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Italien: Kaufrecht nach Codice Civile und
Verbrauchsgüterkaufrecht
06.02.2012
Übertragung des Eigentums erfolgt grundsätzlich schon durch Vertragsschluss / Von
Achim Kampf
Bonn (gtai) Rechtsgrundlage des italienischen Kaufrechts sind die Art. 1470 ff. Codice civile. Darüber hinaus gibt
es spezielle Regelungen für den Verbrauchsgüterkauf, die in den Codice del Consumo integriert sind.
Gegenstand der kaufvertraglichen Regelung des Codice civile (Art. 1470 ff. Cc) sind sowohl bewegliche als auch
unbewegliche Sachen sowie Rechte. Künftige Sachen gehören ebenso dazu. Eine Begriffsbestimmung ist in Art.
1470 Cc enthalten, wonach der Kauf ein Vertrag ist, der die Übertragung des Eigentums an einer Sache oder die
Übertragung eines anderen Rechts gegen die Leistung eines Kaufpreises zum Gegenstand hat.
Die Hauptpflichten des Verkäufers sind (Art. 1476 Cc):
- dem Käufer die Sache zu übergeben,
- ihm das Eigentum an der Sache oder das Recht zu verschaffen,
- dem Käufer wegen der Ansprüche Dritter oder wegen Fehler der Sache
Gewähr zu leisten.
Die Pflicht des Käufers ist es, den Kaufpreis entsprechend den vertraglichen Festlegungen (Ort und Zeit) zu ent­
richten (Art. 1498 Cc).
Der italienische Gesetzgeber entschied sich gegen die Kodifizierung eines autonomen Handelsrechts und für die
Übernahme einiger Kernbereiche in das Zivilgesetzbuch. Eine Abgrenzung des zivilrechtlichen vom handels­
rechtlichen Kauf gibt es somit nicht; auf den Handelskauf finden die Vorschriften des Cc Anwendung.
Vorvertrag
In einigen Fällen geht dem Kaufvertrag ein Vorvertrag voraus, der bereits diejenigen Elemente zum Gegenstand
haben muss, die zum Inhalt des endgültigen Vertrages werden sollen, also: Bestimmung des Vertragsobjektes,
Angabe des Preises etc.
Um festzustellen, ob es sich um eine Verpflichtung zum nachfolgenden Abschluss eines Kaufvertrages oder um
einen schon abgeschlossenen Kaufvertrag handelt, ist nicht nur der von den Vertragsparteien gewählte Wort­
laut entscheidend, sondern der Vertrag ist auch im Licht des Verhaltens der Vertragsparteien auszulegen.
ABSCHLUSS EINES KAUFVERTRAGES
Voraussetzung für das Vorliegen eines wirksamen Kaufvertrages ist
- die Einigung der Parteien (Angebot und Annahme)
- über einen bestimmten Vertragsgegenstand
- unter Zugrundelegung eines Rechtsgrundes.
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Auch das kaufmännische Bestätigungsschreiben kann zum Abschluss eines Kaufvertrages führen, weil in der
Entgegennahme eine stillschweigende Annahme gesehen werden kann. Dies ist vor allem der Fall, wenn eine
Widerspruchspflicht besteht.
Grundsätzlich sollte das Angebot so detailliert sein, dass die Annahme der anderen Partei durch eine einfache
Bestätigung möglich ist. Es muss den Vertragsgegenstand genau beschreiben, den Kaufpreis sowie die Zah­
lungsbedingungen angeben und die Frist beinhalten, bis zu welcher die Annahme seitens des Käufers beim Ver­
käufer vorliegen muss.
Form
Der Abschluss des Kaufvertrages ist - außer bei Grundstücken - nicht an eine besondere Form gebunden; es
empfiehlt sich jedoch aus Beweisgründen stets die Schriftform einzuhalten. Darüber hinaus
- können Einzelgesetze besondere Formvorschriften enthalten;
- kann die Schriftform durch Parteivereinbarung festgelegt werden,
- ist beim Eigentumsvorbehalt, um ihn Dritten gegenüber durchzusetzen,
zwingend die Schriftform vorgesehen.
Haben die Parteien für den künftigen Abschluss eines Vertrages schriftlich die Anwendung einer bestimmten
Form vereinbart, so wird vermutet, dass sie die Form zur Gültigkeit des Vertrages (und nicht nur zu Beweiszwe­
cken) gewollt haben.
Verträge, die das Eigentum an unbeweglichen Sachen betreffen, sowie alle weiteren in Art. 1350 Cc aufgeführ­
ten Verträge (zum Beispiel Gesellschaftsverträge), sind durch öffentliche Urkunde (atto pubblico) oder durch
Privaturkunde (scrittura privata) zu schließen, anderenfalls sind sie nichtig.
Der Kaufvertrag ist ein auf Übertragung von Eigentum gerichtetes Geschäft. Die Übergabe der Sache hat in dem
Zustand zu erfolgen, in dem sie sich zum Zeitpunkt des Verkaufes befand. Rechtstitel und Urkunden, die das Ei­
gentum und den Gebrauch der Sache betreffen, sind gleichfalls zu übergeben. Zur Sache gehören grundsätzlich
die Bestandteile sowie das Zubehör und die Früchte ab Verkaufstag (Art. 1477 Cc).
Dem italienischen Recht ist das sogenannte Abstraktionsprinzip des deutschen BGB und damit die Unterschei­
dung in einen schuldrechtlichen und einen davon selbständigen dinglichen Vertrag unbekannt. Es gilt das soge­
nannte Konsensualprinzip.
Das bedeutet, dass für die Übertragung des Eigentums kein zusätzlicher tatsächlicher Akt erforderlich ist. Die
Einigung über die Eigentumsübertragung geht mit dem Kaufvertrag einher, so dass faktisch bereits mit Ab­
schluss des Kaufvertrages auch das Eigentum übergeht.
Das gilt allerdings dann nicht, wenn der Kaufgegenstand noch nicht existiert oder nur der Gattung nach be­
stimmt ist oder aber ein Eigentumsvorbehalt vereinbart wurde. Bei Gattungssachen geht das Eigentum erst mit
der Individualisierung der Sache oder in der von den Parteien festgesetzten Art und Weise über (Art. 1378 Cc).
Beim Ratenkauf mit Eigentumsvorbehalt erwirbt der Käufer das Eigentum an der Sache erst mit der Zahlung
der letzten Kaufpreisrate (Art. 1523 Cc).
Beim Kauf bestimmter Sachen, trägt der Käufer das Risiko des Untergangs (Sachgefahr) schon vor Übergabe der
Sache. Der Verkäufer ist von seiner Leistungspflicht befreit, wenn die Sache - nach Abschluss des Kaufvertrags aufgrund von Umständen untergeht, die er nicht zu vertreten hat.
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Beim Gattungskauf geht die Gefahr erst mit dem Erwerb des Eigentums an der Sache auf den Käufer über; glei­
ches gilt beim Kauf künftiger Sachen. Beim Kauf unter Eigentumsvorbehalt geht die Gefahr in dem Zeitpunkt
der Übergabe der Sache auf den Käufer über, obwohl er noch nicht Eigentum erworben hat.
Gemäß Art. 1490 Cc ist der Verkäufer verpflichtet, Gewähr dafür zu leisten, dass die verkaufte Sache frei von
Mängeln ist. Ein Fehler liegt vor, wenn der physische Zustand der Sache derart vom Vertrag abweicht, dass sie
zum bestimmungsgemäßen Gebrauch ungeeignet ist oder ihr Wert wesentlich vermindert ist. Hat die verkaufte
Sache nicht die zugesagten Eigenschaften oder nicht jene Eigenschaften, die für den bestimmungsgemäßen Ge­
brauch wesentlich sind, tritt nach Art. 1497 Cc die Gewährleistungshaftung des Verkäufers ein. Schließlich haftet
der Verkäufer, wenn er eine andere als die geschuldete Sache liefert (aliud).
Die Haftung erstreckt sich nur auf versteckte Fehler (garanzia per vizi occulti). Gemäß Art. 1491 Cc ist die Ge­
währleistung des Verkäufers daher ausgeschlossen, wenn im Zeitpunkt des Vertragsschlusses der Käufer den
Mangel der Sache kannte; ebenso wenig haftet der Verkäufer, wenn der Mangel leicht erkennbar war, es sei
denn, der Verkäufer hat erklärt, dass die Sache frei von Mängeln ist.
Liegt eine Erklärung des Verkäufers nicht vor, hängt die Haftung des Verkäufers von den dem Käufer auferleg­
ten Untersuchungspflichten ab, denen er unverzüglich - im Rahmen der üblichen Verkehrssitten - nachkommen
muss.
Nach Art. 1495 Abs. 1 Cc hat der Käufer Mängel der ihm gelieferten Waren innerhalb von acht Tagen ab ihrer
Entdeckung anzuzeigen, es sei denn, dass eine andere Frist von den Parteien oder vom Gesetz festgelegt ist.
Nach Art. 1511 Cc beginnt die Frist für die Mängelanzeige bei Kaufverträgen, die eine Beförderung der Ware vor­
aussetzen, mit dem Eintreffen der Ware beim Käufer. Die Nichterfüllung der Anzeigepflicht innerhalb der fest­
gelegten Frist schließt die Gewährleistungsansprüche gemäß Art. 1492 Cc und den Schadensersatzanspruch ge­
mäß Art. 1494 Cc aus (Ausschlussfrist). Die Anzeige bedarf nach überwiegender Auffassung keiner besonderen
Form.
Zwischen der Gewährleistung für Mängel bzw. für das Fehlen von wesentlichen oder von zugesicherten Eigen­
schaften einerseits und der Lieferung einer anderen als der vertraglich vereinbarten Sache andererseits ist zu
unterscheiden. Liegt eine ist dies ein Nichterfüllungstatbestand, weil der Zweck des Vertrags nicht erreicht wird.
Die Haftung für Mängel der verkauften Sachen sowie das Fehlen einer wesentlichen Eigenschaft der Kaufsache
ist verschuldensunabhängig.
Der Käufer hat das Recht, den Vertrag aufzulösen (Wandelung) oder einen Anspruch auf Kaufpreisminderung
gemäß Art. 1492 Abs. 1 Cc geltend zu machen. Die Minderung wird grundsätzlich vorgenommen, indem festge­
stellt wird, in welchem prozentualen Ausmaß sich der Fehler auf den Wert der Sache ausgewirkt hat, wobei der
Preis entsprechend der durch die Fehler eingetretenen Wertminderungen in % gemindert wird.
Artikel 1494 Cc bestimmt, dass in jedem Fall der Verkäufer gegenüber dem Käufer zum Ersatz des Schadens ver­
pflichtet ist, wenn er nicht beweist, die Mängel der Sache ohne Verschulden nicht gekannt zu haben (Abs. 1).Der
Verkäufer hat außerdem dem Käufer die von den Mängeln der Sache herrührenden Schäden zu ersetzen (Abs.
2). Das Verschulden wird vermutet. Der Käufer braucht es nicht zu beweisen, der Verkäufer kann sich von seiner
Haftung befreien.
Von den dispositiven Gewährleistungsvorschriften kann durch Parteivereinbarung abgewichen werden. Klau­
seln, die im Voraus die Haftung bei Vorsatz oder grober Fahrlässigkeit ausschließen, oder begrenzen, sind wegen
Verstoßes dieser Vereinbarung gegen die guten Sitten oder gegen Treu und Glauben nichtig, gleichgültig, ob sie
in Individualverträgen oder in Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB), Vordrucken oder Formularen enthal­
ten sind. In Individualverträgen ist die Freizeichnungs- und Begrenzungsklausel für einfache Fahrlässigkeit zuge­
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lassen. Klauseln, die die Haftung für einfache Fahrlässigkeit ausschließen oder beschränken, gelten als willkürli­
che Klauseln und sind daher nur wirksam, wenn sie speziell unterschrieben werden.
Gewährleistungsansprüche verjähren in jedem Fall in einem Jahr nach Übergabe der Sache (Art. 1495 Abs. 3 Cc).
Die Verjährung wird zum Beispiel durch die Benachrichtigung über die Klageerhebung unterbrochen. Ist der un­
terbrechende Tatbestand beendet, beginnt eine neue Verjährungsfrist.
Verbrauchsgüterkauf
Im Unterschied zum deutschen Recht ist die EU-Richtlinie 1999/44/EG über den Verbrauchsgüterkauf in Italien
nicht zum Anlass genommen worden, das gesamte Schuldrecht zu reformieren. Vielmehr ist die Richtlinie nahe­
zu unverändert umgesetzt und zunächst als neuer Untertitel in den Codice Civile (Artt. 1519bis - 15nonies), nach
Inkrafttreten des Verbrauchergesetzbuches ("Codice del Consumo") am 23.10.2005 in dieses (Artt. 128-135) inte­
griert worden.
Das die Richtlinie umsetzende Gesetz beschränkt sich auf Kaufverträge sowie Tausch-, Lieferungs-, Werk- und
Dienstleistungsverträge über bewegliche Sachen, die zwischen Verkäufer und Verbraucher abgeschlossen wer­
den. Ausgenommen sind Güter, die aufgrund gerichtlicher oder den Notaren übertragener Maßnahmen verkauft
werden sowie Wasser und Gas, wenn sie nicht in einem begrenzten Volumen oder einer bestimmten Menge ab­
gefüllt sind, und Strom.
"Verbraucher" in diesem Sinne ist jede natürliche oder juristische Person, die zu einem Zweck handelt, der nicht
ihrer beruflichen oder gewerblichen Tätigkeit zugerechnet werden kann.
Der Verkäufer ist zur vertragsgemäßen Lieferung der Sache verpflichtet. Ist das nicht der Fall, so haftet der Ver­
käufer dem Verbraucher selbst dann, wenn er die Mängel nicht gekannt hat. Es wird vermutet, dass solche
Mängel, die innerhalb eines Zeitraumes von sechs Monaten ab dem Zeitpunkt der Lieferung offenbar werden,
bereits zum Zeitpunkt der Lieferung bestanden. Etwas anderes gilt nur dann, wenn die Vermutung mit der Art
des Gutes oder des Mangels unvereinbar ist. Der Verbraucher kann sich aber nicht auf die Vertragswidrigkeit
berufen, wenn er davon Kenntnis hatte oder hätte haben müssen. Entscheidend ist dafür der Zeitpunkt der Lie­
ferung (nicht derjenige des Vertragsschlusses). Bei Mangelhaftigkeit der Ware stehen dem Verbraucher folgende
Ansprüche zu:
- Vertragsauflösung;
- Minderung des Kaufpreises;
- Nachbesserung oder Ersatzlieferung.
Die Ansprüche der Minderung bzw. Vertragsauflösung kann der Verbraucher erst geltend machen, wenn er zu­
nächst erfolglos Nachbesserung oder Ersatzlieferung verlangt hat.
Die Haftung des Verkäufers setzt voraus, dass die Vertragswidrigkeit innerhalb von zwei Jahren seit Lieferung
des Gutes offenbar wird. Darüber hinaus muss der Verbraucher dem Verkäufer die Vertragswidrigkeit innerhalb
von zwei Monaten anzeigen, nachdem er den Mangel entdeckt hat. Das bedeutet, dass nach mehr als 26 Mona­
ten seit Lieferung der Verkäufer nicht mehr haftet.
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