Sonntag, 8. November 2015 - Andreas Keller

Transcription

Sonntag, 8. November 2015 - Andreas Keller
Schweiz am Sonntag, Nr. 45, 8. November 2015
LIFESTYLE 47
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■ ENTKORKT
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PORTWEIN AUF RHEINFAHRT
■ ALPSCHWEINWURST
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1 kg Alpschwein, 2/3 Fleisch, 1/3 Fett (natürlicher Fettanteil),
durch Lochscheibe 3 gedreht
5 g Majoran, frisch geschnitten, auch mit Blüten
8 g Zwiebel, gehackt, in Schweineschmalz gedünstet
1 g Knoblauch, gepresst
0,5 g Muskatnuss, gerieben
0,5 g Liebstöckelsamen
1 g schwarzer Pfeffer aus der Mühle
18–21 g Alpensalz
Schweinedarm 32/34
Geeignet zum Backen, Braten, Grillen und zum Räuchern mit Buchenholz
20 Minuten in Schweineschmalz braten
Aus: Wurst Werkstatt, Stefan Wiesner/Monica Wiesner-Auretto, AT-Verlag
Das A und O beim Wursten ist
frisches Fleisch – und das
richtige Salzverhältnis.
PIA GRIMBÜHLER, AT-VERLAG
Jedem seine Extrawurst
Nach der Hysterie um krebserregendes verarbeitetes Fleisch gibt es nur eines: Selber machen
VON SILVIA SCHAUB
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S
tefan Wiesner sagt es so: «In der
Wurst kann ich als Koch meine
Fantasie ausleben.» Beim Spitzenkoch, der das Restaurant
Rössli in Escholzmatt durch eine unkonventionelle Küche zum Anziehungspunkt für Gourmets gemacht hat,
schwingt beim Thema Wurst noch weit
mehr mit: Aus Einfachem etwas Ausserordentliches, Delikates machen, das Einfache ehren und veredeln, der kreative
Umgang mit dem Gewöhnlichen. «Mir
gefällt dieses verschmähte Aschenputtel», schwärmt er. So sehr, dass er es in
der Haute Cuisine wieder salonfähig machen will. Doch genau dieses Aschenputtel wurde in den letzten Tagen mal wieder ziemlich zerzaust und durchgeschüttelt.
Mir sind die ganzen Diskussionen
um die Wurst ebenfalls ziemlich wurst.
Vor allem auch, weil man den Angst
machenden Studienergebnissen der
WHO ganz elegant ausweichen kann: indem man seine Wurst selber macht.
Dann weiss man, was drin ist. Inzwischen kann man das Wursten in Kursen
lernen oder zu Hause selber machen.
Perfekt, dass ich dabei von Stefan Wies-
■ AUFGETISCHT
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ner Schützenhilfe erhalte. Soeben ist
nämlich sein Buch «Wurst Werkstatt»
herausgekommen. Darin findet man
eine Fülle an Rezepten – von der Milchferkelwurst über die Hühnerwurst bis
zur Alpschweinwurst – und noch mehr
Tipps, wie das Wursten auch in der eigenen Küche gelingen kann.
«Beginnen Sie mit einer einfachen
Schweinswurst, dann ist es keine Hexerei.» Und natürlich sollte man auch keine Berührungsängste mit Därmen,
Speck und sonstigen Fleischteilen haben. Das haben offensichtlich immer weniger Leute, wie Müller feststellt. Nicht
nur, dass er in seiner Metzgerei nach wie
vor rund 40 Tonnen Würste pro Jahr verkauft, auch stehen immer mehr in seinem Laden, die wie ich ihre Würste
selbst machen wollen.
Ein Fleischwolf, frisches Fleisch und
Därme – und schon kann es losgehen.
Das Schneiden der Fleischstücke von der
Schweinsschulter und dem Halsspeck ist
weiter keine Sache. Diese anschliessend
durch den Fleischwolf zu drehen, geht
ebenfalls problemlos – bis die Maschine
heillos verstopft ist. Das «gewolfte»
Fleisch kommt in eine Schüssel und
wird mit den Gewürzen und Kräutern
sowie einem Schuss Cognac vermischt.
Wie Teig kneten fühlt sich das an, eine
sinnliche Angelegenheit.
Nun wartet die Knacknuss: das
Abfüllen. Erst versuche ich es mit einem
Dressiersack – bis er platzt. Zum Glück
hat der Wolf eine Abfüllvorrichtung. Das
geht entschieden einfacher, braucht
aber trotzdem einiges Fingerspitzen-
WIESNER VERWURSTET wirklich alles – sogar Bücher. Doch das Rezept seiner Literaturwurst am Ende seines Buches darf
man nicht so wörtlich nehmen. Hingegen seinen Rat: «Das A und O einer guten Wurst ist gutes, frisches Fleisch im
idealen Verhältnis zum Fettanteil.» Das
heisst: keine Abfallprodukte. In seine
Bauernbratwurst etwa kommt ausschliesslich mageres Kuhfleisch, durchwachsener Schweinehalsspeck und seine
Gewürzmischung. Das ist alles – kein Eis,
keine anderen Zusätze.
So einfach sich die Rezepte lesen, es
stellen sich mir doch noch ein paar Fragen. Wie ist das nun genau mit den
Därmen, muss man sie noch waschen?
Und riechen die? Wie schlimm ist es,
wenn die Würste Luftblasen haben?
Metzger Thomas Müller aus Baden, der
für seine Würste weitherum bekannt ist,
gibt mir die Antworten dazu und rät:
gefühl und vor allem Teamwork. Denn
gleichzeitig die Masse durchlassen und
den Darm am Rohr festhalten, geht nur
zu zweit. Sobald sich die Fleischmasse
staut, kann der Darm platzen – was
prompt passiert und eine Riesensauerei
macht. Doch was da herauskommt, sieht
tatsächlich nach Wurst aus! Einige sind
etwas kurz, andere etwas unförmig und
die Dritten haben kleine Luftblasen. Was
solls. Ab in die Pfanne damit.
DANN DER ERSTE BISS. Ich hätte es wissen
müssen. «Die grösste Fehlerquelle beim
Wursten ist der richtige Salzanteil»,
hatte mir Metzger Thomas Müller noch
mit auf den Weg gegeben. Die zusätzliche Prise Salz war zu viel. Ansonsten ist
mein Debüt als Wursterin geglückt. Ich
weiss, was in meinen Würsten ist, und
gehe einig mit Thomas Müller: «Eine
Wurst ist verpacktes Vertrauen.»
Wurstkurse: Brau- und Rauchshop GmbH,
Bünzen, www.brauundrauchshop.ch; Das
Pure, Patrick Marxer, Wetzikon, www.daspure.ch; Stefan Wiesner, Restaurant Rössli, Escholzmatt, www.stefanwiesner.ch.
Literatur: Stefan Wiesner und Monica
Wiesner-Auretto: Wurst Werkstatt, AT-Verlag, 208 S., Fr. 39.90.
ANDREAS KELLER
VINTAGE 2010
Produzent: Manfred Meier Weinbau,
Zizers
Herkunft: Churer Rheintal
Appellation: Graubünden AOC
Rebsorte: Pinot noir
Beste Trinkereife: jetzt bis mindestens
2020
Passende Gerichte: Blauschimmelkäse, Nüsse, Feigen, Datteln, Schokoladenkuchen
Bewertung: 17 Punkte
Bezugsquelle: Manfred Meier Weinbau,
Vorburgstrasse 16, 7205 Zizers, Tel. 081
330 09 99, www.weinbaumeier.ch,
Fr. 27.– (37,5 cl)
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SANDRA ARDIZZONE
Bärenstarke Kreationen
fee. Wie so oft sind es hier Details, die
den Unterschied zum Landläufigen ausmachen. Das Entrecôte ist am Knochen
gereift, der Eiskaffee ist gerührt und subtil mit Likör verfeinert. Wüthrich bezeichnet sich selber als «absoluten
Wurstfan», deshalb gibt es im «Bären» jeden Monat ein neues Wurstgericht, das
der Chef zusammen mit seinem Metzger
konzipiert. Bei unserem Besuch war das
ein Spiess mit nicht weniger als acht
verschiedenen Würsten, die eine breit
gestaffelte Geschmackspalette von mild
bis deftig bildeten. Sehr ansprechend
geriet auch das Gazpacho; die Suppe
wurde über einen Scampo und Peperoniwürfelchen gegossen, die auf dem Teller
wie ein zeitgenössisches Kunstwerk
angeordnet waren.
STEPHAN THOMAS
Diese Vorgabe macht es nicht einfacher. Denn die «Fränkischen Wein-Tänze» des Wiesbadener Organisten und
Komponisten Hans Uwe Hielscher, die
das Rückgrat des Konzerts bilden, sind,
wie in der Partitur steht, «musikalische
Degustationen fränkischer Weine». Und
fränkische Weine schmecken nun einmal ziemlich anders als bündnerische.
Oder assoziieren Sie etwa einen Bündner (Rhein-)Riesling mit einem Slow
Fox, einen Gewürztraminer mit einem
Slow Waltz, einen Blauburgunder mit
einem Blues? Da halte ich mich lieber
an Stephan Thomas’ Eigenkomposition
«Portwein auf Seefahrt», ein aufgewühltes, unruhiges, ja
fast verstörendes
Stück. Obwohl wir
in Chur weder am
Douro noch auf hoher See sind, ähnelt der füllige, saftige, kräftige Vintage 2010 von
Manfred Meier
durchaus einem
echten Portwein,
und wenn ein Fass
davon den Rhein
hinabschwimmen
würde, wäre das sicher auch eine
recht unruhige
Angelegenheit …
■ AUFGEFALLEN
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Die Geschichte des «Bären» liest sich fast
wie ein Roman. Seit 1417 ist die Existenz
der Wirtschaft neben der Kirche bezeugt. Aus späterer Zeit berichten Protokolle von Raufereien und anderen Unbotmässigkeiten, die in Wirtshäusern
vorkommen können. Hier wirkte zeitweise auch der «Wunderdoktor» Micheli
Schüpbach; um ihn zu sehen, reisten
Lavater und Goethe nach Langnau. Heute geht es hier beschaulicher zu und her,
obwohl ein junges Team Schwung in
den Betrieb bringt. Wie motiviert Kevin
«Wüde» Wüthrich in der Küche ist, zeigt
sich bereits bei den sorgfältigen Präsentationen. Stilistisch fusst er auf Bodenständigem: Cordon bleu, Entrecôte und
Tätschli dürfen ebenso wenig fehlen wie
«Brönnti Gräme», Meringue und Eiskaf-
Was haben Orgel und Wein miteinander
zu tun? Nun ja, das frage ich mich auch.
Aber genau diese Frage sollte ich heute
in einer Woche beantworten können.
Etwas voreilig habe ich nämlich meinem Freund und Kollegen, dem Organisten Stephan Thomas, zugesagt, als
Moderator an seinem Konzert vom
kommenden Sonntag um 17.30 Uhr in
der St. Martinskirche in Chur mitzuwirken. Eigentlich könnte Stephan Thomas
die Frage nach dem inneren Zusammenhang zwischen Orgelmusik und
Weingenuss am besten selbst beantworten, denn er ist nicht nur ein begnadeter Organist, sondern auch ein ebenso brillanter Weinjournalist, der übrigens ab und zu auch in der «Schweiz
am Sonntag» schreibt. Aber da ist noch
ein Dritter im (Orgelwein-)Spiel, der
Winzer Manfred Meier aus Zizers. Meine Aufgabe sei es, meint Stephan Thomas, eine Brücke zu schlagen zwischen
den Rebsorten-Stücken, die er spiele,
und den dazu passenden Weinen, die
Manfred Meier ausschenke.
Küchenchef Kevin Wüthrich und Chef de Service Désirée Frauchiger im Gasthof Bären, Bärenplatz 3, Langnau i. E., Tel. 034 402 18
84, www.baerenlangnau.ch. Geöffnet: Do–Mo (ganzer Tag).
KÜCHE Traditionell und regional
SERVICE Freundlich und aufmerksam
AMBIENTE Regionaltypischer Altbau, Terrasse
PREISE À la carte (z. B. «Bären»-Klassiker von 26 bis 54 Franken)
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Bisher war Zähneputzen ein notwendiges Übel und wurde nicht unbedingt
mit Lifestyle in Verbindung gebracht.
Das könnte sich vielleicht bald ändern.
Inzwischen wird auch bei der Zahnbürste auf das Äussere,
sprich das Design geachtet. Zumindest bei Black
is White von Curaprox.
Neben der pechschwarzen, aber schonenden
Whitening-Zahnpasta
mit Aktivkohle gibt es
nun auch eine Hydrosonic-Bürste – natürlich
in edlem Design. Mit
42 000 Schwingungen
pro Minute ist das wie
Wellness für die Zähne.
Erhältlich in Apotheken
oder über www.curaprox.com für 259 Fr.

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