Abschied vom Pfarramt und Pfarrerberuf

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Abschied vom Pfarramt und Pfarrerberuf
Abschied vom Pfarramt und Pfarrerberuf
„Sie hören doch nicht als Pastor auf.“ Diese Worte habe ich in den letzten Monaten sehr häufig gehört.
„Nein“, habe ich stets gesagt, „als Pastor habe ich ‚lebenslänglich‘ bekommen. Doch meine Arbeit in der
Kirche endet Ende Juni 2012.“
Es sind über neun Jahre geworden, die ich zusammen mit meiner Frau Heike als Auslandspfarrer der EKD in
der Tourismuspfarrstelle an der Costa del Sol tätig bin.
Aufbau und Konsolidierung liegen hinter uns. Die Herausforderung: Es gibt keine Struktur kirchlicher Arbeit,
keine Immobilien, keine Kirche, kein Gemeindehaus, kein Pfarrhaus, keinen Organist, keinen Küster, keine
Reinigungsperson, eine einzige bezahlte Planstelle, dazu müssen 40 Prozent aller Kosten gesponsert
werden.
Eine Stückchen Heimat in der Fremde ist entstanden. Vielen sind Glaubensschritte wichtig geworden. Neben
den äußeren Leuchttürmen an der Küste ist ein innerer gewachsen mit dem Licht von Jesus. „Da kannst du
hin“, sagt man jetzt an der Costa del Sol. „Da findest du Führung im Glauben, Gemeinschaft und Hilfe.“ Das
war das Ziel unserer Arbeit.
Viele Menschen sind durch unsere Gottesdienste und Veranstaltungen gegangen, mehr als 50 Tausend in 9
Jahren. Viele haben auf unsere Homepage geklickt, um Fotos zu sehen und Predigten und Meditationen zu
lesen, im Durchschnitt mehr als 10 Tausend pro Monat. Viele haben für die Arbeit gebetet und umgekehrt
Fürbitte in Anspruch genommen. Wir erlebten viel Mitarbeit. Helfende Hände waren plötzlich da. Doch schon
am nächsten Sonntag konnte alles anders sein. Der Urlaub ist zu Ende. Die Krankheit erzwingt die Abreise.
Die berufliche Zukunft geht in einem anderen Land weiter. Wir haben 14 zentrale Mitarbeitende begleitet und
verabschiedet. Wir haben gelernt: Abschied gehört zur Küste.
Jetzt gehören wir zu denen, die gehen. Am 31.3. in El Morche und am 1.4.2012 in El Angel werden die
Verabschiedungen gefeiert. Bis Juni werde ich noch die Gottesdienste halten. Zum September 2012 wird ein
Nachfolger die Arbeit übernehmen.
Weshalb ich gerne an der Costa del Sol gelebt habe: Ich habe von Herzen Menschen begleitet, die wach
und kompetent ihren Lebensweg gehen. Ich habe Unterstützung und Hilfe von Menschen vor Ort, von
Mitarbeitenden im Pfarramt und von Menschen in der EKD erlebt. Ich habe gerne Wege des Glaubens
aufgezeigt, die zu dem Geheimnis führen, mit dem lebendigen Jesus zu leben. Die Residencia in Almunecar,
die Kirche Santiago El Mayor in El Morche / Torrox-Costa und die Kirche El Angel in Marbella sind schöne
Gottesdienstzentren, zu denen Menschen gerne kommen. Ich habe vieles über spanische Kultur und noch
mehr über Improvisation gelernt. Ich habe nach den lebensbedrohlichen Legionellen noch einmal eine
Lebens- und Arbeitschance erhalten. Der Herr ist jeden Tag mitgegangen. Ohne IHN hätte ich meine Arbeit
unmöglich geschafft.
Als Ehepaar ein Tourismuspfarramt im Ausland zu führen ist ein besonderes Experiment. Die Partnerin – Teil
der ausreisenden Einheit heißt es im Juristendeutsch - ist dabei nicht nur Ehepartner, sondern Freundin,
Mitarbeiterin, Prädikantin, Geschäftsführerin, Redakteurin, Lektorin, Küsterin, Reinigungsfrau, Klofrau,
Empfangsdame, Kindergottesdienstleiterin, Autorin, Gebetspartnerin – die Rollenfülle hört nicht auf. Wie sich
und anderen darin gerecht werden? Vieles hat uns reicher gemacht. Heike hat für diese Aufgabe als
Pfarrfrau ihren Beruf in Deutschland unterbrochen. Ob mitarbeitende Pfarrfrauen ohne Entgelt einmal neben
der Erwähnung im Bischofsbrief eine Würdigung ihrer Tätigkeit zumindest durch die Fortsetzung der
Bezahlung ihrer Sozialbeiträge erleben werden?
Ich werde pensioniert. Gerne habe ich in der Kirche als Pfarrer gearbeitet, um die Berufung Jesu zu leben,
Sein Wort zu sagen. Ich habe versucht, Menschen Wege zu zeigen, Sein Wort selbst zu hören, um so einen
eigenen Glauben zu finden. In fast 40 Jahren Arbeit als Pastor habe ich wohl selbst dabei am meisten
gelernt. Vor allem, dass das Wort von Jesus stimmt: Ohne MICH könnt ihr nichts tun.
Auf uns warten sechs Enkelkindern. Mit den drei Töchtern haben wir in den Auslandsjahren mindestens 14
große Familienfeste aus dem Handkoffer gefeiert: Verlobungen, Hochzeiten, Trauungen, Geburten, Taufen.
Für Heike ist schon seit einigen Monaten die Aufgabe klar: Einsatz als Oma. Dafür haben wir in Dachau eine
Wohnung genommen. Eine unserer Töchter wohnt
mit ihrer Familie in München.
Allen, denen wir an der Costa del Sol begegneten
und denen wir nahe sein konnten, sagen wir:
Danke. Und: Bleibt behütet.
Friedhelm Peters, Pfarrer mit
Heike Peters, Pfarrfrau und Prädikantin
Dt. Ev. Pfarramt Costa del Sol
Mijas-Costa, 31.03.2012
www.evpfa-costadelsol.de