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SEITE 8 * FREITAG, 11. NOVEMBER 2011 WELT KOMPAKT KULTUR SACHBUCH-CHARTS Zug um Zug Helmut Schmidt, Peer Steinbrück Hoffmann und Campe (neu) Cashkurs Dirk Müller Droemer (Vorwoche: 1.) Ein Schnupfen hätte auch gereicht Gaby Köster, Till Hohender Scherz (Vorwoche: 2.) Ich arbeite in einem Irrenhaus Martin Wehrle Econ (Vorwoche: 6.) ADRIAN BRETSCHER 1 2 3 4 5 Steve Jobs Walter Isaacson C. Bertelsmann (neu) Die Youngblood Brass Band besteht aus sechs Bläsern und drei Drummern. Bligg (6.v.l.) suchte sie über das Internet HipHop ist Volksmusik Der Schweizer Rapper Bligg trifft auf der CD „Brass aber herzlich“ auf Blechbläser Die Aufnahmen entstanden innerhalb von zwei Wochen in Wisconsin T ALBUM DER WOCHE Eleanor Friedberger: „Last Summer“ – Sängerin Eleanor Friedberger bildet eigentlich zusammen mit ihrem Bruder Matthew „The Fiery Furnaces“. Momentan stehen die Soloambitionen beider Geschwister im Vordergrund. Während sich Matthew mit einem achtteiligen Alben-Zyklus beschäftigt, kommt Fräulein Friedberger mit ihrem Debüt um die Ecke. Ihre Songs sind leichter als die der Fiery Furnaces. Die Schrammelgitarre und ihre Stimmgewalt aber sind geblieben. Unsere Empfehlung für die nächsten Wochen, trotz Winter: „Last Summer“! Alle Playlistneuheiten bei FluxFM„Superneu“:: Sonntag um 12 Uhr. In Berlin auf UKW 100,6; in Stuttgart und in Bremen auf 97,2 www.fluxfm.de CHRISTOPH WENZEL A merikanischer HipHop? Logisch. Deutscher? Na klar. Aber Schweizer HipHop? Das ruft hierzulande meist nur hochgezogene Augenbrauen hervor. Dabei ist der momentan wohl größte Star der Schweizer Musikszene ein Rapper: Bligg aus Zürich, bürgerlich Marco Bliggensdorfer, ist seit 2007 in seiner Heimat mit der Kombination von Raps und volkstümlichen Musikelementen wie Hackbrett und Akkordeon durchgestartet. Doch während Bligg in der Schweiz kaum unerkannt auf die Straße gehen kann, ist er in Deutschland weitestgehend un- bekannt. Und das, obwohl er HipHop mit Elementen aus Rock, Dub oder Ska abliefert, garniert mit intelligenten Texten, die durch das Schweizerdeutsch einen ebenso erdigen wie charmanten Charakter bekommen. Sein Credo: „HipHop ist die Volksmusik der jungen Leute.“ Sein Rezept: „Kontraste herstellen – das finde ich interessant.“ Heute erscheint Bliggs neues Album „Brass aber herzlich“, in dem er die Leitsätze so umgesetzt hat: Sein Album „Bart aber herzlich“ hat er neu arrangiert und mit der Youngblood Brass Band aus Wisconsin (USA) eingespielt. Zwar hat auch die Schweiz eine respektable BrassTradition: „Aber eine Brassband in dieser Formation, die auch stark im HipHop verwurzelt ist, ist mir in der Schweiz nicht bekannt“, sagt der 35-Jährige. Schweizerdeutscher Rap trifft amerikanische Blechbläser – hört sich skurril an, ist aber absolut hörenswert. Tuba statt Elektrobeats, Trompete statt Scratches, dazu teils wuchtige Drums: Fertig ist eine Mischung, die eine Bandbreite vom New OrleansMarsch bis Latin-Rhythmen umfasst. Die 14 Tracks sind eingän- DER SCHWEIZER HIPHOPER Bliggs letzte Alben, „0816“ und „Bart aber herzlich“, landeten beide auf Platz 1 der Schweizer Charts, verkauften sich zusammen über 250 000 Mal. In diesem Frühjahr räumte der 35-Jährige zwei Swiss Music Awards ab. Die Youngblood Brass Band besteht aus sechs Bläsern und drei Drummern. gig: „Chef“ erzählt ironisch, warum Arschlöcher in Führungsposten kommen, unterlegt vom bedrohlichen Bläserdröhnen. „Romeo und Julia“ kommt im Samba-Gewand daher. Nur Xavier Naidoo, der für „Spiegel“ gewohnt pathetisch den Refrain schmachtet, will nur schwer hineinpassen ins gelungene Album. Einige Kritiker werfen Bligg indes vor, dass sein Stil kaum mehr mit HipHop zu tun habe. „Meinetwegen“, sagt er nur. Kleinliche Grenzziehungen interessieren ihn nicht. Auch dass bisher an den Grenzen des Schweizerdeutschen Sprachraums mit seinem Erfolg Schluss ist, nimmt er mit Humor: „Schweizerdeutsch ist halt keine Weltsprache. Aber andererseits höre ich auch französische Musik und verstehe nicht jedes Wort. Es kommt einfach auch auf das Gefühl an.“ 7 TAGE, 1 KOPF – EIN PERSÖNLICHER WOCHENRÜCKBLICK Drei Mal sprichwörtlich zu spät gekommen LEA FLIESS Buddenbrooks Debütpreis an Georgierin Die georgische Schriftstellerin Nino Haratischwili erhält den Debütpreis des Lübecker Buddenbrookhauses. Haratischwili wird für ihren Roman „Juja“ ausgezeichnet. Der Literaturpreis wird seit 2003 alle zwei Jahre verliehen. Er ist mit 2000 Euro Preisgeld dotiert. Es gibt da ein Sprichwort. „Was du heute kannst besorgen, das verschiebe nicht auf morgen.“ Was wäre diese Woche gewesen, würde sich tatsächlich jeder an dieses Sprichwort halten? Am vergangenen Samstag hat Hape Kerkeling „Wetten, dass..?“ abgesagt. Ein einfaches „Nein, ich möchte das nicht.“ Kein: „Ich habe lange mit dieser Entscheidung gerungen.“ Dabei war er schon seit Wochen im Gespräch als Gottschalk-Nachfolger. Immer wieder hatte man ihn danach gefragt, immer wie- der hatte er seine offizielle Verkündung vertröstet. Das Resultat? Sicher gibt es noch eingefleischte Fans der Sendung. Sicher ist aber wohl auch: Wer jetzt übernimmt, ist nur noch zweite Wahl. Das Aus der Show, es ist auf einmal wieder eine echte Alternative. Nur einen Tag später haben sich die Unions-Schwestern zu einem Geschenk für die Bürger durchgerungen. Mitten in der Euro-Krise werden in Deutschland die Steuern gesenkt. Schon nächstes Jahr. Vor allem überreichen CDU und CSU damit der FDP ein Geschenk: Der Koalitionspartner, der in den Umfragen bei drei Prozent herumdümpelt, konnte endlich eines seiner Wahlversprechen einlösen, mit dem er bei der Bundestagswahl 2009 angetreten war. Als die Partei noch bei 14,6 Prozent lag. Und jetzt? Umfragen zeigen seit Monaten: Die Mehrheit der Deutschen hält Steuersenkungen bei einem Schuldenberg von über zwei Billionen Euro für unangebracht. Zwei Jahre zu spät. Die FDP bleibt bei drei Prozent. Und am Dienstag: Der skandalgeschwängerte Silvio Berlusconi tritt zurück. Italiens Regierungschef ist diese Woche wohl das Paradebeispiel für diejenigen, die etwas aufgeschoben haben, was sie schon die Wochen, Monate und Jahre zuvor hätten erledigen können. Das Ergebnis? Italien, das Land der Lebensart, ist hoch verschuldet, am Boden. Doch gerade Italien ist ein Land, in dem sich die Menschen noch Zeit nehmen. Zeit für Besorgungen.