Automobile Klassiker
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Automobile Klassiker
ZeitHaus Automobile Klassiker Citroën 2 CV – das französische „Savoir Vivre“ 1949-1992 Automobile Meilensteine sind das Thema des ZeitHauses in der Autostadt – dies ungeachtet ihrer Herkunft. ZeitHaus-Philosophie ist es, Trendsetter zu präsentieren: Automobile, die Maßstäbe definierten, anderen Herstellern als Vorbild dienten – oder das Volksautomobil revolutionierten. Der Citroën 2 CV gehört zweifellos zu diesem elitären Kreis: Er motorisierte ab den 50er Jahren des 20. Jahrhunderts die Franzosen – und profilierte sich europaweit als originelles Vehikel für frankophile Nonkonformisten. Citroën lancierte den 2 CV zwar erst nach dem Zweiten Weltkrieg, doch die 2-CV-Idee entstand – eine Parallele zum Käfer von Volkswagen – bereits in der Vorkriegszeit. Als „Petite Voiture“ (Kleines Auto) sollte der neue Citroën diejenigen Franzosen angemessen motorisieren, die sich den seit 1934 gebauten Mittelklasse-7-CV, den legendären „Traction Avant“, nicht leisten konnten. Frankreich war damals überwiegend ein Agrarland, was folgerichtig die Landbevölkerung zur Zielkundschaft für den Kleinwagen machte. Dieser Klientel bedeutet Geräumigkeit und Preisgünstigkeit ihres Vehikels zweifellos weit mehr, als Höchstgeschwindigkeit oder Luxus. Folgerichtig setzte Michelin, seit Mitte der 30er Jahre Eigner der 1919 gegründeten Firma Citroën, zunächst einmal einen Richtpreis ins Kleinwagen-Lastenheft: 5.000 Francs sollte das Mobil nur kosten – sensationell wenig, wenn man bedenkt, dass ein 7 CV damals mit mindestens der vierfachen Kaufsumme gelistet war. Niedriger Verbrauch und mindestens 50 km/h Höchstgeschwindigkeit bedeuteten weitere Herausforderungen für die Konstrukteure André Lefèbvre und Flaminio Bertoni, die sich bereits mit dem 7 CV ein Denkmal gesetzt hatten – und danach mit den Modellen 2 CV und DS weitere Meilensteine der Automobilität schaffen sollten. Auch, was heute wie schön erfunden klingt, war damals ernst gemeinter Bestandteil des Konzeptes: Der 2 CV sollte tatsächlich rohe Eier über einen schlechten Feldweg transportieren können, ohne dass auch nur eines davon zerbrechen würde. Dass Lefèbvre sein Handwerk bei dem Flugzeugbauer Voisin gelernt hatte, war schon dem ersten 2-CV-Prototyp von 1939 anzusehen. Das Credo „Leichtbau“ hatte zu einer viertürigen Karosserie aus dünnwandigem Aluminium geführt, das zur Versteifung in großen Bereichen wellblechartig geformt worden war. Die Sitze sind einfachste Rohrgestelle mit eingehängtem Tuch im Stil einer Hängematte. Auf einen Anlasser wurde verzichtet – 3 stattdessen kommt ein Seilzug zum Einsatz, um den nur 374 cm großen Zweizylinder-Boxer zu starten. Und ein solitärer Scheinwerfer musste ausreichen, um in der Nacht provenzalische Pappelalleen auszuleuchten. Doch wie wurden die Eier geschützt? Für bruchfreien Transport sorgt beim 2 CV ein ingeniöses Federungssystem, bei dem die vier Räder einzeln schwingarmen an aufgehängt Längssind. Horizontal angeordnete Schraubenfedern parieren Schlaglöcher in einer Art und Weise, dass der Kleinstwagen 2 CV mit seinem Fahrkomfort noch bis in die 70er Jahre hinein selbst gestandene Mittelklasselimousinen düpierte. Diese Qualität fördert naturgemäß das Wohlergehen von zerbrechlichen Eiern, sie sorgt zugleich aber in Fahrt für den 2-CV-typischen „Watschelgang“, der diesem Automobil in Deutschland später den Kosenamen „Ente“ bescheren sollte – und der sogar in offiziellen Citroën-Prospekten der 70er Jahre in Cartoons persifliert wurde. Empfindliche Mägen hingegen rebellieren nicht selten in beherzt bewegten Enten: Ursachen sind die weichen, sehr sanften Vertikal-Bewegungen des Aufbaus und extreme Seitenneigungen in Kurven. Doch derartige Eigenschaften durften die Franzosen erst nach Ende des Krieges auskosten, während dessen das Projekt „Petite Voiture“ heimlich, still und leise weiter entwickelt worden war. So stand der kleine Citroën im Oktober 1948 deutlich gereift und in vielen Details verändert auf dem Pariser Automobil-Salon: Stahlblech für die Karosserie hatte das Aluminium ersetzt, ein elektrischer Anlasser erleichterte die Startprozedur, zwei Scheinwerfer gehörten zum Serienstandard. Auch die Preisangabe hatte sich – nicht zuletzt wegen der in Frankreich herrschenden Inflation – markant von der Lastenheft-Vorgabe entfernt, unterschritt das Ende der 40er Jahre preisgünstigste Vollwert-Automobil aus französischer Produktion jedoch dennoch deutlich: 185.000 Francs sollte der Kleine kosten – nur rund zwei Drittel des Preises, der für einen Renault 4 CV zu entrichten war. Für diese Summe pries Citroën auf einem ersten Prospektblatt ein „vraie voiture avec 4 vraies places et 4 portes“ an (ein richtiges Automobil mit vier richtigen Sitzen und vier Türen), zudem ein Automobil, das vier Personen und 50 Kilogramm Gepäck mit bis zu 60 km/h Höchstgeschwindigkeit transportieren könne und dabei nur vier bis fünf Liter Benzin auf 100 Kilometer verbrauche. 9 PS bei 3.500/ min leistete der luftgekühlte, nur 375 cm 3 große Zwei- zylinder der (käuflichen) UrEnte, genug, um den 1912 Meter hohen Mont Ventoux zu erklimmen (wie im Prospektblatt stolz verkündet wurde). Zudem bietet der 2 CV als klassische Cabriolimousine mit Rolldach bei sonnigem Wetter den Genuss der Offenfahrt. Bei den ersten 2-CV-Jahrgängen besteht sogar der Kofferraum-„Deckel“ aus Stoff: Zum Beladen des Heckabteils wird er hochgerollt. Die 2-CV-Auslieferung begann im Sommer 1949 – zunächst jedoch nur an CitroënHändler, die erste Erfahrungen sammeln sollten. Erst im Herbst des Jahres startete der offizielle Verkauf, doch das nicht etwa an jedermann. Wer ein „Petite Voiture“ – Preis nun bereits 228.000 Francs – erwerben wollte, der musste seinen Bedarf nachweisen. Und er verpflichtete sich schriftlich, seine Erfahrungen ausführlich zu dokumentieren. Gut 6.000 Käufer unterwarfen sich im ersten 2-CV-Jahr, 1950, diesem Ritual – sie waren dennoch hoch zufrieden. Der kleine Citroën sollte trotz seines gewöhnungsbedürftigen Äußeren seinen Weg machen, Jahr um Jahr in Details überarbeitet und verbessert, ohne seine typische Silhouette zu opfern – auch das eine Analogie zum Käfer von Volkswagen. Der 2 ZeitHaus CV aus stammt dem aus dem Jahr 1960 und gehört zur 1954 vorgestellten Serie AZ mit nun bereits 12 PS aus 425 3 cm , dem bis Einführung des 3 CV (1966) typischen 2-CV-Hubraum- maß. Damit läuft er bis zu gut 80 km/h schnell – eine Geschwindigkeit, die einem bei zurückgerolltem Stoffdach und hochgeklappten unteren Seitenscheiben-Hälften vorkommt, wie mindestens 120 km/h. Man sitzt außerordentlich bequem in den einfachen Sesselchen, wenngleich das Tuch der Sitze nach einigen 1.000 Kilometer ein wenig durchhängt. Die Krückstockschaltung geht nach kurzer Gewöhnung leicht und präzise: Zum Einlegen des ersten Gangs Knauf nach links drehen und Stange aus der Leerlauf-Mittelstellung herausziehen, zweiter Gang Knauf in Mittelstellung und Stange rein drücken, dritter Gang Stange am Knauf gerade rausziehen, vierter Gang Stange reindrücken und am Knauf nach rechts drücken – schon nach kurzer Zeit gehen diese Handgriffe wie von selbst. Wie jedes Charaktermobil hat auch der 2 CV einen sehr typischen Motorenklang: ein rumpeliges Poltern, untermalt von einer Brise Gebläseheulen, wobei die sehr üppig dimensionierte Schwungmasse des Zweizylinders sowohl den Aufbau der Drehzahl, als auch deren Abbau sehr träge gestaltet. Dafür provoziert diese Schwungmasse nach dem Hochschalten in den unteren Gängen einen kleinen Sprung in Fahrtrichtung – die Ente hüpft. So gerät sie immer wieder zum lustvollen Abenteuer, die Fahrt im 2 CV, eine herrliche Entschleunigung in einer Ära des Rasanten. Das Gemüt der Ente überträgt sich auf den Ententreiber: Man hat plötzlich Zeit, als säße man in einem Straßencafé, irgendwo in Gap, in Villefranche oder auch Limoux. Hersteller: Automobiles Citroën / Baujahr 1960 Meilenstein Citroën 2 CV Warum Meilenstein? André Lefèbvre gelang es mit der Konstruktion seines 2 CV Ende der 1940er Personen Jahre erstmals, vier samt Gepäck höchst komfortabel und mit geringen Kosten zu transportieren – Resultat eines Erfahrungsschatzes, den er beim Flugzeugbauer Voisin gesammelt hatte. Wann entstanden? Öffentlich vorgestellt wurde der 2 CV 1948, in Produktion ging er 1949. In Frankreich entstand er bis 1988, in Portugal gar bis 1992. Wie erfolgreich? In über vier Jahrzehnten Produktionsdauer fand der von seinen Fans „Ente“ getaufte Kleinwagen genau 5.144.966 Neuwagenkäufer. Welche Wirkung? Citroën gelang mit dem 2CV in Frankreich die Volksmotorisierung. In ihren späteren Jahren wurde die „Ente“ zudem zum Synonym für französische Lebensart. Und Renault orientierte sich bei der Entwicklung des R 4 an den Qualitäten des 2 CV. Welche Daten? 3 Zweizylinder-Boxer, Frontantrieb, 425 cm , 9 kW/12 PS, rundum Einzelradaufhängungen mit horizontal angeordneten Schraubenfedern; Höchstgeschwindigkeit: 85 km/h; damaliger Neupreis des ZeitHaus-Exemplars: 3.650 DM. W eitere Informationen finden Sie unter www.autostadt.de oder erhalten Sie direkt beim ZeitHaus-Team unter [email protected] Fotonachweis: Autostadt, bei einigen der abgebildeten Motive handelt es sich um zeitgenössische Dokumente