OESYC Logbuch 06/09 - St. Maarten-BVI
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Logbuch 3-09 08.06.2009 9:51 Uhr Seite 8 REVIER KARIBIK Von St. Maarten zu den British Virgin Islands ste zwei Stufen erklimmen) - und sind wieder mitten drin im Inselleben. Wir lernen wieder locals kennen, unterhalten uns beim Essen mit einem Schwarzen aus Trinidad, flanieren in Marigot über den Markt, kaufen mitten in der Botanik Obst und Gemüse ein – fernab von Touristentrubel. Nach zwei Tagen Shopping in Philisburg im holländischen Teil der Insel haben wir genug, sehnen uns nach Strand und Schnorcheln. Obwohl der nördliche Teil der Insel zu Frankreich und der südliche zu Holland gehört, gibt es keine Grenzen auf der Insel, sehr wohl aber am Wasser, wo man offiziell aus- und einklarieren muss wenn man eine Grenze übersegelt. Gorda Sound auf Virgin Gorda, British Virgin Islands St. Barth liegt im nördlichen Teil der westindischen Inseln – zwischen Antigua und den British Virgin Islands. Eine kleine Insel, sehr französisch geprägt, hübsche Lokale und Geschäfte, die Englischkenntnisse der Bewohner erschöpfen sich in „[ei notäh spiekäh inglischäh]“, wie in Frankreich. Weil die Windrichtung für die meisten Buchten leider nicht passt, fahren wir nach zwei Tagen weiter nach St. Maarten. Kaum sind wir unterwegs, wieder rrrrrrr rrr rrrrrrrr die Ratsche der Angelrolle meldet sich – und zum Barracuda im Freezer gesellen sich zwei weitere, große Barracudas. Kurze Zeit später waren sie teils in der Pfanne, teils im Gefrierschrank – unbeschreiblich, ein wirklich frischer Fisch schmeckt halt doch anders. St. Maarten die unmittelbar daneben liegende, deutlich größere Insel ist zweigeteilt, der Norden ist französisch mit Euro als Zahlungsmittel, der Süden holländisch – dort zahlt man mit holländischen Antillen Gulden. Tatsächlich sind aber die Preise in beiden Teilen meist mit US-Dollar ausgezeichnet – die meisten Touristen kommen aus den USA. Die gehen davon aus, dass jeder die „Weltwährung“ akzeptiert. Die ganze Insel ist recht touristisch, Kreuzfahrtschiffe legen täglich in 8 Philisburg im holländischen Teil an, die ganze Insel lebt davon. Wunderschöne Strände, glasklares Wasser und natürlich ein zollfreies Einkaufsparadies. Zentnerweise schieben sich die lobsterroten hawaibehemdeten Hamburgervernichtungsmaschinen US-amerikanischer Provenienz durch die Einkaufsstraßen. Kleine Kinder mit dem Umfang eines Erwachsenen schlecken Softeis und schreien nach mehr. Etliche fahren in kleinen rollstuhlähnlichen E-Mobilen, jedoch nicht, weil sie so alt und krank sind, sondern weil sie sich ob ihres Gewichtes kaum mehr bewegen können. Außerdem können sie im Sitzen das All-InclusiveMenü besser verdauen. Ein Sammelsurium an Abstrusitäten und Monströsitäten. Nur wenige Ausnahmen. Unglaublich, dass es kurze Hosen in solchen Größen gibt! Wir nutzen die Gelegenheit, nehmen einen local bus - den Vorgenannte nie nehmen würden (man müs- An der Ostküste entlang kämpfen wir uns hoch am Ostwind in die Orient Bay, wieder im französischen Teil der Insel. Sehr unruhig, hoher Schwell steht in der Bucht, aber landschaftlich sehr schön. Lange Sandstrände, viele Bars, Jet-Ski und Parasailing, natürlich sehr touristisch. Sogar ein FKK Badestrand findet sich hier, ein Schwarzer winkt uns mit waagerecht wehender Banane zu. Da ist wirklich für jeden Geschmack etwas dabei! Das Wetter war während der letzten Wochen recht gut, oft sehr diesig, teilweise bewölkt wie immer in den Tropen, seltene Regenschauer, meist am Morgen. Der Wind zwischen 15 und 30 kn, meist ca. 20 kn, Wellenhöhe 2 - 3 m, manchmal bis 5 m, am Wind eher Katamaran „Two Fast” NEUES LOGBUCH 3/09 Logbuch 3-09 08.06.2009 9:51 Uhr Seite 9 REVIER KARIBIK St. Maarten - Simpson Bay anspruchsvoll, raumschots – vor allem mit einem Kat – Segelvergnügen pur mit über 8 kt. Geschwindigkeit. Ein wunderschönes Revier, schöne Strände, tolle Einkaufsmöglichkeiten und dem Interessierten bietet sich auch die Möglichkeit, das karibische Leben in seiner Ursprünglichkeit in allen Facetten kennen zu lernen. Weil schon wieder zwei Wochen mit touristischen Stränden und Duty-FreeEinkäufen vergangen waren, wollen wir zu den einsamen Buchten von Anguilla. Dieser kleine Inselstaat präsentiert sich unter britischer Flagge, ist aber so unabhängig, dass man in die British Virgin Islands ausklarieren muss. Bei herrlichem Wind und wenig Welle segeln wir von St. Maarten um das Nordkap von Anguilla bis nach Road Bay, dem Hauptort der Insel. Wie der Name schon sagt – an dieser Bucht führt die einzige Straße vorbei. Einklarieren, Zoll und Immigration, freundliche Beamte im klimatisierten Gebäude direkt am Strand, aber eine horrende Gebühr von über 100 Dollar pro Tag, um im Nationalpark – praktisch die ganze Inselgruppe – ankern zu dürfen. Nur in der wenig attraktiven Bucht vor dem 100 Seelen-Hauptort darf man gratis ankern. So haben wir uns das Paradies nicht vorgestellt. Leider hat die Tourismusbranche auch dieses letzte Refugium schon entdeckt, große Charterkatamarane, die voll gepackt mit weit über 100 rosaroten Touristen mit ohrenbetäubender Musik zum nächstgelegenen Strand fahren und sich dort ihrer schwergewichtigen, Heineken trinkenden Fracht entledigen. Bewaffnet mit TShirt, Schwimmweste und NEUES LOGBUCH 3/09 Schnorchelausrüstung planschen sie dann im knietiefen Wasser, zum Glück bleiben sie dort unter sich und zertrampeln nicht die Riffe weiter draußen. Dog Island, die Insel allein für uns Kurs auf Virgin Gorda, die östlichste Insel der Britisch Virgin Islands (BVI). Da uns der Wind an diesem Tag leider völlig im Stich lässt, haben wir die Wahl, Dort sind wir immer noch alleine, aber die Nacht auf See zu verbringen oder die Erwärmung der Meere und die mit den Motoren nachzuhelfen, um Stürme der letzten Jahre haben das ihre noch vor Einbruch der Dunkelheit anzudazu beigetragen, weite Riffbereiche in kommen. Mit dem letzten Tageslicht eine tote Korallenwüste zu verwandeln. schaffen wir es, die riffbestückte Nur vereinzelt sieht man noch schöne Durchfahrt am Südkap von Virgin Gorda Korallen und bunte Rifffische im seich- zu durchfahren und in „The Bath“ sicher ten Wasser. Nur in tieferen Bereichen ist an einer Boje fest zu machen. Am nächnoch mehr Leben vorhanden. So sten Tag präsentiert sich uns die schnorcheln wir uns durch die Riffs, bis Komposition aus Felsen, Sand und wir sie gefunden haben, unsere Bucht! Palmen in ihrer vollen Schönheit – „wie Sie liegt auf der SW-Seite von Dog- auf den Seychellen“, lautet das einstimIsland – schneeweißer Sandstrand, mige Urteil. Der Name „The Bath“ schwarze Felsen, ruhiges Wasser, nur kommt nicht von ungefähr, wie überdiein Boot in der Bucht – unseres! mensionale Murmeln liegen die Stundenlang tollen wir am Strand Granitfelsen am Strand und im Wasser, herum wie Gott uns schuf, suchen nach bilden kleine badewannenartige Pools Muscheln, baden in der Brandung des mit türkisem Wasser. Am Strand kann leichten Schwells, der um die Huk biegt. man unter, zwischen und über die Ein Paradies, das nur von Vögeln und Felsen von einer Bucht in die nächste Ziegen bewohnt wird. Da wir „nur“ sie- wandern. Viel schöner geht es nicht ben Wochen Zeit haben um von Antigua mehr. Unzählige Charterboote kommen nach St. Thomas zu fahren, nehmen wir jeden Tag an diese Stelle, genießen es schweren Herzens Abschied, frühmor- für ein paar Stunden, um sich dann zum gens lassen wir die Bucht hinter uns mit nächsten Highlight dieser wunderschönen Inselgruppe auf zu machen. Im Norden von Virgin Gorda liegt der „North Sound“ eine ringsum von Riffen und Inseln umgebene Bucht. Richard Branson, der milliardenschwere US-Amerikaner, hat hier in Necker Island sein persönliches Paradies gefunden. Die Farben in dieser Bucht sind nicht mehr zu übertreffen, intensivste Blautöne des Himmels konkurrieren mit dem Türkis der Lagune, dem Grün der Palmen, dem Rot der Dächer und dem weiß der großen The Bath auf Virgin Gorda Motoryachten. 9 Logbuch 3-09 08.06.2009 9:51 Uhr Seite 10 REVIER KARIBIK Marinas. Mit unserem Wassermacher und reichlich Kühl- und Gefrierkapazität tun wir uns leichter, die Schönheiten der Land-schaft auf uns wirken zu lassen und bleiben oft tagelang in einer Bucht – ohne Bojen. Die Einkaufsmöglichkeiten sind sehr gut, in den meisten Häfen ist ein erstaunliches Sortiment in den Supermärkten verfügbar. Einen so großen Barracuda sollte man nicht essen Wenn man bereit ist, für einen Apfel umgerechnet Der Hauptvorteil der BVI liegt in der 1,20 € und für 200g Honig 8 € zu Nähe der einzelnen Inseln zueinander, bezahlen, steht dem Schlemmen nichts kaum mehr als ein bis zwei Stunden mehr im Wege! Da wir selbst Brot dauert ein Schlag von einer Insel zur backen, trifft es uns hart, 6 € für 2 kg nächsten, fast überall sind (gebühren- Mehl zu bezahlen. Aber Rum und Cola pflichtige) Bojen ausgelegt, die dem sind dafür unschlagbar billig! Wasser Charterskipper das Leben erleichtern kostet jedenfalls mehr als Cola! Man und ihm eine vermeintliche Sicherheit muss sich also nur den Gegebenheiten vorspielen. Am Morgen kann man anpassen! Brötchen kaufen von einem der geschäftstüchtigen fahrenden Händler, Wenn man kroatische Verhältnisse die auch Gemüse und Wein feilbieten. gewohnt ist, wird man sich hier über die Spätestens wenn der Wassertank leer „Verkehrsdichte“ wundern. Selbst zur ist, muss man aber ohnehin wieder in Hauptsaison (Weihnachten bis Feber) eine der zahlreich vorhandenen stehen die Charterboote überwiegend Ciguatera – Fischvergiftung Kleine Geißeltierchen (Dinoflagelaten) die auf Algen sitzen, produzieren das Nervengift Ciguatoxin, beim Abweiden werden sie von kleinen Fischen aufgenommen, die werden von größeren gefressen und diese wieder von noch größeren. Jeder von Ihnen fungiert dabei als Bioakkumulator – ohne selbst daran zu erkranken. Am Ende der Nahrungskette stehen Riffräuber, Riffbarsche, Muränen und Barracudas. Oder der Mensch, der diese Fische isst. Der am häufigsten vorkommende ist der Barracuda. Es gibt die Regel, nur kleine – kürzer als Armlänge – zu verspeisen, die größeren haben eine zu hohe Konzentration an dem tödlichen Nervengift. Das gilt natürlich nur in den Gegenden, in denen Ciguatoxin vorkommt, und auch das oft nur saisonal. Deshalb hört man selbst von den Einheimischen immer wieder verschiedene Angaben zum CiguatoxinVorkommen in ihrem Revier. Wir essen gerne Barracuda, er hat ein festes, weißes Fleisch, schmeckt ausgezeichnet. Und er ist mit Abstand der häufigste Fisch am Angelhaken. Also stand bei uns ca. 4 x pro Woche 10 Barracuda am Speisplan – auf alle erdenklichen Arten zubereitet. Aber nur die kleinen, die großen haben wir an Fischer oder Restaurants verkauft! Das machte uns sicher – wenn die sogar die Großen für ungefährlich halten, dann könnten wir die Kleinen ohne Gefahr essen. Was wir nicht bedachten war, dass die Touristen den Fisch nur einmal essen, wir aber über Wochen fast täglich – und damit selbst zum Bioakkumulator wurden. Zuerst bekamen wir Kribbeln in den Extremitäten. Wir dachten erst an Mückenstiche. Es wurde unerträglich, in Verbindung mit Alkohol wurde es noch schlimmer. Dazu gesellte sich nach einigen Tagen Müdigkeit, Erschöpfungszustände, schwere Arme und Beine, Atemnot. Noch immer dachten wir nicht an Ciguatera, weil uns die Einheimischen versicherten, dass sie auch Barracuda hier essen würden, er sei völlig ungefährlich. Übelkeit und Erbrechen hatte keiner von uns während der ganzen Zeit. Dann kam es zu Temperatur-Überempfindlichkeit. Man schwimmt im 29 Grad warmen Wasser und hat das Gefühl, die Hände und Füße stecken ungebucht in den Marinas, in den Buchten ist ausreichend Platz für Neuankömmlinge, auch noch am Abend und in den Marinas muss man sich nicht bereits zu Mittag um einen Platz anstellen. Selbst die größten Charterbasen kommen bei weitem nicht an die Zahlen in den „heimischen“ Marinas im Mittelmeer heran. Alles wesentlich familiärer und kleiner. Fazit: Die BVIs sind ein wirklich lohnendes Charterrevier, in dem man im Gegensatz zu den weiter südlich liegenden Inseln ohne lange Ein- und Ausklarierungsformalitäten zwei Wochen segeln kann, kaum Welle, recht beständiger Passatwind, wesentlich sympathischer als Guadeloupe, Dominica und Martinique und keine langen Überfahrten wie zwischen den vorgenannten und St. Lucia, St. Vincent oder Grenada. Wenn man ein bisserl abseits der ausgetretenen Pfade segelt, finden man sogar noch menschenleere Buchten. Natürlich gibt es auch einen Vortrag über dieses Gebiet von uns – den wir Ihnen gerne präsentieren! Infos: www.die2abenteurer.com Mag. Michael Köhler in Kübeln mit Eiswasser. Eine Bierdose kann man nur noch mir einem umwickelten Tuch angreifen, so unvorstellbar kalt empfindet man es. Da wir uns keinesfalls das Biertrinken abgewöhnen wollten, war der Zeitpunkt nun gekommen, der Sache auf den Grund zu gehen. Von den ersten Symptomen bis zu diesem Zeitpunkt waren ca. drei Wochen vergangen. Mit Internet und der an Bord befindlichen Spezialliteratur ist es uns schnell gelungen, die Symptome zuzuordnen. Diagnose – Ciguatera. Überdosis durch oftmaligen Genuss von minimal vergiftetem Fisch. Natürlich gab es von dem Moment an totale FischAbstinenz – auch auf Bier und ColaRum mussten wir verzichten, da sich die Symptome damit deutlich verschlimmerten. Nach mehreren Wochen war das arge Kribbeln besser geworden, die Kälte-Empfindungen hielten mehrere Monate an. Nach ca. 6 Monaten waren wir beschwerdefrei. Da das Gift noch immer im Körper ist, kann bei einem abermaligen Genuss von kontaminiertem Fisch eine stärkere Symptomatik wieder auftreten. Die in der Zwischenzeit gefangenen Barracudas haben wir verschenkt. NEUES LOGBUCH 3/09