The Commonwealth of Oceana (1656) James Harrington

Transcription

The Commonwealth of Oceana (1656) James Harrington
The Commonwealth of Oceana (1656)
James Harrington
(Originalsprache: Englisch)
The Preliminaries showing the principles of 1. Die Präliminarien, in denen die Prinzipien
Government
der politischen Ordnung aufgezeigt wurden
[…] For, as whatever was passion in the contemplation of a man, being brought forth by his will
into action, is vice and the bondage of sin; so
whatever was reason in the contemplation of a
man, being brought forth by his will into action,
is virtue and the freedom of soul.
(1) [...] Denn was an Leidenschaft in der Kontemplation eines Menschen war, erzeugt, wenn es
durch den Willen zur Aktion wird, Laster und
Hörigkeit der Sünde; was aber an Vernunft in der
Kontemplation eines Menschen war, erzeugt,
wenn es durch den Willen zur Aktion wird, Tugend und Freiheit der Seele.
Again, as those actions of a man that were sin
acquire to himself repentance or shame, and affect others with scorn or pity, so those actions of
a man that are virtue acquire to himself honor,
and upon others authority.
(2) Und wie jene Handlungen eines Menschen,
die Sünde waren, ihn mit Reue oder Scham erfüllen und in anderen Verachtung oder Mitleid erwecken, so bringen solche Handlungen eines
Menschen, die Tugend sind, ihm selbst Ehre und
Autorität bei anderen ein.
Now government is no other than the soul of a
nation or city: wherefore that which was reason
in the debate of a commonwealth being brought
forth by the result, must be virtue; and forasmuch
as the soul of a city or nation is the sovereign
power, her virtue must be law. But the government whose law is virtue, and whose virtue is
law, is the same whose empire is authority, and
whose authority is empire.
(3) Die politische Ordnung ist aber nichts anderes
als die Seele einer Nation oder Stadt: deshalb
muss das, was als Vernunft in der Debatte des
Commonwealth wirkte, sich in einen Beschluss
übersetzt als Tugend erweisen; und insofern die
Seele einer Nation oder Stadt die souveräne
Macht ist, muss deren Tugend Gesetz sein. Und
die politische Ordnung, deren Gesetz Tugend und
deren Tugend Gesetz ist, ist zugleich jene, in der
die Herrschaft auf Autorität gründet und in der
die Autorität herrscht.
Again, if the liberty of a man consists in the empire of his reason, the absence whereof would
betray him to the bondage of his passions, then
the liberty of a commonwealth consists in the
empire of her laws, the absence whereof would
betray her to the lust of tyrants. And these I conceive to be the principles upon which Aristotle
and Livy (injuriously accused by Leviathan for
not writing out of nature) have grounded their
assertion, "that a commonwealth is an empire of
laws and not of men." But they must not carry it
so. "For," says he, "the liberty whereof there is so
frequent and honorable mention in the histories
and philosophy of the ancient Greeks and Romans, and the writings and discourses of those
that from them have received all their learning in
the politics, is not the liberty of particular men,
but the liberty of the commonwealth." He might
as well have said that the estates of particular
men in a commonwealth are not the riches of
particular men, but the riches of the commonwealth; for equality of estates causes equality of
power, and equality of power is the liberty, not
(4) Wenn also die Freiheit eines Menschen in der
Herrschaft seiner Vernunft besteht und wenn
deren Fehlen ihn zum Knecht seiner Leidenschaften machen würde, so besteht die Freiheit eines
Commonwealth in der Herrschaft seiner Gesetze
und deren Fehlen würde es den Begierden der
Tyrannen ausliefern. Und dies halte ich für die
Prinzipien, mit denen Aristoteles und Livius (denen Leviathan ungerechterweise zur Last legt, sie
seien nicht der Natur gefolgt) ihre Feststellung
begründeten, dass in einem Commonwealth die
Gesetze und nicht die Menschen herrschen. Aber
sie hätten es nicht so vortragen sollen; denn, so
sagt jener: „die Freiheit, die in der Geschichtsschreibung und der Philosophie der alten
Griechen und Römer so häufig und ehrerbietig
erwähnt wird, und in den Schriften und Reden
derer gepriesen wird, die aus diesen Quellen ihr
ganzes politisches Wissen geschöpft haben, ist
nicht die Freiheit von Einzelnen, sondern die
Freiheit des Commonwealth.“ Er hätte ebenso
gut sagen können, dass die Besitztümer einzelner
Menschen in einem Commonwealth nicht die
1
only of the commonwealth, but of every man.
Reichtümer einzelner sind, sondern die Reichtümer des Commonwealth; denn aus der Gleichheit
des Besitzes folgt die Gleichheit der Macht, und
Machtgleichheit ist nicht nur die Freiheit des
Commonwealth, sondern die jedes einzelnen.
But sure a man would never be thus irreverent
with the greatest authors, and positive against all
antiquity without some certain demonstration of
truth -- and what is it? Why, "there is written on
the turrets of the city of Lucca in great characters
at this day the word LIBERTAS; yet no man can
thence infer that a particular man has more liberty or immunity from the service of the commonwealth there than in Constantinople. Whether
a commonwealth be monarchical or popular the
freedom is the same." The mountain has brought
forth, and we have a little equivocation! For to
say that a Lucchese has no more liberty or immunity from the laws of Lucca than a Turk has
from those of Constantinople; and to say that a
Lucchese has no more liberty or immunity by the
laws of Lucca, than a Turk has by those of Constantinople, are pretty different speeches. The
first may be said of all governments alike; the
second scarce of any two; much less of these,
seeing it is known that, whereas the greatest Bashaw is a tenant, as well of his head as of his
estate, at the will of his lord, the meanest Lucchese that has land is a freeholder of both, and
not to be controlled but by the law, and that
framed by every private man to no other end (or
they may thank themselves) than to protect the
liberty of every private man, which by that means
comes to be the liberty of the commonwealth.
(5) Aber sicherlich wird doch niemand so ehrfurchtslos mit den grössten Autoren umspringen
und so entschieden die Lehren des Altertums
ablehnen, ohne irgendwie den Wahrheitsbeweis
für seine Behauptung antreten zu können? Und
worin besteht dieser? Nun – „auf den Türmen der
Stadt Lucca steht bis auf diesen Tag in grossen
Lettern das Wort LIBERTAS geschrieben, doch
kann niemand daraus folgern, ein einzelner besitze dort mehr Freiheit oder Immunität von Verpflichtungen für das Commonwealth als in Konstantinopel. Ob ein Commonwealth monarchisch
oder popular ist, die Freiheit bleibt dieselbe“.
[Hobbes, Leviathan II, 21.] Der Berg hat geboren, und wir haben eine kleine Doppeldeutigkeit!
Denn zu behaupten, dass ein Luccaner nicht mehr
Freiheit oder Immunität von den Gesetzen Luccas besitzt als ein Türke von denen Konstantinopels, und andererseits zu behaupten, dass ein
Luccaner nicht mehr Freiheit und Immunität
durch die Gesetze in Lucca erhält als ein Türke
durch jene in Konstantinopel, sind zwei recht
verschiedene Aussagen. Das erste kann gleichermassen von jedem Regime gesagt werden,
das zweite hingegen kaum in gleicher Weise von
zweien, und am wenigsten von den beiden genannten. Weiss man doch, dass der grösste Pascha seinen Besitz wie auch seinen Kopf nur
gepachtet hat nach dem Willen seines Herrn,
während der einfachste landbesitzende Luccaner
Freisasse in bezug auf beide ist und nicht unter
der Herrschaft irgendeines Menschen steht, sondern nur unter der des Gesetzes; und dieses wird
von jedem Privatmann zu dem einen Zweck entworfen, die Freiheit eines jeden Privatmannes zu
schützen, die auf diese Weise zur Freiheit des
Commonwealth wird.
But seeing they that make the laws in commonwealths are but men, the main question seems to
be, how a commonwealth comes to be an empire
of laws, and not of men? or how the debate or
result of a commonwealth is so sure to be according to reason; seeing they who debate, and they
who resolve, be but men? "And as often as reason is against a man, so often will a man be
against reason."
(6) Bedenkt man jedoch, dass diejenigen, die die
Gesetze in einem Commonwealth machen, nur
Menschen sind, so scheint die wichtigste Frage
die folgende zu sein: wie kommt es dann dazu,
dass in einem Commonwealth die Gesetze herrschen und nicht die Menschen? Oder warum ist
es denn so sicher, dass in einem Commonwealth
Debatte und Beschluss der Vernunft entsprechen,
wenn doch jene, die debattieren und beschliessen,
nur Menschen sind? „Widerstrebt doch die Vernunft so oft einem Menschen, als ein Mensch der
Vernunft widerstrebt“ [Hobbes, Works III, 91
und IV, Dedication].
2
This is thought to be a shrewd saying, but will do
no harm; for be it so that reason is nothing but
interest, there be divers interests, and so divers
reasons.
(7) Diese Feststellung gilt als sehr scharfsinnig,
aber das soll uns nichts anhaben. Denn wenn es
sich so verhält, dass Vernunft nichts anderes als
Interesse ist, so gibt es verschiedene Arten von
Vernunft, denn es gibt vielerlei Interessen.
As first, there is private reason, which is the in- (8) So gibt es also, erstens, die private Vernunft;
terest of a private man.
sie entspricht dem Interesse des Privatmannes.
Secondly, there is reason of state, which is the
interest (or error, as was said by Solomon) of the
ruler or rulers, that is to say, of the prince, of the
nobility, or of the people.
(9) Zweitens gibt es die Vernunft des Staates; sie
entspricht dem Interesse (oder dem Irrtum, wie
Salomon gesagt hat) des Herrschers oder der
Herrscher, d. h. des Fürsten oder der Aristokratie
oder des Volkes.
Thirdly there is that reason, which is the interest
of mankind, or of the whole. "Now if we see
even in those natural agents that want sense, that
as in themselves they have a law which directs
them in the means whereby they tend to their
own perfection, so likewise that another law there
is, which touches them as they are sociable parts
united into one body, a law which binds them
each to serve to others' good, and all to prefer the
good of the whole, before whatsoever their own
particular; as when stones, or heavy things, forsake their ordinary wont or centre, and fly upward, as if they heard themselves commanded to
let go the good they privately wish, and to relieve
the present distress of nature in common." There
is a common right, law of nature, or interest of
the whole, which is more excellent, and so acknowledged to be by the agents themselves, than
the right or interest of the parts only. "Wherefore,
though it may be truly said that the creatures are
naturally carried forth to their proper utility or
profit, that ought not to be taken in too general a
sense; seeing divers of them abstain from their
own profit, either in regard of those of the same
kind, or at least of their young."
(10) Drittens gibt es die Vernunft, die dem Interesse der Menschheit oder des Ganzen entspricht.
„Denn wir beobachten sogar bei jenen natürlichen Körpern, denen Sinne fehlen, dass sie nicht
nur ein Gesetz in sich tragen, das sie hinsichtlich
der Mittel leitet, die ihrer eigenen Vervollkommnung dienen, sondern dass sie zugleich einem
anderen Gesetz unterliegen, das sie insofern berührt, als sie gesellige Teile eines Ganzen sind;
und dieses Gesetz verpflichtet jedes von ihnen
dem Gut der anderen zu dienen, und alle stellen
das Gut des Ganzen über ihr eigenes partikulares
Gut, wie auch dies immer beschaffen sei –
gleichsam als wenn Steine oder schwere Körper
ihrer üblichen Gewohnheit, d. h. ihrem Gravitationszentrum, entsagen wollten und in die Höhe
fliegen würden, so als gäbe es einen Befehl, jenes
Gut, das sie privat wünschen, fahren zu lassen,
und so gemeinsam die Natur von ihrem augenblicklichen Elend zu erlösen.“ [Hooker, Ecclesiastical Policy I, 3, 5.] Es gibt ein gemeinsames Recht, ein Gesetz der Natur, oder Interesse
des Ganzen, das ranghöher ist als das Recht oder
das Interesse nur der Teile und das auch von den
Körpern selbst als ranghöher anerkannt wird.
„Obwohl man also wahrheitsgemäss sagen darf,
dass die Geschöpfe von Natur aus zu ihrem eigenen Nutzen oder Vorteil hingeleitet werden, so
darf man dies doch nicht zu allgemein auffassen;
denn einige von ihnen lassen den eigenen Vorteil
ausser acht, entweder zugunsten ihrer Artgenossen oder zumindest zugunsten ihrer Jungen.“
[Grotius, De jure belli ac pacis, Prolegomena.]
Mankind then must either be less just than the
creature, or acknowledge also his common interest to be common right. And if reason be nothing
else but interest, and the interest of mankind be
the right interest, then the reason of mankind
must be right reason. Now compute well; for if
the interest of popular government come the
nearest to the interest of mankind, then the reason
of popular government must come the nearest to
(11) Die Menschheit muss folglich entweder
weniger gerecht sein als die Kreatur oder gleichfalls ihr gemeinsames Interesse als gemeinsames
Recht anerkennen. Und wenn Vernunft nichts
anderes ist als Interesse und das Interesse der
Menschheit das richtige Interesse sein soll, dann
muss die Vernunft der Menschheit die richtige
Vernunft sein. Nun rechne man also gut zusammen, was wir gesagt haben, denn wenn das Inte-
3
right reason. […]
resse eines popularen Regimes dem Interesse der
Menschheit am nächsten kommt, dann muss die
Vernunft eines popularen Regimes der richtigen
Vernunft am nächsten kommen. [...] (S. 67–70)
The proceeding of the Commonwealths of Switzerland and Holland is of a like nature, though
after a more obscure manner; for the sovereignties, whether cantons, provinces, or cities, which
are the people, send their deputies, commissioned
and instructed by themselves (wherein they reserve the result in their own power), to the provincial or general convention, or Senate, where
the deputies debate, but have no other power of
result than what was conferred upon them by the
people, or is further conferred by the same upon
further occasion. And for the executive part they
have magistrates or judges in every canton, province, or city, besides those which are more public, and relate to the league, as for adjusting controversies between one canton, province, or city
and another, or the like between such persons as
are not of the same canton, province, or city. […]
(12) [Harrington diskutiert die Stellung und die
Aufgaben des Senats in verschiedenen politischen Ordnungen:] Das Verfahren in der Schweiz
und auch in Holland ist ähnlich, wenn auch nicht
so eindeutig: denn die Träger der Souveränität –
ob nun Kantone, Provinzen oder Städte, welche
das Volk ausmachen – schicken ihre Abgeordneten, von ihnen bevollmächtigt und instruiert (wodurch sie sich die Beschlussfassung vorbehalten),
in die provinziale oder allgemeine Versammlung,
oder den Senat, wo die Abgeordneten diskutieren
und keine andere Befugnis zur Beschlussfassung
haben als welche ihnen vom Volk übertragen
worden ist oder ihnen bei weiterer Gelegenheit
übertragen wird. Als Exekutive haben sie in jedem Kanton, jeder Provinz oder Stadt, Magistrate
und Richter; ausserdem aber solche auf höherer
Ebene, die mit dem Bund zu tun haben und für
Streitigkeiten der Kantone, Provinzen und Städte
untereinander zuständig sind oder für solche zwischen Personen, die nicht demselben Kanton,
derselben Provinz oder Stadt angehören. (S. 79)
[...]
The first, that the perfection of government lies
upon such a libration in the frame of it, that no
man or men in or under it can have the interest,
or, having the interest, can have the power to
disturb it with sedition.
(13) Erstens: die Vollkommenheit politischer
Ordnung liegt darin, dass sie in ihrem Aufbau so
im Gleichgewicht gehalten wird, dass niemand in
oder unter ihr das Interesse haben kann – oder
wenn er das Interesse hat, nicht über die nötige
Macht verfügen kann –, sie durch Aufruhr zu
stören.
The second, that monarchy, reaching the perfection of the kind, reaches not to the perfection of
government, but must have some dangerous flaw
in it.
(14) Zweitens: Wenn die Monarchie ihre Art der
Vollkommenheit erreicht, so erreicht sie doch
nicht die Vollkommenheit der politischen Ordnung schlechthin, sondern birgt immer noch eine
gefährliche Fehlerquelle in sich.
The third, that popular government, reaching the (15) Drittens: Wenn das populare Regime seine
perfection of the kind, reaches the perfection of Art der Vollkommenheit erreicht, so erreicht es
government, and has no flaw in it.
die Vollkommenheit aller politischen Ordnung
und enthält keine Fehlerquelle mehr.
The first assertion requires no proof.
(16) Die erste Überlegung bedarf keines Beweises.
For the proof of the second, monarchy, as has
been shown, is of two kinds: the one by arms, the
other by a nobility and there is no other kind in
art or nature; for if there have been anciently
some governments called kingdoms, as one of the
Goths in Spain, and another of the Vandals in
Africa, where the King ruled without a nobility
and by a council of the people only it is expressly
(17) Zum Beweis der zweiten: Monarchie existiert, wie gezeigt worden ist, auf zweierlei Art;
einmal durch Waffengewalt, zum anderen durch
eine Nobilität. Eine andere, ob künstlich oder
natürlich, gibt es nicht. Denn wenn es auch ehemals einige Regime gegeben hat, die sich Königtum nannten, wie das der Goten in Spanien oder
das der Vandalen in Afrika, wo der König ohne
4
said by the authors that mention them that the,
kings were but the captains, and that the people
not only gave them laws, but deposed them as
often as they pleased. Nor is it possible in reason
that it should be otherwise in like cases; wherefore these were either no monarchies, or had
greater flaws in them than any other.
eine Nobilität und nur mit einem Rat des Volkes
regierte, so wird dazu von den Schriftstellern, die
sie erwähnen, ausdrücklich vermerkt, dass die
Könige nur die Anführer waren und dass das
Volk ihnen nicht nur Gesetze gab, sondern sie
auch so oft absetzte als es ihm beliebte. Noch ist
es vernünftigerweise möglich, dass es in ähnlichen Fällen anders sein sollte. Darum waren jene
also entweder keine Monarchien oder sie enthielten grössere Mängel als jede andere Monarchie.
But for a monarchy by arms, as that of the Turk
(which, of all models that ever were, comes up to
the perfection of the kind), it is not in the wit or
power of man to cure it of this dangerous flaw,
that the Janizaries have frequent interest and perpetual power to raise sedition, and to tear the
magistrate, even the prince himself, in pieces.
Therefore the monarchy of Turkey is no perfect
government.
(18) Was aber eine Monarchie durch Waffengewalt angeht, wie die der Türken (welche von
allen Beispielen, die es je gegeben hat, der spezifischen Art ihrer Vollkommenheit an nächsten
kommt), so liegt es in keines Menschen Macht
oder Verstand, sie von folgendem gefährlichen
Mangel zu heilen: die Janitscharen haben nämlich sehr oft das Interesse daran und ständig die
Macht dazu, Aufruhr anzuzetteln und den Magistrat, ja sogar den Fürsten selbst, in Stücke zu
reissen. Deshalb ist die Monarchie der Türken
keine vollkommene politische Ordnung.
And for a monarchy by nobility, as of late in
Oceana (which of all other models, before the
declination of it, came up to the perfection in that
kind), it was not in the power or wit of man to
cure it of that dangerous flaw; that the nobility
had frequent interest and perpetual power by
their retainers and tenants to raise sedition; and
(whereas the Janizaries occasion this kind of
calamity no sooner than they make an end of it)
to levy a lasting war, to the vast effusion of
blood, and that even upon occasions wherein the
people, but for their dependence upon their lords,
had no concernment, as in the feud of the Red
and White. The like has been frequent in Spain,
France, Germany, and other monarchies of this
kind; wherefore monarchy by a nobility is no
perfect government.
(19) Und was die Monarchie durch eine Nobilität
angeht, wie seinerzeit in Oceana (die von ihrem
Niedergang ebenfalls von allen Beispielen dieser
Art der spezifischen Vollkommenheit am nächsten kam), so lag es in keines Menschen Macht
oder Verstand, sie von ihrem gefährlichen Mangel zu heilen: die Nobilität hatte nämlich häufig
das Interesse daran und ständig die Macht dazu,
mit Hilfe ihrer Lehensleute und Pächter Aufruhr
zu stiften und (im Gegensatz zu den Janitscharen,
die einen solchen Umsturz auch sehr bald zu
Ende führen) einen langdauernden Krieg zu führen und ein grosses Blutbad zu veranstalten – und
das sogar wegen Angelegenheiten, an denen das
Volk keinen Anteil hatte ausser aufgrund seiner
Abhängigkeit von seinen Lehnsherren, wie zum
Beispiel in der Fehde zwischen der Roten und
Weissen Rose. Ähnliches hat sich auch häufig in
Spanien, Frankreich, Deutschland und anderen
Monarchien dieser Art zugetragen; deshalb ist die
Monarchie durch eine Nobilität keine vollkommene politische Ordnung.
For the proof of the third assertion: Leviathan
yields it to me, that there is no other commonwealth but monarchical or popular; wherefore if
no monarchy be a perfect government, then either
there is no perfect government, or it must be
popular, for which kind of constitution I have
something more to say than Leviathan has said or
ever will be able to say for monarchy. As,
(20) Zum Beweis der dritten Überlegung: Leviathan gibt zu, dass ein Commonwealth nur monarchisch oder popular sein kann. Wenn also keine
Monarchie eine vollkommene politische Ordnung
sein kann, so gibt es folglich entweder gar keine
vollkommene politische Ordnung oder diese
muss popular sein. Über diese Art der Verfassung
habe ich nun noch einiges mehr zu sagen, als
Leviathan gesagt hat oder jemals für die Monar-
5
chie wird vorbringen können, nämlich:
First, that it is the government that was never
conquered by any monarch, from the beginning
of the world to this day, for if the commonwealths of Greece came under the yoke of the
Kings of Macedon, they were first broken by
themselves.
(21) Es ist das Regime, das vom Anfang der Welt
bis zum heutigen Tage niemals von einem Monarchen erobert worden ist: denn als die griechischen Gemeinwesen unter das Joch der Könige
von Mazedonien kamen, waren sie schon vorher
in sich zusammengebrochen.
Secondly, that it is the government that has fre- (22) Es ist das Regime, das des öfteren über
quently led mighty monarchs in triumph.
mächtige Monarchen triumphiert hat.
Thirdly, that it is the government, which, if it has
been seditious, it has not been so from any imperfection in the kind, but in the particular constitution; which, wherever the like has happened,
must have been unequal.
(23) Wenn es in diesem Regime zu Aufständen
kam, so lag das nicht an irgendeiner möglichen
Unvollkommenheit dieser Art von Regime, sondern an der jeweiligen Verfassung, die, wo immer sich dergleichen ereignete, nicht ausgeglichen gewesen sein muss.
Fourthly, that it is the government, which, if it
has been anything near equal, was never seditious; or let him show me what sedition has happened in Lacedaemon or Venice.
(24) Es ist in diesem Regime, wenn ungefähr
Gleichheit in ihm herrschte, niemals zu Aufständen gekommen; es zeige mir einer einen Aufstand in Lakedämonien oder Venedig!
Fifthly, that it is the government, which, attaining
to perfect equality, has such a libration in the
frame of it, that no man living can show which
way any man or men, in or under it, can contract
any such interest or power as should be able to
disturb the commonwealth with sedition, wherefore an equal commonwealth is that only which is
without flaw and contains in it the full perfection
of government. […]
(25) Es ist das Regime, das, wenn es vollkommene Gleichheit erreicht, in seinem Aufbau so im
Gleichgewicht gehalten wird, dass niemand in
oder unter ihm das Interesse oder die Macht entwickeln kann, das Commonwealth durch einen
Aufstand durcheinander zu bringen; darum ist ein
durch Gleichheit ausgezeichnetes Commonwealth das einzige, welches keinen Fehler hat
und welches die vollkommene politische Ordnung ermöglicht. [...] (S. 80–82)
Equal rotation is equal vicissitude in government,
or succession to magistracy conferred for such
convenient terms, enjoying equal vacations, as
take in the whole body by parts, succeeding others, through the free election or suffrage of the
people.
(26) Gleiche Rotation der Ämter heisst gleicher
Wechsel beim Regieren, also in der Sukzession
zum Magistrat, und zwar in einem angemessenen
Zeitabstand, der es erlaubt, nacheinander alle
Teile des Volkes einzubeziehen, bei gleicher
Karenzzeit für alle; und ein Teil wird vom anderen durch freie Wahlen oder Abstimmung des
Volkes abgelöst.
The contrary, whereunto is prolongation of magistracy, which, trashing the wheel of rotation,
destroys the life or natural motion of a commonwealth.
(27) Das Gegenteil hierzu ist die Prolongierung
des Magistrats, welche das Rad der Rotation
zerschlägt und die natürliche Bewegung eines
Commonwealth zerstört.
The election or suffrage of the people is most
free, where it is made or given in such a manner
that it can neither oblige nor disoblige another,
nor through fear of an enemy, or bashfulness
toward a friend, impair a man's liberty.
(28) Die Wahl oder Abstimmung durch das Volk
ist dann am freiesten, wenn sie in solcher Weise
verläuft, dass man dadurch keine Verpflichtung
eingeht (qui beneficium accepit libertatem vendidit [Cicero, De officiis II, 20]) noch eine Verpflichtung aufkündigt, noch dass jemand durch
Furcht vor einem Feind oder Zurückhaltung gegenüber einem Freund in seiner Freiheit eingeschränkt wird.
Wherefore, says Cicero, the tablet or ballot of the (29) Deshalb, sagt Cicero grata populo est tabella
people of Rome (who gave their votes by throw- quae frontes aperit hominum, mentes tegit, dat-
6
ing tablets or little pieces of wood secretly into
urns marked for the negative or affirmative) was
a welcome constitution to the people, as that
which, not impairing the assurance of their
brows, increased the freedom of their judgment. I
have not stood upon a more particular description
of this ballot, because that of Venice exemplified
in the model is of all others the most perfect.
que eam libertatem ut quod velint faciant [Cicero,
De plancio IV, 16], waren die Schrifttäfelchen
(oder Ballot des römischen Volkes, das seine
Stimme abgab, indem es Täfelchen d. h. kleine
Holzstückchen, geheim in Urnen warf, die entsprechend nach Zustimmung oder Ablehnung
gekennzeichnet waren) dem Volk eine willkommene Einrichtung, indem dadurch die Kundgebung seiner Meinung nicht behindert und die
Urteilsfreiheit vergrössert wurde. Ich halte mich
nicht mit einer detaillierteren Beschreibung dieser Art der Abstimmung auf, da diejenige Venedigs, die im Modell dargelegt wird, von allen die
vollkommenste ist.
An equal commonwealth (by that which has been
said) is a government established upon an equal
agrarian, arising into the superstructures or three
orders, the Senate debating and proposing, the
people resolving, and the magistracy executing,
by an equal rotation through the suffrage of the
people given by the ballot. For though rotation
may be without the ballot, and the ballot without
rotation, yet the ballot not only as to the ensuing
model includes both, but is by far the most equal
way; for which cause under the name of the ballot I shall hereafter understand both that and rotation too. […]
(30) Demzufolge ist also ein gleiches Commonwealth ein auf ein gleiches Bodengesetz gegründetes Regime mit drei darüber errichteten Organen, dem Senat, der diskutiert und vorschlägt,
dem Volk, das die Beschlüsse fasst, und dem
Magistrat, der sie ausführt, wobei ein gleichmässiger Amtswechsel aufgrund geheimer Wahl
des Volkes stattfindet. Denn obwohl es Amtswechsel ohne geheime Wahl und geheime Wahl
ohne Amtswechsel geben kann, so schliesst die
geheime Wahl nicht nur – wie im folgenden Modell – beides ein, sondern garantiert auch am
besten die Gleichheit: aus diesem Grund werde
ich fortan unter geheimer Wahl beides verstehen.
[...] (S. 84)
The two first orders, that is to say, the Senate and
the people, are legislative, whereunto answers
that part of this science which by politicians is
entitled "of laws;" and the third order is executive, to which answers that part of the same science which is styled "of the frame and course of
courts or judicatories." A word to each of these
will be necessary.
(31) Die beiden ersten Einrichtungen, d. h. also
der Senat und das Volk, bilden die Legislative,
und dieser korrespondiert jener Teil dieser Wissenschaft, welcher von Politikern mit De Legibus, oder von den Gesetzen, überschrieben wird;
die dritte Einrichtung ist die Exekutive, ihr korrespondiert jener Teil derselben Wissenschaft,
der De Iudiciis genannt wird, oder von dem Aufbau und Verfahren der Gerichtshöfe oder Judikatur. Ein Wort über diese beiden wird hier notwendig sein.
And first for laws: they are either ecclesiastical or (32) Zuerst zu den Gesetzen: sie sind entweder
civil, such as concern religion or government.
kirchlich oder zivil, insofern sie die Religion oder
die politische Ordnung betreffen.
Laws, ecclesiastical, or such as concern religion,
according to the universal course of ancient prudence, are in the power of the magistrate; but,
according to the common practice of modern
prudence, since the papacy, torn out of his hands.
(33) Kirchliche Gesetze fallen, entsprechend dem
allgemeinen Verfahren antiker Klugheit, in den
Machtbereich des Magistrats; seit der Existenz
des Papsttums ist ihm diese Kompetenz der üblichen Praxis der modernen Klugheit zufolge entrissen worden.
But, as a government pretending to liberty, and
yet suppressing liberty of conscience (which,
because religion not according to a man's conscience can to him be none at all, is the main)
(34) Ebenso wie jedoch ein Regime einen Widerspruch enthält, wenn es angeblich die Freiheit
garantiert, aber die Gewissensfreiheit unterdrückt, die die wichtigste ist (denn die Religion,
7
must be a contradiction, so a man that, pleading die jemand nicht nach seinem Gewissen ausüben
for the liberty of private conscience, refuses lib- kann, ist für ihn überhaupt keine) so ist es auch
erty to the national conscience, must be absurd.
absurd, wenn jemand für die private Gewissensfreiheit plädiert, dem nationalen Gewissen aber
die Freiheit verwehrt.
A commonwealth is nothing else but the national
conscience. And if the conviction of a man's private conscience produces his private religion, the
conviction of the national conscience must produce a national religion. […]
(35) Ein Commonwealth ist nichts anderes als
das nationale Gewissen. Und wenn die Überzeugung des privaten Gewissens eines Menschen
seine private Religion hervorbringt, so muss die
Überzeugung des nationalen Gewissens eine
nationale Religion hervorbringen. [...]
To come to civil laws. If they stand one way and
the balance another, it is the case of a government which of necessity must be new modelled;
wherefore your lawyers, advising you upon the
like occasions to fit your government to their
laws, are no more to be regarded than your tailor
if he should desire you to fit your body to his
doublet. There is also danger in the plausible
pretence of reforming the law, except the government be first good, in which case it is a good
tree, and (trouble not yourselves overmuch)
brings not forth evil fruit; otherwise, if the tree be
evil, you can never reform the fruit, or if a root
that is naught bring forth fruit of this kind that
seems to be good, take the more heed, for it is the
ranker poison. It was nowise probable, if Augustus had not made excellent laws, that the bowels
of Rome could have come to be so miserably
eaten out by the tyranny of Tiberius and his successors. The best rule as to your laws in general
is that they be few. Rome, by the testimony of
Cicero, Was best governed under those of the
twelve tables; and by that of Tacitus, Plurimoe
leges, corruptissima respublica. You will be told
that where the laws be few they leave much to
arbitrary power.; but where they be many, they
leave more, the laws in this case, according to
Justinian and the best lawyers, being as litigious
as the suitors. Solon made few, Lycurgus fewer,
laws; and commonwealths have the fewest at this
day of all other governments.
(36) Ich komme nun zu den zivilen Gesetzen:
Wenn diese nicht mit dem Gleichgewicht übereinstimmen, so haben wir den Fall einer politischen Ordnung, die neu gestaltet werden muss.
Wenn euch aber die Rechtsgelehrten bei solchem
Anlass raten, das Regime den Gesetzen anzupassen, so soll man ihnen nicht mehr Beachtung
schenken als seinem Schneider, wenn er verlangen würde, man solle seine Figur dem Wams
anpassen. Auch liegt eine gewisse Gefahr in dem
scheinbar einleuchtenden Vorschlag, die Gesetze
zu reformieren, es sei denn, das Regime ist auf
alle Fälle gut, denn dann ist es wie ein guter
Baum, der (man mache sich darüber nicht zu
viele Sorgen) keine schlechten Früchte tragen
wird. Ist aber der Baum schlecht, so kann man
nicht hoffen, die Früchte zu verbessern; oder
aber, wenn etwas, das in seiner Wurzel nichts
taugt, Früchte von gutem Anschein hervorbringt
– so nehme man sich um so mehr in acht, denn
dann handelt es sich um ein noch schlimmeres
Gift. Hätte Augustus nicht so vorzüglich geeignete Gesetze gemacht, so wäre Rom wahrscheinlich nicht der Tyrannei des Tiberius und
seiner Nachfolger anheimgefallen und schmählich zugrunde gegangen. Man beginne mit der
Reform der politischen Ordnung durch die Gesetze, aber zuerst beginne man mit der Reform
der Gesetze durch die Regierung. Die beste
Grundregel für Gesetze ist ganz allgemein, dass
es wenige seien. Rom wurde – nach der Aussage
Ciceros – zur Zeit der Zwölf Gesetzestafeln am
besten regiert (und auch Tacitus sagt: Plurimae
leges, corruptissima respublica) [Cicero, De legibus II, 7–10, Tacitus, Annales III, 27]. Man hört
oft die Meinung, dass, wo es nur wenige Gesetze
gibt, viel der Willkür überlassen bleibt; wo es
jedoch viele gibt, da bleibt ihr noch vielmehr
überlassen; in diesem Fall sind nämlich die Gesetze – wie Justinian und die besten Rechtsgelehrten bemerken – genauso streitsüchtig wie die
Kläger. Solon machte wenige, Lykurg noch weniger Gesetze: Commonwealths haben heutzutage im Vergleich zu allen anderen politischen
8
Ordnungen die wenigsten Gesetze.
Now to conclude this part with a word de judiciis, or of the constitution or course of courts; it
is a discourse not otherwise capable of being well
managed but by particular examples, both the
constitution and course of courts being divers in
different governments, but best beyond compare
in Venice, where they regard not so much the
arbitrary power of their courts as the constitution
of them, whereby that arbitrary power being altogether unable to retard or do hurt to business,
produces and must produce the quickest despatch, and the most righteous dictates of justice
that are perhaps in human nature. […]
(37) Zum Schluss dieses Teiles sei ein Wort de
judiciis gesagt, oder über Verfassung und Verfahren der Gerichtshöfe. Eine Abhandlung hierüber lässt sich nur mit Hilfe von speziellen Beispielen befriedigend bewältigen, denn die Verfassung und das Verfahren differieren je nach
den verschiedenen Commonwealths. Die unvergleichlich besten aber hat Venedig, wo man sich
nicht so sehr um die Schiedsgewalt der Gerichtshöfe kümmert, wohl aber um deren Verfahren; da
es der Schiedsgewalt dort ganz unmöglich ist, die
Rechtsgeschäfte zu verzögern oder zu beeinträchtigen, werden so die schnellste Erledigung und
die gerechtesten Urteilssprüche erreicht – und
müssen erreicht werden – die es vielleicht nach
menschlichem Ermessen geben kann [...]. (S. 90–
93)
The second part of the Preliminaries
[…]
Der zweite Teil der Präliminarien
[…]
For prudence, either that of the ancients is inferior to the modern, which we have hitherto been
setting face to face, that anyone may judge, or
that of the royalist must be inferior to that of the
commonwealths man. And for interest, taking the
commonwealths man to have really intended the
public, for otherwise he is a hypocrite and the
worst of men, that of the royalist must of necessity have been more private. Wherefore, the
whole dispute will come upon matter of conscience, and this, whether it be urged by the right
of kings, the obligation of former laws, or of the
oath of allegiance, is absolved by the balance.
(1) Was die Klugheit angeht, so ist entweder die
der Alten der modernen unterlegen (und wir haben sie bisher einander gegenübergestellt, damit
jedermann sich ein Urteil bilden kann), oder die
der Royalisten ist jener der Republikaner unterlegen. Was aber das Interesse angeht: wenn man
zugesteht, dass der Republikaner tatsächlich das
öffentliche Interesse im Auge hat (denn sonst ist
er ein Heuchler und schlechter als alle anderen
Menschen), so muss dasjenige des Royalisten
notwendigerweise privater Natur gewesen sein.
Daher läuft die ganze Auseinandersetzung auf
eine Sache des Gewissens hinaus. Jenes aber
wird, ob es sich dem Recht der Könige, den früheren Gesetzen oder dem Treueid verpflichtet
fühlt, von dem Gleichgewicht freigesprochen.
For if the right of kings were as immediately
derived from the breath of God as the life of man,
yet this excludes not death and dissolution. But,
that the dissolution of the late monarchy was as
natural as the death of man, has been already
shown. Wherefore it remains with the royalists to
discover by what reason or experience it is possible for a monarchy to stand upon a popular balance; or, the balance being popular, as well the
oath of allegiance, as all other monarchical laws,
imply an impossibility, and are therefore void.
(2) Selbst wenn sich das Recht der Könige ebenso unmittelbar vom Odem Gottes herleitete wie
das Leben des Menschen, so schliesst das doch
Tod und Auflösung nicht aus. Es ist aber schon
gezeigt worden, dass die Auflösung der vormaligen Monarchie genauso natürlich war wie der
Tod eines Menschen. Deshalb bleibt es den Royalisten überlassen, herauszufinden, aufgrund
welcher Vernunft oder Erfahrung es einer Monarchie möglich sein soll, sich auf ein populares
Gleichgewicht zu gründen. Sonst beinhalten im
Falle eines bestehenden popularen Gleichgewichts sowohl der Treueid als alle monarchischen Gesetze eine Unmöglichkeit und sind daher nichtig.
9
To the commonwealths man I have no more to
say, but that if he excludes any party, he is not
truly such, nor shall ever found a commonwealth
upon the natural principle of the same, which is
justice. And the royalist for having not opposed a
commonwealth in Oceana, where the laws were
so ambiguous that they might be eternally disputed and never reconciled, can neither be justly
for that cause excluded from his full and equal
share in the government; nor prudently for this
reason, that a commonwealth consisting of a
party will be in perpetual labor for her own destruction: whence it was that the Romans, having
conquered the Albans, incorporated them with
equal right into the commonwealth. And if the
royalists be "flesh of your flesh," and nearer of
blood than were the Albans to the Romans, you
being also both Christians, the argument is the
stronger. Nevertheless there is no reason that a
commonwealth should any more favor a party
remaining in fixed opposition against it, than
Brutus did his own sons. But if it fixes them upon
that opposition, it is its own fault, not theirs; and
this is done by excluding them. Men that have
equal possessions and the same security for their
estates and their liberties that you have, have the
same cause with you to defend both; but if you
will liberty, though for monarchy; and be trampling, they fight for you for tyranny, though under the name of a commonwealth: the nature of
orders in a government rightly instituted being
void of all jealousy, because, let the parties which
it embraces be what they will, its orders are such
as they neither would resist if they could, nor
could if they would, as has been partly already
shown, and will appear more at large by the following model.
(3) Dem Republikaner habe ich weiter nichts zu
sagen, als dass er in Wahrheit keiner sein wird,
sollte er irgendeine Partei ausschliessen, noch
wird er dann jemals ein Commonwealth auf dessen natürlichem Prinzip, der Gerechtigkeit, aufbauen. Ein Royalist darf gerechterweise nicht
deshalb von der vollen und gleichen Teilnahme
an der politischen Ordnung ausgeschlossen werden, weil er ein Commonwealth für Oceana abgelehnt hat (wo die Gesetze so doppeldeutig waren,
dass man sich ewig darüber hätte streiten können,
ohne sich zu einigen); noch empfiehlt dies die
Klugheit: denn ein Commonwealth, das aus einer
Partei besteht, wird ständig auf seine eigene Zerstörung hinarbeiten. Aus diesem Grunde gliederten die Römer die Einwohner des eroberten Alba
mit gleichen Rechten in das Commonwealth ein.
Und wenn die Royalisten Fleisch von eurem
Fleische sind und näher mit euch verwandt als
die Alber mit den Römern, so seid ihr zudem
auch Christen. Trotzdem gibt es keinen Grund,
warum ein Commonwealth einer Partei, die ihm
gegenüber in starrer Opposition verharrt, mehr
Gunst erweisen sollte als Brutus seinen Söhnen.
Wenn es sie jedoch selbst in dieser Opposition
hält – und das tut es, wenn es sie ausschliesst –,
dann ist das sein eigener Fehler und nicht ihrer.
Menschen, die gleichen Besitz und dieselbe Sicherheit ihres Eigentums und ihrer Freiheiten
geniessen wie ihr, haben dieselbe Sache zu verteidigen wie ihr. Wenn ihr sie aber unterdrückt,
so sind sie es, die für die Freiheit kämpfen, obwohl sie es für die Monarchie tun, und ihr kämpft
für die Tyrannei, obwohl ihr es im Namen des
Commonwealth tut. Die Natur der Einrichtungen
in einem richtig geordneten Commonwealth lässt
keinen Raum für Eifersucht; denn seien die Parteien, die es umfasst, wie sie wollen, seine Institutionen sind derart, dass jene ihnen weder Widerstand leisten wollten, wenn sie es könnten,
noch es könnten, wenn sie es wollten. Das ist
zum Teil schon gezeigt worden und wird noch
ausführlicher aus dem nachfolgenden Modell
hervorgehen.
The parties that are spiritual are of more kinds
than I need mention; some for a national religion,
and others for liberty of conscience, with such
animosity on both sides, as if these two could not
consist together, and of which I have already
sufficiently spoken, to show that indeed the one
cannot well subsist without the other But they of
all the rest are the most dangerous, who, holding
that the saints must govern, go about to reduce
the commonwealth to a party, as well for the
reasons already shown, as that their pretences are
(4) Von den religiösen Parteien gibt es mehr, als
der Erwähnung wert sind; manche sind für eine
nationale Religion, andere für die Freiheit des
Gewissens, und zwar beide mit solcher Erbitterung, als existierten diese Dinge nicht – von denen ich schon ausreichend gesprochen habe, um
zu zeigen, dass es das eine nicht gut ohne das
andere geben kann. Diejenigen aber, die die Meinung vertreten, die Heiligen sollten herrschen,
und daher das Commonwealth auf eine Partei
beschränken wollen, sind gefährlicher als alle
10
against Scripture, where the saints are commanded to submit to the higher powers, and to be
subject to the ordinance of man. And that men,
pretending under the notion of saints or religion
to civil power, have hitherto never failed to dishonor that profession, the world is full of examples, whereof I shall confine myself at present
only to a couple, the one of old, the other of new
Rome. […]
anderen; einmal aus den schon genannten Gründen und zum anderen, weil ihr Anspruch der
Schrift zuwiderläuft. Denn dort werden die Heiligen angewiesen, sich den übergeordneten Gewalten zu unterwerfen und der Anordnung des
Menschen untertan zu sein. Männer, die unter
dem Deckmantel der Heiligkeit oder der Religion
einen Machtanspruch im zivilen Bereich geltend
machen, haben noch immer das Ansehen dieses
Bekenntnisses geschädigt. Die Welt ist voller
Beispiele dafür; für den Augenblick werde ich
mich darauf beschränken, zwei Beispiele – eines
aus dem alten, eines aus dem neuen Rom – herauszugreifen. [...]
The saintship of a people as to government, consists in the election of magistrates fearing God,
and hating covetousness, and not in their confining themselves, or being confined, to men of this
or that party or profession. It consists in making
the most prudent and religious choice they can;
yet not in trusting to men, but, next God, to their
own orders. "Give us good men, and they will
make us good laws," is the maxim of a demagogue, and is (through the alteration which is
commonly perceivable in men, when they have
power to work their own wills) exceeding fallible. But "give us good orders, and they will make
us good men," is the maxim of a legislator, and
the most infallible in the politics.
In Hinsicht auf die politische Ordnung besteht
die Heiligkeit eines Volkes in der Wahl von Magistraten, die Gott fürchten und die Begehrlichkeit verabscheuen, und nicht darin, dass es sich
auf Männer dieser oder jener Partei oder eines
Bekenntnisses beschränkt oder beschränken lässt.
Sie besteht darin, die klügste und gewissenhafteste Wahl zu treffen, die es treffen kann, und nicht
darin, sein Vertrauen in Menschen zu setzen,
sondern – nächst Gott – in seine Institutionen.
Gebt uns gute Menschen und sie werden uns gute
Gesetze geben, ist die Maxime des Demagogen
und zwar eine äusserst fehlbare (aufgrund der
Veränderung, die man gemeinhin an Menschen
wahrnimmt, sobald sie die Macht haben, ihren
eigenen Willen durchzusetzen). Gebt uns gute
Institutionen, und sie werden uns gute Menschen
liefern, ist hingegen die Maxime des Gesetzgebers, und sie ist in der Politik die unfehlbarste.
[...] (S. 114–117)
Quelle: JAMES HARRINGTON, The Oceana and Quelle: JAMES HARRINGTON, Politische Schrifother works, (3rd ed.) London 1747.
ten, München 1973.
11

Documents pareils