Solino - Niederrheinische IHK Duisburg

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Solino - Niederrheinische IHK Duisburg
Blickpunkt Unternehmen
Industrie-Romantik auf dem Kohleberg
Interview mit Moritz Bleibtreu zur aktuellen Kino-Produktion „Solino“,
die die Geschichte der ersten Pizzeria im Ruhrgebiet erzählt
Der Film „Solino“, der am 7. November
in den deutschen Kinos angelaufen ist, erzählt das Schicksal einer italienischen
Gastarbeiter-Familie, die Anfang der
sechziger Jahre in Duisburg die erste Pizzeria des Ruhrgebiets eröffnet. „Thema
Wirtschaft“ (TW) sprach mit Schauspieler Moritz Bleibtreu über den Film und
sein persönliches Verhältnis zum Revier.
TW: Was verbindet Sie persönlich mit dem
Ruhrgebiet?
Bleibtreu: Als Hamburger hatte ich mit
dem Ruhrpott bislang nicht allzu viel am
Hut. Durch die Dreharbeiten für „Solino“
habe ich zum ersten Mal einen konkreten
Einblick in diese Gegend bekommen. Das
war für mich neu und sehr spannend!
TW: Inwiefern?
Bleibtreu: Bislang kannte ich das Ruhrgebiet nur von Geschichten über Kumpels
und Zechen. Wenn man dann aber erst mal
selbst vor Ort ist und sich klar macht, was
es bedeutet, wenn nur 150 Meter vom
Wohnhaus entfernt ein Schornstein raucht,
ist das schon beeindruckend.
TW: Welchen Eindruck haben Sie während
der Dreharbeiten von der Atmosphäre in
den Duisburger Stadtteilen Bruckhausen
und Hochfeld gewonnen?
Bleibtreu: Der Stadtteil Bruckhausen, in
dem wir vorwiegend gedreht haben, war
schon eine ziemlich traurige Ecke, was sicherlich daran liegt, dass es den Zusammenhalt unter den Leuten, als dort noch
Arbeit war, so nicht mehr gibt. Dadurch ist
der Stadtteil auf dem besten Weg, zu einem
absoluten Ghetto zu werden. Das war
schon ein heißes Pflaster!
TW: Kultiviert der Film „Solino“ bewusst
das Image vom Ruhrgebiet als einer dreckigen und staubigen Montanregion im Stil
der Schimanski-Filme?
Bleibtreu: Nein, im Gegenteil! In vielen
Bildern des Films kommt ein gehöriger
Schuss Industrie-Romantik rüber. Die
Film-Szenen von den kleinen Kindern, die
auf Kohlebergen spielen, sind zum Beispiel
absolut nicht hässlich!
TW: Wie stellen Sie sich ein modernes
Ruhrgebiet vor?
Bleibtreu: Ehrlich gesagt, sehe ich da
schwarz! Wo keine Arbeit ist, wird sich in
Moritz Bleibtreu
Foto: Christian Schoppe
Zukunft auch nichts Positives entwickeln.
Ich kann natürlich nur für den Bereich
Kohle sprechen, der im Film thematisiert
wird. Aber welche Arbeit soll in einem
Stadtteil wie Bruckhausen gemacht werden, als die, die es dort ohnehin schon gegeben hat? Eine moderne Infrastruktur in
solchen Stadtteilen des Ruhrgebiets anzulegen, stelle ich mir schwierig vor! Da sind
Politiker gefragt!
mavo ■
Film ab für Duisburg
In „Solino“ backt Moritz Bleibtreu am Drehort Duisburg große Brötchen
Moritz Bleibtreu backt Pizza. Schauplatz:
Duisburg-Hochfeld – Antonienstraße.
Und das 27 Tage lang. Für „Solino“, einen Film über die erste Pizzeria im Ruhrgebiet. Regisseur Fatih Akin hat für die
schicksalsträchtige Familiengeschichte, in
der übrigens nie eine Pizza zu sehen ist, in
der Rhein-Ruhr-Metropole gedreht. In
Hochfeld, wo Duisburgs schönste Ecken
noch zu entdecken bleiben. Auch in
Bruckhausen auf der Dieselstraße stellte
der Regisseur Akim seine Kamera auf.
Hier fand er original getreue Strassenzüge
mit Fassaden aus den 60er Jahren, die er
als komplett erhaltene Ensembles anderswo vergeblich suchte.
Ob sich der aktuelle Kinofilm für die
Produktionsfirma Wüstefilm finanziell
Regisseur Fatih Akin fand in Duisburg die passende Kulisse für seinen Film „Solino“.
Foto: x-verleih
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Thema Wirtschaft 11/2002
Blickpunkt Unternehmen
für den Standort Duisburg in Heller und
Pfennig auszahlen, fallen ins Feld der Wirtschaftsförderung.
In diesem Sinne hat sich die Stadt inzwischen einen guten Ruf als geeigneter Drehort verschafft. „Solino“ ist nur das jüngste
Beispiel. Regisseur Söhnke Wortmann hat
kürzlich im Wedauer Werfthafen, im
Krupp-Casino Rheinhausen und in einer
Arbeitersiedlung im Duisburger Norden
die geeigneten Drehorte für seinen Kinofilm „Wunder von Bern“ gefunden, der im
kommenden Jahr in den deutschen Kinos
Premiere feiern wird. Die Produktion
„Crazy Race“, eine rasante Komödie, fand
geeignete Schauplätze an der Duisburger
Sechs-Seen-Platte. Duisburg bietet vor allem Kulissen für Action-Filme. Diese Vorteile nutzen auch Fernseh-Regisseure wie
die Macher von „Alarm für Cobra 11“ und
die „Wilden Engel“. Auf der Referenzliste
stehen aber ebenfalls Filme wie „Straight
Shooter“ mit Dennis Hopper, Züli Aladags
„Elefantenherz, die Geschichte eines Boxers“, „Nick Knatterton“ mit Axel Milberg,
„Feuer, Eis und Dosenbier“, die deutsche
Variante von „Dumm und Dümmer“ oder
die Aussiedler-Geschichte „Svetlana“.
Seit vier Jahren arbeitet Susanne Kirches
gemeinsam mit Josip Sosic daran, Duisburg bei der Filmindustrie noch besser in
Szene zu setzen. In Kooperation mit der
Filmstiftung Nordrhein-Westfalen präsentiert sich die Stadt als vielgesichtige Kulisse
für die Film- und Fernseharbeit. In einem
Netzwerk mit 17 weiteren Kommunen bewirbt die Film-Kooperation das Land
NRW als attraktiven Medienstandort. Josip Sosic sieht Duisburg hinter Köln und
Düsseldorf inzwischen an dritter Stelle, was
die Zahl der absolvierten Drehtage angeht.
Auf rund 130 Drehtage brachte es Duisburg im Vorjahr, während Spitzenreiter
Köln auf stolze 280 Drehtage kam.
Duisburgs Vorteile: Die Stadt bietet
geeignete Kulissen von den idyllischen
Rheinauen in Walsum bis zu alten Arbeitersiedlungen. Immer gern passend vor die
Linse genommen: Die Stahlwerkskulissen
im Landschaftspark Nord. Keine Frage, auf
die für Duisburg typischen Locations, die
Industrie-Standorte zeigen, richtet sich die
Kamera besonders gern. Susanne Kirches
macht zugleich deutlich: „Die Stadt muss
mit ihren Besonderheiten wie den großen
Stahlwerkskulissen oder dem Hafen offensiv umgehen.“ Denn Filmleute sehen
Städte mit anderen Augen: „Was wir als
schmuddelig empfinden, erscheint den Location-Scouts als interessant, spannend
und zeigenswert.“
Josip Sosic empfiehlt aber auch andere
Duisburg-Motive als ausschließlich abgetakelte Industriebrachen, die nur die Faszination des Hässlichen im Bild festhalten: Die
Rheinauen in Walsum oder das Niederrhein-Ambiente in Friemersheim und
Binsheim gewinnen zunehmend an Anziehungskraft. „Svetlana“, der zum großen
Teil in Marxloh, aber auch am Rhein gedreht wurde, sei ein ausgesprochen „grüner
Film“ geworden, sagt Sosic.
Darüber hinaus leistet die Stadt unkomplizierte Hilfe bei der Vorbereitung der
Dreharbeiten. Susanne Kirches spricht private Motivgeber an, denn zur Wirtschaftsförderung gehören auch 35 Unternehmen.
Josip Sosic, der Mann aus dem Presseamt,
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Moritz Bleibtreu (l.) spielt im Film „Solino“ in der Rolle des Giancarlo den älteren Sohn eines
Pizzeria-Betreibers.
Foto: x-verleih
lohnt, bleibt abzuwarten. Für Duisburg hat
sich der Streifen bereits jetzt bezahlt gemacht. Etwa 750 000 Euro blieben im vergangenen Jahr bei der Abwicklung der
Dreharbeiten in der Stadt. Film-Produzenten lassen in Duisburg die Kasse klingeln!
Denn Stars brauchen ein Hotel, Autos wollen gemietet werden, und das Catering
muss stimmen. Komparsen sind zu bezahlen. Etwa 5 000 Euro bringt jeder Drehtag
für Duisburg. Macht in der Summe:
135 000 Euro allein durch „Solino“.
Susanne Kirches von der Gesellschaft für
Wirtschaftsförderung kennt diese Bilanzen
wie ihre Westentasche. Sie ist für die Vermarktung der Filmstadt Duisburg zuständig. Gemeinsam mit Josip Sosic vom Presseamt der Stadt Duisburg ist sie geeigneten
Locations auf der Spur und hilft bei der
Vorbereitung der Dreharbeiten. Auch
wenn mit Behörden wegen einer Drehgenehmigung zu sprechen ist, kümmert sie
sich darum. Denn Dreharbeiten, die sich
Blickpunkt Unternehmen
kümmert sich dagegen vorrangig um Genehmigungen und Ortstermine.
Es lohnt sich, die Produktionsfirmen
national und international von den Qualitäten des Drehortes Duisburg zu überzeugen. Für jeden Euro, den die Filmstiftung in ein Projekt investiert, müssen 1,50
Euro im Bundesland NRW ausgegeben
werden. So stärkt die Filmförderung einen
wachsenden Wirtschaftszweig: Zulieferer
wie etwa Beleuchter oder Equipment-Verleiher haben somit im Windschatten des
Filmbooms gute Perspektiven. Susanne
Kirches rechnet vor: „Duisburg braucht
etwa zwei Großproduktionen pro Jahr, damit auch solche Branchen, die indirekt
von der Filmwirtschaft profitieren, mitwachsen können.“ Also dann: Film ab für
Duisburg!
Hermann Kewitz ■
Immer gern passend vor die Linse genommen: Die Stahlwerkskulissen im Landschaftspark
Nord.
Foto: GfW Duisburg
Weltpremiere bei ThyssenKrupp Steel
Erstes Magnesiumvorband über Gießwalzen erzeugt
„Wir sind auf dem besten Weg, Magnesium-Bleche mit marktfähigen Kosten
zu produzieren“, bilanziert Dr. Ulrich
Jaroni, Vorstand Technik und verantwortlich für Forschung und Entwicklung der ThyssenKrupp Stahl AG. Das
Duisburger Unternehmen hält führende
Weltmarktpositionen bei Qualitätsflachstahl und in der Verarbeitungstechnologie für den Fahrzeugleichtbau.
Eine Diversifikation der vorhandenen
Kompetenz in technische Bereiche, die
durch Stahl nicht abgedeckt werden können, bietet Magnesium als leichtester metallischer Konstruktionswerkstoff überhaupt.
Um seine Einsatzmöglichkeiten technologisch und ökonomisch zu optimieren, hat ThyssenKrupp Stahl Mitte 2001
die MgF Magnesium Flachprodukte
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Thema Wirtschaft 11/2002
GmbH mit Sitz in Freiberg/Sachsen gegründet. Einen Schwerpunkt der MgFTätigkeit bildet die Entwicklung der
Gießwalztechnik für Magnesium-Bandbleche.
Mit dieser innovativen Fertigungstechnologie sollen Blecherzeugnisse aus Magnesium zu wettbewerbsfähigen Preisen
für großtechnische Anwendungen angeboten werden.
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