Wöhlk ist wieder unabhängig - DOZ
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Wöhlk ist wieder unabhängig - DOZ
INTERVIEW DOZ: Glückwunsch, Herr Haase, dass es Ihnen und Ihrem Team nach langjähriger Einbindung in weltumspannende Konzernstrukturen nun gelungen ist, einen eigenen Weg zu gehen – einen Weg, der sich jetzt viel besser an den individuellen Wünschen der Anpasser und Endkunden ausrichten kann. Bitte skizzieren Sie unseren Lesern doch bitte kurz die Entwicklung von Wöhlk in den über 50 Jahren des Bestehens. Haase: Wöhlk Contactlinsen wurde kurz nach dem Krieg von Heinrich Wöhlk gegründet, der ja als Erfinder der Corneallinse gilt. Als Meilensteine kann man die Einführung der Conflex und der ersten weichen Kontaktlinse sowie der gasdurchlässigen hart- sich rasant weiter. Meiner Meinung nach ahnte Heinrich Wöhlk die Globalisierung im Kontaktlinsengeschäft und hat bei einer Zukunft mit Zeiss bessere Möglichkeiten für seine Firma gesehen. Aus damaliger Sicht war die Entscheidung richtig, denn Wöhlk hatte zusammen mit Zeiss mehr als 20 erfolgreiche Jahre. DOZ: Was war nicht richtig an der damaligen Idee, Wöhlk-Kontaktlinsen unter dem Namen Zeiss vermarkten zu wollen? Haase: Den Namen Zeiss kennt natürlich jeder und ist immer noch ein Synonym für Qualität, aber auch die Marke Wöhlk hatte sich in den mehr als 30 Jahren einen sehr Wöhlk ist wieder unabhängig DOZ sprach mit Wöhlk-Geschäftsführer Lothar Haase Im August 2005 teilte Bausch & Lomb mit, dass 100% seiner Anteile der Wöhlk-Contact-Linsen GmbH in einen Managemet Buy-Out übertragen wurden, der von Lothar Haase, dem heutigen Geschäftsführer von Wöhlk geführt wird. Am 18. August wurde der „Tag der Unabhängigkeit“ nach 25 Jahren Konzernzugehörigkeit bei Wöhlk in Schönkirchen gefeiert. Die neue Unabhängigkeit fördert die freie Entfaltung der Wöhlk-Philosopie für mehr Individualität und Kundennähe. Ein kurzer Rückblick auf die Firmenentwicklung soll dem besseren Verständnis der heutigen Situation dienen und den Blick auf neue Leistungen und Produkte richten. flexiblen Linse bezeichnen. Der nebenbei aufgebaute Handel mit Zubehör und Pflegemitteln aller Marken rundete das Geschäft ab und ermöglichte dem Kunden das „One Time Shopping“. DOZ: Warum musste das damals gesunde Unternehmen, das führend in einem noch weitgehend heilen Markt agierte, verkauft werden? Haase: Die Firma Wöhlk wuchs von Jahr zu Jahr , auch der Wettbewerb entwickelte guten Ruf erarbeitet. Aus meiner Sicht hätte man einen Übergang besser vorbereiten müssen. Durch die Zusammenlegung der Zeiss und Wöhlk Distribution gelang es nicht, dies entsprechend zu kommunizieren. Außerdem stellten sich die gewünschten Synergieeffekte im Vertrieb nicht ein. Ein Teil unseres Sortiments wird heute inzwischen sehr erfolgreich unter der Marke Zeiss im Inland und im Ausland verkauft. An einer Molding-Line für Austauschlinsen, Lothar Haase (links) mit dem Wirtschaftsminister des Landes 10 DOZ 10-2005 KONTAKTLINSE INTERVIEW DOZ: Als dann Wöhlk erneut verkauft wurde glaubten viele Außenstehende, das sei das Ende, denn es gibt freundliche und unfreundliche Übernahmen. Manche Branchenkenner argumentierten jedoch, dass das Kieler Unternehmen unter dem Dach eines der leistungsfähigsten Kontaktlinsen-Weltkonzerne gut und sicher aufgehoben sei. Nun wieder Trennung. Wann zeichnete sich die Trennung ab, was verursachte sie und wie ist sie verlaufen? Haase: Wöhlk wurde seitens Bausch & Lomb in Zeiten eines „Startegiehängers“ gekauft. Nach einem Führungswechsel bei Bausch & Lomb und nach der strategischen Neuausrichtung passte Wöhlk weder beim Branding noch beim globalen Produktsortiment. Dies hat man natürlich auch bei Bausch & Lomb erkannt und stimmte einer teilweisen Selbstständigkeit bereits in 2003 zu. Der jetzige Verkauf war eigentlich der nächste logische Schritt. DOZ: Wie auch immer, die Historie gelaufen ist, wichtig ist der Blick in die Zukunft. Man kann sich vorstellen, dass die neue Unabhängigkeit auch den Teamgeist und die Freude am Mitgestalten unter der Belegschaft fördert. Gibt es dafür Beispiele? Haase: Die Produktentwicklung war zu B & L Zeiten nur bedingt möglich. Hier erleben wir zur Zeit eine Renaissance. Viele neuen Ideen liegen auf dem Tisch. Die neuen Möglichkeiten für die Zukunft zu gestalten motiviert natürlich alle. DOZ: Sprechen wir über Ihre Philosophie. Ihre Marketing-Kommunikation wendet sich vorwiegend an den mittelständischen Augenoptiker und Anpassspezialisten. Sie haben erkannt, was diesem Kundenkreis am stärksten zu schaffen macht: Versandhandel und Massenware ohne die Möglichkeit individueller Anpassung sowie daraus folgend ein allgemeiner Werteverfall in der Kontaktoptik. Wöhlk ist eine der ganz wenigen größeren Firmen die etwas dagegen tut. Welche Möglichkeiten sehen Sie? Haase: Zu aller erst wollen wir unsere Kundennähe weiter optimieren um so die Wünsche des Anpassers sowohl auf der Produktebene als auch auf der Vertriebsebene zu realisieren. Ein Beispiel hiefür ist die inzwischen gut eingeführte Contact Linie, die nur im Fachhandel erhältlich ist. Unterstützt wird dies mit weiteren Tools zu Kundenbindung. Wahrscheinlich werden wir in 2006 ein Produkt auf den Markt bringen, dass per Definition nur vom Anpasser abgegeben werden darf. DOZ 10-2005 KONTAKTLINSE Besichtigung in der Gütekontrolle DOZ: Wie können Sie den Vertriebsweg kontrollieren? Haase: Die Contact Linie wird ausschließlich für die deutschsprachigen Länder hergestellt und kontrolliert abgegeben. Im übrigen Ausland sind diese Produkte nicht erhältlich. Grauimporte wie bei den großen amerikanischen Unternehmen sind so nicht möglich. DOZ: Sehen Sie längerfristig eine Chance dafür, dass die selektive und individuelle Anpassung neben dem Massenmarkt bestehen bleibt? Haase: Auf jeden Fall! Dies zeigt auch die Marktentwicklung in den USA. Natürlich wird dies nicht ohne zusätzliches Engagement des Anpassers funktionieren. Wir versuchen dies durch das Angebot von sehr professionellen Seminaren zu unterstützen – inzwischen mit zahlreichem Zuspruch. DOZ: So wollen wir hoffen und wünschen, dass möglichst viele Anpasser vom selektiven Vertriebsweg der nur für den Augenspezialisten bestimmten Produkte Gebrauch machen, sich durch qualifizierte Anpassung und Verträglichkeitskontrolle vom Versandhandel und Massenware abheben und dadurch sich selbst und der Firma Wöhlk einen erfolgreichen Fortbestand sichern. Haase: Ja, das ist eine große gemeinsame Aufgabe. DOZ: Sprechen wir bitte über Ihre neuen Produkte: 1. Die Contact life und Contact life toric: sind sie immer noch die Boom-Linse bei Wöhlk, besonders bei trockenen Augen und problematischen Tränensituationen, oder haben sich die Silicon-Hydrogel-Linsen der drei Austauschlinsen-Giganten schon als ernste Konkurrez gezeigt? Haase: Natürlich versuchen die so genannten „Global Player“ die FDA Freigabe zum Übernachtragen marketingtechnisch für ihre Zwecke auszuschlachten (Hand aufs Herz – wer trägt seine Linsen regelmäßig über Nacht ?). Letztlich entscheidend ist jedoch der ausgezeichnete Tragekomfort unserer Linse, auch bei einer problematischen Tränensituation oder empfindlichen Augen während des ganzen Tages. Der Preis stimmt und die Abrundung durch die neue torische Linse kommt gut an. DOZ: 2. sind die neuen Dreimonatslinsen Contact plus und Contact extra Modifikationen oder echte Weiterentwicklungen der bisherigen Weflex 50D und Geaflex72D? Haase: Die Contact Plus und die Contact Extra sind aus einem speziell für diese Anwendung entwickelten Material gefertigt, also nicht wie bei manchen Wettbewerbern nur anders verpackte Monatstauschlinsen. Ursprünglich war eine Ablösung der W50D und der G72D geplant. Wir wollen jedoch die Nachversorgung nicht gefährden und diese Linsen weiterhin anbieten. DOZ: Auf welche Neuerungen dürfen wir im formstabilen Bereich hoffen? Haase: Hier kommt eine interessante Sache – aber ich muss Sie leider auf die Opti 2006 vertrösten. DOZ: Darauf sind wir sehr gespannt und DOZ-Kontaktlinse wird sicher zu den ersten gehören, die darüber berichten. Ihnen Herr Haase und Ihrem Team gebührt große Anerkennung, dass sie unter komplizierten Markt- und Wettbewerbsbedingungen den Standort Kiel-Schönkirchen als deutsche Produktionsstätte am Leben erhalten und neu belebt haben. Besten Dank für dieses Gespräch. Ulrich Maxam 11