger Jawohl. Rentier und Hausbesitzer. Wehrhahn Bitte, legitimieren Sie sich. Krüger Legitimieren? Krüger heiße ich. Ich wohne seit dreißig Jahren hier. Mich kennt ja ein jedes Kind auf der Straße. Wehrhahn Wie lange Sie hier sind, geht mich nichts an. Ich will hier nur Ihre Identität feststellen. Glasenapp, ist Ihnen der Herr bekannt? Glasenapp Ja! Es ist der Herr Rentier Krüger. Wehrhahn Gut. Holz wurde Ihnen also gestohlen? Krüger Ja. Holz. Zwei Meter kieferne Knüppel. Wehrhahn Haben Sie das Holz im Schuppen gehabt? Krüger Das Holz war im Garten. Das heißt: vor dem Garten. Wehrhahn Mit andern Worten: es lag auf der Straße? Krüger Es lag vor dem Garten auf meinem Grundstück. Wehrhahn Dass jeder ohne weiteres daran konnte? Krüger Das ist die Schuld unseres Dienstmädchens. Sie sollte das Holz am Abend reinräumen. Aber sie hat sich geweigert. Und als ich weiter darauf bestand, da ist sie mir schließlich davongelaufen. Nun werd´ ich dafür die Eltern verklagen. Ich beanspruche Schadenersatz. Wehrhahn Das Mädchen ist Ihnen fortgelaufen? Krüger Ja, ganz gewiss – zu den Eltern zurück! Der Biberpelz • Seite20 Wehrhahn Sind die Eltern am Ort? Krüger Was für ein Wort? Wehrhahn Ob die Eltern des Mädchens hier am Ort sind? Glasenapp Es ist die Tochter der Waschfrau Wolffen. Wehrhahn Der Wolffen, die heute bei uns wäscht, Glasenapp? Glasenapp Zu Befehl, Herr Vorsteher. Wehrhahn Diese fleißige, ehrenhafte Person. (zu Krüger) Verhält es sich so? Ihr Mädchen ist die Tochter der Wolffen? Krüger Es ist die Tochter der Waschfrau Wolff. Wehrhahn Und ist das Mädchen zurückgekommen? Krüger Bis heute noch nicht zurückgekommen. Wehrhahn Wer wohnt außer Ihnen in Ihrem Hause? Krüger Herr Dr. Fleischer. Wehrhahn Dr. Fleischer? Dr. Fleischer? Der Mann ist -? was? Krüger Ein grundgelehrter Mann. Wehrhahn Sie sind befreundet? Krüger Mit wem ich befreundet bin, ist meine Sache. Das gehört auch gar nicht hierher... Mir sind zwei Meter Holz gestohlen worden und ich bin gekommen um den Diebstahl anzuzeigen... Wehrhahn Gut. Dann wollen wir doch mal die Wolffen rufen. Mitteldorf, gehen Sie mal die Frau Wolffen suchen. Sie soll gleich zu mir kommen. Bitte, setzen Sie sich, Herr Krüger. Krüger (setzt sich) Ach Gott, ach Gott, das ist ein Leben! Wehrhahn (halblaut zu Motes und Glasenapp) Da muss irgend etwas nicht ganz stimmen. Ich halte sehr viel von der Wolffen. Das Weibsbild arbeitet wie vier Männer. Meine Frau sagt, wenn die Wolffen nicht kommt, so braucht sie statt ihrer zwei Frauen zum Waschen. Und sie hat auch gar nicht üble Ansichten. Motes Ihre Töchter sollen zur Oper gehen... Wehrhahn Na ja, da mag wohl ´ne Schraube los sein. Ist aber doch kein Charakterfehler. Die Wolffen tritt ein, hinter ihr Mitteldorf. Frau Wolff Hier bin ich! Was gibt's? Der Biberpelz • Seite21 Wehrhahn Frau Wolff, ist Ihnen dieser Herr bekannt? Frau Wolff Na, welcher Herr denn? (mit dem Finger auf Krüger weisend) Der hier? Das ist Herr Krüger. Den werd´ ich wohl kennen, nicht wahr? Guten Morgen, Herr Krüger. Wehrhahn Ihre Tochter ist bei Herrn Krüger im Dienst? Frau Wolff Wer? Meine Tochter? Jawoll! Leontine. Das heißt: sie ist ihm ja fortgelaufen. Krüger Ja, allerdings! Wehrhahn Frau Wolffen, hören Sie auf mich. Ihre Tochter muss gleich in den Dienst bei Herr Krüger zurückgehen. Frau Wolff Nee, die behalten wir jetzt zu Haus. Wehrhahn Das geht nicht so einfach, wie Sie denken. Herr Krüger hat nötigenfalls das Recht, polizeiliche Hilfe anzurufen. Dann müssten wir Ihre Tochter zurückbringen. Frau Wolff Mein Mann will sie nicht mehr weglassen. Und wenn sich mein Mann einmal was in den Kopf gesetzt hat... wissen Sie, mein Mann ist ja auch recht jähzornig... Wehrhahn Wie lange ist Ihre Tochter denn wieder bei Ihnen? Frau Wolff Seit gestern Abend. Wehrhahn Sie hat Holz in den Schuppen räumen sollen und hat sich geweigert. Frau Wolff Was? Geweigert! Das Mädel verweigert keine Arbeit. Da hätte ich dem Mädel aber was erzählt! Wenn die mir einmal einen Handgriff verweigert hätte... Krüger Sie hat sich geweigert, das Holz rein zutragen. Frau Wolff Ja, Holz reinschleppen, in der Nacht um halb elf, wer das von so einem Kind verlangt... Wehrhahn Das Wesentliche ist, Frau Wolffen, das Holz ist draußen liegen geblieben, und in der Nacht gestohlen worden. Und nun will der... Krüger Ich will, dass Sie mir das Holz ersetzen! Auf Heller und Pfennig! Frau Wolff Was, ich? Na, das wäre eine schöne neue Mode! Hab ich Ihnen vielleicht Ihr Holz gestohlen? Ich bin zu den Leuten gewiss immer freundlich. Da kann sich kein Mensch über mich beklagen. Aber wenn´s sein muss, dann rede ich auch mal frisch von der Leber. Ich tue meine Pflicht, und damit ist ´s gut. Da kann mir keiner im Dorf was nachsagen. Auf ´m Kopf rumtrampeln lass ich mir nicht! Wehrhahn Bleiben Sie ganz ruhig, Frau Wolff. Sie sind uns ja nicht unbekannt. Dass Sie fleißig sind und ehrenhaft, dass wird Ihnen wohl kein Mensch bestreiten. Was haben Sie also dagegen zu sagen? Der Biberpelz • Seite22 Krüger Die Frau kann gar nichts dagegen sagen! Frau Wolff Na nu schlägst aber dreizehn. Das Mädel ist meine Tochter! Und da soll ich nichts dazu zu sagen haben? Da kennen Sie aber die Mutter Wolffen schlecht. Ich halte vor niemand hinterm Berge, und wenn´s der Herr Vorsteher selber ist. Wehrhahn Ich begreife ja Ihre Erregung, Frau Wolffen, aber wenn Sie der Sache nützen wollen, so rate ich Ihnen, ruhig zu bleiben. Frau Wolff Da hat man nun bei den Leuten gearbeitet, Zehn Jahre hab ich bei Ihnen die Wäsche gewaschen. Wir haben uns vertragen die ganze Zeit. Und auf einmal kommen Sie mir so? Zu Ihnen komme ich nie mehr, das können Sie mir glauben. Krüger Das brauchen Sie gar nicht. Es gibt andere Frauen, die waschen können. Frau Wolff Und das Gemüse und Obst aus Ihrem Garten, das kann Ihnen auch eine andere verkaufen. Krüger Das werde ich los, da ist keine Angst. Frau Wolff Ich lass´ meine Tochter nicht schinden. Krüger Wer hat Ihre Tochter geschunden, frag´ ich? Frau Wolff Ein halbes Gerippe ist das Mädel. Krüger Dann soll sie nicht ganze Nächte durchtanzen. Frau Wolff Seit sie zurück ist, schläft sie wie ein Stein... Wehrhahn Wo haben Sie das Holz denn gekauft, Herr Krüger? Krüger Natürlich bei der Forstverwaltung. Wehrhahn Das ist durchaus nicht so natürlich. Es gibt zum Beispiel ja auch Holzgeschäfte. Ich kaufe zum Beispiel mein Holz bei Sandberg. Warum sollten Sie nicht beim Händler kaufen? Mann kauft überdies beinahe profitabler. Krüger Ich habe nicht länger Zeit, Herr Vorsteher. Wehrhahn Was heißt das, Zeit? Sie haben nicht Zeit? Kommen Sie zu mir oder ich zu Ihnen? Nehme ich Ihre Zeit in Anspruch oder Sie die meine? Krüger Das ist Ihr Amt. Dafür sind Sie hier. Wehrhahn Bin ich vielleicht Ihr Schuhputzer, was? Krüger Habe ich vielleicht silberne Löffel gestohlen? Ich verbitte mir diesen Unteroffizierston! Wehrhahn Schweigen Sie, Herr Krüger! Der Biberpelz • Seite23 Krüger Sie spielen sich hier als wer weiß was auf und schikanieren den ganzen Ort. Wehrhahn Warten Sie nur ab, ich kann Ihnen noch viel unbequemer werden. Krüger Das macht mir nicht den geringsten Eindruck. Ein Gernegroß sind Sie, weiter nichts. Sie wollen sich aufspielen, weiter nichts. Als ob Sie der König selber wären... Wehrhahn Hier bin ich auch König! Krüger In meinen Augen sind sie gar nichts. Sie sind ein ganz simpler Amtsvorsteher. Und selbst das müssen Sie erst noch werden... Wehrhahn Herr, wenn Sie nicht augenblicklich schweigen... Krüger Dann lassen Sie mich wohl festnehmen? Das möchte ich Ihnen nicht raten. Das könnte Ihnen gefährlich werden. Wehrhahn Gefährlich? Sie? Sie werden mich von der Stelle nicht fortbringen. Krüger Wenn Sie sich nicht ändern, das glauben Sie mir, da richten Sie so viel Unheil an, dass Sie sich selbst fortbringen. Wehrhahn Na, Herr Krüger, dann erstatten Sie in Ihrer Sache bitte schriftlich Anzeige, ich habe im Augenblick keine Zeit für solche Geschichten. Krüger sieht ihn verblüfft an, wendet sich energisch und geht ohne Gruß hinaus. Wehrhahn (zu Frau Wolff) Und Sie machen, dass Sie zum Waschen kommen. Der Biberpelz • Seite24 Dritter Akt Morgens gegen acht Uhr in der Wohnung der Frau Wolff. Julius kommt herein. Julius Leg das Geld beiseite. Frau Wolff (zählt gerade) Ruhe! Julius greift unschlüssig nach diesem und jenem und fängt schließlich an, einen Stiefel zu schmieren. Man hört fern ein Jagdsignal blasen. Julius Wirst Du jetzt wohl das Geld beiseite legen! Frau Wolff Du sollst mich in Ruh´ lassen, Julian. Lass doch den dämlichen Motes blasen. Der ist im Walde und denkt an nichts. Julius Bring du uns man nach Plötzensee! Frau Wolff Red doch kein Blech, Julius. Psst! Das Mädel kommt! Leontine (kommt, eben aufgestanden) Guten Morgen, Mama! Frau Wolff Hast du schön geschlafen? Leontine Seid Ihr heut Nacht fortgewesen? Frau Wolff Du wirst wohl geträumt haben! Mach Dich man erstmal fertig, Kind und dann holst Du uns mit Adelheid ein bisschen Holz rein, ja? Leontine geht. Frau Wolff Jetzt hör mal. Ich habe hier von Wulkow neunundfünfzig Taler. Ist doch immer das Gleiche. Um einen beschummelt er einen immer.n Sechzig sollte er mir geben. Wie auch immer... - ich tu sie hier in einen Beutel, verstehst du! Und jetzt nimmst Du dir ´ne Hacke und gehst hinten im Ziegenstall ein Loch machen, unter der Krippe, wo´s trocken ist, und da tust du den Beutel rein. Und einen flachen Stein, deckst du drüber. Ja? Julius Sollten wir nicht ein bisschen was davon nehmen und... Frau Wolff Du bist doch ein hagelshorndummer Kerl. Wenn du mich nicht hättest, wärst du längst verloren. Julius Nu schrei doch nicht gleich so... Frau Wolff Red nicht so dumm daher, dann brauch ich auch nicht schreien. Hast du den Schlüssel schon in die Spree geschmissen? Julius Na, bin ich denn schon ans Wasser gekommen? Frau Wolff Nu hast du Zeit, beeil dich. Oder sollen sie den Schlüssel bei dir finden? Julius Meinetwegen... (Julius will fort) Der Biberpelz • Seite25 Frau Wolff Warte! Gib den Schlüssel her! Julius Was willst du mit ihm machen? Frau Wolff (nimmt den Schlüssel) Das geht dich nichts an, das ist meine Sache. Und nu geh in den Stall und mach das Loch und dann trinken wir einen Kaffe. Julius geht brummend ab. Leontine und Adelheid kommen mit Holz herein. Frau Wolff Wo habt Ihr das Holz hergenommen? Adelheid Na, von dem neuen Knüppelholz. Frau Wolff Ihr solltet doch von dem neuen Holz nichts nehmen. Leontine Schadet doch nichts, wenn es wegkommt. Frau Wolff Wieso? Leontine Ich weiß, wo es her ist! Das ist ja stibitzt. Frau Wolff Was ist es? Leontine Stibitzt. Das ist ja das Holz von Krüger. Ich hab's gleich erkannt. Frau Wolff (gibt ihr eine Ohrfeige) Wir sind keine Diebe. (Leontine läuft ab) So ein Mädel auch! Und Du, geh und mach deine Schularbeiten. Und mach sie ja sauber, sag´ ich dir. Ich komm nachher und seh´s mir an. Adelheid Heute Nachmittag kann ich vielleicht Schlittschuhlaufen gehen... Frau Wolff Lern du man erst deine Bibelsprüche für'n Konfirmationsunterricht. Ich komme hör dich nachher ab. Adelheid (im Abgehen) Und Jesus sprach zu seine Jünger, wer keinen Löffel hat, isst mit den Fingern. Julius kommt wieder. Frau Wolff Na, alles erledigt? Julius Kannst ja nachsehen gehen. Frau Wolff Ich will nur wissen, ob Du's auch ordentlich gemacht hast. Julius Wenn ´s dir nicht gefällt, denn mach´s das nächste Mal selber. Frau Wolff Weiß Gott! Das wäre wohl das Beste. (sie gießt ihm und sich eine Tasse Kaffee ein und stellt sie auf einen Holzstuhl, dazu Brot und Butter) Da! Julius (sich setzend) Wenn der Wulkow man bloß noch weggekommen ist. Der Biberpelz • Seite26 Frau Wolff Na, bei dem Tauwetter wird er schon nicht festsitzen. Der ist jetzt schon längst ein Stück den Kanal runter. Julius Wenn er man nicht noch an der Brücke liegt. Frau Wolff Von mir aus mag er liegen, wo er will. Julius Der Wulkow wird noch mal gehörig reinschliddern! Frau Wolff Das ist seine Sache, nicht unsere Sache! Julius Wir stecken dann auch mit in der Patsche. Lass die mal den Pelz bei ihm finden. Frau Wolff Was denn für´n Pelz? Julius Na, der Kriegerin ihr Pelz. Frau Wolff Das ist meine Sache, nicht deine. Du bist gar kein Mann, du bist ein altes Weib. Hier hast du Geld und nunu mach, dass du fort kommst. Geh rüber zu Fiebigen, trink einen Schnaps; meinetwegen mach´ dir einen lustigen Sonntag. Es klopft. Immer rein, wer rein will. Dr. Fleischer mit seinem Jungen tritt ein. Frau Wolff Ach, kommt uns der Philipp auch mal besuchen. Das ist ja schön, da freu ich mich aber. Fleischer Guten Morgen, Frau Wolffen. Frau Wolff Guten Morgen, Herr Doktor, besuchen Sie uns auch mal wieder? Fleischer Guten Morgen, Herr Wolff. Julius Morgen. Fleischer Wir wollen uns gar nicht lange aufhalten. Frau Wolff Na, wenn wir so einen schönen Besuch kriegen, gleich in der Früh´, da werden wir heut´ noch einen glücklichen Tag haben. Nicht war, mein Junge, du bringst uns Glück, was? Philipp Ich bin im Zoologischen Garten gewesen, da hab´ ich Störche gesehen, die haben sich mit goldenen Schnäbeln gebissen. Frau Wolff Nee, ist nicht möglich, du schwindelst mir was vor. Ach, Herr Doktor, also den Jungen würd ich am liebsten behalt ich. Was macht denn die Mutter, hm? Philipp Die ist gesund, und sie lässt schön grüßen, und Sie möchten doch morgen früh kommen und Wäsche waschen. Frau Wolff Na, sieh´mal einer an. Wollen Sie sich nicht doch ein bisschen setzen? Fleischer Der Junge will unbedingt mal Kahn fahren. Würde das gehen? Der Biberpelz • Seite27 Frau Wolff Na, freilich. Die Spree ist frei. (ruft) Adelheid! Fleischer Der Junge lässt nun mal nicht locker. Er hat sich das so in den Kopf gesetzt. Adelheid (kommt) Ja, Mama. Frau Wolff Ruder den Doktor Fleischer und den Jungen nachher doch mal ein Stück die Spree runter. Adelheid Ja, Mama. Komm, Philipp, ich werd dir was zeigen. Phillipp Ohja. Bis gleich, Papa. Fleischer Bis gleich, mein Junge. Adelheid und Phillip ab. Frau Wolff Ach, ich weiß nicht, wenn ich so´n Jungen seh... (nimmt den Schürzenzipfel und schnäuzt sich) Fleischer Haben Sie nicht mal so´n Jungen gehabt? Frau Wolff Ja... - aber was nutzt es denn! Davon wird er ja auch nicht wieder lebendig. Ja, ja...so ist es, das Leben... Fleischer Man muss zu vorsichtig sein mit den Kindern. Frau Wolff Da mag man halt noch so vorsichtig sein. Was kommen soll, das kommt. Pause. Was haben Sie denn mit Herrn Motes gehabt? Fleischer Ich? Nichts. Was soll ich mit ihm gehabt haben? Frau Wolff Ich meinte bloß so... Fleischer Wie alt ist denn Ihre Tochter jetzt? Frau Wolff Zu Ostern kommt sie doch aus der Schule. Wie ist's denn, wollen Sie sie haben, Herr Fleischer? Zu Ihnen, da geb ich sie gerne in den Dienst. Fleischer Warum nicht? Das wäre gar nicht übel. Frau Wolff Sie kann zupacken wie ein strammer Bursche. Wenn sie auch noch ein halbes Kind ist, ich kann Ihnen sagen, die arbeitet mit jeder um die Wette. Und dumm ist sie auch nicht. Lassen Sie sie bloß ein einziges Mal was aufsagen – ein Gedicht oder sonst irgendwas. Da kann ich Ihnen aber sagen, Herr Doktor, da kommen Sie aus der Gänsehaut gar nicht mehr raus. Sie können sie ja mal rufen lassen, wenn Sie wieder einmal Besuch haben. Zu Ihnen kommen doch immer so allerhand Dichter, oder? Die ist nicht schüchtern, die legt gleich los. Und sie kann wirklich wunderschön vortragen! Herr Doktor, darf ich Ihnen einen guten Rat geben? Sie dürfen´s mir aber nicht übel nehmen. Fleischer Einen guten Rat nehme ich niemals übel. Der Biberpelz • Seite28 Frau Wolff Sie sollten ein bisschen vorsichtiger sein, Herr Doktor, und nicht so viel reden. Das macht die Leute bloß stutzig, da heißt es gleich: das ist ein Demokrat. Ich meine, man kann sich ja denken, was man will, aber im Aussprechen muss man vorsichtig sein. Da sitzt man schneller in der Patsche, als man sich versieht... - nehmen Sie sich vor dem Menschen in acht. Fleischer Vor welchem Menschen meinen Sie denn? Frau Wolff Na der, von dem wir vorhin geredet haben. Fleischer Der Motes? Frau Wolff Ich will keinen Namen nennen. Fleischer Aber ich verkehre ja gar nicht mehr mit ihm. Frau Wolff Na, seh´n Sie, das hab´ ich mir doch gedacht. Fleischer Das kann mir kein Mensch verdenken, Frau Wolffen! Frau Wolff Ich verdenk´s Ihnen auch nicht. Fleischer Das wäre ja noch schöner, mit einem notorischen Schwindler verkehren. Frau Wolff Das ist ein Schwindler, da haben Sie recht. Fleischer Jetzt ist er zur Dreiern gezogen. Die arme Frau kann seh´n, wo sie bleibt. Was die hat, das wird sie schon loswerden. Mit so einem Kerl...einem förmlichen Zuchthäusler... Frau Wolff Und der redet viel... Fleischer So!? Über mich? Frau Wolff Sie hätten was Schlechtes gesprochen, von einer höheren Person... Fleischer Genaueres wissen Sie nicht? Frau Wolff Er steckt ja auch viel mit dem Wehrhahn zusammen. Aber ich will Ihnen was sagen: Geh´n Sie einmal hin zur Dreiern. Die alte Hexe riecht schon Lunte. Erst hat er sie eingewickelt und jetzt frisst er ihr die Haare vom Kopf. Geh´n Sie mal zu ihr, das kann nicht schaden. Die hat mir eine Geschichte erzählt... - er hat Sie zum Meineid verleiten wollen. Wenn das stimmt, haben Sie den Kerl in der Hand. Fleischer Na, ich kann ja mal hingehen, meinetwegen. Aber das müsste ja mit dem Teufel zugehen, wenn so ein Kerl...na, der soll doch mal ankommen. Was sagen Sie übrigens zu der Geschichte? Frau Wolff Zu welcher? Fleischer Sie haben noch gar nichts gehört? Der Biberpelz • Seite29 Frau Wolff Nee... (ungeduldig) Wie weit bist Du denn eigentlich mit dem Kaninchen, Julian? Bei uns gibt’s nämlich heute Kaninchen. Der Julian muss es noch schlachten. Fleischer So... Julian Ich geh ja schon, ich muss nur noch meine Mütze suchen... Fleischer Jedenfalls...heute Nacht ist bei Krüger was ge... Frau Wolff Krüger? Ach, lassen Sie mich mit dem Mann zufrieden! Auf den hab´ ich vielleicht eine Wut! Macht mich schlecht vor allen Leuten. Na, was ist denn nun, Julius, gehst du oder gehst du nicht? Ich kann es einfach nicht sehen, wenn jemand so trödelt... Julius Ich geh´ schon, reg´ dich man nicht auf. Ich wünsche einen guten Morgen, Herr Fleischer! Fleischer Guten Morgen, Herr Wolff. Julius ab. Fleischer Ja, wie dem Krüger damals das Holz gestohlen wurde, da hat er sich wohl mit Ihnen gezankt, was? Aber das hat er längst bereut. Frau Wolff Der und bereuen? Fleischer Ich denke, es wäre das Beste, Sie beide vertrügen sich wieder. Die alten Leutchen sind wirklich schlimm dran: Vor acht Tagen das Holz und heute Nacht... Frau Wolff Heute Nacht´- was? Fleischer Sie haben halt wieder mal eingebrochen. Frau Wolff Eingebrochen? Machen Sie bloß keinen Unsinn. Fleischer Wenn ich es Ihnen doch sage... Frau Wolff Und? Ist was gestohlen worden? Fleischer Stellen Sie sich vor: Ein nagelneuer Pelz... Frau Wolff Nee! Also, wissen Sie, nächstens zieh ich hier weg! Da ist man ja seines Lebens nicht mehr sicher! Was es für Menschen gibt! Man soll´s nicht glauben! Fleischer Und es war wirklich ein recht teures Stück, ich glaube, Nerz. Frau Wolff Ist das so ähnlich wie Biber, oder? Fleischer Ja, ess kann sogar Biber gewesen sein. Die Frau Krüger waren ganz stolz darauf. Frau Wolff Was müssen das bloß für Menschen sein! Das will einem doch gar nicht in den Kopf. So andere Leute um ihr Eigentum bringen... Der Biberpelz • Seite30 Fleischer Ich vermute ja, der Pelz ist im Ort geblieben. Können Sie nicht mal so ´n bisschen rumhorchen? Frau Wolff Ja, na sicher. Haben Sie denn niemand in Verdacht? Fleischer Da hat so eine Waschfrau bei Krüger gewaschen... Frau Wolff Die Millern? Fleischer Die hat so ´ne große Familie...? Frau Wolff Eine große Familie hat die Frau, aber stehlen...nee. Ach, wenn ich Amtsvorsteher wär, Herr Doktor, dann...aber der Wehrhahn, mein Gott, ist der dumm. Horndumm ist der. Ich seh durch mein Hühnerauge mehr wie der durch sein Glasauge... Adelheid und Phillip kommen herein. Fleischer Na, komm, Philipp, wir müssen jetzt geh´n. Frau Wolff Dann zieh dich mal an, Adelheid und ruder die beiden ein bisschen rum. Adelheid Ja, Mama. Ich zieh mir nur schnell eine Jacke über. (ab) Fleischer Nur ja gut einpacken. Du auch, Philiip. Er ist so anfällig, wissen Sie. Und auf dem Wasser wird´s windig sein. Frau Wolff Wie geht´s denn mit Ihrer Gesundheit? Fleischer Viel besser, seit ich hier draußen lebe. Leontine kommt schnell herein. Leontine Mama, der Herr Krüger... Frau Wolff Wer? Leontine Herr Krüger. Frau Wolff Ist nicht möglich! Fleischer Dann schnell, Phillip. Auf. Wiedersehen, Frau Wolff. Frau Wolff Wiedersehen. Komm, Mädel, hilf mir, dass wir das Holz wegkriegen. Leontine Wegen dem Herrn Krüger? Frau Wolff Weswegen denn sonst, dumme Gans! Gehört sich das etwa, wie's bei uns aussieht? Was soll denn Herr Krüger von uns denken? Krüger erscheint. Krüger Morgen, Frau Wolff. Morgen, Leontine. Der Biberpelz • Seite31 Leontine Guten Morgen, Herr Krüger. Frau Wolff Herr Krüger, seh´n Sie sich bloß nicht um. Bei uns sieht´s noch ganz schrecklich aus. Krüger Ach, lassen Sie gut sein, Frau Wolff. Sie gehen die ganze Woche auf Arbeit, da kann am Sonntag nicht alles gefegt sein. Sie sind eine ordentliche Frau. Morgen. Sie sind eine ehrliche Frau, Frau Wolffen. Und was zwischen uns vorgefallen ist...ich meine, wir sollten das vergessen. Frau Wolff Ich hab niemals etwas gegen Sie gehabt. Ich hab´ immer gern bei Ihnen gearbeitet. Aber da Sie halt gleich so heftig wurden, da geht halt das Biest auch mal mit einem durch... Krüger Sie kommen doch wieder und waschen bei uns, oder? Frau Wolff Gern... Krüger Und die Leontine...geben Sie sie doch wieder zu uns. Statt zwanzig bekommt sie auch dreißig Taler. Wir waren sonst immer sehr mit ihr zufrieden. Vergeben und vergessen wir alles. (er reicht ihr die Hand, sie schlägt ein) Also, abgemacht! Da bin ich doch wenigstens so weit beruhigt. Haben Sie denn schon gehört, was mir passiert ist? Frau Wolff Ja. Schrecklich, Herr Krüger, schrecklich... Krüger Ich gehe jetzt gleich zu dem Wehrhahn und mache die Anzeige. Diesmal lass ich nicht locker, diesmal muss die Sache rauskommen. Und wenn ich alles auf den Kopf stellen soll. Meinen Pelz werd´ ich wiederbekommen, Frau Wolff. Denken Sie mal, in vierzehn Tagen zwei solche Diebstähle! Erst das schöne Holz, so schön wie Sie dort welches haben. (er nimmt ein Stück in die Hand) Ja, genau so gutes, teures Holz, Frau Wolff. Frau Wolff Nee, ärgern könnt´ man sich, dass man grün wird. Pfui Teufel! Nee so was! Krüger Ich werd den Dieben schon auf die Spur kommen. Die gehen ins Zuchthaus, Frau Wolffen, das schwöre ich. Der Biberpelz • Seite32 Vierter Akt Im Amtslokal. Glasenapp sitzt auf seinem Platz. Frau Wolff mit Leontine, die ein in Leinwand gewickeltes Paketchen vor sich auf dem Schoße hat, warten auf den Amtsvorsteher. Frau Wolff Das dauert heute aber wieder gar lange. Glasenapp Geduld, Geduld... Frau Wolff Na, wenn er heute wieder so spät kommt, da hat er doch wieder keine Zeit für uns. Glasenapp Sie und Ihre Lapalien... - wir haben ganz andere Dinge zu tun. Frau Wolff Ihr werdet schon schöne Dinge zu tun haben. Glasenapp Vorsicht! Nicht in diesem Ton... Mitteldorf (erscheint in der Tür) Sie soll´n mal rüberkommen, Glasenapp. Herr Vorsteher will was von Ihnen wissen. Glasenapp Muss ich schon wieder unterbrechen (geht hinaus) Frau Wolff Guten Morgen, Mitteldorf. Mitteldorf Guten Morgen, Frau Wolff. Frau Wolff Wo bleibt ´n der Vorsteher so lange? Mitteldorf Der schreibt ganze Bücher voll. Wichtige Sachen. Es liegt was in der Luft. Was, weiß ich noch nicht. Aber dass was in der Luft liegt, das weiß ich sicher. Wenn Sie acht geben, dann werden sie´s erleben. Es kracht! Und wenn es kracht, dann - hat es gekracht. Aber richtig. Es muss ja auch was geschehen. Das geht nicht so weiter. Der ganze Ort muss gesäubert werden. Was der Vorsteher war, der gestorben ist, der war gegen den bloß ein Eckensteher. Ich könnte Ihnen allen noch viel erzählen. Ich hab nur keine Zeit. (geht, in der Tür wendet er sich noch einmal um) Es kracht, Mutter Wolffen, glauben Sie mir. (ab) Frau Wolff Nur Verrückte... Pause Leontine Was soll ich nochmal sagen? Ich hab´s schon wieder vergessen. Frau Wolff Was haste denn zu Herrn Krüger gesagt? Leontine Na, das ich das Paket hier gefunden habe. Frau Wolff Sonst brauchst du auch nichts weiter zu sagen. Du bist doch sonst nicht auf ´s Maul gefallen. Wulkow Ich wünsche guten Morgen. Der Biberpelz • Seite33 Frau Wolff Wulkow! Nee! Sie sind wohl nicht gescheit?! Was wollen Sie denn hier? Wulkow Na, meine Frau hat was Kleines gekriegt... Frau Wolff Was hat sie gekriegt? Wulkow Was Kleines. Ein Mädchen. Deswegen komm ich auf's Standesamt. Frau Wolff Ich denke, Sie sind schon längst auf'm Kanal? Wulkow Ich hätte auch nichts dagegen. Ich hab ja auch schon losgemacht. Und wie ich bei den Schleusen ankomme, da geht es nicht weiter. Ich hab gewartet und gewartet, dass die Spree uns wieder loslässt. Zwei Tage und Nächte hab ich gelegen und gewartet. Bis das nu mit meiner Frau noch dazu kam. Da half kein Jammern, da musste ich ja wieder zurück. Frau Wolff Dann haben Sie den Kahn wieder an der Brücke? Wulkow Na klar. Wo soll ich den sonst haben? Frau Wolff Leontine, geh mal und hol für zehn Pfennig Zwirn beim Kaufmann. Leontine Den kann ich doch holen, wenn wir nach Hause gehen. Frau Wolff Du gehst und maulst nicht. Leontine Ich bin doch kein kleines Mädchen mehr. (ab) Frau Wolff Sie haben da draußen an der Schleuse gelegen? Wulkow Zwei ganze Tage. Was ich Ihnen sage. Frau Wolff Und den Pelz? Den haben Sie angezogen? Wulkow Ich? Angezogen? Den Pelz? Frau Wolff Na, Sie sind vielleicht ein Kerl! Zieht am hellichten Tag einen Pelz über! Dass es der ganze Ort gleich zu wissen kriegt, was Ihr für einen schönen Pelz habt. Wulkow Mitten auf Kanal war's halt ganz schön kalt. Frau Wolff Mein Mädel hat Euch da sitzen sehen. Sie musste den Dr. Fleischer rudern, und der hat Sie auch gesehen und fand das ganz schön verdächtig...(man hört jemand kommen) Psst, seien Sie jetzt bloß auf Ihrem Posten, Wulkow. Glasenapp tritt ein, gefolgt von Wehrhahn. Glasenapp So... Wehrhahn Moin. Glasenapp (fragt Wulkow) Was wollen Sie denn? Der Biberpelz • Seite34 Wulkow Eine Geburt möchte ich anmelden. Wehrhahn Standesamtlich. Die Bücher, Glasenapp. (zu Frau Wolff) Und was gibt es bei Ihnen, Frau Wolff? Frau Wolff Wegen dem Paket... Glasenapp Es betrifft den gestohlenen Pelz, Herr Vorsteher. Wehrhahn Ach so. Das ist mir heute nicht möglich. Ist Motes noch immer nicht dagewesen? Glasenapp Bis jetzt noch nicht. Wehrhahn Mir unbegreiflich! (zu Frau Wolff) Sie können sich ja morgen nochmal bei mir melden. Frau Wolff Wir haben schon ein zweimal mit Ihnen reden wollen. Wehrhahn Dann versucht sie´s morgen eben zum dritten mal. Leontine (tritt ein) Guten Morgen, Herr Amtsvorsteher. Wehrhahn Moin. Frau Wolff Es geht um meine Tochter, Herr Vorsteher. Sie hat ein Paket gefunden. Wehrhahn Was für ein Paket? Frau Wolff Dieses hier. Das hängt mit der Pelzgeschichte zusammen. Das heißt: Herr Krüger ist der Meinung, dass es damit zusammenhängt. Wehrhahn Was ist denn da drin ? Frau Wolff Eine grüne Weste ist drin. Vom Herrn Krüger. Wehrhahn Und Du hast es gefunden? Leontine Ja. Ich hab es gefunden, Herr Amtsvorsteher! Wehrhahn Und wo? Leontine Ich sollte für Herrn Krüger am Bahnhof was abholen und wie ich so zum Bahnhof ging, da gucke ich so und dann... Wehrhahn Schön. Wir werden morgen darauf zurückkommen. Frau Wolff Mir wär´s schon recht, aber der Herr Krüger ist eifrig dahinter her... Wehrhahn Herr Krüger ist mir gleichgültig. Wir haben die Anzeige aufgenommen, seine Waschfrau ist ihm verdächtig gewesen und wir haben eine Hausdurchsuchung vorgenommen. Der Mann soll still sein. Und damit reicht es für heute. Morgen stehe ich Ihnen wieder zu Diensten. Der Biberpelz • Seite35 Frau Wolff Uns ist das egal, dann kommen wir aben morgen wieder. Wehrhahn Gleich morgen früh. Frau Wolff Guten Morgen! Leontine Guten Morgen, Herr Amtsvorsteher. Frau Wolff und Leontine ab. Wehrhahn Ich bin doch neugierig, was da rauskommt. Herr Motes meint, die Dreiern, die Kuchenhexe, die habe dabeigestanden, als Fleischer sich despektierlich aussprach. Ich kann Ihnen sagen, Glasenapp, es wäre mir eine direkte Genugtuung, hier mal recht gründlich aufzuräumen. Dass die Leute merken, mit wem sie ´s zu tun haben. Bei Kaisers Geburtstag, wer war nicht dabei? Natürlich der Fleischer. Dem Mann trau´ ich das Schlimmste zu – und wenn der noch so schafsdumme Gesichter macht. Ein Wolf im Schafspelz ist das. Kann keiner Fliege ein Beinchen ausreißen, aber wenn ´s drauf ankommt... Motes (kommt herein) Moin, Herr Amtsvorsteher. Wehrhahn Moin. Und? Wie steht´s? Motes Frau Dreier will gegen elf Uhr hier sein. Wehrhahn Gut, Motes. Den Bericht für die Staatsanwaltschaft hab ich verfasst. Wenn ich ihn heute Mittag abschicke, kann übermorgen der Haftbefehl hier sein. Motes Man wird über mich herfallen. Wehrhahn Sie wissen, mein Onkel ist Kammerherr. Ich werde mal mit ihm über Sie sprechen. (es klopft) Herein! Fleischer (tritt ein) Guten Morgen! Ich möchte eine Anzeige machen, die sich auf den neulichen Diebstahl bezieht. Wehrhahn Sie sind Dr. Joseph Fleischer? Fleischer Ganz recht. Joseph Fleischer ist mein Name. Wehrhahn Und Sie wollen eine Anzeige machen? Fleischer Wenn Sie gestatten, möchte ich das tun. Ich habe nämlich etwas beobachtet, was möglicherweise dazu führt, dem Pelzdieb auf die Spur zu kommen. Wehrhahn Und was haben Sie so Wichtiges beobachtet? Fleischer Ich bin also gestern Kahn gefahren. Ich hatte den Kahn von der Wolffen genommen. Und ihre Tochter saß vorn am Ruder. Wehrhahn Gehört das zur Sache? Der Biberpelz • Seite36 Fleischer Allerdings. Wir fuhren bis in die Nähe der Schleusen. Da hatte ein Spreekahn angelegt. Das Eis war dort aufgestaut. Wahrscheinlich war er dort festgefahren. Wehrhahn Hm. So. Das interessiert uns nun weniger. Was ist denn der Kern von der ganzen Sache? Fleischer Ich muss gestehen, Herr Amtsvorsteher, dass diese Art...also, ich komme hierher, durchaus freiwillig, einen freiwilligen Dienst der Behörde zu leisten...und Sie, Herr Amtsvorsteher... Glasenapp Der Herr Amtsvorsteher hat nicht viel Zeit. Sie sollten weniger Worte machen. Wehrhahn Also, was wollen Sie denn nun? Fleischer Auf dem Kahn befand sich ein Schiffer – wahrscheinlich der Eigentümer des Schiffes.... Wehrhahn Höchst wahrscheinlich. Fleischer Dieser Mann saß auf dem Deck in einem Pelze, den ich aus der Ferne für Biber hielt. Wehrhahn So? Fleischer Ich fuhr heran, soweit es möglich war, und konnte so ziemlich gut beobachten. Es war ein dürftiger, schmuddliger Schiffer, und der Pelz schien durchaus nicht für ihn gemacht. Es war auch ein nagelneues Stück... Wehrhahn Und? Was weiter? Fleischer Weiter? Wehrhahn Ja. Weiter. Fleischer Nichts weiter. Wehrhahn Sie wollten mir doch eine Anzeige machen und sprachen von etwas sehr Wichtigem. Fleischer Ja. Wehrhahn Sie haben uns hier eine Geschichte erzählt von einem Schiffer, der einen Pelz trägt. Nun, Schiffer tragen mitunter Pelze. Das ist keine große Neuigkeit. Fleischer Ich habe alles gesagt, was ich sagen wollte. Wenn es Sie nicht interessiert, ist das nicht mehr meine Sache. Morgen. (geht ab) Wehrhahn Ist Ihnen so was schon mal vorgekommen? Der Mann ist ja bodenlos dumm. Ein Schiffer hat einen Pelz angehabt. Ich selbst besitze einen Biberpelz und bin deshalb noch lange kein Dieb. (es klopft) Schockschwerenot! Was ist denn das wieder? Es soll wohl heut´ gar keine Ruhe werden. Der Biberpelz • Seite37 Krüger, Fleischer, Frau Wolff und Leontine treten ein. Mitteldorf Tut mir leid, der Herr Vorsteher ist heute nicht mehr zu sprechen. Krüger Ach was! Nicht zu sprechen! Das ist mir ganz gleichgültig. Wehrhahn Ich möchte um etwas mehr Ruhe bitten. Wie Sie sehen, ist bereits jemand hier um mit mir zu sprechen. Krüger Sprechen Sie nur. Wir warten. Und dann werden Sie mit uns sprechen. Wehrhahn (zu Motes) Also bitte, gehen Sie schon mal in mein Zimmer. Wir sprechen weiter, wenn Frau Dreier kommt. Motes Jawohl, Herr Amtsvorsteher. (ab) Krüger (auf Fleischer zeigend) Der Herr hier weiß auch etwas von der Frau Dreier. Kann Ihnen sogar etwas Schriftliches geben. Wehrhahn Nun also, was gibt ´s? (zu Krüger) Ich werde erst Ihre Sache erledigen. Krüger Darum wollte ich auch dringend bitten. Wehrhahn Wir wollen mal von dem „dringend“ ganz absehen. Was hätten Sie also für ein Anliegen? Krüger Kein Anliegen. Gar kein Anliegen habe ich. Ich komme, mein gutes Recht zu beanspruchen. Wehrhahn Was wäre das für ein gutes Recht? Krüger Mein gutes Recht, Herr Amtsvorsteher. Das Recht, das ich habe, als ein Bestohlener, dass die Ortsbehörde mir Beistand leistet, mein gestohlenes Gut zurückzuerhalten. Wehrhahn Ist Ihnen der Beistand verweigert worden? Krüger Nein, gar nicht. Das kann ja auch gar nicht sein. Aber dennoch sehe ich, dass nichts geschieht. Die ganze Sache nimmt keinen Fortgang. Und ich habe bestimmte Beweise, dass Sie sich meiner Sache nicht richtig annehmen. Wehrhahn Etwas Weiteres der Art anzuhören, läge außerhalb meiner Amtspflicht. Krüger Als preußischer Staatsbürger habe ich Rechte. Und wenn Sie mich nicht anhören wollen, dann gibt es andere Orte, an denen man mich gern anhören wird. Wehrhahn Nun, bitte. Krüger (auf die Wolffen und ihre Tochter zeigend) Hier, diese Frau ist zu Ihnen gekommen. Ihre Tochter hat einen Fund gemacht. Sie hat den Weg nicht gescheut, Herr Vorsteher, obgleich sie doch eine Der Biberpelz • Seite38 arme Frau ist. Sie haben sie gestern abgewiesen, und heute ist sie wiedergekommen... Frau Wolff Der Herr Vorsteher hatte ja keine Zeit... Krüger Richtig. Sie haben der Frau ganz gesagt: Sie hätten keine Zeit. Sie haben nicht einmal die Tochter verhört. Sie wissen auch nicht den geringsten Umstand; von dem ganzen Vorfall wissen Sie gar nichts. Wehrhahn Ich möchte Sie bitten, sich etwas zu mäßigen. Krüger Ich bin gemäßigt, ich bin sehr gemäßigt. Ich bin viel zu gemäßigt, Herr Amtsvorsteher. Ich bin ein viel zu gemäßigter Mensch. Dieser Herr hier, Herr Dr. Fleischer, ist auch bei Ihnen gewesen, mit einer Beobachtung, die er gemacht hat. Ein Schiffer trägt einen Biberpelz... Wehrhahn Moment. (zu Wulkow) Sie sind doch Schiffer, oder? Wulkow Seit dreißig Jahren, Herr Amtsvorsteher. Wehrhahn Und, tragen die Spreeschiffer öfter Pelze? Wulkow Manch einer... Wehrhahn Der Herr dort hat einen Schiffer gesehen, der hat im Pelz auf dem Deck gestanden. Wulkow Da ist nichts Verdächtiges dabei, Herr Vorsteher. Da sind viele, die schöne Pelze haben. Ich habe sogar selber auch einen. Wehrhahn Na sehen Sie, der Mann hat selbst einen Pelz. Fleischer Aber schließlich doch keinen Biberpelz. Wehrhahn Das haben Sie ja nicht genau gesehen. Krüger Wa? Hat der Mann einen Biberpelz? Wulkow Da gibt es viele, kann ich Ihnen sagen, die haben die schönsten Biberpelze. Warum auch nicht? Das Geld langt ja dazu. Wehrhahn So. Sie sehen, der Mann hat selbst einen Pelz. Es wird uns doch deshalb im Träume nicht einfallen, zu sagen: Er hätte den Pelz gestohlen. Das wäre ja absurd. Krüger Was? Ich verstehe kein Wort. Wehrhahn Dann muss ich vielleicht etwas lauter reden. Und da ich mal gerade im Reden bin, da möchte ich Ihnen auch gleich mal was sagen. Nicht in meiner Eigenschaft als Beamter, sondern als Mensch wie Sie, Herr Krüger. Ein immerhin ehrenwerter Bürger, der sollte mit seinem Vertrauen mehr haushalten und sich nicht auf das Zeugnis von irgendwelchen Leuten berufen... Der Biberpelz • Seite39 Krüger Irgendwelche Leute? Da geben Sie nur auf sich selber acht. Solche Leute wie Motes, mit denen Sie sich umgeben, die sind bei mir aus dem Hause geflogen. Fleischer Dem Mann, der in Ihrem Zimmer wartet, dem hab ich bei mir die Tür gewiesen. Krüger Er hat mich um meine Miete beschwindelt. Frau Wolff Da sind nicht viele hier am Orte, die der nicht hat hinten und vorne beschwindelt, um Pfennige, um Märker, um Taler, um Goldstücke. Fleischer (zieht aus seiner Tasche ein Papier) Der Mann ist auch reif für den Staatsanwalt. (er hält Wehrhahn das Papier hin) Ich bitte gefälligst, das durchzulesen. Krüger Das Blatt hat Frau Dreier selbst unterschrieben. Er hat sie zum Meineid verleiten wollen. Fleischer Sie hat gegen mich aussagen sollen. Krüger Das ist ein unbescholtener Mann, und den will dieser Schuft ins Elend bringen. Und Sie reichen dem Menschen die Hand dazu. Wehrhahn Ich bitte um Ruhe! (Ruhe tritt ein, zu Fleischer) Nehmen Sie mal Ihren Wisch da wieder zurück. Fleischer Der Wisch da kommt vor den Staatsanwalt. Wehrhahn Das mögen Sie halten, wie Sie wollen. Also, Sie wollen, dass ich mich mit dem Ding da beschäftige. (deutet auf das Paket) Also, damit diese Sache nun aus der Welt kommt, Frau Wolff, wo haben Sie das Ding also gefunden? Frau Wolff Ich hab ´s doch gar nicht gefunden, Herr Vorsteher. Wehrhahn Na wer denn sonst? Frau Wolff Na, meine Tochter. Wehrhahn Und wo hat sie das Paket gefunden? Leontine Auf dem Wege zum Bahnhof, Herr Amtsvorsteher. Wehrhahn Der Dieb ist also wohl nach Berlin. Na, da werden wir wohl kein Glück bei der Suche haben... Fleischer Ich glaube, die ganze Sache mit dem Paket ist angelegt, um uns irrezuführen. Frau Wolff Ja, das kann ganz gut möglich sein. Wehrhahn Na, Wolffen, Sie sind doch sonst nicht so dumm. Was hier gestohlen wird, geht nach Berlin. Der Pelz war längst in Berlin verkauft, noch ehe wir hier wussten, dass er gestohlen war. Der Biberpelz • Seite40 Frau Wolff Herr Vorsteher, nee, ich kann mir nicht helfen. Da bin ich doch nicht ganz Ihrer Meinung. Wenn der Dieb in Berlin ist, da möchte ich wissen, warum verliert er so ein Paket? Wehrhahn Man verliert doch so was nicht immer absichtlich. Frau Wolff Aber sehen Sie sich bloß das Paket mal an, da ist alles so schön zusammengepackt, die Weste, der Schlüssel, das Stück Papier... Fleischer Ich glaube, der Dieb ist hier am Ort. Wehrhahn Bedaure, ich neige nicht zu der Ansicht. Frau Wolff Na, man soll ja nichts ausschließen, Herr Vorsteher. Krüger Und Herr Dr. Fleischer hat doch einen Schiffer mit einem Plez gesehen... Wehrhahn Ach, kommen Sie doch nicht mit dieser Geschichte. Da müsst´ ich ja alle Tage Hausdurchsuchung halten, mit zwanzig Gendarmen und Polizisten. Frau Wolff Wenn Sie wollen, können Sie direkt bei mir anfangen. Wehrhahn Nein, nein, meine Herren, so geht das nicht. So kommen wir nie und nimmer zu etwas. Ich habe schon meinen Verdacht gefasst und ich werde das Ganze einstweilen weiter beobachten. Es gibt hier so einige dunkle Gestalten. Frühzeitig fahren sie rein nach Berlin, mit schweren Hucken auf dem Rücken, und abends kommen sie leer zurück. Krüger Die Gemüsefrauen gehen so mit ihrem Gemüse auf dem Rücken. Wehrhahn Ihr Pelz ist wahrscheinlich auch so gereist. Frau Wolff Unmöglich ist ja nichts auf der Welt. Wehrhahn Na also. (zu Wulkow) Nun, was wollten Sie anmelden? Wulkow Ein kleines Mädchen, Herr Amtsvorsteher. Krüger Ich lasse nicht eher Ruhe, Herr Vorsteher, als bis ich meinen Pelz wiederhabe. Wehrhahn Nun, wir tun, was wir können. Die Wolffen kann ja mal ´n bisschen rumhören. Frau Wolff Auf so was versteh´ ich mich zu schlecht. Aber wenn so was nicht rauskommt, nee, nee, wo bleibt da auch alle Sicherheit! Krüger Ich bitte das Päckchen genau zu besichtigen. Da ist eine Handschrift auf dem Zettel, die zu einer Entdeckung führen kann. Und morgen früh, Herr Vorsteher, bin ich wieder hier. Guten Morgen! Fleischer Morgen. Der Biberpelz • Seite41 Fleischer und Krüger gehen. Wehrhahn Guten Morgen, guten Morgen! (zu Wulkow) Ein Mädchen also, Und wie heißen Sie? Wulkow August Philipp Wulkow. Wehrhahn (zu Mitteldorf) Gehen Sie mal rüber in mein Zimmer. Da sitzt der Schriftsteller Motes und wartet. Sagen Sie ihm, es tät´ mir leid, ich hätte heut´ morgen anderes zu tun. Mitteldorf Da soll er nicht warten? Wehrhahn Nein. Soll er nicht. Mitteldorf ab. Wehrhahn (zu Frau Wolff) Ist Ihnen der Schriftsteller Motes bekannt? Frau Wolff Bekannt schon, Herr Vorsteher. Aber ich würde lieber schweigen. Ich könnte Ihnen nicht viel Gutes über den Mann erzählen. Wehrhahn Von Fleischer dagegen umso mehr. Frau Wolff Das ist auch wirklich kein übler Mensch. Wehrhahn Der Fleischer, das ist also ein Ehrenmann? Frau Wolff Das ist er, Herr Vorsteher, ja, das ist er. Wehrhahn Na, an diesen Satz werden Sie wohl noch mal denken. Frau Wolff Und Sie auch, Herr Vorsteher. Wehrhahn (zu Wulkow) Das ist unsre fleißige Waschfrau. Die denkt, alle Menschen sind so wie sie. (zu Frau Wolff) So ist es aber leider nicht auf der Welt. Sie sehen die Menschen von außen an. Unsereins blickt nun schon etwas tiefer. Und so wahr es ist, wenn ich hier sage: die Wolffen ist eine ehrliche Haut, so sage ich Ihnen mit gleicher Bestimmtheit: Ihr Dr. Fleischer, das ist ein lebensgefährlicher Kerl! Frau Wolff Na, Herr Vorsteher, ich weiß nicht... VORHANG Der Biberpelz • Seite42