Craniosacral Therapie und Atemarbeit Diplomarbeit

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Craniosacral Therapie und Atemarbeit Diplomarbeit
Craniosacral Therapie
und Atemarbeit
Diplomarbeit
Edeltraud Brunschwiler
Schule für Craniosacrale Osteopathie
Rudolf Merkel
Bazenheid, März 2010
Inhalt
1.
1.1.
Einleitung ….............................................................................................
Gedanken zur Themenwahl …..................................................................
3
3
2.
2.1.
Die Atemarbeit in ihrer Vielfalt …...........................................................
Ursprung und Definition des Atems …..................................................
5
5
2.2. Vielfalt der Atemarbeit …........................................................................
2.2.1. Ziele der Atemarbeit …..............................................................................
2.2.2. Arbeitsmöglichkeiten in der Atemarbeit ….................................................
7
7
8
2.3.
Grundlagen und Voraussetzungen in der Atemarbeit …..................... 12
3.
3.1.
Die Craniosacral Therapie...................................................................... 14
Ursprung und Definition der Craniosacralen Osteopathie …............. 14
3.2. Grundlagen der Cranialen Osteopathie …....................................... ... 15
3.2.1. Der Craniosacral Rhythmus - Ausdruck der Primär Atmung …................ 16
3.2.2. Die Qualitätsmerkmale des Craniosacral Rhythmus (CSR) …................ 17
3.3.
Verschiedene Behandlungsansätze der Craniosacral Therapie ….... 17
4.
4.1.
Gemeinsame Ansätze und Unterschiede dieser beiden Therapien .. 19
Gemeinsamkeiten in der Craniosacral Therapie und Atemarbeit ….. 19
4.2.
Unterschiede in der Craniosacral Therapie und Atemarbeit ….......... 20
5.
Gegenseitige Befruchtung dieser beiden Therapien …...................... 23
6.
Glossar …................................................................................................ 26
7.
Literaturverzeichnis …........................................................................... 27
Craniosacral Therapie und Atemarbeit
1.
Einleitung
Gedanken zur Themenwahl
Das Interesse für den Atem ist in mir vor ca. 15 Jahren geweckt worden, anlässlich
eines Jin Shin Jyutsu Kurses: Die Kunst der Selbstheilung durch auflegen der Hände. In diesem Kurs wurde immer wieder auf die zentrale Bedeutung des Atems hingewiesen und mit Zitaten von Mary Burmeister illustriert wie zum Beispiel „Der Atem
ist der letztendliche Heiler“ oder von Thich Nhat Hanh „Wenn ihr aufgeregt und zerstreut seid und es schwierig findet, Achtsamkeit zu üben, kehrt zum Atem zurück:
Sich des Atems bewusst zu werden, ist schon Achtsamkeit. Der Atem ist das Wundermittel, mit dem wir unser Bewusstsein sammeln können.“
Diese Worte hinterliessen in mir unvergessliche Spuren. Der Gedanke über die zentrale Bedeutung des Atems liess mich nicht mehr los und ich fragte mich immer wieder, warum der Atem so wenig Beachtung findet - sei es in der Medizin wie auch in
der Bevölkerung - obwohl er so wichtig ist. Sobald ich von einer berufsbegleitenden
Ausbildungsmöglichkeit erfuhr, fasste ich 1999 den Entschluss, die vierjährige Ausbildung nach Ilse Middendorf im Institut für Atemtherapie und Atempädagogik in Zürich in Angriff zu nehmen.
Ich war tief berührt von den schönen und starken Erfahrungen während dieser Ausbildungszeit. Zudem erkannte ich, dass die Auseinandersetzung mit dem Atem den
Menschen unweigerlich dazu führt, seine Lebensweise und seine persönlichen Themen zu überdenken, zu bearbeiten und den neuen Erkenntnissen anzupassen, was
nicht immer so einfach ist. Aus den gewonnenen Erfahrungen wurde mir klar, dass
sich die Begeisterung der Atemarbeit deshalb häufig in Grenzen hält.
Nach einigen Jahren Berufserfahrung (im ländlichen Gebiet) spürte ich, dass mir etwas fehlte, um den Klienten effektiver helfen zu können. Aus diesem Grunde hielt
ich Ausschau nach einer weiteren Therapiemethode, die sich mit der Atemarbeit gut
kombinieren lässt. So entschloss ich mich für die Weiterbildung in der Craniosacralen Osteopathie/Craniosacral Movement Therapie bei Rudolf Merkel. Diese subtilen
Mobilisationstechniken, die sowohl zur Befunderhebung wie Therapie dienen, sind
für mich eine perfekte Ergänzung zur Atemarbeit geworden.
Mein Interesse für die Craniosacral Therapie und die Atemarbeit hat während der
dreijährigen Fortbildung verschiedene Phasen durchgemacht. Die feine Arbeit der
Craniosacral Therapie hat mich ebenfalls tief berührt und begeistert, sodass ich die
Atemarbeit zwischendurch etwas vernachlässigt habe. Dank der therapeutischen
Begleitung von Klienten und deren positiven Feedbacks, entdecke ich je länger je
mehr die gegenseitige Befruchtung und Ergänzung beider Therapieformen. Zudem
spielen auch meine persönlichen Erfahrungen mit dem Atem “in starken Zeiten“ (wie
es die Indianer sagen würden) eine wichtige Rolle.
Aus diesem Grunde finde ich es spannend, mich in der vorliegenden Diplomarbeit
mit einer Gegenüberstellung beider Therapieformen beschäftigen zu können.
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Craniosacral Therapie und Atemarbeit
Ausgehend von einer Einführung in die Thematik der Atemarbeit (siehe Kapitel 2),
die der Leserin einen vertieften Einblick in Ursprung, Definition, Therapie und Arbeitsmöglichkeiten der Atemtherapie geben soll, werde ich in Kapitel 3 und 4 die
Craniosacral Therapie näher beleuchten, um daraus Gemeinsamkeiten und Unterschiede beider Therapieformen aufzuzeigen. Das Kapitel 5 ist der gegenseitigen Befruchtung beider Therapien gewidmet.
Grundlage für meine Diplomarbeit bilden meine persönlichen Erfahrungen, die ich in
der Praxis gesammelt habe im Sinne von:
Nun, mache Dich selbst zum Kind der Forschung und zu einem Studenten der Natur. (PMP, III-120)
Ein Osteopath wird dahingehend unterrichtet, dass er der Natur bis ans Ende vertraut. (AB, I-118)
Er (der Mensch) ist nicht der physische Körper, die Emotionen oder der Geist. Dies
sind vielmehr Instrumente, die es ihm ermöglichen, in der physischen, emotionalen
und geistigen Welt zu agieren, und es obliegt uns, die Anatomie und Physiologie
dieser Instrumente zu studieren, wenn wir den Menschen in seiner Ganzheit behandeln wollen. (V. M. Frymann)
Diese Zitate laden mich ein, den Weg eigener Forschungen, Beobachtungen und Erfahrung zu gehen, im Bewusstsein dessen, je mehr ich mich an die Arbeit mache
desto reicher werden zur gegebenen Zeit Früchte für die Ernte heranreifen. Nach
dieser dreijährigen Fortbildung stehe ich da, wo ich bin, am Anfang einer grossen
Entdeckungsreise. In schlichter Weise möchte ich einiges berichten und reflektieren.
Ich bedanke mich ganz herzlich für die emotionale und fachliche Unterstützung, die
ich von meinem persönlichen Umfeld sowie Rudolf und seinen Assistentinnen während der Fortbildung erhalten habe.
Wenn ich in der vorliegenden Diplomarbeit von der “Klientin/Therapeutin“ spreche,
ist die männliche Form automatisch mit eingeschlossen.
Bazenheid, März 2010
Diplomarbeit Edeltraud Brunschwiler
Edeltraud Brunschwiler
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Craniosacral Therapie und Atemarbeit
2.
Die Atemarbeit in ihrer Vielfalt
2.1.
Ursprung und Definition des Atems
Das Wissen über die wunderbaren Möglichkeiten des Atems bei der Gesundheitspflege sowie Bewusstseins- und Persönlichkeitsentwicklung ist über 2000 Jahre alt.
Schon im Altertum wurden bei den Ägyptern, den Griechen und den östlichen Kulturvölkern Atem- und Bewegungslehren entwickelt. In der östlichen Welt waren sie vielfach mit Meditationspraktiken verbunden wie die Zen-Meditation in Japan, das Tai
Chi und Qi Gong in China. Im Osten wie im Westen stand die ganzheitliche Bedeutung des Atems im Zentrum. Alle wussten, dass sowohl die körperlichen als auch
seelischen und geistigen Kräfte des Menschen untrennbar mit dem Atem verbunden
sind. In der westlichen Welt ging dies für einige Zeit verloren, bis Anfang des 20.
Jahrhunderts die Bedeutung des Atems wieder langsam an Bedeutung zunahm.
Da die Begriffe “Atmung“ und “Atem“ im alltäglichen Sprachgebrauch oft gleichbedeutend verwendet werden, möchte ich dies hier klären. Die Atmung steht, als
Fachbegriff, für den lebenserhaltenden Stoffwechselprozess (die Lungenatmung).
Der Atem hingegen bezeichnet etwas Grösseres und Umfassenderes, als die Atmung. In wie vielen Bereichen der Atem den Menschen in seiner Ganzheit von Körper, Seele und Geist durchdringt, wird gleich beschrieben.
•
Der Ursprung des Atems liegt nicht darin, dass wir ihn machen, sondern darin, dass „es“ zu atmen beginnt. Mit dem ersten Atemzug kommen wir auf die
Welt und mit dem letzten Atemzug verlassen wir sie wieder. Der Atem begleitet uns unser Leben lang.
•
Der Atem als Verbindung mit dem Göttlichen.
In religiösen Praktiken vieler Kulturen wird der Atem als Weg zu Gott gepflegt
und erlebt.
•
Der Atem als Tor zum Hier und Jetzt und zur Wirklichkeit.
Wenn wir den Atem achtsam wahrnehmen, beschäftigen wir unseren Geist
mit dem gegenwärtigen Geschehen. Die Gedanken finden einen Anker und
kommen mit konsequenter und ausdauernder Übung zur Ruhe. Wir bringen
über den Atem Geist, Seele und Körper in Verbindung und im Idealfall in
Übereinstimmung. Das Herz öffnet sich, Stille entsteht und somit ein direktes
und intensives Erleben des Augenblicks und der Wirklichkeit.
•
Der Atem als Bindeglied zwischen innen und aussen.
Atmen bedeutet Geben und Nehmen. Über unseren Atem stehen wir untrennbar mit der Natur in Verbindung und sind auf sie angewiesen. Er verbindet
auch uns Menschen untereinander, denn jeder atmet die gleiche Luft ein und
beschenkt oder belastet sie mit seinem Ausatem.
•
Der Atem als Träger der Stimme und Kommunikationsmittel.
Sich sprachlich differenziert auszudrücken und mitzuteilen ist nur auf Grundlage der
Atmung möglich. Für den Gesang gilt das Gleiche.
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Craniosacral Therapie und Atemarbeit
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Atem und Gefühle sind unmittelbar miteinander verbunden.
Der Atem reagiert auf alle Gefühle und transportiert sie von innen nach aussen in den Ausdruck. Jede Art von Gefühl drückt sich spezifisch im Atem, der
Stimme, in der Bewegung, Gestik, Haltung, Mimik und der Herzfrequenz aus.
Dieser bestimmte Ausdruck ist in allen Kulturen gleich anzutreffen.
Das Atem- und Muskelsystem drückt nicht nur unmittelbar Gefühle aus, sondern kann auch dafür eingesetzt werden, sie zu kontrollieren. Somit können
Gefühle gehemmt oder unterdrückt werden. Als einer der Ersten entdeckte
Wilhelm Reich an seinen Klienten, dass sie emotionale, körperliche Reaktionen und Gefühle durch muskuläre Dauerspannung kontrollieren und binden.
Zudem stellte er fest, dass sie durch Spannungen im Bauch, Diaphragma,
Brust und Hals die Atmung hemmen. Damit vermindert sich natürlich die Sauerstoffzufuhr und Energieerzeugung wie auch die emotionale Erregbarkeit.
Als Ergebnis zeigt sich ein Affektverlust und eine Herabsetzung der emotionalen Spannung sowie eine Einschränkung der körperlichen Bewegungsfähigkeit.
Der Atem kann auch Gefühle auslösen und sie verstärken. Besonders bei
Menschen mit starker Anspannung im Schulterbereich verbunden mit einer
oberflächlichen Brustatmung kann schnelles Atmen Angst auslösen und verstärken. Dies geschieht häufig, wenn das Atmen bis zu einer ausgeprägten
Hyperventilation führt. Umgekehrt kann bewusstes Atmen die Gefühle neutralisieren.
•
Der Atem als Zugang zum Unbewussten.
Das persönliche Unbewusste entsteht, weil wir nicht alle Erfahrungen des täglichen Lebens bewusst verarbeiten können. Ein grosser Teil des Erlebten
muss aus Gründen der begrenzten Verarbeitungskapazität unbewusst bleiben. Es bleibt jedoch leicht zugänglich, da es in den „Erfahrungsschatz“ des
Menschen eingegangen ist. Schwieriger wird es bei ungelösten Konflikten, die
schwer erträglich sind und deshalb ins Unbewusste verdrängt und abgewehrt
werden.
Der bewusste Atem bildet eine Brücke zum Unbewussten, da er sensibel wie
ein Seismograph auf alle inneren und äusseren, bewussten wie unbewussten
Einflüsse reagiert. Zugang zu diesen unbewussten Reaktionen und Inhalten
finden wir durch das bewusste Wahrnehmen des Atems, wodurch sie wieder
bewusst integriert werden können. Diese Anteile können sowohl aus dem persönlichen wie auch kollektiven Unbewussten kommen und zu Wachstum und
Reifung unserer Persönlichkeit beitragen.
Besonders, wenn wir an der Entfaltung des Atems arbeiten, kann bewusst gemacht werden, was zur Einschränkung des Atems geführt hat, denn es ist im
Körper und Atemmuster gespeichert. Deshalb können ursächliche Situationen
und Erlebnisse erinnert werden, die bis in die frühe Kindheit oder Geburt zurückreichen, oder sie werden ohne Aufsehen verarbeitet, so dass die gefangene Kraft befreit im Hier und Jetzt dem Menschen wieder zur Verfügung
steht. Die Integration und Aufarbeitung unbewusster Anteile fördert die Entfaltung der Persönlichkeit und führt zu einem freien lebendigen Atem.
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Craniosacral Therapie und Atemarbeit
•
Der Atem, ein lebendiges, ganzheitliches Geschehen.
Jede Situation im Alltag, die wir erleben, hinterlässt Spuren in unserem Atem.
Ob wir laufen oder ruhen, uns ärgern oder wohl fühlen, denken oder sprechen
beeinflusst den Atem. Der Gedanke an ein schönes Erlebnis lässt uns durchatmen, hingegen trübe Gedanken beengen den Atem. Unsere Sprache drückt
dies bildhaft aus: bei Ärger lassen wir Dampf ab, vor Wut schnauben wir, vor
Angst halten wir die Luft an, aus Erleichterung atmen wir auf, bei Geduld haben wir einen langen Atem. Wie schon erwähnt, beeinflussen alle inneren und
äusseren Einflüsse den Atem. Demnach ist atmen ein ganzheitliches Geschehen und wechselt entsprechend den Einflüssen flexibel und lebendig seine
Form bzw. Frequenz, Tiefe, Bewegung und Rhythmus.
Ist dieses vielstimmige Wechselspiel gestört, geraten wir aus dem Gleichgewicht. Zum einen können körperliche Faktoren und deren Umgang damit die
Ursache sein. Zum anderen kann es auch daran liegen, dass wir uns bestimmten Einflüssen nicht mehr aussetzen, diese bewusst oder unbewusst
abwehren oder einfach gewohnheitsmässig reagieren.
Das Atmen ist somit ein unmittelbares Spiegelbild unserer körperlichen, seelischen und geistigen Verfassung. Es ist weder richtig noch falsch, sondern so,
wie wir sind. So wie wir leben, so atmen wir und so wie wir atmen, so leben
wir. Leben wir verhalten, dann atmen wir verhalten. Wenn wir bewusst auf unseren Atem achten, haben wir die Chance, dies wahrzunehmen und zu ändern.
2.2.
Vielfalt der Atemarbeit
2.2.1. Ziele der Atemarbeit
Ein zentrales Anliegen ist die salutogenetische Betrachtungsweise, die Entfaltung
und Stärkung der Ressourcen des Menschen. Den Zugang der inneren Kraft- und
Heilquellen zu entdecken, um daraus schöpfen zu können. Über Atem und Bewegung wird der Mensch in Kontakt mit seinen eigenen Kräften gebracht und lernt sie
mit der Zeit kreativ zu nutzen. Angesetzt wird an den individuellen Möglichkeiten, der
aktuellen Befindlichkeit und den Bedürfnissen des Menschen. Dabei steht das Fördern von vorhandenen Potenzialen und Widerstandskräften im Vordergrund. Sind
diese genug entwickelt und gestärkt, können sie helfen eine Krankheit oder ein
Problem zu bewältigen oder besser damit umzugehen. Aus diesem Grunde können
Symptome verschwinden, weil im Mittelpunkt der Atemarbeit das Gesunde und die
Freisetzung der inneren Heilkräfte stehen.
Bei diesen Prozessen ist Bewusstheit ein wichtiger Bestandteil. Die gewonnenen Erfahrungen und Erkenntnisse helfen uns dabei, wenn nötig, Veränderungen zu unserem ganzheitlichen Wohl anzugehen.
„Um zu tun, was man will, muss man fühlen und wissen, was man tut“ (Bersin in Milz
1944, S. 93). Durch achtsames Üben mit Atem und Bewegung können wir bewusst
wahrnehmen, wie wir mit unserem Körper, unserem Atem - uns selbst umgehen. Wir
erleben und spüren wieder, was uns gut tut und was nicht. Unsere Stärken und
Schwächen sowie Strategien, wie wir mit uns, mit anderen und mit unserem Leben
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umgehen, werden deutlich. Diese wachsende Bewusstheit gilt es für das Wesentliche im Leben, Gesundheit, ganzheitliches Wohlbefinden, persönliche Entfaltung, befriedigende Arbeit, erfüllte Beziehungen und Freude am Leben einzusetzen.
Die Auseinandersetzung mit sich selbst, wie auch Neues zu wagen, erfordert Kraft,
Mut, Vertrauen und Entscheidungsfähigkeit, dass es zum eigenen Besten geschieht
und das Neue eine Verbesserung wird. Dabei unterstützen die erworbenen Ressourcen und stärkenden Atemkräfte, notwendige Veränderungen herbeizuführen.
Durch den zugelassenen Atem gewinnt der Mensch allmählich seine Ganzheit zurück, indem nicht oder weniger gelebte Selbstanteile mehr und mehr zugelassen
werden können. Dinge, die im Hintergrund schlummerten oder ganz verdrängt wurden, können bewusst und integriert werden. Mehr Lebenskraft und Spontaneität,
Staunen und Sein, Ruhe und Gelassenheit, mehr Liebeskraft und Begegnung, mehr
Direktheit und Aufrichtigkeit usw. wird möglich. Dadurch entwickeln wir immer mehr
unser Potenzial und nähern uns unserem eigentlichen Wesen.
Durch die mit Atemarbeit erreichte grössere Verbundenheit mit uns und unseren
Kräften, vermögen wir unser gewohntes Verhalten zu ändern, so dass die persönliche Entwicklung erleichtert wird. Auf diese Weise kann die ganzheitliche Sicht- und
Wirkungsweise der Atemtherapie in vielen Bereichen effizient helfen, zum Beispiel
bei Krankheiten und Problemen körperlicher, seelischer, geistiger oder sozialer Art.
Zugleich zählt sie zu den wertvollsten Krankheitsprophylaxen.
Weitere grundsätzliche Ziele sind:
•
Das Erfahren und Zulassen des eigenen Atems im gesamten Körper, einer
ausgeglichenen Muskelspannung, einer optimalen Beweglichkeit in den Gelenken, einer Durchlässigkeit des Körpers für die Atembewegung und einer
ausgeglichenen psychischen Wachheit des Menschen.
•
Die Entfaltung und Entwicklung von Selbstvertrauen, Lebensfreude, Kreativität, Eigenverantwortung und Handlungsfähigkeit.
2.2.2. Arbeitsmöglichkeiten in der Atemarbeit
Es gibt verschiedene Varianten, diese Ziele zu erreichen:
•
Atem und Bewegung
Die Bewegung wird vor allem genutzt, um den Atem ins Fliessen zu bringen.
Verschiedene Formen von Bewegungen oder Bewegungsabläufen zählen zu
den einfachsten Möglichkeiten, den Atem ohne willentlichen Einsatz zu beeinflussen und sich aus festgelegten und eingeschränkten Mustern zu befreien.
Dabei kann sich der Atem von selbst auf die Bewegungsangebote einstellen.
Ein freier, zugelassener Atem wird in einer bestimmten Weise und je nach Angebot wechselnd reagieren. Beim Nachspüren nach jeder „Atemübung“ erfahren wir dies unter anderem und können dann auf diesen wertvollen Eigenerfahrungen aufbauen. Die Bewegung kann gezielt eingesetzt werden, um die
körperlichen Voraussetzungen für einen freien Atemfluss zu verbessern; gemeint sind Eutonus, Beweglichkeit, mühelose aufrechte Körperhaltung und
Durchlässigkeit für die Atembewegung.
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Craniosacral Therapie und Atemarbeit
•
Muskelspannung
Die flexible situationsgerechte Anpassung der Muskeln ist eine wesentliche
Voraussetzung, damit der Atem frei und lebendig auf innere und äussere Einflüsse eingehen kann. Das heisst, er muss seine Form wie Frequenz, Tiefe,
Bewegung und Rhythmus verändern können. Das Wechselspiel von Spannen
und Lösen der Muskeln ist für deren uneingeschränkte Funktion, für die Erhaltung der Bewegungsmöglichkeiten und für ein freies Atmen sehr wichtig.
Die Muskelspannung wird in der Atemarbeit direkt beeinflusst. Überspannungen werden gelöst, Unterspannungen angehoben und die Flexibilität der
Spannungsregulierung und Wohlspannung hergestellt. Dies führt zu freieren
Gelenken, besserer Beweglichkeit und Durchlässigkeit, besserer Durchblutung und Sauerstoffversorgung und letztendlich zu einem freieren Atemfluss.
•
Atem und Haltung
Wir sind in jedem Moment gefordert, die unseren individuellen Möglichkeiten
und der jeweiligen Situation entsprechende “richtige Haltung“ zu finden. Die
Haltung soll weniger zu einem gehaltenen Zustand werden, als vielmehr zu
einem dynamischen Gleichgewicht, das immer wieder neu gefunden werden
muss. Sie ist durch die individuelle Körperstruktur und deren Verfassung bestimmt und spiegelt auch die seelische Befindlichkeit und die Geisteshaltung
des Menschen wider.
Die Muskeln halten vor allem durch ihre Grundspannung das Skelett in einer
aufrechten Haltung. Zudem bewegen sie durch Anspannen und Lösen das
Skelett und können damit die Haltung ändern. Wir können wohl angeborene
Fehlbildungen kaum verändern und Krankheiten oft nicht abwenden, jedoch
können wir wählen, wie wir mit ihnen umgehen und leben, und wir können
Haltungsschwächen hinnehmen oder aktiv versuchen, sie zu verbessern oder
sogar zu beheben. Meist nehmen wir aber einfach unsere gewohnte, vielfach
unbewusste Haltung ein.
Gleich, ob die Ursachen für eine “falsche Haltung“ körperlicher, seelischer
oder geistiger Natur sind, mit Hilfe einer Kombination aus dehnenden, lösenden und aktivierenden Atem- und Bewegungsübungen kann vielfach eine
mühelose aufrechte Haltung wieder erarbeitet werden. Die Atmung wird dabei
nicht nur freier und leichter, sondern sie wirkt bei dem Prozess unterstützend
mit. Von unten stabilisiert der aufrichtende Ausatem die Haltung, von oben
löst der absteigende Ausatem Spannungen und von der Mitte zentriert der horizontale Atem von innen Ich-stärkend auf. Sind wir körperlich, seelisch und
geistig gestärkt und in unserer Haltung beweglich, kann sie sich flexibel jeder
Situation anpassen. So ist die “physiologisch mühelose Haltung“ ein Ideal, mit
dem wir uns lebenslang auseinandersetzen und uns anzunähern versuchen.
Sie ist meist in Bewegung, vielleicht unterbrochen von Momenten inneren und
äusseren Gleichgewichts.
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Craniosacral Therapie und Atemarbeit
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Atembewegung
Der Atem wird nicht nur durch Bewegung ausgelöst, sondern Atem ist selbst
Bewegung. Beim Einatmen weiten sich die Körperwände nach aussen und
beim Ausatmen schwingen sie wieder zurück. Durch dieses immer währende
Weit- und Schmal-Werden erleben wir den Atem als Atembewegung und
spüren, dass wir atmen. Diese Atembewegung kann sich bei entsprechender
Durchlässigkeit - wohlgespannter Muskulatur, freien Gelenken, elastischen
Geweben - im ganzen Rumpf und als Welle oder Schwingung bis in die Extremitäten ausbreiten. Erreicht die Atembewegung bestimmte Körperregionen
nicht von selbst, dann kann sie gezielt über Sammlung, Berührung, Bewegung oder Stimme erarbeitet werden.
Bei einer optimal funktionierenden Atmung wird die Atembewegung am deutlichsten knapp unterhalb des Nabels - dem Atempulspunkt - spürbar. Von hier
breitet sich dann die Atembewegung im ganzen Körper aus.
Die Atembewegung hat ähnliche Wirkungen wie die Bewegung. Sie löst ebenfalls muskuläre Überspannungen im Körper, aktiviert unterspannte Bereiche
und fördert Wohlspannung und Durchlässigkeit. Sie vermittelt ein Gefühl von
Lebendigkeit und Kraft. Sie hilft zu entspannen und zu regenerieren, fördert
den Herz- und Lymphkreislauf und wirkt unterstützend auf die Bauchorgane.
Zudem hat sie eine tiefgreifende Wirkung in die seelisch-geistigen Bereiche.
•
Atemräume
Beim Weiten der Körperwände im Einatem entsteht Raum und Volumen, dadurch fühlt sich dieser Bereich weiter und grösser an. Diese Empfindung besteht nicht nur im Moment des Einatems, sondern hält mehr oder weniger
lang an. So entsteht eine Körperwahrnehmung von unserem Innenraum, der
durch die Körperwände vom Aussenraum, von der Umwelt getrennt ist. Die
Körpergrenzen werden dadurch deutlich spürbar.
Der Innenraum wird in drei Atemräume - den unteren, mittleren und oberen - unterteilt. In jedem der Atemräume entfaltet und gestaltet sich die Atembewegung in unterschiedlicher Weise mit charakteristischen körperlichen,
seelischen und geistigen Qualitäten. Wieviel Atemraum in diesen Körperbereichen zugelassen werden kann, spiegelt unmittelbar, wieviel Raum diesem
Thema im Leben gegeben wird.
•
Atemkraft und Ausatemrichtung
Beim Zurückschwingen der Körperwände im Ausatem können wir wahrnehmen, wie sich der Atemraum verkleinert und verdichtet, dadurch entsteht die
Ausatemkraft. Sie nimmt, je nachdem in welchem Atemraum sie entsteht, eine bestimmte Richtung mit unterschiedlicher Wirkung ein. Wir können dies
spüren, wenn wir die Ausatembewegung mit unserer Sammlung bewusst begleiten.
Der aufsteigende Ausatem beinhaltet eine vitale, aufrichtende Kraft und unterstützt die aufrechte Haltung.
Der absteigende Ausatem ist eine sanfte, lösende Kraft und fördert das Lösen und Nachgeben von Spannungen und Festhaltungen sowie das Niederlassen auf den Boden.
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Craniosacral Therapie und Atemarbeit
Der horizontale Ausatem besitzt eine zentrierende Mittenkraft und bildet IchStärke.
Alle drei Kräfte wirken wieder auf körperlicher, seelischer und geistiger Ebene. Im Einzelnen geübt, fördern sie verschiedene Aspekte unseres Seins. Zusammen ergänzen sie sich in ihrer Wirkung und unterstützen den Menschen
in seiner Ganzheit.
•
Atemrhythmus
In der Atemarbeit wird eine ganz besondere Bedeutung dem Atemrhythmus
beigemessen. Er besteht in der Ruheatmung aus drei Phasen, dem Einatem,
dem Ausatem und der Atemruhe. Dieser Grundrhythmus verändert sich bei
Aktivität, indem die Atemruhe weg fällt. Beim Sprechen und Singen entfällt die
Atempause ebenfalls, der Ausatem wird verlängert und der Einatem reflektorisch verkürzt.
Wie die meisten lebendigen Rhythmen veränderbar sind, trifft dies auch beim
Atemrhythmus zu. Im Grunde gleicht kein Atemzug dem anderen. Sobald sich
die Aktivität, das Fühlen, das Denken verändert, verändert sich entsprechend
der Atemrhythmus und zwar im Verhältnis der einzelnen Atemphasen zueinander und das Tempo des gesamten Rhythmus'. Bei jedem Menschen geschieht dies unterschiedlich, denn jeder Mensch reagiert entsprechend seinen
Anlagen und Lebenserfahrungen verschieden.
Der Atemrhythmus enthält in seinen drei Phasen, Einatem - Ausatem - Atemruhe, unterschiedliche Qualitäten, Eigenschaften und Weisheiten. Er ist die
Daseins-Weise, in der wir dem Menschen in der Atemarbeit vorwiegend begegnen. Im Atemrhythmus zeigt sich der Mensch in seiner Individualität, seiner Befindlichkeit, seiner Kontaktfähigkeit und Kontaktbereitschaft, wie auch
in seiner Geschichte und seinem „Geworden Sein“.
Der Atemrhythmus spiegelt Befund und Befinden zugleich. Er trägt das Wesen des Menschen in sich - auch wenn es unter einer Vielzahl von Fassaden
verborgen sein mag. So ist die Arbeit am Atemrhythmus Arbeit am Wesen
des Menschen wie auch das eigentliche Ziel, den Menschen wieder mit seinem Ur-Atemrhythmus in Verbindung zu bringen. Der Atemrhythmus ist zugleich Medium für Diagnostik, Therapie und Begegnung, in der wir mit ihm in
der Atemarbeit kommunizieren.
Mein Atem kommt, mein Atem geht und ruht im ewigen Kreislauf und ist ein
tanzender Rhythmus, wenn ich ihn zu spüren, zu leben, zu erfahren weiss.
Ausschnitt aus: Der Erfahrbare Atem in seiner Substanz, Ilse Middendorf
Die Atemarbeit geht noch viel weiter, es sprengt jedoch den Rahmen dieser Arbeit,
weiter darauf einzugehen. Deshalb sind weiterführende Bereiche der Atemtherapie
nur noch stichwortartig aufgelistet.
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Atemarbeit mit Vokalen und Konsonanten
Rücken und Gelenke
Fingerkuppenarbeit
Arbeit mit den Körperhöhlen
Arbeit mit den inneren Organen
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Craniosacral Therapie und Atemarbeit
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Der Kopf in der Atemarbeit
Die Hände in der Atemarbeit
Zentrumsarbeit
Duft und Hauch
Arbeit mit Spannung und Widerstandskraft
Innerer und äusserer Atem
Arbeit mit den Knochen
Poren-Atem und Wand-Atem
Das Spiral-Motiv im bewussten zugelassenen Atem
Atemarbeit mit einem/einer Partner/Partnerin
Atemmeditation
Bild: Einzeltherapie
2.3.
Grundlagen und Voraussetzungen der Atemarbeit
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Die Körperwahrnehmung wird in der Arbeit mit Atem und Bewegung intensiv geschult. Durch sie sind wir erst in der Lage, unseren Körper und Atem
differenziert wahrzunehmen. Die Körperwahrnehmung verleiht Zugang zu den
inneren Kräften und Ressourcen. So können wir durch einen guten Bodenkontakt Grundvertrauen erfahren oder durch die Beweglichkeit im Becken unsere Lebenskraft spüren.
•
Mit dem zugelassenen Atem zu arbeiten, ohne willentlich einzugreifen, ist
meistens das Schwierigste für die Menschen. Ungewohnte Fähigkeiten sind
gefragt wie zulassen, nicht tun, sondern nur lassen und warten in Hingabe
und Achtsamkeit. Wie erstaunt und ergriffen sind die Klientinnen dann, wenn
sie spüren, es atmet einfach und zwar mühelos, wenn es ihnen gelingt, den
Atem so zu lassen, wie er ist. So einfach und doch so schwierig ist es:
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Craniosacral Therapie und Atemarbeit
Wir lassen den Atem kommen, wir lassen ihn gehen und warten,
bis er von selbst wieder kommt.
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Erst die Sammlungsfähigkeit macht die erstaunliche Wirksamkeit der einfachen Atem- und Bewegungsübungen aus. Über Hingabe und Achtsamkeit,
die der Mensch sich selbst gegenüber einzunehmen lernt, kann er schrittweise Sammlungs-, Empfindungs- und Spürfähigkeiten entwickeln. Hingabe und
Achtsamkeit beschreiben eine innere Haltung, die gekennzeichnet ist durch
ein absichtsloses, nicht wertendes, aber dennoch waches und aufmerksames
Geschehen-Lassen körperlicher und seelischer Veränderungen. In dieser
Haltung überlassen wir uns einem physischen oder seelischen Prozess, versuchen, nicht manipulativ in das Geschehen einzugreifen, nehmen es dabei
trotzdem wach und bewusst wahr. Die Balance zwischen diesen beiden Polen
- der Kraft der Hingabe und der Kraft der Achtsamkeit - ist immer wieder neu
zu finden.
Im Unterschied zu anderen Atem- und therapeutischen Verfahren wird in der
Arbeit mit dem bewusst zugelassenen Atem das Atemgeschehen in keiner
Weise forciert. Vielmehr handelt es sich um eine übungszentrierte und ressourcen-aktivierende Methode, die über Sammlungsfähigkeit, die Ausgewogenheit von Hingabe und Achtsamkeit und das Zulassen der Atembewegung
das körperlich-seelisch-geistige Entwicklungspotenzial des Menschen anspricht. Sie kann auch als Ich-Kraft verstanden werden, eine Fähigkeit, sich in
besonderer Weise dem eigenen Inneren zuzuwenden.
Bild: Atemtherapie mit Kindern
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Craniosacral Therapie und Atemarbeit
3.
Die Craniosacral Therapie
3.1.
Ursprung und Definition der Craniosacralen Osteopathie
Die Craniosacral Therapie ist, erst Anfang des 20. Jahrhunderts, aus der Osteopathie heraus entstanden, deren Begründer Dr. Andrew Tayler Still ist (1828-1954).
Sein Leitmotiv war: Der erste Grundsatz eines Arztes muss sein, das Gesunde im
Individuum zu finden, denn Krankheit kann jeder finden.
Der Osteopath Dr. William Garner Sutherland (1873-1954), Begründer der Cranialen
Osteopathie vertiefte die Erkenntnisse und formulierte die Grundthesen der Cranialen Osteopathie. Seine intensive Forschungs- und Pionierarbeit beruht auf der Erkenntnis, dass sich die Schädelknochen innerhalb ihrer Struktur bewegen und nicht
wie bisher angenommen, verknöchert sind. Die Craniosacral Therapie beinhaltet einfache und wenig eingreifende Mobilisierungstechniken aus der Schädel Osteopathie.
Der Name Craniosacral Therapie wurde in den 70er Jahren erstmals vom amerikanischen Forscher und Osteopathen Dr. John E. Upledger während seiner Forschungsarbeiten an der Michigan Universität geprägt. Er gab als Erster seine Erkenntnisse
und Lehren auch an Nicht-Osteopathen weiter.
Der Name Craniosacrale Osteopathie setzt sich aus den Begriffen “Cranium“
(Schädel) und “Sacrum“ (Kreuzbein) sowie aus “Osteo“, was Knochen bedeutet
und “Pathos“, was Krankheit oder Leiden bedeutet zusammen. Die beiden Pole
“Schädel“ und “Kreuzbein“ bilden mit dem Gehirn und den Rückenmarkshäuten
(Membranen) eine Einheit, das heisst ein System, in welchem die Gehirnflüssigkeit
bzw. Liquor rhythmisch pulsiert.
Ein wichtiger Hintergrund dieser Arbeit ist die Annahme, dass das Gehirn sowie das
Hirnwasser eine autonome und rhythmische Bewegung haben. Diese gemeinsame
Bewegung von Hirn und Hirnwasser nannte Sutherland im Gegensatz zur Lungenatmung das Primäre Atemsystem oder „Breath of Life.“ Heute gibt es Untersuchungen,
die belegen, dass das Hirngewebe sowie das Hirnwasser eine Eigenbewegung haben, welche unabhängig von Atmung und Herzrhythmus ist. Diese Bewegung überträgt sich auf das ganze Craniosacrale System. Die Bewegung erfasst die Hirnhäute,
die einzelnen Schädelknochen, die Wirbelsäule und das Kreuzbein. Von dort überträgt sich die Bewegung auf das Skelett und das Bindegewebe und weiter auf den
ganzen, zum grössten Teil aus Wasser bestehenden Organismus.
Diese wellenförmige Bewegung ist am Cranium sowie am ganzen Körper palpierbar.
Ist die Fluktuationswelle in einer Region nicht zu ertasten, weist dies auf eine lokale
Verletzung oder Blockade hin. Die erkennende Berührung des Craniosacral Praktizierenden ist Grundlage für das weitere Vorgehen. Die therapeutischen Ansätze reichen von deutlich manuellen Techniken bis hin zu einem subtilen Aufspüren und Begleiten der Primären Atembewegung in den Strukturen des Organismus'. Mit der befreiten Bewegung des Primären Atemsystems in allen Strukturen tritt, je nach individueller Krankheitssituation, möglicher Gesundungsprozess ein.
Für die Therapeutin ist eine vertiefte Kenntnis in Anatomie und Physiologie der Gewebestrukturen und Körperfunktionen wichtig, die Entfaltung wissender, spürender
und fühlender Hände sowie die Schulung des Bewusstseins der freien Aufmerksamkeit. Der gesunde Mensch, das gesunde lebendige Gewebe und die Physiologie
sind Wegweiser, um ihn in seiner Selbstheilung zu unterstützen.
Diplomarbeit Edeltraud Brunschwiler
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Craniosacral Therapie und Atemarbeit
3.2.
Grundlagen der Cranialen Osteopathie
Da die Wurzeln der Cranialen Osteopathie, wie schon erwähnt, die Osteopathie ist,
erscheint es mir wichtig, die Prinzipien der Osteopathie als Erstes zu beschreiben.
•
Struktur und Funktion bedingen sich gegenseitig.
•
Der Körper hat selbstregulierende, selbstheilende Fähigkeiten.
•
Das arterielle System sowie das Nervensystem haben eine grosse Bedeutung
für die Gesundheit des Menschen.
•
Das Muskelsystem ist nicht nur ein Halteapparat. Es reagiert sehr empfindlich
auf Stress. Ein nicht richtiges Funktionieren kann eine gute Blut- und Nervenversorgung behindern.
•
Auch wenn sich in einem bestimmten Bereich des Körpers Krankheit manifestiert, kann über andere Bereiche des Körpers eine Heilung eingeleitet werden.
Die ersten Osteopathen arbeiteten nach diesen Prinzipien und waren entsprechend
erfolgreich, vor allem im Bereich der Infektionskrankheiten.
Heute gibt es drei Teilbereiche innerhalb der Osteopathie:
•
Der Parietale Bereich beinhaltet Muskeln, Knochen, Gelenke und Faszien.
•
Der Viscerale Bereich ist zuständig für die inneren Organe, das vegetative
Nervensystem und die hormonellen Steuerungsmechanismen.
•
Der Craniale Bereich umschliesst vor allem Kopf und Becken, die über die
spinalen Hirnhäute, die im Wirbelkanal verlaufen und Gehirnflüssigkeit enthalten, verbunden sind.
Die Grundlagen der Cranialen Osteopathie werden von Becker, einem Schüler
von W. G. Sutherland, in fünf Thesen zusammengefasst:
•
Die Motilität des zentralen Nervensystems
Motilität ist die Fähigkeit, aus sich selbst heraus spontan Bewegung auszudrücken. Das zentrale Nervensystem bewegt sich von innen heraus - genau
wie die inneren Organe - um die Achse seiner embryologischen Entfaltungsbewegung: das heisst, es wiederholt ständig die Bewegung, die es einmal gemacht hat, als es sich aus dem Keimblatt entfaltete.
•
Die Fluktuation des Hirnwassers innerhalb der Hirnhäute
Fluktuation ist nach Websters Lexikon „Die Bewegung einer in einem natürlichen oder künstlichen Hohlraum enthaltenen Flüssigkeit“. Nach Sutherland ist
es der in der Flüssigkeit enthaltene Atem des Lebens.
•
Das reziproke Spannungsmembransystem der Dura mater
Das Membransystem der Dura mater steht unter einer ständigen physiologischen Spannung. Reziprok bedeutet, dass sich die Spannungsverhältnisse an
Diplomarbeit Edeltraud Brunschwiler
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Craniosacral Therapie und Atemarbeit
einem Ende des Systems unweigerlich auf das andere Ende auswirken. Die
Dura mater (Hirnhaut) überträgt die Eigenbewegung auf die Schädelknochen
und das Kreuzbein.
•
Die gelenkartige Beweglichkeit der Schädelknochen in ihren Nähten.
Das bedeutet, die Schädelknochen bleiben bis ins hohe Alter frei beweglich.
•
Die unwillkürliche Beweglichkeit des Kreuzbeins zwischen den Ilien
das Kreuzbein bewegt sich unwillkürlich zusammen mit dem Craniosacral
Rhythmus. Das setzt eine gewisse Beweglichkeit zwischen dem Kreuzbein
und den Darmbeinen (Ilien) voraus. Zur Zeit Sutherlands herrschte noch die
offizielle Lehrmeinung vor, dass es sich bei den Kreuz-Darmbeingelenken um
Synarthrosen, also unbewegliche Knochenverbindungen, handelt.
Alle Elemente dieser fünf Thesen müssen ihre Funktion erfüllen können, damit das
Primäre Atemsystem als Ganzes zum vollen Ausdruck kommen kann.
Mit diesen fünf Grundthesen werden die wichtigsten anatomischen Strukturen sowie
die Beweglichkeit dieser Strukturen und die Richtung der Bewegungsübertragung
des Craniosacral Rhythmus beschrieben: vom Hirnwasser auf die Hirnhäute und von
den Hirnhäuten auf die knöchernen Strukturen. Sutherland betrachtet die Fluktuation
der cerebrospinalen Flüssigkeit als erstes und fundamentalstes Merkmal des Primären Atemmechanismus'. Er bezog sich in seinen Abhandlungen immer wieder auf
A. T. Still, der die cerebrospinale Flüssigkeit als das höchste bekannte Element,
welches im Körper enthalten ist, betrachtete. Wenn das Gehirn diese Flüssigkeit
nicht in grosszügiger Fülle herstellt, wird es eine eingeschränkte Funktion des Körpers geben.
3.2.1 Der Craniosacral Rhythmus - Ausdruck der Primär Atmung
Der Craniosacral Rhythmus ist mit 2.5 bis 16 Zyklen pro Minute wie auch die langsamere Mid und Long Tide Ausdruck des Lebensatems. Grundsätzlich drückt die Primär Atmung mit ihren verschiedenen Rhythmen immer Gesundheit aus. Sie strebt
immer nach dem “vollkommenen Bauplan der Existenz“, dem Ursprünglichen, der
Ganzheit. Der Ausdruck der Primär Atmung ist stets auf optimale Harmonisierung
des Gesamtorganismus' bis auf die Zellebene bedacht.
Es gibt verschiedene Theorien und Hinweise, welche Faktoren und Strukturen an
der Entstehung dieser zeitlupenmässig-langsamen Bewegungen beteiligt sind. Was
die Bewegungen des Craniosacral Rhythmus' entstehen lässt, wo genau oder wodurch er gesteuert wird, konnte jedoch bis jetzt nicht endgültig geklärt werden. Wahrscheinlich tragen verschiedene Einflüsse dazu bei. Die zahlreichen Behandlungserfolge und die praktischen Erfahrungen in der Craniosacral Therapie sprechen für
sich.
•
In der Inhalationsphase führen alle in der Mittellinie gelegenen Strukturen eine Rotation um eine transversale Achse aus und alle bilateralen Strukturen
gehen in Aussenrotation.
Diplomarbeit Edeltraud Brunschwiler
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Craniosacral Therapie und Atemarbeit
•
In der Expirationsphase führen alle in der Mittellinie gelegenen Strukturen eine der Inspiration gegenläufige Rotation um eine transversale Achse aus; alle
bilateralen Strukturen gehen in Innenrotation.
•
Etwa in der Mitte des Weges zwischen Inspirations- und Expirationsstellung
macht die Bewegung eine winzige Pause. Die Stelle dieses kurzen Innehaltens wird auch “neutrale Zone“ oder einfach “Neutral“ genannt.
•
Dann gibt es Ruhepunkte, auch Stillpoints genannt, die von selbst entstehen.
Sie sind Ausdruck für eine Zeitspanne, in der der Craniosacral Rhythmus
ruht. Ein Stillpoint dauert meist zwischen zwanzig Sekunden und vier Minuten. Er kann aber auch kürzer und wesentlich länger dauern. Manchmal
kommt der Rhythmus auch für einen oder zwei Zyklen kurz zurück, um dann
gleich wieder in einen Ruhepunkt zu gleiten.
Stillpoints geschehen von alleine, zum Beispiel wenn der Mensch komplett
entspannt ist, in der Meditation oder in Tiefschlafphasen. Zudem können sie
therapeutisch eingeführt werden.
3.2.2. Die Qualitätsmerkmale des Craniosacral Rhythmus' (CSR) sind:
•
Stärke: Der CSR kann eher zaghaft und kaum spürbar sein, im Gegensatz zu
einer sehr kräftigen Bewegung, die nach innen und aussen führt. Die Stärke
ist nicht mit der Weite oder Häufigkeit zu verwechseln.
•
Amplitude/Bandbreite/Weite: Der CSR kann einen grossen, weiten Bereich
der Aussen-Innen-Rotation aufweisen oder im Gegensatz dazu einen eher
schmalen, eingeschränkten Bereich. Dann gibt es Menschen und Körperzonen, deren CSR eindeutig mehr Flexion oder Extension aufweist.
•
Symmetrie rechts-links/Ebenmässigkeit: Der CSR kann auf beiden Körperseiten gleichmässig oder auf einer Seite eingeschränkt sein. Wir nehmen
die Symmetrie der Bewegung rechts und links der Mittellinie wahr.
•
Frequenz/Zyklen pro Minute/Häufigkeit: Der CSR bewegt sich, wie schon
erwähnt, in einem Zyklus von ca. 6 -12 x pro Minute.
Findet ein Ebenenwechsel statt, kann anstelle von 6 -12 Zyklen pro Minute
auch die so genannte Mid Tide mit 2 - 3 x pro Minute palpiert werden.
3.3.
Verschiedene Behandlungsansätze der Craniosacral Therapie
Die Craniale Osteopathie hat sich seit ca. 1935, die Craniosacral Therapie in den
letzten 25 Jahren stetig weiterentwickelt. Unterdessen sind verschiedene Behandlungsansätze in der Craniosacral Therapie bekannt. Sie alle fördern langsame
Rhythmen von 2 bis 14 Zyklen pro Minute und ein ausgeglicheneres Craniosacral
System. Wie bei anderen Methoden gibt es unterschiedliche Herangehensweisen,
die zum Ziele führen.
•
Der biomechanisch-strukturelle Behandlungsansatz arbeitet vorwiegend
mit verschiedenen direkten und indirekten Lösungstechniken. Er orientiert
sich an der Biomechanik von Sutherland und somit an der Auflösung von Ein-
Diplomarbeit Edeltraud Brunschwiler
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Craniosacral Therapie und Atemarbeit
schränkungen/Dysfunktionen im Bereich von Rumpf, Kopf und Extremitäten.
Dies geschieht ausführlich am Bindegewebe und besonders auf der Knochenund Membranebene des Craniosacral Systems.
•
Mit dem strukturell-funktionellen Behandlungsansatz wird zwar noch
strukturell behandelt. Es findet jedoch kein aktives Testen der Bewegungseinschränkung statt. Das System wird nicht mit der Grenze der Einschränkung konfrontiert. Stattdessen gilt die Aufmerksamkeit des Behandlers vorwiegend den freien Bewegungen und Rhythmen, welche Vitalität und Gesundheit ausdrücken. Diese zeigen den Weg des “Einfachen“, des “Möglichen
an Bewegung“. Das raumgebende, nicht-invasive Lauschen der sich zeigenden Bewegungen hilft, dass das Craniosacral System sich oft selbst ausgleicht. Nach der Entspannung erfolgt gleichzeitig von selbst eine neue Balance der Ganzkörpermatrix mit ihren Dreh- und Angelpunkten (Fulkren).
•
Der biodynamische Behandlungsansatz orientiert sich neben dem Craniosacral Rhythmus, mit 6 - 12 Zyklen, vorwiegend an noch langsameren Rhythmen. Besonders diese werden als Ausdruck der Primär Atmung, des Lebensatems verstanden. Die strukturelle Behandlung, das aktive Finden und Auflösen von Dysfunktionen, ist hierbei kein zentrales Thema.
In der Mid Tide (mit ca. 2 - 3 Zyklen pro Minute) verändert sich die Wahrnehmung insofern, dass unter anderem beim sensitiven Lauschen das Unterscheiden der Körperstrukturen von Haut, Bindegewebe, Knochen, Dura mater
kaum mehr möglich oder wichtig ist. Stattdessen wird der Körper als Ganzes,
als “Flüssigkeitskörper“ wahrgenommen. Der Körper wird dann vermehrt über
diese Ebene in seiner Selbstregulation bis auf die Zellebene unterstützt. Der
Flüssigkeitskörper ist mehr als das Fliessen des Liquors und der Körperflüssigkeiten. Er bezieht zusätzlich die “Biosphäre“/Aura, das gesamte bioelektrische Feld im und um den Körper mit ein.
Besonders in den Bewegungen der Mid Tide und Long Tide ist oft eine darin
sich manifestierende Kraft wahrnehmbar. Die Mittellinie und das Wissen über
unsere embryologische Entwicklung werden in den “innewohnenden Behandlungsplan“ mit einbezogen, der sich zeigt, je mehr das “Neutrale“ sich vertieft.
Die Long Tide, 1 Zyklus in 100 Sekunden, durchströmt unseren gesamten
Planeten. Sie haucht allem Lebendigen den Lebensatem ein und ist mit fortgeschrittener Erfahrung sowohl ausserhalb als auch im Körper wahrnehmbar.
Die Craniale Osteopathie wird ständig weiter entwickelt durch neue Erkenntnisse
und Erfahrungen. In ihrer Einfachheit und Komplexität umfasst sie jetzt schon dicke
Bücher. Es gäbe noch vieles zu erläutern und aufzuzählen, was jedoch den Rahmen
dieser Diplomarbeit sprengen würde.
Wie bei einer Frucht empfehle ich der Leserin, nicht nur über die Frucht, den Atem
oder die Craniosacral Therapie zu lesen, sondern sie auch zu kosten. Wenn wir eine
Frucht essen, wissen wir mehr über sie und ihren Geschmack, als wenn wir viele
Bücher davon gelesen hätten. Genau so können wir den Atem kosten, wenn wir uns
ihm hinwenden in der Einzel- oder Gruppenarbeit. Das gilt ebenso für die Craniosacral Therapie, dann erst können wir die wohltuende und tief greifende Entspannung, Zentrierung, Lebendigkeit, Leichtigkeit, Weite und vieles mehr wahrnehmen
und kosten.
Diplomarbeit Edeltraud Brunschwiler
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Craniosacral Therapie und Atemarbeit
4.
Gemeinsame Ansätze und Unterschiede dieser beiden Therapien
4.1.
Gemeinsamkeiten in der Craniosacral Therapie und Atemarbeit
•
Beide basieren auf einer ganzheitliche Therapieform, die den Menschen als
Wesenseinheit von Körper, Seele und Geist betrachtet, wobei die Wirkung auf
allen drei Ebenen über die Therapiesitzung hinaus geht.
•
Das Craniosacral System hat wie das Atmungssystem ein eigenes physiologisches System mit rhythmischer Eigenbewegung. Sie haben sowohl einen eigenen wie auch gemeinsamen Rhythmus.
•
Ein lebendiger Rhythmus, Craniosacral Rhythmus oder Atemrhythmus, dient
als “Diagnose“ und Therapieinstrument.
•
Salutogenetische Betrachtungsweise, das heisst: Förderung und Stärkung
der Selbstheilungskräfte und der persönlichen Entwicklung bei gesunden wie
kranken Menschen.
•
Die Therapien eignen sich für Kinder, Erwachsene und betagte Menschen.
Die Craniosacral Therapie ist zusätzlich sehr wichtig für Babys, weil deren
noch frei bewegliche Schädelknochen während den ersten Lebensjahren über
die Dura zusammengehalten werden.
•
Sie zählen als wertvolle Begleitung und Unterstützung in schwierigen Lebenssituationen, chronischen Krankheiten sowie als effiziente Gesundheitsprohylaxe.
•
Die Kontraindikationen sind bei beiden Therapieformen im Wesentlichen identisch, nämlich bei Krankheitsbildern wie:
•
•
•
•
•
•
•
Akute Verletzungen im Bereich des zentralen Nervensystems.
Akute Entzündungen im Bereich des zentralen Nervensystems.
Zeichen von akuten und chronischem Hirndruck.
Kopfschmerzen, Tinitus, Schwindel, welche nicht neurologisch abgeklärt wurden.
Menschen mit Neigung zu Psychosen und schweren Angstneurosen.
In Phasen akuter physischer oder psychischer Entgleisung.
Bei Hyperchondrie (eingebildete Krankheiten).
•
Bei beiden Körperarbeiten wird mit grosser Sorgfalt, Achtsamkeit und Wertfreiheit der Persönlichkeit des Klienten und der Präsenz des Primären oder
Sekundären “Lebensatems“ begegnet.
•
Die Therapeutin pflegt eine mühelose Arbeitsweise und begleitet wertfrei mit
freier Aufmerksamkeit den “Lebensatem“ in der Craniosacral Therapie bzw. in
der Atemarbeit den “Lungenatem“, unterstützt durch ihre persönliche Erdung
und ihr Körperbewusstsein.
•
Das wichtigste Werkzeug in beiden Therapien sind hörende, wissende, fühlende und spürende Hände, verbunden mit einem guten anatomischen/physiologischen Wissen.
Diplomarbeit Edeltraud Brunschwiler
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Craniosacral Therapie und Atemarbeit
4.2. Unterschiede in der Craniosacral Therapie und Atemarbeit
In dieser Diplomarbeit zähle ich nur einige der vielen Unterschiede dieser beiden
Therapieformen auf, die mir in diesen drei Jahren besonders aufgefallen sind ohne
Anspruch auf Vollständigkeit.
Craniosacral Therapie (CST)
Atemarbeit / Atemtherapie (AT)
• Neuzeitliche Therapie, die erst seit
knapp 100 Jahren bekannt ist mit
rasanter Verbreitung ab den 70er
Jahren.
• Die Atemarbeit wird seit über 2000
Jahren in allen Kulturen mehr oder
weniger gepflegt.
• Das Primäre Respiratorische System (PRS) ist das erste sich entfaltende physiologische System des
Embryos. Der CSR fängt im embryonalen Stadium an und endet erst
einige Stunden nach dem Verlassen
des Leibes.
• Bei der Geburt beginnt offiziell die
Lungenatmung mit dem ersten Einatem und endet mit dem letzten
Ausatem beim Verlassen des Leibes.
Intrauterin trainiert das Zwerchfell
allmählich ab dem 3. Monat seine
Bewegung, und der Fetus atmet
Fruchtwasser.
(Diplomarbeit:
Atemrhythmus Craniorhythmus, Beatrice
Dürler)
• Der PRI = der Primär Respiratorische Impuls (der CSR ist gemeint)
ist gegenüber anderen Rhythmen
im Körper wie Atem und Herzschlag
übergeordnet.
• Der Atemrhythmus des Sekundären
Atmungssystems ist dem CSR untergeordnet.
• Das Primäre Atmungssystem bildet
sozusagen die Basis für das innere
Milieu des Organismus'.
• Das Sekundäre Atmungssystem
wirkt als Bindeglied zwischen den
wechselnden äusseren und inneren
Einflüssen mit dem relativ stabilen
inneren Milieu.
• Deshalb reagiert der CSR weniger
sensibel auf innere und äussere
Einflüsse, er ist stabiler, vergleichbar mit den Gezeiten von Ebbe und
Flut (Mid und Long Tide).
• Der Atemrhythmus hingegen reagiert sehr sensibel auf äussere und
innere Einflüsse, er passt sich
seismografisch jeder Situation an,
wie die Meereswellen, die vom
Wind getrieben werden.
• In der CST steht die ungehinderte
Ausbreitung des CSR im gesamten
Körper im Vordergrund.
• In der AT steht die ungehinderte
Ausbreitung der Atembewegung im
ganzen Körper sowie die Verbindung
zum
eigenen
UrAtemrhythmus im Vordergrund.
Diplomarbeit Edeltraud Brunschwiler
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Craniosacral Therapie und Atemarbeit
Craniosacral Therapie (CST)
Atemarbeit / Atemtherapie (AT)
• In der CST wird präziser und gezielter an den verschiedenen Körperstrukturen gearbeitet wie: Knochen, Faszien, Flüssigkeit, energetischer Kontakt innerhalb der Gelenke und Suturen, Gehirn, Nervenbahnen und dem vegetativen NS.
• In der Atemarbeit wird vor allem am
Zwerchfell, Beckenboden, Muskeln,
Gelenken, Rücken, Organen und
am Kopf gearbeitet, wobei nur mit
wenigen Schädel- und Gesichtsknochen gearbeitet wird. Zudem
wird nur indirekt an der Flüssigkeit,
den Faszien und den Nervenbahnen gearbeitet.
• Die Klientin kann passiv sein und
die Therapie wirkt unabhängig von
ihrem jetzigen Körperbewusstsein.
• Die Therapeutin ist auf ein Minimum
an Offenheit und Bereitschaft der
Klientin angewiesen, dass sie sich
ihrem Atem schrittweise hinwendet.
• Die CST ist eine sehr sanfte Methode, die bei kritischen Klientinnen
den Eindruck hinterlassen könnte,
dass die Therapeutin nichts tut.
• Durch Bewegung, Druck, Dehnung
und Sammlung der Therapeutin
wirkt die Atemtherapie meistens
physisch spürbarer für die Klientin.
• “Diagnose“ und Therapie haben die
gleichen Ansätze.
• “Diagnose“ und Therapie haben
zum Teil gleiche als auch verschiedene Ansätze.
• Arbeitsprinzip: Auffindung und Mobilisation von Läsionsmustern oder
Dysfunktionen mit den Händen. So
verschmelzen Therapie und Diagnose in den Händen der Therapeutin, die mit freier, neutraler Aufmerksamkeit die jeweilige Struktur
begleitet und bei Bedarf feinste Impulse hinein gibt.
• Auffindung und Stärkung des Gesunden und der Ressourcen, um
dadurch dem “Kranken“ Macht und
Kraft zu entziehen. Therapie und
Diagnose mit allen Sinnen der Therapeutin; vor allem jedoch mit den
Händen.
• Ich finde, in der Craniosacral Therapie könnte die Gefahr bestehen,
nach Symptomfreiheit der Menschen zu trachten und dabei zu
übersehen, dass vielleicht für eine
längere Wegstrecke “Krankheit“ für
diesen Menschen lehrreich und
heilsam wäre.
• In der AT geht es primär nicht darum, die Symptome weg zu haben,
sondern über eine wohlwollende
Hinwendung zum eigenen Körper
und Atem herauszufinden, was das
Wesen des Menschen braucht.
Dadurch nehmen die Symptome
meistens ab und die Menschen
können besser mit der Krankheit
umgehen.
• Die Cranio Therapeutin kommuniziert in wertfreier Aufmerksamkeit
mit dem CSR, den Körperstrukturen
• Die Atemtherapeutin kommuniziert
während der Therapie in Sammlung
und Achtsamkeit mit dem Atem,
Diplomarbeit Edeltraud Brunschwiler
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Craniosacral Therapie und Atemarbeit
und dadurch mit dem ganzen Wesen des Menschen, das sich dahinter verbirgt.
Craniosacral Therapie (CST)
dem Gewebe und dadurch mit dem
ganzen Wesen des Menschen, das
sich dahinter verbirgt.
Atemarbeit / Atemtherapie (AT)
• Helferinnen und Helfer während der
Craniosacral Therapie sind:
• Helferinnen und Helfer während der
Atemarbeit sind:
• Feinste Berührung
• Beobachtung mit unseren Händen
• Anatomisches Wissen und bildliche
Vorstellung
• Bewegung, mit den Händen hinein
geben und “automatisch“ mitgehen
• Geduld.
• Der Atem gilt als roter Leitfaden
während der ganzen Therapie
• Beobachtung und Wahrnehmung
mit allen Sinnen und vor allem mit
unseren Händen
• Anatomisches,
psychologisches,
pathologisches und psychosomatisches Wissen
• Angepasste Impulse über Bewegung, Druck, Dehnung, Sammlung
usw. geben
• Geduld.
• Erstverschlimmerungen sind häufiger und intensiver.
• Erstverschlimmerungen sind meistens weniger stark, wenn die Klientin ihre eigenen Grenzen in der
Atemarbeit nicht überschreitet.
• Die Therapiedauer ist in der Regel
über eine kürzere Zeit und der Therapieabstand ist länger.
• Die Therapiedauer ist in der Regel
über längere Zeit und der Therapieabstand ist eher kürzer oder zyklisch.
• Geringe Auswahl von Selbsthilfen
sind mir bekannt.
• Eine grosse Vielfalt von geschätzten Selbsthilfen in Atem und Bewegung stehen mir zur Verfügung.
• Die Kenntnisse in Anatomie, Physiologie sind weniger umfassend,
dafür wird der Schädel, das ZNS
und PNS sehr differenziert studiert.
• Die Kenntnisse in Anatomie, Physiologie, Psychologie und Psychosomatik sind umfassender, den
ganzen Menschen betreffend.
• In der CST ist für die Menschen nur
die Einzeltherapie möglich.
• In der AT ist für die Menschen sowohl die Einzel- als auch die Gruppentherapie möglich oder diverse
Tageskurse.
• Die Gruppenarbeit bereichert und
motiviert den Einzelnen über den
Austausch verschiedener Eigenerfahrungen und bekommt dadurch
einen tragenden Charakter.
• Spassvolle und trotzdem wirkungs-
Diplomarbeit Edeltraud Brunschwiler
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Craniosacral Therapie und Atemarbeit
volle Atemarbeiten lockern und motivieren die Teilnehmer(innen) in der
Gruppenstunde auf.
5.
Gegenseitige Befruchtung der Craniosacral Therapie und der
Atemarbeit
Da in der heutigen Zeit die körperliche Bewegung oft zu kurz kommt, finde ich es
sehr wichtig, die Menschen dafür zu motivieren. Ich spüre dies bei der Atemarbeit
wie bei der Craniosacral Therapie, wer durch Spazierengehen, Sport, turnen usw.
die Bewegung pflegt oder eben nicht.
•
In der Craniosacral Therapie kann ich wie schon erwähnt Blockaden einfacher und effizienter lösen und mobilisieren. Bleibt jedoch die Klientin in ihren
alten Verhaltensmustern und Gewohnheiten gefangen, kann hingegen mit Hilfe der Atemtherapie mit gezielt eingesetzten Atem-, Haltungs- und Bewegungsübungen besser gearbeitet werden.
Bei Mario (10 Jahre alt) war dies besonders wichtig. Denn vor lauter denken vergass
er das Atmen. Dadurch entstand eine Leere in seinem Kopf. Sein Gehirn ist, auf
Grund seiner habituellen Mundatmung, mit Sauerstoff unterversorgt. Wenn er dann
bei den Prüfungen ins Nachdenken kam und das Atmen vergass, hatte das negative
Folgen auf seine Schulleistungen, obwohl er mit Interesse lernt.
Das Üben einer physiologischen Sitzhaltung mit gutem Bodenkontakt, aufgerichtetem Oberkörper und ausschliesslicher Nasenatmung sind unabdingbar für einen
freien Atemfluss. Spielerische Atemübungen, die Mario's Interesse und Ehrgeiz wecken, sind bei ihm wie allgemein bei Kindern wichtig. Mit der Craniosacral Therapie
konnte ich den schwachen Craniosacral Rhythmus erfolgreich dynamisieren, nachdem ich craniale, sacrale und kaudale Blockaden und Einschränkungen in den verschiedenen Gewebestrukturen wieder mobilisierte. Erstaunlich schnell verbesserten
sich dann seine Schulleistungen.
•
Menschen mit Ermüdungs- und Erschöpfungs-Symptomen kann ich in der
Craniosacral Therapie effizienter bei der Regeneration unterstützen, ohne aktiven Beitrag von ihnen, als in der Atemarbeit. Nach der Behandlung tritt bei
einigen eine verstärkte entspannte Müdigkeit auf, wobei andere fast während
der ganzen Behandlung schlafen und sich danach erholt und erfrischt fühlen.
In der Atemarbeit lernen die Menschen zusätzlich noch Schritt um Schritt ihre
eigenen Grenzen besser wahrzunehmen, ihre Ressourcen gezielter zu verwalten und über den Atemrhythmus können sie ein Gleichgewicht zwischen
Geben - Empfangen und Ruhen finden. So bietet die Atemarbeit passive wie
aktive Arbeitsmöglichkeiten an und ist besonders geeignet für Menschen, die
ernsthaft an sich arbeiten wollen.
•
Martina (ca. 55 Jahre) litt unter einer schweren Erschöpfungsdepression, einem Hyperventilations Syndrom, verbunden mit starker Atemnot und chronischen Beschwerden seit ihrer Jugend. Sie sprach sehr gut auf die Kombination dieser beiden Therapieformen an, obwohl sie zu Beginn starke Erstverschlimmerungen verspürte, die nach und nach geringer wurden.
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Craniosacral Therapie und Atemarbeit
Für Martina war es ganz wichtig, täglich am Atem arbeiten zu können. Ein verbessertes Körperbewusstsein, Lebensfreude und ein neu gesteigertes Selbstvertrauen
sind das Resultat ihrer täglichen Arbeit, unterstützt durch die Craniosacral Therapie
und Atemtherapie.
Mit Hilfe der Craniosacral Therapie konnte ich ebenfalls effizient strukturelle Blockaden lösen und die frei gewordenen Strukturen im Körper wieder integrieren und dynamisieren durch die Begleitung des Cranial Rhythmischen Impulses (CRI). Dank
der strukturellen und biodynamischen CST kann der Atem wieder freier fliessen und
umgekehrt unterstützt der freiere Atemfluss den Craniosacral Rhythmus.
•
Menschen mit einem Burn-out Syndrom kann ich ebenfalls optimaler unterstützen und begleiten mit beiden Therapieformen, als nur mit einer. Die beiden Systeme unterstützen sich, indem je nach Situation und Blockierung das
Primäre Atemsystem das Sekundäre Atemsystem trägt und intensiviert oder
umgekehrt.
Wenn ich bei Emanuel nicht weiterkomme in der Craniosacral Therapie, wende ich
mich der Atemarbeit zu, um den sehr schwachen CSR (kaudal) in Fluss zu bringen.
Zum Beispiel durch aktives Bewegen der Beine, oder ich lade ihn ein, den Ausatem
mit einem “schschsch“ bewusst zu begleiten, oder fordere ihn auf, seine Hände auf
den Bauch zu legen, um die Atembewegung wahrzunehmen. Schon nach kurzer
Zeit spüre ich, wie der CSR mehr oder weniger ins Fliessen kommt. Entsprechend
der Befindlichkeit von Emanuel arbeite ich intensiver mit der Craniosacral Therapie,
Atemarbeit oder kombiniere beide miteinander.
Einfache Bewegungs- und Atemübungen helfen ihm, im Alltag seinen Körper besser
zu spüren und zu entspannen. Der Atem, mit seinem physiologischen Rhythmus,
wird ein ganz wichtiger Lehrer, Begleiter und Helfer für ihn. Die zu Beginn stark quälende Atemnot und Enge tritt nur noch selten und in einem geringen Ausmass auf.
Anstelle der chronischen Schlafstörung, von nicht schlafen können bis höchstens
wenige Minuten, kann Emanuel seit Monaten wieder mehrere Stunden in der Nacht
schlafen. Das vegetative Nervensystem ist weniger gereizt und ausgeglichener.
Auch übernimmt er wieder mehr Verantwortung. Seit fast einem Jahr, nach dem
Schwangerschaftsurlaub seiner Partnerin, übernimmt er die Betreuung seines kleinen Sohnes sowie verschiedene Aufgaben im Haushalt, während der Berufstätigkeit
seiner Partnerin. Dies sind erstaunliche Fortschritte und Leistungen, die nun wieder
möglich sind. Dank seiner ausdauernden Therapie- und Arbeitsbereitschaft.
•
Menschen mit Panikattacken profitieren ebenfalls erfolgreich von diesen beiden Therapieformen. Mit der Craniosacral Therapie kann ich effektiver Spannungen und Blockierungen lösen, um die Selbstheilungskräfte wieder ins
Fliessen zu bringen. In der Atemarbeit wird intensiv am Fundament und am
Vertrauen gearbeitet. Schritt um Schritt lernen diese Menschen bewusst auf
ihren Atem zu achten, ruhig und rhythmisch weiter zu atmen in jeder Situation, auch wenn Ängste aufsteigen wollen. Die Hinwendung zum Atem mobilisiert ihre eigenen Ressourcen und lenkt sie gleichzeitig von den Ängsten ab,
bis sie so gestärkt sind, dass die Ängste verblassen. Dadurch wird ihr Selbstvertrauen in ihre eigenen Fähigkeiten und Kräfte positiv und erfolgreich gestärkt.
Diplomarbeit Edeltraud Brunschwiler
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Craniosacral Therapie und Atemarbeit
•
Eindrückliche Erfahrungen konnte ich bei einer Klientin mit starken Zwangsneurosen gewinnen. Einerseits sind die Verspannungen von Kopf bis Fuss
recht gross. Deshalb arbeite ich gerne lösend und stabilisierend mit der Craniosacral Therapie, die Gabriela als sehr wohltuend, entspannend und belebend empfindet. Andererseits hat die Atemarbeit für sie eine zentrale Bedeutung im Alltag. Der Atem ist für sie wie ein Seil, an dem sie Halt und Freiheit
findet und gewinnt. Den Alltag kann sie nun auch in schwierigen Situationen
bedeutend besser und gelassener bewältigen. Ich bin erstaunt über die positive Entfaltung, die differenzierte Körperwahrnehmung und die ausdauernde
Arbeit am Atem, die Gabriela pflegt. Sie kommt zweimal im Monat in die Craniosacral Therapie und dazwischen in die Gruppenstunde, wo sie tiefe und
schöne Erfahrungen in Atem und Bewegung erntet.
•
Die Eigenerfahrungen in der Craniosacral Therapie sind ebenfalls wertvoll für
mich und bestätigen mir, wie wichtig die Bewegung ist. Einige Projekte konnten erfolgreich bearbeitet werden, andere hingegen benötigen ein Annehmen
und weiter Arbeiten. Ein wichtiger Grund ist unter anderem die mangelnde
Bewegung, wenn ich zu lange am PC sitzen muss für diverse Arbeiten.
Dadurch kommt die ausgleichende Bewegung im Alltag zu kurz. Seit einigen
Tagen nehme ich mir wieder mehr Zeit für einfache Atem-, Dehnungs- und
Körperübungen. Beim Nachspüren nehme ich einen weiten und kräftigen Craniosacral Rhythmus wahr. Zuerst spürte ich ihn nur in den Beinen und im Becken mit dem Atemrhythmus zusammenschwingen und dann am ganzen
Körper. Von Tag zu Tag steigert und verfeinert sich die Wahrnehmung. Mein
Körper und meine Zellen schwingen wie in einem Crescendo, wenn Atembewegung und Craniosacral Rhythmus für eine Weile miteinander schwingen.
Diese Erfahrungen spornen mich an, die Craniosacral Therapie und die Atemarbeit
weiter zu vertiefen. Nun gilt es meinen eigenen Weg zu finden mit der eher lösungsorientierten Craniosacral Therapie und der ressourcenbetonten Atemtherapie. Zur
Zeit sammle ich, unter anderem, weitere Erfahrungen für Selbsthilfeübungen in Form
von Dehnung, Bewegung und Atem, die den Atemrhythmus/die Atembewegung mit
dem Craniosacral Rhythmus/der Craniosacral Bewegung in ein gemeinsames
Schwingen bringen können.
An dieser Stelle möchte ich mich auch ganz herzlich, bei allen Klientinnen und Klienten (meinen besten Lehrmeisterinnen und Lehrmeistern), bedanken. Denn nur dank
ihrer Therapiebereitschaft, Vertrauen und Offenheit konnte ich diese Erfahrungen
gewinnen, um in Zukunft weiter darauf aufbauen zu können.
Diplomarbeit Edeltraud Brunschwiler
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Craniosacral Therapie und Atemarbeit
6.
Glossar
• Craniale Osteopathie:
Zur Zeit Sutherlands wurde die craniale Arbeit die Cranial Osteopathy oder Osteopathie in the Cranial Field genannt.
• Craniosacrale Osteopathie/Craniosacral Movement Therapie CSO/CMT:
Die Craniale Osteopathie nach W. G. Sutherland und R. Becker bilden die Grundlage der CSO / CMT und schliessen sowohl den biomechanischen wie auch den biodynamischen Ansatz mit ein.
• Cranial Rhythmischer Impuls CRI:
Dies beschreibt die Bewegung von Hirnwasser und Hirngewebe, welche sich auf die
weiteren Strukturen des Craniosacral Systems, das heisst Hirnhäute und Knochen
überträgt. Im Text wird diese Bewegung auch als Craniosacral Rhythmus genannt.
• Dura mater:
Drei Hirnhäute umschliessen das Hirngewebe und das Rückenmark, die äusserste
Haut wird Dura mater genannt. Dura bedeutet hart oder fest und mater bedeutet
Mutter. Diese Haut ist sehr derbe und zugfest und ist ungefähr so dick wie ein Fingernagel.
• Fluktuation:
ist die Bewegung einer Flüssigkeit, welche sich in einem natürlichen oder künstlichen Hohlraum befindet und durch Palpation oder Perkussion beobachtet werden
kann.
• Fulkrum:
Dreh- und Angelpunkt.
• Hirnwasser (Liquor):
Gehirn und Rückenmark schwimmen im Liquor. Somit befindet sich das Hirngewebe
im Zustand der Schwerelosigkeit, welche eine Eigenbewegung des Gehirns erleichtert.
• Salutogenese:
Anstatt nach Ursachen von Krankheiten zu suchen, forscht die Salutogenese nach
den Kräften und Wirkungen, die den Menschen gesunderhalten.
• Still Point (Ruhepunkt):
Es gibt Ruhepunkte, die von selbst entstehen: Von Zeit zu Zeit steht der Craniosacral Rhythmus still. Wir nennen dies Ruhepunkt, auch Stillpunkt. Zudem ist es möglich, einen oder mehrere Ruhepunkte von aussen einzuladen/auszulösen.
• Tide:
Diplomarbeit Edeltraud Brunschwiler
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Craniosacral Therapie und Atemarbeit
Sutherland hat die Bewegung des Hirnwassers mit den Gezeiten Ebbe und Flut verglichen und nannte sie oft einfach “The Tide“. Die langsame Bewegung des Hirnwassers wird deshalb auch als Long Tide bezeichnet.
7.
Literaturverzeichnis
• Daniel Agustoni (2006). Craniosacral Rhythmus. Praxisbuch zu einer sanften Körpertherapie. Klösel Verlag Deutschland.
• Beatrice Dürler. Diplomarbeit: Vergleichende Darstellung des primären respiratorischen Mechanismus in der Craniosakralen Osteopathie und des Atemrhythmus.
• Norbert Faller (2006). Atem und Bewegung. Theorie und 100 praktische Übungen. Springer Wien New York.
• Katrin Fischer, Erika Kemmann-Huber (1998). Der bewusste zugelassene Atem.
Theorie und Praxis der Atemlehre. Urban und Fischer - München - Jena.
• Torstem Liem. 4. Auflage 2005. Kraniosakrale Osteopathie. Ein praktisches Lehrbuch. Hippokrates Verlag Stuttgart.
• Ramraj Ulrich Löwe. 2. Auflage 2006. Craniosacrale Heilkunst. Aurum.
• Rudolf Merkel. Manual 1 bis 6 Craniosacrale Osteopathie/Craniosacral Movement
Therapie.
• Waltraud Riegger-Krause (2004). Jin Shin Jyutsu. Die Kunst der Selbstheilung
durch Auflegen der Hände. Südwest Verlag Deutschland.
• GZM Netzwerk 40 GZM - Praxis und Wissenschaft - 6. Jg. 1/ 2001
Anmerkung: Dieser Artikel ist ein Auszug aus einem Buchbeitrag von Rudolf Merkel
in dem Sammelband: “Auf die Welt gekommen“. Die neuen Baby Therapien.
Thomas Hams (Hrag.) Leutner Verlag Berlin 2000.
• Andrew Taylor Still. 2. Auflage 2007. Der Natur bis ans Ende vertrauen! Gedanken zur osteopathischen Philosophie mit einer Einleitung von Christian Hartmann.
Jolandos Verlag Deutschland.
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