Vermögensbewertung bei Straßen

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Vermögensbewertung bei Straßen
Vermögensbewertung bei Straßen (im Rahmen der
Einführung des „Neuen kommunalen
Finanzmanagement“ in der Bundesrepublik
Deutschland) – praktische Erfahrungen bei der
Umsetzung mit RoSy®PMS
Dipl.-Ing. Michael Simon
GSA, Gesellschaft für Straßenanalyse mbH
Diepenbender 39
D-52076 Aachen
Tel.: +49 / 241 / 16823850 / Fax: +49 / 241 / 16823851
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Abstract
In the communities, the modernization of the administrations has been pursued under the
term 'New Control Models' for some years. The role of the communities increasingly changes
to become service providers. The administration is reduced to the core competences - partial
tasks are transfered to hived off companies.
The Department of the Interior of the State of North Rhine-Westphalia prepared 1999 a
position paper which presents ten key points of the new community finance management
(NKF). Community budgeting and accounting on the basis of the (commercial) double entry
bookkeeping type is requested as central part.
The commercial double entry bookkeeping shall promote that accounting becomes more
transparent in the 'community corporate group' and that costs and income are made visible.
The Department of the Interior of the State of North Rhine-Westphalia considers the
fundamental reform of the community budgeting and accounting essential part of the
modernization.
The valuation of the net assets comprises one of the primary tasks in the implementation of
the double entry bookkeeping in the administration.
The balance sheet infrastructure net assets involve the public services, like roads, sewage
systems and other transport and utility facilities. The valuation guide of the NKF provides for
this area that a collective estimate with group valuation is not permitted, also not as temporary solution.
Therefore, data satisfying the requirements for preparation of the opening balance sheet
must be made available to the public administrations, as well as the valuation of the costs
and income.
The report explains the necessary basis for determination of the net worth of the roads based
on the NKF standards and the approach, as well as the experience during the practical
implementation based on a specific exemplary case.
Zusammenfassung
In den Kommunen wird die Modernisierung ihrer Verwaltungen seit einigen Jahren unter dem
Begriff "Neue Steuerungsmodelle" betrieben. Das Bild der Kommunen wandelt sich zunehmend zum Dienstleister. Die Verwaltung wird zurückgeführt auf die Kernkompetenzen Teilaufgaben werden an ausgegliederte Betriebe übertragen.
1999 ist vom nordrhein-westfälischen Innenministerium ein Positionspapier erarbeitet worden, das zehn Eckpunkte des neuen kommunalen Finanzmanagements vorstellt Als Kernstück wird ein kommunales Haushalts- und Rechnungswesens auf der Basis des doppischen
(kaufmännischen) Rechnungsstils gefordert.
Die kaufmännische doppelte Buchführung soll unterstützen, das Rechnungswesen im
“Konzern Kommune” transparenter, Aufwand und Ertrag sichtbar zu machen.
Das Innenministerium in Nordrhein-Westfalen betrachtet die grundlegende Reform des kommunalen Haushalts- und Rechnungswesen als wesentlichen Bestandteil der Modernisierung.
Die Vermögensbewertung bildet eine der Hauptaufgaben bei der Einführung der doppelten
Buchführung in der Verwaltung.
Das bilanzielle Infrastrukturvermögen umfasst öffentlichen Einrichtungen wie z.B. Straßen,
Kanalisation und sonstige Verkehrs- und Versorgungseinrichtungen. Der Bewertungsleitfaden des NKF (Neues kommunales Finanzmanangement) schreibt für diesen Bereich
u.a. vor, dass ein Sammelansatz mit Gruppenbewertung auch als Übergangslösung nicht
zugelassen wird.
Für die öffentlichen Verwaltungen müssen deshalb Daten bereitgestellt werden, die den Anforderungen zur Erstellung der Eröffungsbilanz sowie der Bewertung der Aufwende und Erträge genügen.
Der Beitrag erläutert die erforderlichen Grundlagen zur Ermittlung des Straßenvermögens
nach NKF-Vorgaben und die Vorgehensweise sowie die Erfahrungen bei der praktischen
Umsetzung an einem konkreten Fallbeispiel.
1
Bewertungsgrundlagen
1.1
Inventur und Bilanz
Das Rechnungswesen nach NKF berücksichtigt den Werteverzehr von Sachanlagen, Gebäuden, Straßen, etc. über Abschreibungen. Die Struktur des Drei Säulen-Modells des NKF
– Finanzrechnung – Bilanz – Ergebnisrechnung zeigt Abb. 1 (MODELLPROJEKT 2003a):
Finanzrechnung
Einzahlungen
./.
Bilanz
Ergebnisrechnung
Aktiva
Passiva
Vermögen
Eigenkapital
Auszahlunge
n
Erträge
./.
Aufwendungen
Liquide
Fremdkapita
Mittel
l
Liquiditätssaldo
Ergebnissaldo
Abb. 1: Drei-Säulen-Modell im NKF
Das bilanzielle Infrastrukturvermögen fließt in der Bilanz auf der Aktiv-Seite in die Position
„Vermögen“ ein. In der Ergebnisrechnung sind dazu Erträge und Aufwendungen zu verbuchen.
Die grundsätzlichen Anforderungen an den erforderlichen Umfang und die Datentiefe des
Infrastrukturvermögens ergeben sich zunächst. analog zu entsprechenden Regelungen in
der Privatwirtschaft für die „Inventur“ und „Bilanz“. Demnach müssen folgende Bedingungen
erfüllt werden:
Inventur:
Ö Verzeichnis aller Vermögensgegenstände/Schulden
Ö Mengenmäßige vollständige Erfassung
Ö Einbeziehung bewertungsrelevanter Informationen wie qualitativer Zustand sowie
Mängel und Schäden.
Bilanz:
Ö Grundsatz der Vollständigkeit
Ö Grundsatz der Einzelbewertung (Ausnahmen zugelassen)
Ö Bewertung des Vermögens durch Festlegen des Bewertungsansatzes für die
jeweiligen Vermögensbereiche
Ö Abschreibung der Vermögenswerte durch Festlegen der Abschreibungsmodalitäten und Abschreibungszeiträume.
Wendet man diese generellen Bedingungen der Inventur und der Bilanz auf die Erfassung
und Bewertung des Infrastrukturvermögens an, so lassen sich die in Tabelle 1 und 2 zusammengefassten Vorgaben ableiten.
Inventur
Grundsatz
Straßenvermögen
Ö Verzeichnis aller Vermögensgegenstände
Ö
Ö
Ö
Ö
Straßen
Nebenanlagen,
Ingenieurbauwerke,
Inventar (Beleuchtung, Beschilderung)
Ö Mengenmäßig vollständig
Ö Bestandserfassund durchführen
Ö Bestandsergänzungen erfassen
Ö Bewertungsrelevante Informationen
Ö Zustandserfassung durchführen (Ober-/Unterbau
Ö Zustandsdaten fortschreiben
Tab. 1: Gegenüberstellung bewertungsrelevanter Kriterien des Straßenvermögens bei der
Inventur
Bilanz
Grundsatz
Straßenvermögen
Ö Grundsatz der Vollständigkeit
Ö
Ö
Ö
Ö
Straßen
Nebenanlagen,
Ingenieurbauwerke,
Inventar (Beleuchtung, Beschilderung)
Ö Grundsatz der Einzelbewertung (Ausnahmen
möglich)
Ö Einzelbewertung: Straßen, Ingenieurbauwerke, Nebenanlagen
Ö Gruppenbewertung für geringwertige Güter
möglich (z.B. Beschilderung)
Ö Bewertungsansatz festlegen
Ö Ausgangspunkt: aktueller Neuwert für
Straßen
Ö Bewertung mit Wiederbeschaffungszeitwert
Ö Abschreibungsmodalitäten festlegen
Ö Differenzierte Abschreibungsperioden für:
o einzelne Straßenklassen
o unterschiedliche Nebenanlagen
o Ingenieurbauwerke
o Inventar
Tab. 2: Gegenüberstellung bewertungsrelevanter Kriterien des Straßenvermögens bei der
Bilanz
1.2
Bewertungsvorgaben
Im Rahmen eines umfangreichen, mehrjährigen Pilotversuches wurden in Nordrhein-Westfalen die betriebswirtschaftlichen Grundlagen für das zukünftige doppische Haushaltsrecht
erarbeitet.
Die Leitlinien für den Bereich „Straße“ des Infrastrukturvermögens sehen dabei folgende
Regelungen vor (MODELLPROJEKT 2003b):
Ö Die Wertermittlung erfolgt auf Zeitwertbasis – Straßen, Nebenanlagen werden mit aktuellen durchschnittlichen Herstellkosten bewertet. Bei der Bewertung sind Straßenaufbau und Straßenzustand zu berücksichtigen.
Ö Ein Sammelansatz mit Gruppenbewertung (z.B. Bezirke oder Straßenklassen zusammengefasst) wird nicht zugelassen. Die spätere differenzierte Zuordnung von Aufwand und Ertrag zu einzelnen Straßen – und Straßenabschnitten ist sonst nicht möglich.
Dieser Grundsatz soll auch nicht übergangsweise, z.B. für die Erstellung der Eröffungsbilanz durchbrochen werden. Beispielsweise müssen auch schon in dieser Phase
Fördermittel oder Anliegerbeiträge differenziert einzelnen Straßen zugeordnet werden.
Ö Es ist die straßenabschnittsgenaue Feststellung der Restnutzungsdauer erforderlich.
Sie setzt genaue Kenntnisse über den Straßenzustand voraus, die Ableitung erfordert die
Verfügbarkeit komplexer Schadenentwicklungsmodelle. Die Kenntnis der Restnutzungsdauer ist wesentlich für die Bestimmung des Wiederbeschaffungszeitwertes und der
Festlegung der verbleibenden Abschreibungsperiode.
Ö Für das Infrastrukturvermögen sind selbständige Bestandteile getrennt auszuweisen.
Dazu gehört z.B. die Erfassung und Auswertung von Nebenanlagen (Geh- und Radwege,
Gräben, etc.).
Ö Grundstücke werden mit 10 % des jeweiligen Bodenrichtwertes, mindestens jedoch mit 1
€/m² berücksichtigt.
1.2
Bewertungsinstrument RoSyPMSPMS
Aus den oben erläuterten Bewertungsgrundlagen ergeben sich die Anforderungen an die
einzusetzenden Bewertungswerkzeuge für das Infrastrukturvermögen, die sich wie folgt zusammensetzen (Tab. 3).
Anforderung
Umsetzung RoSy®PMS
Vollständiges Bestandsverzeichnis
Straßendatenbank zur Verwaltung aller relevanten Bestandsinformationen
Straßendatenbank zur Verwaltung aller relevanten Zustandsinformationen
Durch Nutzer in der Straßendatenbank
Durch Nutzer in der Straßendatenbank
Wissenschaftlich und empirisch ermittelte Schadenentwicklungsmodelle
Verwalten und Bewerten auch von Nebenanlagen
möglich
Verwalten und Bewerten n-bliebiger Ansätze
Systematische Zustandsübersicht
Fortschreibung Bestandsdaten
Fortschreibung Zustandsdaten
Straßenabschnittsgenaue Restnutzungsdauer
ausweisen
Ausweisen selbständiger Bestandteile
Unterschiedliche Abschreibungsperioden für
unterschiedliche Objekte und Straßenklassen
Ermitteln von Aufwand und Ertrag
Zu-/Abschreibungen z.B. aufgrund geänderter
Restnutzungsdauer
Tab. 3: Anforderungen an Bewertungsinstrumten im doppischen Rechnungswesen
Die Aufstellung der Eröffnungsbilanz (Erfassung und Bewertung) bildet nur den ersten Schritt
bei der Einführung des doppischen Rechnungswesen in der kommunalen Verwaltung. Die
weiteren Aufgaben nach der Einführung sind Fortschreibung der Straßendaten einschließlich
der systematischen Bewirtschaftung der Straßen.
Die einzelnen Teilleistungen, die mit RoSyPMS abgedeckt werden zeigt die Abbildung 2.
Diese Leistungen sind sowohl im Rahmen der Einführung und der Führung eines doppischen
Rechnungswesen in den Kommunen erforderlich, sie sind aber auch essentieller Bestandteil
von Pavement Management Systemen zur systematischen Straßenbewirtschaftung.
Abb. 2: Leistungsbausteine von RoSy®PMS als fester Bestandteil im doppischen
Haushaltswesen
Da mit dem doppischen Rechnungswesen das Resourcenverbrauchskonzept in den Verwaltungen umgesetzt wird, muss auch das eingesetzte PMS in der Lage sein, Er- und
Unterhaltungsmaßnahmen nach diesen Gesichtspunkten auszuwählen.
Das ausgewählte PM-System sollte deshalb in der Lage sein, Maßnahmenprogramme nach
Nutzen-Kosten-Gesichtspunkten zu erstellen (Auswahl aufgrund der Wirtschaftlichkeit einer
Maßnahme). Ein Beispiel für ein Maßnahmenprogramm mit RoSy®PMS zeigt die Abb. 3.
Abb. 3: Maßnahmenprogramm gem. Wirtschaftsplan – dargestellt mit RoSy-Action Pack (GIS)
Nur mit diesem Auswertungsmodus kann ein Pavement Management System sinnvoll in das
NKF eingebunden werden, da damit auch der Substanz- und Werterhalt der Straßen berücksichtigt wird.
Das grundsätzliche Zusammenspiel von doppischen Rechnungswesen und solchen PMSystemen zeigt die Abb. 4 am Beispiel des NKF-Modells.
Abb. 4:
Einbindung von RoSy®PMS in das NKF-Modell
2
Fallbeispiel
Die Vermögensbewertung für die Einführung des doppischen Haushaltswesen für den
Bereich Straße wurde durch GSA – Gesellschaft für Straßenanalyse mbH mit dem Bewertungsinstrument RoSy®PMS für einige Kommunen in Nordrhein-Westfalen durchgeführt.
Die wichtigsten Praxiserfahrungen werden hier wiedergegeben.
Erfahrungsgemäß stellt die Einführung des neuen Haushaltswesen einen komplexen
Vorgang dar, in dem die Vermögensbewertung ein wesentliches Teilprojekt ausmacht. Der
ganzheitliche Ansatz der dem Fallbeispiel zugrunde liegt, ist in Abb. 5 dargestellt.
Abb. 5: Fallbeispiel – ganzheitlicher Ansatz zur Einführung des NKF
Der Bereich „Einführung des Neuen Kommunalen Finanzmanagement“ ist wiederum in eine
Vielzahl von Teilprojekten gegliedert, die von „Fachbezogenen Schulungen“ über „Vermögensbewertung“ bis hin zum Aufbau des Berichtswesen reichen.
Das Teilprojekt „Vermögensbewertung“ setzt in der Ablaufplanung schon frühzeitig ein, da
hier eine intensive verwaltungsinterne Zusammenarbeit mit den Fachämtern erforderlich ist.
Weiterhin liegen in aller Regel die bewertungsrelevanten Informationen nicht vollständig vor
und müssen erst zusammengetragen bzw. erarbeitet werden. So nahm im Fallbeispiel das
Teilprojekt „Vermögensbewertung“ insgesamt rund 2 Jahre in Anspruch und ist somit eines
der zeitaufwendigsten Bereiche (Abb. 6).
Abb. 6: Ablaufplan der Teilprojekte „Einführung NKF“
Zu dieser langen Zeitdauer der Vermögensbewertung haben z.B. für den Bereich „Straßen“
folgende Aspekte beigetragen:
Ö fehlende bzw. unvollständige Verfügbarkeit der Bestandsdaten zu Straßen, Inventar, Ingenieurbauwerken und Nebenanlagen
Ö keine Zustandsdaten verfügbar
Ö Interaktiver Abstimmungsprozess mit den Projektbeteiligten über die Bewertungsansätze
Ö Erfordernis der Einzelbewertung anstelle Gruppenbewertung.
Insbesondere diesem Punkt wird seitens der Verantwortlichen in der Verwaltung besondere
Beachtung geschenkt. Nach Einschätzung des begleitenden Wirtschaftsprüfungsinstitutes
und der Mitarbeiter in der Finanzverwaltung stellt die in verschiedenen Kommunen diskutierte Gruppenbewertung der Straßen eine unzulässige Vereinfachung dar. Schon für die
Eröffnungsbilanz müssen beispielsweise Zuschüsse und Beiträge nach dem Kommunalen
Abgabengesetz den Straßen differenziert zugeordnet werden können.
Nach Einführung des doppischen Rechnungswesen ist ohnehin jährlich eine differenzierte
Zuordnung der Aufwende und Erträge im Rahmen der Ergebnisrechnung erforderlich, die bei
einer Gruppenbewertung dann nicht oder nur mit Einschränkungen möglich ist.
Die generell komplexe Aufgabe, die Restnutzungsdauer der einzelnen Zustandsabschnitte
auszuweisen, stellte im Fallbeispiel kein Problem dar, da hier mit RoSy®PMS ein Instrument
eingesetzt wurde, das über wissenschaftlich und empirisch abgesicherte Schadenentwicklungsmodelle verfügte, mit denen dieser Bereich effizient bearbeitet werden konnte
(SØNDER und NIELSEN 2000).
Literaturangaben
MODELLPROJEKT DOPPISCHER KOMMUNALHAUSHALT IN NRW (HRSG.) (2003a).
Ergebnisse des Modellprojektes zur Einführung eines doppischen Kommunalhaushaltes in
NRW. www.neues-kommunales-finanzmanagement.de - Informationsfoliensatz zum NKF.
MODELLPROJEKT “DOPPISCHER KOMMUNALHAUSHALT IN NRW” (HRSG.) (2003b).
Neues kommunales Finanzmanagement – Betriebswirtschaftliche Grundlagen für das
doppische Haushaltsrecht. Rudolf Haufe Verlag GmbH Freiburg – Berlin – München – Zürich
SØNDER, M.S. und NIELSEN, K.V. (2000). Skadesudviklling i Vejbelaegniner Studie af 10
års datamateriale fra 11 vejparceller i Ulfborg-Vemb Kommune – unveröffentlich.

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