Inhibition der Cyclooxygenase bei destruktiven Gelenkerkrankungen
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Inhibition der Cyclooxygenase bei destruktiven Gelenkerkrankungen
Ruhr-Universität Bochum Prof. Dr. med. Ralf H. Wittenberg Dienstort: St. Elisabeth-Hospital Herten Orthopädische Abteilung Inhibition der Cyclooxygenase bei destruktiven Gelenkerkrankungen Effekte von Lumiracoxib, Diclofenac, Celecoxib und SC-560 auf die Prostanoidfreisetzung aus entzündeter Synovialis und Bursa subacromialis in vitro Inaugural-Dissertation zur Erlangung des Doktorgrades der Medizin einer Hohen Medizinischen Fakultät der Ruhr-Universität Bochum vorgelegt von Ida Sibylle Haußleiter aus Münster 2004 Dekan: Prof. Dr. med. G. Muhr Referent: Prof. Dr. med. R. H. Wittenberg Korreferent: Prof. Dr. med. J. Krämer Tag der Mündlichen Prüfung: 25. 01.2005 meiner Familie Diskobolische Marmorkopie der Bronzestatue von MYRON (50 v. Chr.); Rom Museo Nazionale Inhaltsverzeichnis Theoretischer Teil 1. Grundlagen 1 1.1 Entzündung 2 1.2 Enzyme und Botenstoffe 3 1.2.1 Cyclooxygenase (COX) 3 1.3 1.4 1.2.1.1 Struktur und Isoformen 4 1.2.1.2 Lokalisation und Effekte 8 Inflammatorisch 9 Zentralnervös 10 Kardiovaskulär 11 Gastrointestinal 12 Urogenital 13 1.2.2 Prostaglandine (PG) 15 1.2.3 Cytokine 19 Pharmakologische Intervention 20 1.3.1 Nicht-steroidale Antiphlogistika (NSAID) 22 1.3.2 selektive COX-1-Inhibitoren 23 1.3.3 selektive COX-2-Inhibitoren 24 1.3.4 Nebenwirkungen der selektiven COX-2-Inhibitoren 26 Chronisch-entzündliche Gelenkerkrankungen 28 1.4.1 Impingement - Syndrom der Schulter 28 1.4.2 Osteoarthrose des Knies 30 Experimenteller Teil 2. Versuchsdesign 2.1 2.2 33 Methodik 33 2.1.1 Pilotexperiment 33 2.1.2 Kurzeitinkubation 34 2.1.3 Langzeitinkubation 34 Material 35 2.2.1 Gewebe 35 2.2.2 Pharmaka-Lösungen 36 2.3 Procedere 39 2.4 biometrische Verfahren 40 2.4.1 Radioimmunoassay (RIA) 40 2.4.2 Enzymelinked Immuno-sorbent Assay (ELISA) 42 2.5 Statistik 45 2.6 verwendete Substanzen 47 3. Ergebnisse 48 3.1 Pilotexperiment 48 3.2 Endgültige Analyse 56 Auswertung 4. Diskussion 74 5. Zusammenfassung 100 Literaturverzeichnis Danksagung Lebenslauf 102 Verzeichnis der Abkürzungen COX Cl - Cyclooxygenase Chlorid DMSO Dimethylsulfoxid DNA Desoxyribonukleinsäure ELISA Enzymelinked Immuno Sorbent Assay FG Feuchtgewicht IL1β Interleukin 1β IL4 Interleukin 4 6-Keto-PGF1α 6-Keto-Prostaglandin F 1α kB Kilo Basenpaar; molekularbiologische Maßeinheit kD Kilo Dalton; chemische Masseinheit mRNA messenger Ribonukleinsäure Na+ Natrium NSAID Nicht-steroidale Antiphlogistika PBS Phosphatsäure-gepufferte Saline PG Prostaglandine RIA Radioimmunoassay RT-PCR Reverse-Transkriptase Polymerase-Kettenreaktion TBX Thromboxan TNFα Tumor Nekrose Faktor α ZNS Zentrales Nervensystem Theoretischer Teil 1. Grundlagen Zur Therapie rheumatischer Schmerzen verwendeten schon die Ägypter vor 3500 Jahren einen Aufguss aus getrockneten Myrte-Blättern. Rund tausend Jahre später empfahl HIPPOKRATES den Saft der Pappel bei Augenentzündungen und den Einsatz von Weidenrinde, um Geburtsschmerz und Fieber zu lindern. Alle diese Heilmittel enthalten Salicylate. CELSIUS beschrieb 30 v.Chr. Rubor (Rötung), Calor (Wärme), Dolor (Schmerz) und Tumor (Schwellung) als Charakteristika der Entzündung und therapierte sie mit Extrakten aus Weidenblättern. Im Römischen Reich - zu Zeiten von PLINIUS dem Älteren, DIOSCORIDES und GALEN - wurde der Einsatz salicylathaltiger Pflanzen weiterentwickelt und die Weidenrinde bei leichten bis mittleren Schmerzen als Therapie der Wahl empfohlen. Auch in China und anderen Gebieten Asiens wurden salicylathaltige Pflanzen therapeutisch angewandt. Im Mittelalter wurden Salicylate als Wundpflaster oder systemisch bei Dysenterie und menstruellen Schmerzen eingesetzt. Der erste dokumentierte, klinische Einsatz der Weidenrinde fand 1763 in England statt. Mit 1.8g getrockneter, zermahlener Weidenrinde therapierte Reverend STONE aus Oxfordshire erfolgreich das Fieber von über 50 Patienten. Er schloss seine Publikation mit dem Wunsch, dass diese potente Substanz umfassend eingesetzt und getestet würde und die Welt einen großen Nutzen aus der Wirkung ziehe [STONE 1763]. Die derzeitig weltweite Produktion von 45000 Tonnen Aspirin im Jahr und ein durchschnittlicher Verbrauch von 80 Tabletten pro Person übersteigen seine Vorstellungen sicherlich. 1859 wurde erstmals Salicylsäure synthetisch in Deutschland hergestellt. Der Vater von Felix HOFFMAN, einem jungen Chemiker der Bayer AG, drängte seinen Sohn, eine schmackhaftere Form des sehr bitteren Salicylates zu entwickeln, um sein Rheuma zu therapieren. 1899 wurde Aspirin als praktische Möglichkeit präsentiert, den Organismus mit der aktiven Substanz Salicylat zu versorgen [DRESER 1899]. Beinahe ein Jahrhundert später, am 10. Dezember 1980, erhielt Sir John VANE den medizinischen Nobelpreis für die Erforschung des Wirkmechanismus von Aspirin auf das Enzym Cyclooxygenase. Heute nimmt VANE aufgrund einer koronaren Herzerkrankung selbst regelmäßig das Medikament ein, dessen Effekte er vor 23 Jahren erfolgreich beschrieb. 1 1.1 Entzündung Unsere Umwelt enthält eine Vielzahl mikrobiologischer, chemischer und physikalischer Faktoren, die eine Gewebeschädigung provozieren können. Ihre Abwehr geschieht über die angeborene, unspezifische und die erworbene, spezifische Immunität. Dies ist ein wichtiger Schutzmechanismus unseres Organismus zur Erhaltung der funktionellen und morphologischen Integrität. Eine Entzündung ist der örtlich begrenzte Abwehrprozess einer Gewebeschädigung und besteht aus einer komplexen Reaktion des gefäßführenden Bindegewebes, der Blutzellen und des Blutplasmas. Die schädigende Noxe führt zu einer Alteration des Gewebes und zur Freisetzung von Substanzen, die die entzündliche Reaktion auslösen und so zur Kardinalsymtomatik führen: Rötung durch Vasodilatation, Gewebsschwellung durch entzündliches Exsudat, Erwärmung aufgrund vermehrter Gewebsdurchblutung und letztlich Schmerz durch Nervenreizung [CELSIUS / GALEN]. VIRCHOW (1821-1902) fügte die gestörte lokale Funktionsfähigkeit als fünftes Symptom hinzu. Bakterien Noxen Ischämie Anaphylaxie Gewebeschädigung Entzündungsmediatoren Akute Entzündung vaskuläre & zelluläre Reaktion Ödem Chronische Entzündung zelluläre Reaktion Exsudat Lyse des Exsudats Granulationsgewebe & Fibrose Regeneration des Parenchyms Restitutio ad integrum Narbe Abb. 1.1 akute und chronische Entzündung [nach BÖCKER et al. 1997] 2 Das Bindeglied zwischen Gewebeschädigung und entzündlicher Reaktion stellt eine Gruppe von chemischen Substanzen dar, die als Entzündungsmediatoren bezeichnet werden. Sie regulieren in Abhängigkeit von Art und Intensität der Schädigung alle entzündlichen Reaktionen. Sie steuern zu Beginn der Entzündung die vaskuläre Reaktion und modifizieren später auch die zelluläre Phase mit der Emigration von Phagozyten. Viele der Entzündungsmediatoren werden von den am inflammatorischen Geschehen beteiligten Zellen freigesetzt. Die zellulären Mediatoren liegen entweder präformiert in zytoplasmatischen Vakuolen vor oder sie werden auf den Entzündungsreiz hin in entsprechenden Enzymkaskaden neu synthetisiert [BÖCKER et al. 1997]. 1.2 Enzyme und Botenstoffe 1.2.1 Cyclooxygenase (COX) Das COX-Enzym katalysiert den ersten Schritt in der Umwandlung von Arachidonsäure zu Prostaglandinen und Thromboxan [VANE 1971]. Gemeinsam mit der Peroxidase, die der weiteren Prostanoid-Verarbeitung dient, bildet sie die Prostaglandin-Endoperoxid-Synthase (PGHS) [HEMLER und LANDS 1976]. Lange Zeit nahm man an, es gäbe nur eine Form der COX, deren Produkte sowohl für die physiologische Homöostase, als auch für die Vermittlung akuter Entzündung verantwortlich seien. Diese heutige COX-1-Form wurde 1976 erstmals isoliert [HEMLER und LANDS] und zwölf Jahre später erfolgreich geklont [DE WITT und SMITH 1988]. Es wurde angenommen, dass in den einzelnen Geweben eine konstante Menge dieser COX ausgeschüttet wurde und im Entzündungsfall vermehrt Vorstufen von Prostaglandinen freigesetzt würden. Zwei experimentelle Beobachtungen widerlegten jedoch dieses Konzept: Nicht die Menge an PG-Vorstufen stieg im entzündlichen Geschehen an, sondern der Gehalt an COX. Zudem ließ sich diese Zunahme durch Kortikosteroide verhindern [FU et al. 1990 / MASFERRER et al. 1992 / O’BANION et al. 1991]. Den induzierbaren Charakter des Isoenzyms und damit die Existenz einer COX-2 zeigten RAZ et al., als sie durch IL1β-Stimulation in Fibroblasten [1989] und durch Endotoxin in Monozyten eine Aktivitätszunahme der COX hervorriefen [1990]. Im gleichen Jahr demaskierte MASFERRER durch eine Adrenalektomie die COX-Aktivität in vivo. XIE und KUJUBU fanden mit einem Molekularprogramm, das induzierbare FrühePhase-Gene identifiziert [1991], ein Gen, dessen Sequenz mit dem bekannten COX-1Enzym im Wesentlichen übereinstimmte und klonten erfolgreich die COX-2-Isoform. 3 1.2.1.1 Struktur und Isoformen Isoenzyme sind Enzyme unterschiedlicher Aminosäuresequenz, die dieselbe Reaktion katalysieren. In der Natur sind sie weit verbreitet. Sie setzen die gleichen Substrate um, jedoch mit unterschiedlicher Aktivität. Unterschiedlich ist auch ihr Verhalten gegenüber Aktivatoren, Inhibitoren, und Substratanaloga [LÖFFLER 1999]. Die Isoenzyme der COX weisen ein unterschiedliches genetisches Expressionsprofil auf, deutlich divergierende kinetische Eigenschaften, eine variierende Lokalisation in subzellulären Kompartimenten und abweichende Interaktionen mit anderen Enzymen [SMITH et al. 2000 / FITZPATRICK und SOBERMAN 2001]: Tab. 1.1 Struktur, Distribution und Regulation der COX-Isoformen [nach PAIRET und ENGELHARDT 1996 / O’BANION 1999] COX-1 COX-2 DNA Chromosome 9 / 22 kB Chromosome 1 / 8,3 kB mRNA 2,8 kB 4,5 kB Protein 72 kD / 599 Aminosäuren 72 kD / 604 Aminosäuren Homologie 75% Homologie im Menschen: Konservierung der Hämoglobin-Bindungsstelle, des aktiven Zentrums und der Glykosylierungsseiten vorwiegend konstitutiv vorwiegend induziert, aber auch konstitutiv 2-4facher Anstieg durch Stimuli 10-20facher Anstieg durch Stimuli subzelluläre Lumenseite des Endoplasmatischen Lumenseite der perinukleären Membran Lokalisation Retikulums gewebliche in den meisten Geweben, vor allem konstitutiv in ZNS, Nieren, Hoden, Trachea Lokalisation in Thrombozyten, Endothelzellen, inflammatorisch induziert in Makrophagen / Magen und Niere Monozyten, Synoviozyten, Chondrozyten, Regulation Fibroblasten, Endothelzellen Unterschiede Das aktive Zentrum der COX-2 ist größer als das der COX-1. Glukokortikoide hemmen die Expression von COX-2, nicht aber von COX-1. Die Gene für COX-1 und COX-2 sind auf den menschlichen Chromosomen 9 bzw. 1 lokalisiert [KRAEMER et al. 1992 / FLETCHER et al. 1992] Die Anordnung von Introns und Exons ist bei beiden Genen identisch, lediglich die Exons 1 und 2 der COX1, die den Startpunkt für die Translation sowie das Signalpeptid enthalten, sind bei COX-2 in einem Exon kondensiert. Das COX-2-Gen hat insgesamt kleinere Introns und ist nur 8kb groß, im Vergleich zu 22kb der COX-1. Das Merkmal der kleineren Introns 4 ist typisch für Akute-Phase-Gene und passt zu einer schnellen Transkription und mRNA-Verarbeitung [CROFFORD 1997]. Abb. 1.2 Struktur der COX-Gene [nach CROFFORD 1997] Auch die Promoterregion der beiden Gene unterscheidet sich signifikant und spiegelt den physiologischen Zustandsbereich der beiden Isoformen auf molekularbiologischer Ebene wieder: Typisch für ein so genanntes „Housekeeping Enzyme“, enthält der Promoter der COX-1 keine TATA-Box und auch keine nachweisbaren Regionen für induzierbare Transkription [SMITH et al. 1995]. Der COX-2-Promoter hingegen beinhaltet eine TATA-Box, sowie einige Transkriptions-Elemente, die bei hoch regulierbaren Genen üblich sind. Während Lipopolysaccharide, Wachstumsfaktoren und proinflammatorische Cytokine (IL1β, TNFα) im Akutfall COX-2 induzieren, bremsen Glukokortikoide, IL4, IL13 und IL10 die Genexpression. [APPLEBY et al. 1994 / LEE et al. 1992 / ONOE et al. 1996 / NIIRO et al. 1997 / XIE et al. 1991 / KUJUBU et al. 1992]. Die Induktion durch Tumor-Promoter verdeutlicht die Relevanz der COX-2 in der Kanzerogenese. [SHENG et al. 2000] Abb. 1.3 Struktur der COX-Promoter [nach CROFFORD 1997] Im Unterschied zur mRNA der COX-1 enthält die COX-2-mRNA am 3’ Ende ihrer Sequenz eine repetitive Region, die in der Translationsphase nicht übersetzt wird. Vermutlich destabilisiert sie die mRNA, inhibiert die Translation und degradiert rapide das Transkript [RISTIMAKI et al. 1994 / DIXON et al. 2000]. Ein Verlust dieser Region 5 aufgrund von Mutationen oder Konformationsänderungen führt zu einer Überexpression der COX-2 und wird als maßgeblicher Faktor in der Kanzerogenese von malignen Kolon-Erkrankungen diskutiert [TSUJII et al. 1998]. Obwohl auf DNA- und RNA-Ebene deutliche Unterschiede in Struktur und Regulation der COX-Gene auffallen, sind Proteinstruktur und enzymatische Funktion der beiden Formen erstaunlich ähnlich. Das Proteinprodukt zeigt Abweichungen im Bereich des Nterminalen Signalpeptides und eine Insertion von 18 Aminosäuren am C-terminalen Ende des COX-2-Polypeptides. Die übrige Kernsequenz ist jedoch zu 75% identisch und alle Anteile, die als essentiell für die katalytische Aktivität angesehen werden, sind konserviert [SMITH und DEWITT 1995]. Die allgemeine Struktur besteht aus drei großen Domänen, die auch als „folding units“ bezeichnet werden: Am N-terminalen Ende des Enzymes befindet sich die Bindungsstelle für diverse Wachstumsfaktoren, die „epidermal growth factor-like domain“. Anschließend befindet sich das „membrane-binding motif“, ein Membran-BindungsBereich und schließlich am C-terminalen Ende die „enzymatic domain“, die das aktive Zentrum mit COX- und Peroxidase-Aktivität enthält. [PICOT et al. 1994] Diese beiden katalytischen Regionen sind im selben dimeren Proteinmolekül vereint [VANE et al. 1998 / SMITH et al. 2000], aber räumlich deutlich voneinander getrennt [EVERTS 2000]. Beide Isoenzyme sind membranassoziiert, so dass aus beschädigten Membranen freigesetzte Arachidonsäure an der membranseitigen Öffnung des größtenteils hydrophoben Enzymkanals angesaugt und um die Haarnadelkurve gedreht werden kann [HAWKEY 1999]. Generell binden alle Substrate an eine Bindungsstelle im mittleren Teil des langen Kanals zwischen Membran-Verbindung und Protein-Innerem. Hier werden zwei Sauerstoffmoleküle eingefügt und ein freies Radikal freigesetzt, wodurch der für die PG charakteristische Ring aus fünf Kohlenstoffatomen entsteht. Dieser chemische Vorgang hat den Enzymnamen der „Cyclo-oxy-genase“ geprägt. COX-1 und COX-2 haben eine vergleichbare Umsatzgeschwindigkeit Vmax und Michaelis-Konstante Km für Arachidonsäure (20:4 ω6); die COX-2 ist jedoch durch ihren „flexibleren“ Kanal effizienter bei alternativen Substraten [SMITH und DEWITT 1995]. Der Einsatz fluoreszierender Arachidonsäure zeigte, dass NSAID die COX-1 etwa in der Mitte des Kanals blockieren [LANZO et al. 1998]. Die Aminosäuren Arginin (an Position 120), Tyrosin (355) und Glutamat (524) markieren diese Bindungsstelle, wobei Tyrosin sterisch den Zugang zum aktiven Zentrum behindert [KURUMBAIL et al. 1996 6 / LOLL et al. 1996]. Pharmakologisch interessant ist das Arginin, das die einzig positiv geladene Komponente im Bindungskanal ist. Die Röntgenkristallographie der dreidimensionalen Struktur lässt darauf schließen, dass sowohl Arachidonsäure, als auch Carboxylat-haltige NSAID, über Wasserstoffbrücken an dieses polare Arginin binden und so eine Blockade bewirken [PICOT et al. 1994 / LUONG et al. 1996]. Abb. 1.4 Schematische Darstellung der hydrophoben Bindungskanäle von COX-1 (links) und COX-2 (rechts) mit den gebundenen Inhibitoren Aspirin bzw. Celecoxib [LOLL et al. 1995 / KURUMBAIL et al. 1996 / FITZGERALD 2003] Der COX-Bindungskanal enthält eine so genannte „Seitentasche“, die bei den beiden Isoformen durch unterschiedliche Aminosäuren begrenzt wird: Bei der COX-2 handelt es sich um Valin (523), Arginin (513) und Valin (434). Valin (523) bindet an eine Schwefelgruppe der selektiven COX-2-Inhibitoren und ermöglicht so die spezifische Inhibition von nur der COX-2. Bei der COX-1 sind an entsprechenden Positionen die Aminosäuren Isoleucin (523), Histidin (513) und Isoleucin (434) positioniert [WONG et al. 1997 / GUO et al. 1996 / KURUMBAIL et al. 1996]. Das Isoleucin (523) ist um eine Methylgruppe größer, als das entsprechende Valin (523) der COX-2, und kann somit den Zugang zur Seitentasche zu versperren [GARAVITO und DEWITT 1999]. Der gezielte Ersatz einer einzigen Aminosäure bewirkt also den kritischen Unterschied für die Selektivität pharmakologischer Inhibitoren [LUONG et al. 1996 / GIERSE et al. 1996]. 7 1.2.1.2. Lokalisation und Effekte Arachidonsäure COX-1 Homöostase: Schleimhaut-Schutz Plättchen-Aggregation Renaler Blutfluss Cyclooxygenase Prostaglandin G2 COX-2 Pathophysiologie: Entzündung, Fieber Schmerz Ischämie M. Alzheimer Kanzerogenese Adaptation: Renale Renin-Sekretion Wund- & Ulkusheilung Weibliche Reproduktion Knochen-Metabolismus Gefäß-Schutz Peroxidase Prostaglandin H2 Prostglandine Prostacyclin Thromboxane Abb. 1.5 Rolle der COX-Enzyme [nach HINZ und BRUNE 2002] Trotz vieler struktureller Gemeinsamkeiten scheinen COX-1 und COX-2 als zwei separate Enzymsysteme zu funktionieren: Während die COX-1 im endoplasmatischen Retikulum lokalisiert ist, wird die COX-2 sowohl dort, als auch in der Kernmembran exprimiert [MORITA et al. 1995]. Verallgemeinert gesagt, handelt es sich bei der COX-1 um ein konstitutiv vorhandenes „Housekeeping Enzyme“, das in fast allen Geweben des menschlichen Organismus vorkommt und physiologische Reaktionen vermittelt. Die COX-2-Isoform wird hingegen von Zellen exprimiert, die am Entzündungsgeschehen beteiligt sind und katalysiert die Synthese von Prostanoiden bei pathologischen Vorgängen. Heute weiß man jedoch, dass die These von der „guten“ COX-1 und der „schlechten“ COX-2 die Vorgänge in vivo nur unzureichend wiedergibt [FITZGERALD und PATRONO 2001]. Während die COX-2 zu Beginn der 90er Jahre ausschließlich als Produzent pathologischer Prostanoide angesehen wurde, belegen neuere Studien, dass die COX-2 auch eine bedeutende Rolle in diversen physiologischen Prozessen spielt [VANEGAS und SCHAIBLE 2001 / O’BANION 1999]. Ebenso wurde eine vermehrte COX-1-Expres- 8 sion in nicht physiologischen Situationen, wie z.B. nach Läsion eines Nerven, beobachtet [TO et al. 2001 / HARTNER et al. 2000 / SCHWAB et al. 2000]. Die beiden Isoenzyme greifen auf getrennte Arachidonsäure-Reserven zurück, die in Antwort auf unterschiedliche zelluläre Stimuli mobilisiert werden [REDDY und HERSCHMAN 1994 / MURAKAMI et al. 1994]. Die von der COX-2 produzierten Stoffwechselprodukte regulieren über eine rückkoppelnde Schleife und Interaktion mit nukleären Rezeptoren die Expression des Enzymes [FORMAN et al. 1995 / DEVCHAND et al. 1996 / HINZ et al. 2000]. Inflammatorisch: Das Tiermodell der inflammatorischen Arthritis gibt Aufschluss über die Expression von COX-2 bei akuter und chronischer Entzündung [SANO et al. 1992]. Immunohistochemisch ließen sich Synoviozyten des Gelenkinnenraums, vaskuläre Endothelzellen, infiltrierende Monozyten, Chondrozyten, subchondrale Osteoblasten und angrenzendes Knochenmark anfärben. Eine Behandlung des Gewebes mit Dexamethason senkte erwartungsgemäß die COX-Expression. Ein Anstieg der COX-1-mRNA konnte durch RT-PCR-Analysen nicht festgestellt werden [SANO et al. 1992]. Beide Beobachtungen belegen, dass die angestiegene Expression in vivo überwiegend auf eine vermehrte COX-2-Freisetzung zurückzuführen ist. Im Tiermodell der adjuvant induzierten Arthritis stieg die mRNA von COX-2 - nicht aber von COX-1 - zeitgleich mit der klinisch nachweisbaren Pfotenschwellung an. Ein verabreichter selektiver COX-2-Inhibitor verhinderte das Pfotenödem zu 80-85 % und Dexamethason zu 95-100 % [ANDERSON et al. 1996]. In explantiertem humanem Synovialisgewebe konnte ebenfalls die Regulation der COX-Enzyme durch physiologische Faktoren nachgewiesen werden: Grundsätzlich wurden beide COX-Isoformen exprimiert. Der Zusatz von IL1β oder Phorbolester stimulierte die COX-2-Expression, Dexamethason und IL4 antagonisierten diese Entwicklung und inhibierten die spontane PGE2-Produktion in den frisch isolierten Synoviozyten. Dieselbe Behandlung hatte keinerlei Einfluss auf den COX-1-Spiegel im Gewebe [SUGIYAMA et al. 1995 / CROFFORD et al. 1994 / HULKOWER et al. 1994]. Die Wirkung von IL1β und IL4 verdeutlichte die Rolle anti-inflammatorischer Cytokine als regulierende Faktoren der Genexpression [ONOE et al. 1996]. In menschlichem Gewebe war die COX-2 ebenso in verschiedenen Zelltypen des Gelenkbereiches nachweisbar, wie im Tiermodell. Die Expression schien einheitlichen 9 Regulationsmechanismen zu unterliegen [RISTIMAKI et al. 1994 / O’SULLIVAN et al. 1992 / WILBORN et al. 1995 / GENG et al. 1995 / ONOE et al. 1996]. Bei der Untersuchung von rheumatisch, osteoarthrotisch oder traumatisch verändertem humanem Synovialisgewebe fand sich ein deutlicher COX-2-Gehalt im rheumatischen Gewebe. Das Gewebe der Osteoarthrose-Patienten zeigte eine Immunoreaktivität mit leicht schwächerem Signal; in der traumatischen Kontrollgruppe war die Färbung jedoch nur sehr gering ausgeprägt. Ausmaß und Intensität der Anfärbung korrelierten mit dem Grad der monozytären Gewebsinfiltration, die als Maß für die synoviale Entzündung galt [SANO et al. 1992]. Zentralnervös: Eine Entzündung sorgt am Ort ihrer Entstehung für eine gesteigerte Expression von COX-2 und durch ihre Syntheseprodukte zu einer Stimulierung der peripheren nozizeptiven Nervenenden, sowie zu einer lokalen Schmerz-Hypersensitivität. Im zentralen Nervensystem sind basal beide Isoformen nachweisbar: COX-1 und COX2 können augenblicklich auf eine Freisetzung von Transmittern reagieren und zentral Prostanoide synthetisieren [YAKSH et al. 2001 / TEGEDER et al. 2001]. In den vergangenen Jahren wurde immer deutlicher, dass die PG nicht nur periphere Nozizeptoren erregen, sondern auch im ZNS agieren und eine Hyperalgesie verursachen können. Die experimentelle zentrale Administration von COX-Inhibitoren zeigte, dass diese Substanzen vor allem im Hinterhorn wirkten und so eine Analgesie hervorriefen [TASSORELLI et al. 2003]. Im Hinterhorn des Rückenmarks werden die nozizeptiven Signale auf das zweite Neuron übertragen und anschließend an höhere Zentren des ZNS weitergegeben. Die Schmerzempfindung geht dann gesammelt im Kortex ein. COX-2 ist konstitutiv im Hinterhorn vorhanden und wird bei traumatischer oder inflammatorischer Belastung in den entsprechenden sensorischen Segmenten hoch reguliert. Diese Induktion erleichtert die Übertragung des nozizeptiven Inputs. Auf Rückenmarksebene erzeugtes PGE2 spielte eine wesentliche schmerzvermittelnde Rolle, indem es die spinalen Neurone direkt depolarisierte und so die Erregung bildete [BABA et al. 2001]. Dass es sich bei den beschriebenen zentralen Vorgängen um ein COX-2-vermitteltes Geschehen handelte, wurde 1998 durch eine Studie belegt, in der der selektive COX-2-Inhibitor Celecoxib den inflammatorisch erhöhten PG-Spiegel in cerebrospinaler Flüssigkeit deutlich senkte, während der COX-1-selektive Inhibitor SC-560 keine signifikante Wirkung zeigte [SMITH et al.]. Diese Beobachtungen wurden durch SAMAD et al. unter10 mauert, die zeigten, dass nach peripherer Entzündung die COX-2-Expression in Neuronen des Rückenmarks und anderen Teilen des ZNS großflächig induziert wurde [2001]. Als Folge der peripheren Entzündung induzierte vor allem das in diesem Zusammenhang sekretierte IL1β die zentrale COX-2. Entsprechend agierende Hemmstoffe - wie ein Inhibitor des Interleukin-Converting-Enzyms oder ein selektiver COX-2-Inhibitor verminderten sowohl die zentrale PGE2-Induktion, als auch die mechanische Hyperalgesie [SAMAD et al. 2001]. Kardiovaskulär: Ebenso wie in der Synovialis entzündlicher Gelenke, werden auch in artherosklerotischen Plaques sowohl COX-1 als auch COX-2 exprimiert [CROFFORD et al. 1994 / SCHONBECK et al. 1999]. Im Gefäßendothel wirkt die COX durch die Produktion von Prostacyclin anti-thrombogenetisch und vasodilatatorisch. Prostacyclin hemmt zudem die Aktivierung und Aggregation von Leukozyten. Als „Gegenspieler“ führt das in den Thrombozyten produzierte Thromboxan A2 zu einer Thromboaggregation und Vasokonstriktion [FUNK et al. 1991 / WHITTLE et al. 1980 /MONCADA et al. 1976]. Adventitia Vasodilatation Muskularis Vasokonstriktion Endothel PKA cAMP + PGI2 AC G Ca2+ _ IP3 TXA2 PLC IP TP G Abb. 1.6 Regulation des peripheren Gefäßtonus durch Prostacyclin PGI2 und Thromboxan TXA2 [nach HINZ und BRUNE 2002] Die vaskuläre Protektion durch die COX-2 scheint ein adaptiver Prozess zu sein, denn laminäre Scheerkräfte im Gefäß und Komponenten der artherogenen Lipoproteine führten zu einer Hochregulierung des Isoenzyms [TOPPER et al. 1996 / ZEMBOWICZ et al. 1995]. Die genaue Rolle der COX-2 in der Artherosklerose ist jedoch immer noch 11 nicht geklärt. PRATICO et al. zeigten im Tiermodell, dass die Inhibition beider Isoenzyme das Auftreten einer Artherosklerose verzögerte [2001]. Auch COX-1-stämmige PG trugen also offensichtlich zur artherosklerotischen Genese bei. Konsequenterweise sollte der Einfluss von NSAID auf die Progression von Plaques im Menschen evaluiert werden. In klinischen Studien an gesunden Probanden führten selektive COX-2-Inhibitoren zu einer verminderten systemischen Produktion von Prostacyclin [CATELLA-LAWSON et al. 1999 / McADAM et al. 1999]. Die COX-1vermittelte Thromboxansynthese wurde dadurch nicht tangiert und es kam zu einem unvorteilhaften Gleichgewicht der beiden Vasomodulatoren. Publizierte klinische Studien divergieren in diesem Zusammenhang: Während in der CLASS-Studie (Celecoxib Long-Term Arthritis Safety Study) keine Differenz im Auftreten kardiovaskulärer Ereignisse unter Celecoxib oder NSAID (Ibuprofen und Diclofenac) beobachtet wurde [SILVERSTEIN et al. 2000], hatten die Patienten in der VIGOR-Studie (Vioxx Gastrointestinal Outcome Research) unter Rofecoxib ein vierfach erhöhtes Risiko, einen Myokardinfarkt zu erleiden, als die Kontrollgruppe unter Naproxen [BOMBARDIER et al. 2000]. Da jedoch beide COX-2-selektiven Komponenten eine vergleichbare Hemmung der Prostacyclin-Synthese bewirken sollen, ohne dabei die Produktion von Thromboxan zu beeinflussen, basiert die Diskrepanz der kardiovaskulären Endpunkte vermutlich auf dem Einsatz unterschiedlicher Studienprotokolle und NSAID [FITZGERALD et al. 2000]: VIGOR wurde an Patienten mit rheumatischer Arthritis durchgeführt, die nachgewiesenermaßen ein erhöhtes Risiko für kardiovaskuläre Ereignisse haben, während CLASS ausschließlich Osteoarthrose-Patienten einbezog, deren kardiovaskuläres Risikoprofil sich nicht signifikant von dem der Normalbevölkerung unterscheidet [MUKHERJEE et al. 2001]. Gastrointestinal: Die Aufgaben der beiden Isoenzyme im Gastrointestinaltrakt lassen sich grob drei Bereichen zuordnen: Physiologischer Normalzustand, Inflammation und Ulkus. Sowohl in Ruhe, als auch im Entzündungsfall, stimuliert die COX-1 als „Housekeeping Enzyme“ die Sekretion von Schleim und Bikarbonaten [WALLACE et al. 1999]. Prostaglandine, die von diesem Isoenzym synthetisiert werden, werden als hauptverantwortlich für die Zytoprotektion im Gastrointestinaltrakt angesehen, obwohl auch die COX-2 physiologisch in Magenmukosa [ZIMMERMANN et al. 1998 / ISEKI 1995]. Die COX-2 ver- 12 mittelt bei Entzündung ebenfalls eine adaptive Zytoprotektion, so dass die betroffenen Zellen besser topischen Irritationen widerstehen können [WALLACE et al. 1999]. Mit diesem Konzept stimmen die Beobachtungen der CLASS- und VIGORStudiengruppen überein, in denen die beiden selektiven COX-2-Inhibitoren Celecoxib und Rofecoxib signifikant weniger Nebenwirkungen - wie Perforationen, Ulkus und Blutungen - im oberen Gastrointestinaltrakt hervorriefen, als konventionelle NSAID [SILVERSTEIN et al. 2000 / BOMBARDIER et al. 2000]. Die Daten weisen auf ein deutlich verbessertes Risiko-Nutzen-Profil der selektiven COX-2-Inhibitoren bezüglich gastrointestinaler Sicherheit hin und machen das Auftreten eines Ulkus oder die daraus resultierenden Komplikationen weniger wahrscheinlich. Dennoch sind die neuen Substanzen immer noch mit einer möglichen Dyspepsie assoziiert, die zwar seltener auftritt, als bei den NSAID, aber dennoch signifikant häufiger als unter Placebo [LANGMAN et al. 1999]. Eine weitere bedeutende Entdeckung der letzten Jahre war die Beobachtung, dass COX2 die Heilung gastrointestinaler Ulzera beeinflusst. Im Falle eines Magengeschwürs übernahm die COX-2 eine reparierende Funktion und erreichte durch Stimulation von Angiogenese, Zellproliferation und Granulationsbildung eine schnellere Wundheilung [WALLACE et al. 1999]. Übereinstimmend damit wurde eine induzierte COX-2Expression am Rand von ulzeriertem Gewebe nachgewiesen [MIZUNO et al. 1997]. Selektive COX-2-Inhibitoren verzögerten im Tiermodell deutlich die Abheilung von Ulzera [SCHMASSMANN 1998]. Konsequenterweise muss untersucht werden, ob in Patienten mit einem Ulkus durch NSAID eine effektive Ulkus-Abheilung erfolgt, wenn sie auf selektive COX-2-Inhibitoren umgestellt werden. JONES et al. zeigten, dass sowohl selektive COX-2-Inhibitoren, als auch non-selektive NSAID die Angiogenese durch einen direkten Effekt auf die Endothelzellen hemmen [1999]. Auch beim Heliobacter-Pylori-verursachten Ulkus stieg der Gehalt an COX-2 und sank nach erfolgreicher Eradikation wieder ab. Der erhöhte COX-2-Gehalt schien also eine direkte Antwort auf die bakterielle Infektion zu sein [McCARTHY et al. 1999]. Urogenital: HARRIS et al. belegten die Existenz der COX-Isoformen in den Nieren erwachsener Ratten [1994]. Generell nahm der COX-2-Gehalt mit zunehmendem Alter ab [NANTEL et al. 1999]. 13 Die COX-2-Form scheint einen Einfluss auf den Salzhaushalt des Organismus zu haben, da sie in Strukturen exprimiert wird, die den renalen Blutfluss und die Freisetzung von Renin regulieren, wie die Macula densa des juxtaglomerulären Apparates und die aufsteigende Henle-Schleife [HARRIS et al. 1994]. Das zirkulierende Blutvolumen und die Gefäßkontraktilität beeinflussten die Expression der COX-2 und nach Salzrestriktion stieg der Gehalt an COX-2-Protein und mRNA in der Macula densa deutlich an [HARRIS et al. 1994]. Zusätzlich zu den renovaskulären Effekten verminderte das produzierte PGE2 in der aufsteigenden HENLE-Schleife die Rückresorption von Natrium und Chlorid. Zudem senkte es die osmotische Wirkung von Vasopressin in den Sammelgängen, so dass es zu einem gesteigerten Urinfluss kam [STOKES 1979 / ORLOFF und ZUSMAN 1978]. Eine pharmakologische Inhibition des Angiotensin Converting Enzymes (durch ACEHemmer), sowie des Angiotensin-II-Rezeptors (durch ATII-Rezeptorblocker) führte ebenfalls zu einer gesteigerten COX-2-Expression, sowohl in Tieren mit Salzrestriktion, als auch in der Kontrollgruppe [HARRIS et al. 2000]. Die Einnahme selektiver COX-2Inhibitoren ging mit einer verminderten Sekretion von Renin einher [HARRIS 2003 / TRAYNOR et al. 1999]. Die Aktivierung des Renin-Angiotensin-Aldosteron-Systems schien also die COX-2-Expression in der Nierenrinde zu hemmen. Klinische Studien zeigten, dass auch selektive COX-2-Inhibitoren durch Hemmung der renalen Wasserund Salzausscheidung periphere Ödeme verursachten und beim Risikopatienten einen Hypertonus provozierten bzw. verschlechterten [WHELTON et al. 2000 / CATELLALAWSON et al. 1999 / ROSSAT et al.1999]. Da beide Isoformen im renalen Gefäßsystem vorkommen, stellte sich die Frage, welche für die gesteigerte Produktion gefäßerweiternder PG bei Volumenmangel zuständig ist und so den renalen Blutfluss gewährleistet [PATRONO und DUNN 1987]. Auch wenn die Salz-Restriktion selektiver COX-2-Inhibitoren und traditioneller NSAID in gesunden Probanden vergleichbar war, führten in klinischen Studien bisher nur NSAID zu einer signifikanten Senkung der glomerulären Filtrationsrate [CATELLA-LAWSON et al. 1999]. Ebenso wie NSAID verursachten allerdings auch die neuen selektiven COX2-Inhibitoren eine signifikante Hyperkaliämie [BRATER et al. 2001 / WHELTON 2000 / WHELTON 1999] Insgesamt lässt sich sagen, dass auch die neue Generation der COX-2-Inhibitoren die Niere nicht mit Nebenwirkungen verschont und deshalb bei prädisponierten Patienten vorsichtig eingesetzt werden sollte. 14 1.2.2 Prostaglandine (PG) PG sind Derivate der Arachidonsäure und äußerst wirksame zelluläre Entzündungsmediatoren. Sie werden bei Schädigung in praktisch allen kernhaltigen Zellen gebildet. Sie leiten sich aus hoch ungesättigten, langkettigen C20-Fettsäuren ab, die in großen Mengen in den Phospholipiden der Zellmembran vorkommen. Inzwischen ist der Stoffwechselweg, der zur Generation von PG führt, bis ins kleinste Detail beleuchtet worden. Phospholipid-Membran Phospholipase A2 COOH CH3 Arachidonsäure Cyclooxygenase PGG2 PGH2 COOH O Isomerasen O COOH CH3 O CH3 HO PGI2 OH Niere Gehirn Thrombozyten Endothelium TXA2 Niere Thrombozyten Makrophagen vaskuläre Muskulatur PGD2 Gehirn Atemwege Mastzellen Lymphozyten Eosinophile PGF2a OH PGE2 Uterus Gehirn Atemwege Niere vaskuläre vaskuläre Muskulatur Muskulatur Auge Thrombozyten Abb. 1.7 Prostanoid-Biosynthese [nach FITZGERALD und PATRONO 2001] Der initiale Schritt in der Produktion von PG wird von der Phospholipase A2 katalysiert, die Arachidonsäure aus Membranlipiden freisetzt. Die Phospholipasen A sind eine Großfamilie diverser Enzyme mit mehr als dreizehn aktiven Isoformen. Sie unterscheiden sich in Substratspezifität, pH-Sensitivität, Expressionsmuster, Regulierung und subzellulärer Lokalisation and werden gemäß ihrer Struktur und ihres Calciumbedarfs klassifiziert [SIX und DENNIS 2000]. Von besonderer Bedeutung sind die sekretorischen Phospholipasen, die experimentell und bei entzündlichen Erkrankungen rapide freigesetzt werden können [TOUQUI und ALAOUI-EL-AZHER 2001]. 15 Im Verlauf der Prostanoid-Synthese wird die freigesetzte Arachidonsäure alternativ über die Lipoxygenase oder die Cyclooxygenase verstoffwechselt. Hierbei entstehen Leukotriene bzw. PG, Prostacyclin und Thromboxan. Das erste Reaktionsprodukt der Cyclooxygenase COX bzw. der Prostaglandin-Endoperoxid-H2-Synthetase (PGHS) ist das PGH2, das dann von gewebsspezifischen Enzymen in Prostacyclin PGI2, die Prostaglandine PGE2, PGD2 und PGF2 sowie Thromboxan TXA2 umgewandelt wird [SMITH et al. 2000 / GARAVITO und DeWITT 1999]. Es entsteht so eine Reihe bioaktiver Komponenten, die dann ihre biologische Wirkung über spezifische Rezeptoren ausüben. Die Rezeptoren bestehen aus sieben transmembranösen Domänen und werden - gemäß dem zugehörigen prostanoiden Liganden - als DP-, EP-, FP-, IP- und TPRezeptoren klassifiziert [MINAMI et al. 2001 / NARUMIYA et al. 1999 / SUGIMOTO 2000 / BREYER et al. 2001]. Die Rezeptoren sind über G-Proteine an Effektoren wie die Adenylatzyklase oder Phospholipase C gekoppelt [GOETZL et al. 1995 / COLEMAN et al. 1994]. Die enzymatische Metabolisierung der Arachidonsäure durch die COX produziert mehrere Komponenten, die in ihrer Gesamtheit als Prostanoide bezeichnet werden. Sie umfassen in ihrer Länge 20 Kohlenstoffatome („Eicosanoide“) und werden bei einer Fünfring-Struktur „Prostaglandine“ und bei einem Sechsring „Thromboxane“ genannt. Die numerische Ergänzung „2“ bezieht sich auf die beiden Doppelbindungen in den Seitenketten. Eicosanoide haben eine kurze Halbwertzeit und übernehmen als lokale Hormone oder Mediatoren wichtige Funktionen unter physiologischen, sowie unter pathologischen Bedingungen [McGEER et al. 1996]. Sie vermitteln Schlüsselfunktionen in vielen Prozessen, inklusive der zellulären Antwort auf Verletzung und entzündungsfördernde Cytokine, der Fiebergenese, der Modulation der Stressreaktion, des Schlaf-WachRhythmus, der Regulation des zerebralen Blutflusses, sowie der peripheren und zentralen Kontrolle der Schmerzwahrnehmung [O’BANION 1999]. In der Zelle wirken PG und Leukotriene als „second messenger“ und vermitteln die Aktivierung von KaliumKanälen, Makrophagen oder die Adhäsion. Im Gewebe halten sie homeostatische Funktionen wie die Zytoprotektion der Magenschleimhaut und den renalen Gefäßtonus aufrecht [DI MARZO 1995]. Eine konstante Neusynthese von PG durch die konstitutiv exprimierte COX ist in vielen Geweben für die Homöostase notwendig. Bei entsprechender inflammatorischer Stimulation kann die PG-Synthese innerhalb von Minuten hoch reguliert werden [FUNK 2001]. Pro-inflammatorische Signale greifen hierbei 16 transkriptionell und post-translationell in den Metabolismus ein und führen so zu einem frühen, massiven und anhaltendem Anstieg des Prostanoid-Gehaltes. Schon bald nach der initialen Isolierung von Prostanoiden wurde gezeigt, dass diese Substanzen inflammatorische und immunologische Reaktionen des Organismus beeinflussen und dass sich durch ihren künstlichen Zusatz die Kardinalzeichen der Entzündung, sowie ein gesteigertes Schmerzempfinden, reproduzieren lassen. Eine periphere Inflammation erhöht den lokalen Prostanoid-Spiegel und trägt damit direkt zur Entzündung- und Schmerzentstehung bei [TILLEY 2001]. Es zeigte sich jedoch, dass durch die periphere Entzündung auch der zentrale Prostanoid-Gehalt erhöht wird und so wesentlich weitreichendere Änderungen in der Schmerzwahrnehmung bewirkt werden [DIRIG und YAKSH 1999 / VANEGAS und SCHAIBLE 2001]: Durch die periphere Aktivierung des Rezeptors von PGE2 kommt es zu einer Proteinkinase-A-vermittelten Phosphorylierung von Natriumkanälen und anderen Rezeptoren in den terminalen Bereichen nozizeptiver Fasern. Die Erregbarkeit der Nozizeptoren steigt, die auslösende Schmerzschwelle sinkt und die Wirkung schmerzerzeugender Stimuli wird verstärkt [KHASAR et al. 1998]. Damit spielen die Prostanoide eine wesentliche Rolle in der Generierung einer peripheren Sensibilisierung. PGE2 verursacht auf Gewebe-Ebene eine Hyperalgesie und erhöhte Vasopermeabilität und agiert so synergistisch mit anderen inflammatorischen Mediatoren wie Bradykinin, Histamin und Leukotrien B4. Diese Effekte tragen zur initialen hyperämischen Phase der Entzündung bei. Zentral applizierte Prostanoide rufen eine deutliche Veränderung im Schmerzverhalten hervor; die Antwort auf Noxen ist gesteigert und Schmerzreaktionen auf normalerweise nicht-schädliche Stimuli treten auf [MINAMI et al. 1994]. Auf zellulärer Ebene des Rückenmarks erhöht PGE2 die Erregbarkeit in schmerzvermittelnden neuronalen Stoffwechselwegen: Es kommt zu einer gesteigerten Freisetzung von Transmittern aus den Endkolben zentraler Schmerzfasern [MALMBERG et al. 1995], zu einer direkten Depolarisation der Rückenmarks-Neuronen durch Aktivierung eines nicht-selektiven Kationen-Kanals [BABA et al. 2001] und zu einer Reduktion der zentralen Inhibition durch Glycin [AHMADI et al. 2002]. Die Therapie inflammatorischer Zustände sollte strategisch auf die Linderung von Entzündung und Schmerz und auf das Erreichen allgemeinen Wohlbefindens des Patienten abzielen. Da die Prostanoide in all diese Bereiche verwickelt zu sein scheinen, stellt sich nun die Aufgabe, die Synthese der Prostanoide effektiv zu blockieren, ohne allzu viele unerwünschte Nebenwirkungen zu verursachen. 17 Tab. 1.2 Profil ausgewählter Prostanoide Name: PGE2 Strukturformel: COOH O CH3 O OH Profil: - dilatiert die Mikrovaskulatur und erhöht die Permeabilität der Gefäße - wirkt pyrogen und hyperalgetisch, provoziert das inflammatorische Erythem - unterdrückt die Freisetzung lysosomaler Enzyme - unterdrückt die Synthese von Interleukin 2 und Interferon γ durch T-Lymphozyten - schwächt die Migration von T-Helferzellen und unterstützt die Proliferation von T-Suppressorzellen - stimuliert die Aktivität von Osteoklasten und Knochenresorption in Synovialis - inhibiert die Proliferation von Knochenzellen in Synovialis - diuretisch und natriuretisch; induziert die Freisetzung von Renin - reduziert die Produktion von Magensäure, fördert die Freisetzung von Magenschleim - stimuliert die duodenale Sekretion von Bikarbonaten - fördert die Kontraktion des Uterus Name: PGI2 Strukturformel: COOH O CH3 HO OH Profil: - 6–Keto–PGF1α ist der stabile - und somit messbare - Metabolit von Prostacyclin - vasodilatativ - unterdrückt die Adhärenz und Aggregation von Thrombozyten - hemmt die Aktivierung und Adhäsion von Leukozyten - wirkt pyrogen und hyperalgetisch - induziert die Freisetzung von Renin - reduziert die Produktion von Magensäure, fördert die Freisetzung von Magenschleim - stimuliert die duodenale Sekretion von Bikarbonaten 18 1.2.3 Cytokine Mittlerweile ist eine Vielzahl löslicher Faktoren bekannt, die unter dem Begriff „Cytokine“ zusammengefasst werden und modulierend auf ihre Zielzellen einwirken. Sie vermitteln in einem komplexen Netzwerk hochspezifisch zwischen den einzelnen Immunzellen einerseits und zwischen Immun- und Gewebezellen andererseits. Zur Gruppe dieser Mediatoren gehören Lymphokine, Interleukine und Chemokine. Die Synthese von Cytokinen kann in diversen Leukozyten induziert werden, einige werden allerdings auch konstitutiv synthetisiert. Hierbei haben endogene Mechanismen, wie der zirkadiane Rhythmus und das Lebensalter, und pathologische Zustände, wie Infektionen oder Neoplasien einen Einfluss. Aktivierte Zellen produzieren häufig mehrere Cytokine gleichzeitig [BÖCKER et al. 1997]. Die immunologische Mastzelle exprimiert sowohl multifunktionelle Cytokine, wie TNFα und IL1β, als auch profibrotische und anti-inflammatorische Cytokine wie IL4. Zusätzlich ist sie fähig, membranständiges TNFα freizusetzen und gewinnt damit eine große funktionelle Bedeutung im entzündlichen Geschehen der Gelenkerkrankung [McNEIL 1996 / GOTIS-GRAHAM et al. 1998]. Inflammatorische Interleukine, wie TNFα und IL1β, verstärken die entzündliche Reaktion, indem sie in vielen humanen Zellen die Expression von COX-2-mRNA und – Protein stimulieren [STICHTENOTH et al. 2001 / CROFFORD 1997]. IL1β fördert außerdem die Expression verschiedener Prostanoide und induziert gemeinsam mit ihnen die Angiogenese in entzündlichem Gewebe in vitro und in vivo. Der Zusatz selektiver COX-2-Inhibitoren unterdrückt diesen Effekt und belegt somit die Schlüsselrolle von COX-2 und diversen Prostanoiden in der IL1β-induzierten Angiogenese [KUWANO et al. 2004]. Die klinische Erfahrung zeigt, dass Cytokine eine wesentliche Rolle in der Pathogenese von Gelenkerkrankungen, einschließlich der Osteoarthrose und der rheumatischen Arthritis, spielen [PELLETIER 1996 / CHU et al. 1992]. Proinflammatorische Cytokine sind wichtige Mediatoren von Entzündung, Immunität, Proteolyse, Zellrekrutierung und Proliferation. TNFα und IL-1β, die von aktivierten Makrophagen produziert werden, verursachen zudem vermutlich zelluläre Interaktionen, die in einer Ereignisabfolge zur Zerstörung des Gelenkknorpels führen. [MASTBERGEN et al. 2002 / HARDINGHAM et al. 1992 / DINGLE 1991] 19 1.3 Pharmakologische Inhibition der Prostanoid-Biosynthese Die Entdeckung von zwei unterschiedlichen COX-Isoenzymen und das darauf folgende Klonen und Exprimieren dieser Isoformen hat die Entwicklung einer neuen Klasse von diarylheterozyklischen Inhibitoren ermöglicht, die COX-2-selektiv wirken [GANS et al. 1990 / FUTAKI et al. 1994 / PENNING et al. 1997 / RIENDEAU et al. 1997 / CHAN et al. 1999]. Die Hemmung der COX-Enzyme durch traditionelle NSAID lässt sich generell einem der folgenden Mechanismen zuordnen: Einfache reversible Hemmung, wie durch Ibuprofen [ROME und LANDS 1975], zeitabhängige reversible Hemmung wie durch das schwach bindende Naproxen [GIERSE et al. 1999] oder das fest bindende Indomethacin [ROME und LANDS 1975], und letztendlich irreversible kovalente Inhibition, wie im Falle des Aspirins [VAN DER OUDERAA et al. 1980]. Fluoreszenz-Untersuchungen des Bindungsverhaltens von selektiven COX-2- Inhibitoren haben für die Assoziation an die COX-2 einen dreischrittigen Kinetikprozess herausgestellt, während die Bindung an COX-1 auf zwei unterschiedlichen Teilschritten basiert, und nicht nur, wie bisher berichtet, auf einer kompetitiven Hemmung [LANZO et al. 2000]. Die Existenz eines langsamen, irreversiblen Teilschrittes bei der Hemmung der COX-2, nicht aber der COX-1, ist vermutlich für die Potenz und Selektivität der neuen diarylheterozyklischen selektiven COX-2-Inhibitoren verantwortlich [WALKER et al. 2001 / RIENDEAU et al. 1997 / GIERSE er at. 1999]. ROME und LANDS erkannten bereits 1975 den bedeutsamen Zusammenhang zwischen der zeitlichen Komponente der COX-Inhibition und der Potenz der verwendeten pharmakologischen Substanz. Kinetische Modelle zur Analyse der zeitabhängigen Hemmung setzen sich üblicherweise aus einer schnellen, reversiblen Reaktion zweiter Ordnung und einer darauf folgenden langsamen, irreversiblen Reaktion erster Ordnung zusammen: k1 E+I ↔ kinact [EI] → EI* k-1 Abb. 1.8 Zweischrittige irreversible Inhibition [nach WALKER et al. 2001] 20 Bei der Analyse der zeitabhängigen Inhibition durch SC-560 beobachteten WALKER et al. nach der ersten rapiden Gleichgewichtseinstellung einen weiteren, langsamen und reversiblen Reaktionsschritt [2001]: k1 E+I ↔ k2 [EI] k-1 ↔ [EI*] k-2 Abb. 1.9 Zweischrittige reversible Inhibition [nach WALKER et al. 2001] Während initial binäre Komplexe mit beiden Isoformen gebildet wurden, verhielt sich SC-560 in dieser zweiten Reaktion rund 20fach selektiver gegenüber COX-1 Offensichtlich ereignen sich in den jeweiligen aktiven Zentren der Enzyme individuelle Interaktionen, die eine Unterscheidung zwischen den beiden Isoformen - unabhängig von den Vorgängen in der hydrophoben Seitentasche - möglich machen [WALKER et al. 2001]. Auf der Basis kinetischer und struktureller Beobachtungen entwarfen LANZO et al. ein neues Arbeitsmodell für die Inhibition der Cyclooxygenase [2000], welches das inhibitorische Verhalten der meisten NSAID gegenüber sowohl COX-1, als auch COX-2 befriedigend erklärt. Kinetische Daten der Steady-State- und zeitabhängigen Inhibition von COX-1 und COX-2 durch eine Serie diarylheterozyklischer Inhibitoren belegen das dreischrittige, reversible Inhibitionsmodell [WALKER et al. 2001]: k1 E+I ↔ k-1 k2 [EI] ↔ kinact [EI*] → EX k-2 Abb. 1.10 Dreischrittige irreversible Inhibition [nach WALKER et al. 2001] Beim ersten Schritt handelt es sich um eine Reaktion zweiter Ordnung, in der der Inhibitor in der Lobby-Region [MARNETT und KALGUTKAR 1999 / LANZO et al. 2000] nahe dem Zugang zum hydrophoben Kanal [KURUMBAIL et al. 1996 / PICOT et al. 1994] an das Enzym bindet. Der zweite Reaktionsschritt korrespondiert mit der Verlagerung des Inhibitors entlang dieses Kanals und seiner Bindung im aktiven Zentrum der COX. Diese beiden ersten Schritte sind vermutlich für beide COX-Isoformen bei der 21 Hemmung durch die meisten NSAID gleich. Abhängig von pharmakologischen Eigenschaften wie Selektivität und Potenz der eingesetzten Substanz können die Schritte jedoch nicht voneinander trennbar erscheinen, wie im Fall von Valdecoxib [WALKER et al. 2001]. Der dritte, irreversibel erscheinende, kinetische Vorgang wird nur beobachtet, wenn die COX-2 durch phenylsulphonamid- oder -sulphonhaltige Diarylheterozyklen inhibiert wird. Dieser Prozess wird interpretiert als die Formation des fest gebundenen Enzym-Inhibitor-Komplexes; dies beinhaltet die Optimierung der Konformationsänderungen von Inhibitor und Protein im aktiven Zentrum und der Seitentasche des Enzyms [COPELAND et al. 1994]. 1.3.1 Nicht-steroidale Antiphlogistika (NSAID) Tab. 1.3 Profil von Aspirin und Diclofenac [nach WÖRZ 2001] Name: Aspirin (2-(Acetyloxy)benzoesäure) Strukturformel: Profil: - Salicylat - Pharmakokinetik: geringe Potenz, schnelle Eli- COOH mination - Orale Bioverfügbarkeit: dosisabhängig bis 50% O C CH3 - Eliminations-Halbwertszeit t1/2β: 15 min - Einzeldosis bei Erwachsenen: 0.05-1g O (50-100mg hemmen die Thrombozyten-Aggregation, 500-1000mg wirken analgetisch) - maximale Tagesdosis: ca. 6g Name: Diclofenac ([2-(2,6-Dichloranilino)phenyl]essigsäure Strukturformel: Profil: - Aryl-Essigsäure Cl H N CH2 COOH - Pharmakokinetik: hohe Potenz, schnelle Elimination - Orale Bioverfügbarkeit: dosisabhängig bis 50 % - Eliminations-Halbwertszeit t1/2β: 1-2 h Cl - Einzeldosis bei Erwachsenen: 25-75 mg - maximale Tagesdosis: ca. 150 mg 22 Die Entdeckung des Aspirins als analgetische, anti-inflammatorische und antipyretische Substanz vor rund 100 Jahren markierte den Beginn der modernen Arzneimittel-Forschung [HEDNER und EVERTS 1998]. Salicylsäure und Acetylsalicylsäure wurden die Prototypen der NSAID, die heutzutage eine der klinisch am häufigsten eingesetzten Medikamentenklassen bilden. Obwohl der klinische Nutzen der NSAID schon früh etabliert wurde [HEDNER und EVERTS 1998], dauerte es weitere 70 Jahre, bis VANE den Wirkmechanismus von Aspirin entdeckte und dafür den medizinischen Nobelpreis erhielt [1971]. Heute weiß man, dass sowohl die therapeutischen, als auch die unerwünschten Wirkungen der NSAID auf ihrer Fähigkeit beruhen, die COX-abhängige PG-Synthese reversibel zu hemmen [VANE 1994 / SMITH 1989 / HIGGS 1986/ NEEDLEMAN et al. 1986]. Rund ein Jahrhundert nach der ersten Entdeckung der Salicylsäure, ergeben sich jedoch noch immer neue therapeutische Nischen für den Einsatz von NSAID, wie kolorektale Tumorerkrankungen [CHAN 2003 / GASPARINI et al. 2003 / HULS et al. 2003] und M. Alzheimer [PASINETTI und POMPL 2002 / GIOVANNINI et al. 2003 / HOOZEMANS et al. 2003]. Neben den beiden oben dargestellten Vertretern gehören auch Ibuprofen, Indomethacin, Naproxen, und viele andere pharmakologisch in die Klasse der NSAID. 1.3.2 selektive COX-1-Inhibitoren Dieser COX-1-selektive Inhibitor unterscheidet sich nur durch den Austausch einer Seitengruppe vom COX-2-selektiven Inhibitor Celecoxib. Im Tierversuch ist für SC-560 generell eine Bioverfügbarkeit in vivo nachgewiesen worden, die der von Indomethacin entsprechen soll [MASFERRER et al. 1994]. Die geringe Wasserlöslichkeit von SC-560 ist für den biochemischen Aktionseintritt und die Dauer der hervorgerufenen Wirkung von ganz entscheidender Bedeutung [DAVIES et al. 2000]; aufgrund des lipophilen Charakters wird SC-560 bevorzugt in Fettgewebe und Gehirn aufgenommen und angereichert. SC-560 wird vielfach in experimentellen Studien als selektiver COX-1-Inhibitor eingesetzt und mit klinisch relevanten NSAID oder selektiven COX-2-Inhibitoren verglichen [LOFTIN et al. 2002 / TANAKA et al. 2002 / GRETZER et al. 2001 / WALLACE et al. 2000]. 23 Tab. 1.4 Profil von SC-560 [TENG et al. 2003 /SMITH et al. 1998] Name: SC 560 (5-(4-chlorophenyl)-1-(4-methoxyphenyl)-3-(trifluoromethyl)-1H-pyrazolon) Profil: Strukturformel: - methoxyl-haltiger Diarylheterozyklus H3C - COX-1 IC50 0.009 µM, COX-2 IC50 6.3 µM O - Orale Bioverfügbarkeit: 5-15 % - Eliminations-Halbwertszeit t1/2β: 5 h N N CF3 - Metabolismus: hoher First-Pass-Effekt in der Leber - urinäre Exkretion und Hemmung der urinären Elektrolyt-Ausscheidung - weder anti-inflammatorische, noch analgetische Cl Wirkung 1.3.3 selektive COX-2-Inhibitoren 100 Jahre lang hat Aspirin als analgetische, entzündungshemmende und antithrombotische Substanz seine Wirkung bewiesen. Seit 1938 ist jedoch zudem bekannt, dass Aspirin toxisch auf den Gastrointestinaltrakt wirkt. Die Tatsache, dass die Hemmung der Cylcooxygenase sowohl dem therapeutischen, als auch dem toxischen Effekt der NSAID zugrunde liegt, scheint das „no gain without pain“ Prinzip zu bestärken. Nach der genetischen Identifizierung und dem erfolgreichen Klonen der inflammatorisch induzierbaren COX 2 Ende der 90er Jahre wurden bald spezifische Inhibitoren dieses Enzyms entworfen, die erstmals in der Lage waren, die Prostaglandin-abhängige Verkettung von Wirksamkeit und Magentoxizität zu sprengen. Die Erkenntnis, dass es zwei Isoformen der Cyclooxygenase gibt, die einen unterschiedlichen Wirkbereich haben, schuf die Hypothese, dass eine spezifische und selektive Hemmung der COX-2 eine therapeutische Wirkung ähnlich den NSAID habe, ohne jedoch deren unerwünschte Nebenwirkungen hervorzurufen. Die Aussicht auf eine pharmakologische Substanz mit einem COX-2-selektiven Wirkprofil und verbesserter gastrointestinaler Tolerabilität regt die Pharmaindustrie bis heute zu einer intensiven Suche nach dem „sicheren Aspirin“ an. 24 Tab. 1.5 Profil von Celecoxib [SMITH et al. 1998 / WÖRZ 2001 / FITZGERALD 2003] und Lumiracoxib [SCOTT et al. 2004 / STICHTENOTH und FROHLICH 2003 ] Name: Celecoxib (4-[5-(4-Methylphenyl)-3-(trifluormethyl)pyrazol-1-yl]benzolsulfonamid) Profil: Strukturformel: H2N - sulphonamid-haltiger Diarylheterozyklus O - COX1/COX2-Ratio: 30 S - COX-1 IC50 15 µM, COX-2 IC50 0.04 µM O - Orale Bioverfügbarkeit: 22-40 % N N CF3 - Plasmapeak tmax: nach ca. 2 - 4 h - Eliminations-Halbwertszeit t1/2β: 11 h - Proteinbindung: 97 % - Metabolismus: CYP 450 (Oxidation) - urinäre Exkretion: 29 % - Einzeldosis bei Erwachsenen: 100 – 200 mg H3C - maximale Tagesdosis: 400 mg Name: Lumiracoxib (2-[(2-chloro-6-fluorophenyl)amino]-5methylphenyl]acetylsäure) Profil: Strukturformel: - Phenylacetylsäure - COX1/COX2-Ratio: 433 H3C COOH - Orale Bioverfügbarkeit: 74 % - Plasmapeak tmax: nach ca. 2 – 3 h NH F - Eliminations-Halbwertszeit t1/2β: 3 - 6 h Cl - Proteinbindung: 98 % - Metabolismus: CYP 450; (Oxidation) - urinäre Exkretion: 54 % - Einzeldosis bei Erwachsenen: 200 – 400 mg - maximale Tagesdosis: 400 mg Außer Celecoxib (Celebrex®) gehört auch Rofecoxib (Vioxx®) zu den selektiven COX2-Inhibitoren der ersten Generation, während Valdecoxib (Bextra®), Etoricoxib (Arcoixa®) und Lumiracoxib (Prexige®), die pharmakologische Zweitgeneration bilden. Seit Dezember 2000 befand sich Lumiracoxib als „COX-189“ in experimenteller klinischer Erprobung [DING und JONES 2001] und steht ab Sommer 2004 weltweit zur klinischen Verfügung. Es wird als selektiver Cyclooxygenase-Inhibitor der zweiten Generation betrachtet, da es in vitro eine höhere Selektivität für COX-2 aufweist [STICHTENOTH und FROHLICH 2003]. Ursprünglich sind die Inhibitoren weiterentwickelt 25 worden, um das Nebenwirkungsprofil weiter zu schmälern und sie in einem breiteren Patienten-Kollektiv einsetzen zu können. Bisher verfügbare Daten zeigten diesbezüglich jedoch keine generelle Überlegenheit von Lumiracoxib über Celecoxib: Zwar wurde eine größere Effizienz und ein schnelleres Einsetzen der Wirkung deutlich [TACCONELLI et al. 2004 / TANNENBAUM et al. 2004 / WARNER und MITCHELL 2004], im klinischen Gesamtbild ist dies jedoch nur von untergeordneter Bedeutung. Im Bezug auf gastrointestinale Nebenwirkungen erbrachte Lumiracoxib keine klaren Vorteile, die Inzidenz für Magengeschwüre war sogar leicht höher als unter Celecoxib [NITU et al. 2003 / ANON 2003 / KIVITZ et al. 2003]. Im Vergleich zu Placebo war das Auftreten von mittelgradigen bis schweren Ödemen unter Lumiracoxib deutlich höher, erreichte jedoch nicht die Werte von Diclofenac [STICHTENOTH und FROHLICH 2003]. Klinisch-therapeutisch war Lumiracoxib in der Behandlung der Osteoarthrose von Hand, Knie und Hüfte in einer Dosis von 100-400 mg über einen längeren Zeitraum effektiv und Placebo signifikant überlegen [BENEVOLENS-KAYA et al. 2003 / GRIFKA et al. 2003 / WITTENBERG et al. 2003]. Es war so wirksam wie Celecoxib, und in den klinischen Endpunkten „allgemeine Schmerzintensität“ und „funktioneller Status“ sogar überlegen [TANNENBAUM et al. 2004 / SCHELL et al. 2003 / FLEISCHMANN et al. 2003]. Die internationale, randomisierte, doppelblinde Multicenter-Studie TARGET (Therapeutic Arthritis Research and Gastrointestinal Event Trial) wird den Einsatz von Lumiracoxib, Ibuprofen und Naproxen in rund 18000 Osteoarthrose-Patienten vergleichen. Endpunkte von TARGET sind die gastrointestinale bzw. kardiovaskuläre Sicherheit der eingesetzten Medikamente [HAWKEY et al. 2004 / STICHTENOTH und FROHLICH 2003]. Die Einbeziehung eines selektiven COX-2-Inhibitors der ersten Generation, wie in der vorliegenden Arbeit, wäre allerdings in dieser großen, klinischen Studie ebenfalls wünschenswert gewesen. 1.3.4 Nebenwirkungen der selektiven COX-2-Inhibitoren Im Falle einer akuten Entzündung sind die COX-2 spezifischen Inhibitoren ebenso effektiv; wie die traditionellen NSAID. Handelt es sich jedoch um eine chronische Entzündung, beginnt die COX-2 in der Spätphase, PG mit anti-inflammatorischer Wirkung zu synthetisieren, die dann einen positiven Einfluss auf den Heilungsprozess haben. Bei einer selektiven Hemmung der COX-2 ist dieses Synthese nicht möglich und die selek- 26 tiven COX-2-Inhibitoren scheinen so das Entzündungsgeschehen sogar zu verstärken [FITZGERALD und PATRONO 2001]. 1999 fanden zwei große, randomisierte und kontrollierte Studien statt, die die propagierte Überlegenheit dieser Substanzen gegenüber den bewährten unspezifischen NSAID und ihr angeblich minimiertes Nebenwirkungs-Potential - vor allem auf gastrointestinaler Ebene - untersuchten: Die Vioxx Gastrointestinal Outcome Research (VIGOR) und die Celecoxib Long-Term Arthritis Safety Study (CLASS). Die durchgeführten Studien besaßen ein ähnliches Design; ein unselektiver NSAID wurde mit einer Substanz der Erstgeneration der selektiven COX-2-Inhibitoren verglichen. Unerwartet waren in den beiden Studien nicht die gastrointestinalen Nebenwirkungen, sondern die Auswirkungen auf das kardiovaskuläre System. Es ist bekannt, dass durch eine Inhibiton der COX-2 in vivo die Produktion von Prostacyclin abnimmt und die urinäre Ausscheidung desselben sinkt. Zudem sorgen laminäre Scheerkräfte in vitro, wie scheinbar auch in vivo, für eine gesteigerte COX-2-Expression in endothelialen Zellen [FITZGERALD und PATRONO 2001 / TOPPER et al. 1996]. Als unerwünschte kardiovaskuläre Wirkungen wurden in den obigen Studien myokardialen Infarkte, Schlaganfälle und kardiovaskulär bedingte Todesfälle gewertet. Das Risiko für einen myokardialen Infarkt war in der VIGOR-Studie um das Vierfache erhöht. [FITZGERALD und PATRONO 2001 / BOMBARDIER et al. 2000] In CLASS gab es keine signifikanten Unterschiede zwischen der Celecoxib- und der NSAID-Gruppe. [FITZGERALD und PATRONO 2001 / SILVERSTEIN et al. 2000] Da Rofecoxib und Celecoxib eine vergleichbare Inhibition der systemischen Produktion von Prostacyclin hervorrufen ohne jedoch die systemische Produktion des Thromboxans zu beeinflussen, war die divergierende Inzidenz kardiovaskulärer Ereignisse vermutlich im unterschiedlichen Studienprotokoll begründet: So unterschieden sich pathologische Auswahlkriterien, Studienpopulation, Studiendauer und die als Vergleich herangezogene NSAID. [FITZGERALD et al. 2000] Während ein Drittel der CLASS-Population regelmäßig kardioprotektives Aspirin in niedriger Dosierung einnahm, war dies für VIGOR ein Ausschlusskriterium. Zudem wird vermutet, dass Menschen mit Rheumatischer Arthritis (wie in VIGOR), nicht aber diejenigen mit Osteoarthrose (wie in CLASS), ein erhöhtes Thrombose-Risiko aufweisen. Die Autoren der CLASS-Studie veröffentlichten außerdem lediglich ihre Halbjahres-Ergebnisse und rechneten sie auf Einjahres-Daten hoch. Die Tendenzen wurden dementsprechend verzerrt und die Er- 27 gebnisse deutlich „beschönigt“; Celecoxib erschien im Vergleich zu Rofecoxib verträglicher und nebenwirkungsärmer. Wenn der Anspruch erhoben wird, ein Medikament biete einen deutlichen Sicherheitsgewinn gegenüber einer vergleichbaren Wirksubstanz, sollte es sich nicht nur um einen partiellen Vorteil handeln; die Summe aller unerwünschten Nebenwirkungen sollte dann prozentual niedriger sein. Schon T.H. HUXLEY stellte fest: „The great tragedy of science – the slaying of a beautiful hypothesis by an ugly fact.“ Den obigen Studien zufolge sind die COX-2-selektiven Inhibitoren für Patienten geeignet, die ein erhöhtes Risiko für gastrointestinale Zwischenfälle haben: Zu dieser Gruppe gehören alle über 60jährigen, Patienten mit einem bekannten Magenulkus, und solche, die regelmäßig Glukokortikoide oder Antikoagulantien einnehmen. Die Applikation bei Risikopatienten für renale oder kardiovaskuläre Erkrankungen, insbesondere arterielle Hypertonie und chronische Herzinsuffizienz, sollte mit großer Vorsicht erfolgen. 1.4 chronisch-entzündliche Gelenkerkrankungen Um den Effekt von COX-Inhibitoren bei destruktiven Gelenkerkrankungen zu untersuchen, wurde in der vorliegenden Arbeit Gewebe von Patienten mit Osteoarthrose des Knies oder Impingement-Syndrom der Schulter verwendet. Diese beiden Krankheitsbilder verkörpern einen intra- bzw. extra-artikulären Vorgang und stehen exemplarisch für chronisch entzündliche Pathologien. 1.4.1 Impingement-Syndrom der Schulter Biomechanisch kann man sich die Schulter als ein Konstrukt aus mehreren Schichten vorstellen, die durch ihre Anordnung den großen Bewegungsumfang und die Stabilität ermöglichen: Die innerste Schicht bilden knöcherne Bestandteile sowie die Gelenke, überlagert von einer zweiten Schicht aus verschiedenen Ligamenten, die stabilisierend in die Gelenkkapsel einstrahlen. Als äußere Schutzschicht dient ein zweigeteilter Muskelmantel, im Inneren bestehend aus der Rotatorenmanschette und außen übermantelt vom M. deltoideus. Wie bei einem Sandwich liegt zwischen den Muskelschichten die Bursa subacromialis, der größte Schleimbeutel im menschlichen Körper. Sie ist von einer Synovialmembran ausgekleidet und ermöglicht als flexible Verschiebeschicht die reibungslose Bewegung im Gelenk [BÖCKER et al. 1997]. 28 Das Engpasssyndrom der Rotatorenmanschette wurde erstmals 1972 von NEER als „rotator cuff impingement“ in der Literatur beschrieben. Er stellte fest, dass die mechanische Einengung der Rotatoren-Sehnen unter dem Schulterdach zu einem gewissen Symptomen-Komplex führt, v.a. wenn die Schulter in Vorwärts-Flexion oder Innenrotation gebracht wird. NEER prägte drei Krankheitsstadien, denen äthiologisch die Einklemmung der jeweiligen Muskelsehne unter dem Akromion und ein rigider korakoakromialer Bogen zugrunde liegen, die zur Degeneration und Reißen der Weichteilstrukturen führen können: Tab. 1.6 Klassifikation und Symptomatik des Impingement-Syndroms [LYONS und ORWIN 1998 / NEER 1983] Stadium I bevorzugt Patienten < 25 Jahren Ödem, Einblutung innerhalb der Rotatorenmanschette exzessive Aktivität der Schultermuskulatur oberhalb des Kopfes leichter, aktivitätsabhängiger Schmerz keine Muskelschwäche oder Bewegungseinschränkung im Schultergelenk geweblicher Schaden unter konservativer Therapie reversibel Stadium II bevorzugt Patienten zwischen 25 und 40 Jahren betrifft offenbar bevorzugt Athleten signifikanter Schmerz bei geringer Aktivität, teilweise nächtlicher Ruheschmerz häufig Bewegungseinschränkung Stadium III bevorzugt Patienten > 40 Jahren partielle oder komplette Ruptur der Rotatorenmanschette Läsion der Sehne des M. biceps brachii Knöcherne Veränderungen von Akromion und Tuberositas humeri bei lang andauerndem Impingement Stadium IV Arthropathie durch Defekt der Rotatorenmanschette 29 Das höchste Erkrankungsrisiko für ein Engpass-Syndrom haben schwer körperlich arbeitende Menschen, besonders bei häufigen Über-Kopf-Arbeiten, sowie Sportler, die ebenfalls häufig Bewegungen über dem Kopf ausführen (Schwimmen, Tennis, Volleyball, Wurfsportarten). Die Beschwerden können mit zunehmender Bewegung graduell ansteigen und so auf ein Impingement hinweisen, oder aber schlagartig und stechend einsetzen, was einen Riss der Manschette vermuten lässt. Chronizität und Lokalisation der Schmerzen sind ebenso wichtig zu erfragen wie die Entstehungsbedingungen, verstärkende Faktoren, auslösende Positionen und eventuelle Begleiterscheinungen. Die physikalische Therapie während der Akutphase sollte den Schmerz und die Entzündung lindern und einer muskulären Atrophie vorbeugen. Die subakromiale Injektion eines Lokalanästhetikums, in Kombination mit einem entzündungshemmenden Kortikosteroid, lindert die Beschwerden und ermöglicht eine uneingeschränkte Bewegungstherapie. Sollte die anfängliche Symptomatik persistieren und der Patient nach drei Monaten konservativer Therapie keine deutliche Besserung zeigen, ist eine chirurgische Intervention indiziert. Die arthroskopische, subakromiale Dekompression (anteriore Acromionplastik) ist hier der Eingriff der Wahl; 85-90% der behandelten Patienten erreichen wieder eine Funktionsfähigkeit der Schulter wie vor Krankheitsbeginn [CHANG et al. 2004 / FONGEMIE et al. 1998]. In allen Phasen empfiehlt sich als adjuvante medikamentöse Therapie die regelmäßige Gabe von NSAID für zwei Wochen. 1.4.2 Osteoarthrose des Knies Lange Zeit wurde die Osteoarthrose als Konsequenz des physiologischen Alterungsprozesses betrachtet. In diesem Zusammenhang entstand der Begriff der degenerativen Gelenkerkrankung. Heutzutage ist jedoch bekannt, dass die Osteoarthrose aus einem komplizierten Zusammenspiel von Gelenkintegrität, Genetik, lokaler Entzündung, mechanischer Kräfte, sowie zellulärer und biochemischer Prozesse resultiert [CREAMER und HOCHBERG 1997]. Die Kombination von erhöhtem Lebensalter, weiblichem Geschlecht und Übergewicht gilt, nach heutiger Studienlage, als ausgeprägtes Risikoprofil für die Entstehung einer Osteoarthrose [LING und BATHON 1998 / FRIED und GURALNIK 1997]. Eine amerikanische Studie ergab, dass übergewichtige Frauen ein vierfach und Männer sogar ein 30 fünffach erhöhtes Risiko haben, an Osteoarthrose zu erkranken [FELSON und CHAISSON 1997 / SCHOUTEN et al. 1992]. Histologisch handelt es sich bei der Osteoarthrose vereinfacht um einen progressiven Degenerationsprozess mit ineffektiver Reparatur: Im Stadium I kommt es zum Verlust der Proteoglykane und Fissurenbildung. Diese vertiefen sich im Stadium II und erreichen den radiären Knorpel; Chondrozyten gehen zugrunde oder bilden „Brutkapseln“. Im Stadium III dringt Synovia in den Gelenkknorpel ein und ausgebrochene Knorpelstücke liegen frei im Gelenkraum. Es kommt zur Entwicklung einer Synovialitis mit reaktivem Granulationsgewebe. Durch den Schwund des Gelenkknorpels wird in Stadium IV die knöcherne Deckplatte freigelegt und es entstehen subchondrale Pseudozysten mit synovialer Flüssigkeit im Knochen. Sie werden von reaktiv neu gebildetem Knochen umgeben und später von fibrösem Narbengewebe ausgefüllt [BÖCKER et al. 1997]. Tab. 1.7 Kriterien der Osteoarthrose des Knies [nach ALTMAN et al. 1986] 1. Klinische Charakteristika (95 % Sensitivität und 69% Spezifität für Osteoarthrose) Knieschmerzen und mindestens drei der folgenden sechs Kriterien: 50 Jahre oder älter weniger als 30 Minuten Morgensteifigkeit Crepitus bei aktiver Bewegung knöcherne Empfindlichkeit knöcherne Vergrößerung keine fühlbare Wärme des Synoviums 2. zusätzliche labortechnische Charakteristika (92 % Sensitivität, 75% Spezifität) BSG < 40mm/h Rheuma-Faktor < 1:40 veränderte Synovia (klare Farbe, visköse Flüssigkeit, Leukozyten < 2000/m3) 3. zusätzliche radiographische Charakteristika (91 % Sensitivität, 86 % Spezifität) Osteophyten Verengung des Gelenkraumes subchondrale Sklerose und Zysten 31 Da es derzeit keine Substanzen gibt, die die Osteoarthrose verzögern oder präventiv verhindern können, konzentrieren sich die Therapiemaßnahmen auf Analgesie, sowie auf die Bewahrung von Lebensqualität und funktioneller Unabhängigkeit. In diversen Studien war Acetaminophen zur initialen Schmerztherapie Placebo überlegen und NSAID gleichgestellt. Vom American College for Rheumatology ACR wird es daher mit einer Tagesdosis bis 4000mg als Analgetikum der Wahl empfohlen [GRAINGER und CICUTTINI 2004 / American College of Rheumatology 2000]. In der Langzeittherapie können NSAID oder Opioidanalgetika zur Symptomkontrolle eingesetzt werden. Im nicht-pharmakologischen Bereich wirkt sich eine Reduktion des Körpergewichtes positiv auf die Schmerzentwicklung aus, da der biomechanische Stress sinkt [FELSON und CHAISSON 1997]. Auch regelmäßige Bewegung ist von Vorteil für den Patienten, denn durch Belastung und Mobilisation wird die Integrität des Gelenkes erhalten [FOLEY et al. 2003 / SUOMI und COLLIER 2003]. Wenn trotz umfassender medikamentöser Therapie Funktion und Mobilität beeinträchtigt bleiben, das Gelenk an sich strukturell instabil ist, oder aber der Schmerz nicht tolerabel ist, sollte eine chirurgische Intervention durchgeführt werden. Arthroskopisch werden intraartikuläre freie Gelenkkörper entfernt und degenerierte Menisci repariert. Bei ausreichend stützendem Bandapparat und kleinem Varus-Winkel bietet sich die tibiale Osteotomie an. Bei schwergradigen Deformitäten oder Instabilität ist eine totale Endoprothetik (TEP) des Kniegelenks vorzunehmen. 32 Experimenteller Teil 2. Versuchsdesign 2.1 Methodik 2.1.1 Pilotexperiment: Ermittlung der optimalen Inkubationsdauer Die Angaben in der Literatur über die Inkubationszeit für inflammatorisches Gewebe sind nicht eindeutig und variieren in einer Bandbreite von fünf bis 24 Stunden [KODA et al. 1996]. Die Präparations- und Inkubationstechnik der vorliegenden Arbeit wurde bereits mehrfach angewandt; bisher wurden allerdings immer mehrere Inkubationszeiten gewählt, da die Gewichtung auf der temporären Komponente der pharmakologischen Hemmung lag. Der Fokus dieser Arbeit war jedoch auf die Effektivität und die COX-1-/COX-2Ratio der Substanzen in den unterschiedlichen Geweben gerichtet. Daher war es von Bedeutung, eine Inkubationszeit festzulegen, die die Durchführung des einzelnen Experimentes nicht unnötig verlängert, aber dennoch signifikante Aussagen über die Wirksamkeit der eingesetzten Pharmaka zulässt. Während der Inkubation musste also eine angemessene Freisetzung an Eicosanoiden stattfinden und gleichzeitig der volle Wirkumfang der Pharmaka erreicht werden. Die vergleichenden Pilotexperimente dieser Arbeit dienten daher der Ermittlung eines solchen ökonomischen, aber dennoch validen Zeitpunktes. Zu diesem Zweck wurden 50mg FG Synovialisgewebe von acht Patienten mit Osteoarthrose nach dem bewährten [KNORTH et al. 2002 / KNORTH et al. 2001 / WILLBURGER et. al. 1996 / WITTENBERG et al. 1993 / WITTENBERG et al. 1991] und unter 2.3. beschriebenen Protokoll präpariert. Das Gewebe wurde dann in Anwesenheit des unspezifisch hemmenden Diclofenac und des COX-2-selektiven Celecoxib in kontrollierten Doppelproben für die Dauer von drei, sechs und 20 Stunden inkubiert. Nach Ablauf der jeweiligen Inkubationszeit wurden die einzelnen Überstände komplett entfernt, bei –80°C tief gefroren und durch eine entsprechende Menge neuer Pharmakonlösung ersetzt. Mittels Radioimmunoassay (RIA) wurde dann exemplarisch die Freisetzung von 6-keto-PGF1α in den abgehobenen Überständen bestimmt. 6-keto-PGF1α ist der stabile Metabolit des Prostacyclins PGI2. Es entsteht durch nichtenzymatische Hydratisierung des PGI2 mit einer Halbwertzeit von t1/2=2-3 min und 33 diente in diesem Experiment als Indikator für ein florierendes Entzündungsgeschehen und eine inflammatorisch induzierte Angiogenese [VAPAATALO und PARANTAINEN 1978 / KUEHL et al. 1977]. 2.1.2 Kurzzeitinkubation von Bursa- und Synovialisgewebe Nach Ermittlung des optimalen Inkubationszeitpunktes für die zugrunde liegende Fragestellung wurde nun ein Spektrum an spezifischen und unspezifischen COXInhibitoren gewählt, um das Profil der Entzündungsmediatoren in den beiden inflammatorischen Geweben zu charakterisieren. Das neue, COX-2-selektive Lumiracoxib (in den Konzentrationen [10-5M] und [10-6M]) wurde dem, ebenfalls COX-2-selektiven, Celecoxib ([10-6M]), dem unselektiven Diclofenac ([10-6M]) und dem COX-1selektiven, experimentellen, SC-560 ([10-5M] und [10-6M]) gegenübergestellt. 100mg FG Synovialisgewebe von 21 Patienten mit Osteoarthrose des Knies und 100mg FG Bursagewebe von zehn Patienten mit Impingement-Syndrom der Schulter wurden intra-operativ gewonnen, präpariert und mit den obigen Substanzen für sechs Stunden in kontrollierten Doppelproben inkubiert. Mittels Enzymelinked Immuno Sorbent Assay (ELISA) wurde in sechs der abgehobenen Überstände der Gehalt der Prostaglandine PGE2 und 6-keto-PGF1α, sowie der Interleukine IL1β und TNFα bestimmt. Die gemessenen Werte für Prostaglandine zeigten in allen Proben die gleiche Tendenz und unterschieden sich eindeutig von den Kontrollwerten. Da es sich bei den kommerziell erhältlichen ELISA-Kits um kostspielige Testverfahren handelt und die erhaltenen Ergebnisse signifikante Aussagen zuließen, wurden am übrigen Gewebe keine weiteren ELISAs vorgenommen. 2.1.3 Langzeitinkubation von Synovialisgewebe Sechs Stunden waren bewiesenermaßen ausreichend, um Aussagen über die Hemmungspotenz der eingesetzten Substanzen machen zu können. Die InterleukinFreisetzung nach sechs Stunden war jedoch nicht eindeutig interpretierbar; sodass sich die Frage stellte, wie sich der Interleukin-Spiegel im Laufe der Entzündung mit und ohne pharmakologische Hemmung entwickeln würde. 34 Bei sieben der obigen Synovialisproben wurde daher nach der ersten Inkubation von sechs Stunden der entnommene Überstand durch frische Pharmakonlösung ersetzt und das Gewebe erneut für 14 Stunden inkubiert. Nach den insgesamt 20 Stunden Inkubationszeit wurden die Überstände erneut abgehoben und der Interleukingehalt mittels ELISA bestimmt. 2.2 Material 2.2.1 Gewebe Das in dieser Arbeit verwendete Synovialisgewebe wurde bei Patienten mit therapieresistenter, chronischer Osteoarthrose des Knies, im Zuge der operativen totalen Endoprothetik (TEP), vollständig resiziert. Mit einem Gesamtgewicht von 1.5-3g/Patient stellt die Synovialis ein handliches experimentelles Gewebe dar, das gut zu transportieren und als überschaubare Einheit zu präparieren ist. Anatomisch gesehen bildet das, von Synovialis ausgekleidete, Kniegelenk ein abgeschlossenes Kompartiment, in dem die Mediatoren der Entzündung auf begrenztem Raum freigesetzt werden. Ein Epizentrum der Entzündung ist daher gut lokalisierbar und Symptome wie Wärme, Rötung und Schwellung sind makroskopisch sichtbar. Das zweite, in dieser Arbeit verwendete, Gewebe stammte von Patienten mit therapieresistentem Impingement-Syndrom der Schulter. Bei der operativen offenen SchulterDekompression wurde die Bursa vollständig entfernt. Die Bursa subacromialis der Schulter ist beim chronisch-destruktiven Impingement-Syndrom in ähnlicher Weise betroffen, wie die Synovialis des Knies bei der Osteoarthrose. Sie unterliegt einer vergleichbaren sekundären mechanischen Belastung; auch sie ermöglicht einen „reibungslosen“ Ablauf der Bewegung im Gelenk. Im Gegensatz zur Synovialis, die zur Auskleidung der Gelenk-Innenfläche des Knies dient, stammt die Bursa subacromialis jedoch aus dem extra-artikulären Bereich des Schultergelenkes. Histologisch und klinisch haben die beiden verwendeten Gewebe jedoch große Ähnlichkeit: Sie sind beide von einer synovialen Membran umgeben, sekretieren synoviale „Gleitflüssigkeit“, sind häufig Lokalisation entzündlicher Prozesse und produzieren bei traumatischer Läsion ein vergleichbares leukozytäres Infiltrat. Im Falle einer chronischen Entzündung ähnelt das Geschehen der Bursa ebenfalls dem in der Synovialis. 35 Um eine Beeinflussung des Eicosanoidstoffwechsels durch - im Vorfeld verabreichte anti-inflammatorische Substanzen zu verhindern und somit die Ergebnisse der Untersuchung nicht zu verfälschen, wurden nur solche Patienten ausgewählt, die zum Zeitpunkt der Operation keinerlei Antiphlogistika oder Analgetika einnahmen und die für diese Substanzen eine bestimmte „Wash-out“-Periode aufwiesen: Sie sollten seit mindestens drei Monaten keine intra-artikulären Kortikosteroid-Injektionen erhalten und seit mindestens einem Monat keine Kortikosteroide oral oder systemisch zu sich genommen haben. Für die Gruppe der NSAID war eine Abstinenzzeit von mindestens zwei Wochen gefordert. 2.2.2 Pharmaka-Lösungen Selektive COX-2 Inhibitoren zeigen im hochmolaren Konzentrationsbereich eine zunehmend unspezifische Hemmung, sie hemmen vermehrt also auch die COX-1. Um die bursale und synoviale Synthese von Prostaglandinen jeweils einem COX-Isoenzym spezifisch zuordnen zu können, wurden daher in der vorliegenden Arbeit Konzentrationen im Bereich von 10-5 - 10-6 Mol/L verwendet. Das unselektiv hemmende Diclofenac wurde in einer Konzentration von [10-6M] eingesetzt, die nachgewiesenermaßen im Wirkbereich potenter Hemmung liegt [TOMISATO et al. 2004 / KNORTH et al. 2002 / LAUFER et al. 1999 / WITTENBERG et al. 1993]. Auch für das COX-2-selektive Celecoxib ist die eingesetzte Konzentration [10-6M] als effektiv nachgewiesen worden [TOMISATO et al. 2004 / GIERSE et al. 1999 / LIPSKY und ISAKSON 1997]. Für die beiden anderen Pharmaka - das COX-1-selektive SC-560 und das neue, COX-2-selektive, Lumiracoxib - liegen weniger ausführliche Studien über ideale Wirkkonzentrationen vor. Sie wurden in jeweils zwei Konzentrationen ([105 M] und [10-6M]) eingesetzt, um den Wirkbereich besser charakterisieren zu können, ohne gleichzeitig schon eine unspezifische Hemmung zu bewirken. Alle Pharmaka wurden in [1M] Tyrode gelöst. 2.2.2.1 Tyrode Lösung Als Nährmedium zur Inkubation des Synovialis- und Bursagewebes wurde isoosmolare Tyrode-Lösung verwendet. Sie basierte auf der ursprünglichen Zusammensetzung von M.V. Tyrode [1910]: 36 Substanz MG [g/mol] [mmol / L] [g / L] NaCl 58.443 136.9 8 KCl 74.551 2.7 0.2 MgCL2 95.211 1.08 0.1 NaHCO3 84.007 12 1 NaH2PO4 119.977 40 4.8 CaCl2 110.986 1.77 0.2 C6H12O6 180.157 4.8 0.9 Direkt vor Gebrauch wurde diese [10M] Stammlösung in ddH2O auf [1M] verdünnt und Glucose und Calciumchlorid zugesetzt. Die Lösung wurde auf 37°C erwärmt und mit Carbogen begast, um physiologische Konditionen zu erzeugen. Der pH-Wert wurde auf pH 7.4 adjustiert. Die Tyrode-Lösung wurde halbiert, ein Teil wurde als spätere „SpülLösung“ auf Eis gelagert, die zweite Hälfte für die spätere Inkubation mit Antibiotika versetzt und weiterhin bei 37°C carbogenisiert: Penicillin 50 IU / ml Streptomycin 50 ug / ml Gentamycin 50 ug / ml 2.2.2.2 Diclofenac (Natrium-[o-[2.6-dichlorphenyl)-amino]-benzeneacetic acid) Substanz MG [g/mol] [mmol / L] [mg / ml] Diclofenac 318.14 2.5 x 10-3 0.7954 Diclofenac-Natriumsalz wurde, wie dargestellt, als Stammlösung in Tyrode gelöst und für die eingesetzte Konzentration [10-6M] entsprechend in Tyrode verdünnt. 37 2.2.2.3 SC-560 Substanz MG [g/mol] [mmol / L] [mg / ml] SC 560 352.7 2.5 x 10-3 0.8818 SC 560 wurde, wie dargestellt, als Stammlösung in Dimethylsulfoxid (DMSO) gelöst und für die eingesetzten Konzentrationen [10-5M] und [10-6M] entsprechend in Tyrode verdünnt. 2.2.2.4 Celecoxib (4-[5-(4-methylphenyl)-3- (trifluoromethyl)-1H-pyrazol-1-yl] benzenesulfonamide) Substanz MG [g/mol] [mmol / L] [mg / ml] Celecoxib 381.38 2.5 x 10-3 0.9535 Celecoxib wurde, wie dargestellt, als Stammlösung in Dimethylsulfoxid (DMSO) gelöst und für die eingesetzte Konzentration [10-6M] entsprechend in 4% ethanolhaltiger Tyrode verdünnt. 2.2.2.5 Lumiracoxib (2-[(2-chloro-6-fluorophenyl)amino]-5-methyl-2-[(2-chloro-6fluorophenyl)amino]-5-methylphenyl]acetic acid) Substanz MG [g/mol] [mmol / L] [mg / ml] Lumiracoxib 293.72 2.5 x 10-3 0.7343 Lumiracoxib wurde, wie dargestellt, als Stammlösung in Dimethylsulfoxid (DMSO) gelöst und für die eingesetzten Konzentrationen [10-5M] und [10-6M] entsprechend in Tyrode verdünnt. 38 2.3 Procedere Die frisch hergestellten Pharmakalösungen wurden für die folgenden Inkubationen bei 37°C gehalten. Das komplette, intra-operativ gewonnene Gewebe wurde sofort nach der Entnahme in ein Gefäß mit 0.9% NaCl-Lösung gefüllt, um ein Austrocknen des Gewebes zu verhindern. Es wurde dann auf Eis gelagert, um die Stoffwechselreaktion zu reduzieren und den Transport ins Labor zu ermöglichen. Hier wurde unmittelbar die makroskopische Präparation auf einer eisgekühlten Petrischale vorgenommen: Das Synovialis- bzw. Bursagewebe wurde von Fremdgewebe wie Bindegewebe, Fett und Muskel befreit und in 2-3 mm große Stücke zerteilt. Anschließend wurde das präparierte Gewebe gemischt, um eine möglichst gleiche Zusammensetzung aller Inkubationsproben zu gewährleisten und somit realistischere Aussagen über die Effekte der Wirksubstanzen im erkrankten Zielgewebe in vivo machen zu können. Das Gewebe wurde auf Filterpapier drainiert, via Analogwaage in 100mg FGPortionen geteilt und diese jeweils in ein auf Eis gelagertes Reagenzglas mit 2ml kalter Tyrode-Lösung [pH 7.4] gegeben. Um Verunreinigungen durch verbliebene Blutanteile und Zellpartikel zu entfernen, wurden alle Proben dreimal mit eiskalter Tyrode-Lösung [pH 7.4] gespült und anschließend die flüssige Phase möglichst vollständig entfernt. Dem Gewebe wurden jeweils 1ml der entsprechenden, in Tyrode gelösten Substanz ([10-5M] und [10-6M]) bzw. der Kontroll-Lösung (Tyrode oder DMSO) zugesetzt. Die Pharmakalösungen wurden für weitere Inkubationen bei 37°C gelagert. Die gleichbehandelten Doppelproben wurden bei konstanter Temperatur von 37°C und unter kontinuierlicher 95%iger CO2-Begasung für sechs Stunden im Inkubationsschrank (Inkubator Boy 2000) inkubiert. Nach Ablauf der Inkubationszeit wurden die Überstände vollständig abpipettiert und umgehend in -80°C gelagert. Im Falle der Langzeitinkubation wurde das Volumen mit neuer Pharmakonlösung substituiert und die Proben erneut für 14 Stunden unter gleichen Bedingungen inkubiert. Mittels RIA und ELISA wurde später in den Überständen der Gehalt an entzündungsspezifischen Prostaglandinen und Interleukinen bestimmt (s. 2.4.1 und 2.4.2). Das Gewebe wurde nach durchgeführter Inkubation zur weiteren histologischen Untersuchung und Sicherung der Diagnose in Formalinlösung fixiert. 39 2.4 biometrische Verfahren 2.4.1 Bestimmung von 6-Keto-PGF1a mittels Radioimmunoassay (RIA) bekannte Menge an radioaktivem 6-Keto-PGF1α und spezifischen Antikörpern Übernacht-Inkubation bei 4°C Aktivkohle Probe mit 6-Keto-PGF1α-Anteil Einstellung des Steady-StateGleichgewichts Radio Immuno Assay Feste Phase mit AntigenAntikörper-Komplexen Szintilationsgel Waschen Messung des radioaktiven 6-Keto-PGF1α ungebundener Überstand Abb. 2.1. schematische Darstellung des Radioimmunoassays Dieses Assay basiert auf dem konkurrierenden Verhalten von radioaktiv markiertem und dem nachzuweisenden, unmarkierten 6-keto-PGF1α (in Standard- oder Testprobe) um eine begrenzte Anzahl an Bindungsstellen des spezifischen anti-6-keto-PGF1αAntikörpers. Sowohl der spezifische Antikörper Anti-6-keto-PGF1α-Ak 173-5, als auch die markierte Fettsäure 3H-6-keto-PGF1α (Tracer), werden den Proben in begrenzter Menge zugegeben und provozieren so den Wettbewerb um freie Bindungen und die Einstellung eines Steady-State-Gleichgewichtes. Nimmt die Konzentration an unmarkierter Fettsäure in Standard oder Probe zu, so nimmt die Menge des Tracers, der an den Antikörper binden kann, ab. Die Menge an antikörper-gebundenem, markiertem Tracer ist also umgekehrt proportional zur Menge der unmarkierten Fettsäure in der Probe. 40 Der Radioimmunoassay in der vorliegenden Arbeit basiert auf dem Protokoll, das PESKAR 1978 entwickelte. Neben den zu bestimmenden Testproben umfasst dieses Assay vier Eichungswerte (Total, Nicht-spezifische Bindung NSB, Bindung 1 und Bindung 2) zur Kalibrierung des und acht Standardwerte (500, 250, 125, 62.5, 31.25, 15.6, 7.8, 3.9 pg/ml an unmarkiertem, authentischem 6-keto-PGF1α) zur Erstellung der quantifizierenden Standardkurve. Die Zubereitung aller RIA-Proben wurde vollständig auf Eis durchgeführt, um die Reaktionsgeschwindigkeit bis zum Inkubationsbeginn zu reduzieren. Als Test-Puffer diente Phosphatsäure-gepufferte Saline (PBS) [0.5M], die direkt vor Gebrauch in Natriumchloridlösung [0.9%] auf [0.01M] verdünnt und nach Adjustierung des pH-Wertes auf 7.4 mit 1% Gelatine versetzt wurde. Eine entsprechende Menge an Test-Buffer (7901400µl) wurde in Assayröhrchen vorgelegt und mit je 10µl Standardlösung oder 500µl der gesammelten Inkubationsüberstände gemischt. 100µl des spezifischen Antikörpers Anti-6-keto-PGF1α 173-5 wurden dann allen Standard- und Testproben, sowie „Bindung 1“ und „Bindung 2“ zugefügt. Das mit Tritium markierte 6-keto-PGF1α wurde als kompetitierendes Antigen zugesetzt und alle Proben für 30sec bei 100rpm zentrifugiert. Die zuzusetzende Menge wurde spektrometrisch bestimmt und sollte eine maximale Aktivität von 4500 +/- 300cpm in der „Total“-Probe nicht überschreiten, um eine optimale Auswertbarkeit des RIA zu erzielen. Der „NSB“Probe wurde neben dem markierten Antigen später auch das Adsorptionsmedium Aktivkohle zugesetzt, um das Ausmaß an unspezifischer Bindung des Tracers zu bestimmen. „Bindung 1“ und „Bindung 2“ erhielten zusätzlich den spezifischen Antikörper und charakterisierten so das spezifische Bindungsverhalten des Tracers. Der RIA ist aussagekräftig, wenn der Aktivitäts-Mittelwert der beiden Bindungs-Proben 25-40% des „Total“ beträgt. Die Assayröhrchen, mit einem Gesamtvolumen von 1.5ml, wurden sorgfältig mit Parafilm verschlossen und über Nacht bei 4°C inkubiert, damit sich das Steady-StateGleichgewicht zwischen gebundenem und freiem Tracer einstellen konnte. Alle Proben – mit Ausnahme des „Total“ - erhielten am Folgetag 500µl Aktivkohle [2%] als Separationsmedium. Die Antigen-Antikörper-Komplexe wurden so an die feste Phase gebunden und der "überschüssige", ungebundene radioaktive Tracer im Überstand spektrometrisch quantifizierbar. 41 Die Aktivkohle-Gemische wurden per Vortex geschüttelt, zehn Minuten bei 1500rpm zentrifugiert und die Überstände in 7ml Scintilationsgel (Scintigel) dekantiert. Die Mischung wurde erneut geschüttelt, im Flüssigkeitsscintilationsspektrometer (Packard Minaxi 4000) platziert und für zehn Minuten in der Dunkelheit inkubiert, um den lichtempfindlichen Scintillator zu regenerieren. Anschließend wurde die Tritium-Aktivität in jeder Probe in Dreifach-Messung von jeweils zwei Minuten gezählt und anschließend ein Mittelwert bestimmt. Die Nachweisgrenze lag für 6-keto-PGF1α bei 23pg/Röhrchen. Zur Auswertung wurde der NSB-Wert von allen Werten subtrahiert, mittels der Standardwerte eine semilogarithmische Standardkurve erstellt und die Konzentration der zu testenden Proben per Interpolation bestimmt. Es wurden nur Proben ausgewertet, die im Bereich von 10-90% Inhibition der Eichkurve lagen. Proben <10 % wurden in größerem Volumen, Proben >90 % nach Verdünnung erneut gemessen. 2.4.2 Bestimmung von PGE2, 6-Keto-PGF1a, IL1β und TNFα mittels Enzymelinked Immuno-sorbent Assay (ELISA) Standard und Proben mit PGE2-Anteil Antigen-Antikörper-Komplexe mit spezifischen Antikörpern beschichtetes Testfach EnzymeLinked Immuno Sorbent Assay Inkubation und Säurezugabe Spektrophotometrie Farbig markierte Komplexe Abb. 2.2 schematische Darstellung des Enzymelinked Immuno-Sorbent Assay 42 Der ELISA dient der quantifizierenden Bestimmung eines bestimmten Proteins (Antigens) in einer Testprobe. Das Prinzip des Assays beruht auf der Markierung des antikörper-gebundenen Antigens durch einen weiteren, enzymmarkierten Antikörper, der nach Substratzusatz eine quantitative Farbreaktion hervorruft. Es handelt sich also um einen direkten Nachweis-Test, da der Gehalt an gebundener Substanz mittels Farbmarkierung direkt ausgewertet wird, nicht der ungebundene, umgekehrt proportionale Anteil im Überstand wie beim Radioimmunoassay. Die beiden verwendeten Antikörper umrahmen das gesuchte Antigen von beiden Seiten und der so gebildete Antikörper-Antigen-Antikörper-Komplex hat dem Verfahren den Namen "Sandwich-ELISA" eingebracht. Die Bindung der Antikörper erfolgt an zwei unterschiedliche Epitope des Antigens und macht den ELISA so zu einem sehr sensitiven Verfahren; das Antigen muss erst von zwei unabhängigen Komponenten spezifisch gebunden werden, bevor es als solches erkannt und der Test positiv wird. Der zweite Antikörper ist speziell für den Gebrauch im ELISA präpariert: er ist an ein Enzym gebunden, das mit einem zugesetzten, zuerst farblosen Substrat reagiert und einen Farbwechsel in den Testfächern hervorruft. Üblicherweise handelt es sich bei diesem Enzym um eine Esterase oder Phosphatase. Das Ausmaß des Farbwechsels (im vorliegenden Fall zu Gelb bzw. Violett) korreliert mit dem Proteingehalt der Probe, die Farbintensität ist direkt proportional zur Konzentration der gebundenen, zu bestimmenden Substanz. Die kommerziell erhältlichen ELISA-Kits enthalten Test-Platten mit 96 Fächern, die bereits mit einem spezifischen, monoklonalen Antikörper beschichtet sind. Das komplette Assay umfasste den Leerwert (Blank), sieben Standardwerte ( PGE2, 6-KetoPGF1a und TNFa: 500, 250, 125, 62.5, 31.3, 15.6, 7.8 pg/ml, IL-1b: 250, 125, 62.5, 31.3, 15.6, 7.8, 3.9 pg/ml) und die Testwerte (Diclofenac und Celecoxib in [10-6], SC560 und Lumiracoxib in [10-5] und [10-6], sowie entsprechende Kontrollen). Alle Proben wurden als Doppelproben pipettiert. In alle Fächer wurde ein Puffer vorgelegt, der die Lösung in reaktionsgünstigen Konditionen hielt und eine Bindung an die Antikörperbeschichtung ermöglichte. Je nach Hersteller wurde dann eine bestimmte Menge an Standard- oder Testprobe hinzugefügt, ebenso wie der zweite, spezifische Antikörper. Die Testproben wurden, je nach Ursprungsgewebe, angemessen verdünnt, so dass die optische Dichte später im linearen Abschnitt des Auswertungsgraphen liegt. Die Testplatte wurde, nach Zusatz aller Reagenzien, für eine Dauer von 2-18 Stunden auf einem Rotator bei 3000rpm schüttelnd inkubiert. In dieser Zeit bindet das gesuchte Antigen aus Standard- oder Testprobe spe43 zifisch an den Feste-Phase-Antikörper, der den Boden des Testfaches auskleidet. Der zugegebene, Freie-Phase-Antikörper bindet dann spezifisch an ein weiteres Epitop des bereits einfach gebundenen Antigens. Falls dieser zweite Antikörper nicht schon an ein Enzym gekoppelt war, wurde nach sorgfältigem Waschen (Entfernen des überschüssigen, ungebundenen Antikörpers) ein Enzymkonjugat zugegeben und in einer zweiten Inkubation (1h) die gebundenen Antikörper markiert. Nach einem weiteren WaschSchritt (Entfernen des überschüssigen Enzym-Markers) wurde nun das - direkt vor Gebrauch zubereitete - "Entwicklungs"-Substrat zugegeben und die ELISA-Platte auf einem Rotator bei 3000rpm ohne Lichteinwirkung erneut inkubiert (10 - 90 min). Um die enzymatische Umwandlung in das quantifizierende Farbprodukt zu beenden, wurde eine säurehaltige Stopplösung zugegeben und die Platte umgehend in einem Spektrophotometer bei 450nm Wellenlänge ausgewertet. Die Mittelwerte der Standardreihe mit bekannten Konzentrationen wurden dann genutzt, um eine doppelt logarrhythmische Standardkurve zu generieren, die eine funktionelle Beziehung zwischen der optischen Dichte und der entsprechenden Konzentration an Eicosanoiden herstellt. Im zugehörigen Graphen wird ein sichtliches Abflachen der exponentiellen Kurve an beiden Enden deutlich. Biologischerweise muss sich der Eicosanoidgehalt am unteren Ende der Kurve dem Nullpunkt beständig nähern, da negative Konzentrationen nicht möglich sind. Die Ausschweifungen im oberen Part der Kurve basieren auf der mechanischen Begrenztheit des Spektrophotometers: Nach einem bestimmten Sättigungspunkt ist die Farbintensität für die Maschine nicht mehr differenzierbar; alle Proben oberhalb dieses Schwellenwertes erscheinen "richtig gelb". Aufgrund dieser beiden Phänomene ist der lineare Teil der erstellten Kurve nachvollziehbar der akkurateste und sollte daher zur Auswertung verwendet werden. Nach Umstellung der Funktionsgleichung wurden alle gemittelten Testwerte durch Interpolation an der Kurve bestimmt und unter Berücksichtigung der entsprechenden Verdünnungsfaktoren berechnet. Die jeweiligen Nachweisgrenzen der Prostaglandine lagen bei 11pg/ml für 6-ketoPGF1α und bei 15pg/ml für PGE2. Die Interleukine waren bis zu einem Wert von 2.5pg/ml im Falle des TNFα und bis zu 1.1pg/ml bei IL1β nachweisbar. Das Protokoll aller kommerziell erhältlichen ELISA-Kits ähnelt dem beschriebenen Vorgehen, lediglich Inkubationszeit, Menge der zugesetzten Substanzen und das transformierte Farbprodukt können variieren. 44 2.5 Statistik Die spezifische Freisetzung von Prostanoiden und Interleukinen aus entzündlichem Synovialis- bzw. Bursagewebe in vitro ist ein guter Indikator für das Entzündungsgeschehen. Daher wurde in der vorliegenden Arbeit der jeweilige Mediator-Gehalt (in pg pro mg Feuchtgewicht Inkubationsgewebe) als zu bestimmende Zielgröße in naiven Kontrollproben und in Anwesenheit inhibierender Pharmaka festgelegt. Bei der Beurteilung medizinischer Behandlungen steht weniger die Messung des absoluten Behandlungseffektes im Vordergrund, als vielmehr der Vergleich mit dem Effekt anderer, unter denselben Versuchsbedingungen applizierter Behandlungsformen [FISHER et al. 1993]. Dabei kommt der Kontrollgruppe besondere Bedeutung zu; nur ein simultaner Vergleich ermöglicht eine genaue Quantifizierung des Behandlungseffektes [TRAMPISCH und WINDELER 2000 / ROSNER 2000]. Alle Proben wurden als gleichbehandelte Gewebepaare doppelt inkubiert und aus den Einzelwerten der Versuchsreihen wurde der arithmetische Mittelwert bestimmt. Der Mittelwert einer Stichprobe liefert einen Schätzwert für den Erwartungswert der zugrunde liegenden Verteilung; sein Standardfehler gibt Auskunft über die Genauigkeit dieser Schätzung [TRAMPISCH und WINDELER 2000]. Die Varianz gibt an, in welchem Umfang Schwankungen eines errechneten Wertes in beide Richtungen auftreten. Zur Abschätzung der Streuung der Werte um den rechnerischen Mittelwert wird die mittlere Standardabweichung δ (SEM) berechnet [ROSNER 2000]. Der Mittelwert der absoluten Mediatorenfreisetzung in den Kontrollproben wurde hundert Prozent gleichgesetzt und mit dem Mittelwert der jeweiligen Pharmakongruppe verglichen. Die Differenz der Freisetzung im Verhältnis zum Kontrollwert quantifiziert den hemmenden Effekt der Pharmaka [FISHER und VAN BELLE 1993] und wurde als Prozent Inhibition I% bezeichnet: I% = xK − xP xK Die gewählte Nullhypothese H0 („die eingesetzten Pharmaka haben keinen Einfluss auf die Freisetzung der untersuchten Mediatoren“) wurde im einseitigen t-Test nach STUDENT für gepaarte Stichproben überprüft und mit der Fehlerwahrscheinlichkeit α = 0.05 verworfen: 45 t= xK − xP δd für n K + nP − 2 Freiheitsgrade n K und n P Umfang der Stichproben (Kontrolle und Pharmaka) x K und x P Mittelwerte der Stichproben δ K2 und δ P2 Varianzen der Stichproben δd = δd 2 = δ K2 nK + δ P2 nP Standardabweichung der Differenz der Mittelwerte Tab. 2.1 Signifikanzniveau des STUDENT-t-Tests: < 0.1 0.5 0.01 0.001 hoch sehr hoch signifikant signifikant FreiheitsGrad nicht signifikant 10 < 1.81 1.81 2.23 3.17 4.59 22 < 1.72 1.72 2.07 2.82 3.79 signifikant 46 2.6 verwendete Substanzen Celecoxib Searle, Skokie, IL, USA Diclofenac Sigma Chemie, München Lumiracoxib Novartis GmbH, Basel, Switzerland SC 560 Searle, Skokie, IL, USA DMSO Sigma Chemie, München Ethanol Sigma Chemie, München Alle Substanzen für die Tyrode-Lösung waren von analytischem Reinheitsgrad und wurden von Sigma Chemie, München bezogen. Aktivkohle Riedel de Haen AG, Seelze Scintilationsgel K. Roth KG, Karlsruhe Gelatine K. Roth KG, Karlsruhe Na2HPO4 x 2H20 E. Merck, Darmstadt NaH2PO4 E. Merck, Darmstadt 3 New England Nuclear Co, Dreieich H-6-keto-PGF1α Anti-6-keto-PGF1α-Ak 173-5 Institut für Experimentelle Klinische Medizin, Ruhr-Universität Bochum unter Leitung von Frau Prof. Dr. med. B.M. Peskar PGE2 - ELISA Cayman Chemical Co, Ann Arbor, MI, USA 6-keto-PGF1α - ELISA Bender Med Systems, Wien, Austria IL1β - ELISA Bender Med Systems, Wien, Austria IL4 - ELISA Bender Med Systems, Wien, Austria TNFα - ELISA Bender Med Systems, Wien, Austria 47 3. Ergebnisse 3.1 Pilotexperiment 3.1.1 6-keto-PGF1α-Synthese in Synovialis nach dreistündiger Inkubation [ pg / mg ] 1000 Kontrolle Diclofenac [10-6 M] 750 Celecoxib [10-6 M] 500 ** p < 0.01 ** ** ** 250 0 KO DI KO CE KO CE Konzentration Abb. 3.1 50 mg Synovialisgewebe wurde drei Stunden lang in Anwesenheit von COXInhibitoren [10-6M] und [10-5M] inkubiert. Der absolute 6-keto-PGF1α-Gehalt wurde mittels RIA gemessen und mit der Kontrollgruppe verglichen [n=6]. % Inhibition 100 80 60 40 20 0 DI CE CE Inhibitor Diclofenac [10-6 M] Celecoxib [10-6 M] Celecoxib [10-5 M] Abb. 3.2 Prozentuale Inhibition der 6-keto-PGF1α-Synthese in Synovialis [n=6] 48 Tab. 3.1 Mittelwert und mittlere Standardabweichung Substanz Kontrolle Tyrode MW [pg / mg FG] 600,5 SEM [pg / mg FG] 71,18 Diclofenac [10-6 M] Kontrolle DMSO 229 21,01 861 76,05 -6 410,83 31,55 -5 319,58 47,74 t-Wert 2,89 Signifikanz -6 3,16 ** -5 3,48 ** Celecoxib [10 M] Celecoxib [10 M] Tab. 3.2 STUDENT-t-Test Substanz -6 Diclofenac [10 M] Celecoxib [10 M] Celecoxib [10 M] ** Nach dreistündiger Inkubation von 50mg FG Synovialisgewebe kam es zur höchsten Freisetzung von 6-keto-PGF1α in reiner Tyrode und DMSO, jeweils ohne Zusatz von inhibierenden Substanzen (s. Tab. 3.1). Die Differenz der beiden Kontrollwerte erklärt sich durch die Verwendung unterschiedlicher Lösungen (Tyrode und DMSO, je nach Lösbarkeit des eingesetzten Pharmakons). Da die Inhibition durch die diversen pharmakologischen Substanzen letztendlich prozentual angegeben wird, nivellieren sich diese Unterschiede jedoch. Unter Zusatz des unselektiv inhibierenden Diclofenac in der Konzentration [10-6M] erreichte die 6-keto-PGF1α-Synthese ihren niedrigsten Wert (s. Tab. 3.1). Verglichen mit dem obigen Kontrollwert entsprach dies einer signifikanten prozentualen Hemmung von 61.87 %. Der CSI Celecoxib wurde in dieser Versuchsanordnung sowohl in [10-6M], als auch in [10-5M] verwendet und hemmte erwartungsgemäß in der höheren Konzentration die 6-keto-PGF1α-Produktion stärker. Es kam zu einer signifikanten prozentualen Hemmung von 52.28 % bzw. 62.88 % (s. Tab. 3.2). 49 3.1.2 6-keto-PGF1α-Synthese in Synovialis nach sechsstündiger Inkubation [ pg / mg ] Kontrolle 2000 Diclofenac [10-6 M] 1500 Celecoxib [10-6 M] 1000 ** p < 0.01 *** p < 0.001 ** KO 500 *** *** 0 KO DI KO CE KO CE Konzentration Abb. 3.3 50 mg Synovialisgewebe wurde sechs Stunden lang in Anwesenheit von COX-Inhibitoren [10-6M] und [10-5M] inkubiert. Der absolute 6-keto-PGF1α-Gehalt wurde mittels RIA gemessen und mit der Kontrollgruppe verglichen [n=6]. % Inhibition 100 80 60 40 20 0 DI CE CE Inhibitor Diclofenac [10-6 M] Celecoxib [10-6 M] Celecoxib [10-5 M] Abb. 3.4 Prozentuale Inhibition der 6-keto-PGF1α-Synthese in Synovialis [n=6] 50 Tab. 3.3 Mittelwert und mittlere Standardabweichung Substanz Kontrolle Tyrode MW [pg / mg FG] 2054,33 SEM [pg / mg FG] 159,67 Diclofenac [10-6 M] Kontrolle DMSO 150,75 19,39 1540,75 146,36 Celecoxib [10-6 M] 574,33 58,54 243,00 22,5 t-Wert 6,83 Signifikanz Celecoxib [10 M] 3,54 ** Celecoxib [10-5 M] 5,06 *** -5 Celecoxib [10 M] Tab. 3.4 STUDENT-t-Test Substanz Diclofenac [10-6 M] -6 *** Verlängerte man die Inkubationszeit auf sechs Stunden, kam es in 50mg FG entzündlichem Synovialisgewebe - ohne Zusatz pharmakologischer Inhibitoren – zu einem weiteren Anstieg des 6-keto-PGF1α um das mehr als Vierfache (s. Tab. 3.3). Diclofenac in [10-6M] reduzierte den 6-keto-PGF1α-Gehalt signifikant um 92.66 %. Unter Celecoxib in den Konzentrationen [10-6M] und [10-5M] wurde die 6-keto-PGF1αSynthese signifikant zu 62.72 % bzw. 84.23 % gehemmt (s. Tab. 3.4). 51 3.1.3 6-keto-PGF1α-Synthese in Synovialis nach zwanzigstündiger Inkubation [ pg / mg ] 25000 Kontrolle Diclofenac [10-6 M] 20000 Celecoxib [10-6 M] 15000 *** p < 0.001 10000 KO 5000 *** KO 0 *** KO DI KO KO CE *** KO CE Konzentration Abb. 3.5 50 mg Synovialisgewebe wurde zwanzig Stunden lang in Anwesenheit von COX-Inhibitoren [10-6M] und [10-5M] inkubiert. Der absolute 6-keto-PGF1α-Gehalt wurde mittels RIA gemessen und mit der Kontrollgruppe verglichen [n=6]. % Inhibition 100 80 60 40 20 0 DI CE CE Inhibitor Diclofenac [10-6 M] Celecoxib [10-6 M] Celecoxib [10-5 M] Abb. 3.6 Prozentuale Inhibition der 6-keto-PGF1α-Synthese in Synovialis [n=6] 52 Tab. 3.5 Mittelwert und mittlere Standardabweichung Substanz Kontrolle Tyrode MW [pg / mg FG] 23827,50 SEM [pg / mg FG] 2522,63 Diclofenac [10-6 M] Kontrolle DMSO 43,58 4,22 22073,33 2246,9 Celecoxib [10-6 M] 2206,00 196,44 230,83 31,11 t-Wert 5,44 Signifikanz Celecoxib [10 M] 5,09 *** Celecoxib [10-5 M] 5,61 *** -5 Celecoxib [10 M] Tab. 3.6 STUDENT-t-Test Substanz Diclofenac [10-6 M] -6 *** Nach der Langzeit-Inkubation von 20 Stunden hatte sich die 6-keto-PGF1α-Synthese weiter verzehnfacht. Unter Diclofenac [10-6M] kam es zu einer signifikanten prozentualen Hemmung von 99.82 % (s. Tab: 3.6) In Anwesenheit des selektiven Celecoxib wurde 6-keto-PGF1α mit 2206 ± 196.44 pg/mg FG bzw. 230.83 ± 31.11 pg/mg FG bei [10-6M] bzw. [10-5M] gemessen. Die Inhibition betrug 90.01 % und 98.95 %. 53 3.1.4 zeitliche 6-keto-PGF1α-Synthese in Synovialis in Anwesenheit eines selektiven und eines non-selektiven COX-Inhibitors % Inhibition 100 90 80 70 60 50 40 30 20 10 0 3h 6h 20 h Zeit Diclofenac [10-6 M] Celecoxib [10-6 M] Abb. 3.7 50 mg Synovialisgewebe wurde sechs Stunden lang in Anwesenheit von Diclofenac und Celecoxib in [10-6 M] inkubiert. Der 6-keto-PGF1α-Gehalt wurde mit der Kontrollgruppe verglichen und als prozentuale Inhibition ausgedrückt [n=6]. Durch den gewählten Versuchsaufbau bot sich die Möglichkeit, zwei Substanzen mit unterschiedlich gerichteter Selektivität bezüglich ihrer Potenz im verwendeten Gewebe im zeitlichen Verlauf zu vergleichen. Durch den Einsatz beider Pharmaka im gleichen Konzentrationsbereich von [10-6M] war dieser Vergleich möglich und zulässig. Nach nur drei Stunden hemmte der unspezifische COX-Inhibitor Diclofenac die 6-ketoPGF1α-Freisetzung um 61.87 %, das COX-2-selektive Celecoxib um 52.28 %. Nach der mittelfristigen Inkubation von sechs Stunden hemmte das traditionelle NSAID um 92.66 %, der neue CSI um 62.72 %. Mit weiter zunehmender Inkubationszeit näherten sich die Werte der prozentualen Hemmung zunehmend einander an und erreichten nach 20 Stunden eine fast vollständige Blockade der enzymatischen Synthese mit 99.82 % für Diclofenac und 90.01 % für Celecoxib. Zu allen Zeitpunkten war die Differenz der prozentualen Hemmung unter den einzelnen Pharmaka zueinander signifikant (s. Tab. 3.2, 3.4 und 3.6). 54 3.1.5 zeitliche 6-keto-PGF1α-Synthese in Synovialis in Anwesenheit eines COX-2-Inhibitors unterschiedlicher Konzentration % Inhibition 100 90 80 70 60 50 40 30 20 10 0 3h 6h 20 h Zeit Celecoxib [10-6 M] Celecoxib [10-5 M] Abb. 3.8 50 mg Synovialisgewebe wurde sechs Stunden lang in Anwesenheit von Celecoxib in [10-6 M] und [10-5 M] inkubiert. Der 6-keto-PGF1α-Gehalt wurde mit der Kontrollgruppe verglichen und als prozentuale Inhibition ausgedrückt [n=6]. Um genaueren Aufschluss über die Bedeutung der Inhibitor-Konzentration für das inhibitorische Geschehen zu erlangen, wurden einige Substanzen in verschiedenen, abgestuften Konzentrationen eingesetzt und ermöglichten so den direkten, intraindividuellen Effektivitätsvergleich. Nach 3 Stunden Inkubation wurde die untersuchte Prostaglandin-Produktion unter [10-6M] Celecoxib zu 52.28 % und unter [10-5M] Celecoxib zu 62.88 % gehemmt. Nach sechs Stunden betrug die Inhibition 62.72 % bei [106 M] und 84.23 % bei [10-5M]. Zum Ende der Langzeitinkubation wurde die Synthese unter [10-6M] zu 90.01 % und unter [10-5M] zu 98.95 % inhibiert. Diese Werte unterscheiden sich schon nach drei Stunden deutlich, nach sechs und 20 Stunden ist die Differenz jedoch hochsignifikant (s. Tab. 3.2, 3.4 und 3.6). Beide eingesetzten Konzentrationen liegen innerhalb des therapeutischen Wirkbereiches von Celecoxib und gewährleisten noch eine eindeutige Selektivität für die COX-2 (s.o.). 55 3.2 Endgültige Analyse Aufgrund der ausgiebigen Pilotexperimente im Vorfeld dieser Arbeit, wurde im Hauptteil der - als signifikant erwiesene - Inkubationszeitpunkt von sechs Stunden für alle weiteren Untersuchungen gewählt. Zudem wurde für den weiteren Verlauf das biometrische Auswertungsverfahren vom RIA auf den ELISA umgestellt worden, da sich dieses enzymatische Testsystem durch seine benutzerfreundliche Anwendbarkeit, sowie eine hohe Sensitivität und Spezifität in Vorgängerstudien bewährt hat. Außerdem war bei der Vielzahl der durchgeführten Untersuchungen auch der Wegfall der radiologischen Belastung durch den RIA von Bedeutung. 3.2.1 PGE2- Synthese in Synovialis nach sechsstündiger Inkubation [ pg / mg ] 70000 Kontrolle Diclofenac [10-6M] Lumiracoxib [10-6M] Celecoxib [10-6M] SC-560 [10-6M] 60000 50000 40000 ** *** 30000 ** p<0.01 *** p < 0.001 20000 10000 0 *** KO DI *** KO LU KO CE KO SC Konzentration Abb. 3.9 100 mg Synovialisgewebe wurde sechs Stunden lang in Anwesenheit von selektiven und non-selektiven COX-Inhibitoren [10-6M] inkubiert. Der absolute PGE2Gehalt wurde mittels ELISA gemessen und mit der Kontrollgruppe verglichen [n=6]. 56 Diclofenac [10-6 M] Lumiracoxib [10-6 M] Celecoxib [10-6 M] SC-560 [10-6 M] % Inhibition 100 90 80 70 60 50 40 30 20 10 0 DI LU CE SC Inhibitor Abb. 3.10 Prozentuale Inhibition der PGE2-Synthese in Synovialis [n=6] [ pg / mg ] 60000 Lumiracoxib [10-5M] SC-560 [10-5M] 50000 40000 * 30000 * p<0.05 *** p < 0.001 20000 10000 KO 0 KO *** LU KO KO SC Konzentration Abb. 3.11 100 mg Synovialisgewebe wurde sechs Stunden lang in Anwesenheit eines COX-1- und eines COX-2-selektiven COX-Inhibitors [10-5M] inkubiert. Der absolute PGE2-Gehalt wurde mittels ELISA gemessen [n=6]. 57 Tab. 3.7 Mittelwert und mittlere Standardabweichung Substanz Kontrolle Tyrode MW [pg / mg FG] 57089 SEM [pg / mg FG] 2133,7 Diclofenac [10-6 M] Kontrolle DMSO 2139,38 333,23 55153,5 1580,78 Lumiracoxib [10-6 M] 5901 679,42 Celecoxib [10 M] 26276,83 1502,53 SC 560 [10-6 M] 31989,67 2503,92 Lumiracoxib [10-5 M] 3322,28 389,65 27107,67 3677,97 t-Wert 10,39 Signifikanz 11,69 *** 5,41 *** 3,19 ** 13 *** 2,86 * -6 -5 SC 560 [10 M] Tab. 3.8 STUDENT-t-Test Substanz -6 Diclofenac [10 M] -6 Lumiracoxib [10 M] -6 Celecoxib [10 M] -6 SC 560 [10 M] -5 Lumiracoxib [10 M] -5 SC 560 [10 M] *** Nach sechsstündiger Inkubation von 100mg FG entzündlichem Synovialisgewebe kam es zu einer basalen PGE2-Synthese von 57089 ± 2133.7 pg/mg FG in Tyrode und 55153.5 ± 1580.78 pg/mg FG in DMSO. Unter Diclofenac in [10-6M] betrug die Produktion 2139.38 ± 333.23 pg/mg FG, die Synthese wurde zu 96.25 % gehemmt. Bei Lumiracoxib in gleicher Konzentration betrug der PGE2-Gehalt 5901 ± 679.42 pg/mg FG, dies entspricht einer prozentualen Hemmung von 89.3 %. Der zweite CSI Celecoxib in [10-6M] senkte die PGE2-Produktion auf 26276.83 ± 1502.53 pg/mg FG, bei einer Synthese-Hemmung um 52.36 %. Unter Zusatz von [10-6M] des COX-1-selektiven SC-560 enthielten die Inkubationsproben im Mittel 31989.67 ± 2503.92 pg/mg FG PGE2, gleichbedeutend mit einer prozentualen Inhibition von 42 %. 58 Gemäß der aktuellen Literatur wirken selektive Inhibitoren in Konzentrationen > 10-5M zunehmend unspezifisch und hemmen vermehrt auch die COX-1-derivierte Prostaglandin-Synthese. Um den optimalen Wirkbereich der verwendeten Pharmaka weiter zu charakterisieren, wurde das entzündliche Gewebe zusätzlich mit dem neuen CSI Lumiracoxib, sowie dem COX-1-präferentiellen SC-560 in der Konzentration [10-5M] für sechs Stunden inkubiert. In diesem Konzentrationsbereich wurde unter Lumiracoxib ein PGE2-Gehalt von 3322.28 ± 389.65 pg/mg FG gemessen, die prozentuale Inhibition betrug 93.98 %. SC-560 hemmte zu 50.85%, die Proben enthielten 27107.67 ± 3677.97 pg/mg FG PGE2. 59 3.2.2 6-keto-PGF1α-Synthese in Synovialis nach sechsstündiger Inkubation Kontrolle Diclofenac [10-6M] Lumiracoxib [10-6M] Celecoxib [10-6M] SC-560 [10-6M] [ pg / mg ] 30000 20000 * p < 0.05 ** p < 0.01 *** p < 0.001 * ** 10000 *** 0 KO DI KO LU KO CE KO SC Konzentration Abb. 3.12 100 mg Synovialisgewebe wurde sechs Stunden lang in Anwesenheit von selektiven und non-selektiven COX-Inhibitoren [10-6M] inkubiert. Der absolute 6-ketoPGF1α-Gehalt wurde mittels ELISA gemessen [n=6]. Diclofenac [10-6 M] Lumiracoxib [10-6 M] Celecoxib [10-6 M] SC-560 [10-6 M] % Inhibition 100 90 80 70 60 50 40 30 20 10 0 DI LU CE SC Inhibitor Abb. 3.13 Prozentuale Inhibition der 6-keto-PGF1α-Synthese in Synovialis [n=6] 60 [ pg / mg ] 40000 Lumiracoxib [10-5M] SC-560 [10-5M] 30000 ** p < 0.01 20000 10000 ** 0 KO LU KO SC Konzentration Abb. 3.14 100 mg Synovialisgewebe wurden sechs Stunden lang in Anwesenheit eines COX-1- und eines COX-2-selektiven COX-Inhibitors [10-5M] inkubiert. Der absolute 6keto-PGF1α-Gehalt wurde mittels ELISA gemessen [n=6]. Tab. 3.9 Mittelwert und mittlere Standardabweichung Substanz Kontrolle Tyrode MW [pg / mg FG] 57089 SEM [pg / mg FG] 2133,7 Diclofenac [10-6 M] Kontrolle DMSO 2139,38 333,23 55153,5 1580,78 Lumiracoxib [10-6 M] 5901 679,42 Celecoxib [10 M] 26276,83 1502,53 SC 560 [10-6 M] 31989,67 2503,92 Lumiracoxib [10-5 M] 3322,28 389,65 27107,67 3677,97 -6 -5 SC 560 [10 M] 61 Tab. 3.10 STUDENT-t-Test Substanz Signifikanz Diclofenac [10 M] t-Wert 5,39 Lumiracoxib [10-6 M] 3,71 ** Celecoxib [10 M] 2,32 SC 560 [10-6 M] 1,49 * n.s. -6 -6 -5 Lumiracoxib [10 M] -5 SC 560 [10 M] 4,39 2,04 *** ** n.s. Der Kontrollwert für die 6-keto-PGF1α-Produktion nach sechs Stunden Inkubation betrug für Tyrode bzw. DMSO 26391.83 ± 1810.97 pg/mg FG bzw. 27057.67 ± 1905.01 pg/mg FG. [10-6M] Diclofenac verminderte den 6-keto-PGF1α-Anteil auf 2289.08 ± 234.03 pg/mg FG, also um 91.33 %. In der Gruppe der selektiven COX-2-Inhibitoren betrug die 6keto-PGF1α-Produktion unter [10-6M] Lumiracoxib bzw. Celecoxib 8641 ± 696.91 pg/mg FG bzw. 14660.17 ± 1061.44 pg/mg FG. Dies entsprach einer prozentualen Hemmung der gemessenen Prostaglandin-Synthese von jeweils 68.06 % bzw. 45.82 %. Bei vorwiegender COX-1-Inhibiton durch [10-6M] SC-560 betrug der 6-keto-PGF1αGehalt der Proben 16589.17 ± 2153.61 pg/mg FG, was 38.69 % Inhibition entspricht. In einer Konzentration von [10-5M] kam es unter Lumiracoxib zu einer Produktion von 6-keto-PGF1α von 5772 ± 532.29 pg/mg FG und unter SC-560 von 13292.33 ± 1985.45 pg / mg. Dies entsprach prozentual einer Hemmung von 78.67 % bzw. 50.87 %. 62 3.2.3 PGE2- Synthese in Bursa nach sechsstündiger Inkubation [ pg / mg ] 30000 Kontrolle Diclofenac [10-6M] Lumiracoxib [10-6M] Celecoxib [10-6M] SC-560 [10-6M] 20000 * p < 0.05 10000 * 0 KO DI * KO LU KO CE KO SC Konzentration Abb. 3.15 100 mg Bursagewebe wurden sechs Stunden lang in Anwesenheit von selek- tiven und non-selektiven COX-Inhibitoren [10-6M] inkubiert. Der absolute PGE2-Gehalt wurde mittels ELISA gemessen und mit der Kontrollgruppe verglichen [n=6]. Diclofenac [10-6 M] Lumiracoxib [10-6 M] Celecoxib [10-6 M] SC-560 [10-6 M] % Inhibition 100 90 80 70 60 50 40 30 20 10 0 DI LU CE SC Inhibitor Abb. 3.16 Prozentuale Inhibition der PGE2-Synthese in Bursa [n=6] 63 [ pg / mg ] 30000 Lumiracoxib [10-5M] SC-560 [10-5M] 20000 * p<0.05 10000 * 0 KO LU KO SC Konzentration Abb. 3.17 100 mg Bursagewebe wurden sechs Stunden lang in Anwesenheit eines COX-1- und eines COX-2-selektiven COX-Inhibitors [10-5M] inkubiert. Der absolute PGE2-Gehalt wurde mittels ELISA gemessen [n=6]. Tab. 3.11 Mittelwert und mittlere Standardabweichung Substanz Kontrolle Tyrode MW [pg / mg FG] 57089 SEM [pg / mg FG] 2133,7 Diclofenac [10-6 M] Kontrolle DMSO 2139,38 333,23 55153,5 1580,78 Lumiracoxib [10-6 M] 5901 679,42 Celecoxib [10 M] 26276,83 1502,53 SC 560 [10-6 M] 31989,67 2503,92 Lumiracoxib [10-5 M] 3322,28 389,65 27107,67 3677,97 -6 -5 SC 560 [10 M] 64 Tab. 3.12 STUDENT-t-Test Substanz Signifikanz Diclofenac [10 M] t-Wert 2,93 Lumiracoxib [10-6 M] 2,96 -6 * Celecoxib [10 M] 0,8 * n.s. SC 560 [10-6 M] 0,83 n.s. 3,11 * n.s. -6 -5 Lumiracoxib [10 M] -5 SC 560 [10 M] 0,46 In 100mg FG entzündlich verändertem Bursa-subacromialis-Gewebe kam es nach sechsstündiger Inkubation ohne Pharmakonzusatz zu einer PGE2-Synthese von 25041.5 ± 3268.11 pg/mg FG in Tyrode bzw. 21051.17 ± 2687.23 pg/mg FG in DMSO. Unter Zusatz von [10-6M] Diclofenac belief sich das PGE2 im Bursagewebe auf 482.42 ± 255.94, es handelt sich um eine prozentuale Inhibition von 94.08 %. Lumiracoxib in [10-6M] senkte den PGE2-Gehalt auf 1539.35 ± 182.42 pg/mg FG, dies entsprach einer Hemmung von 92.69 %. [10-6M] Celecoxib hemmte die Synthese um 30.92 %, dies entsprach einem absoluten PGE2-Wert von 14543.17 ± 1938.31 pg/mg FG. Unter SC560 in [10-6M] betrug der PGE2-Gehalt 14694 ± 1601.39 pg/mg FG und die Inhibition 30.2 %. Im Konzentrationsbereich von [10-5M] belief sich die bursale PGE2-Produktion auf 565.62 ± 51.54 pg/mg FG unter Lumiracoxib bzw. 16571.83 ± 2978.2 pg/mg FG unter SC-560. Prozentual gesehen bedeutete dies eine Hemmung von 97.31 % bzw. 21.28 %. 65 3.2.4 6-keto-PGF1α-Synthese in Bursa nach sechsstündiger Inkubation Kontrolle Diclofenac [10-6M] [ pg / mg ] 30000 Lumiracoxib [10-6M] Celecoxib [10-6M] SC-560 [10-6M] * p < 0.05 ** p < 0.01 20000 10000 * ** 0 KO DI KO LU KO SC KO CE Konzentration Abb. 3.18 100 mg Bursagewebe wurden sechs Stunden lang in Anwesenheit von selek- tiven und non-selektiven COX-Inhibitoren [10-6M] inkubiert. Der absolute 6-ketoPGF1α-Gehalt wurde mittels ELISA gemessen [n=6]. Diclofenac [10-6 M] Lumiracoxib [10-6 M] Celecoxib [10-6 M] SC-560 [10-6 M] % Inhibition 100 90 80 70 60 50 40 30 20 10 0 DI LU CE SC Inhibitor Abb. 3.19 Prozentuale Inhibition der 6-keto-PGF1α-Synthese in Bursa [n=6] 66 [ pg / mg ] 30000 Lumiracoxib [10-5M] SC-560 [10-5M] 25000 20000 * p < 0.05 15000 10000 * 5000 0 KO LU KO SC Konzentration Abb. 3.20 100 mg Bursagewebe wurden sechs Stunden lang in Anwesenheit eines COX-1- und eines COX-2-selektiven COX-Inhibitors [10-5M] inkubiert. Der absolute 6keto-PGF1α-Gehalt wurde mittels ELISA gemessen [n=6]. Tab. 3.13 Mittelwert und mittlere Standardabweichung Substanz Kontrolle Tyrode MW [pg / mg FG] 57089 SEM [pg / mg FG] 2133,7 Diclofenac [10-6 M] Kontrolle DMSO 2139,38 333,23 55153,5 1580,78 Lumiracoxib [10-6 M] 5901 679,42 Celecoxib [10 M] 26276,83 1502,53 SC 560 [10-6 M] 31989,67 2503,92 Lumiracoxib [10-5 M] 3322,28 389,65 27107,67 3677,97 -6 -5 SC 560 [10 M] 67 Tab. 3.14 STUDENT-t-Test Substanz Signifikanz Diclofenac [10 M] t-Wert 3,37 Lumiracoxib [10-6 M] 2,36 -6 ** Celecoxib [10 M] 1,17 * n.s. SC 560 [10-6 M] 0,15 n.s. 2,62 * n.s. -6 -5 Lumiracoxib [10 M] -5 SC 560 [10 M] 0,7 Betrachtete man die ungehemmte Prodkution von 6-keto-PGF1α aus Bursagewebe nach sechs Stunden Inkubationszeit, ergaben sich Kontrollwerte von 21780.83 ± 2372.29 pg/mg FG in Tyrode und 23457.17 ± 2918.12 pg/mg FG in DMSO. Nach Zusatz von [10-6M] Diclofenac sank der Gehalt auf 2146.5 ± 200.65 pg/mg FG, also um 90.15 %. In Anwesenheit von Lumiracoxib in [10-6M] betrug der 6-keto-PGF1α-Gehalt 6337.5 ± 516.01 pg/mg FG, entsprechend einer prozentualen Hemmung von 72.98 %. Celecoxib in gleicher Konzentration hemmte die Synthese zu 39.85 %, dies entsprach 14108.5 ± 1442.45 pg/mg FG. Unter [10-6M] SC-560 sank die 6-keto-PGF1α-Synthese auf 22150.83 ± 2081.29 pg/mg FG, die Inhibition betrug lediglich 5.57 %. Unter der erhöhten Dosis von [10-5M] belief sich der 6-keto-PGF1α-Gehalt in den Inkubationsproben auf 4568.5 ± 407.38 pg/mg FG für Lumiracoxib bzw. 17045.67 ± 2377.09 pg/mg FG bei vorwiegender Hemmung der COX-1 durch SC-560. Prozentual interpretiert entsprach dies 80.52 % bzw. 27.33 % Inhibition. 68 3.2.5 PGE2-Synthese in intra- und extra-artikulärem Gewebe Kontrolle [ pg / mg ] Synovialis Diclofenac Bursa Lumiracoxib 60000 Celecoxib 50000 SC-560 40000 *** p < 0.001 ** p < 0.01 * p < 0.05 ** *** 30000 20000 *** 10000 * *** 0 DI LU CE SC DI * LU CE SC Inhibitor Abb. 3. 21 100 mg Synovialis- und Bursagewebe wurden sechs Stunden lang in Anwe- senheit von COX-Inhibitoren [10-6M] inkubiert. Der absolute PGE2-Gehalt wurde mittels ELISA gemessen und mit der Kontrollgruppe verglichen [n=6]. Diclofenac [10-6 M] % Inhibition 100 90 80 70 60 50 40 30 20 10 0 Lumiracoxib [10-6 M] Celecoxib [10-6 M] SC-560 [10-6 M] SYNOVIALIS BURSA Inhibitor Abb. 3.22 Prozentuale Inhibition der PGE2-Synthese in Synovialis und Bursa [n=6] 69 3.2.6 6-keto-PGF1α-Synthese in intra- und extra-artikulärem Gewebe Kontrolle Diclofenac Lumiracoxib Celecoxib SC-560 ** p < 0.01 * p < 0.05 [ pg / mg ] Bursa Synovialis 30000 20000 * ** 10000 * *** 0 DI ** LU CE SC DI LU CE SC Inhibitor Abb. 3.23 100 mg Synovialis- und Bursagewebe wurden sechs Stunden lang in Anwe- senheit von COX-Inhibitoren [10-6M] inkubiert. Der absolute 6-keto-PGF1α-Gehalt wurde mittels ELISA gemessen und mit der Kontrollgruppe verglichen [n=6]. Diclofenac [10-6 M] Lumiracoxib [10-6 M] Celecoxib [10-6 M] SC-560 [10-6 M] % Inhibition 100 80 60 40 20 0 SYNOVIALIS BURSA Inhibitor Abb. 3.24 Prozentuale Inhibition der 6-keto-PGF1α-Synthese in Synovialis und Bursa [n=6] 70 3.2.7 PGE2- und 6-Keto-PGF1α-Synthese im geweblichen Vergleich in Anwesenheit eines COX-2-Inhibitors unterschiedlicher Konzentration PGE2 [ pg / mg ] 60000 Kontrolle Lumiracoxib [10-6 M] Lumiracoxib [10-5 M] 50000 40000 30000 20000 10000 *** *** * 0 SYNOVIALIS * BURSA [ pg / mg ] 30000 20000 ** 10000 * ** * 0 6-keto-PGF1α Abb. 3.25 100 mg Synovialis- und Bursagewebe wurden sechs Stunden lang in Anwe- senheit von Lumiracoxib [10-6M] und [10-5M] inkubiert. Der absolute Gehalt der Prostanoide wurde mittels ELISA gemessen und mit der Kontrollgruppe verglichen [n=6]. 71 % Inhibition 100 90 80 70 60 50 40 30 20 10 0 PGE2 Lumiracoxib [10-6 M] Lumiracoxib [10-5 M] SYNOVIALI S 6-keto-PGFα BURSA PGE2 6-keto-PGFα Abb. 3.26 Prozentuale Inhibition der Prostanoid-Synthese in Synovialis und Bursa [n=6] 72 Auswertung 4. Diskussion der Ergebnisse Bisher gibt es keine experimentellen Untersuchungen, in denen die Auswirkungen unterschiedlich selektiver COX-Inhibitoren in mehreren entzündlichen Geweben direkt miteinander verglichen werden. Generell ist unklar, ob die eingesetzten Medikamente den tatsächlichen Ort der Entzündung überhaupt erreichen und dort wirken. Darüber hinaus stellt sich die Frage, ob ihre Anwesenheit „vor Ort“ überhaupt erforderlich ist, um eine angemessene Analgesie zu erzielen [DUFFY et al. 2003]. Die Osteoarthrose, als ein Vertreter der chronisch destruktiven Gelenkerkrankungen, ist die häufigste Form der Arthritis [CARMONA et al. 2001 / WATSON 1997]. Nach Schätzungen der Weltgesundheits-Organisation WHO leiden weltweit rund 25% der über 65jährigen unter Schmerzen und Einschränkungen aufgrund dieser Erkrankung [2003]. Der stärkste prädiktive Faktor ist das Lebensalter, so leidet fast jeder über 90jährige an Osteoarthrose [VAN SAASE et al. 1989 / LAWRENCE 1977]. Die Osteoarthrose ist durch Schmerz, Gelenkentzündung und –versteifung gekennzeichnet und resultiert in zunehmendem Ausmaß in physischer Behinderung [BREEDVELD 2004]. In der so genannten FRAMINGHAM-Studie wurde die Osteoarthrose als Ursache für physische Behinderung und Einschränkung der Lebensqualität - gleichgesetzt mit kardiovaskulären Erkrankungen, Herzinsuffizienz und chronisch- obstruktiven Lungenerkrankungen [GUCCIONE et al. 1994]. Die Häufigkeit der Erkrankung macht einerseits experimentelles Gewebe leicht zugänglich und bietet eine große Stichprobe an vergleichbaren Untersuchungsobjekten, verdeutlicht zugleich aber auch den dringenden Bedarf an potenten pharmakologischen Therapeutika. Generell hat sich die Osteoarthrose in klinischer und experimenteller Forschung als ein Modell zum Studium von chronischen Schmerzen und Entzündung durchgesetzt. Patienten mit entzündlichen Erkrankungen der Gelenke bieten die perfekte Möglichkeit, den obigen Fragestellungen nachzugehen: Durch die Entzündung wird lokal vermehrt COX- 73 2 induziert, die dann verstärkt PGE2 produziert. Die direkte Bestimmung der Eicosanoid-Synthese bietet sich an, um das Ausmaß des Entzündungsgeschehens zu ermessen und den Einfluss möglicher Therapeutika zu beobachten [DUFFY et al. 2003 / SEPPALA et al. 1990]. Eine direkte Evaluierung pharmakodynamischer und -kinetischer Parameter am klinisch relevanten Ort wird so möglich. Die dieser Arbeit zugrunde liegende Hypothese, dass die COX-2 im akut entzündlichen Gelenk vermehrt induziert wird, ist durchaus berechtigt, wenn man berücksichtigt, dass sowohl die rheumatische Arthritis, als auch die Osteoarthrose mit einer generell erhöhten PG-Produktion einhergehen und außerdem beide Krankheitsbilder auf eine Therapie mit NSAID ansprechen [DUFFY et al. 2003]. Die beiden Isoenzyme der Cyclooxygenase sind hauptverantwortlich für die Freisetzung entzündungsfördernder Eicosanoide in Bursa- und Synovialisgewebe: Der Prostaglandin- und Leukotrien-Gehalt in Gelenkgewebe und -flüssigkeit ist bei entzündlichen Gelenkerkrankungen deutlich erhöht [HE et al. 2002 / PORTANOVA et al. 1996]. Mehrere Arbeitsgruppen zeigten, dass der Gehalt an PGE2 in den Gelenken von Patienten mit Osteoarthrose signifikant über dem der Normalbevölkerung lag [BERTIN 1994 / SAHAP ATIK 1990]. PGE2 vermittelte in diesem Zusammenhang über eine Aktivierung der Osteoklasten eine vermehrte Knochenresorption, was langfristig zu den beobachteten Gelenkschäden bei Osteoarthrose führt [RAISZ 1999]. Die gleichzeitig beobachtete Knorpelschädigung wurde durch die beiden synergistisch arbeitenden Interleukine IL1β und TNFα vermittelt, da sie die Expression degradierender Enzyme induzierten und die Reparationsfunktion der Chondrozyten einschränkten [HE et al. 2002 / PAREDES et al. 2002]. Insbesondere der erhöhte Spiegel der Prostanoide PGE2 und PGI2 vermittelte Hyperalgesie, Schmerz und Entzündung im Rahmen der Osteoarthrose [MARTEL- PELLETIER et al. 2003 / BERTOLINI et al. 2002 / HINZ und BRUNE 2002 / PARENTE 2001]. Im Tiermodell der Polyarthritis reduzierten monoklonale Antikörper gegen PGE2 sowohl den Spiegel, als auch die Wirkung anderer inflammatorischer Markersubstanzen. Diese Beobachtung unterstreicht den signifikanten Beitrag von PGE2 zur Pathogenese der Arthritis [PORTANOVA et al. 1996]. MURATA et al. zeigten anhand von Knockout-Mäusen, die keinen ProstacyclinRezeptor besitzen, dass PGI2 als Mediator, im Rahmen einer Entzündung, Schwellung 74 und Schmerz vermittelte [1997]. Auch das inflammatorische Exsudat fiel ohne den Einfluss des Prostacyclins deutlich geringer aus. Die Verwicklung von PGI2 in die nozizeptive Antwort des Organismus konnte ebenfalls etabliert werden: Die Reaktion auf künstlich erzeugte Schmerzreize war bei den Knockout-Mäusen - im Vergleich zum Wildtyp - nicht vorhanden. Die nozizeptive Vermittlung durch PGE2 erreichte ebenfalls nicht die Ausmaße des Wildtyps und legte nahe, dass PGE2 und PGI2 unterschiedliche, kontextabhängige Aufgaben in entzündlichen Prozessen besitzen könnten [MURATA et al. 1997]. In der vorliegenden Arbeit bestätigte die Messung des PGE2 in den ungehemmten Kontrollproben der individuellen Patientengewebe eine hohe zugrunde liegende PGE2Produktion. Die beobachtete biologische Varianz der individuellen Gewebe-Explantate war vorhersagbar und spiegelte vermutlich das unterschiedliche Ausmaß der klinischen Entzündung wider [McEVOY et al. 2004]. Trotz der zunehmenden Entwicklung neuer, selektiver und pharmakologisch vorteilhaft synthetisierter Inhibitoren der Cyclooxygenase, ist ein einheitliches In-Vitro-Testsystem zur Evaluierung der Wirksamkeit dieser Substanzen nicht etabliert. Je nach Interessensschwerpunkt verwendeten Arbeitsgruppen Zellkulturen [REMMEL et al. 2004 / CHANG et al. 2003 / HAWKEY 1999], humane Gewebepräparate [FURST 1999], rekombinante Enzymsysteme [PAIRET und VAN RYN 1999] oder menschliches Vollblut [MELLO et al. 2000 / LAUFER et al. 1999 / PAIRET et. al. 1998]. Jede Methode produzierte leicht divergierende Ergebnisse, was die unterschiedliche Proteinbindung und die Verteilung entlang der Zellmembran widerspiegelt. Keine Methode kann jedoch generelle Gültigkeit beanspruchen. Die angegebene Selektivität kann - je nach Assay - bis um das Zehnfache variieren. Derzeit gilt die Nicht-Hemmung der Thrombozyten-Aggregation als Goldstandard, um eine Substanz als COX-2-selektiv zu deklarieren [HAWKEY 1999]. Da die meisten der getesteten Pharmaka jedoch unter spezifischen klinischen Bedingunen, bei hauptsächlich lokalem Entzündungsgeschehen, Einsatz finden sollen, ist es von Vorteil, das entsprechende Zielgewebe in den Versuchsaufbau einzubeziehen und die Eigenschaften der Substanz in diesem Zielgewebe zu berücksichtigen [DUFFY 2003 / FURST 1999]. Daher wurde in der vorliegenden Arbeit osteoarthrotisches Synovialisgewebe bzw. Impingement-geschädigtes Bursagewebe inkubiert. 75 Viele Aufschlüsse über funktionelle Zelleigenschaften in pathologischen Prozessen sind anhand primärer Zellkulturen gewonnen worden [FIRESTEIN 1996]. Unter methodischen Gesichtspunkten sind diese Experimente korrekt, sie limitieren allerdings die Aussagekraft des Versuchs für den Einsatz in vivo. Kultivierte isolierte Zelltypen geben die prädominierenden Zell-Zell-Interaktionen des komplexen, vielgestaltigen Bursabzw. Synovialisgewebes nur unzureichend wider [DAYER und BURGER 1999] und lassen potentielle gewebliche Wechselwirkungen außer Acht, die durch dieses Zusammenspiel entstehen können. Ein weiterer Aspekt der möglichst wirklichen Abbildung der biochemischen und kinetischen Vorgänge in vivo ist im vorliegenden Modell die Mobilisierung der Arachidonsäure aus endogenen Speichern und die direkte Umsetzung im Prostaglandin-Syntheseweg, im Gegensatz zu exogenem, experimentell zugesetztem, Substrat [LANEUVILLE et al. 1994]. Die Etablierung eines Ex-Vivo-Kultursystems erhält den dynamischen Aktivierungsstatus der einzelnen zellulären Komponenten und ermöglicht es, die direkte Wirkung eingesetzter Substanzen auf das entzündliche Gewebe in totum zu beleuchten [McEVOY et al. 2004]. Ähnliche ex vivo Gewebe-Explantate wurden bereits von Patienten mit rheumatischer Arthritis verwendet, um die Auswirkungen anderer, inflammatorischer Schlüsselmediatoren auf den synovialen Zellverband zu untersuchen [TETLOW et al. 1998 / WOODS et al. 1999]. In der jüngsten Vergangenheit haben sich auch andere Arbeitsgruppen in vergleichbarer Weise des ausführlich beschriebenen Inkubationsverfahrens dieser Arbeit (siehe 2.3) bedient und die erweiterte Aussagekraft des Modells für den klinischen Einsatz getesteter Pharmaka genutzt [DUFFY et al. 2003 / McEVOY et al. 2004 / TOMISATO et al. 2004]. Die durchgeführte Portionierung und Homogenisierung des Gewebes hat einen unschätzbaren Wert, lassen sich doch so unterschiedliche Zeitpunkte und Medikamente an ein und demselben Material testen. Jegliche inter-individuellen Schwankungen bei Tiermodellen oder In-Vivo-Studien werden auf diese Weise auf ein Minimum reduziert. Auch die Art des geweblichen Inkubates gewährleistet ein Optimum an Interpretierbarkeit, handelt es sich doch um die Aufbereitung von Verbänden intakter humaner Zellen. Der humane Ursprung ist von Bedeutung und gewährleistet repräsentativere Ergebnisse, da sich angezüchtete tierische Enzyme im In-Vitro-Verhalten zum Teil deutlich von 76 menschlichem Zellmaterial unterscheiden [PAIRET und VAN RYN 1998 / BERG et al. 1997 / CHULADA und LANGENBACH 1997]. Rein methodisch gesehen wurden Einflüsse von Lagerung, Transport und Präparation des Gewebes auf die spätere Mediatoren-Freisetzung durch die etablierte Verfahrensweise so weitestgehend ausgeschlossen: Die Lagerung des Operationspräparates in 0.9%iger NaCl-Lösung simulierte ein physiologisches Milieu und die sofortige Überführung in einen Behälter mit Eiswasser hielt alle Stoffwechselprozesse, bis zu Beginn der Inkubation, auf einem künstlichen Ruheniveau. Es ist bekannt, dass die Zeit von der Entfernung aus dem lebenden Organismus bis hin zur simulierenden Inkubation und die osmolare Beschaffenheit des Kulturmediums in bestimmten Geweben einen Einfluss auf die in vitro gemessene Prostaglandin-Freisetzung haben können [BUSIJA et al. 1996 / ZHANG et al. 1995]. Die equilibrierten Inkubationsmedien und die fortwährende CO2-Begasung sicherten einen konstanten pH-Wert und dienten so ebenfalls der Aufrechterhaltung einer physiologischen Situation. Das Absinken des pH-Wertes unter physiologisches Niveau würde ein Absinken des intrazellulären Ca2+-Haushaltes mit sich bringen, was konsekutiv Turbulenzen für den Prostaglandin-Haushalt bedeutete [STEINHILBER 1999 / AALKJAER und PENG 1997 / MURAKAMI et al. 1994]. Durch das dreimalige Spülen der Inkubationsproben mit eiskalter Tyrode-Lösung wurden zelluläre Fremdbestandteile entfernt, die sonst für eine ektope ProstaglandinProduktion verantwortlich sein könnten [TOMISATO et al. 2004]. Dieser Spülvorgang und die detaillierte, präparatorische Aufarbeitung des Gewebes sicherten die Inkubation homogenen Synovialis- bzw. Bursagewebes und damit eine möglichst gewebsspezifische Freisetzung der Mediatoren. In der experimentellen Durchführung der vorliegenden Arbeit erscheint sicherlich der relativ geringe Umfang der einzelnen gezogenen Stichproben als nachteilig. In der Phase der Versuchplanung war dieser Wert ursprünglich nicht mit n<10 kalkuliert worden, was auch in der wesentlich höheren Zahl an asservierten Inkubationsproben zum Ausdruck kommt (n=21 für Synovialis- bzw. n=10 für Bursagewebe). Der ökonomische Aspekt der ELISA-Tests (s. 2.1.2) beschränkte letztendlich die Anwendung dieses Auswertverfahrens auf eine anteilig kleinere Stichprobe. Alle erhaltenen Ergebniswerte zeigten jedoch eine bemerkenswerte Kongruenz und ermöglichten eindeutige Äußerungen zu den zugrunde liegenden Fragestellungen. Wenn sich auch die ermittelten Abso77 lutwerte durch eine Vergrößerung der Stichprobe den realen Werten weiter annähern würden, so waren selbst bei kleinerem Umfang die Unterschiede zur Kontrollgruppe jeweils signifikant und zeigten einen eindeutigen Trend und eine Aufteilung der Pharmaka-Palette nach Wirkkraft. Bereits mehrfach wurde gezeigt, dass unspezifische NSAID in einer vergleichbaren klinischen Situation einen hemmenden Effekt auf die lokale Eicosanoid-Freisetzung und somit auf die Entwicklung der Entzündung haben. Viele Arbeiten untersuchten bisher die Auswirkungen von jeweils nur COX-1- bzw. COX-2-selektiven Substanzen auf den Organismus [McEVOY et al. 2004 / BARDEN et al. 2003 / TANAKA et al. 2002 / HENNAN et al. 2001]. Die vorliegende Arbeit verwendet ein Spektrum unspezifischer, COX-1-spezifischer und COX-2-spezifischer Wirkstoffe im selben experimentellen Aufbau und ermöglicht so einen direkten Vergleich der Substanzen unter identischen Experimentierbedingungen und in gleichen Wirkstoffkonzentrationen. Neben dieser intra-experimentellen pharmakologischen Vergleichbarkeit bietet sich außerdem die Möglichkeit, die COX-1/COX-2-Gewichtung im Entzündungsgeschehen für Synovialis und Bursa anhand des charakteristischen Inhibitionsmuster der verwendeten Pharmaka gewebespezifisch zu differenzieren. Die Spezifität mehrerer COX-2-selektiver Komponenten aus verschiedenen Untersuchungen anhand der COX-1/COX-2-ratio direkt miteinander zu vergleichen, ist schwierig. Die beobachtete Spezifität des Enzyms ist beeinflussbar durch die eingesetzte Enzym- bzw. Substratkonzentration: Liegt eine Sättigung mit dem Substrat Arachidonsäure vor, ist keine kompetitive COX-1-Hemmung bemerkbar, aber eine hohe COX-2Selektivität. Bei erniedrigter AA-Konzentration sinkt dementsprechend scheinbar die Selektivität für COX-2, und COX-1 wird leicht kompetitiv gehemmt. Die verwendete Enzym-Konzentration in vitro kann ebenfalls die Auswertung komplizieren. Manche CSI sind so potente Inhibitoren, dass sie das aktive Enzym schon in niedrigster Konzentration vollständig hemmen. Der IC50-Wert hängt dann vom Enzymanteil der Probe ab. Eine hieraus abgeleitete selektive COX-1/COX-2-Ratio spiegelt also lediglich den relativen COX-1-/COX-2-Gehalt der Probe wider [MARNETT et al. 1999]. In den standardmäßig verwendeten In-Vitro-Testverfahren wird bisher die COX-2-/COX-1Ratio der jeweiligen Substanzen herangezogen, um kalkulatorisch die Selektivität zu bestimmen und so einen gemeinsamen Konsensus für die Bewertung der Effektivität der COX-Inhibitoren zu erhalten. Je größer der IC50 für die jeweilige COX-Isoform in die78 ser Ratio, desto mehr Substrat muss eingesetzt werden, um das Enzym zu 50 % zu inhibieren. Eine niedrige Ratio entspricht demnach einer hohen COX-2-Selektivität, der IC50-Wert für COX-2 sehr gering und der IC50-Wert für COX-1 entsprechend groß. Dieses Selektivitätsprofil eines Wirkstoffes, das durch den IC50-Wert ausgedrückt wird, lässt sich auch graphisch darstellen: Die gewünschte Konzentration eines Medikamentes wird hierzu für eine jeweils 50prozentige Inhibition der COX-1 (Ordinate) bzw. der COX-2 (Abszisse) auf einen Graphen aufgetragen. Die jeweilige Lokalisation, im Bezug auf die Ursprungsgerade, verdeutlicht die Ratio - und damit die Selektivität- der Substanz [FITZGERALD et al. 2000]. Abhängig von der jeweiligen Kurvensteigung ist die Ratio dann unterschiedlich biologisch interpretierbar; steilere Kurven erlauben generell eine bessere Differenzierung zwischen einer COX-1- und einer COX-2-Selektivität. Aus anschaulichen Gründen wäre es jedoch einleuchtender und didaktisch sinnvoller, den reziproken Wert der Ratio zu verwenden: bei einem Medikament, das die COX-2 100mal stärker hemmt, als die COX-1, wäre dann dieser Wert auch 100mal größer [HAWKEY 1999]. Selbst diese Selektivitätsratio in vitro kann jedoch das Niveau der Inhibition bei gegebener klinischer Dosis nicht adäquat vorhersagen. [EVERTS et al. 2000] Demnach existiert kein „optimaler“ Wert für die COX-2-Selektivität. Es besteht keine Korrelation zwischen Selektivitätswerten, die in vitro festgestellt wurden, und denen, die nach In-Vivo- oder Ex-Vivo-Studien vermutet worden waren [MARNETT et al. 1999 / EVERTS et al. 2000]. In-Vitro-Studien zum toxischen Einfluss von NSAID auf die Zellen der Magenschleimhaut stellten zudem heraus, dass kein direkter Zusammenhang besteht zwischen der COX-2-Selektivität einer Substanz und ihrer Cytotoxizität, also der benötigten Dosis, um eine Apoptose oder Nekrose der Zellen herbeizuführen. Des Weiteren war kein Zusammenhang zwischen der Toxizität und der Fähigkeit zur effektiven Hemmung der Prostanoid-Synthese erkennbar [TOMISATO et al. 2004]. Auch die Kinetik der Interaktionen pharmakologischer Inhibitoren mit dem jeweiligen Isoenzym ist für die Interpretation der Ergebnisse von Bedeutung. Einige NSAID konkurrieren mit der Arachidonsäure um die Bindung an das aktive Zentrum der COX im Sinne eines zeitunabhängigen, kompetitiven Antagonismus. Die meisten agieren jedoch - wie bereits unter 1.3 beschrieben - sowohl mit der COX-1, als auch mit der COX-2 in einem zweischrittigen Prozess. Die strukturell determinierte Affinität bestimmt dabei die COX-1-/COX-2-Relation [GIERSE et al. 1995 / QUELLET und PERCIVAL 1995]. Auch die selektiven Coxibe hemmen die COX-2 in diesem zeitabhängig-irreversiblen 79 Modus [RIENDAEU et al. 1997 / WONG et al. 1997 / GIERSE et al. 1996]. Es konnte gezeigt werden, dass die COX-2-selektiven Inhibitoren primär an das aktive Zentrum beider Isoenzyme binden und somit im Rahmen der, faktisch sofort eintretenden, Bildung des [E-I]-Komplexes zunächst sowohl die COX-2, als auch die COX-1 in gleichem Maße hemmen. Dieser initiale Effekt auf die Aktivität beider Isoenzyme ist zunächst gleichermaßen schwach ausgeprägt [QUELLET und PERCIVAL 1995 / COPELAND et al. 1994]. Den zweiten Schritt der dargestellten Kinetik, die zeitabhängige Konversion des Komplexes aus Enzym und Inhibitor mit irreversibler - und deutlich potenterer - Inhibition der Syntheseaktivität, vollziehen die Coxibe dann allerdings nur noch mit der COX-2. Eine elementare Voraussetzung für die selektive Hemmung der COX-2-Aktivität durch die „COX-2-Inhibitoren“ ist also die zeitabhängige Bildung des [E-I]*Komplexes mit funktionell irreversibler Einbindung der Coxibe [COPELAND et al. 1994]. Die Enzymkinetik selektiver COX-2-Inhibitoren erlangt im Wirkvergleich pharmakologischer Substanzen große Bedeutung, da die CSI in hohen Konzentrationen zunehmend unspezifisch werden, vermehrt also auch die Aktivität der COX-1 hemmen. An bestimmten Entzündungsmodellen konnte demonstriert werden, dass die COX-2selektiven Inhibitoren in Dosen, die zum Erreichen signifikant anti-inflammatorischer Effekte erforderlich waren, größtenteils bereits eine Inhibition der COX-1 bewirkten [WALLACE et al. 1999 / EUCHENHOFER et al. 1998 / LORA et al. 1998 / SCHULIGOI et al. 1998 / PATRIGNANI et al. 1996 / PANARA et al. 1995]. Eine klare Differenzierung zwischen COX-1- und COX-2-Inhibition ist dann nicht mehr möglich. Bei der Interpretation des Datenmaterials bisheriger Untersuchungen über die antiinflammatorische Potenz selektiver COX-2-Inhibitoren bedurfte der Konzentrationsbereich kleiner als [10µM] besonderen Augenmerks, da in höheren Konzentrationen nicht mehr sicher von einer selektiven Hemmung der COX-2-abhängigen ProstaglandinSynthese ausgegangen werden konnte [PANARA et al. 1995]. In der vorliegenden Arbeit wurde ein Konzentrationsbereich von [10-5-10-6M] gewählt. Celecoxib ist in diesen Konzentrationen schon mehrfach selektiv verwendet worden TOMISATO et al. 2004 / GIERSE et al. 1999 / LIPSKY und ISAKSON 1997]. Da es sich bei Lumiracoxib um den derzeit stärksten selektiven COX-2-Hemmer in vitro handelt [WITTENBERG et al. 2003 / TACCONELLI et al. 2004 / CAPONE et al. 2003], ist auch hier von einem eindeutigen und monodirektionalem Inhibitionsverhalten auszugehen. 80 Nicht nur das eingesetzte „Enzym-Material“ bietet immer wieder Anlass zu wissenschaftlichen Diskussionen, sondern auch die Inkubationszeit, die für eine realistische Evaluation der pharmakologischen Wirkpotenz aufgebracht werden sollte. Während sich die Bildung des instabilen [E-I]-Komplexes sowohl unter unspezifischer, als auch unter COX-2-selektiver Inhibition faktisch sofort einstellt, sind in der Literatur die Angaben uneinheitlich, welche Zeit mindestens benötigt wird, um eine sichere Konversion des [E-I]-Komplexes in den irreversiblen [E-I]*-Komplex zu ermöglichen. Bei zu kurzer Inkubationszeit könnte nur das erste Stadium des kinetischen Inhibitionsprozesses mit dann nur reversibler Bindung des Inhibitors an das Enzym und somit geringerem Effekt auf die Prostaglandin-Synthese erreicht werden [PAIRET und VAN RYN 1998 / COPELAND et al. 1994 / ROME und LANDS 1975] und so zu einer irrtümlich niedriger beurteilten Effektivität der Pharmaka und Fehlinterpretationen führen [VAGO et al. 1995]. Während HAWKEY ein allgemeines Zeitfenster von 15-30 Minuten postuliert [1999], konnten LORA et al. 1998 zeigen, dass die In-Vivo-Potenz und COX-1-/COX-2Affinität unselektiver NSAID bzw. eines COX-2-selektiven Agens nach nur 20minütiger Inkubation nicht valide abgebildet werden. Im Rahmen der Kurzzeitinkubation wurde lediglich eine „instantaneous Inhibition“ erreicht, die nicht repräsentativ für die Eigenschaften der selektiven COX-2 Inhibitoren in vivo sei. Andere Autoren beschreiben - in Abhängigkeit vom jeweiligen Testmodell - erforderliche Inkubationszeiten von 10 Minuten [CARABAZA et al. 1997] 35 Minuten [LANEUVILLE et al. 1994], 40 Minuten [COPELAND e al. 1994], 60 Minuten [MELLO et al. 2000], 16 Stunden [WILBORN et al. 1995] bis hin zu 24 Stunden [MELLO et al. 2000 / PATRIGNANI et al. 1994] Beim gleichen Synovialis- bzw. Bursa-Modell und identischer Gewebeaufbereitung wie in der vorliegenden Arbeit, setzte WILLBURGER Inkubationszeiten von fünf und 20 Minuten ein [1996], während KNORTH für jeweils 20 Minuten und 16 Stunden inkubierte [2002]. Um die gesamte Zeitspanne, von vorübergehender Hemmung nach Kurzzeitinkubation bis hin zur irreversiblen Langzeithemmung, abzudecken, wurde zum Auftakt dieser Arbeit in entsprechenden Pilotexperimenten osteoarthrotisches Kniegewebe nach bewährtem Protokoll präpariert und das Eicosanoid 6-Keto-PGF1α in Überständen nach 3, 6 und 20 Stunden Inkubation immunoradiologisch bestimmt. Neben der generellen Me81 thodik der Gewebegewinnung, Präparation und Inkubation sollte so auch die Inkubationszeit standardgemäß etabliert werden und die Auswertung der Ergebnisse vor dem Hintergrund bisheriger Untersuchungen möglich werden. Der kürzeste Wert von drei Stunden näherte sich der Dauer der bisher stattgefunden Kurzzeitinkubationen an, während die 20 Stunden das Intervall nach oben begrenzten. Es lag bisher keine Untersuchung darüber vor, wie sich die Anwesenheit von COXInhibitoren auf die Prostaglandin-Synthese nach einer mittleren Zeitdauer von sechs Stunden auswirkt. Eine erste Auswertung nach dreistündiger Kurzzeit-Inkubation für die pharmakologisch ungehemmte Prostaglandin-Freisetzung und die Produktion in Anwesenheit von Inhibitoren ergab Werte der gleichen Größenordnung. Die Eicosanoid-Synthese der ungehemmten Kontrollproben betrug mindestens doppelt so viel wie unter stärkster COXInhibition, auch wenn zu diesem Zeitpunkt alle absoluten Zahlenwerte nur im Hunderterbereich lagen. Nach Anwendung des Student-t-Tests unterschied sich der Prostaglandingehalt der entzündlichen Synovialis unter pharmakologischer Hemmung bereits nach dieser kurzen Inkubationsdauer signifikant vom Kontrollwert. Nach Verlängerung der Inkubationszeit des identischen Gewebes auf insgesamt sechs Stunden, wuchs der Prostaglandingehalt in den Kontrollinkubaten exponentiell an. Die Werte stiegen bis in den Tausenderbereich und betrugen damit das drei- bis dreizehnfache der Pharmakonwerte. Schon Prima Vista ließ sich hier eine Hemmung der COXSyntheseaktivität feststellen; inhibitorisch sank der Gehalt von 6-Keto-PGF1α um eine Dezimalstelle. Statistisch gesehen erfüllten die Werte der mittelfristigen Inkubation den Anspruch eines gewählten Konfidenzintervalles von 99% und waren unter einer gegebenen Irrtumswahrscheinlichkeit von α = 0.01 signifikant. Der gewählte Endpunkt von sechs Stunden für eine aussagekräftige Inkubation von entzündlich verändertem Gewebe mit Cyclooxygenase-Inhibitoren schien auch vor dem Hintergrund der pharmako-kinetischen Daten der einzelnen verwendeten Inhibitoren sinnvoll, lag er doch im Bereich der jeweiligen Halbwertszeiten und gewährleistete so das Eintreten des jeweiligen Wirkungsgipfels. Besonders deutlich wurde dieser Sachverhalt am Einsatz des COX-2-selektiven Celecoxib in der Konzentration von [10-6M], das in der Langzeitinkubation von 20 Stunden sein Wirkmaximum bereits überschritt und die Prostaglandin-Synthese insgesamt schwächer beeinflusste. Zwar war die prozentuale Hemmung nach zwanzig wie nach sechs Stunden signifikant gegeben, allerdings stieg der absolute 6-Keto-PGF1α-Gehalt bereits wieder an und erreichte Werte, die 82 größer waren, als nach mittelfristiger Inkubation. Eine weiter zunehmende Annäherung von Kontroll- und Inhibitionswert im zeitlichen Verlauf, über die 20 Stunden hinaus, war anzunehmen. Die Tatsache, dass die anteilige Hemmung nach zwanzig Stunden immer noch jeweils über 90 % betrug, legte nahe, das die pharmakologischen Substanzen trotz Langzeitinkubation strukturell stabil blieben. Dies stimmte mit den Beobachtungen von PANARA et al. (1995) überein und dient der Qualitätssicherung der vorliegenden Methode. Im Rahmen einer Langzeitinkubation von 20 oder mehr Stunden ist neben der Stabilität des Pharmakons auch die Integrität des eingesetzten Gewebes zu berücksichtigen. Die Manipulation des Gewebes bringt unweigerlich eine Steigerung der ProstaglandinSynthese mit sich. Der Effekt ist jedoch, im Vergleich zu einer nicht präparierten Kontrollgruppe, nur gering ausgeprägt [WITTENBERG 1993]. Durch die experimentelle Prozessierung des Gewebes, das Herauslösen aus dem natürlichen geweblichen Umfeld und das langfristige Aufrechterhalten eines künstlichen Milieus könnte es in den Inkubationsproben durch zytodestruktive Ereignisse zu einer artifiziellen Induktion des COX-2-Enzymes kommen [ZAMORA et al. 1998 / HO et al. 1998 / LU et al. 1995]. Im Zuge der Etablierung des vorliegenden experimentellen Entzündungsmodells wurde aber bereits mehrfach pathologisch nachgewiesen, dass die - nach der beschriebenen Methode präparierten und inkubierten - Gewebeproben, auch nach mehrstündiger Inkubationszeit, keine lichtmikroskopischen Anzeichen für Apoptose, Zelldegeneration oder -untergang aufwiesen [KNORTH 2002 / MÜLLER 1999 / WILLBURGER 1996]. Zur einfachen Schmerzkontrolle bei destruktiven Gelenkerkrankungen sind der direkte Zugang der Pharmaka zum Entzündungsort und das Eingreifen in lokale Vorgänge nicht zwingend erforderlich. Auch ohne die, in der vorliegenden Arbeit nachgewiesenen, lokalen Aktionen tritt umgehend ein analgetischer Effekt ein. Betrachtet man den zeitlichen Verlauf der COX-2-Hemmung und der reduzierten PGE2-Produktion im entzündlichen Knie, zeigt sich eine messbare Verzögerung des Wirkeintrittes im Vergleich zum Blut. Therapeutische Konzentrationen im Synovialisgewebe werden also erst mit einiger Verzögerung erreicht [DUFFY et al. 2003]. Die frühe Analgesie von COX-2Inhibitoren bei Arthritis wird also nicht am aktuellen Ort der Entzündung erreicht, sondern über die ausgeübte Wirkung auf zentrale COX-Enzyme und PG-Spiegel: COX-2 wird konstitutiv auf Rückenmarksebene exprimiert, ihre Aktivität fluktuiert in Abhängigkeit von peripheren Entzündungen [VANEGAS und SCHAIBLE 2001]. Die Hem83 mung der COX-2 auf diesem Niveau führt zu einer geringeren, zentralen PGE2Produktion, sowie zu einer verminderten Allodynie und Hyperalgesie [DUFFY et al. 2003]. Durch die Veränderung dieser Parameter ändert sich die generelle Nozizeption und es kommt zu einer ersten, erlebbaren Analgesie für den Patienten. In der Versuchsplanung dieser Arbeit wurde verstärkt auf die Verwendung unterschiedlicher, entzündlicher Gewebe für die Austestung der Pharmaka-Palette Wert gelegt. Das eingesetzte Synovialis- und Bursa-Gewebe unterschied sich nicht nur in der histologischen Struktur und der entsprechenden Pathophysiologie der beiden Erkrankungen, sondern auch durch den anatomisch-topischen Bezug zum entzündlich veränderten Gelenk: Während die Synovialis als „Gelenk-Innenhaut“ den Knorpel zur Gelenkhöhle hin überzieht und daher ein intra-artikulärer Bestandteil ist, „polstert“ die Bursa subacromialis die mechanische Belastung des Schultergelenkes unterhalb des Akromions ab und ist somit ein wichtiger, extra-artikulärer Bestandteil. Dieselbe Methodik wurde bereits zuvor in verschiedenen Arbeiten angewandt [KNORTH et al. 2002 / WILLBURGER et. al. 1996 / WITTENBERG et al. 1991]. Diese Untersuchungen verwendeten jedoch jeweils nur einen Gewebetyp und zogen zur Einordnung und Interpretation der Ergebnisse andere Arbeiten heran. Bei gleicher Konzentration der eingesetzten Pharmaka und ähnlicher Gewebepräparation ist dieser Vergleich zwar zulässig, es bleibt jedoch immer die Unsicherheit einer Abweichung in der Verfahrensweise und untersuchungsbedingter Details bestehen. Streng genommen ist ein quantitativer Vergleich der pharmakologischen Effekte auf die Prostaglandin-Freisetzung im Synovialis-Modell mit den Ergebnissen des BursaModells nur dann möglich, wenn das Vergleichsgewebe nach einem simultanen Procedere aufbereitet, behandelt und inkubiert wurde [KNORTH 2002 / GILROY und COLVILLE-NASH 2000 / PAIRET und VAN RYN 1998]. Das in dieser Arbeit verwendete Synovialis- und Bursagewebe ist nicht nur auf identische Weise präpariert, sondern möglichst auch parallel inkubiert und im selben Immunoassay ausgewertet worden. Zudem sei hierbei auf die Übereinstimmung der Inkubationszeiten hingewiesen, die in bisherigen Vergleichen deutlich voneinander abwichen. Fälschliche Auswertungen und Schlussfolgerungen aufgrund unbewusster, veränderter Rahmenbedingungen werden damit weitestgehend minimiert. 84 Betrachtet man die basale, ungehemmte Freisetzung der untersuchten Prostaglandine, so kam es - nach sechs Stunden Inkubationszeit - zu einem PGE2-Gehalt von 55153.5 57089 pg/mg FG (abhängig vom Inkubationsmedium) in Synovialis und von 21051.17 25041.5 pg/mg FG in Bursa. Für 6-Keto-PGF1α betrugen die Werte 26391.83 27057.67 pg/mg FG und 21780.83 - 23457.17 pg/mg FG respektive. Übereinstimmend mit den Arbeiten von KNORTH [2002] und WILLBURGER [1996] unterschied sich die Freisetzung von PGE2 in den beiden Geweben deutlich, die bursale Synthese betrug kaum die Hälfte der synovialen Produktion. Auf dieser Grundlage könnte man die bursalen Veränderungen im Rahmen des Impingement-Syndroms als geringgradiger ausgeprägte Entzündung interpretieren, als die Synovitis bei der Osteoarthrose. Im Falle von 6-Keto-PGF1α, dem stabilen Abbauprodukt des Prostacyclins, war ein ausgeprägter Unterschied jedoch nicht feststellbar. Während PGE2 einen „klassischen“ Parameter zahlreicher, inflammatorischer Läsionen darstellt [MARTEL-PELLETIER et al. 2004 / BERTOLINI et al. 2002 / PORTANOVA et al. 1996], könnte die anteilig höhere 6Keto-PGF1α-Freisetzung in der Bursa auf eine verstärkte Angiogenese innerhalb des dortigen Entzündungsgeschehens hinweisen. Die Bedeutung von 6-Keto-PGF1α als Parameter für eine inflammatorische Neovaskularisierung wurde mehrfach herausgestellt [VANE und BOTTING 1995 / HLA et al. 1993 / NORIOKA et al. 1987] und die histologische Untersuchung von entzündlichem Bursagewebe zeigte eine deutliche Injektion von Blutgefäßen bei gering ausgeprägter leukozytärer Infiltration [KNORTH 2002]. Laut GERRITSEN fördern angiogenetische Wachstumsfaktoren die Endothelmigration und -proliferation und gelten gleichzeitig als potente COX-2-Induktoren [1996]. Vergleicht man die pharmakologische Beeinflussung der PGE2-Produktion in beiden Geweben, so sind die Auswirkungen in Synovialis und Bursagewebe gleichsinnig. Auch wenn sich der basale PGE2-Spiegel in den Kontrollinkubaten um mehr als 50 Prozent unterschied, so waren sich die prozentualen Inhibitionswerte doch erstaunlich ähnlich und erreichten beinahe identische Werte. Unter Einfluss von Diclofenac kam es zu einer signifikanten synovialen bzw. bursalen Synthesehemmung von 96.25 % bzw. 94.08 %. Für Lumiracoxib ergaben sich 89.3 % bzw. 92.69 % signifikanter Inhibition. Das neue Coxib schien also in seiner Potenz, die PGE2-Synthese zu hemmen, in der untersuchten Konstellation dem unspezifisch wirkenden Diclofenac durchaus ebenbürtig. Das bereits in vivo verwendete, selektive Celecoxib erreichte signifikante Werte von 52.36 % synovial und 30.92 % bursal und das COX-1-präferentielle SC-560 wirkte mit 42 % in der 85 Synovialis und 30.2 % in der Bursa am wenigsten effektiv auf die entzündliche PGE2Freisetzung. Damit grenzten sich diese beiden Substanzen deutlich von der Gruppe der hoch potenten Synthese-Hemmer ab. Sie zeigten jedoch nicht nur einen insgesamt schwächeren Wirkungsgrad, sondern präsentierten gleichzeitig auch eine größere intergewebliche Varianz mit Abweichungen von bis zu 20 Prozentpunkten. Bei der Synthese von 6-Keto-PGF1α splittete sich die Palette der pharmakologischen Inhibitoren im geweblichen Vergleich noch deutlicher auf und war nach IsoenzymPräferenz differenziert. Wie bereits ausgeführt, entsprach sich in diesem Fall die basale, ungehemmte Synthese in Synovialis und Bursa und lag insgesamt unter dem Gehalt von PGE2. Unter Diclofenac kam es hierbei zu einer Hemmung von 91.33 % in Synovialis und 90.15 % in Bursa, für Lumiracoxib betrugen die Werte 68.06 % bzw. 72.98 %. Celecoxib inhibierte die Freisetzung synovial zu 45.82 % und bursal zu 39.85%. 38.69 % Hemmung erbrachte SC-560 in Synovialis und nur 5.57 % in der Bursa subacromialis. Graphisch interpretiert zeigten diese Werte eine deutliche Abstufung in der SyntheseHemmung und ließen für 6-Keto-PGF1α Rückschlüsse auf einen Stoffwechselweg zu, der sich kinetisch von dem des PGE2 unterscheidet. Beim klassischen inflammatorischen Parameter PGE2 senkte das COX-1-präferentielle SC-560 die Produktion in beiden Gewebetypen im gleichen Größenverhältnis und ließ somit auf eine entsprechende Beteiligung dieser COX-Isoform an der Inflammationsgenese schließen. Bezogen auf das angiogenetische 6-Keto-PGF1α, hemmte SC-560 die synoviale Freisetzung vergleichbar, in der Bursa kam es nur zu einer prozentualen Inhibition von weniger als 10 %. Da der Gesamtgehalt an 6-Keto-PGF1α aber dem der Synovialis entsprach, ist von einer anteilig höheren Produktion durch die COX-2 auszugehen. Der neue Cox-2-selektive Inhibitor Lumiracoxib, der in der vorliegenden Arbeit erstmals unter solchen Versuchsbedingungen zum Einsatz kam, und ab August 2004 im deutschen Handel erhältlich sein wird, schnitt deutlich besser ab, als die bereits großzügigst klinisch eingesetzte Alternative Celecoxib. Sowohl bei der Synthese- Hemmung von PGE2, als auch von 6-Keto-PGF1α war Lumiracoxib signifikant überlegen und näherte sich, im prozentualen Vergleich, sogar dem unselektiven „In-Vitro-Goldstandard“ Diclofenac an. Betrachtete man die prozentuale Inhibition als Richtgröße und als interpretierbares Äquivalent für die Effektivität der eingesetzten Substanzen, lagen Diclofenac und Lumiracoxib - vereinfacht ausgedrückt - weit oberhalb der 50% - Grenze, wäh86 rend SC-560, aber auch Celecoxib, in allen experimentellen Varianten deutlich unter diesem Wert blieben. Lumiracoxib und Celecoxib gehören beide in die Substanzklasse der phenylsulphonhaltigen Diarylheterozyklen. Lumiracoxib unterscheidet sich jedoch von der chemischen Grundstruktur der Coxibe, indem es erstmals nicht trizyklisch aufgebaut ist und eine Carboxylgruppe besitzt [MANGOLD et al. 2004 / MARSHALL et al. 2002]. Es stellt das bisher einzige azidische Coxib dar [CAPONE et al. 2003] und ähnelt, trotz seiner Zugehörigkeit zur Gruppe der Coxibe, in der Grundstruktur eher dem unselektiven Diclofenac [FITZGERALD 2003]. Diese biochemische Ähnlichkeit könnte die in der vorliegenden Arbeit beobachtete, vergleichbare Hemmung von Diclofenac und seinem Analogon, Lumiracoxib, ansatzweise erklären. Durch sein einzigartiges chemisches Profil als amphiphiles Molekül, seine Persistenz in der Synovia und eine bevorzugte Distribution in entzündlichem Gewebe, die vermutlich auf die erhöhte Ionisation bei inflammatorisch erniedrigtem pH-Wert zurückzuführen ist, könnte Lumiracoxib, im Vergleich zu bisherigen analgetischen Therapeutika, über eine verlängerte klinische Wirksamkeit verfügen [ATHERTON et al. 2004 / SCOTT et al. 2004 / CAPONE et al. 2003 / DAY et al. 1999]. Die synoviale Verteilungskinetik erweitert möglicherweise die therapeutische Aktion von Lumiracoxib über die, aus Plasmawerten erwartete, Wirkung hinaus [SCOTT et al. 2004]. In der jüngsten Vergangenheit belegten diverse Studien, dass es sich bei Lumiracoxib um den derzeit potentesten und selektivsten COX-2-Inhibitor in vitro handelt [TACCONELLI et al. 2004 / BENEVOLENSKAYA et al. 2003 / CAPONE et al. 2003]. Neben diesen viel versprechenden inhibitorischen Fähigkeiten in vitro, scheint Lumiracoxib nach ersten klinischen Studien auch in vivo erfolgreich einsetzbar und anderen selektiven COX-2-Inhibitoren deutlich überlegen zu sein: Nach mehrwöchiger Therapie hatte Lumiracoxib bei Osteoarthrose-Patienten eine bessere Wirkung auf die Schmerzstärke und das Krankheitserleben, als Celecoxib [TANNENBAUM et al. 2004]. Im Bezug auf die kurzfristige Analgesie war Lumiracoxib - in der Reduktion der summierten Schmerzintensität - Rofecoxib, Celecoxib und Plazebo signifikant überlegen. Es verfügte über die am schnellsten einsetzende Analgesie und gleichzeitig die längste Zeitspanne bis zum Einfordern weiterer, unterstützender Analgetika [KELLSTEIN et al. 2004]. Um das pharmakologische Profil von Lumiracoxib weiter heraus zu stellen, und es in die täglich größer werdende Palette von Cyclooxygenase-Inhibitoren einzuordnen, wur87 de seine inhibitorische Kompetenz in Bezug auf Konzentrations- und Gewebsabhängigkeit geprüft. Wie bereits erwähnt, hemmte dieser selektive Inhibitor in den beiden Konzentrationen [10-5M] und [10-6M] die Prostaglandin-Produktion signifikant in allen durchgeführten Versuchen. Beide eingesetzten Dosen erreichten eine prozentuale Hemmung im Bereich von 68 – 97 % und waren damit dem zweiten COX-2-selektiven, sowie natürlich dem COX-1-selektiven Präparat, weit überlegen. Lediglich das unspezifische Diclofenac, das - bei Patienten mit niedrigen Risikofaktoren - noch immer den therapeutischen Goldstandard in der Therapie entzündlicher Gelenkerkrankungen darstellt, konnte diese potente Hemmung noch übertreffen. Im Vergleich der beiden eingesetzten Konzentrationen von Lumiracoxib miteinander, war eine deutliche Steigerung der Synthesehemmung mit der Erhöhung der Dosis um eine Zehnerpotenz möglich: Während die synoviale PGE2-Freisetzung durch [10-6M] Lumiracoxib zu 89.3 % gehemmt wurde, erreichte dieser Wert in einer [10-5M]-Lösung 93.98 %. In der Bursa war die Inhibitionsverteilung mit 92.69 % und 97.31 % gleichsinnig. Auch bei der Synthese von 6-Keto-PGF1α in den beiden Geweben hatte das höher dosierte Lumiracoxib erwartungsgemäß einen stärkeren Einfluss. Die Werte betrugen hier 68.06 % und 78.67 in Synovialis bzw. 72.98 % zu 80.52 % in der Bursa respektive. Aus der Literatur ist einschlägig bekannt, dass selektive Inhibitoren im Dosisbereich von [10-3M] bis [10-4M] nur noch eine fragliche Selektivität ausüben und in nichtquantifizierbarem Ausmaße das COX-1-Isoenzym ebenfalls inhibieren [WALLACE et al. 1998 und 1999 / EUCHENHOFER et al. 1998 / LORA et al. 1998 / PAIRET und VAN RYN 1998 / / SCHULIGOI et al. 1998 / PATRIGNANI et al. 1996 / PANARA et al. 1995]. Im Bereich von [10-5M] kann jedoch noch von einer ausschließlichen Inhibition der COX-2 ausgegangen werden [KNORTH 2002 / WILLBURGER 1996]. Über die Entwicklung des Interleukin-Spiegels bei Gelenkerkrankungen unter Pharmakotherapie mit Cyclooxygenase-Inhibitoren ist aus der Literatur wenig bekannt. Der gewählte Inkubationszeitraum von sechs Stunden ist für die Beurteilbarkeit der Inhibitoren-Wirkung auf den inflammatorischen Prostaglandin-Haushalt ausreichend und lässt valide Interpretationen zu, für die untersuchten Interleukine ist jedoch kein bestimmtes Zeitfenster nachgewiesen. Die Messwerte nach sechsstündiger Inkubation gaben tendenziell Aufschluss über die Entwicklung des Interleukin-Spiegels im therapierten Entzündungsgeschehen und ein signifikanter Unterschied zu den Kontrollproben war teil88 weise feststellbar (Ergebnisse nicht abgebildet). Dieser Aspekt ermutigte, die Freisetzung von TNFα und IL1β unter einem zeitlichen Verlaufsaspekt genauer zu betrachten und die Inkubationszeit, wie in den voran gegangenen Pilotexperimenten, auf 20 Stunden auszudehnen. Auf diese Weise sollte eine möglicherweise später einsetzende Reaktion im Stoffwechselweg der Interleukine auf die pharmakologische Inhibition der inflammatorisch bedeutsamen COX-Isoenzyme erfasst werden. Die ungehemmte Interleukin-Freisetzung in den untersuchten Proben nahm nach der Langzeitinkubation deutlich zu, was – wie bereits erwähnt – für eine immer noch bestehende Vitalität des Gewebes spricht. Gleichzeitig belegt diese Tatsache, dass die gewählten Interleukine sehr wohl eine Rolle in dem jeweils zugrunde liegenden Entzündungsprozess spielen; schließlich veränderten sich ihre Werte über die Zeit und in Abhängigkeit vom zugesetzten Pharmakon. Eine Beeinflussung durch Vorgänge auf Zellebene ist möglich und kann beim derzeitigen Kenntnisstand nicht ausgeschlossen werden. Anhand des vorliegenden Datenmaterials wird eine Interaktion der pharmakologischen COX-Inhibition mit dem IL1βHaushalt auf jeden Fall möglich, und von einer Modulation im Entzündungsfall ist ebenfalls auszugehen. Da die Interleukine als Transkriptionsfaktoren auf genetischer Ebene direkt die COX-Exprimierung mitbestimmen [SOLOFF et al. 2004 / LIU et al. 2003 / MARTEL-PELLETIER ET AL. 2003 / NIE et al. 2003 / MORISSET et al. 1998], ist auch die Hypothese eines Anstiegs dieser Mediatoren durch negative Rückkopplung bei Hemmung der Isoenzyme denkbar. FIORUCCI konnte in diesem Zusammenhang eine Steigerung der TNFα-Synthese am Magen nach Diclofenacgabe nachweisen [2002]. Die im Rahmen dieser Arbeit erhobenen Werte gingen zwar tendenziell in eine Richtung, im zeitlichen Verlauf war jedoch kein weiterer Aufschluss möglich. Den Wechselwirkungen und der Interleukin-Kinetik liegt vermutlich ein wesentlich komplexeres Regulationsnetzwerk zugrunde, als dass es mit der COX-Inhibition allein ausreichend erklärt werden könnte. Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die PGE2-Synthese in der Bursa generell geringer ausfällt, die 6-Keto-PGFα-Synthese jedoch der in der Synovialis entspricht. Betrachtet man die prozentualen Inhibitionswerte an sich, ist aber von einer äquipotenten Wirkkraft der eingesetzten Pharmaka in beiden Geweben auszugehen. Diese Ergebnisse untermauern die Erfahrungen aus dem klinischen Alltag, dass sowohl traditionelle NSAID, als auch die neueren Coxibe ein sinnvolles therapeutisches Mittel zur Sym89 ptomkontrolle und Schmerzreduktion im Rahmen der Osteoarthrose und des Impingement-Syndroms darstellen. Bei einer rein biochemischen und pharmakologi-schen Beurteilung der Wirkpotenz, sowie bei Vernachlässigung aller möglicher Nebenwirkungen und Komplikationen, wäre aufgrund der vorliegenden Ergebnisse Diclofenac weiterhin in beiden Krankheitsbildern das Therapeutikum der Wahl. Basierend auf dem vorliegenden Zahlenmaterial, könnte es aber - bei Patienten mit entsprechenden Risikofaktoren - durch das vermutlich besser verträgliche, aber auch wesentlich teurere Lumiracoxib ersetzt werden. Bisher waren die Coxibe im selektiven Konzentrationsbereich den traditionellen NSAID therapeutisch deutlich unterlegen. WALLACE postulierte, dass COX-2-selektive Substanzen generell nie einen vergleichbaren anti-inflammatorischen Effekt hervorrufen könnten, wie eine kombinierte COX-1- und COX-2-Inhibition [1999]. Lumiracoxib hemmt sowohl in [10-5M], als auch in [10-6M] die PG-Synthese potent und signifikant und bietet daher erstmals - bei vermutlich strukturklassen-bedingt niedrigerer GI-Toxizität - eine echte Alternative in der Langzeittherapie entzündlicher Gelenkerkrankungen. Neben den durchgeführten Experimenten zur pharmakologischen Wirksamkeit sind aber plazebo-kontrollierte, doppel-blinde klinische Studien notwendig, um diesen neuen, selektiven Inhibitor weiter zu charakterisieren und seine klinische Bedeutsamkeit einzuordnen. Die Auswahl der Stichprobe in der vorliegenden Studie schränkt ihre allgemeine Aussagekraft deutlich ein. Altersmäßig umfasste die Bursa-Gruppe eine Reichweite von 4671 Jahren mit einem mittleren Durchschnittsalter von 59 Jahren, während die Synovialis-Gruppe Patienten im Alter von 62-74 Jahren einschloss und ein arithmetisches Durchschnittsalter von 68.5 Jahren aufwies. Die relativ „jüngere“ Bursa-Population ergab sich aus der Pathogenese des Impingement-Syndroms (siehe 1.4.1), das bevorzugt bei jüngeren, athletischen Menschen und Berufstätigen mit Überkopf-Beanspruchung des Schultergelenkes auftritt. Die untersuchten Patienten waren sicherlich nicht repräsentativ für die Grundgesamt aller an Osteoarthrose bzw. Impingement-Syndrom erkrankten Menschen der Bevölkerung. Die sich bietende Population, aus der eine entsprechende Untersuchungsgruppe stichprobenartig gezogen werden konnte, beschränkte sich auf hospitalisierte Patienten, die – nach Versagen der konservativen Therapie – zur chirurgischen Intervention vorgesehen waren. Hierbei handelte es sich also jeweils um Patienten, bei denen die Krankheit schon maximal progredient war bzw. ein operativer Eingriff als ultima Ratio nach 90 Versagen der konservativen Behandlung notwendig wurde oder die Therapie aus anderen erschwerenden Gründen nicht anschlug. Zudem mussten diese Patienten eine gewisse „Wash-Out-Periode“ sämtlicher anti-inflammatorischer Substanzen - sowohl systemischer als auch lokaler Anwendung - hinter sich haben, um bei der experimentellen Inkubation über möglichst „saubere“ Gewebe mit einer ähnlichen, zugrunde liegenden Prostaglandin-Produktion zu verfügen. Diese methodische Kondition entfernte - meiner Meinung nach - die experimentell betrachtete Einheit wesentlich mehr von der „realen“ Grundgesamtheit, als der fehlende Querschnitt durch alle Stadien der Erkrankungen; denn die Mehrheit der chronisch erkrankten Patienten nimmt sicherlich auf einer regelmäßigen Basis entzündungshemmende und schmerzlindernde Medikamente zur Symptomkontrolle und Verbesserung der Lebensqualität ein. Beide Punkte wirken zwar nachteilig auf die Repräsentanz der Studie, tangieren die praktische therapeutische Relevanz jedoch nur peripher. Wenn die getesteten Medikamente bei therapie-refraktären und analgetika-naiven Patienten Wirkung zeigen und einen signifikanten Einfluss auf die zugrunde liegenden enzymatischen Vorgänge haben, dann wären sie unter „erleichterten“ Bedingungen wie einer nur leichtgradigen Erkrankung des Gelenkes oder der Ko-Administration anderer Analgetika bzw. Antiphlogistika im Sinne eines Stufenschemas sogar mit größerer Wahrscheinlichkeit effektiv und erfolgsversprechend. Ein Großteil der Patienten mit Osteoarthrose leidet an Komorbiditäten, die sie ebenfalls medikamentös therapieren. Hierzu zählen die koronare Herzkrankheit, arterielle Hypertension, periphere Gefäßerkrankungen, Herzinsuffizienz, renale Funktionseinschränkungen, Diabetes und Erkrankungen der Atemwege [MARKS und ALLEGRANTE 2002 / GABRIEL et al. 1999]. Vor dem Hintergrund dieser Begleiterkrankungen ist es nicht selten, dass ein Patient gleichzeitig COX-2-selektive Inhibitoren und kardioprotektives Aspirin in niedriger Dosierung einnimmt. Statistisch gesehen ist dies besonders häufig bei älteren Patienten mit Osteoarthrose der Fall [MARKS und ALLEGRANTE 2002 / GABRIEL et al. 1999 / CLARIA und SERHAN 1995 / PATRONO 1994]. Neuere Studien haben ergeben, dass unter dieser Koadministration in Patienten mit Rheumatischer Arthritis und Osteoarthrose die Inzidenz gastrointestinaler Ulzera signifikant ansteigt und das präferierte Sicherheitsprofil der Coxibe damit vermindert wurde [SIKES et al. 2002 / GOLDSTEIN et al. 2001 / Food and Drug Administration 2001 / SILVERSTEIN et al. 2000]. 91 FIORUCCI et al. zeigten, dass die orale Einnahme von Coxiben bei chronischen Aspirin-Anwendern das Auftreten gastrischer Läsionen deutlich erhöht [2002]. Gleichzeitig können NSAID und Coxibe mit dem kardioprotektiven, antithrombozytären Effekt des Aspirins interferieren, da sie den Zugang zum aktiven zentrum der COX verhindern und Aspirin dann metabolisiert wird, bevor es seine Wirkung entfalten kann [WIDLANSKY et al. 2003 / SIKES et al. 2002]. Ähnlich wie bei vielen Ulkus-Patienten bereits vor Einnahme der COX-Inhibitoren eine erhöhte gastrointestinale Sensibilität vorliegt [NORGARD et al. 2004], weisen auch Patienten mit erhöhtem Risiko für kardiovaskuläre Nebenwirkungen bereits vor Therapiebeginn zahlreiche Risikofaktoren auf: Atemwegserkrankungen, arterielle Hypertension, hohe Cholesterin-Spiegel, niedrige HDL-Spiegel, renale Einschränkungen und Diabetes mellitus [SINGH et al. 2002 / SONNENBLICK 2002]. Die selektiven COX-2-Inhibitoren sind jedoch, ebenso wie NSAID, neben ihren möglichen negativen Auswirkungen auf das kardiovaskuläre System, mit renalen Schädigungen assoziiert [CHENG und HARRIS 2003 / BRATER 2002 / MUKHERJEE 2002 / SIMON et al. 2002 / KOMERS et al. 2001]. COX-2 wird in der menschlichen Niere nach einem bestimmten Verteilungsmuster konstitutiv exprimiert. Die Expression wird in Abhängigkeit von Volumenänderungen und extrazellulärem Ionengehalt reguliert. Damit kommt ihr möglicherweise eine bedeutende Rolle in der renalen Steuerung der Salz- und Wasserhomöostase, sowie der Hämodynamik zu [CHENG und HARRIS 2004]. Beim gesunden, hydrierten Patienten sind PGs nur unwesentlich in die renale Hämodynamik involviert. Bei verminderter Nierenfunktion haben sie jedoch eine große kompensatorische Rolle [PARENTE und PERRETTI 2003 / BRATER 2002 / GALLI und PANZETTA 2002 / LeLORIER et al. 2002]. Die COX-Hemmung auf renaler Ebene kann eine bestehende arterielle Hypertension verschlechtern und zu substanzieller Morbidität und Mortalität führen [LAUFER 2004]. Mehrfach wurde beobachtet, dass die traditionellen NSAID im anfälligen Patienten eine Salzretention und eine verminderte glomeruläre Filatrationsrate provozieren und so den arteriellen Blutdruck in normo- und hypertensiven Patienten erhöhen können [JOHNSON 1997 / DE LEEUW 1996]. Es handelte sich hierbei lediglich um eine mittlere Erhöhung von 5mmHg, langfristig ist sie jedoch klinisch bedeutsam und erhöht das Herzinfarkt- und Schlaganfallrisiko [BRATER 2002 / SIMON et al. 2002 / DE LEEUW 92 1996]. Da die meisten antihypertensiven Medikamente, außer Calcium-Antagonisten und AT2-Rezeptorblockern, auf die Synthese vasodilatativer PG angewiesen sind [WHELTON 2001 / JOHNSON 1997], antagonisieren NSAID teilweise die Effekte dieser Substanzen und beeinflussen so zusätzlich die Blutdrucklage der Patienten [MENGLE-GAW und SCHWARTZ 2002]. Auch das COX-2-selektive Rofecoxib interferierte in klinischen Studien mit der Wirkung von ACE-Hemmern und β-Blockern [WHELTON et al. 2002]. Die Coxibe beeinflussen die renalen Variablen in gleicher Weise wie NSAID [SCHWARTZ et al. 2002 / WHELTON et al. 2000 / CATELLA-LAWSON et al. 1999], allerdings sind ihre Auswirkungen weniger schwerwiegend [BRATER 2002 / KOMERS et al. 2001]. Beim gesunden Erwachsenen mit ausgeglichenem Salz-WasserHaushalt haben die Coxibe nur einen minimalen Effekt [CATELLA-LAWSON et al. 1999], bei älteren und salzarmen Patienten nimmt der Einfluss auf die Hämodynamik jedoch stetig zu [ROSSAT et al. 1999 / WHELTON et al. 2000]. Kommt es zu einem relativen oder absoluten intra-vaskulären Volumenmangel, können die COX-2selektiven Inhibitoren verheerende Auswirkungen auf die renale Funktion haben [CHENG und HARRIS 2004]. Unter NSAID-Therapie kann es im prädisponierten Patienten durch eine Erhöhung des peripheren Gefäßwiderstandes und eine Verminderung der renalen Perfusion außerdem zur Entwicklung oder Verschlechterung einer Herzinsuffizienz kommen [PAGE und HENRY 2000]. Da die arterielle Hypertension eine häufige Komorbidität bei Patienten mit Osteoarthrose ist [KOMERS et al. 2001], scheint bei ihnen der Einsatz COX-2-selektiver Coxibe nahe zu liegen. Die darauf ausgelegte SUCCESS-Studie (Successive Celecoxib Efficacy and Safety Studies) untersuchte die renale Sicherheit von Celecoxib in älteren, hypertensiven Osteoarthrose-Patienten und ergab sechs Wochen einen Anstieg des systemischen Blutdrucks. Allerdings bestehen große Bedenken bezüglich des eingesetzten Studienprotokolls, so ist nicht unbedingt von einer optimal eingesetzten HypertensionsTherapie auszugehen [WHELTON et al. 2002 / KOMERS et al. 2001 / WHELTON et al. 2001]. Bei Patienten mit renalem Risiko sollten dennoch vor Einsatz der Coxibe die gleichen Vorsichtmaßnahmen gelten, wie bei NSAID. Es empfiehlt sich daher, Patienten für eine medikamentöse Therapie mit COX-Hemmern sorgfältig auszuwählen, Komorbiditäten und -medikationen zu berücksichtigen und wichtige Parameter therapiebegleitend zu überwachen [LAUFER 2004]. Besondere Vorsicht ist bei Patienten geboten, die eine 93 chronische Herzinsuffizienz, Leberzirrhose, chronische Nierenerkrankung, fortgeschrittene Dehydrierung oder ein erhöhtes Lebensalter aufweisen. Alle diese Faktoren begünstigen Volumenmangel und Funktionsreduktion in der Niere [WHELTON 2001]. Viele Studien untersuchen derzeit die Auswirkungen COX-2-selektiver Substanzen auf das kardiovaskuläre System und bestätigen die Tendenz der Coxibe, den Blutdruck zu erhöhen oder eine vorbestehende Hypertension zu verschlechtern. Welche Substanz in welchem Ausmaß für diese Effekte verantwortlich ist und ob unterschiedlich starke Tendenzen innerhalb dieser Substanzklasse vorliegen, bleibt jedoch abzuwarten. Sicher ist jedoch, dass die Coxibe ein Ungleichgewicht zwischen anti- und prothrombotischen Eicosanoiden hervorrufen und so das Risiko thrombo-embolischer Ereignisse erhöhen könnten [FITZGERALD 2002 / MUKHERJEE 2002 / DOWD et al. 2001 / HENNAN et al. 2001 / KOMERS et al. 2001]. Alle diese Erkenntnisse weisen darauf hin, dass es sinnvoll ist, nach anderen Wegen der Weiterentwicklung von NSAID zu suchen, als lediglich die Selektivität für COX-2 zu erhöhen [TOMISATO et al. 2004]. Allgemein häufen sich inzwischen die Untersuchungen bezüglich der generellen Sicherheit von NSAID und COX-2-selektiven Inhibitoren. Nach ausgiebiger Evaluation nimmt für beide Substanzklassen das Risiko auf gastrointestinaler, kardiovaskulärer und renaler Ebene zu: Ernsthafte gastrointestinale Komplikationen, wie Perforationen, Ulzerationen und Blutungen können signifikante und sogar fatale Auswirkungen für die Patienten haben [LAUFER 2004]. In epidemiologischen Studien riefen NSAID außerdem unerwünschte Nebenwirkungen im unteren Gastrointestinaltrakt hervor: Neben den oben genannten Beschwerden zählten hierzu Obstruktion, Divertikulitis und die Exazerbation bestehender entzündlicher Darmerkrankungen [WOLFE et al. 1999 / WILCOX et al. 1997]. NSAID sind weltweit die am häufigsten verwendete Substanzklasse an Pharmaka [SEAGER und HAWKEY 2001 / WOLFE et al. 1999] und demnach ist die NSAIDinduzierte Gastropathie eine der häufigsten Arzneimittel-Nebenwirkungen [TRAMER et al. 2000]. Eine Ulkusanamnese, erhöhtes Lebensalter, die gleichzeitige Therapie mit Antikoagulantien oder Kortikosteroiden, NSAID in sehr hoher Dosis oder die gleichzeitige Einnahme mehrerer NSAID zählen zu den Hauptrisikofaktoren für das Auftreten gastrointestinaler Komplikationen unter NSAID-Therapie [LAINE 2002 / SEAGER und 94 HAWKEY 2001 / HERNANDEZ-DIAZ und RODRIGUEZ 2000]. Die Toxizität der Antiphlogistika wird durch Infektion mit Heliobacter Pylori, kardiovaskuläre Vorerkrankung, rheumatische Grunderkrankungen und die Langzeit-Anwendung von NSAID deutlich erhöht [SEAGER und HAWKEY 2001]. Liegen bei einem Patienten mehr als zwei dieser Risikofaktoren vor, ist eine Therapie mit NSAID kontraindiziert und sollte, wenn möglich, substituiert werden [LAUFER 2004]. Generell sollten bei Patienten unter NSAID-Therapie alle verfügbaren Strategien ergriffen werden, um potentielle gastrointestinale Nebenwirkungen zu entschärfen. So sollte das ausgewählte Medikament neben guter Wirksamkeit auch über ein hohes Sicherheitsprofil verfügen, bei geeigneten Patienten könnten in diesem Zusammenhang COX2-selektive Substanzen verwendet werden. Ein bestehender Heliobacter Pylori sollte vor Therapiebeginn eradiziert werden, und bei Bedarf sollten begleitend ProtonenpumpenHemmer oder substituierende Prostaglandine, wie Misoprostol, verordnet werden [MAMDANI et al. 2002 / SEAGER und HAWKEY 2001]. Auch Patienten, die selektive COX-2-Inhibitoren einnehmen, können - bei entsprechender Disposition - aufgrund nicht-medikamentöser Risikofaktoren, immer noch Ulzera und andere gastrointestinale Komplikationen entwickeln [HAWKEY und LANGMAN 2003]. Die selektiven Coxibe werden jedoch - aufgrund der vorausgesetzten besseren gastrointestinalen Toleranz - mit größerer Wahrscheinlichkeit Hochrisiko-Patienten verordnet. Das assoziierte Blutungsrisiko für den Magendarmtrakt dieser Substanzen könnte also generell überbewertet werden, da die betroffenen Patienten schon vor Beginn der Medikamenteneinnahme ein höheres Risiko für diese Komplikationen aufweisen [NORGARD et al. 2004]. Zudem limitieren nachvollziehbare Ausschlusskriterien in klinischen Studien die generelle Aussagekraft für die ärztliche Praxis im Bezug auf Patienten mit erhöhter gastrointestinaler Sensibilität. Dennoch waren COX-2-selektive Inhibitoren, insbesondere Celecoxib, in einem Kollektiv gefährdeter Patienten - mit vorangegangenen gastrointestinalen Beschwerden oder prädisponierenden Erkrankungen - mit einem geringeren Risiko für Blutungen im oberen Gastrointestinal-trakt assoziiert, als verglichene NSAID [NORGARD et al. 2004]. Betrachtet man hingegen die CLASS-Studie, die gastrointestinal unbelastete Probanden einschloss, unterschied sich Celecoxib in der Langzeittherapie, bezüglich der Sicherheit 95 im Magen-Darm-Trakt, nicht von anderen NSAID [JUNI et al. 2003 / METCALFE et al. 2003 / SIMON et al. 2002 / SILVERSTEIN et al. 2000]. Auf der anderen Seite ist das Risiko einer rezidivierenden Magenblutung unter einer Ko-Medikation von Diclofenac mit Omeprazol ebenso gering, wie unter Celecoxib [WOLLHEIM 2003]. Diese Beobachtungen machen deutlich, dass die überschwänglich postulierte, verbesserte gastrointestinale Sicherheit der Coxibe relativ zu bewerten ist und sich die altbekannten NSAID im geeigneten Kontext durchaus bewähren. Gegebenfalls sollten sie , wie oben beschrieben, durch geeignete protektive Strategien und koadministrierte, supportive Medikamente „aufgewertet“ werden, und so, bei verbessertem Sicherheitsprofil, ihr überlegenes Wirkpotential ausüben. Das Auftreten gastrointestinaler Komplikationen unter Analgetika-Therapie ausschließlich auf die Inhibition der COX-1 zurückzuführen und daher die Cox-2-selektiven Coxibe bedenkenlos einzusetzen, ist nach einigen Untersuchungen eine zu einfach Sicht der Dinge: Es konnte gezeigt werden, dass der in dieser Arbeit ebenfalls zum Einsatz kommende, COX-1-selektive Inhibitor SC-560 auch in sehr hohen Dosen keine Schäden im Magen-Darm-Trakt hervorruft [TANAKA et al. 2002 / GRETZER et al. 2001 / WALLACE et al. 2000] und auch Knock-out-Mäuse, in denen das COX-1-Isonezym nicht angelegt ist, entwickelten keinerlei sichtbare Ulzerationen der Magenschleimhaut [LANGENBACH et al. 1995]. Darüber hinaus ist beim Auftreten von Läsionen die steigende Inzidenz nicht immer mit einem sinkenden Gehalt an Prostanoiden in Verbindung zu bringen [LIGUMSKI et al. 1990] und zur willentlichen Provokation einer gastrischen Läsion sind größtenteils bedeutend höhere Konzentrationen der NSAID erforderlich, als zur kompletten Hemmung der Cyclooxygenase auf dieser Ebene [LIGUMSKI et al. 1983]. All diese Beobachtungen weisen darauf hin, dass vermutlich die Hemmung beider Isoenzyme nötig ist, um gastrointestinale Läsionen durch NSAID zu induzieren [WALLACE et al. 2000]. TOMISATO et al. zeigten außerdem, dass für die Induktion gastrischer Ulzera durch NSAID eine Hemmung der lokalen PG-Produktion notwendig ist. Die alleinige orale Zufuhr COX-2-selektiver Substanzen resultierte in keinerlei Läsionen der Magenschleimhaut [2004]. Zudem sind vermutlich weitere, von der COX-Inhibition unabhängige, Mechanismen involviert [LICHTENBERGER 2001]: TOMISATO et al. untersuchten unter Inkubationsbedingungen, die denen in der vorliegenden Arbeit verwendeten entsprechen, die cytotoxischen Auswirkungen von NSAID auf Zellen der Magenschleimhaut in vitro. 96 Nach Meinung der Autoren basiert eine NSAID-induzierte Gastropathie auf dem Ungleichgewicht defensiver und offensiver Faktoren im Gastrointestinum: Durch die COX-Hemmung kommt es zu einer verminderten PG-Produktion und damit zu einer Abnahme der mageneigenen Abwehrmechanismen gegen toxische Angriffe; gleichzeitig wird die Magenschleimhaut durch den Einsatz der NSAID direkt einer cytotoxischen Aggression ausgesetzt [ 2004]. Die Genese gastrointestinaler Komplikationen durch diese Substanzklasse ist also nur teilweise auf die Inhibition der gastrischen Cyclooxygenase zurückzuführen [LICHTENBERGER 2001]. Darüber hinaus involviert sie Mechanismen wie Reduktion des lokalen Blutflusses [ASHLEY et al. 1985], generelle Steigerung der Motilität [TAKEUCHI et al. 1986], Aktivierung neutrophiler Granulozyten [ASAKO et al. 1992] und direkte Cytotoxizität durch die topisch irritierende Qualität der NSAID [LICHTENBERGER et al. 1995]. Diese Aspekte unterstreichen erneut, dass sich Weiterentwicklung der NSAID zur besseren Verträglichkeit und weitläufigerem Einsatz nicht nur auf das Selektivitätsverhalten der Pharmaka konzentrieren sollte [TOMISATO et al. 2004]. Da es sich bei allen bisher verfügbaren COX-2-selektiven Inhibitoren, außer Lumiracoxib, um nichtazidische Komponenten mit ähnlicher trizyklischer Formel handelt, liegt die bessere Verträglichkeit und erhöhte Sicherheit vielleicht sogar im chemischen Profil der Substanzen begründet, und nicht in ihrer Selektivität [ATHERTON et al. 2004]. Übergeordnetes Ziel in der Behandlung der entzündlichen Gelenkerkrankungen ist es, die Symptome zu kontrollieren und die resultierende physische Behinderung zu minimieren [American College of Rheumatology 2000]. Heutzutage sind vielfältige pharmakologische Therapeutika erhältlich, die Schmerzen lindern, Gelenksteifigkeit und schwellung vermindern, die Gelenkfunktion erhalten, Knorpelverlust vermeiden und generell die Lebensqualität des Patienten sichern [American College of Rheumatology 2000]. Vielfach ist der Schmerz das Symptom, das die Patienten am meisten beeinträchtigt und sie nach Behandlung suchen lässt [BREEDVELD 2004]. Bereits Rofecoxib zeigte gegenüber Celecoxib eine deutliche Überlegenheit in der postoperativen Analgesie [BARDEN et al. 2003]. Für das neue Lumiracoxib stehen vergleichende Untersuchungen bisher noch aus. Seine klare In-Vitro-Überlegenheit lässt aber gleichsinnige Ergebnisse vermuten. Ebenso wie Rofecoxib, war auch das COX-2selektive Parecoxib in adäquater Dosis den traditionellen NSAID, nach kleinen wie 97 großen chirurgischen Maßnahmen, in der Analgesie ebenbürtig. Bei kleineren, zahnchirurgischen Eingriffen zeichneten sich diese Substanzen sogar durch eine verlängerte Wirkdauer aus [ROMSING und MOINICHE 2004]. Konventionelle NSAID können, per se oder in Kombination mit niedrig-molekularem Heparin, das Blutungsrisiko in prädisponierten Patienten nach einem operativen Eingriff deutlich erhöhen [FORREST et al. 2002]. Der Vorteil der neuen COX-2-selektiven Inhibitoren liegt daher nicht nur in der besseren gastrointestinalen Verträglichkeit, sondern in diesem Kontext auch in der selektivitätsbedingten fehlenden Thrombozyten-Hemmung. Bei gefährdeten Patienten bilden die Coxibe daher eine wirkliche, attraktive Alternative zu den NSAID in der postoperativen Schmerztherapie [ROMSING und MOINICHE 2004]. Trotz der allgemein besseren gastrointestinalen Verträglichkeit der Coxibe, limitieren ihre Interferenz mit der Aspirin-Adaptation, sowie die potentielle kardiovaskuläre und renale Toxizität aber ihren Einsatz in der Langzeittherapie [BRUNE 2004]. In jüngster Vergangenheit wurden daher zunehmend neue pharmakologische Ziele anvisiert, um eine möglichst optimale Therapie destruktiver, entzündlicher Gelenkerkrankungen zu gewährleisten. Der wissenschaftliche Fokus wandert dabei in der Prostaglandin-Kaskade zunehmend abwärts [LAUFER 2004]. Eine vermutlich besser verträgliche und dennoch wirkstarke Alternative zu den Coxiben sind die so genannten CINODs, COX-inhibierende NO-Donatoren. Es handelt sich hierbei um bifunktionelle Moleküle, die NO-spendende Gruppen kovalent in selektive COX-2-Inhibitoren inkorporieren. Stickstoffmonoxid NO ist ein endogener, gastroprotektiver Mediator mit anti-thrombozytären Eigenschaften [WHITTLE 2003 / BANDARAGE und JANERO 2001]. In Verbindung mit der Inhibition der Cyclooxygenase ergibt sich so ein Präparat mit verbesserter gastrointestinaler Sicherheit und einem vorteilhaften Einfluss auf die Hämodynamik. Eine weitere Neuentwicklung zur Behandlung von Schmerz und Entzündung sind die LOX-/COX-Inhibitoren. Sie sind Analoga der Arachidonsäure und hemmen effektiv die Enzyme im Prostanoid-Stoffwechsel, die Arachidonsäure metabolisieren. Es wird nicht nur - wie bisher unter NSAID und Coxiben - die Cyclooxygenase an der Produktion inflammatorischer Prostanoide gehindert, sondern gleichzeitig auch die Aktion der 5Lipoxygenase (LOX) herabgesetzt. Durch die alleinige Inhibition der COX durch Coxibe wurde bisher die dort gehemmte Metabolisierung der Arachidonsäure zusätzlich in den Stoffwechsel-Zweig der LOX „umgelagert“ und es kam konsekutiv zu einer gestei98 gerten Produktion - ebenfalls entzündungsfördernder - Leukotriene. Hierdurch nahm die leukozytäre Chemotaxis zu, es kam zur Adhäsion der Leukozyten an mesenterialen Venolen und im weiteren Verlauf entstanden Läsionen der Schleimhaut. Eine komplette Hemmung sowohl des COX-, als auch des LOX-Weges wurde diesen StoffwechselShift vermeiden [MARTEL-PELLETIER et al. 2003] und die Inhibitoren hätten analgetische und anti-inflammatorische Eigenschaften bei einem gleichzeitig verbesserten Toxizitätsprofil [LAUFER 2001]. Auch wenn es sich bei der kombinierten Inhibition von Enzymen um eine sinnvolle neue Therapiestrategie handelt, ist dieses Konzept aufgrund der hohen Hepatotoxizität der Substanzen bisher nicht in vivo anwendbar. Lediglich der synthetisierte LOX/COX-Inhibitor Licofelone hat geringere redox-aktive Eigenschaften und zeigte erste experimentelle Erfolge: Bei einem verbesserten Sicherheits-Profil soll er ähnlich wirksam sein wie die traditionellen NSAID und Coxibe [BLANCO et al. 2003 / PAVELKA 2003]. Da auch die Leukotriene einen Anteil an der Pathogenese der Osteoarthrose haben [LAUFER 2001], könnte diese neue Substanz geeignet sein, um die Progression der Krankheit zu verlangsamen [BRUNE 2004 / JOVANOVIC et al. 2001]. Auch wenn also für den klinischen Einsatz von Pharmaka sicherlich weiterführende, kontrollierte Studien am Patienten notwendig sind, bietet die in dieser Arbeit verwendete In-Vitro-Verfahrensweise eindeutig Vorteile für einen ersten, aussagekräftigen Gesamtüberblick über die Wirkkraft der Substanzen. Die Verwendung von operativem entzündlichen Synovialis- und Bursagewebe ex vivo erfüllt HAWKEY’s Forderung, das spätere Zielgewebe als Grundlage in vitro zu benutzen [1999]. Der Einsatz eines unspezifischen, eines COX-1-präferentiellen und zweier COX-2-selektiver Inhibitoren deckt das komplette Spektrum an möglicher COX-Enzymhemmung ab. Speziell die Verwendung von Diclofenac entspricht außerdem dem derzeitigen klinisch-therapeutischen Goldstandard und bietet auch für das In-Vitro-System eine valide Bezugsgröße [PAIRET und VAN RYN 1998]. 99 5. Zusammenfassung Für die In-vitro-Evaluation von COX-2-Inhibitoren haben sich sechs Stunden als ideale Inkubationsdauer herausgestellt. Nach diesem Zeitraum ist die Wirkung der zu prüfenden Pharmaka auf die Eicosanoid-Synthese aussagekräftig; die Unterschiede zur Kontrollgruppe sind deutlich signifikant und assay-bedingte Artefakte einer Langzeitinkubation treten noch nicht auf. Es kam zu einer deutlichen Prostaglandin-Freisetzung in den inkubierten Kontrollproben von inflammatorischer Synovialis und Bursa subacromialis. Der jeweilige Gehalt nahm im zeitlichen Verlauf von drei, über sechs bis hin zu zwanzig Stunden dramatisch zu. Die untersuchten Prostaglandine könnten also am Entzündungsgeschehen bei der Osteoarthrose des Knies bzw. beim Subacromialsyndrom der Schulter beteiligt sein. Die ungehemmte Freisetzung von PGE2 war in den Bursa subacromialisInkubaten nur halb so groß wie in den Synovialis-Präparaten. Versteht man PGE2 als klassischen Entzündungsparameter, so ist die bursale Entzündung geringgradiger ausgeprägt, als die in der Synovialis. Die 6-Keto-PGF1α-Freisetzung in den Kontrollproben entsprach sich in beiden Gewebetypen und lässt auf ein vergleichbares Maß an inflammatorisch bedingter Neovaskularisation schließen. Alle eingesetzten Pharmaka, gleichgültig ob unselektiv oder isoenzympräferentiell, hemmten – prozentual gesehen - die Eicosanoid-Synthese in den beiden Geweben gleichsinnig. Neben der inhibitorischen Tendenz stimmte auch das Wirkungsgefälle der Substanzen in beiden Geweben überein. Die vorgestellten Substanzklassen hemmten jeweils signifikant die Prostaglandin-Synthese und sind daher bei Osteoarthrose, ebenso wie beim Impingement-Syndrom, gleichwohl einsetzbar. 100 Der neu eingesetzte, COX-2-selektive, Diarylheterozyklus Lumiracoxib war in seiner allgemeinen inhibitorischen Wirkkraft deutlich potenter als das bisher klinisch favorisierte Celecoxib. Der weitere klinische Einsatz von Lumiracoxib hängt jedoch entscheidend von der Abklärung des zugehörigen Nebenwirkungsspektrums ab. Eine Hemmung der Eicosanoid-Synthese durch das COX-1-selektive SC-560 war sowohl in Synovialis, als auch in Bursa subacromialis feststellbar. Somit ist, trotz eindeutiger COX-2-Dominanz, von einer Beteiligung der COX-1-Isoform am Entzündungsgeschehen in beiden Geweben auszugehen. Die Kombination aus COX-1 und COX-2 in der inflammatorischen Prostaglandin-Synthese erklärt die weiterhin bestehende Überlegenheit der unselektiven, traditionellen NSAID. In allen Inkubationsproben ließ sich die gemessene Freisetzung am potentesten durch das unspezifische Diclofenac inhibieren. Um die untersuchten Krankheitsbilder am effektivsten zu therapieren, sollten daher im geeigneten Patienten weiterhin NSAID eingesetzt werden. Bei Begleiterkrankungen oder bei besonderer Neigung zu Nebenwirkungen wären die „verträglicheren“ CSI die Medikation der Wahl. Die Interleukin-Freisetzung verändert sich in Anwesenheit selektiver und unspezifischer COX-Inhibitoren. Der Cyclooxygenase-Weg ist jedoch sicherlich nicht der einzige Faktor, den es bei der Beurteilung des regulierten InterleukinHaushaltes zu berücksichtigen gilt. Die erhobenen Ergebnisse lassen zwar vermuten, dass der Gehalt an pro-inflammatorischen Interleukinen unter COXInhibition - im Rahmen einer negativen Rückkopplung - ansteigt, weitere Interpretationen sind bei dem geringen Datenumfang jedoch nicht aussagekräftig. 101 Literaturverzeichnis [1] Aalkjaer, C., Peng, H. L. 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Mol Pharmacol 54, 536-40 129 Ida Sibylle Haußleiter Curriculum Vitae seit Okt. 2003 Praktisches Jahr im Sana-Klinikum Remscheid Sept. 2002 – Sept. 2003 Forschungsstipendium des Biomedical Science Exchange Program: Research Fellow der Neural Plasticity Research Group, Harvard Medical School / Massachusetts General Hospital, Boston, MA klinische Tätigkeit im MGH Pain Center, Boston, MA Aug. 2002 Zweites Medizinisches Staatsexamen, Ruhr-Universität Bochum Feb. 2002 Promotionsstipendium der Medizinischen Fakultät der Ruhr-Universität Bochum Aug. 2001 – Aug. 2002 Studentische Hilfskraft in der Abteilung für Spezielle Schmerztherapie, BG Kliniken Bergmannsheil, Bochum Jan. 2001 – Dez. 2001 Studentische Hilfskraft im Auslandsamt der Medizinischen Fakultät der Ruhr-Universität Bochum Okt. 2000 – Apr. 2002 experimentelle Forschung für die Promotion, Labor für experimentelle klinische Medizin und Orthopädie, Ruhr-Universität Bochum Sept. 1999 - Aug. 2000 Auslandsstipendium des ERASMUS-Programmes Erstes Medizinisches Staatsexamen, Université Louis Pasteur ULP, Strasbourg, Frankreich Famulaturen in den Universitätskliniken Aug. 1999 Äzrtliche Vorprüfung, Ruhr-Universität Bochum seit Okt. 1997 Studium an der Ruhr-Universität Bochum, Fakultät für Medizin und Fakultät für Publizistik Aug. 1988 – Jun. 1997 Mallinckrodt-Gymnasium, privates katholisches Gymnasium in Dortmund, Abitur Aug. 1984 – Juli 1988 Besuch der Grundschule 26. März 1978 geboren in Münster Danksagung Ich danke allen, die Geduld mit mir hatten. Ich danke Herrn Prof. Dr. med. Ralf H. Wittenberg, der mich seit dem ersten Semester als Patenprofessor begleitet hat, für die Überlassung des Themas und die intensive Betreuung meiner Arbeit. Er hatte für mich jederzeit ein offenes Ohr. Ich danke Frau Prof. Dr. med. Brigitta M. Peskar, Abteilung für Experimentelle Klinische Medizin der Ruhr-Universität Bochum, die mein Interesse an der Forschung geweckt hat und mir viele konstruktive Hinweise gab. Ihren Mitarbeitern danke ich für die freundliche Aufnahme und Zusammenarbeit im Labor. Ich danke den Mitarbeitern der Orthopädischen Kliniken des St.-Josef-Hospitals Bochum und des St.-Elisabeth-Hospitals Herten, für ihre Kooperation und die Bereitstellung des Gewebes. Insbesondere danke ich Herrn PD Dr. med. Roland E. Willburger, der mir als Ansprechpartner in Bochum zur Verfügung stand. Ich danke Herrn Dr. med. Holger Knorth. Ich danke Herrn Prof. Dr. med. Christoph Maier, Abteilung für Spezielle Schmerztherapie der BG Kliniken Bergmannsheil Bochum, für seinen Rat und seine Unterstützung. Ich danke der Neural Plasticity Research Group der Harvard Medical School in Boston, unter Leitung von Clifford Woolf, M.D., Ph.D., die mir eine neue, faszinierende Forschungswelt eröffnet hat. Mein besonderer Dank gilt Tarek Samad, Ph.D., für die lebhaften Diskussionen und sein Interesse an dieser Arbeit. Außerdem danke ich Max Fun und Sebastian Shaffer für die tatkräftige Hilfe bei der Literatur-Recherche. Ich danke Herrn PD Dr. med. Stefan Lange und Frau Dipl. Stat. Anika Hüsing, Abteilung für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie der Ruhr-Universität Bochum, für die Überprüfung meiner statistischen Methoden. Ich danke der Medizinischen Fakultät der Ruhr-Universität Bochum für die Gewährung eines Promotionsstipendiums, das die materielle Gestaltung dieser Arbeit erleichtert hat. Last, not least, danke ich meiner Familie für ihr Verständnis. Insbesondere danke ich meiner Mutter für psychologische Unterstützung und sorgfältiges Korrekturlesen, meinem Bruder für seinen Beistand in rezidivierenden technischen Herausforderungen und meinem Vater für seine naturwissenschaftlichen Anregungen.