Übungen Privatrecht II SS 04

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Übungen Privatrecht II SS 04
Übungen Privatrecht II
Prof. Dr. iur. Th. Sutter-Somm
Übungsfälle
Fall 1
Sie sind Volontär/Volontärin in einem Basler Advokaturbüro und sollen für Ihre Chefin
die wesentlichen rechtlichen Abklärungen (inkl. allfällige Punkte für zusätzliche Sachverhaltsabklärungen, kurz- und längerfristig angezeigte rechtliche Schritte) zu folgendem Sachverhalt tätigen:
Heute Nachmittag kommt der Profifussballer HAKAN YAKIN (ex FCB, jetzt VfB Stuttgart) ausser sich ins Büro, unter dem Arm den BLICK. Die Schlagzeile lautet „Hakan
Yakin verlässt Frau und Baby“. Nachfolgend: „Es ist erst einen Monat her, als sie
voller Stolz ihr Baby SHEILA präsentierten. Jetzt ist alles aus!“ Der Artikel, verfasst
vom Redaktor FRANK A. MÜLLER, berichtet über das Privatleben von Yakin.
Sie sollen in 90 Minuten Ihrer Chefin ein Paper abliefern, welches über die
Rechtslage Auskunft und die in die Wege zu leitenden Schritte sowie allfällige
zusätzlich notwendige Sachverhaltsabklärungen Auskunft gibt.
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Fall 2
a)
Herr ROBERT REICH schliesst mit Herrn KARL KNAPP am 28. August 2003 einen
Vertrag in einfacher Schriftlichkeit, wodurch sich Reich verpflichtet, dem KNAPP
200’000 Franken zu borgen (Zins pro Jahr 5%). Das Darlehen soll auf sechs
Monate kündbar sein. Auf Dringen REICHS wird folgende Passage aufgenommen: „Das Darlehen wird ausbezahlt, sobald KARL KNAPP seine Liegenschaft
X. mit einem Inhaberschuldbrief belastet und den Titel ROBERT REICH übergeben hat.“ Die Liegenschaft X. ist ca. 2 Millionen wert und nicht mit Pfandrechten belastet.
b)
Am 5. September 2003 geht KNAPP zum Notar DOKTOR NORBERT NUDEL. REICH
kann nicht mitgehen, da er in den Ferien ist. KNAPP legt dem NUDEL die schriftliche Vereinbarung vom 28. August 2003 vor. NOTAR NUDEL verurkundet in der
Folge folgende Erklärung des KNAPP:
1. Unter Bezug auf die Offerte von Robert Reich vom 28. August 2003 verpflichte ich mich gegenüber Robert Reich zur Errichtung eines Inhaberschuldbriefs über 200'000 Franken mit Zins zu 5% im ersten Rang auf
meiner Parzelle X. Ich verpflichte mich gegenüber dem Schuldbriefgläubiger , den im Titel verbrieften Betrag samt Zins zu zahlen.
2. Ich beauftrage Notar Nudel zur Anmeldung beim Grundbuchamt G.
3. Ich ersuche das Grundbuchamt G., das genannte Pfandrecht einzutragen
und den Schuldbrief auszufertigen.
c)
Am 18. September 2003 meldet der NOTAR NUDEL das Geschäft beim Grundbuchamt G. an und in der Folge wird das Pfandrecht am 26. September 2003
im Hauptbuch eingetragen.
d)
Der Grundbuchverwalter stellt in korrekter Weise den Titel aus und übergibt
die Urkunde dem KNAPP, der diese vereinbarungsgemäss dem REICH weitergibt. REICH überweist dem KNAPP die Darlehensvaluta auf dessen Postcheckkonto.
e)
Anfangs Oktober 2003 stellt sich heraus, dass KNAPP aus hier nicht näher interessierenden Gründen seit dem 31. August 2003 zweifelsfrei nicht mehr urteilsfähig ist. Er ist allerdings weder bevormundet noch verbeiratet. Die Urteilsunfähigkeit ist für medizinische Laien nicht erkennbar.
f)
Am 20. Oktober 2003 erfährt REICH von der Urteilsunfähigkeit des KNAPP. Jener hat aber bereits am 18. Oktober 2003 den Schuldbrief zur Tilgung einer
Verbindlichkeit dem DANIEL DOLL übertragen, der von der Urteilsunfähigkeit
des KNAPP weder etwas wissen konnte noch musste.
Wie beurteilen Sie die Rechtslage in den einzelnen Stadien (a bis f)? Wie
wäre die Rechtslage, wenn nicht ein Schuldbrief, sondern eine Grundpfandverschreibung vorliegen würde?
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Fall 3
ALFRED ist Eigentümer eines Einfamilienhauses, das von ihm beim Erwerb mit einem
Inhaberschuldbrief im ersten Rang (700'
000 Franken) zugunsten der GIPFEL-BANK
belastet worden ist. THEO, ein guter Kollege von ALFRED, leiht diesem einige Zeit
später 100'
000 Franken. Zwischen ALFRED und THEO wird vereinbart, dass jener jährlich 10'
000 Franken (zinslos) zurückzahlt. Die Schuld wird mit einer Grundpfandverschreibung über 100'
000 abgesichert. Zwei Jahresraten hat ALFRED bereits zurückbezahlt. Dafür liegen Quittungen vor. Der Grundbuchverwalter hat gemäss dem Vertrag auch die Grundpfandverschreibung im ersten Rang eingetragen. Der Bankverwalter der Gipfelbank weiss von dieser zweiten Belastung des Grundstücks.
Weil ALFRED die Hypothenzinsen nicht mehr zahlen konnte, kommt es zur Zwangsverwertung des Einfamilienhauses. In diesem Zusammenhang stellt sich heraus,
dass Alfred die Rückzahlungen an THEO aus einem weiteren Darlehen geleistet hat.
Borger war MAX. Auch mit diesem wurde ein Pfandvertrag abgeschlossen, der allerdings nie vollzogen wurde.
Weiter beteiligt am ganzen Fall ist schliesslich BERTHA, der ALFRED gegen Bezahlung
von 100'
000 Franken vor kurzen eine lebenslängliche Nutzniessung am Einfamilienhaus eingeräumt hat.
Weil eine lärmige Strasse gebaut wurde, ist zu erwarten, dass bei der Verwertung
der Liegenschaft höchstens 500'
000 Franken als Erlös erzielt werden können.
ALFRED hat keinen Rappen mehr.
Wie beurteilen Sie die Rechtslage?
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Fall 4
Die Eheleute MANFRED und FRIEDA MÜLLER verheirateten sich im am 15. September
1988, ohne dass sie einen Ehevertrag abgeschlossen hätten. Nachdem der Ehemann MANFRED eine Erbschaft über 400'
000 Franken gemacht hatte, erwarben die
Ehegatten im Sommer 1993 gemeinsam eine Eigentumswohnung in Basel, je zu
hälftigem Miteigentum. Der Kaufpreis von 600'
000 Franken wurde mit Mitteln aus der
Erbschaft sowie einem gemeinsam aufgenommenen Grundpfanddarlehen 300'
000
Franken finanziert.
Nun kommt es zur Scheidung. Ausser der Liegenschaft existieren keine nennenswerten Vermögenswerte. Die Grundpfandschuld ist nicht amortisiert worden. Der
Verkehrswert der Liegenschaft beträgt aktuell 800'
000 Franken FRIEDA MÜLLER behauptet, ihr Miteigentumsanteil sei ihr von Manfred Müller geschenkt worden, was
von letzterem aber bestritten wird.
Einig sind sich die Eheleute MÜLLER darin, dass MANFRED im Rahmen der Scheidung
die Wohnung zu Alleineigentum übernehmen soll.
Zu welchem Ergebnis führt diesfalls die güterrechtliche Auseinandersetzung,
wenn davon ausgegangen wird:
a) dass die behauptete Schenkung nicht nachgewiesen werden kann?
b) dass die behauptete Schenkung nachgewiesen werden kann?
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Fall 5
HERR A. (geb. 1945) hat am 1. Januar 1975 FRAU B. geheiratet. Aus dieser Ehe sind
zwei gemeinsame Kinder hervorgegangen, nämlich FRITZ (geb. 1977) und HANS
(geb. 1980). Im Jahre 1984 verstarb FRAU B. Im Dezember 1986 heiratete HERR A.
nochmals. Mit seiner zweiten FRAU C. (geb. 1960) hat HERR A. nochmals zwei Kinder,
nämlich ANNA (geb. 1988) und SUSI (geb. 1990).
Nach der Geburt der zweiten Tochter schlossen A. und C. einen Ehevertrag. Die einzige Vertragsbestimmung besteht darin, dass dem überlebenden Ehegatten 2/3 des
Vorschlags zustehen soll.
Am 1. Januar 2004 stirbt Herr A. unerwartet. Bei den Unterlagen des Verstorbenen
findet sich ein eigenhändiges Testament, dessen Formgültigkeit ausser Zweifel steht.
Das Testament enthält (soweit hier relevant) folgenden Wortlaut: „Meine Frau soll
30'
000 Franken bekommen. Hans bekommt 15'
000 Franken, Fritz 10'
000 Franken.
Einen allfälligen Rest soll meine liebe Frau erben. Anna und Susi sollen warten.“
Im Todeszeitpunkt besteht folgende, von keiner Seite bestrittene Vermögenssituation:
-
Die Vorschlag der Eheleute beträgt je 150’000 Franken (Bankguthaben).
Das Eigengut des Verstorbenen beläuft sich auf 20'
000 Franken.
Das Eigengut der Ehefrau beträgt 100'
000 Franken.
Die Eheleute haben keine Schulden (Kosten des laufenden Unterhalts etc. können hier vernachlässigt werden).
Namentlich die Kinder aus erster Ehe sind mit dem Testament nicht einverstanden.
Wie beurteilen Sie die Rechtslage?
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Kurzfälle (bei Zeitreserve/ zum Selbststudium)
Kurzfall 1
Der reiche, aber unglücklich verheiratete RENÉ ROCHE will sich selbst verwirklichen
und plant eine zweijährige Weltreise. Seinem guten Freund GEORG GEIGY, Berufsreiter, hat er für die geplante Zeit seiner Abwesenheit die Obhut an seinem wertvollen
Springpferd "TUT-ENCH-AMON" übertragen. Für seine Bemühungen und Unkosten hat
ROCHE für die Dauer von zwei Jahren dem GEIGY die Nutzniessung am Pferd eingeräumt. Roche reist ab, Geigy gewinnt ein Reitturnier nach dem andern und kassiert
viel Geld.
Jetzt, d.h. ein Jahr nach der Abreise ihres Ehemanns, verlangt Frau Roche von
GEIGY das Pferd zurück. Ihr Ehemann habe sich während des ganzen Jahres nicht
einmal gemeldet. Man müsse deshalb davon ausgehen, dass er gar nicht mehr am
Leben sei. Die Nutzniessung sei deshalb untergegangen und das Pferd sei ihr herauszugeben.
GEORG GEIGY ist damit nicht einverstanden.
Wie ist die Rechtslage, wenn es zum Prozess kommt und ungewiss ist, ob
ROCHE noch lebt?
Kurzfall 2
Während der Basler Kunstmesse ART hat sich in einem vornehmen Restaurant folgender (fiktiver) Sachverhalt zugetragen: Der bekannte Basler Galerist ZENO
ZEYERLER hat den weltbekannten Maler MARC MOLARI mit Gefolgschaft zum Nachtessen eingeladen. Die Bilder und Skizzen von MOLARI erreichen einen Marktwert von
jeweils gegen eine Million. Als man beim Dessert ist, kommt MOLARI auf die Idee,
sich auf seiner Art zu bedanken. Er nimmt eine Stoffserviette und malt darauf mit
Filzstift eines seiner bekannten Motive und übergibt das Kunstwerk dem ZEYERLER
als Geschenk, der sich darüber freut. Dieser hat allerdings die Rechnung ohne den
Wirt Werner W ÜTHRICH gemacht, der daneben stand und den Vorgang aufmerksam
verfolgte. Als Kunstsammler kennt W ÜTHRICH den grossen Wert der Skizze, die er als
Eigentümer der Serviette sofort für sich beansprucht.
Wie beurteilen Sie die Eigentumsverhältnisse am Kunstwerk?
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Kurzfall 3
Tante EUSEBIA hat ihre einzigen Verwandten, Neffen HANS und FRITZ im Testament
als Erben eingesetzt. Das formgültige Testament besteht aus den folgenden zwei
Sätzen: „Hans und Fritz sollen meine Erben sein. Fritz soll mein Haus bekommen.“
Wie beurteilen Sie die Rechtslage?
Kurzfall 4
Der Verwaltungsjurist HEINRICH HEINE und die selbständig erwerbstätige Anwältin
BETTINA HEINE, beide 50 Jahre alt und kinderlos, sind in Scheidung. Sie haben bei
der Eheschliessung im Jahre 1980 durch Ehevertrag Gütertrennung vereinbart. Beide haben Ersparnisse von je 100'
000 Franken, und beide haben keine Schulden. Der
Ehemann hat im heutigen Zeitpunkt gegenüber seiner Vorsorgeeinrichtung Anspruch
auf 500'
000 Franken an Austrittsleistungen, die zum Grossteil während der Ehedauer
erworben worden sind. Die Ehefrau hat keine „zweite Säule“. Ihre Altersversorgung
besteht aus zwei Eigentumswohnungen, die sie während der Ehe aus ihrem Einkommen als Anwältin gekauft hat und welche Mietzinseinnahmen im Alter garantieren werden. Die Ehefrau stellt sich auf den Standpunkt, dass der unter altem Recht
geschlossene Ehevertrag nicht mehr gelte. Deshalb sei von Errungenschaftsbeteiligung auszugehen und die während der Ehedauer erworbenen Austrittsleistungen
des Ehemannes müssten geteilt werden. Der Ehemann beruft sich auf Gütertrennung
gemäss Ehevertrag, so dass er die Austrittsleistungen nicht teilen müsse.
Wie beurteilen Sie die Frage der Gültigkeit bzw. Ungültigkeit des Ehevertrags?
Wie beurteilen Sie die Rechtslage bezüglich der beruflichen Vorsorge?
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