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DAS NACHRICHTENPORTAL RHEIN-NECKAR
PALATIA JAZZ:
Das Anke Helfrich Trio trifft in Edenkoben auf das Quartett um Mike Stern und Bill Evans
Von unserem Mitarbeiter Andreas Ahlemann
"In den letzten Jahren hatten wir mehr europäische Künstler im Programm. Dieses Mal wollen wir neben
hiesigen auch wieder einige amerikanische Musiker hören". Mit den Worten schaut Yvonne Moissl, Leiterin
des Palatia Jazz-Festivals, gen Himmel und lächelt zufrieden, denn der Regen über der Edenkobener Villa
Ludwigshöhe hört pünktlich auf und überlässt den Platz dem zweiten von elf Open- Air-Konzerten. Die
gewünschte Multikulturalität setzt Palatia Jazz in diesem Jahr mit acht Doppelkonzerten um, und bringt so jene
musikalische Spannung auf die Bühnen, die besonders im Jazz immer wieder zu faszinierenden Experimenten
führen.
Obwohl Pianistin Anke Helfrich als Weinheimerin zur regionalen Musiker-Elite zählt, hat sie mit Drummer Dejan
Terzic sowie dem Bassisten und Cellisten Henning Sieverts zwei Echo-Preisträger in ihrem Trio, die
inzwischen in Berlin und München leben. Trotz der Distanzen hört man dieser bestens eingespielten AkustikFormation in jeder Phase ihre ungeheure Kreativität an. Ob am Flügel oder am Harmonium - Helfrichs Musik
klingt absolut durchdacht. Doch wer hier verkopft-intellektuelle Kühle befürchtet, wird gleich wieder beruhigt.
Dicht gesetzt, facettenreich arrangiert und druckvoll vorgetragen überrascht sie nicht selten mit
außergewöhnlichen Ideen, denen dennoch keine Emotionen fehlen.
"Aspettami" oder "Sehnsucht" sind Kompositionen, die Intimität in Musik umsetzen. Hingegen mit Stücken, die
wie "Invictus" nach einem Lieblingsgedicht Nelson Mandelas, oder "The Prize", das die "I-Have-a- Dream-Rede
Martin Luther Kings pianistisch-tonal kopiert, belegt sie auch ihr politisch-historisches Interesse. Anke Helfrich
ist mit ihren anspruchsvollen Kompositionen, die absolut gefühlvoll und doch präzise von ihr und ihrem Trio
umgesetzt werden, eine reife Pianistin mit begründetem Anspruch auch auf internationale Anerkennung.
Saxofonist Bill Evans und seine Kollegen, Mike Stern, Dennis Chambers und Tom Kennedy an Gitarre, Bass
und Drums, gehören bereits zur internationalen Elite im Fusion Jazz. Quasi als genaues Gegenstück zur
Akustik-Klasse des Helfrich-Trios, bricht sich bei dem Rock-Jazz-Quartett die kraftvolle Variante hochklassiger
Improvisationen Bahn.
Auch für Rock-Gitarren-Fans
Harmonisch-melodisch recht einfache Kompositionen in knackig gespielten Rhythmen bilden das Fundament
für exzellente und sehr intensiv gespielte Improvisationen. Wie bei Helfrich, sind auch bei Mike Stern alle
Kompositionen Originale der vier Musiker. Doch hier geht es um bare, instrumentale Ausgelassenheit, die kein
Stirnrunzeln zulässt.
Dennis Chambers, nach seiner Gewichtsabnahme gottlob noch am absolut souveränen Schlagzeugstil zu
erkennen, bestimmt zusammen mit Tom Kennedy am perkussiv gespielten E-Bass das rhythmische
Geschehen. Während Stern und Evans, die sich bereits von ihrer Zusammenarbeit bei Miles Davis kennen,
einen Klasse-Chorus nach dem anderen spielen. Mit seinen verzerrten Gitarrenlinien, die Stern bei Stücken
wie "Wishing Well" vom Album "Voices" (2001) auch stimmlich begleitet, fasziniert er wohl auch
Rock-Gitarren-Fans. Wie er spielt, ist atemberaubend und kompromisslos wie seit alten Blood, Sweat & TearsZeiten.
Was für Stern gilt, trifft in gewisser Weise auch auf die Tenor- und Sopran-Sax Improvisationen von Evans zu.
Wobei ein Unterschied im Solo-Aufbau hörbar wird. Anfangs tastet sich der Mann aus Illinois in seine
Chorusse hinein, um eine möglichst große improvisatorische Steigerung zu erreichen. Hier lassen sich gut
seine musikalischen Wurzeln erkennen. Unter anderen bei Dave Liebman gelernt, hat er später bei Miles und
dem Mahavishnu Orchestra unter John Mc Laughlin seine Musik fein geschliffen.
Palatia Jazz bringt nicht nur musikalisch Fusion auf seine Bühnen. Auch konzeptionell ist diese Live-Fusion
30.07.2014 19:03
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absolut hörenswert.
© Mannheimer Morgen, Montag, 07.07.2014
PALATIA JAZZ
Fr., 11.7., Villa Böhm, Neustadt, mit dem Mozdzer, Danielsson, Fresco Trio.
Sa., 12.7., Marktplatz, Schifferstadt, Alexandra Lehmler Quartett u. Festival-Projekt mit Liro Rantala, Miroslav Vitou u.
Wolfgang Haffner.
Fr., 18.7., Hohenstauffensaal, Anweiler a. T., Trondheim Voices u. Trondheim Jazz Orchestra.
Sa., 19.7., Weingut v.Buhl, Deidesheim, Adam Baldych Quartett.
Sa., 26. 7., Klosterruine, Limburg, Jan Kiesewetters Gammarama u. Jazzkantine.
Info/Karten: http://deidesheim.eu/palatiaJazz/index.php
30.07.2014 19:03