mercedes w115
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ALLE ACHTUNG _________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________ Der Kauf eines Liebhaberstückes ist keine einfache Angelegenheit. Einerseits muß einem das neue Spielzeug rein gefühlsmäßig 100%-ig gefallen, sonst wird man damit auf die Dauer nicht glücklich, andererseits können solche Summen im Spiel sein, daß man sehr nüchtern und berechnend an die Sache herangehen muß. Man sollte also vor der Tat einige Vorentscheidungen treffen. Zunächst überlegen wir ob es unbedingt ein bestimmtes Modell sein soll (Diesel...erste Serie...). Auch über die Wunschausstattung (Automatic, Servo, Schiebedach ...) ist man sich schnell im Klaren. Die Entscheidung, welchen Zustand man erwerben möchte, ist von den eigenen finanziellen und handwerklichen Möglichkeiten abhängig. In der Preisklasse der /8Baureihe sind größere Renovierungsarbeiten leider völlig unrentabel. Der erzielte Wertzuwachs liegt immer unter der investierten Summe, deshalb ist das bessere Auto auch der bessere Kauf. Das Erkennen einer guten Fahrzeugsubstanz ist also das A & O eines erfolgreichen Kaufes, egal ob es darum geht unsaubere Reparaturen der spezifischen Schwachstellen an einem vermeintlichen Museumsstück zu enttarnen oder einzuschätzen ob ein Wiederaufbau halbwegs im Rahmen bleibt. Das Kaufobjekt sollte möglichst ungeschweißt und unverpfuscht sein, d.h. frei von übereinander gepappten Blechen und dicken Spachtelschichten. Ein paar Schönheitsfehler sind allemal besser als ein glänzender Neulack auf unbekanntem Untergrund. Fahrzeuge mit frischem "TÜV" sind häufig ohne Rücksicht auf die Haltbarkeit zusammengeschustert und deshalb nicht zu empfehlen. STRICH-ACHT-KAUFBERATUNG Seite 1 Ein großes Plus der /8-Baureihe ist die ungeheure Typenvielfalt, die für jeden Geschmack etwas bietet: Von ganz altmodisch bis ganz modisch, von furchtbar langsam bis furchtbar schnell, von splitterfasernackt bis total überfüllig (mit Extras natürlich). Die Auflistung soll nicht nur über die Eigenschaften des jeweiligen Modells informieren, sondern auch Bastel- Welcher Typ passt zu mir? kisten entlarven, denn nur ein W115.114 war von Geburt an ein 240 D 3.0. WELCHER TYP PASST ZU MIR _________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________ V VO OL LL LN NO OR RM MA AL L 200 W115.015 Januar 1968 bis Dezember 1976, Motor M115.923, 1988 cm , 95 PS, 160 km/h, Stückzahl: 288.785. Anspruchsloses für Anspruchslose? Nicht unbedingt, denn die vierzylindrige Basisversion der Baureihe bietet großes Fahrvergnügen ohne seinen Besitzer mit kapriziöser und wartungsfeindlicher Technik zu nerven. Von diesem Modell ist eine ausreichende Anzahl relativ gut erhaltener Fahrzeuge auf dem Markt, die allerdings meist recht mager ausgestattet sind. 220 W115.010 Februar 1968 bis Juli 1973, Motor M115.920, 2197 cm , 105 PS, 168 km/h, Stückzahl: 128.732. Mit einem gewissen Dröhnmoment erkauft man sich bei diesem langhubigen Motor ein unerhört hohes Drehmoment, ansonsten ist der Wagen mit dem 200er völlig baugleich 230.4 W115.017 August 1973 bis Dezember 1976, Motor M115.951, 2307 cm , 110 PS, 170 km/h, Stückzahl: 87.765. Die Modellpflege brachte der /8-Baureihe speziell mit dem 230.4 einen zweiten Frühling. Für denjenigen, der sich mit dem facegelifteten Äußeren und dem VierzylinderGebrumme anfreunden kann ist dieser spritzige Wagen sicher der interessanteste Normal-/8. 230 (.6) W114.015 Januar 1968 bis November 1976, Motor M180.954, 2292 cm , 120 PS, 175 km/h, Stückzahl: 221.783. Man wählte und wählt diesen Wagen, wenn es denn unbedingt ein Sechszylinder sein muß. Auch wenn es immer wieder sparsame Exemplare geben soll, so ist doch im Schnitt ein erheblicher Mehrverbrauch gegenüber den äußerlich gleichen und im Fall des 230.4 sogar gleich schnellen Vierzylindern zu erwarten. Der raubauzige Sound des Antiksechszylinders ist heute nicht mehr als Nachteil zu werten, er verhilft zum richtigen Oldie-Feeling K KE EN NN NZ ZE EIIC CH HE EN ND D 200 D W115.115 Januar 1968 bis Dezember 1976, Motor OM 615.913, 1988 cm , 55 PS, 130 km/h, Stückzahl: 339.927. Das Basismodell der Baureihe ist absolut ausgereift und total unkompliziert aber auch unglaublich leistungsschwach. 220 D W115.110 Januar, Januar 1968 bis Dezember 1976, Motor OM 615.912, 2197 cm , 60 PS, 135 km/h, Stückzahl: 420.270. Auch beim Diesel 220er sorgt ein verlängerter Kolbenhub für ein weit angenehmeres Drehmoment, von Spritzigkeit kann aber auch hier keine Rede sein. Diesel sind eben nur etwas für wahre Liebhaber. 240 D W115.117 August 1973 bis Dezember 1976, Motor OM 616.916, 2404 cm , 65 PS, 138 km/h, Stückzahl: 131.319. Mit diesem Diesel kann man einigermaßen verkehrsgerecht mitschwimmen und dank der längeren Hinterachsübersetzung auch längere Autobahnetappen nervenschonend absolvieren. 240D 3.0 W115.114 Oktober 1974 bis November 1976, Motor OM 617.910, 3005 cm , 80 PS, 148 km/h, Stückzahl: 53.690. Dieses Schmuckstück war seinerzeit der schnellste Diesel der Welt und noch heute vermag der Großdiesel im Ampelsprint zu beeindrucken. Den Fahrspaß erkauft man sich allerdings mit einer etwas anfälligen Technik, viele der Fünfzylinder dröhnen und wummern heftigst. KAUFBERATUNG STRICH-ACHT Seite 2 TYPISCH STRICH-ACHT _________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________ M R ER GE NIIG EN WE deerr W od Ro HR EH ME 250 C W114.021 März 1969 bis Mai 1972, (technische Daten siehe Limousine), Stückzahl: 8.824. Die Urform des Coupés besticht durch ein besonderes Oldiefeeling. 250 C W114.023 Juli 1969 (bis August 1972 nur für Export) bis Juni 1976, (technische Daten siehe Limousine), Stückzahl: 11.768. Die späte 2.8 Liter Version kommt dem Ideal eines schaltfaul zu fahrenden Altherrenfahrzeugs am nächsten. 250 CE W114.022 April 1969 bis Mai 1972, (technische Daten siehe Limousine), Stückzahl: 21.787. Das "E" umweht bei diesem Wagen der Hauch der Exclusivität, denn das Coupé war lange Zeit der einzige /8 mit Einspritzmotor (er ist allerdings etwas versoffen und defektanfällig). 280 C W114.073 Juni 1972 bis August 1976, (technische Daten siehe Limousine), Stückzahl: 13.151. Eigentlich das bessere Auto als ein 250C, aber trotzdem wieder nichts Halbes und nichts Ganzes. 280 CE W114.072 Mai 1972 bis Juli 1976, (technische Daten siehe Limousine), Stückzahl: 11.518. Hier sitzen sie in der ersten Reihe, denn teurer und schneller geht es nicht, dieser Wagen ist absolut top! D DE ER RF FE EIIN NE E U UN NT TE ER RS SC CH HIIE ED D 250 W114.010 Dezember 1967 bis April 1972, Motor M 114.920, 2496 cm , 130 PS, 180 km/h, Stückzahl: 78.303. Ab dem 250 aufwärts sind die /8er mit etwas mehr Chrom behängt und haben (ab August 1969) sogar Edelholz am Armaturenbrett. Der sportive Motor ist nicht ganz so schlecht wie sein Ruf. 250 W114.011 Juli 1970 (bis August 1972 nur für Export) bis Juli 1976, Motor M 130.923, 2778 cm , 130 PS, 180 km/h, Stückzahl: 34.061. Der 2.8 ist ein echter Geheimtip, wenn es um besonders kultiviertes Fahren geht. 280 W114.060 Mai 1972 bis September 1976, Motor M 110.921, 2746 cm , 160 PS, 190 km/h, Stückzahl: 44.537. Eigentlich wäre der VergaserDoppelnocker ein tolles Auto, wenn es da nicht den Einspritzer gäbe, der bei geringeren Unterhaltskosten (Verbrauch) ganze 25 PS mehr bietet. 280 E W114.062 April 1972 bis September 1976, Motor M 110.981, 2746 cm , 185 PS, 200 km/h, Stückzahl: 22.836. /8-Fahrers Traum! Die meist problemlose elektronische Einspritzung macht das Topmodell zu einem in jeder Situation souveränen Rasewagen. KAUFBERATUNG STRICH-ACHT Seite 3 ACHTUNG ACHSE _________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________ Rahmendelle und verschobene Achsaufnahme – Unfallopfer! Bleiben oder bleiben lassen? Bevor wir mit Detailmängeln Zeit vertrödeln, untersuchen wir die entscheidenden Problemzonen. Ernsthafte Unfallschäden zeigen sich durch Beulen in der normalerweise glatten Längsträgeraußenwand in den Ecken über der Vorderachse. Die Vorderachsaufnahmen (speziell hinten links) rosten besonders dann, Achskonsole hinten links wenn eingedrungenes Spritzwasser wegen größerer (oder was davon übrig ist) Mengen schwarzen Unterboden-"schutzes" nicht mehr ablaufen kann. Original ist der Unterboden mit in Wagenfarbe lackiertem PVC-Steinschlagschutz versehen. Im hinteren Bereich des vorderen rechten Radkastens befindet sich eine kreisrunde Öffnung mit etwa 5 cm Durchmesser. Das hier angebrachte, in den Motorraum Achskonsole hinten führende Rohr trägt das Lenkgestänge (Lenkzwischenrechts nebst Lenkhebel) und sollte frei von größeren Schmutzansammhebellager im Solllungen sein. Ist das nicht der Fall muß das Rohr von unten gründlichst abgeklopft und danach gereinigt zustand. werden. Wenn dabei Rostbrösel im Rohr zu finden sind, sagen wir höflich auf Wiedersehen. Gefährlich wird es auch, wenn das Servo-Lenkgetriebe aus dem Rahmen reißt (Verschraubung beobachten, während ein zweiter Mann gegen die Anschläge lenkt. Vorsicht! nicht zwischen Rad oder Spurstangen einklemmen!) KAUFBERATUNG STRICH-ACHT Seite 4 FEIN ODER NICHT FEIN _________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________ Rahmenbogen über der Hinterachse von der Innenseite her gesehen. FEIN ODER NICHT FEIN ? Ist hier soweit alles in Ordnung wenden wir uns dem nächsten Knackpunkt eines /8-Kaufes zu, indem wir vor einem Hinterrad niederknien. Der auf der Innenseite der hinteren Wagenheberaufnahme beginnende Bogen über die Hinterachse sollte sehr sorgfältig geprüft werden. Der Schweißfalz entlang der Unterkante des Radhauses darf nicht aufgequollen oder verflickt und zugeklebt sein. Hinter der Hinterachse erkennt man an Knicken im Bereich der Stabilisatorbefestigung heftige Unfallschäden. gebaut werden! Die Diagnose durch Befingern des Bereichs unter den Abläufen ist bei Vierzylindern leicht möglich, bei größeren Aggregaten sehr schwierig und bei Zweinockenwellen-Triebwerken nur von unten machbar (Grube, Hebebühne) Eine weitere Chance besteht vom Innenraum aus (vordere Teppichmatten herausnehmen). Der Wasserkastenfalz befindet sich ziemlich weit oben zwischen den Verkleidungspappen der Der letzte kaufentscheidende Schwachpunkt des /8 sitzt mitten im Auto. Hinter dem Motor befinden sich je nach Baujahr die zwei oder drei Entwässerungsklappen des LüftungsWasserkastens, unter denen es häufig zu massiven Durchrostungen kommt. In besonders krassen Fällen rostet der gesamte Getriebetunnel ab. Aber auch leichte Schäden führen zu heftigen Überschwemmungen des Innenraums und damit zu weiterem Rost. Für eine Schweißreparatur (kein Blech lieferbar) muß die Heizungsanlage und eigentlich auch Motor und Getriebe komplett aus- STRICH-ACHT-KAUFBERATUNG Seite 5 Die Reparatur dieses Problems kostet ca. 3000,- DM ansonsten gibt`s Hochwasser! WAS SIND „WEGLÄUFE“ ? _________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________ So Nicht! Dieses überbreite Spachtelgeschwür ist typisch für Überzieh-Radläufe aus dem Zubehör! Armaturenbrettunterseite und dem Ansatz der Mittelkonsole. Eine Durchrostung wird durch Rostrinnsale aus dieser Richtung entlarvt. Ein gezielt in das Lüftungsgitter geschütteter Liter Wasser verschafft letzte Klarheit, ob man sich nach einem gesünderen Patienten umsehen sollte. Möglicherweise sind auch die hinteren Radläufe einfach zum weglaufen. Wenn hier schon Überzieher aufgebraten sind, wartet ziemlich viel Arbeit auf den leichtsinnigen Käufer. Originale Radläufe erkennt man am kleinen Schwung auf Höhe der Endspitzensicke. KAUFBERATUNG STRICH-ACHT Seite 6 WENIGER TÜREN MEHR ROST _________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________ lauflöcher. Sind sie bei unsachgemäßen Reparaturen verschlossen worden, ist nicht nur der Originalzustand schwer wiederherstellbar, sondern auch Wasserschaden im Innenraum zu erwarten. Eine sorgfältige Überprüfung des B-Säulenansatzes und der Sicherheitsgurtaufnahmen am Innenschweller ist in jedem Fall angeraten. Speziell beim Coupé steht ein mangelhaftes Seitenteil meist in Zusammenhang mit sehr schwerwiegenden Ein weiteres Coupéproblem ist der C-Säulen-Ansatz hinter der Seitenscheiben-Chromverkleidung. Ein Moosgummistreifen zwischen Außenblech und Innen- Coupe-Seitenteil mit der originalen Sicke (bis Frühjahr 73 mit trapezförmigen Abläufen). Bei wirklich guten Fahrzeugen überlappt am Radlauf eine kleine Lasche den Schweller. Schäden. Bis Anfang 1973 befinden sich in der Sicke, die in Verlängerung des unteren Türspaltes, bis ca. 2cm vor der Radlaufkante verlaufen muß, vier Wasserab- bogen der Zwangsentlüftung ist Schuld daran. Obwohl der Schiebedachablauf zu allem "Überfluß" auch noch hier verläuft rosten Coupés ohne Luke genauso vehement sogar 50.000km Sahnestücke sind betroffen. Es gibt aber auch Rostbaracken die ausgerechnet hier makellos sind. Ein Rückschluß auf den sonstigen Zustand ist also nicht möglich. Die Reparatur ist nicht nur wegen des Lackieraufwands unerfreulich, sondern auch weil sich in der Säule brennbare Dämmwolle befindet. LINKS: WURDE AN DIESER STELLE GESPACHTELT (MAGNET) STEHT EINE 5.000,- DM TEURE REPARATUR INS HAUS ! STRICH-ACHT-KAUFBERATUNG Seite 7 WENIGER ROST MEHR GELD _________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________ Am kritischen Übergang von der Endspitze zum Abschlußblech sollte die Sicke neben dem Rücklicht bis ganz nach unten laufen. Ein originales Abschlußblech hat zudem eine winzige Kante. Bei den ab ca. Mai 74 gelieferten Abschlußblechen befinden sich unterhalb der Stoßstangenbefestigung zwei deutliche Einprägungen mit je zwei großen Löchern in der durchlaufenden Sicke. Finden wir diese Ausführung an älteren Fahrzeugen wurde daran also schon heftig repariert. Alle weiteren Mängel sind im Prinzip nur preisbildend und lediglich bei gehäuftem Auftreten kaufentscheidend. Die Endspitzen der hinteren Seitenteile sind besonders am Übergang zum Abschlußblech selbst bei guten Fahrzeugen häufig leicht angerostet oder schon nachbehandelt. Ob Türen, Kotflügel oder Hauben erneuerungsbedürftig sind erkennt man leicht, hier bedarf es keiner großen Worte. Ein rostiger Schiebedachdeckel ist serienmäßig. Rost am Dachrand um das Schiebedach und am hinteren Ende vor der Heckscheibe ist allerdings ein echter Grund zur Sorge. Dafür sind die Schiebedachabläufe wiederum problemlos und bedeuten keine zusätzliche Rostgefahr für den Wagen. Bild rechts: Schiebedachablauf hinten rechts /8-Limousine Das Wasser nimmt den Weg des restlichen Dachablaufwassers durch die Zwangsentlüftung. Die vorderen Abläufe enden im Spalt zwischen Tür und Kotflügel es droht also keine Gefahr. KAUFBERATUNG STRICH-ACHT Seite 8 JEDER SCHWELLER HAT SEIN DECKELCHEN _________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________ JEDER SCHWELLER HAT SEIN DECKELCHEN Die Überprüfung der vorderen und hinteren Schwellerenden insbesondere an den Wagenheberaufnahmen ist eine Standardübung beim Altwagenkauf. Der Rost- fraß beginnt an der unteren Verschraubung der vorderen Kotflügel. Ein gutes Indiz für den Originalzustand ist die richtige Überlappung des Schwellerdeckels. Der Deckel selbst sitzt auf dem Fußraumblech und der Außenschwellerrand überlappt den Deckel so, daß der Radlauf sich fortzusetzen scheint. Oben: Der Anfang vom Ende. Wenn die vergammelte Kotflügelverschraubung nicht sorgfältig instandgesetzt wird, löst sich das Auto auf. Die originale E-Antenne dieses Wagens ist da nur ein schwacher Trost. Bild rechts; So wie am hier zu "Showzwecken" montierten Schwellerdeckel müssen die Überlappungen verlaufen. Bei den meisten Fahrzeugen ist ein X-beliebiges Blech aufgebraten, was schlecht aus sieht und vor allem den Rost begünstigt! STRICH-ACHT-KAUFBERATUNG Seite 9 GENUG BLECH GEREDET _________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________ Ein sanierter FahrerFußraum. Der Verlauf der hellen Dichtmasse zeigt nicht nur den Rand des Reparaturblechs, sondern auch den Verlauf der Träger darunter. GENUG BLECH GEREDET Die vorderen Fußräume sind mit einer in Wagenfarbe lackierten Bitumenmatte ausgekleidet. Zeigen sich entlang der unter dem Boden verlaufenden Träger Blasen, versteckt sich dahinter eine glatte Durchrostung. Eine solche findet sich häufig auch in den vorderen Innenschwellerecken. Wird in diesen Bereichen geschweißt, dann meistens sehr schlampig, denn das Ergebnis wird ja im wahrsten Sinne des Wortes unter den Teppich gekehrt. Der Kofferraumboden versteckt sich unter einer Gummimatte. Wenn sich hier Feuchtigkeit und Rost erst einmal festgesetzt haben, ist eine Schönheitskur sehr aufwendig. Unbedingt sollte man noch den vorderen Querträger unter dem Kühler (Rost) und an der Stoßstangenbefestigung (Unfallfolgen) prüfen. Schäden können im Rahmen einer Renovierung leicht behoben werden, eine "Solo-Reparatur" ist sehr aufwendig. Die seitlichen Stehwände des Motorraumes rosten entlang sämtlicher Außenkanten (insbesondere zum Fußraum) und an der von der Radseite her aufgeschweißten Stoßdämpferverstrebung. Bei der Besichtigung des Motorraumes sollte man auch den Zustand und die Richtigkeit der Fahrgestellnummer überprüfen (siehe Bild oben). GUTER KERN ? Schnell läßt sich der Bereich des Innenraumes erfassen. Schäden dürfen aber nicht auf die leichte Schulter genommen werden. Roststellen und Beulen kann man schweißen, spachteln und vor allem lackieren. Ein Loch an einem Ausstattungsteil aber erfordert neben umfangreichen Montagearbeiten ein schwer auffindbares Ersatzteil: Es gibt 36 verschiedene Armaturenbretter und ca. 2500 verschiedene Vordersitze! Das Verbrechen Lautsprecher in Türverkleidungen ohne Kurbelloch (elektrische Fensterheber) zu schneiden wird nur noch von der selben Aktion in den hinteren Türen der Langversion übertroffen. Überhaupt hinterläßt die Bastelleidenschaft der /8-Besitzer Schäden, die dem ernsthaften Fan das Wasser in die Augen treibt. KAUFBERATUNG STRICH-ACHT Seite 10 KAUFBERATUNG _________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________ Sitzplatz in der ersten Reihe 01.68 08.69 04.72 08.73 bis bis bis bis 08.69 04.72 08.73 1976 = = = = Serie Serie Serie Serie 0,5: 1: 1,5: 2: geteilte Mittelkonsole mit kleinem Aschenbecher grobe Armaturenbrettmaserung durchgehende Mittelkonsole neue Innenfarben und feine Maserung aber noch Ausstellfenster innen unverändert aber neue Front und große Außenspiegel Hhhhhhhhh Die entsprechenden Türverkleidungen: Viele farbige Teile und Polsterstoffe besonders der älteren Modelle sind nicht mehr erhältlich und wenn doch, dann zu sehr hohen Preisen. Gute originale Stoffpolster sind extrem selten und werden so unter Kennern mehr und mehr zum Geheimtip. (Es gibt mittlerweile ca. 70 Fahrzeuge, die noch 1998 eine neu im Werk gefertigte Ausstattung erhalten haben!) Unter den eventuell vorhandenen Sitz-Schonbezügen sollte man erst dann nach dem Rechten sehen, wenn der Kauf praktisch schon fest steht, da mit dem Entfernen der Bezüge häufig umfangreiche Bauarbeiten verbunden sind. Überhaupt sollte man die Intensität seiner Kritik nach dem geforderten Preis und der Angebotsbeschreibung richten. Bei einem als Note 4 angebotenen Exemplar wird man falsche Kopfstützen und dubiose Heißkleberreparaturen eher hinnehmen müssen, als an einem angeblichen Spitzenfahrzeug. Auch eventuell vorhandene Sonderausstattungen müssen vollständig und unbeschädigt sein, sonst machen sie mehr Ärger als Freude. STRICH-ACHT-KAUFBERATUNG Seite 11 ... UND DER KLEINKRAM ? _________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________ Technisches Foul? Die Basis für eine vertrauenserweckende Technik bildet ein gut geführtes KundendienstCheckheft, wobei original MB-Service nicht vorausgesetzt werden darf. Wichtig und beim Diesel zwingend ist ein Kompressionsbild, das neben einem gleichmäßigen Verlauf keine Werte unter 8,5 (Benziner neu 10...12) bzw. 18 (Diesel neu 22...24) aufweisen sollte. Die beste Prüfung ist eine Probefahrt. Mercedes-Neulingen sei aber gesagt, daß manch ein schrottreifer Mercedes immer noch besser fährt als wesentlich neuere Billigprodukte. Lautstark durchrutschende Anlasser sind kein gutes Omen. Quietschende Keilriemen sind eher normal, sollten aber eine Prüfung der Spannvorrichtungen nach sich ziehen, die häufig ausgeleiert sind. Beim Beschleunigen darf das Kardanmittellager nicht schlagen, die Hinterachse sollte bei Lastwechsel nicht allzu heftig singen, das Lenkspiel darf bei Geschwindigkeiten über 100 km/h keine Schweißausbrüche verursachen, Jaulgeräusche beim Rangieren deuten auf eine defekte Servopumpe hin und wenn sich das Auto beim Abbremsen aus leichtem Rollen mit der Feststellbremse scheinbar zur Seite neigt, ist die von manchen Fahrern zu selten benutzte Einrichtung meist umfangreich auszutauschen. Eine beim Einfedern oder Lenken quietschende Vorderachse beweist, daß wartungsfrei nicht gleichzeitig defektfrei bedeuten muß. Das Schaltgetriebe ist im Vergleich mit anderen Fabrikaten zwar exakt geführt, verlangt aber sehr lange Synchronisationszeiten. Hektisches Schalten führt bereits bei geringer Laufleistung zu Kratzgeräuschen. Besonders anfällig sind die raren Fünfganggetriebe. Sie geben schon bei geringer Laufleistung Geräusche von sich, die bei heutigen Fahrzeugen sofort zu Garantiere- paraturen führen würden. Die Automatikgetriebe sind in alter und neuer Ausführung (ab 08.73 Wandler statt hydraulischer Kupplung) sehr kultiviert und selten defekt. Es sind Laufleistungen bis 750.000 km bekannt. (Überhaupt ist z.B. ein /8 mit nur 100.000 Km gerade gut eingefahren.) Werden die Gänge spürbar verspätet "einworfen" ist das meist noch Einstellungssache. Wenn aber zwischen den Gängen der Motor aufheult liegt erheblicher Verschleiß vor. Dieser Verdacht bestätigt sich, wenn das Getriebeöl (Meßstab) verbrannt riecht und keine klare rote Farbe aufweist. Ein Getriebetausch ist dann einzukalkulieren, wobei die Schwierigkeit unter den 34 verschiedenen Automatikgetrieben des /8 das Richtige zu finden, einen ordentlichen Abschlag rechtfertigt. Treibsätze Erst ein warmgefahrenes Triebwerk gibt Aufschluß darüber, ob alle Drehzahlbereiche sauber durchlaufen werden. Einen direkten Hinweis auf den Zustand des Motors (Lagerverschleiß) liefert der serienmäßige Öldruckmesser. Vom Werk werden 0,5 bar im Leerlauf und 3,0 bar bei 3000U/min als Grenzwert angegeben. In der Praxis sind Leerlaufwerte von 2,0 bis 3,0 beim Vierzylinder und 1,0 bis 2,0 beim Doppelnocker zu erwarten. Ein tiefer Blick in den Öleinfülldeckel zeigt ob der Todfeind Ölschlamm zugeschlagen hat. KAUFBERATUNG STRICH-ACHT Seite 12 KAUFBERATUNG _________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________ Ölschlamm tötete diesen Motor! Ist ein Dieselmotor ,,,,äußerlich stark verölt, deutet das darauf hin, daß sich ein Teil des Kompressionsdrucks an den verschlissenen Kolbenringen vorbei ins Kurbelgehäuse verflüchtigt und so das Öl aus allen "Poren" drückt. Wenn der Öleinfülldeckel bei laufendem Motor sehr stark herum-springt, wenn man ihn nur lose auflegt, ist das ein weiteres Indiz für diesen Sachverhalt. Also im Fall des Falles ein "frisches" Kompressionsbild anfertigen. Ein typisches Benzinerproblem ist das Blaurauchen beim Kaltstart oder bei Motorbremsungen aus hoher Geschwindigkeit. Der M114 (250/C/CE bis 04.72) ist ein besonders starker Raucher. Wenn man mit einem /8-Benziner im Stadtverkehr an jeder Ampel eine dicke Wolke zurückläßt kann man auf einen inakzeptablen Ölverbrauch von deutlich über 2 Litern auf 1000 km hochrechnen. Dem Kaufpreis dürfen dann je nach Typ 800,- bis 2.000,- DM für einen "Gebrauchtmotor mit Hinterhofeinbau" abgezogen werden. Fällt ein 250CE im Bläutest durch, ist nach Überprüfung der sonstigen Motordaten eine Komplettüberholung für 5.000,- bis 7.000,- DM einzuplanen, da hier die Ersatzmotoren selten und meist genauso verschlissen sind. Der letzte Blick Idealfall: 20 Jahre erstklassiger Kundendienst! STRICH-ACHT-KAUFBERATUNG Seite 13 Steht das mehr oder weniger gute Stück heiß und brodelnd wieder am Ausgangsort der Reise ist ein letzter Check des Ölverlustverhaltens angebracht schwitzen darf er aber nicht gerade tropfen. Richtig Geld kosten können auch rassig röhrende Auspuffanlagen. Bei der optischen Kontrolle des häufig mehrfach geflickten Wunderwerkes, sollte auch der eine oder andere Blick auf die Hinterachse geworfen werden. Ein veröltes Mittelstück ist die Regel. Äußerst ärgerlich, weil kostspielig, sind aber Schäden an den Gummimanschetten der Antriebswellen. Auch das Kühlsystem samt Wasserpumpe sollte noch eines Blickes gewürdigt werden. Die 280er (V und E), das 250 CE und der 3-Liter-Diesel verdienen besondere Aufmerksamkeit, da viele Technik und Elektrikteile anders sind als bei den übrigen Modellen. ... UND DER KLEINKRAM ? _________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________ Die Rücklichter glänzen durch angeschmolzene Gläser und in der alten Ausführung durch schlechten Chrom. Eine Prüfung des sonstigen Chromzustandes ist obligatorisch. Besonders die Stoßstangen und natürlich spezielle Nach dieser Kaufberatung mit Überlänge könnte der Eindruck entstehen der /8 sei ein Katastrophenfahrzeug. Er ist aber, obwohl Kleinigkeiten wie angelaufene Scheiben, defekte Schalter und Instrumente und gebrochene Sitzgestelle hier noch großzügig unter den Coupéteile sind grausam teuer. Nur die 280er haben ab Werk die hintere Coupé-Stoßstange, wenn diese auch an andere Limousinen geschraubt wird, dann meist reichlich windschief. Die nicht originalen Löcher rechtfertigen dann einen kleinen Abzug in der B-Note und ein waches Auge bei der Prüfung des restlichen Fahrzeugs, denn wer einmal bastelt, dem glaubt man nicht! Schlechte Scheinwerfer sind leider Standard und auch an der Bereifung wird gerne gespart. Dicke Schlappen vertragen sich nur bedingt mit der Lenkgetriebeaufhängung und den durchaus berechtigten Vorstellungen des TÜV. Tisch gefallen sind, doch ein unvergleichlich zuverlässiger Mercedes. Man kann mit dem /8 ohne Bedenken spontan zu großen Reisen aufbrechen und hat, da die Fahrtüchtigkeit selbstverständlich ist, genügend Zeit sich um Sonderausstattungen und dergleichen Scherze zu kümmern. Jede Menge Rost ist normal, unsachgemäße Reparaturen leider auch. Wichtig ist, daß keine Doppelbleche aufgesetzt sind und das Lenkungs- und Vorderachsaufhängung sowie der Innenbogen über der Hinterachse in Ordnung sind. Ein gepflegter OriginalInnenraum ist Gold wert. michael rohde Die Moral von der Geschicht KAUFBERATUNG STRICH-ACHT Seite 14 KAUFBERATUNG _________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________ Richtig gute /8er sind sehr selten geworden, man sollte sich auf eine lange Suche einstellen. STRICH-ACHT-KAUFBERATUNG Seite 15 ... UND DER KLEINKRAM ? _________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________ Unverbindliche Preisempfehlung Die folgenden Angaben sollen als grobe Richtlinie gelten. Die angegebenen Untergrenzen bedeuten "Glück gehabt" und die Obergrenzen entsprechend "hart aber gerecht", wobei Ausnahmen natürlich die Regel bestätigen. Wie eingangs erwähnt kann man nur die Anschaffung guter Fahrzeuge empfehlen. "Gut" bedeutet dabei eine Laufleistung von ca. 100.000 km und keine erkennbaren Schweißreparaturen, aber dafür Schönheitsfehler wie kleinere Lackmängel und ausgehärtete Dichtgummis. Diese Fahrzeuge der Zustandskategorie 3+ sind relativ selten und werden in Kleinanzeigen meist als "Note 1" Die gefragteren Modelle 250, 280 und auch der 240 D 3.0 sind in gutem Zustand weitaus seltener zu finden und auch dementsprechend teurer (6.000.- bis 11.000.DM). Kleinere Restaurationsarbeiten sind bei diesen Modellen zu vertreten, wobei darauf zu achten ist, daß solche Vorhaben grundsätzlich doppelt solange dauern wie geplant und auch dreimal soviel kosten! Der 280 E liegt fast auf dem Niveau der Coupés, die im empfehlenswerten Zustand mit 8.000.- bis 15.000.DM anzusetzen sind. Auch wenn die Zweitürer meist viel gepflegter aussehen als die Standardmodelle ist größte Vorsicht geboten. Ein wesentlich geringerer Anteil als bei den Limousinen ist in unserem Sinne als brauchbar zu bezeichnen. Restaurationsarbeiten an den hinteren Seitenteilen gehen ins Uferlose! mit Anmerkungen wie "Einzigartig!" oder "Neuwertig!" angepriesen. Der Wert von Sonderausstattungen läßt sich kaum in DM ausdrücken. Die Extras gelten eher als Dreingabe, die ein Auto erst richtig interessant machen. Nur bei Schlachtfahrzeugen kann man Leder, Klima und Fensterheber als feste Größe mit jeweils rund 1.000.DM einkalkulieren. Bei schlechten Fahrzeugen ergibt sich der Wert aus der Summe der verwertbaren Teile und einem gewissen Nutzwert bis zum Verfall der TÜVPlakette, abzüglich der mittlerweile erheblichen Entsorgungskosten. Im entsprechenden Zustand dürfen die Modelle 200, 220, 230 (.4/.6), 200 D, 220 D und 240 D 4.000.- bis 7.000.- DM kosten. Es gibt sie noch in ausreichender Zahl größere Restaurationen und Blecharbeiten lohnen nur bei sehr außergewöhnlichen Fahrzeugen (Ausstattung, Farbzusammenstellung, Historie) Sonderaufbauten und Langversionen sind etwas für ganz harte Sonderlinge bzw. Schrauber mit langem Atem, denn nahezu alle diese Fahrzeuge sind in einem grauenhaften Zustand. Sie lassen sich nicht mit einer einheitlichen Preistendenz erfassen. tobias schneider KAUFBERATUNG STRICH-ACHT Seite 16