China – der neue Finanzakteur in Lateinamerika

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China – der neue Finanzakteur in Lateinamerika
Aktueller Kommentar
China – der neue Finanzakteur in Lateinamerika
30. Juli 2014
Vor dem Hintergrund rasant wachsender Handels- und Investitionsbeziehungen zwischen China und
Lateinamerika bereiste kürzlich der chinesische Präsident Xi Jinping die lateinamerikanischen Länder
Brasilien, Argentinien, Venezuela und Kuba. In den letzten Jahren entwickelte sich China zum wichtigsten
Exportmarkt für Waren aus Brasilien, Chile und Uruguay und steht an zweiter Stelle für Peru, Venezuela
und Kuba. Das bilaterale Handelsvolumen hat sich von 2000 bis 2013 von ursprünglich USD 12 Milliarden
auf USD 288 Milliarden mehr als verzwanzigfacht. Chinesische Investitionen betrugen im Jahr 2012 etwa
USD 9,2 Milliarden.[1]
Doch nicht nur Handels- und Investitionsbeziehungen haben ein
erhebliches Ausmaß erreicht. Auch bilaterale Kredite durch
chinesische Staatsbanken und andere staatliche Einrichtungen sind
von zunehmender Bedeutung für die Finanzierung einiger
lateinamerikanischer Länder. Der amerikanische Think Tank The
Inter-American Dialogue[2] schätzt das Gesamtvolumen der
Kredite, die staatliche chinesische Gläubiger in den Jahren
2005-2013 an lateinamerikanische Länder vergaben, auf USD 98
Milliarden. Der Großteil der Kredite wurde durch die chinesische
Entwicklungsbank (teilweise in Kooperation mit anderen Banken)
und die chinesische Export-Importbank, beides öffentliche Banken
mit wirtschaftspolitischem Auftrag, vergeben. Die Zahl ist beachtlich
im Vergleich mit der multilateralen Kreditvergabe durch Weltbank
und Interamerikanische Entwicklungsbank (IDB), die zusammen im
selben Zeitraum Kredite über USD 163 Milliarden vergaben (siehe
Grafik).
Drei der von Präsident Xi Jinping besuchten Länder gehören zu
den größten Darlehensnehmern der Region. Venezuela ist der mit
Abstand größte Empfänger chinesischer Kredite und erhielt in den Jahren 2005-2013 über USD 50 Milliarden an
Geldern. Dies entspricht 51% des Gesamtvolumens (siehe Grafik). Während Xi´s Staatsbesuch wurde eine neue
Kreditlinie von USD 4 Milliarden angekündigt. Argentinien unterzeichnete während des Besuchs zwei neue
Darlehen, darunter USD 4,7 Milliarden für den Bau von zwei Staudämmen und USD 2,1 Milliarden für ein
Eisenbahn-Vorhaben. In den Jahren zuvor schloss das Land bereits Kredite in einer Gesamthöhe von USD 14
Milliarden ab, hauptsächlich für Investitionen in den Schienenverkehr. Brasilien sicherte sich neue Kredite in Höhe
von 7,4 Milliarden USD für ein großes Bergbauunternehmen mit dem Ziel, chinesische Schiffsausrüstung zu
erwerben. In absoluten Zahlen ist Brasilien der drittgrößte Kreditnehmer, im Vergleich zu seinem relativ großen
Bruttoinlandprodukt sind die chinesischen Gelder jedoch weniger bedeutend. Das ist anders in Ecuador, wo
chinesische Darlehen etwa 10% des BIP im Jahr 2013 entsprechen. Die Mehrzahl der Kredite, die sich auf
insgesamt USD 10 Milliarden belaufen, wurden hier für Investitionen in die staatliche Ölfirma sowie für
Wasserkraftwerke, aber auch teilweise zur Finanzierung des Haushaltsdefizits verwendet.
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Aktueller Kommentar
Gemessen an CDS-Spreads (Prämien von
Kreditausfallversicherungen) zählen drei der genannten Länder in
Lateinamerika zu den für Gläubiger risikoreichsten. Die
chinesischen Staatsbanken mindern das Risiko, das mit der
Kreditvergabe an diese Länder einhergeht, auf zwei Arten. Oftmals
werden die Kreditverträge mit der Vereinbarung getroffen,
chinesische Bau-, Öl- oder Schienentechnik beziehungsweise
chinesische Dienstleistungen zu erwerben. Dadurch ergeben sich
neue Geschäftschancen für chinesische Firmen. Zudem sind die
vergebenen Darlehen häufig durch zukünftige Öllieferungen
abgesichert. Einige der Kredite an Venezuela und Ecuador
beinhalten die Verpflichtung, Öl nach China zu exportieren, wovon
ein Teil für die Rückzahlung von Zinsen und Amortisationen der
Kredite verrechnet wird. Der Rohstoff wird dabei zu Marktpreisen
bewertet. Dadurch sichert sich China eine kontinuierliche
Versorgung seiner energieintensiven Wirtschaft mit Öl.
[1] Schätzung der Economic Commission for Latin America and the
Caribbean (ECLAC), 2013
[2] Inter-American Dialogue & Global Economic Governance
Initiative der Boston University: China and Latin America Finance Database, http://www.thedialogue.org/map_list
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Autor: Magdalena Forster (+49) 69 910-30664
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