Gottes Geist gibt Kraft, Liebe und Besonnenheit

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Gottes Geist gibt Kraft, Liebe und Besonnenheit
Predigt zu 2.Timotheus 1,7
THEMA: GOTTES GEIST GIBT KRAFT, LIEBE UND BESONNENHEIT
gehalten von Pfr. D.Eschbach
Am 24.05.2015 in Bülach und am 07.06.2015 in Oberglatt
Liebe Gemeinde,
an Pfingsten feiern wir das Geburtstagsfest der Kirche. Vor wahrscheinlich 1982 Jahren gab es in Jerusalem einen
Ausbruch des Geistes Gottes, der die erste christliche Gemeinde entstehen liess. Die Jünger Jesu traten plötzlich im
Vertrauen auf die Vollmacht des Geistes Gottes auf. Endlich wagten sie sich aus dem Schneckenhaus heraus. Sie getrauten sich, vom gekreuzigten und auferstandenen Christus zu reden. Sie luden zum Glauben ein und gewannen viele
Menschen für Jesus. Die Apostelgeschichte erzählt von 3'000 Menschen, die am Abend dieses Tages zur neu entstandenen Kirche gehörten.
Also ist dieser Gottesdienst so etwas wie eine Geburtstagsfeier der Kirche ( nicht nur der EMK, sondern der allgemeinen
christlichen Kirche bzw. des Leibes Christi). Doch wie sollen wir diesen Geburtstag angemessen feiern? Normalerweise gilt
ja: Je höher der Geburtstag, desto mehr darf man dabei in Erinnerungen schwelgen und die gute alte Zeit rühmen. Am
Geburtstag darf man auch mal zurück schauen und Gegenwart – und erst recht die Zukunft – vergessen.
Für den Geburtstag der Kirche kann das freilich gerade nicht gelten. Schliesslich lebt Kirche nicht von der Erinnerung
an vergangene Epochen, sondern von der Gegenwart des Geistes Gottes, der Menschen eine Zukunft gibt. Gerade an
Pfingsten ist Jesu Warnung zu bedenken: "Wer die Hand an den Pflug legt und zurücksieht, der ist nicht geschickt für
das Reich Gottes!" (Lk 9,62). So geht es heute weniger um die Erinnerung an das historische erste christliche Pfingstfest, sondern vielmehr um die Gegenwart des Geistes Gottes – und um den Aufbruch in die Zukunft in der Kraft dieses
Geisten. Pfingsten liegt also eigentlich nicht 1982 Jahre hiner uns, sondern immer wieder vor uns. Wir sind und bleiben
darauf angewiesen, dass uns der Geist Gottes neu in Bewegung bringt oder jedenfalls in Bewegung hält. Wir warten
auf das Wehen des Heiligen Geistes, ohne das all unser Tun und Beten fruchtlos bleiben muss.
Immer wieder neu gleicht unsere Situation der Situation von Jesu Jüngern zwischen Himmelfahrt und Pfingsten: Beim
Abschied hatte er ihnen ja noch versprochen: "Ihr werdet die Kraft des heiligen Geistes empfangen und meine Zeugen
sein bis ans Ende der Erde!" (Apg 1,8). Dann war er weg. Die Jünger gingen zurück nach Jerusalem - und versteckten
sich wieder. Sie hatten Angst vor den Menschen, Angst sich zu eben dem Jesus zu bekennen, der erst vor wenigen
Wochen als Staatsfeind verurteilt worden war. Ihren Auftrag kannten die Jünger schon, aber sie wagten (noch) nicht,
ihm auch nachzuleben. Sie wussten wohl, was man hätte tun sollen. Sie kannten Leute, die auf das Evangelium warteten. Sie hatten die Versprechen Jesu gehört, dass er sie nie allein lassen werde, dass der heilige Geist in heiklen Situationen für sie reden würde und dass sie unter Gottes besonderem Schutz stehen würden ... und doch getrauten sie
sich nicht. Sie versteckten sich und taten (noch) nicht, was Christus ihnen aufgetragen hatte.
Ist das nicht auch immer wieder unsere Situation? - Wir kennen unseren Auftrag: Gottes Liebe bezeugen, in Christi
Namen für die Menschen da sein und Menschen für Jesus gewinnen. Wir kennen Personen, die Hilfe brauchen. Wir
wissen um Leute, die Gott suchen. Und doch schrecken wir immer wieder vor konkreten Schritten zurück. Wir können
noch so viel üben: Es fällt immer wieder schwer, unseren Glauben ins Gespräch zu bringen. Es braucht immer wieder
(und manchmal je länger je mehr) Anlauf, um jemanden einzuladen. Wir fürchten die Reaktion, fürchten vielleicht manchmal auch die Bewegung, die das in unser Beziehungsnetz bringen könnte. Es strengt uns an und wir tun uns schwer
damit, Menschen für Christus zu gewinnen - obwohl wir es ehrlich wollen. Da ist oft das Gefühl, als fehlte uns noch etwas – Mut, Inspiration, ein Wunder. Der Geist Gottes muss uns immer wieder anregen und bewegen, damit wir auch
tun (können), was wir uns wünschen und was Gott will. Nur Gottes Geist kann bewirken, dass der Auftrag, den wir
kennen, vom Kopf ins Herz rutscht, dass wir auch leben, was wir bejahen. Der Heilige Geist muss uns bewegen.
So ist es immer wieder unser dringendes Gebetsanliegen: „Herr, fülle mich mit deinem Geist! Bewege mich! Befähige
mich! Brauche mich!“
Bevor ich nun mit der Predigt fortfahre, soll ein paar Momente lang die Bitte um das Kommen des Geistes Gottes ganz
ins Zentrum rücken, und zwar folgendermassen: Ich lese Verheissungen aus dem Jesaja-Buch über das Wirken von
Gottes Geist. Dazwischen beten und singen wir: "Herr, füll mich neu mit deinem Geiste!"
Gottes Geist macht, dass wir Gott suchen und finden:
"Suchet den Herrn, jetzt da er sich finden lässt; rufet ihn an, jetzt da er nahe ist! Der Gottlose lasse seinen Weg und
der Frevler seine Gedanken und kehre um zum Herrn, so wird er sich seiner erbarmen, zu unserem Gott, denn er ist
reich an Vergebung.
Jesaja 55,6f
Herr, füll mich …
Gottes Geist macht, dass wir Gottes Gedanken verstehen und mit seinen Möglichkeiten rechnen:
"Denn meine Gedanken sind nicht eure Gedanken, und eure Wege sind nicht meine Wege, spricht der Herr, sondern
so hoch der Himmel über der Erde ist, soviel sind meine Wege höher als eure Wege und meine Gedanken höher als
eure Gedanken."
Jesaja 55,8f
Herr, füll mich neu ...
Gottes Geist macht, dass unser Leben durch Gottes Wort fruchtbar wird:
"Denn wie der Regen und der Schnee vom Himmel herabkommt und nicht dahin zurückkehrt, sondern die Erde tränkt,
dass sie fruchtbar wird und sprosst und dem Sämann Samen und dem Essenden Brot gibt, so auch mein Wort, das
aus meinem Munde kommt: Es kehrt nicht leer zu mir zurück, sondern wirkt, was ich beschlossen, und führt durch,
wozu ich es gesendet."
Jesaja 55,10f
Herr, füll mich neu ...
Gottes Geist macht, dass Menschen frei werden
"Der Geist Gottes des HERRN ist auf mir, weil der HERR mich gesalbt hat. Er hat mich gesandt, den Elenden gute
Botschaft zu bringen, die zerbrochenen Herzen zu verbinden, zu verkündigen den Gefangenen die Freiheit, den Gebundenen, daß sie frei und ledig sein sollen."
Jesaja 61,1
Herr, füll mich neu ...
Gottes Geist macht, dass sich um befreite Menschen die Welt verwandelt:
"Denn in Freuden werdet ihr ausziehen, und in Frieden sollt ihr geleitet werden. Die Berge und Hügel werden vor euch
in Jubel ausbrechen und alle Bäume des Feldes in die Hände klatschen. Statt der Dornen werden Zypressen wachsen und Myrten statt der Disteln. Dem Herrn zum Ruhme wird es geschehen, zum ewigen Zeichen, das nicht getilgt
wird."
Jesaja 55,12f
Herr, füll mich neu …
Wir bleiben stets darauf angewiesen, dass Gottes Geist uns bewegt. Die Bitte: 'Komm, Heilger Geist ...!" können wir
nie abhaken und als erledigt betrachten. So leben wir in gewissem Sinne immer wieder vor Pfingsten.
Doch das ist nur die eine Seite der Medaille. Auf der anderen Seite steht die Tatsache, dass Gottes Geist gegenwärtig
ist. Er ist ausgegossen. Die Verheissungen gelten. Wir leben auch nach Pfingsten. Und da gilt dann eben: Wir dürfen
nicht ewig warten. Sondern der Aufbruch ist zu wagen, Schritte sind zu gehen. Petrus z.B. musste sich auch an Pfingsten noch einen Ruck geben um aufzustehen und die Leute anzureden. Er wagte es und erlebte dabei, wie ihn Gottes
Geist stützte. Er wagte es, wie er Jahre früher schon einmal den Schritt aus dem Boot auf das Wasser gewagt hatte
und dann erlebte, dass es ihn trug.
Der nächste Schritt, der Aufbruch - sie bleiben ein Wagnis. Daran ändern die Verheissung des Hl. Geistes bzw. seine
Gegenwart nichts. Dass die Verheissungen tragen, dass Gottes Geist da ist, realisieren wir erst im Aufbruch. Das Beispiel von Petrus und vielen anderen zeigt uns, dass wir es wagen können.
A propos wagen bzw. nicht wagen. Da fällt mir ein Satz aus dem 2.Timotheusbrief ein, der uns ermutigen könnte:
"Gott hat uns nicht einen Geist der Verzagtheit gegeben, sondern den Geist der Kraft und der Liebe und der Besonnenheit."
2.Tim 1,7
Wer in Gottes Zug einsteigt, wer Schritte in die von Gott gewiesene Richtung ( Auftrag) zu gehen wagt, bleibt nicht allein. Gott ist zwar nicht sichtbar und greifbar bei uns - gerade das macht uns den Glauben an ihn ja oft so schwer aber er ist durch seinen Geist bei uns, in uns, um uns. Sein Geist, erfüllt uns mit Kraft, Liebe und Besonnenheit erfüllen
will.
 Wer im Vertrauen auf Gott lebt, wird eine Kraft in sich spüren, die über die eigene Kraft hinausgeht. "Dynamis" (
'') steht im griechischen Urtext an dieser Stelle, Gottes Kraft ist eine "dynamische" Kraft. Wer in den Zeitungen ab und zu Stellenanzeigen anschaut, weiss, dass heute fast ausschliesslich "junge, dynamische" Leute
gesucht werden, d.h. Leute mit Energie und Ideen, Leute, die sich engagieren und beweglich sind. So verhält es
sich auch mit Gottes Kraft in uns: Sie läßt es nicht zu, daß wir in Hoffnungslosigkeit oder Gleichgültigkeit versinken. Sie setzt uns in Bewegung. Sie gibt uns Mut und Energie zu Leben. Sie kann Situationen und Menschen verändern.
 Wer im Vertrauen auf Gott lebt, wird aber auch eine Liebe in sich spüren, die über die Liebe hinausgeht, zu der er
oder sie von sich aus fähig ist. Der Geist der Liebe erfüllt uns mit der Gewißheit, daß wir selbst geliebt, angenommen und geborgen sind. Wir sind Gott wichtig und werden von ihm geliebt. Das stellt unser Leben auf einen festen
Grund. Darüber hinaus erfüllt Gottes Geist der Liebe uns aber auch mit Liebe für andere, die unsere Zuwendung,
unser Verständnis, unsere Hilfsbereitschaft brauchen - oft eben mehr, als wir aus eigener Kraft aufbringen können.
 Und schließlich wird, wer im Vertrauen auf Gott lebt, auch eine Besonnenheit in sich spüren, die über das eigene
Mass an Besonnenheit hinausgeht. Besonnenheit ist das Gegenteil von Leichtsinn. Besonnenheit hat damit zu
tun, daß ich nicht leichtfertig, oberflächlich und egoistisch bin, sondern bewusst lebe, rede und handle. Bewußtes
Leben, Leben das Rücksicht nimmt auf andere und die Umwelt, steht im Gegensatz zum weit verbreiteten Lebensmotto "Hauptsache, mir geht es gut!" - doch wie lange funktioniert dieses Motto, und was ist, wenn es nicht
mehr funktioniert? - Gott gibt uns den Geist der Besonnenheit. Er hilft uns, bewußt und verantwortlich zu leben. Er
hilft uns, sorgfältig umzugehen mit uns selbst, mit anderen und mit der Welt, in der wir leben. Wer so lebt, wird
entdecken, daß es ihm oder ihr im umfassenden Sinn dabei viel besser geht als vorher.
Im Vertrauen auf die Kraft, Liebe und Besonnenheit von Gottes Geist können wir Schritte zur Umsetzung von Gottes
Auftrag tun. Wir brauchen keine Angst zu haben. Gottes Geist bewegt uns, kein Geist der Verzagtheit, sondern der
Geist der Kraft, der Liebe und der Besonnenheit.
Amen

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