Recycling

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Recycling
WAS TUN MIT GEBRAUCHTEN
HANDYS?!
10. Kommunikationsforum Mobilfunk
Berlin, 28. November 2013
mit jedem Gerät wächst
das Problem
Seitdem vor 30 Jahren mit dem damals
4.000 US-Dollar teuren Motorola
Dynatac 8000 das weltweit erste Mobilfunkgerät vorgestellt wurde, ist viel
passiert. Mittlerweile sind Handys aus
dem Alltag nicht mehr wegzudenken.
90 Prozent der privaten Haushalte in
Deutschland besaßen Anfang 2012
mindestens ein Handy (Quelle: Statistisches Bundesamt 2013) und jedes Jahr
werden hierzulande mehr als 30 Mi0.
Mobiltelefone neu gekauft (Quelle:
BITKOM 2014).
Mit jedem neuen Gerät aber wächst auch
der Berg aussortierter Handys. Einfach
wegschmeißen geht nicht. Denn alte ITGeräte dürfen nicht über den normalen
Müll entsorgt werden. Also aufbewahren, weiternutzen oder recyceln? Die
Verbraucher haben verschiedene Möglichkeiten. Die meisten lassen ihr Altgerät in der Schublade verschwinden –
und mit ihnen die darin enthaltenen
wertvollen Rohstoffe. Die Gesamtzahl
der „Schubladenhandys“ wird mittlerweile auf über 100 Mio. geschätzt
(Quelle: BITKOM 2014). Ein weiterer
Teil der Althandys wird Familienmitgliedern, Freunden und Bekannten
zur Nutzung überlassen, andere werden
weiterverkauft, gespendet oder in den
Recyclinghöfen abgegeben. Und trotz
Verbotes landet ein Teil der Handys
immer noch im Hausmüll – wodurch
gefährliche Schadstoffe in die Umwelt
gelangen und wertvolle Rohstoffe dem
Ressourcenkreislauf endgültig verloren
gehen.
Um zu diskutieren, wie Verbraucher
mit ihren Althandys verfahren und was
sich künftig ändern sollte, hat das Informationszentrum Mobilfunk (IZMF)
in Kooperation mit dem Institute for
Advanced Sustainability Studies
Potsdam (IASS) das jährlich stattfindende Kommunikationsforum Mobilfunk
dem Thema des nachhaltigen Umgangs mit gebrauchten Handys gewidmet. Auf dem Fachworkshop „Was tun
mit gebrauchten Handys?!“ kamen am
28. November 2013 zahlreiche Experten
aus Politik, Wissenschaft, Wirtschaft
und Nichtregierungsorganisationen
zusammen.
Über das IZMF
Das Informationszentrum Mobilfunk (IZMF) ist Ansprechpartner für Bürgerinnen und
Bürger, Medien sowie öffentliche und private Einrichtungen zum Thema mobile Kommunikation. Es ist ein eingetragener, gemeinnütziger Verein, der von den Mobilfunknetzbetreibern gegründet wurde. Er informiert unter anderem über gesundheitliche,
rechtliche und gesellschaftliche Themen
mobiler Kommunikation sowie über Aspekte der ökologischen Nachhaltigkeit im
Mobilfunk.
2
Programm
Zeit
Thema
Wer
10:00
Begrüßung und Einführung
Karsten Menzel,
Vorstandsvorsitzender IZMF
10:10
Vortrag:
Gebrauchte Handys – Ein Schatz ... für wen?
Zum Stand der nachhaltigen Nutzung und
Entsorgung von Mobilfunkkleingeräten
Herbert Köpnick,
LMR a.D. des StMUG Bayern
10:40
Impuls:
Entsorgung – Weiternutzung – Aufbewahrung:
Gibt es einen Königsweg im Umgang mit alten
Handys?
Dagmar Wiebusch,
Geschäftsführerin IZMF
10:50
Dialogrunde:
Fakten, Fragen und Motive zum Umgang mit
alten Handys
Frank Claus, IKU &
Britta Bookhagen, IASS
12:30
Mittagspause
13:30
Arbeitsteams:
Diskussion von offenen Fragen, Motiven und
Handlungsperspektiven (Themenauswahl aus
der strukturierten Sammlung)
15:00
Kaffeepause
15:20
Präsentation der Ergebnisse der Arbeitsteams
und Diskussion von Schlussfolgerungen
(Arbeitsergebnisse als Dossier)
Alle
16:20
Abschluss
Dagmar Wiebusch,
Geschäftsführerin IZMF
16:30
Ende der Veranstaltung
Alle
Über das IASS
Das 2009 in Potsdam gegründete Institute for Advanced Sustainability Studies (IASS)
ist zugleich eine international vernetzte Forschungseinrichtung und ein transdisziplinär
arbeitender Thinktank. Ziel des mit öffentlichen Mitteln geförderten Institutes ist es,
Entwicklungspfade für die globale Transformation zu einer nachhaltigen Gesellschaft
aufzuweisen und interaktiv den Dialog zwischen Wissenschaft, Politik und Gesellschaft
zu fördern.
Forschungsgebiete sind die globale Nachhaltigkeitspolitik,
innovative Technologien für die Energieversorgung der Zukunft, die nachhaltige Nutzung von Ressourcen wie Ozeane,
Böden oder Rohstoffe sowie die Herausforderungen für unser Erdsystem durch Klimawandel und Luftverschmutzung.
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Gebrauchte Handys –
Ein Schatz … Für wen?
Keynote Herbert Köpnick, LMR a. D.
„Das Handy ist
das Filetstück des
Elektroschrotts.“
Herbert Köpnick, LMR a.D.
„In unserer Infrastruktur lagert ein
Rohstoffschatz von ungeheurer Größe“,
benannte Herbert Köpnick in seinem
Vortrag die Herausforderung einer zeitgemäßen Kreislaufwirtschaft. Handys
seien hierbei nur die Spitze des Eisbergs. Eine Spitze jedoch, die es in sich
hat, denn in Handys lagern auf engstem
Raum sehr viele knappe und teure Rohstoffe – Ressourcen, die Deutschland
als ein an Primärrohstoffen armes Land
dringend benötigt. Wie aber lässt sich
dieser „heimische Rohstoffschatz“ heben? Gemäß Kreislaufwirtschaftsgesetz,
das den Vorrang der Wiederverwendung
vor dem Recycling festschreibt, forderte
Köpnick, noch funktionstüchtige Handys zu verkaufen oder zu verschenken.
Die übrigen Geräte müssten gesammelt
und recycelt werden. Denn sie stellen
nicht für ihre Besitzer, wohl aber für die
Volkswirtschaft einen Schatz dar.
Bislang geschieht das aber noch viel
zu wenig. „Weniger als 20 Prozent der
Althandys gelangen ins Recycling“, kritisierte Köpnick. Der ehemalige Ministe-
Die Masse macht’s –
Rohstoffe in deutschen
„Schubladenhandys“
rialbeamte forderte deshalb, intelligente
und wirkungsvolle Sammelsysteme
speziell für Handys einzuführen. Er
beleuchtete beispielhafte Sammelaktionen in Deutschland und Österreich. Ein
großes Problem: Die meisten sind nicht
kostendeckend. Einzige Ausnahme war
bislang lediglich die bayerische Sammelaktion „Handy, Laptop & Co. clever
entsorgen“ im Jahr 2012. Bewährt habe
sich, die Handys dort einzusammeln,
wo die Menschen ohnehin hingingen,
zum Beispiel in Schulen, Behörden oder
großen Unternehmen. Begleitet werden
müssten diese Sammlungen von groß
angelegten Informationskampagnen.
„Notwendig ist eine breite Bewusstseinsbildung bei Produzenten und
Konsumenten über die notwendige
Rohstoffwende“, sagte Köpnick und
forderte ergänzend neue Geschäftsmodelle der Hersteller und Vertreiber
mit einer zyklischen Produktverantwortung nach dem Cradle-to-CradlePrinzip.
Rohstoffe
in rund 100
Millionen
Schubladenhandys
Kupfer 876 t
Kobalt 382 t
Silber 26 t
Gold 2,4 t
Palladium 0,8 t
t = Tonne
Quelle: BMBF: Die Rohstoff-Expedition (2012), Zahlen aktualisiert von IZMF (2014)
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Entsorgung – Weiternutzung –
Aufbewahrung: Gibt es einen
Königsweg?
Impulsvortrag Dagmar Wiebusch, IZMF
„Die vielen Schubladenhandys in
Deutschland sind nicht zuletzt Ergebnis von mangelnder Transparenz bei
der Entsorgung“, lautete die Kernthese
von IZMF-Geschäftsführerin Dagmar
Wiebusch. Laut einer repräsentativen
Umfrage, die das Institut für MarktUmwelt-Gesellschaft (imug) im Herbst
2013 im Auftrag des IZMF erstellt hat,
heben 38 Prozent der Handynutzer ihr
zuletzt genutztes Altgerät noch auf. Die
große Mehrheit hüte sogar mindestens
zwei Althandys. Vor allem täten sie dies,
erläuterte Wiebusch, weil sie für den
Notfall Ersatz haben wollten.
Für genauso viele sei aber Intransparenz bei der Datenlöschung und den
Entsorgungswegen ein wichtiges Motiv
für die Aufbewahrung. Und schließlich
sorgte bei vielen die Unwissenheit über
Abgabemöglichkeiten dafür, dass die
Geräte einfach zu Hause liegen blieben.
„Die Gruppe derjenigen, die sich bislang
durch Sammelsysteme und -aktionen
angesprochen fühlten, ist einfach zu
klein“, sagte Wiebusch. Zwar wachse bei
den Verbrauchern und in der Informations- und Kommunikationstechnologiebranche das Bewusstsein für Nachhaltigkeit. Das Fairphone sei einer der
Indikatoren dafür. „Der Weg zu einem
tatsächlich nachhaltigen Umgang mit
Handys ist aber noch weit.“ Was muss
getan werden, um schneller voranzukommen, fragte Wiebusch angesichts
dieser Erkenntnisse die Teilnehmer des
10. Kommunikationsforums Mobilfunk.
Sind wir schon auf einem guten Weg
und brauchen nur mehr der bisherigen
Aktivitäten? Oder müssen statt der Verbraucher auch andere Verantwortliche
stärker in den Blick genommen werden?
Und was muss getan werden, um die relevanten Akteure zur Zusammenarbeit
zu gewinnen?
„Der Weg zum nachhaltigen Umgang
mit Handys ist noch
weit.“
Dagmar Wiebusch, Geschäftsführerin IZMF
Motive der Handynutzer in Deutschland für die Auf bewahrung ihres alten Mobiltelefons
Inwieweit treffen die Gründe, warum alte Geräte aufbewahrt werden, für Sie persönlich zu? (Angaben in Prozent)
63
weil ich für den Notfall Ersatz haben will
weil ich das Handy einem Familienmitglied/ Freund/ Bekannten
zur Weiternutzung überlassen möchte
63 % Ersatz
43
34
weil mir die Datensicherung/-löschung nicht transparent genug ist
weil ich nicht weiß, was die Anbieter von Sammelstellen (Umweltverbände,
Netzbetreiber oder Kommunen) mit eingesammelten Geräten machen
28
weil mir die Abgabe bei einer Sammelstelle zu umständlich ist
23
weil ich nicht weiß, wo man die Geräte abgeben bzw. entsorgen kann
21
62 % Intransparenz
44 % Unwissen
18
weil ich mir den Verkauf des Handys offen halten will
8
nichts davon/weiß nicht/keine Angabe
0
20
40
60
80
100
n = 314
Handybesitzer, die ihr zuletzt genutztes Mobiltelefon aufbewahren (Teilstichprobe)/Mehrfachnennungen möglich
Quelle: Informationszentrum Mobilfunk (2013): Verbraucherumfrage zum Umgang mit gebrauchten Handys
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„Detektivische“ Spurensuche – Spannung durch
eine auSSergewöhnliche
Arbeitsform
„Willkommen im Detektivbüro Clue.
Wir werden Sie, liebe Teilnehmerinnen
und Teilnehmer des 10. Kommunikationsforums Mobilfunk, auf unserer Spurensuche in Sachen richtiger Umgang
mit gebrauchten Handys als Zeugen befragen.“ So eröffneten die Moderatoren
Frank Claus und Ann-Kathrin Kühr sowie Britta Bookhagen vom IASS am Vormittag die erste Dialogrunde des Tages.
In der Rolle von „Detektiven“ und unter
der Überschrift „Fakten, Fragen und
Motive zum Umgang mit alten Handys“
präsentierten sie Rechercheergebnisse,
die IZMF und IASS im Vorfeld der
Veranstaltung zu den Themen Rohstoffeinsatz, Wiederverkauf, Recycling und
Nutzung/Abgabe zusammengetragen
hatten. Diese Erkenntnisse wurden nun
mithilfe des Fachwissens der Anwesenden ergänzt und vom „Detektivteam“ am
Ende der Veranstaltung allen Teilnehmern in Form einer elektronischen
„Akte“ überreicht.
Fahndungsbogen
Über sachdienliche Hinweise freuten
sich die „Detektive“ Frank Claus, Britta
Bookhagen und Ann-Kathrin Kühr (v.l.).
Rohstoffeinsatz
Recycling
●● W
elchen theoretischen bzw.
praktischen Beitrag bringen Handys
zur Rohstoff-Rückgewinnung?
●● Welche Bedeutung hat das Handyrecycling für die Rohstoffgewinnung im
Vergleich zu anderen Elektro(nik)-Geräten wie z. B. Kameras, Monitoren,
mp3-Playern? Wie viel steckt wo drin?
●● Was bringt wie viel für den optimierten Rohstoffeinsatz?
– Nutzungsdauer verlängern (Welchen Beitrag brächte eine Nutzung
über 2,5 statt über 1,5 Jahre) bzw.
Weiternutzung (ReUse) optimieren
– Recycling optimieren (Quote
erhöhen/Methoden verbessern)
●● Welche Verwertungsarten (stofflich/
thermisch) werden zurzeit in
welchem Umfang für Handys
verwendet?
●● Welche Kosten oder Erlöse fallen
beim Recycling an?‌
Wiederverkauf
●● I n welchem Umfang findet kommerzielle Weiternutzung statt und wer
verdient daran?
●● Wohin gelangen kommerziell weitergenutzte Handys (ReUse)? Gibt
es eine Garantie, dass mit diesen
Geräten keine illegale Verschrottung
in Afrika/Asien erfolgt?
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Nutzung/Abgabe
●● W
ie lange wird ein Handy in
Deutschland durchschnittlich von
seinem ersten Besitzer genutzt?
●● Was machen Handybesitzer mit
ihren gebrauchten Handys?
– Wie viele landen im Müll?
– Wie viele lagern in Schubladen?
– Wie viele gebrauchte Handys
werden in Deutschland gesammelt?
●● Wieso bewahren Verbraucher
gebrauchte Handys auf?
Handyrecycling spielt für die
Rohstoffrückgewinnung eine
zentrale Rolle
„Können Sie uns die harten Fakten
nennen, wie es in Deutschland mit der
Rohstoffrückgewinnung aus Handys
aussieht?“, wurde Prof. Dr. Ulrich Teipel
von der Technischen Hochschule in
Nürnberg als erster „Zeuge“ gefragt.
Er erläuterte, dass die Edelmetalle
Gold, Silber, Kupfer und Palladium
beim Recycling zurückgewonnen
werden. Auch die Rückgewinnung
anderer Metalle und sogenannter
Seltener Erden sei technisch zum
Teil inzwischen möglich, bislang
aber nicht wirtschaftlich. Welche
Rohstoffmengen aus Handys tatsächlich
zurückgewonnen werden, konnte er
nicht genau sagen, da für Deutschland
insgesamt, so wurde in der Diskussion
deutlich, keine genauen Daten
vorliegen.
Fakten zum Handyrecycling:
●● B
is zu 80 Prozent des Gewichts eines
Handys kann stofflich zurückgewonnen und thermisch verwertet werden.
●● Wirtschaftlich relevant für das Recycling sind bislang vor allem Gold,
Silber, Platin, Palladium und Kupfer.
●● Erlöse für den Entsorger aus 1 Kilogramm Althandys: 9 bis 14 Euro (zum
Vergleich: 1 Kilogramm Laptops ca. 3
Euro).
●● Recyclingeingangstechniken sind
Schreddern und Einschmelzen, häufig
in Kombination.
●● Nur separat gesammelte Handys können in einer der wenigen integrierten
Metallhütten in Europa recycelt werden. Durch dieses Verfahren werden
bis zu 17 Metalle zurückgewonnen.
Quelle: Faktensammlung IASS/IZMF,
Stand November 20131
Aus welchen Rohstoffen besteht ein Mobiltelefon?
15 % Kupfer
56 % 25 %
Metall
Kunststoff
16 %
Sonstiges
3 %
Glas und
Keramik
3 % Eisen
3 % Aluminium
2 % Nickel
1 % Zinn
1 % Andere, z. B.
∙ Gold
∙ Silber
∙ Palladium
∙ Kobalt
∙ Tantal
Quelle: Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, Bau und
Reaktorsicherheit (BMUB): Umwelt im Unterricht (2012)
Dr. Christian Hagelüken von der
Umicore AG erläuterte, dass man das
theoretische Recyclingpotenzial aus
dem weltweiten Handyverkauf herleiten könne. In den jährlich weltweit
verkauften rund 1,8 Milliarden Handys
stecken mehr als 280 Tonnen Silber,
25 Tonnen Gold, 10 Tonnen Palladium
und rund 16.000 Tonnen Kupfer. Da
aber die tatsächliche Recyclingquote bei
unter fünf Prozent liegt, ist die faktische
Rohstoffrückgewinnung bislang nur
gering. Die Zahlen zeigten, so Hagelükens Einschätzung, wie wichtig es sei,
dem Sammeln alter Handys viel größere
Aufmerksamkeit zu widmen.
Dass Recycling in jedem Fall Not tut,
darin waren sich die Teilnehmer des
Kommunikationsforums einig – auch
wenn es im Hinblick auf die ganz genauen Zahlen zum theoretischen sowie
praktischen Beitrag der Handys zur Rohstoffrückgewinnung noch offene Fragen
und weiteren Informationsbedarf gibt.
Eine zentrale Erkenntnis brachte Köpnick auf den Punkt: „Das Handy ist das
Alle Angaben beruhen auf dem Stand des Wissens von November 2013. Danach veröffentlichte Untersuchungen und
1
Forschungserkenntnisse, die ggf. zu anderen Ergebnissen kommen, werden nicht berücksichtigt.
7
Filetstück des Elektroschrotts. Ich kenne
kein anderes Gerät, dass auf so kleinem Raum so viele wichtige Rohstoffe
anhäuft.“
Und Hagelüken ergänzte: „Handys besitzen den Vorteil, eine hohe Wertdichte
mit einer hohen Stückzahl zu kombinieren.“ Als ein wesentliches Hindernis
für die Erhöhung der Recyclingquote benannte Dr. Henning Friege, Dozent und
Berater für Nachhaltigkeitsstrategien,
die Konstruktionsweise vieler Handys.
Frieges Forderung: „Die Hersteller müssen recyclingfreundlicher produzieren.“
Der Verbleib weiterverkaufter
Althandys ist häufig nicht
bekannt
Große Wissenslücken wurden für den
Verbleib der weiterverkauften Handys
konstatiert. „Es gibt keine veröffentlichten Angaben, was genau mit den
Handys aus Verkaufsportalen passiert“,
sagte Bookhagen. Die Verkaufswege
seien sehr intransparent. Ebenso schwierig sieht Karl Christoph Brellinger vom
VERE e. V. die Lage: „Ein nicht unerheblicher Teil der Altgeräte landet in Kanälen, die wir nicht kontrollieren können.
Hier brauchen wir dringend Regelungen.“ Philip Heldt von der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen bestätigte
diesen Eindruck: „Die Unternehmen,
die die Althandys aufkaufen, um sie
dann weiterzuverkaufen, mauern.“ Deshalb könne man aktuell nur schätzen,
was mit den Handys geschehe. Heldt
vermutete, dass das Gros der funktionsfähigen Handys, die bei Verkaufsplattformen landen, nach Afrika oder Asien
weiterverkauft wird.
Ob dies positiv oder negativ zu bewerten
ist, war unter den Forumsteilnehmern
umstritten. Wenn die Handys in Afrika
genutzt würden, so der Vertreter der
Verbraucherzentrale, spare das Rohstoffe. Zudem liege der durchschnittliche Rohstoffwert der Geräte am Ende
Zweitmarkt gebrauchter
Mobiltelefone:
●● Der Markt für gebrauchte Handys ist intransparent:
– Für die über Verkaufsportale verkauften Altgeräte liegen keine Zahlen vor.
– Ca. 10 Prozent der von Umwelt- verbänden, Netzbetreibern oder kommunalen Sammelstellen gesammelten Althandys werden wieder aufgearbeitet (refurbished) und weiterverkauft.
●● Die Aufarbeitung der Althandys erfolgt größtenteils in Deutschland.
●● Der Export erfolgt innerhalb Europas,
z. T. auch nach Asien und Afrika.
●● Nach Schätzungen der Gesellschaft
für Internationale Zusammenarbeit
(GIZ) werden ca. 124.000Tonnen
Elektroschrott als Gebrauchtware
deklariert und illegal exportiert.
Quelle: Faktensammlung IASS/IZMF,
Stand November 20132
der Nutzungsdauer zwar nur bei ein
bis zwei Euro. In Afrika sei das aber
ein ökonomisch hoher Anreiz für das
Recycling.
Dem widersprach Ernst Fischer vom
Ingenieurbüro für nachhaltige Entwicklung Eficom e. K., da der Verkauf von
Re-Use-Handys ins Ausland geschlossene Rohstoffkreisläufe verhindere. „Ein
Kreislauf wäre es erst dann, wenn für
jede Tonne, die nach Afrika exportiert
wird, auch eine Tonne aus Afrika zurückgeführt würde“, pflichtete ihm
der Vorstandsvorsitzende des IZMF,
Dr. Karsten Menzel, bei.
Zuverlässige Datenlöschung gibt
es nicht zum Nulltarif
Eine weitere Herausforderung sowohl
für die Wiederverwendung als auch für
das Recycling gebrauchter Handys ist
der Datenschutz. Beim Verbraucher
Alle Angaben beruhen auf dem Stand des Wissens von November 2013. Danach veröffentlichte Untersuchungen und
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Forschungserkenntnisse, die ggf. zu anderen Ergebnissen kommen, werden nicht berücksichtigt.
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herrscht große Unsicherheit, ob
seine Daten vor Wiederverkauf
oder Recyceln zuverlässig gelöscht
werden.
Etwa ein Drittel der Handynutzer
bewahrt sein altes Gerät auf, weil er
der Datenlöschung nicht vertraut
(IZMF-Handystudie, 2013). Dass
eine zuverlässige, transparente
Datenlöschung nicht zum Nulltarif
zu haben ist, machte Rolf Höltig,
Recycler bei der ELPRO ElektronikProdukt Recycling GmbH, deutlich.
Er verwies auf ein Versuchsprojekt
der Universität Wien, bei dem
die Kosten der Datenlöschung bei
durchschnittlich 8 Euro pro Handy
und damit weit über dem erzielbaren Erlös für die darin enthaltenen
Rohstoffe lagen.
Recyclingerlöse sind von
Weltmarktpreisen für Metalle
abhängig
„Bei uns landen mittlerweile fast
100 Prozent der Recyclinghandys
in der Verhüttung“, erläuterte Fischer. Nur ein geringer Prozentsatz
werde vorab zerkleinert. Hagelüken
bestätigte, dass das Einschmelzen,
gefolgt von aufwändigen metallurgischen Trennverfahren in modernen
integrierten Metallhütten – nach
einem intensiven Lernprozess der
Branche in den vergangenen Jahren
– inzwischen zum Standardverfahren zur Rohstoffrückgewinnung
aus Mobilfunkgeräten geworden
sei. Allerdings, ergänzte Hagelüken, gelte das nur für sortenreine
Sammlungen. „Bei den Handys, die
ungetrennt von anderem Elektroschrott geliefert werden, lohnt sich
meist das Sortieren nicht. Dann
wird geschreddert.“ Hierbei gingen
Rohstoffe verloren, warnte der
Experte. Deshalb sei es sehr wichtig,
dass Handys getrennt gesammelt
würden.
Köpnicks These vom Handy als dem
„Filetstück des Elektroschrotts“ bestätigten die ökonomischen Kennziffern, die
Bookhagen vorstellte. Die Erlöse sind
allerdings stark von den Metallpreisen
für Gold und Kupfer abhängig. Darauf
verwies Hagelüken: „Gold und Kupfer
machen den Großteil des Erlöses aus,
hinzu kommen noch Erträge aus dem
Verkauf von Silber und Palladium“, erläuterte der Recyclingfachmann. Zurzeit
liege der Gewinn bei 80 bis 90 Cent pro
Handy. „Wenn bei diesen Rohstoffen die
Preise fallen, schmilzt auch der gewinnbare Nettowert.“ Weitere im Handy enthaltene Metalle wie Zinn, Nickel, Kobalt
und Antimon könne man bei Umicore
zwar auch recyceln. Das bringe gegenwärtig jedoch nur ökologisch, nicht aber
ökonomisch etwas.
Ohnehin sei die Gewinnspanne nicht
sehr groß, erklärte Hagelüken. So
sei das Sammeln der Altgeräte sehr
personal- und damit kostenintensiv,
es sei denn, der Kunde würde über
geeignete Geschäftsmodelle, wie zum
Beispiel Leasing oder Pfand, eingebunden werden und lieferte sein Handy
direkt bei einer Sammelstelle ab. Auch
das umweltgerechte Recycling selbst
verursache hohe Kosten. Da Lohn- und
Umweltschutzkosten beim Export von
Elektroschrott nicht anfielen, würden
trotz der Erlösmöglichkeiten durch Recycling viele Altgeräte als Elektroschrott
exportiert.
Zu viele alte Mobiltelefone
landen im Müll
Obwohl es seit 2005 gesetzlich verboten
ist, Elektro- und Elektronikkleingeräte in
den Müll zu werfen, werden Handys immer wieder mit dem Hausmüll entsorgt.
Der letzte Teil der Dialogrunde befasste
sich damit und versuchte zu klären, wie
viele Mobilfunkgeräte im Hausmüll
landen – wo sie dem Rohstoffkreislauf
unwiederbringlich verloren gehen.
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Den Erkenntnissen der IZMF-Handyumfrage zufolge haben 3 Prozent der
Handynutzer ihr letztes Gerät in den
Müll geworfen. Köpnick dagegen hatte
andere Zahlen parat: „Die Untersuchung des bifa Umweltinstitutes von 18
Müllverbrennungsanlagen in Bayern
hat gezeigt, dass rund 20Prozent der
Handys im Müll landen.“ Zu ähnlichen
Ergebnissen ist auch eine Untersuchung
der Technischen Universität Berlin
gekommen. Ob 3 oder 20 Prozent –
Einigkeit herrschte, dass das viel zu viel
ist. Denn im Klartext bedeuten diese
Zahlen: Im Müll landen mindestens so
viele Geräte wie Umweltverbände pro
Jahr einsammeln – wenn nicht sogar
viel mehr.
mangelnde Bekanntheit der Sammelstellen sei aber vermutlich ein wesentlicher
Grund für die zurückhaltende Beteiligung der Verbraucher. Diese Kritik griff
Friege auf und forderte, Handysammlungen deutschlandweit einheitlich zu
organisieren. „Außerdem brauchen wir
mehr Kommunikation wie in Skandinavien, Belgien oder der Schweiz“,
so Friege. Die Leute seien einfach oft
ratlos und ungenügend informiert. Der
gegenwär-tige Umgang mit gebrauchten
Handys und Smartphones sei aber auch
Spie-gelbild der Konsumanreize, merkte
ein Teilnehmer an. Die Werbung übe
einen großen Druck aus, sich stets das
neues-te Modell zu kaufen.
Für wirkungsvolles Handeln
fehlen noch wichtige Erkenntnisse
Weiterverkauf von Handys:
●● C
a. 25 Prozent der Handynutzer
planen, ihr gebrauchtes Gerät zu
verkaufen.
●● Nur wenige Handynutzer kaufen ein
gebrauchtes Handy.
●● Große Unsicherheiten herrschen in
Bezug auf die zuverlässige Datensicherung und -löschung.
●● Ca. 30 Prozent derjenigen, die ein
altes Handy aufbewahren, finden den
Datenschutz beim Wiederverkauf und
Recycling nicht transparent genug.
Quelle: IZMF-Umfrage 2013
Der Verbraucher ist ratlos
„Wir würden gerne viel mehr gebrauchte Handys zurücknehmen – im Moment
bekommen wir auf jeden Fall zu wenig“,
betonte Cornelia Szyszkowitz von der
Deutschen Telekom, die seit dem Jahr
2003 gemeinsam mit der Deutschen
Umwelthilfe eine Althandy-Kampagne
durchführt. Wiebusch verwies darauf,
dass es zwar eine Vielzahl von Handysammlungen und sonstigen Abgabemöglichkeiten gebe. Die Unübersichtlichkeit der Sammlungen und die
10
„Die Datenlage konnte durch die
Zeugenaussagen verbessert werden,
sie ist aber immer noch unvollständig“,
beendeten die „Detektive“ Claus, Kühr
und Bookhagen den Vormittag und
schlossen die Detektei Clue. Ob Zahlen
zum derzeitigen Beitrag der Handys zur
Rückgewinnung von Rohstoffen oder
Informationen zum Verbleib der Geräte
nach ihrem Weiterverkauf über Portale
im Internet, ob das Verbraucherverhalten oder die Frage nach dem besten
Ansatz für Handysammlungen – die
Befragung der Forumsteilnehmer hat
gezeigt, dass auch den Fachleuten an
vielen Stellen noch wichtige Erkenntnisse fehlen.
Motive und Handlungsansätze der Marktteilnehmer
„Nun werden Sie selbst als Ermittler
tätig“, eröffnete Moderator Claus den
zweiten Teil des Kommunikationsforums. Nach der Analyse der Datenlage
am Vormittag drehte sich am Nachmittag alles um die Frage: Wer tut
was beim Umgang mit gebrauchten
Mobiltelefonen – und warum? Die Teilnehmer konnten wählen, mit welcher
beteiligten Akteursgruppe sie sich auseinandersetzen wollten. Zur Auswahl
standen die Hersteller, die Verbraucher,
die Entsorger und Wiederverkäufer,
Handel und Netzbetreiber sowie der
Staat. Einzige Voraussetzung bei der
Auswahl der Arbeitsgruppe: Niemand
durfte die Gruppe wählen, der er im
realen Leben angehört. Die Aufgabe:
jedes Team sollte die Motive „seiner“
Akteursgruppe beschreiben und daraus
Handlungsansätze für diese Gruppe
ableiten.
Arbeitsteams wurden zu
Ermittlerteams:
Analog zum Lebenszyklus eines
Mobiltelefons wurden die wesentlichen
Akteure identifiziert:
●●
●●
●●
●●
●●
Hersteller
Verbraucher
Entsorger und Wiederverkäufer
Handel und Netzbetreiber
Staat
Die Erfahrung anderer Branchen
auswerten und nutzen
„Man muss das Rad nicht neu erfinden“,
war eine wichtige Erkenntnis bei der
Vorstellung der Ergebnisse der fünf
Arbeitsgruppen. Thomas Scharfstädt
vom Büro für Öffentlichkeitsarbeit
Technikdialog verwies auf die Automobilbranche. So könne die Werbung für
Jahreswagen für die Vermarktung von
hochwertigen gebrauchten Smartphones inspirierend sein. Diese sei preis-,
aber auch qualitätsbewusst. „Darauf
können wir aufbauen. Das ist vielen
Verbrauchern schon vertraut“, so der
PR-Experte. Andere diskutierten, ob die
beim Autokauf inzwischen selbstverständlichen Leasing-Modelle auch auf
den Handymarkt übertragbar wären.
Kreislaufwirtschaft als übergreifender Handlungsansatz
Köpnick brachte noch einmal die Vision
einer vollständigen Kreislaufwirtschaft
ins Gespräch. Danach müssten die Mobilfunkgeräte nach Ende der Nutzungsdauer zurück an die Hersteller gehen,
damit sie daraus die Rohstoffe zurückgewinnen. Dann müsste nur noch ein
sehr geringer Anteil an Rohstoffen neu
hinzugekauft werden – was möglicherweise durch die Effizienzfortschritte bei
der Produktion sogar überflüssig werden
könnte. „Die Idealvorstellung ist, dass
die Hersteller künftig einmal Rohstoffe
einkaufen müssen und dann nie wieder“,
sagte Köpnick.
Diese Vorstellung löste eine lebhafte
Kontroverse aus. Einige Teilnehmer
zweifelten daran, dass sich in Deutschland ein solcher Rohstoffkreislauf
etablieren ließe, da hierzulande keine
Handys hergestellt würden. Andere
hielten dagegen, dass die drohende Verknappung der Rohstoffe die Industrie
so oder so in die Kreislaufwirtschaft
treiben werde.
11
Staatliche Vorgaben oder
freiwillige Lösungen?
Lebhaft diskutiert wurde auch die
Frage, ob staatliche Vorgaben oder das
freiwillige Engagement der Akteure
geeigneter seien, um den Umgang mit
Handys nachhaltiger zu gestalten. Einige Teilnehmer zeigten sich skeptisch
gegenüber freiwilligen Ansätzen. Man
kenne keine Selbstverpflichtung, die
nicht durch Androhung staatlicher Regeln oder die Aussicht auf ökonomische
Vorteile zustande gekommen sei. Die
ökonomischen Triebfedern in der Mobilfunkbranche seien so dominant, dass
Prinzipien der Nachhaltigkeit auf freiwilliger Basis nicht ausreichend zum Zuge
kämen. „Sie wollen, dass die Produkte,
die sie auf den Markt bringen, so schnell
wie möglich von dort wieder verschwinden, um Platz für Neues zu schaffen“,
so Ralph Sonnenschein vom Deutschen
Städte- und Gemeindebund. Für mehr
Nachhaltigkeit brauche man deshalb
zwingend gesetzliche Regelungen. Diese
müssten transnational, mindestens jedoch europaweit gelten – was für viele in
der Diskussionsrunde eine Realisierung
kaum möglich erscheinen ließ.
Andere Teilnehmer plädierten dafür, mit allen relevanten Akteuren in
einen Dialogprozess einzusteigen und
gemeinsam geeignete Maßnahmen zu
suchen. So sprach sich Fischer für mehr
Eigenverantwortung von Verbrauchern
und Branche aus. Staatliche – insbesondere nationalstaatliche – Vorgaben wären wirkungslos, da sie immer nur Teile
des Lebenszyklus von Mobilfunkgeräten
regulieren könnten. Zudem wiesen Teilnehmer darauf hin, dass die Motive der
beteiligten Akteure sehr unterschiedlich
seien.
12
„Die Netzbetreiber haben mit der Gewinnung von Rohstoffen nichts zu tun,
tragen aber trotzdem Verantwortung für
die von ihnen vertriebenen Produkte“,
lautete ein Hinweis.
Thomas Barmüller vom Mobile Manufacturers Forum stellte die These
infrage, dass das Interesse an nachhaltigen Handys und einer nachhaltigen
Handynutzung in der Bevölkerung
bereits spürbar wachse. „Dennoch“, so
Barmüller, „müssen Hersteller und auch
Netzbetreiber die Entwicklung sorgfältig beobachten, um Reputationsrisiken
rechtzeitig zu erkennen und abwehren
zu können.“
In diesem Zusammenhang wurde in
der Diskussion auf das niederländische
Unternehmen Fairphone hingewiesen.
Einige Teilnehmer erwarteten sich
vom Fairphone Anstöße für eine
Veränderung des Bewusstseins für
Nachhaltigkeit in der Bevölkerung,
auf das dann auch andere Hersteller
reagieren könnten.
Handlungsansätze
Die in den Arbeitsteams diskutierten Handlungsansätze lassen sich nach den vier
Themenkomplexen kategorisieren:
Rohstoffeinsatz
Wiederverkauf
●● A
nteil an Sekundärrohstoffen
erhöhen durch besser recycelbare
Handys
●● Reduzierung der Komplexität
im Handy
●● Verändertes Marketing: Tarife für Weiternutzung gebrauchter Geräte oder
Leasing-Verfahren
●● Staatliche Regulierung
(mindestens EU-weit)
●● Aufklärung und Bewusstseinsbildung
●● V
erkauf von gebrauchten Handys
systematisieren (Vorbild: Jahreswagen)
●● Gesetzliche Vorgabe für Reparaturfähigkeit (mindestens EU-weit)
●● Strenge Vorgaben für Datenschutz
und -sicherheit sowie einfache und
zuverlässige Datenlöschung
●● Zertifizierung einführen
●● Aufklärung
Recycling
Nutzung/Abgabe
●● Rücknahmesystem verbessern
und Rückgabe für Konsumenten
erleichtern
●● Modularer Aufbau der Geräte
●● Partnerschaften zwischen Handel,
Netzbetreibern und Recyclern/
Entsorgern
●● Technologie- und Forschungsförderung
●● Aufklärung
●● Neue Marketingmodelle
●● Datenlöschung, die man selbst
vornehmen kann
●● Bequeme, einheitliche und leicht
verständliche Sammelsysteme
●● Design für Langlebigkeit
●● Aufklärung
13
AUSBLICK
„Wer Visionen hat, soll zum Arzt gehen“ – diesem oft zitierten und Helmut
Schmidt zugeschriebenen Ratschlag
widersprach Wiebusch in ihrem
Schlusswort zum 10. Kommunikationsforum Mobilfunk ausdrücklich. „Wir
wollen uns durch Visionen inspirieren
lassen.“ Für das Informationszentrum
Mobilfunk sei die Veranstaltung der
Startpunkt, um sich intensiv mit der
Wiederverwendung und dem Recycling
gebrauchter Handys zu befassen, betonte sie. Dass noch viel zu tun sei, spiegelt
nicht zuletzt die „Akte“ des „ErmittlerTeams“ Bookhagen, Claus und Kühr
wider, die alle Teilnehmer mit nach
Hause nehmen konnten.
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„Noch sind nicht alle notwendigen Informationen hinsichtlich des Umgangs
mit gebrauchten Handys vorhanden
und zu den erforderlichen nächsten
Schritten gibt es im Detail noch großen
Diskussionsbedarf“, so das Fazit von
Britta Bookhagen vom Kooperationspartner IASS. Nicht nur Verbraucher,
sondern auch Hersteller, Netzbetreiber,
Kommunen und Recycler müssten dazu
beitragen, dass Mobilfunkgeräte nachhaltiger als bislang genutzt und damit
Umweltbelastungen reduziert werden
können, unterstrich Wiebusch. „Hierzu
wollen wir künftig einen Beitrag leisten.“
„WIR BRAUCHEN EINE
ROHSTOFFWENDE“
Interview mit Herbert Köpnick, LMR a.D.
Herbert Köpnick war von 1979 bis 2013 als
Ministerialbeamter im Bayerischen Staatsministerium für Umwelt und Gesundheit
tätig, zuletzt als leitender Ministerialrat
und stellvertretender Abteilungsleiter für
die Abteilung Klimaschutz und Ressourceneffizienz. Von 2012 bis 2013 konzipierte und organisierte er die bayernweite
Aktion „Handy & Co clever entsorgen“.
Seit Oktober 2013 ist Köpnick als Senior
Manager im Bundesdeutschen Arbeitskreis für Umweltbewusstes Management
(B.A.U.M. e.V.) aktiv.
Herr Köpnick, gebrauchte Handys sind
ein Schatz, bislang gelangen aber nur 5
bis 20 Prozent der Handys ins Recycling.
Sie haben in Bayern eine erfolgreiche
Sammelaktion entwickelt und organisiert.
Wie hebt man den Rohstoffschatz am
besten?
Indem man die Menschen informiert
und die Schwächen des derzeitigen
Sammel- und Verwertungssystems
überwindet. Das heißt Aufklärung,
dass gebrauchte Handys nicht in den
Müll gehören und auf Dauer auch nicht
in die Schublade, möglichst einfache
und bequeme Abgabe von Althandys,
Datenschutzgarantie, Transparenz der
Entsorgungskette und ökoeffizientes
Recycling, bei dem bis zu 98 Prozent
der Metalle zurückgewonnen werden.
Bei allem Erfolg Ihrer Sammelaktion in
Bayern – Sie halten einen grundsätzlich
anderen Umgang mit Handys für notwendig und fordern eine Rohstoffwende.
Warum brauchen wir die so dringend?
Nicht nur der Umgang mit Handys, der
Umgang mit Gütern generell muss sich
ändern. Unser gegenwärtiges Modell der
Primärrohstoff- und Wegwerfwirtschaft
ist auf Dauer nicht überlebensfähig.
Wir brauchen neben der Energiewende
dringend eine allgemeine Rohstoffwende, weil Rohstoffe genauso wie Öl und
Gas endlich sind und beim Verbrauch
von sieben Milliarden Menschen rasant
zu Ende gehen.
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„Die Linearwirtschaft ist ein Auslaufmodell. Auf
mittlere und lange
Sicht ist gerade
bei Mobilfunkkleingeräten eine
Kreislaufwirtschaft
anzustreben.“
Wie kann eine Kreislaufwirtschaft für
Handys organisiert werden? Was ist
Ihre Vision von der Handyproduktion
im Jahr 2050?
Meine Vision ist eine Wirtschaft nach
dem Cradle-to-Cradle-Prinzip. Hersteller von Handys zum Beispiel würden
dann ihr Geschäft nicht nur in der
Produktion von Geräten sehen, sondern gleichwertig in deren Rückerhalt
nach Gebrauch. Dann werden aus alten
Handys neue, die Rohstoffe bleiben
im Kreislauf und die Abhängigkeit von
Primärrohstoffen muss keinem Unternehmen mehr große Sorgen bereiten.
Linearwirtschaft
Ein Sprichwort sagt: Nur wer sein Ziel
kennt, findet den Weg. Wir brauchen für
die Rohstoffwende klare Zielvorgaben,
so wie wir sie bei der Energiewende
schon haben. Heute sind rund 15 Prozent der in der Industrie eingesetzten
Rohstoffe Sekundärrohstoffe. Die Politik
muss der Wirtschaft sagen, wann wir
bei 30, 50 und 80 Prozent sein wollen.
Kreislaufwirtschaft*
Rohstoffgewinnung
Rohstoffgewinnung
oder Sekundärrohstoffe
Produktion
Produkt
Wiederaufbereitung
Produktion
Nutzung
Rückgewinnung
Produkt
Entsorgung
Rückgabe/
Demontage
Deponie/
Verbrennung
*technischer Rohstoffkreislauf nach Cradle-to-Cradle®
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Wo sehen Sie die nächsten Handlungsschritte auf dem Weg zur „Rohstoffwende“? Wer ist hier in der Verantwortung?
Nutzung
Kurzübersicht
ausgewählter Hintergrundinformationen
Rechtlicher Rahmen:
 W
EEE-Richtlinie 2012/19/EU
http://eur-lex.europa.eu/LexUriServ/LexUriServ.do?uri=OJ:L:2012:197:0038:0071:de:PDF
 RoHS-Richtlinie 2011/65/EU
http://eur-lex.europa.eu/LexUriServ/LexUriServ.do?uri=OJ:L:2011:174:0088:0110:DE:PDF
 Kreislaufwirtschaftsgesetz 2012
http://www.gesetze-im-internet.de/bundesrecht/krwg/gesamt.pdf
 Elektrogesetz 2005 (Novellierung steht an)
http://www.gesetze-im-internet.de/elektrog/
Studien als Download:
 G
ermanwatch (2012): Handbuch „Alte Handys und PCs“
https://germanwatch.org/de/download/3858.pdf
 LANUV-Fachbericht 38: Recycling kritischer Rohstoffe aus Elektronik-Altgeräten
www.lanuv.nrw.de/veroeffentlichungen/fachberichte/fabe38/fabe38.pdf
 Öko-Institut: Studie „PROSA Smartphones“ 2012
www.oeko.de/oekodoc/1518/2012-081-de.pdf
 SÜDWIND: Studie „Von der Mine bis zum Konsumenten“(2012)
http://www.suedwind-institut.de/fileadmin/fuerSuedwind/Publikationen/2012/
2012-41_Von_der_Mine_bis_zum_Konsumenten._Die_Wertschoepfungskette_von_
Mobiltelefonen.pdf
 UBA (2012): „Second Life – Wiederverwendung gebrauchter Elektro- und
Elektronikgeräte“
http://www.umweltbundesamt.de/publikationen/second-life
 Zukunftsinstitut (2013): Trendstudie „FAIR – Von der Nische zum Mainstream“,
Zukunftsmarkt Consumer Electronics (S. 20)
http://www.zukunftsinstitut.de/downloads/Fair_Trendstudie_web.pdf
Links:
 BMBF
(2012): Die Rohstoff-Expedition: „Lern- und Arbeitsmaterial“
Link: http://www.die-rohstoff-expedition.de/die-rohstoff-expedition/
lern-und-arbeitsmaterial.html
 Bayerische Handysammelaktion:
www.handy-clever-entsorgen.bayern.de/hintergrundinformation/index.htm
 Handyfilm des IZMF über Youtube/Infomobilfunk:
http://www.youtube.com/user/InfoMobilfunk
 IZMF-Handyumfrage: http://www.izmf.de/de/content/handynutzer-sind-verunsichert%C3%BCber-richtige-entsorgungswege-ihres-mobiltelefons
 Online-Ratgeber der Verbraucherzentrale NRW in Zusammenarbeit mit dem IASS
und dem Wuppertal Institut: www.vz-nrw.de/Handyrohstoffe
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Teilnehmerliste
Teilnehmer des 10. Kommunikationsforums Mobilfunk
Thomas Barmüller Philip Heldt
Julia Nordmann
Mobile Manufacturers Forum
Verbraucherzentrale NRW e. V.
Rainer Bauer
Cornelia Heydenreich
Wuppertal Institut für Klima, Umwelt,
Energie GmbH
Second Loop GmbH
Germanwatch e. V.
Prof. Dr. Heidi Bergmann
Rolf Höltig
Hochschule Mannheim
ELPRO Elektronik-Produkt
Recycling GmbH
Thomas Scharfstädt
Dr. Birgit Keller
Katharina Scheunemann
Britta Bookhagen
IASS Potsdam - Institute for Advanced
Sustainability Studies e. V.
Melanie Borsos
Telefónica Germany
Dorothee Braun
Rat für Nachhaltige Entwicklung
Karl Christoph Brellinger
VERE e. V.
Alena Bunk
Teqcycle Solutions GmbH
Dr. Rolf Buschmann
Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz,
Bau und Reaktorsicherheit
Prof. Dr. Jürgen Kiefer
Justus-Liebig-Universität Gießen
Herbert Köpnick
Technikdialog
Informationszentrum Mobilfunk e. V.
Rüdiger Schubert
Telefónica Germany
Kerstin Schulte
ZUK - Zentrum für Umweltkommunikation
der DBU
Marcel Kroek
Ralph Sonnenschein
Second Loop GmbH
Silke Kühlewind
Städte- und Gemeindebund Brandenburg
BUND Bund für Umwelt und Naturschutz
Deutschland e. V.
Dr. Frank Claus
Jörg Lacher
IKU GmbH
bvse - Bundesverband Sekundärrohstoffe und
Entsorgung e. V.
Pädagogische Hochschule Karlsruhe
Kinderumwelt gGmbH
LMR a.D. B.A.U.M. e. V.
Ann-Kathrin Kühr
Prof. Dr. Roman Dengler
Dr. Matthias Otto
IKU GmbH
Dr. Friedrich-Wilhelm Lauer
Deutscher Städte- und Gemeindebund
Cornelia Szyszkowitz
Deutsche Telekom Technik GmbH
Prof. Dr. -Ing. Ulrich Teipel
Technische Hochschule Nürnberg
Franjo Tholen
Recyclingbörse Herford
Susann Tillack
Deutsche Telekom Technik GmbH
Ministerium für Umwelt, Gesundheit und
Verbraucherschutz Brandenburg
imug Beratungsgesellschaft mbH
Jürgen Lekscha
Karen Vielhaus
Dr. Marcus Eschen
LWB - Lichtenberger Werkstatt für
Behinderte GmbH
Jan Devries
Aurubis AG
Ernst Fischer
Eficom e.K. | Sony Mobile Communications AB
Frederik Freudenstein
Sabine Lemke
Wuppertal Institut für Klima, Umwelt,
Energie GmbH
Dipl.-Ing. Birgit Matzke
Dagmar Wiebusch
Wissenschaftsforum EMF
Dr. Henning Friege
Dr. Karsten Menzel
Aneta Galek
IASS Potsdam - Institute for
Advanced Sustainability Studies e. V.
Thomas Grund
Stiftung Warentest
Dr. Christian Hagelüken
Umicore AG
Dr. Maria-Jolanta Welfens
NABU - Naturschutzbund Deutschland e. V.
Stadtverwaltung Potsdam,
Bereich Umwelt und Natur
Dozent und Berater für nachhaltige
Unternehmensstrategien
Technische Universität Clausthal
E-Plus Mobilfunk GmbH & Co. KG
Hilmar Möhlmann
E-Plus Mobilfunk GmbH & Co. KG
Axel Mothes
Stadt Konstanz, Baurechts- und
Denkmalamt
Silke Niehoff
IASS Potsdam - Institute for Advanced
Sustainability Studies e. V.
Informationszentrum Mobilfunk e. V.
Franz Wilhelm
Telefónica Germany
Julika Witte
Informationszentrum Mobilfunk e. V.
Moderation: Dr. Frank Claus,
Ann-Kathrin Kühr, IKU GmbH
Dokumentation:
Eva Mahnke und Tina Beigang
Fotograf:
Andreas Burkhardt
Informationszentrum Mobilfunk e. V. (IZMF)
Hegelplatz 1 I 10117 Berlin
Gebührenfreie Hotline: 0800 3303133 I Tel. 030-2091698-0 I Fax. 030-2091698-11 I E-Mail: [email protected] I www.izmf.de
Gestaltung: Anja Teßmann, Art Direction & Design I Lektorat: Beate Fischer, mediumText

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