Hamster tiergerecht halten

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Hamster tiergerecht halten
Ratgeber: Hamster tiergerecht halten
Neben Hund und Katze zählen Kleinsäuger wie der Hamster Österreich zu den beliebtesten Heimtieren.
Doch dass man mit einem kleinen Tier einen kleineren Arbeitsaufwand hat, ist ein weit verbreiteter Irrtum.
Insbesondere wenn Kinder sich ein Tier wünschen, fällt die Wahl der Eltern nicht selten auf ein „kleines“
Tier. Diese pausbackigen Tierchen werden häufig angeschafft, weil sie als anspruchslos und pflegeleicht
gelten. Das fehlende Wissen über die individuellen Ansprüche und das natürliche Leben des Hamsters in
Freiheit, führen oft zu schweren Haltungsfehlern. Hamster sind – wie alle Tiere – bei der Haltung in
Gefangenschaft vollkommen auf den Menschen angewiesen. Der Unterschied ist aber, dass Kleintiere wie
der Hamster keine Möglichkeit haben, ihr Unbehagen gegenüber dem Menschen auszudrücken. Somit
entsteht oft der Eindruck, dass es dem Tier gut geht, obwohl es leidet – wenn auch stumm.
In dieser Broschüre richten wir uns an Hamsterhalter und solche, die mit dem Gedanken spielen, es zu
werden. Wir räumen mit weit verbreiteten Irrtümern und falschen Informationen rund um die
Hamsterhaltung auf.
Das natürliche Leben eines Hamsters
Hamster sind Verwandte von Mäusen und gehören zur Familie der Wühler. Man unterteilt sie in Groß-,
Mittel- und Zwerghamster. Goldhamster sind Vertreter der Mittelhamster. Dschungaren, Roborowski &
Campbell gehören der Gattung Phodopus (Feldhamster) an und sind Vertreter der Großhamster.
Der Hamster ist ein Wüsten- und Steppentier, das in Bulgarien, Rumänien und im asiatischen Raum
verbreitet ist. Trotzdem er in den meisten Teilen Asiens und Europas unter Naturschutz steht, droht er
auszusterben. Hamster sind große Buddler, deren Lieblingsbeschäftigung es ist, riesige unterirdische Gänge
und Bauten anzulegen. Bei ihrer Nahrungssuche legen sie oft mehrere Kilometer laufend und kletternd
zurück.
Notwendige Überlegungen vor der Anschaffung
Ein Hamster ist schnell angeschafft. Diese Entscheidung wird in der Regel leider viel gedankenloser
getroffen, als die Anschaffung eines Hundes oder einer Katze.
Hamster sind Fluchttiere, die einen extrem zarten Körperbau haben und weder zum Streicheln, noch zum
Herumtragen geeignet sind. Achtung: Unter Tags schlafen Goldhamster und in der Nacht sind sie sehr aktiv
und graben ihr Gehege um, was sehr lärmintensiv werden kann. Bei den Zwerghamstern trifft dies allerdings
nur teilweise zu und kann auch sehr unterschiedlich sein von Tier zu Tier.
Freiauslauf außerhalb jeglichen Geheges kann einen sehr großen Stress für diese Tiere bedeuten.
Daher ist ein großer, gut strukturierter „Abenteuerspielplatz“ als Alternative zum Käfig sehr zu empfehlen.
Stand: August 2011
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Folgende Überlegungen sollten bei der Anschaffung im Vordergrund stehen:

Familiensituation: Überlegen Sie gut, ob Sie und Ihre Familie die Verantwortung für dieses kleine
Geschöpf tragen können. Alle Familienmitglieder müssen mit der Anschaffung einverstanden sein!
Bedenken Sie auch, dass Hamster von Natur aus Fluchttiere sind und sich nur ungern hochheben
oder festhalten lassen. Hamster sind sehr zerbrechliche Tiere, die nicht zum Kuscheln geeignet
sind. Sie können auch mal zubeißen, wenn ihnen die Nähe zu viel ist. Deshalb und weil sie meist
nachtaktiv sind, sind sie für Kinder nicht geeignet.

Wohnsituation: Können Sie dem Tier eine Umgebung bieten, die seinen Bedürfnissen entspricht?
Um Hamster tiergerecht zu halten, braucht man Platz für einen großzügigen Käfig, am besten
einen, der mehrere Etagen hoch und so angelegt ist, dass der Hamster nicht von einer in die andere
Etage stürzen kann. Die meisten handelsüblichen Käfige sind viel zu klein für die Tiere. Hamster
brauchen ein großzügig angelegtes Gehege mit Grab-, Kletter- und Nagemöglichkeiten. Zudem
sollte Nestmaterial vorhanden sein. Die Pflege der Tiere bedeutet viel Zeit- und Arbeitsaufwand.

Finanzielle Belastung: Tierhaltung ist immer mit Kosten verbunden, die weit über den Kaufpreis
des Tieres hinaus schreiten. Zum Beispiel für Futter, die Einrichtung des Käfigs, den Tierarzt und
die Versorgung während der Urlaubszeit.
Anschaffung – aber woher?
Der Kauf eines Tieres in einer Tierhandlung muss aus Tierschutzsicht grundsätzlich abgelehnt werden. Die
Tiere werden aus reiner Geschäftemacherei gezüchtet, wobei Krankheiten und Verhaltensstörungen durch
die frühe Trennung von der Mutter, Inzucht und schlechte Haltungsbedingungen in der Tierhandlung zum
Alltag gehören. Kaufen Sie also nie ein Tier in einer Tierhandlung, auch wenn es ihnen noch so Leid tut. Sie
kurbeln damit nur das Geschäft an, und tun den Tieren auf lange Sicht nichts Gutes damit! Auch ein Tier aus
einer Zucht zu nehmen ist aus Tierschutzsicht nicht zu empfehlen!
Da die Anschaffung eines Hamsters sehr oft unüberlegt passiert, landen viele Tiere im Tierheim. Diesen
Tieren ein neues Zuhause zu geben, ist mit Sicherheit die beste Art, sich Hamster anzuschaffen.
Grundbedürfnisse

Nagen: Es ist ganz wichtig, dass Sie dem Hamster genügend Nagematerial zur Verfügung stellen,
damit sich die permanent wachsenden Nagezähne abnützen können. Bei überlangem
Zahnwachstum ist das Tier in der Futteraufnahme behindert. Geeignete Materialien finden sich in
der Natur: Holz von ungiftigen Sträuchern und Bäumen (z. B. Obstbäume, Buche, Hasel, Pappel,
Birke…).

ACHTUNG: Äste von Steinobstbäumen enthalten Blausäure, welche giftig für Hamster sind. Auch
Nadelhölzer sind abzulehnen, da die Tiere das Harz nicht vertragen.
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
Laufen: Hamster legen bei der Nahrungssuche in Freiheit kilometerlange Strecken zurück,
deswegen kann der Käfig nie groß genug sein!

Klettern: Die meisten Hamster klettern gerne, also sollte der Käfig unbedingt querverdrahtet sein
und eine zweite Etage haben, welche aber auch gleichzeitig gut abgesichert sein muss, damit das
Tier nicht stürzt.

Graben: Das ist die unumstrittene Lieblingsbeschäftigung der kleinen Nager. In der Natur graben
sie oft riesige, weit verzweigte unterirdische Gänge. Das sollten Sie auch bei der Heimtierhaltung
beachten und es dem Hamster unbedingt ermöglichen – zum Beispiel durch eine mind. 20 cm dicke
Schicht Einstreu. Am besten eignen sich dafür Hobelspäne, sowie Laub, Heu oder Stroh.

Gruppenhaltung: Goldhamster sind einzeln zu halten! Zwerghamster wie Dsungaren, Roborowski
und Campbell Hamstern können auch paarweise gehalten werden. Auch bei der Paarhaltung ist
kein harmonisches Zusammenleben garantiert. Daher kann es auch mal zu Raufereien kommen und
das Zusammenleben sollte unbedingt beobachtet werden. Sollten paarweise gehaltene Tiere sich
irgendwann nicht mehr mögen, kann es zu Kämpfen kommen, die bis zum Tode führen. Bei der
Gruppen- oder Paarhaltung müssen unbedingt mehrere Schlafhäuschen angeboten werden.
Die Gestaltung des Lebensraumes
Die wichtigste Regel beim Kauf oder Bau eines Geheges – es kann nie zu groß sein! Die Richtlinien der
TVT besagen: mindestens: 70 x 50 x 40, besser 100 x 50 x 50 cm (B x T x H)
Jedoch gilt – je größer, desto besser. VIER PFOTEN empfiehlt eine Mindestgröße von mindestens 2 m² pro
Tier. Weil Freiauslauf im ganzen Wohnraum für den Hamster mehr Stress als Bereicherung bedeutet, ist es
auf Dauer nicht zu empfehlen. Viel wichtiger ist ein großzügiges, gut strukturiertes Gehege, welches einem
Abenteuerspielplatz oder einer Spielkiste gleicht. Leider gibt es in den Tierhandlungen überwiegend
Käfige, die zu klein für eine artgerechte Haltung sind. Passen Sie bitte auf beim Erwerb der Unterkunft! Der
Abstand zwischen den Gitterstäben sollte bei Zwerghamstern zwischen 5 und 6 mm liegen, bei
Goldhamstern höchstens 10 mm betragen. Die Gitterstäbe müssen unbedingt waagrecht sein. Dem Hamster
muss außerdem eine Rückzugsmöglichkeit geboten werden, wo er tagsüber ungestört schlafen und seine
Futtervorräte unterbringen kann. Zum Polstern eignen sich Heu und unbehandelter Zellstoff (z. B.
ungebleichtes Toilettenpapier). Im Handel erhältliche synthetische Hamsterwatte ist ungeeignet, weil sie
die Backentaschen verstopft. Außerdem kann sich der Hamster damit die Extremitäten abschnüren.
Von so genannten Hamsterheimen aus Kunststoffröhren und -kugeln ist dringend abzuraten. Sie sind
unnatürlich, bieten keine Rückzugsmöglichkeiten und bergen die Gefahr von Wärmestaus.
Die gesunde Ernährung
In Freiheit lebende Hamster sind den Großteil ihrer aktiven Zeit mit Nahrungssuche beschäftigt. Mit der
Versorgung durch den Menschen fällt das weg. Durch eine mindestens zweimalige Fütterung pro Tag kann
man die Tiere zu Aktivität anregen. Außerdem sollte man Gemüse und Obst nicht mundgerecht
zerkleinern, denn die Tiere zerteilen mit ihren starken Zähnen selbst ganze Karotten problemlos und haben
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gleichzeitig eine Beschäftigung. Das Futter sollte nicht immer in einem Napf angeboten werden, sondern an
verschiedenen Orten des Geheges verteilt, oder sogar versteckt werden (z. B. unter Heu, in einem
Papierknäuel, in einer kleinen geschlossenen Papierschachtel).
ACHTUNG: Hartes Brot ist zum Zähne abwetzen nicht geeignet. Es ist zu kalorienreich und enthält oft auch
Zucker.
Für die meisten Tierarten gibt es bereits Fertigfuttermischungen, sehr oft in Form von Pellets. Das ist zwar
sehr praktisch, jedoch fällt damit ein wichtiger Aspekt weg: die Beschäftigung mit Nahrung
unterschiedlichen Geschmacks und unterschiedlicher Struktur. Generell sollte auf die Inhaltsstoffe
geachtet werden, da diese Fertigfutter oft Farbstoffe und andere Zusatzstoffe (wie zum Beispiel Zucker)
enthalten. Hamster sind Gemischtköstler. Das bedeutet, sie benötigen für ihren Stoffwechsel auch
tierisches Eiweiß. Ihre natürliche Nahrung besteht aus Körnern, Gräsern, Blättern, Kräutern, Wurzeln und
Insekten. Das in Tierhandlungen herkömmlich angebotene Futter ist gerade gut genug als
Grundnahrungsmittel und muss daher mit kleinen Mengen ungespritztem Grün- und Saftfutter ergänzt
werden. Es eignen sich z. B. Karotten, Blattsalat, Gurken, Zucchini, Löwenzahnblätter, Wiesengräser oder
Küchenkräuter. Verträgliche Obstsorten sind: Äpfel, harte Birnen, Weintrauben, Beeren und
Trockenfrüchte. Zwei- bis dreimal in der Woche sollte man etwas Sauerrahm, Hüttenkäse, Naturjoghurt,
aber auch Mehlwürmer oder Grillen für die Versorgung mit tierischem Eiweiß füttern. Zum Abwetzen der
Zähne, kann man Zweige von Birken, Obstbäumen oder Haselnusssträuchern anbieten.
Auslauf
Sollten Sie daran denken, den Hamster frei im Wohnzimmer herumlaufen zu lassen, sollten Sie folgendes
beachten:
• Heben Sie den Kleinen nicht einfach aus dem Käfig und setzten ihn auf den Boden. Das würde ihn sehr
verschrecken. Stellen Sie ihn mit samt seinem Käfig auf den Boden. Er wird den Ausgang selbst finden.
• Verstecken Sie auf gar keinen Fall Futter in der Wohnung. Hamster sind gut darin, Verstecke zu finden
und dann kann es passieren, dass er sich irgendwo einnistet und nicht mehr in sein Hamsterheim
zurückgeht.
• Hamster können Höhen nicht abschätzen und sind daher sehr absturzgefährdet.
• Passen Sie auf, wo Sie sich hinsetzen!
• Auch Blumen, Grünpflanzen, Elektrokabel, aber auch andere Heimtiere wie Hunde oder Katzen stellen
eine große Gefahr für den Hamster dar.
• Lassen Sie ihn nie unbeaufsichtigt!
Ein großzügiges abgeschlossenes Areal mit vielen Beschäftigungsmöglichkeiten, wo der Hamster auch nicht
entwischen kann, ist sicher eine sinnvollere Lösung als ihn frei in der Wohnung laufen zu lassen.
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Literaturempfehlung
Leider kommt es – trotz guter Absichten – immer wieder zu schlimmen Haltungsfehlern durch ungeeignete
Ratschläge in diversen „Fachbüchern“. Fast alle im Handel angebotenen Bücher enthalten teilweise bzw.
vollkommen falsche Informationen über die Haltung von Hamstern. Der Grund dafür ist, dass sie entweder
von Journalisten oder von selbst ernannten Experten (Hobbytierhaltern) geschrieben sind. Glücklicherweise
gibt es einen fundierten Ratgeber zur fachgemäßen Hamsterhaltung: Hamster – liebenswert, putzig, aktiv
Georg Gaßner, Ulmer Verlag, ISBN 3-8001-4484-0.
Georg Gaßner ist Biologe und hat sich intensiv mit der Zucht und Pflege von exotischen Kleinsäugerarten
beschäftigt. Das Buch behandelt praxisnah viele Fragen rund um das Thema Hamster. Der Autor geht auf
wichtige Punkte ein, die man unbedingt beachten sollte, um sein Tier artgerecht zu halten.
Nachhaltiger Tierschutz
VIER PFOTEN verhilft Tieren, die aus wirtschaftlichen, wissenschaftlichen oder sonstigen Gründen
missbraucht werden, zu ihrem Recht auf ein Dasein, das ihren Bedürfnissen entspricht.
Unsere Kampagnen haben das Ziel, gesetzlich verankerte Verbesserungen für Nutz-, Labor-, Heim- und
Wildtiere zu erreichen und das Bewusstsein der Bevölkerung zu steigern. Eine nachhaltige Verbesserung
des Tierschutzniveaus kann nur durch die Kombination dieser beiden Ansätze erreicht werden.
In der Europäischen Union steigt die Bedeutung tierschutzrelevanter Gesetzgebung. Deshalb hat VIER
PFOTEN seine Bemühungen auf europäischer Ebene verstärkt und arbeitet daran, Tierschutzprobleme
bereits in der Entstehungsphase von Gesetzen zu beseitigen.
VIER PFOTEN – Stiftung für Tierschutz
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